Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 25.05.2005

VG Frankfurt: stadt, wahlergebnis, verhinderung, wahlbehörde, hohes alter, wichtiger grund, körperlicher zustand, glaubhaftmachung, einspruch, streichung

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Gericht:
VG Frankfurt 7.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 E 7098/03 (V)
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 28 Abs 1 S 2 GG, § 50
KomWG HE, § 25 KomWG HE,
§ 27 KomWG HE, § 41 KomWG
HE
(Briefwahlunterlagen; mehrere Wahlgänge;
Antragsformular)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des
Beigeladenen zu 1. hat der Kläger zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des
Beigeladenen zu 2. sind nicht erstattungsfähig. Das Urteil ist wegen der Kosten
vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der
festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor
der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Verfahren der Wahlanfechtung nach § 27 HESSKWG
über die Gültigkeit der Stichwahl zur Wahl des Bürgermeisters der Stadt Maintal
vom 28.09.2003.
Dieser Stichwahl war am 14.09.2003 ein erster Wahlgang vorausgegangen. Vor
diesem ersten Wahlgang erhielten die Wahlberechtigten eine
Wahlbenachrichtigung, auf deren Rückseite sich ein vorgedruckter "Antrag auf
Briefwahl/Erteilung eines Wahlscheins" befand. Dort hieß es (Bl. 49 d.A.):
"Ich beantrage die Erteilung eines Wahlscheines - / für die Wahl/en - / für die
Stichwahl - und versichere, dass einer der folgenden Gründe vorliegt:
Abwesenheit am Wahl-/Stichwahltag aus wichtigem Grund / Verlegung der
Wohnung ab dem 34. Tag vor der Wahl (Datum siehe umseitig) in einen anderen
Wahlbezirk, wobei die Eintragung in das Wählerverzeichnis am Ort der neuen
Wohnung nicht beantragt ist./ Berufliche Gründe, hohes Alter, körperliche
Gebrechen oder ein sonstiger körperlicher Zustand, so dass der Wahlraum nicht
oder nur unter nicht zumutbaren Schwierigkeiten aufgesucht werden kann."
In den Kästchen dieses Vordrucks waren sowohl der Bezug des Wahlscheinantrags
auf die Wahl bzw. eine eventuelle Stichwahl als auch der Grund der Verhinderung
am Wahltag anzukreuzen. Der Vordruck war mit weiteren personen- und
adressbezogenen Angaben unterschrieben an die Wahlbehörde zurückzusenden.
Auf der Grundlage dieses Antragsformulars wurden durch den Wahlleiter 2498
Wahlscheine für eine Briefwahl ausgestellt und an die Antragsteller übersandt bzw.
Bevollmächtigten ausgehändigt. Hierbei wurde ein Kreuz vor der Angabe "für die
Wahl/en" durch die Wahlbehörde so interpretiert, dass sich der Antrag auf Erteilung
eines Wahlscheins automatisch auch auf eine etwaige Stichwahl bezog, wenn die
Pluralendung "/en" nicht gestrichen war. Ein zusätzliches Kreuz in dem Kästchen
"für die Stichwahlen" wurde in diesem Fall nicht gefordert, war aber nach Angaben
der Beklagten "oftmals" vorhanden, ohne dass dies zahlenmäßig näher beziffert
werden konnte. Da keiner der 2498 Antragsteller die Pluralendung "/en" gestrichen
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werden konnte. Da keiner der 2498 Antragsteller die Pluralendung "/en" gestrichen
hatte, wurden an alle Antragsteller Briefwahlunterlagen sowohl für die Wahl als
auch die Stichwahl versandt. Dabei erhielten mehrere Personen
Briefwahlunterlagen für die Stichwahl, die mit dem Ankreuzen des Kästchens "für
die Wahl/en" einen Wahlschein nur für den ersten Wahlgang beantragen wollten.
Auch wurde einzelnen Wahlberechtigten, die bei der Wahlbehörde der Stadt
Maintal vor bzw. nach dem ersten Wahlgang nachfragten, inwieweit nach der
Erteilung von Briefwahlunterlagen für den ersten Wahlgang eine Urnenwahl in der
Stichwahl möglich bzw. eine erneute Anforderung von Briefwahlunterlagen
erforderlich sei, die Auskunft erteilt, dass an alle Briefwähler des ersten Wahlgangs
automatisch auch Briefwahlunterlagen für die Stichwahl verschickt würden.
Im ersten Wahlgang am 14.09.2003 qualifizierten sich der Beigeladene zu 1. und
der Beigeladene zu 2. für die Stichwahl.
Nach dem am 29.09.2003 von der Stadt Maintal zunächst veröffentlichten
amtlichen Ergebnis der Stichwahl entfielen aus 8921 gültigen Stimmen 4566
Stimmen (51,6%) auf den Beigeladenen zu 1. und 4288 Stimmen (48,4%) auf den
Beigeladenen zu 2. Von den in Wahllokalen abgegebenen gültigen 7011 Stimmen
erhielt der Beigeladene zu 1. insgesamt 3481 Stimmen (49,7%) und der
Beigeladene zu 2. insgesamt 3530 Stimmen (50,3%), während von den 1843
gültigen Briefwahlstimmen 1085 auf den Beigeladenen zu 1. und 758 auf den
Beigeladenen zu 2. entfielen (Bl. 11 d.A.).
Nachdem noch am 29.02.2003 von der Wahlleitung festgestellt wurde, dass 72
Wahlbriefe dem Wahlvorstand versehentlich nicht übergeben worden waren,
wurden diese Wahlbriefe nachträglich ausgewertet. Von den 67 gültigen Stimmen
entfielen dabei 31 auf den Beigeladenen zu 1. und 36 auf den Beigeladenen zu 2.
Dementsprechend erhielt der Beigeladene zu 1. aus der Briefwahl mit 1965
abgegebenen und 1910 gültigen Stimmen insgesamt 1116 Stimmen (58,4%)
während 794 Stimmen (41,6%) auf den Beigeladenen zu 2. entfielen.
Das berichtigte Gesamtergebnis der Stichwahl wurde zunächst am 02.10.2003 und
nach erneuten rechnerischen Richtigstellungen am 10.10.2003 endgültig öffentlich
bekannt gemacht. Danach entfielen aus 8921 gültigen Stimmen 4597 (51,5%) auf
den Beigeladenen zu 1. und 4324 (48,5%) auf den Beigeladenen zu 2. Die
Wahlbeteiligung lag bei 33,0% (Bl. 48 d.A.). Der Beigeladene zu 1. wurde
dementsprechend als Gewinner der Wahl festgestellt.
Nachdem der Kläger bereits am 09.10.2003 Einspruch gegen das zunächst am
02.10.2003 bekannt gemachte Ergebnis der Stichwahl gemäß § 41 HessKWG i.V.
mit § 25 HessKWG eingelegt hatte, erneuerte er diesen Einspruch am 21.10.2003
gegen das am 10.10.2003 berichtigte Endergebnis. Er stützte sich hierbei auf eine
nach seiner Ansicht unzureichende Überprüfung der tatsächlichen Grundlagen
eines Briefwahlantrags anhand des durch die Stadt Maintal verwendeten
Antragsformulars, auf die Praxis der Versendung von Briefwahlunterlagen für die
Stichwahl an alle Personen, die für den ersten Wahlgang die Briefwahl beantragt
hatten und schließlich auf die behauptete Überfüllung einzelner Briefkästen der
Stadt Maintal im Vorfeld der Stichwahl, die ein Entwenden von
Briefwahlumschlägen ermöglicht hätten (Bl. 22-27 d.A.).
Die Beklagte wies diesen Einspruch in ihrer Sitzung vom 10.11.2003 zurück und
erklärte die Stichwahl für gültig. Hierüber wurde der Kläger mit einem Schreiben
vom 14.11.2003 unterrichtet, das ihm am 18.11.2003 zuging.
Der Kläger hat bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am 05.12.2003
Klage gegen die Gültigkeit der Stichwahl vom 28.09.2003 erhoben.
Der Kläger behauptet, in der Zeit zwischen dem ersten Wahlgang und der
Stichwahl seien die Briefkästen der Stadtverwaltung Maintal am Stadtladen in
Dörnigheim jedenfalls am 21.09.2003 und am Rathaus in Hochstadt jedenfalls am
26. und 27.09.2003 so überfüllt gewesen, dass Wahlbriefe unschwer hätten
herausgenommen werden können. Im übrigen könne auch ungeachtet einer
Überfüllung in beide Briefkästen bauartbedingt unschwer hineingegriffen werden.
Er meint, die daraus resultierende Möglichkeit, dass Briefwahlunterlagen aus den
Wahlbriefkästen entwendet worden seien, begründe eine Unregelmäßigkeit der
Stichwahl, die auf das Wahlergebnis von Einfluss gewesen sein könne.
Ein solcher Mangel folge darüber hinaus auch aus dem Umstand, dass nach den
von der Stadt Maintal verwendeten Anträgen auf Briefwahl nur ein abstrakter
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von der Stadt Maintal verwendeten Anträgen auf Briefwahl nur ein abstrakter
Grund für die Verhinderung einer Teilnahme an der Urnenwahl anzukreuzen war,
wie z.B. "Abwesenheit am Wahltag aus wichtigem Grund" oder eine Sammelgruppe
aus "beruflichen Gründen, hohem Alter und Krankheit", ohne dass der
Antragsteller hierfür konkrete Tatsachen habe angeben müssen. Nach § 17
HessKWO müsse der Antragsteller aber die in § 9 HessKWG enthaltenen
Ausnahmetatbestände für die Erteilung von Briefwahlunterlagen "glaubhaft
machen". Es spreche einiges dafür, dass eine derartige Glaubhaftmachung nur
entsprechend § 294 ZPO, d.h. insbesondere durch die Vorlegung von
Beweismitteln (z.B. Attesten) bzw. eine Versicherung an Eides Statt erfolgen
könne. Jedenfalls sei aber aus dem Ausnahmecharakter der Briefwahl, die für die
Einhaltung der Grundsätze der freien und geheimen Wahl weniger Gewähr biete als
eine Urnenwahl, zu folgern, dass der Antragsteller Tatsachengrundlagen für seinen
Antrag angeben müsse, die über eine bloße Wiederholung der abstrakten
Antragsgründe aus § 9 Abs. 1 HessKWG hinausgingen. Nur hierdurch sei es der
Wahlleitung möglich, zumindest stichprobenartig im Wege einer rechtlichen
Beurteilung nachzuprüfen, ob die in der jeweiligen Person vorliegenden Umstände
einen Grund nach § 9 Abs. 1 HessKWG bildeten, der eine Briefwahl rechtfertige.
Diese rechtliche Bewertung dürfe den Antragstellern nicht selbst überlassen
werden, wie dies aber Folge der verwendeten Antragsformulare sei. Im Ergebnis
genüge unter Zugrundelegung der durch die Stadt Maintal verwendeten Vordrucke
die bloße Behauptung eines der in § 9 Abs. 1 HESSKWG aufgeführten Gründe
durch den Antragsteller für die Erteilung von Briefwahlunterlagen, während das
Gesetz ersichtlich auf das objektive Vorliegen eines solchen Grundes abstelle.
Bloße Praktikabilitätserwägungen derart, dass ohnehin nur äußerst selektiv
nachgeprüft werden könne, inwieweit Tatsachenangaben für einen wichtigen Grund
der Wahrheit entsprächen, könnten die Gebietskörperschaft nicht berechtigen, von
vornherein bloße Rechtsbehauptungen der Antragsteller für die Ausstellung von
Briefwahlunterlagen ausreichen zu lassen.
Dieser Mangel könne auch im Sinne der §§ 50 Nr. 2, 26 Abs. 1 Nr. 2 HessKWG von
Einfluss auf das Wahlergebnis gewesen sein. Zwar handele es sich um einen sog.
tendenzlosen Wahlfehler, der keine gezielte Beeinflussung des Wahlverhaltens
zugunsten eines Kandidaten zum Gegenstand habe, sondern alle Briefwähler
unabhängig von ihrer Wahlentscheidung betreffe. Auch ein solcher Fehler könne
jedoch nach der Rechtsprechung auf das Wahlergebnis von Einfluss gewesen sein,
wenn dieses so knapp ausfällt, dass bereits eine Verschiebung um wenige
Einzelstimmen zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Vorliegend habe der
Beigeladene zu 1. nicht nur einen Vorsprung von lediglich 273 Stimmen im
Gesamtergebnis erzielt. Es sei auch zu berücksichtigten, dass unter den
Urnenwählern der Beigeladene zu 2. einen Stimmenvorsprung von 49 Stimmen
erzielt habe, während die Briefwahl deutlich zugunsten des Beigeladenen zu 1.
ausgefallen sei. Es sei daher nicht fernliegend, dass bei ordnungsgemäßer
Glaubhaftmachung der Verhinderungsgründe ein Teil der Briefwahlantragsteller
keinen erfolgreichen Antrag auf Erteilung des Wahlscheins gestellt hätte und
entweder der Wahl ferngeblieben wäre oder im Wahllokal aufgrund eines
kurzfristigen Meinungswechsels bzw. der dort unbeeinflussten Wahlmöglichkeit
anstelle des Beigeladenen zu 1. den Beigeladenen zu 2. gewählt hätte.
Insbesondere sei ein Stimmungsumschwung in den letzten Tagen vor der
Stichwahl zugunsten des Beigeladenen zu 2. eingetreten, weil ein im ersten
Wahlgang ausgeschiedener Kandidat eine Wahlempfehlung für den Beigeladenen
zu 2. abgegeben habe. Diese neue Information hätten diejenigen, die aufgrund
des unzureichenden Antragsformulars Briefwahlunterlagen für die Stichwahl
erhalten und frühzeitig gewählt hätten, bei ihrer Wahlentscheidung u.U. nicht mehr
berücksichtigen können. Vor diesem Hintergrund sei hinreichend dargetan, dass
das Wahlergebnis bei dem Erfordernis einer ordnungsgemäßen Glaubhaftmachung
der Briefwahlgründe möglicherweise anders ausgefallen wäre.
Schließlich liege eine erhebliche Unregelmäßigkeit der Stichwahl auch darin, dass
allen Antragstellern, die auf dem Wahlscheinantrag das Kästchen "für die Wahl/en"
ohne Streichung der Pluralendung "/en" angekreuzt hätten, Briefwahlunterlagen für
die Stichwahl zugesendet worden seien, unabhängig davon, ob daneben auch das
Kästchen "für die Stichwahl" angekreuzt war. Das Antragsformular sei insofern
missverständlich gewesen. Neben der durch die Wahlleitung gewählten
Interpretation komme mit mindestens gleicher Berechtigung eine Deutung in
Betracht, nach der ein sowohl für den ersten Wahlgang als auch bei der Stichwahl
Verhinderter beide Kästchen hätte ankreuzen müssen, um auch für die Stichwahl
Briefwahlunterlagen zu erhalten. Dies folge schon aus dem Wortlaut des § 49
HESSKWG, nachdem eine Bürgermeisterwahl auch bei Durchführung einer
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HESSKWG, nachdem eine Bürgermeisterwahl auch bei Durchführung einer
Stichwahl nur eine einheitliche Wahl sei, während die Pluralformulierung des
Vordrucks "für die Wahl/en" bei objektiver Betrachtung auf die - hier nicht
einschlägige - Variante zu beziehen sei, in der am selben Tag mehrere Ämter bzw.
Vertretungskörperschaften zu wählen seien. Dementsprechend habe die
Beantragung von Briefwahlunterlagen für beide Wahlgänge aus Sicht des
objektiven Empfängerhorizonts ein Ankreuzen beider Kästchen erfordert. Dass
dies die Auffassung auch vieler Wähler gewesen sei, ergebe sich erstens daraus,
dass kein einziger Antragsteller die Pluralendung "/en" gestrichen habe, obwohl es
höchst unwahrscheinlich sei, dass Verhinderungsgründe wie etwa die Abwesenheit
vom Wahlort bei allen Antragstellern für beide Wahlgänge zugleich vorgelegen
hätten. Zweitens habe die Beklagte selbst eingeräumt, dass Antragsteller neben
dem Kästchen "für die Wahl/en" oftmals auch das Kästchen "für die Stichwahl"
angekreuzt und somit den Vordruck anders interpretiert hätten als die Verwaltung.
In zahlreichen Fällen seien Personen, die Briefwahlunterlagen nur für den ersten
Wahlgang hätten beantragen wollen, überrascht gewesen, solche Unterlagen auch
für die Stichwahl zu erhalten. Es sei sogar zumindest ein Fall aufgetreten, in dem
einem am ersten Wahltag abwesenden Wahlberechtigten aufgrund eines
Ankreuzens des Kästchens "für die Wahl/en" Briefwahlunterlagen zugesandt
worden seien, obwohl dieser am Tag der Stichwahl als Wahlhelfer eingesetzt
gewesen sei. Dementsprechend seien zu vielen Wahlberechtigten für die Stichwahl
Briefwahlunterlagen ausgestellt worden, ohne dass sich die konkrete Zahl
derjenigen ermitteln ließe, die für die Stichwahl keinen entsprechenden Antrag
stellen wollten. Angesichts des knappen Wahlergebnisses könne dieser Fehler
wiederum insoweit von Einfluss auf den Wahlausgang gewesen sein, als dem
betreffenden Personenkreis mit einem besonderen Hinweis auf die Stichwahl und
dem "bequemen" Weg der Briefwahl die Teilnahme an der Stichwahl gegenüber
den anderen Wahlberechtigten unzulässig erleichtert worden sei. Ggf. hätte ein
nicht unerheblicher Teil dieses Personenkreises, der in der Stichwahl per Brief den
Beigeladenen zu 1. gewählt habe, an einer Urnen-Stichwahl nicht teilgenommen
oder dort anstelle des Beigeladenen zu 1. den Beigeladenen zu 2. gewählt.
Der Kläger beantragt,
die Wahl des Bürgermeisters der Stadt Maintal vom 14.09.2003/28.09.2003 für
ungültig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, die durch den Kläger angeführten Briefkästen seien an den
fraglichen Tagen durch Mitarbeiter der Stadt Maintal mehrfach geleert worden und
hätten schon deswegen nicht überfüllt sein können. Darüber hinaus habe der
Kläger seinen dahingehenden Einwand nicht hinreichend substantiiert, da es an
jeglichen Angaben über eine tatsächliche Entwendung von Wahlbriefen oder
Vorkommnisse fehle, die ein solches Geschehen wahrscheinlich gemacht hätten.
Allein die theoretische Möglichkeit, dass aus einem überfüllten Briefkasten
Wahlbriefe hätten entwendet werden können, reiche für die Darlegung einer
erheblichen Unregelmäßigkeit bei der Wahl nicht aus.
Weiterhin liege auch darin keine Unregelmäßigkeit, dass Antragstellern für eine
Briefwahl bereits dann Briefwahlunterlagen auch für die Stichwahl zugesandt
worden seien, wenn diese auf dem Formular das Kästchen "für die Wahl/en" ohne
Streichung der Pluralendung "/en" angekreuzt hätten. Es gebe kein verbindliches
Muster für die Ausgestaltung des Briefwahlantrags und § 63 Abs. 1 Satz 2
HessKWO regele nur, dass den Wahlberechtigten die Möglichkeit gegeben werden
müsse, bei Vorliegen entsprechender Gründe Briefwahlunterlagen entweder nur für
den ersten Wahlgang, für beide Wahlgänge oder nur für die Stichwahl zu
beantragen. Dem genüge das verwendete Formular. Es sei für den mündigen
Wahlbürger klar, dass ein Ankreuzen des Feldes für die "Wahl/en" einen Antrag auf
Briefwahlunterlagen für beide Wahlgänge umfasse, bei Streichung der
Pluralendung "/en" nur für den ersten Wahlgang Briefwahl beantragt sei und
schließlich bei einem Ankreuzen des Kästchens "für die Stichwahl" nur für die
Stichwahl ein Wahlschein ausgestellt würde. Darüber hinaus sei es falsch, wenn der
Kläger behaupte, dass Briefwahlunterlagen an Wahlberechtigte für die Stichwahl
versandt worden seien, obwohl diese ausdrücklich nur eine Verhinderung für den
ersten Wahlgang geltend gemacht hatten.
Das Antragsformular sei auch insoweit nicht zu beanstanden, als auf ihm lediglich
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Das Antragsformular sei auch insoweit nicht zu beanstanden, als auf ihm lediglich
eine der drei Fallgruppen für eine Verhinderung am Wahltag aus wichtigem Grund
anzukreuzen und durch Unterschrift zu versichern war, ohne dass die Angabe
weitergehender Tatsachen oder das Vorlegen von darauf bezogenen
Beweismitteln bzw. die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erforderlich
gewesen sei. Das durch die Stadt Maintal verwendete Formular entspreche den
auch bei Landes- oder Bundeswahlen verwendeten Mustern sowie dem amtlichen
"Leitfaden für die Durchführung von Kommunalwahlen in Hessen", die ebenfalls
keine darüber hinausgehenden Tatsachenangaben oder gar Beweisführungen
forderten. Weitergehende Anforderungen ergäben sich auch nicht aus § 9
HessKWG bzw. § 17 HessKWO. In den hier einschlägigen Fällen des § 9 Abs. 1
HessKWG biete bereits die Aufnahme des Wählers in das Wahlverzeichnis
hinreichende Gewähr für seine Wahlberechtigung. Bei der Beantwortung der Frage,
inwieweit für die Erteilung von Briefwahlunterlagen neben der unterschriftlichen
Versicherung eines wichtigen Grundes weitere Tatsachenangaben bzw.
Beweisführungen (z.B. eidesstattliche Versicherungen) zu fordern seien, müsse die
Natur des Wahlverfahrens als eines an enge Fristen gebundenen
Massenverfahrens Berücksichtigung finden. In dessen Rahmen sei es der
Wahlbehörde schlicht kaum möglich, zusätzlichen Tatsachenangaben bzw.
Beweisangeboten nachzugehen, wie sie nach der Rechtsauffassung des Klägers
erforderlich seien. Vielmehr habe sich der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund
eines zweistufigen Schutzsystems zur Sicherung einer freien und geheimen
Briefwahl sowie zur Vermeidung missbräuchlicher Briefwahlanträge bedient: Auf
einer ersten Stufe müsse der Antragsteller die Initiative ergreifen und entweder
durch einen unterschriebenen Antrag oder eine direkte Vorsprache bei der
Wahlbehörde versichern, dass ein wichtiger Grund für die Erteilung von
Briefwahlunterlagen i.S. des § 9 Abs. 1 HessKWG vorliege. Auf der zweiten Stufe
habe der Wähler dann gemäß § 45 Abs. 1 HessKWO den Stimmzettel persönlich zu
kennzeichnen, in den Wahlumschlag zu legen und dies an Eides Statt zu
versichern. Mit dieser strafbewehrten Erklärung werde der maßgebliche Schutz der
Wahlfreiheit geleistet, so dass keine strengeren Anforderungen auf der Vorstufe
der Beantragung der Briefwahl erforderlich seien. Die durch den Kläger postulierten
Erfordernisse einer konkreten Tatsachenuntermauerung des wichtigen Grundes
würden für eine Briefwahl Hürden errichten, die im Hinblick auf den Grundsatz der
Allgemeinheit der Wahl sowie des informationellen Selbstbestimmungsrechts der
Antragsteller bedenklich seien. Dass der Gesetzgeber keineswegs solche Hürden
errichten wollte, ergebe sich nunmehr auch aus den Gesetzgebungsmaterialien zu
dem Gesetz zur Änderung der Hessischen Gemeindeordnung und anderer
Gesetze vom 31.1.2005 (GVBl. I S. 142), die nunmehr in § 16a HessKWO vom
23.3.2005 (GVBl. I S. 254) ihren Niederschlag gefunden habe.
Auch könne das Erfordernis des § 17 Abs. 2 HessKWO, nach denen die Gründe für
eine Beantragung der Briefwahlunterlagen glaubhaft zu machen seien, nicht in
Anlehnung an § 294 ZPO so gedeutet werden, dass eine Versicherung an Eides
Statt zu fordern sei. Gerade aus der Abgrenzung zu § 45 Abs. 1 HessKWO, der für
die eigentliche Briefwahlhandlung eine eidesstattliche Versicherung verlange,
ergebe sich, dass für den Briefwahlantrag die bloße unterschriftliche Versicherung
eines wichtigen Grundes ausreiche.
Schließlich seien die geschilderten Umstände, selbst wenn sie Unregelmäßigkeiten
der Wahl begründen sollten, nicht i.S. der §§ 50 Nr. 2, 26 Abs. 1 Nr. 2 HessKWG
von Einfluss auf das Wahlergebnis gewesen. Bei den gerügten Vorkommnissen
handele es sich allenfalls um sog. tendenzlose Unregelmäßigkeiten, die nicht
gezielt auf das Abstimmungsverhalten eingewirkt hätten. Solche
Unregelmäßigkeiten führten aber nach der Rechtsprechung, da sie lediglich die
Wahlbeteiligung beeinflussen könnten und sich dementsprechend tendenziell
ergebnisneutral auswirkten, allenfalls dann zu einem beachtlichen Mangel, wenn
das angegriffene Wahlergebnis nur auf einem Vorsprung von wenigen
Einzelstimmen beruhe. Vorliegend sei es pure Spekulation, dass die Briefwähler
bei einer restriktiveren Handhabung der Erteilung von Briefwahlunterlagen für die
Stichwahl in nennenswertem Umfang nicht oder anders gewählt hätten. Auch die
Entwendung einer relevanten Zahl von Wahlbriefen aus den vorgeblich überfüllten
Wahlbriefkästen sei eine unbeachtliche Spekulation. Vor diesem Hintergrund
könnten die gerügten Unregelmäßigkeiten allenfalls bei einem äußerst knappen
Wahlergebnis beachtlich sein, was bei einem Vorsprung des Beigeladenen zu 1.
von immerhin 273 Stimmen nicht zutreffe.
Die Behördenakten der Stadt Maintal zu der angefochtenen Wahl sind beigezogen
worden.
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Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I. Die Klage genügt den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 41 HessKWG i.V.m. §
27 Nr. 1 HessKWG. Bei dem Kläger handelt es sich um einen Wahlberechtigten i.S.
des § 25 Abs. 1 HessKWG. Er hat seinen Einspruch vom 21.10.2003 gegen das
Ergebnis der Stichwahl des Bürgermeisters der Stadt Maintal vom 28.9.2003
binnen zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung des endgültigen
Wahlergebnisses am 10.10.2003 im Sinne des § 25 Abs. 2 HessKWG schriftlich bei
dem Wahlleiter der Stadt Maintal erhoben. Ein Beschluss der Beklagten über die
Gültigkeit der Wahl gemäß § 50 Nr. 4 HessKWG ist am 10.11.2003 erfolgt und dem
Kläger am 18.11.2003 zugegangen. Die Klage ist am 05.12.2003, d.h. binnen der
Monatsfrist des § 27 Satz 1 HessKWG erhoben worden. Schließlich hat der Kläger
alle tatsächlichen Einwendungen, auf die er seine Klage stützt, im Kern auch
bereits in seinem Einspruch nach § 25 HESSKWG erhoben (sog.
Anfechtungsprinzip; vgl. BVerwG, Beschluß vom 7. November 1974 - VII B 134.75;
Hess. VGH, NVwZ-RR 1998, 127). Seine weitergehenden Ausführungen in der
Klageschrift dienen lediglich zulässigerweise der Konkretisierung und Vertiefung
des in dem Einspruch umrissenen tatsächlichen Geschehens (s. Hess. VGH, Urteil
vom 10.7.2003 - 8 UE 2947/01, NVwZ-RR 2004, 58). II. Die Klage ist jedoch
unbegründet, da der Kläger keine Unregelmäßigkeiten in bezug auf die Stichwahl
vom 28.9.2003 vorgetragen hat, die i.S. der §§ 50 Nr. 2, 26 Abs. 1 Nr. 2 HessKWG
auf das Ergebnis von Einfluss gewesen sein könnten und er deswegen keinen
Anspruch darauf hat, dass die Stichwahl für ungültig erklärt wird.
1. Die durch die Stadt Maintal verwendeten Vordrucke für die Beantragung von
Briefwahlunterlagen begründen insoweit keine Unregelmäßigkeit der Wahl, als eine
Antragstellerin oder ein Antragsteller in ihnen lediglich abstrakt einen der drei
möglichen Gründe für eine Verhinderung an der Teilnahme an der Urnenwahl
ankreuzen und unterschreiben musste, ohne weitere Tatsachengrundlagen für die
geltend gemachte Verhinderung vortragen oder insoweit Beweismittel bzw. eine
eidesstattliche Versicherung beifügen zu müssen. Die Formulare stehen in
Einklang mit den Vorschriften der §§ 9 HessKWG, 17 HessKWO.
Zwar hat die erkennende Kammer in einem Urteil vom 12.9.2003 (VG Frankfurt - 7
E 2628/02) betreffend die Wahl eines Ausländerbeirats obiter dicta entschieden,
dass den Erfordernissen der §§ 9 HessKWG, 17 HessKWO nur solche
Antragsformulare für Briefwahlunterlagen genügen, in denen der Antragsteller
konkrete Tatsachen für seine Verhinderung anzugeben und glaubhaft zu machen
hat. An dieser Rechtsauffassung wird jedoch aus den nachfolgenden Gründen nicht
festgehalten.
Nach § 9 Abs. 1 HessKWG erhält ein in das Wählerverzeichnis eingetragener
Wahlberechtigter einen Wahlschein ausgestellt, wenn in seiner Person einer
derjenigen Gründe vorliegt, die auf dem Antragsformular der Stadt Maintal zum
Ankreuzen vorgesehen waren. Gemäß § 17 Abs. 1 HessKWO ist der Wahlschein für
die Briefwahl schriftlich oder mündlich bei dem Gemeindevorstand zu beantragen;
eine fernmündliche Antragstellung ist unzulässig. Nach § 17 Abs. 2 HessKWO muss
der Antragsteller schließlich den Grund für die Verhinderung am Wahltag glaubhaft
machen.
Der Beklagten ist im Ausgangspunkt darin zuzustimmen, dass die Frage, welche
Anforderungen an eine derartige Antragstellung im einzelnen zu stellen sind, nicht
durch eine isolierte Betrachtung des Antragsvorgangs beantwortet werden kann,
sondern die Ausgestaltung des gesamten Briefwahlvorgangs und die darin
enthaltenen Schutzvorkehrungen gegenüber Missbräuchen berücksichtigen muss.
Das Institut der Briefwahl stellt zwar keine von Verfassungs wegen gebotene
Ausprägung der Allgemeinheit der Kommunalwahlen im Sinne des Art. 28 Abs. 1
Satz 2 GG dar (vgl. BVerfGE 12, 139 ff.). Wenn sich der Gesetzgeber zur
Einführung einer Briefwahl entschließt, stellt diese Wahlform aber einen wichtigen
Bestandteil einer effektiven Beteiligung aller Wahlberechtigten an einer
Kommunalwahl dar (BVerfG, NJW 1982, 869 f.). Vor diesem Hintergrund müssen
zwar Schutzmechanismen zur Sicherstellung einer freien und geheimen Wahl auch
im Fall der Briefwahl, die sich nicht in dem vertraulichen Umfeld eines Wahllokals,
sondern der privaten Sphäre des jeweiligen einzelnen vollzieht, vorgesehen werden
(BVerfGE 21, 200 ff.; BVerfG, NJW 1982, 869 [870]). Dies rechtfertigt es, wenn die
Beantragung von Wahlscheinen zur Briefwahl gemäß §§ 9 HessKWG, 17 HessKWO
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Beantragung von Wahlscheinen zur Briefwahl gemäß §§ 9 HessKWG, 17 HessKWO
nicht ohne weiteres, sondern nur bei Glaubhaftmachung des objektiven Vorliegens
eines der dort aufgeführten wichtigen Gründe möglich ist. Entgegen der
Rechtsauffassung des Klägers führt dies jedoch nicht dazu, dass ein
entsprechender Antrag konkrete, auf die Person des Antragstellers bezogene
Tatsachenangaben über den Grund der Verhinderung enthalten müsste oder diese
aufgrund des Erfordernisses der Glaubhaftmachung in § 17 Abs. 2 HessKWO sogar
unter Beweis gestellt bzw. eidesstattlich versichert werden müssten.
Dies folgt zum einen aus der Erwägung, dass das Erfordernis möglichst strenger
Voraussetzungen für die Antragstellung zur Briefwahl zwar geeignet ist, den Kreis
der Briefwähler klein zu halten und somit gleichsam reflexartig mögliche
Verletzungen der Prinzipien der freien und geheimen Wahl bei der Stimmabgabe
außerhalb eines Wahllokals gering zu halten. Aber auch die von dem Kläger
eingeforderten strengen Kriterien sind nicht geeignet, gerade spezifisch den Fällen
vorzubeugen, in denen aufgrund einer tatsächlichen Beeinflussung des
Briefwählers durch Dritte grundlegende Wahlprinzipien konkret gefährdet oder
verletzt sind. Somit verbleibt der Zusammenhang zwischen strengen
Antragsvoraussetzungen und der Förderung freier und geheimer Wahlen eher
zufällig. Da umgekehrt die Möglichkeit einer für die Antragsteller und die
Wahlbehörde praktikabel durchführbaren Briefwahl wie dargelegt dem ebenfalls
grundlegenden Prinzip der Allgemeinheit der Wahl geschuldet ist, drohen somit
überstrenge oder schwer handhabbare Antragsvoraussetzungen für die Briefwahl
gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verstoßen, was bei der
Auslegung der §§ 9 HessKWG, 17 HessKWO zu berücksichtigen ist.
Ein effektiveres Mittel zur Sicherstellung freier und geheimer Wahlen als die durch
den Kläger in Aussicht genommenen Antragsvoraussetzungen stellt vielmehr die
bei der Stimmabgabe der Briefwahl bestehende Pflicht dar, den Stimmzettel
persönlich und unbeobachtet auszufüllen und dies an Eides Statt zu versichern (§
45 Abs. 1 und 2 HessKWO). Hiermit wird möglichen Missbräuchen gezielt
entgegengewirkt (BVerfG, NJW 1982, 869 f.). Das durch den Kläger verfochtene
zusätzliche Erfordernis der Angabe konkreter Tatsachen für die Verhinderung am
Wahltag bzw. einer entsprechenden Beweisführung ist demgegenüber nicht nur wie
dargelegt allenfalls zufällig geeignet, der Verletzung von Wahlgrundsätzen bei der
Briefwahl vorzubeugen, sondern wäre zudem auch äußerst schwer zu handhaben.
Hierbei kann dahinstehen, ob die insoweit von der Beklagten vorgebrachten
Bedenken in bezug auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht der
Antragsteller durchgreifend sind. Zumindest wäre es aus Sicht der Wahlbehörde in
dem zeitgebundenen Massenverfahren einer (Kommunal-)Wahl kaum möglich,
etwaigen Tatsachenangaben der Antragsteller in mehr als nur willkürlicher Weise
nachzugehen. Es erscheint lebensfremd zu fordern, dass die Wahlbehörde
beispielsweise - wenn auch nur stichprobenartig - durch die Antragsteller
angegebene Krankheitssyndrome im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 HESSKWG darauf
nachprüfen sollte, ob sie wirklich vorliegen und einer Wahlhandlung im Wahllokal
entgegenstehen und darüber ggf. weitere Informationen bei dem betreffenden
Antragstellern einzuholen habe. Vor diesem Hintergrund ist der Umstand, dass
das von der Stadt Maintal verwendete, abstrakt gehaltene Antragsformular in
vergleichbarer Weise auch permanent bei Bundes- und Landtagswahlen verwendet
wird, nicht nur Ausdruck einer bloßen Wahlpraxis, die für sich genommen rechtlich
unbeachtlich wäre, sondern Ausdruck zwingender praktischer Erfordernisse, welche
die Grenzen des § 9 HessHESSKWG nicht überschreiten.
Hiergegen spricht schließlich auch nicht § 17 Abs. 2 HessKWO, nach dem der
Grund für die Beantragung des Wahlscheins glaubhaft zu machen ist. Hieraus kann
nicht gefolgert werden, dass der Antragsteller konkrete Tatsachen für seine
Verhinderung angeben und diese i.S. des § 294 ZPO untermauern müsste. Weder
liegt es nahe, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff der Glaubhaftmachung in §
17 Abs. 2 KWO auf die Vorschrift des § 294 ZPO verweisen wollte, was aufgrund der
unterschiedlichen systematischen Stellung der Vorschriften ausdrücklich hätte
erfolgen müssen, noch sind die in § 17 Abs. 2 HessKWO und § 294 ZPO erfassten
Sachverhalte teleologisch vergleichbar. Während sich § 294 ZPO auf eine
besondere Form des Belegens von Tatsachenbehauptungen in einem gerichtlichen
Verfahren bezieht, regelt § 17 Abs. 2 HessKWO die Antragstellung für eine
besondere Form der Wahl. Vor diesem Hintergrund und aufgrund der oben
angestellten Erwägungen zur Stellung des Wahlscheinantrags im Gesamtsystem
der Briefwahl ist § 17 Abs. 2 HessKWO dahingehend auszulegen, dass eine
unterschriftliche Versicherung des jeweils auf dem Antragsformular der Stadt
Maintal angekreuzten Hinderungsgrunds ausreichend war, um die gesetzlichen
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Maintal angekreuzten Hinderungsgrunds ausreichend war, um die gesetzlichen
Antragsvoraussetzungen zu erfüllen.
2. Der durch den Kläger daneben gerügte Umstand, dass aufgrund der unklaren
Fassung des Antragsformulars auch solche Personen Briefwahlunterlagen für die
Stichwahl erhalten hatten, die diese nur für den ersten Wahlgang beantragen
wollten, begründet zwar eine Unregelmäßigkeit der Wahl i.S. der §§ 50 Nr. 2, 26
Abs. 1 Nr. 2 HessKWG. Dennoch verhilft dies der Klage nicht zum Erfolg, weil eine
solche Unregelmäßigkeit nicht von Einfluss auf das Ergebnis der Stichwahl
gewesen sein kann.
a) Gemäß § 17 Abs. 1 HessKWO setzt die Erteilung von Briefwahlunterlagen einen
entsprechenden Antrag des Wahlberechtigten voraus. Wie sich aus § 63 Abs. 1
HessKWO ergibt, kann und muss dieser Antrag bei einer aus einem ersten
Wahlgang und einer Stichwahl zusammengesetzten Wahl für beide Wahlgänge
eigenständig erfolgen. Die durch die Wahlbehörde der Stadt Maintal gewählte
Interpretation, nach der jedem Antragsteller bereits dann Wahlunterlagen auch für
die Stichwahl zugesendet wurden, wenn lediglich das Kästchen "für die Wahl/en"
ohne Streichung der Pluralendung "/en" angekreuzt war, entspricht nicht notwendig
dem objektiven Verständnishorizont einer Antragstellerin oder eines Antragstellers
und verletzt somit das Antragserfordernis.
Bei einer aus einem erstem Wahlgang und einer Stichwahl zusammengesetzten
Bürgermeisterwahl bestehen drei Kombinationsmöglichkeiten für die Beantragung
von Briefwahlunterlagen: Die Antragstellerin oder der Antragsteller möchte einen
Wahlschein für beide Wahlgänge beantragen (1), nur für den ersten Wahlgang (2)
oder nur für die Stichwahl (3). Das durch die Stadt Maintal verwendete Formular
erweist sich nur in bezug auf die Variante 3 als eindeutig. In einem solchen Fall
hätte die antragstellende Person nur das Kästchen "für die Stichwahl" anzukreuzen
gehabt. Hingegen kommen für die Varianten 1 und 2 zwei unterschiedliche
Vorgehensweisen in Betracht. Derjenige, der für beide Wahlgänge Briefwahl
beantragen möchte, könnte sowohl das Kästchen "für die Wahl/en" als auch das
Kästchen "für die Stichwahl" ankreuzen. Die Bezeichnung "für die Wahl/en" würde
danach nur den ersten Wahlgang betreffen, wobei die Pluralendung auf den hier
nicht einschlägigen Fall bezogen wäre, dass an einem Tag mehrere kommunale
Ämter bzw. Vertretungskörperschaften zu wählen sind. Mit der durch die
Verwaltung der Stadt Maintal gewählten Interpretation könnte die Formulierung
"für die Wahl/en" jedoch auch als "Wahl und Stichwahl" gelesen werden mit der
Konsequenz, dass die Antragstellerin oder der Antragsteller für beide Wahlgänge
nicht auch noch das Kästchen "für die Stichwahl" hätte ankreuzen müssen,
vielmehr umgekehrt eine Person, die den Antrag nur für den ersten Wahlgang
stellen möchte, gehalten gewesen wäre, die Endung "/en" zu streichen. Dass eine
solche Interpretation aus der Sicht eines Wählers jedoch eher fern lag und damit
nicht allein maßgeblich sein kann, ergibt sich bereits aus dem durch die Beklagte
selbst vorgetragenen Sachverhalt, dass viele Antragsteller beide Kästchen
angekreuzt hatten und damit zum Ausdruck brachten, dass sich das Kästchen "für
die Wahl/en" aus ihrer Sicht nur auf den ersten Wahlgang bezog. Somit haben
Antragsteller, die subjektiv lediglich für den ersten Wahlgang Briefwahlunterlagen
beantragen wollten und lediglich das erste Kästchen, wenn auch ohne Streichung
der Pluralendung "/en" angekreuzt hatten, diesen Willen aus Sicht des objektiven
Empfängerhorizonts hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht. Wenn ihnen
gleichwohl Briefwahlunterlagen zugesandt wurden, begründete dies jedenfalls
einen Verstoß gegen das Antragserfordernis in § 17 Abs. 1 HessKWO. Der Kläger
hat hinreichend substantiiert vorgetragen, dass derartige Fälle bei der zu
beurteilenden Stichwahl auch tatsächlich vorgekommen sind.
Die Ausstellung von Briefwahlunterlagen für eine Wahl ohne entsprechenden
Antrag bzw. das Vorliegen der darauf bezogenen Gründe in § 9 HessKWG stellt
auch keinen bloßen Verstoß gegen eine Ordnungsvorschrift dar, sondern eine
Unregelmäßigkeit der Wahl i.S. der §§ 50 Nr. 2, 26 Abs. 1 Nr. 2 HessKWG (vgl. VG
Darmstadt, Urteil vom 30.11.1998 - 3 E 1154/98).
b) Vorliegend kann auf diese Unregelmäßigkeit aber deswegen kein Anspruch auf
Aufhebung der Wahl gestützt werden, weil der Fehler nicht gemäß §§ 50 Nr. 2, 26
Abs. 1 Nr. 2 HessKWG auf das Wahlergebnis von Einfluss gewesen sein kann. Von
Einfluss kann die Unregelmäßigkeit auf die Wahl sein, wenn eine mehr als nur
theoretische bzw. aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung nicht ganz fernliegende
Möglichkeit besteht, dass sich der Verstoß auf das Ergebnis ausgewirkt hat (Hess.
VGH, Urteil vom 10. Juli 2003 - 8 UE 2947/01). Erforderlich ist somit eine konkrete
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VGH, Urteil vom 10. Juli 2003 - 8 UE 2947/01). Erforderlich ist somit eine konkrete
Möglichkeit, dass ohne die Unregelmäßigkeit ein anderer Bewerber gewählt worden
wäre, wobei zwar keine überwiegende Wahrscheinlichkeit gefordert werden kann,
aber das Maß der Deutlichkeit des Wahlausgangs Berücksichtigung finden muss.
In diesem Zusammenhang wird in der Rechtsprechung zwischen solchen
Wahlfehlern unterschieden, die in einer bewussten Beeinflussung der
Wahlentscheidung bestehen und so genannten tendenzlosen Wahlfehlern, die
keine derartige Qualität aufweisen. Um einen solchen Fehler handelt es bei der
vorliegend erfolgten Versendung von Briefwahlunterlagen an zu viele
Wahlberechtigte für die Stichwahl. Während bei der ersten Fehlergruppe eine
mögliche Kausalität für das Wahlergebnis typischerweise zu bejahen sein soll, wird
für die Relevanz tendenzloser Wahlfehler regelmäßig ein so knapper
Stimmenabstand zwischen den konkurrierenden Bewerbern gefordert, dass schon
der Zuwachs um nur wenige Einzelstimmen bei dem unterlegenen Bewerber
genügen würde, um einen anderen Wahlausgang zu bewirken (Hess. VGH, Urteil
vom 10. Juli 2003 - 8 UE 2947/01). Jedoch sind zum einen in der Rechtsprechung
keine abstrakten Kriterien dafür aufgestellt worden, wann es sich um einen
Abstand von nur wenigen Einzelstimmen handelt (z.B. verneint von Hess. VGH,
a.a.O., für 782 Stimmen Vorsprung aus ca. 50.000 abgegebenen Stimmen; bejaht
von VG Darmstadt, Urteil vom 30. November 1998 - 3 E 1154/98, für 39 Stimmen
Vorsprung aus ca. 6300 abgegebenen Stimmen). Zum anderen darf die
Unterscheidung in tendenziöse und tendenzlose Wahlfehler bei der Beruhensfrage
in den §§ 50 Nr. 2, 26 Abs. 1 Nr. 2 HessKWG nicht schematisch angewendet
werden, sondern nur, soweit sie einen konkreten Bezug zur Möglichkeit eines
anderen Wahlausgangs hat.
Vor diesem Hintergrund wird die Kausalitätsprüfung bei tendenzlosen Wahlfehlern
in der Regel deswegen strenger gehandhabt, weil solche Fehler sich unmittelbar
nur auf das Maß der Wahlbeteiligung auswirken und eine Ergebnisrelevanz dieses
Umstands zumindest dann fern liegt, wenn der Teil der betroffenen Wähler einen
heterogenen Ausschnitt aus dem Kreis der Wahlberechtigten bildet und somit eine
Verschiebung des Wahlergebnisses durch den Fehler unwahrscheinlich ist (Hess.
VGH, Urteil vom 10. Juli 2003 - 8 UE 2947/01). Folglich bedarf es auch bei dem hier
vorliegenden tendenzlosen Fehler (d.h. einer unzulässigen Ausweitung des Kreises
der Briefwähler in der Stichwahl) einer Beurteilung, auf welche Weise hierdurch das
Wahlverhalten möglicherweise beeinflusst wurde und ob diese Beeinflussung
anhand des Wahlausgangs die konkrete Möglichkeit einer Ergebnisverschiebung in
sich barg. Nicht zulässig wäre hingegen im vorliegenden Fall eine schematische
Beurteilung danach, ob die Wahl bei einer Außerachtlassung sämtlicher
Briefwahlstimmen anders ausgefallen wäre.
Der Kläger trägt vorliegend zwei mögliche Wege vor, auf denen die Ausstellung von
Briefwahlunterlagen an Personen, die das Kästchen "für die Wahl/en" angekreuzt
hatten, hiermit aber nur den ersten Wahlgang gemeint hatten, das Wahlergebnis
beeinflusst haben kann: Zum einen sei denkbar, dass diese Personen aufgrund
einer besseren Wahrung der Grundsätze einer geheimen und freien Wahl in den
Wahllokalen bzw. eines kurzfristigen Stimmungswechsels zugunsten des
Beigeladenen zu 2. bei der Urnenwahl statt des Beigeladenen zu 1. den
Beigeladenen zu 2. gewählt hätten. Zum anderen hätten diese Personen ohne
Übersendung von Briefwahlunterlagen möglicherweise überhaupt nicht gewählt,
was ebenfalls das Wahlergebnis beeinflusst haben könne. Beide Argumentationen
begründen jedoch bezogen auf das in Rede stehende Ergebnis der Stichwahl nicht
die erforderliche Konkretisierung einer möglichen Ergebnisrelevanz.
Soweit in Betracht gezogen wird, dass manche der betroffenen Antragsteller bei
einer Urnenwahl weniger beeinflusst gewesen sein könnten als bei der tatsächlich
vollzogenen Briefwahl und deshalb nicht den Beigeladenen zu 1., sondern den
Beigeladenen zu 2. gewählt hätten, handelt es um eine reine Spekulation, welche
die Ergebnisrelevanz des Wahlfehlers nicht zu begründen vermag (vgl. Hess. VGH,
Urteil vom 10. Juli 2003 - 8 UE 2947/01).
Ebenso außer Betracht zu bleiben hat die Möglichkeit, dass unzulässigerweise mit
Briefwahlunterlagen für die Stichwahl ausgestattete Personen u.U. bereits relativ
frühzeitig ihre Wahlhandlung vollzogen und deswegen nicht mehr einen von dem
Kläger behaupteten Stimmungsumschwung zugunsten des Beigeladenen zu 2. in
den letzten Tagen vor der Stichwahl berücksichtigen konnten. Wenn das
Kommunalwahlrecht eine Erteilung von Briefwahlunterlagen nur vorsieht, soweit für
jeden einzelnen Wahlgang ein Antrag und ein entsprechender Grund vorliegen,
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jeden einzelnen Wahlgang ein Antrag und ein entsprechender Grund vorliegen,
geschieht dies jedenfalls nicht, um Wahlberechtigte vor einer zu frühzeitigen
Entscheidung im Rahmen der Briefwahl im Verhältnis zu einer Urnenwahl am
Wahltag zu bewahren. Der Zeitpunkt der Briefwahlhandlung, die auch noch am Tag
der Urnenwahl vollzogen werden kann, obliegt vielmehr der eigenverantwortlichen
Einschätzung eines jeden einzelnen Wählers. Daher kann die Ergebnisrelevanz der
unzulässigen Ausweitung der Briefwahl nicht auf das Argument gestützt werden,
einzelne Wähler hätten sich am Tag der Stichwahl möglicherweise anders
entschieden als bei einer vorher vollzogenen Briefwahl.
Nicht von vornherein unbeachtlich ist hingegen das Argument, Personen die
vorliegend unzulässigerweise Briefwahlunterlagen für die Stichwahl erhalten haben,
hätten an der Urnen-Stichwahl möglicherweise nicht teilgenommen und insoweit
das Wahlergebnis möglicherweise beeinflusst. Denn die Zusendung von
Briefwahlunterlagen macht den Wahlberechtigten im Verhältnis zu einem
potentiellen Urnenwähler nicht nur besonders auf das Stattfinden einer Stichwahl
aufmerksam, sondern erleichtert ihm auch die Wahlhandlung als solche und
begründet insoweit u.U. auch einen nicht unerheblichen zusätzlichen Impuls für die
tatsächliche Ausübung des Wahlrechts (vgl. VG Darmstadt, Urteil vom 30.
November 1998 - 3 E 1154/98). Die von der Beklagten vorgetragene
Argumentation, es sei im Zweifel davon auszugehen, dass die betreffenden
Personen bei Nichtzusendung von Briefwahlunterlagen gleichwohl ihr Recht zur
Urnenwahl ausgeübt hätten, mag zwar einem demokratischen Idealbild
entsprechen, erscheint aber schon anhand einer Wahlbeteiligung von nur 33,0%
bei der in Rede stehenden Stichwahl als nicht unbedingt wirklichkeitsnah.
Gleichwohl begründet auch die Möglichkeit einer geringeren Wahlbeteiligung bei
ordnungsgemäßer Handhabung der Wahlscheinerteilung für die Stichwahl im zu
beurteilenden Sachverhalt lediglich eine theoretische, nicht hinreichend
konkretisierte Möglichkeit der Ergebnisrelevanz. Zwar hat der im Gesamtergebnis
der Stichwahl unterlegene Beigeladene zu 2. unter den Urnenwählern mehr
Stimmen erzielt als unter den Briefwählern, die mit 1116 Stimmen (58,4%) zu 794
Stimmen (41,6%) den Beigeladenen zu 1. wählten. Es erscheint jedoch
fernliegend, dass der Beigeladene zu 1. bei einer ordnungsgemäßen Handhabung
der Brief-Stichwahl per saldo mindestens 273 Wahlstimmen weniger erzielt hätte
als der Beigeladene zu 2., was für eine Verschiebung des Wahlergebnisses
erforderlich gewesen wäre. Es ist nämlich kein Grund ersichtlich, warum eine
mögliche Nichtausübung des Wahlrechts in der Stichwahl durch eine bestimmte
Zahl an Wählern bei restriktiverer Handhabung der Erteilung von
Briefwahlunterlagen einen der beiden Kandidaten über- oder unterproportional
hätte begünstigen oder benachteiligen sollen.
3. Schließlich kann dahinstehen, ob die beiden von dem Kläger benannten
städtischen Briefkästen am 21.9.2003 am Stadtladen in Dörnigheim und am 26.
und 27.9.2003 am Rathaus in Hochstadt tatsächlich in einer Art und Weise
überfüllt waren bzw. einen Zugriff von außen gestatteten, der die Entwendung von
Wahlbriefen möglich gemacht hätte. Denn selbst wenn dies zutreffen und hierin
eine Unregelmäßigkeit der Wahl i.S. der §§ 50 Nr., 26 Abs. 1 Nr. 2 HessKWG zu
erblicken sein sollte, könnte dies wiederum nicht mit der erforderlichen
Wahrscheinlichkeit für das Ergebnis der Wahl von Bedeutung sein.
Es würde sich jedenfalls um einen so genannten tendenzlosen Wahlfehler mit der
daran geknüpften kritischen Beurteilung der Ergebnisrelevanz handeln, da eine
gezielte Beeinflussung der Wahl zugunsten des Beigeladenen zu 1. durch eine
Unterschlagung der äußerlich nicht nach dem Inhalt der Stimmabgabe
unterscheidbaren Wahlbriefe unmöglich war. Vorliegend könnten schon theoretisch
äußerstenfalls 533 Briefwahlstimmen unterschlagen worden sein, weil bei 2498
ausgestellten Wahlscheinen in der Stichwahl 1965 Briefwahlstimmen als gültig oder
ungültig abgegeben registriert worden sind. Tatsächlich kommt bei lebensnaher
Betrachtung aber nur der regelwidrige Zugriff auf einen Bruchteil der Zahl von 533
Briefwählerstimmen in Betracht, da es sich bei den gerügten Briefkästen erstens
nicht um die einzigen Behältnisse für das Einlegen der Wahlbriefe gehandelt hat
und zweitens auch unter den Briefwählern mit einer signifikanten Zahl an
Nichtwählern in der Stichwahl zu rechnen ist. Unter Berücksichtigung dieser
Umstände verbleibt die Möglichkeit, dass eine denkbare Entwendung von
Briefwahlstimmen aus den gerügten Briefkästen per saldo signifikant zu Lasten
des Beigeladenen zu 2. gewirkt hätte, eine bloß theoretische Möglichkeit, die nicht
geeignet ist, Auswirkungen auf das Wahlergebnis zu zeitigen, das immerhin mit
273 Stimmen Vorsprung für den Beigeladenen zu 1. ausgefallen ist. Dies gilt auch
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273 Stimmen Vorsprung für den Beigeladenen zu 1. ausgefallen ist. Dies gilt auch
bei einer Gesamtschau dieses möglichen Wahlfehlers mit der oben (unter Punkt
2b) erörterten denkbaren Stimmenverschiebung durch die unzulässige
Ausstellung von Briefwahlunterlagen für die Stichwahl.
Hinzu kommt, dass die Briefwähler von der Beklagten in ihrem "Wegweiser für die
Briefwahl" darauf aufmerksam gemacht wurden, den Wahlbrief entweder
rechtzeitig zur Post zu geben oder bei dem Wahlamt der Beklagten in der
Klosterhofstraße 4-6 abzugeben oder abgeben zu lassen. Wenn sie dennoch den
Weg gewählt haben, den Wahlbrief in einen allgemeinen Briefkasten der Beklagten
einzuwerfen, so tragen sie das Risiko eventueller Unregelmäßigkeiten ebenso wie
bei einer Rücksendung der Wahlbriefe auf dem normalen Postweg. Denn ein
allgemein zugänglicher Briefkasten einer Kommune ist keine Wahlurne i.S. des §
31 HessKWO.
III. Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie § 167 Abs. 1
Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
Die Entscheidung über die Zulassung der Berufung beruht auf § 124a Abs. 1 Satz
1 i.V.m § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.