Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 03.12.2007

VG Frankfurt: belastung, teilzeitbeschäftigung, diskriminierung, besoldung, eugh, rechtfertigung, vorrang, arbeitsentgelt, teilzeitarbeit, geschlecht

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Gericht:
VG Frankfurt 9.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 E 2418/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 2 Abs 1 Nr 2 AGG, § 24 Nr 1
AGG, § 3 Abs 2 AGG, § 7 Abs 1
AGG, § 33a BAT
Wechselschichtzulage für teilzeitbeschäftigte Beamte
Leitsatz
Die nach § 20 Abs. 1, 4 EZulV zu gewährende Wechselschichtzulage unterliegt nicht der
Kürzung nach § 6 Abs. 1 BBesG und ist deshalb Teilzeitbeschäftigten bei Erfülung der
tatbestandlichen Voraussetzungen in voller Höhe zu gewähren.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundespolizeiamtes
Frankfurt/Main vom 11. April 2007 und des Widerspruchsbescheides des
Bundespolizeipräsidiums Mitte vom 12. Juli 2007 verurteilt, an die Klägerin weitere
1.315,63 € Wechselschichtzulage zu zahlen und ab Januar 2008 mit der laufenden
Besoldung monatlich 51,13 € als Wechselschichtzulage anstelle von 32,60 € zu
zahlen, soweit die Klägerin weiter mit einem Stundenumfang von 25,5
Wochenstunden bei einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden teilzeitbeschäftigt
und in 5 Wochen mindestens 40 Stunden im Nachtschichtdienst eingesetzt ist.
Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der
festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in
entsprechender Höhe Sicherheit leistet.
Berufung und Revision werden zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt die ungekürzte Gewährung der wegen
Wechselschichtdienstes gezahlten Erschwerniszulage.
Die Klägerin ist verheiratet und Mutter des am 30. Januar 1999 geborenen Sohnes
B.. Seit Februar 2002 versieht sie Dienst in Teilzeitbeschäftigung im Umfang von
25,5 Stunden wöchentlich. Sie wird im Wechselschichtdienst eingesetzt. Ihr Anteil
an Nachtdienststunden beträgt in jeweils 5 Wochen mehr als 40 Stunden. Mit
Rücksicht darauf erhält sie eine Wechselschichtzulage nach Maßgabe des § 20
Abs. 1, 4 S. 1 EZulV, die von der Beklagten im Hinblick auf die
Teilzeitbeschäftigung auf monatlich 32,60 € berechnet wird.
Am 23. März 2007 beantragte die Klägerin bei ihrer Beschäftigungsbehörde, dem
Bundespolizeiamt Frankfurt/Main, ihr rückwirkend die Wechselschichtzulage in
voller Höhe zu zahlen. Die Kürzung der Zulage wegen Teilzeitbeschäftigung stelle
eine unzulässige Benachteiligung dar. Zur Begründung berief sie sich auf § 15
BGleiG und die Urteile des ArbG Stade vom 21.11.2007 (2 Ca 381/06) und des
ArbG Bielefeld vom 26.10.2006 (6 Ca 1877/06).
Mit Bescheid vom 11. April 2007 lehnte das Bundespolizeiamt Frankfurt/Mein den
Antrag auf Zahlung der vollen Zulage ab (Bl. 11 f. d. A.). Die Kürzung der Zulage
erfolge entsprechend § 6 Abs. 1 BBesG, weil es sich bei Erschwerniszulagen um
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erfolge entsprechend § 6 Abs. 1 BBesG, weil es sich bei Erschwerniszulagen um
Dienstbezüge i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 4 BBesG handele. Die in Bezug genommenen
Urteile könnten keine Anwendung finden, da sie sich auf Beschäftigte im
Geltungsbereich des TVöD bezögen. Die Berechnung der Zahlungen für
Beamtinnen richte sich nach dem BBesG. Eine Benachteiligung i. S. d. § 15 BGleiG
sei nicht zu erkennen, da sämtliche teilzeitbeschäftigten Beamtinnen und Beamte
dem Kürzungstatbestand des § 6 Abs. 1 BBesG unterlägen.
Am 30. April 2007 erhob die Klägerin Widerspruch und wiederholte ihren Antrag auf
Gewährung der Zulage in Höhe von monatlich 51,90 €. Der Kern der Vorschriften
im TVöD zu § 6 BBesG und § 15 BGleiG sei identisch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2007 (Bl. 14-16 d. A.) wies das
Bundespolizeipräsidium Mitte den Widerspruch der Klägerin zurück. Die
Entscheidung des Verordnungsgebers für eine im Grundsatz pauschale Abgeltung
einer bestimmten Erschwernis oder Belastung stehe der in § 6 Abs. 1 BBesG
geregelten differenzierten Behandlung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten nicht
entgegen, weil bei ebenfalls pauschaler Betrachtung der durchschnittliche
Belastungsumfang vom Beschäftigungsumfang abhängig sei. Da sich
Teilzeitbeschäftigung von der Vollzeitbeschäftigung zwar nicht qualitativ, wohl aber
quantitativ unterscheide, dürfe Teilzeitarbeit sehr wohl quantitativ anders als
Vollzeitarbeit abgegolten werden. Es wäre ein Verstoß gegen das
Gleichbehandlungsgebot in Art. 3 Abs. 1 GG, wenn einem Teilzeitbeschäftigten, der
quantitativ weniger Schichtdienst leiste als ein Vollzeitbeschäftigter, die Zulage in
gleicher Höhe gewährt werde. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin gegen
Empfangsbekenntnis am 30. Juli 2007 zugestellt.
Mit ihrer am 24. August 2007 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren
weiter. Sie macht geltend, die Wechselschichtzulage gelte diejenige Belastung ab,
die die grundsätzliche Belastung von Wechselschicht mit sich bringe. Es sei
arbeitswissenschaftlich anerkannt, dass die Ableistung von Wechselschicht,
insbesondere aber von drei Wechselschichten eine besondere Belastung darstelle,
und zwar dergestalt, dass hohe Anforderungen an die Umstellungs- und
Anpassungsfähigkeit des Körpers, insbesondere des Biorhythmus gestellt würden.
Hierdurch entstehe eine zusätzliche Belastung durch besondere Anstrengungen
zur Planung der Bewältigung des täglichen Lebens von Wechselschicht Leistenden
im Verhältnis anderen Beamtinnen und Beamten. Für die Betrachtung des
Abgeltungsbereichs der Wechselschichtzulage sei vollkommen unbeachtlich, ob in
Wechselschicht je Schicht 8 oder 5 Arbeitsstunden geleistet würden. Die
Wechselschichtzulage werde nämlich gerade nicht wegen des quantitativen
Umfangs der geleisteten Schichtarbeiten, sondern vielmehr wegen der Qualität
„Ableistung von Wechselschichtarbeit“ gezahlt. Einen zwingenden Grund i. S. d. §
15 Abs. 1 BGleiG zur Kürzung der Wechselschichtzulage bei Teilzeitbeschäftigten
gebe es nicht.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundespolizeiamtes
Frankfurt/Main vom 11. April 2007 und des Widerspruchsbescheides des
Bundespolizeipräsidiums Mitte vom 12. Juli 2007 zu verurteilen, an die Klägerin
weitere 1.315,63 € Erschwerniszulage zu zahlen und ab Januar 2008 mit der
laufenden Besoldung monatlich 51,13 € als Erschwerniszulage anstelle von 32,60 €
zu zahlen, soweit die Klägerin weiter mit einem Stundenumfang von 25,5 Stunden
bei einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden teilzeitbeschäftigt und in 5 Wochen
mindestens 40 Stunden im Nachtschichtdienst eingesetzt ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertieft die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Es
bestehe ein zwingender sachlicher Grund für die Kürzung der
Wechselschichtzulage in Bezug auf die Arbeitszeit. § 20 EZulV könne entnommen
werden, dass es auf den Umfang der in Wechselschichtdienst tatsächlich
geleisteten Stunden sehr wohl ankomme; denn sonst wäre die nach
Stundenzahlen abgestufte Regelung in § 20 Abs. 1 und Abs. 2 a) - c EZulV nicht
erklärbar. Der Umfang der in Wechselschicht geleisteten Dienststunden sei daher
die wesentliche Grundlage für den Umfang der entstehenden Belastung und daher
auch der zwingende Grund für die unterschiedliche Belastung. Mit der Verkürzung
der Gesamtdienstzeit bei Teilzeitbeschäftigung sei auch die Gesamtbelastung
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der Gesamtdienstzeit bei Teilzeitbeschäftigung sei auch die Gesamtbelastung
gemindert. § 6 Abs. 1 BBesG sei einer Auslegung i. S. der Auffassung der Klägerin
nicht zugänglich. Eine mittelbare Benachteiligung i. S. d. AGG liege nicht vor.
Ein Heftstreifen Verwaltungsvorgänge hat vorgelegen. Auf seinen Inhalt und den
der Gerichtsakte wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
Im Einverständnis mit den Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche
Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Das Begehren der Klägerin ist nach der Durchführung des Vorverfahrens als
kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig. Soweit die Klägerin auf
künftige Leistung klagt, ist die Klage gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 259 ZPO
zulässig. Da die Beklagte jede Leistung im Sinne des Klagebegehrens ablehnt, ist
die Besorgnis gerechtfertigt, die Beklagte werde auch bei einer Verurteilung zur
Nachzahlung nicht gewährter Zulagen künftig die Wechselschichtzulage erneut nur
anteilig gekürzt auszahlen. Dem kann die Klägerin durch eine Klage zur
Verurteilung der Beklagten auf künftige Leistung vorbeugen. Insoweit ist der
Antrag auch bestimmt genug, weil die Voraussetzungen der künftigen
Leistungsgewährung in den Antrag aufgenommen worden sind.
Die Klage hat auch Erfolg, weil die angefochtenen Bescheide die Zahlung des
ungekürzten Betrags der monatlichen Wechselschichtzulage in Höhe von 51,13 €
zu Unrecht ablehnen und der Klägerin ein entsprechender Zahlungsanspruch
zusteht. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin
in ihren Rechten, sodass sie nach § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO aufzuheben sind.
Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Anspruch auf die Gewährung einer
Erschwerniszulage in Gestalt einer Wechselschichtzulage zu. Nach
übereinstimmender Auffassung der Beteiligten wird die Klägerin fortlaufend nach
einem Schichtplan im Wechselschichtdienst eingesetzt und leistet dabei in jeweils
5 Wochen mindestens 40 Stunden Nachtdienststunden. In den Wechselschichten
wird zudem ununterbrochen bei Tag und Nacht werktags, sonntags und feiertags
gearbeitet. Damit erfüllt die Art der Dienstleistung der Klägerin die sachlichen
Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 S. 1 EZulV i. d. F. d. Bek. vom 3.12.1998 (BGBl. I
S. 3497), zuletzt geändert durch Art. 67 des Gesetzes vom 21.6.2005 (BGBl. I S.
1818, 1832). Diese Regelung verpflichtet den Dienstherrn zur monatlichen
Zahlung einer Erschwerniszulage in Gestalt der Wechselschichtzulage in Höhe von
102,26 €. Dieser Betrag steht der Klägerin nach den insoweit zutreffenden und von
ihr nicht angegriffenen Ausführungen im Ausgangsbescheid vom 11. April 2007
jedoch nur zur Hälfte zu, weil die Klägerin zu den Beamten und Beamtinnen
gehört, die eine Stellenzulage nach Maßgabe der Nr. 9 der Vorbemerkungen zu
den Besoldungsordnungen A und B des BBesG erhalten (Polizeizulage). Für diesen
Personenkreis halbiert § 20 Abs. 4 S. 1 EZulV die Wechselschichtzulage auf einen
monatlichen Betrag von 51,13 € (vgl. BVerwG U. v. 27.5.2004 - 2 C 31/03 - ZBR
2004, 394, 395), weil durch Nr. 9 Abs. 3 der Vorbemerkungen zu den
Besoldungsordnungen A und B des BBesG durch die Polizeizulage bereits der mit
Posten- und Streifendienst sowie der mit dem Nachtdienst sowie der Aufwand für
Verzehr mit abgegolten ist. Der halbierte Betrag von 51,13 € steht der Klägerin
ungekürzt zu, weil eine nach dem Maß ihrer Arbeitszeit erfolgende - weitere -
Kürzung ungeachtet der in § 6 Abs. 1 BBesG getroffenen Grundsatzregelung
unzulässig ist und nur so eine unzulässige mittelbare Diskriminierung wegen des
Geschlechts vermieden werden kann.
Der Ausgangspunkt der Beklagten kann allerdings nicht beanstandet werden. Die
der Klägerin zu zahlende Wechselschichtzulage gehört nach § 1 Abs. 2 Nr. 4
BBesG zu den Dienstbezügen und damit zu der nach § 1 Abs. 1 BBesG durch das
BBesG geregelten Besoldung. Dies ergibt sich auch aus § 47 BBesG, der
Ermächtigungsgrundlage für die in der EZulV getroffenen Regelungen zur
Gewährung bestimmter Zulagen über das Grundgehalt hinaus. Folglich ist
jedenfalls im Ansatz auch § 6 Abs. 1 BBesG einschlägig. Danach werden bei
Teilzeitbeschäftigung die Dienstbezüge, d. h. sämtlich in § 1 Abs. 2 BBesG
genannten Leistungsbestandteile, im gleichen Verhältnis wie die Arbeitszeit
gekürzt. So ist die Beklagte auch im vorliegenden Fall verfahren.
Die Regelung in § 6 Abs. 1 BBesG steht jedoch nicht allein. Die Rechtsverhältnisse
von teilzeitbeschäftigten Beamten und Beamtinnen bestimmen sich auch nach
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von teilzeitbeschäftigten Beamten und Beamtinnen bestimmen sich auch nach
den für sie geltenden Sonderregelungen, insbesondere dem gerade für diesen
Personenkreis geltenden Benachteiligungsverbot in § 72d, 2. Halbsatz BBG und
dem Gleichstellungsgebot in § 15 Abs. 1 S. 2 BGleiG. Danach dürfen
Teilzeitbeschäftigte nur dann anders als Vollzeitbeschäftigte behandelt werden,
wenn dies durch einen zwingenden sachlichen Grund gerechtfertigt ist (vgl.
BVerwG U. v. 29.9.2005 - 2 C 44/04 - ZBR 2006, 129, 133).
Diese ohne Rücksicht auf des Geschlecht geltenden Regelungen werden ergänzt
durch das Gebot in Art. 141 Abs. 1, 2 EG, Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen
(i. S. d. Gemeinschaftsrechts) bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit das gleiche
Entgelt ohne Rücksicht auf das Geschlecht zu gewähren. Verboten ist aufgrund
dieses Grundrechts des europäischen Gemeinschaftsrechts insbesondere auch
jede mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts, bei der die Verwendung
eines scheinbar neutralen Merkmals im Ergebnis auf das Gleiche wie eine
unmittelbare Diskriminierung hinausläuft. Gleiches ergibt sich aus § 7 Abs. 1 AGG i.
V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 2, § 24 Nr. 1 AGG und Art. 4 Abs. 1 RL 2006/54/EG.
Die insoweit maßgebliche Beurteilung ist für jeden einzelnen Gehaltsbestandteil
gesondert vorzunehmen (EuGH U. v. 27.5.2004 - Rs. C-285/02 - NZA 2004, 783,
784 Rn. 15 m. w. N. = BGleiG-ES E.III.1.2 Art. 141 EG Nr. 7 - „Elsner-Lakeberg“; v.
Roetteken AGG § 3 Rn. 80 f. m. w. N.). Es kommt daher nicht darauf an, welche
sonstigen Besoldungsbestandteile der Kürzung nach § 6 Abs. 1 BBesG
zulässigerweise unterliegen. Entscheidend ist allein, ob die Kürzung der
Wechselschichtzulage einer Kürzung wegen Teilzeitbeschäftigung zugänglich ist.
§ 6 Abs. 1 BBesG enthält für die anteilige an der individuellen Arbeitszeit
ausgerichtete Kürzung der Besoldung letztlich keine andere Regelung, als sie sich
für Beschäftigte im Arbeitsverhältnis aus § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG ergibt. Danach ist
Teilzeitbeschäftigten im Arbeitsverhältnis das Arbeitsentgelt mindestens in dem
Umfang zu gewähren, der dem Anteil der Arbeitszeit von vergleichbaren
Vollzeitbeschäftigten entspricht. Diese Regelung konkretisiert § 4 Nr. 2 der
Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit, deren Verbindlichkeit für die
Mitgliedstaaten durch die RL 97/81/EG angeordnet worden ist. Danach gilt, wo dies
angemessen ist, der Grundsatz „pro-rata-temporis“. Zwar gilt die
Rahmenvereinbarung über Teilzeitbeschäftigte nur für Beschäftigte, die nach dem
Recht eines Mitgliedsstaates nicht in einem Arbeitsverhältnis, und nicht für
Beschäftigte, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats in einem öffentlich-
rechtlichen Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 2 Nr. 1 Rahmenvereinbarung).
Gleichwohl kann dieser Regelung wie der Bestimmung im TzBfG als nationales wie
gemeinschaftsrechtliches Prinzip entnommen werden, dass die dem
Arbeitszeitumfang entsprechende Kürzung des Entgelts zwar die Regel ist, aber
keineswegs immer zu angemessenen und diskriminierungsfreien Ergebnissen führt
(so im Ergebnis auch BVerwG U. v. 29.9.2005, a. a. O.).
§ 6 Abs. 1 BBesG kann deshalb nicht absolut gelten. Die Regelung kann durch
ranggleiche andere Bestimmungen des Bundesrechts eingeschränkt sein. Zu
diesen Regelungen gehören das beamtengesetzliche Verbot einer Benachteiligung
von Teilzeitbeschäftigten im Verhältnis zu Vollzeitbeschäftigten in § 72d, 2.
Halbsatz BBG und das ihm entsprechende allgemeine Verbot einer
unterschiedlichen Behandlung von Teilzeitbeschäftigung im Verhältnis zu
Vollzeitbeschäftigten nach § 15 Abs. 1 S. 2 BGleiG. Ergibt sich in Anwendung dieser
beiden Regelungen die Notwendigkeit einer Abweichung von Kürzungsgebot des §
6 Abs. 1 BBesG, muss dem jedenfalls dann entsprochen werden, wenn dies zur
Vermeidung einer mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts durch Art. 3
Abs. 3 S. 1 GG geboten ist (vgl. BVerwG U. v. 29.9.2005, a. a. O.). In diesen Fällen
ist nämlich der verfassungskonformen Auslegung und Auflösung des Konflikts
ranggleicher Normen der Vorrang zu geben (zur Erfassung des Verbots jeder
mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts durch Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG
vgl. BVerfG B. v. 27.11.1997 - 1 BvL 12/91 - E 97, 35, 43 f. = BGleiG-ES E.II.1 Art. 3
GG Nr. 8).
Zum gleichen Ergebnis führt die Anwendung des Art. 141 Abs. 1, 2, EG i. V. m. Art.
4 Abs. 1 RL 2006/54/EG, da in diesem Fall der Vorrang des Gemeinschaftsrechts
die Nichtanwendung einer gegenteiligen Norm des nationalen Rechts erlangt.
Der gegenteiligen Auffassung des VGH BW in seinem Urteil vom 21.12.1998 (4 S
2623796 - ZBR 1999, 426) vermag die Kammer nicht zu folgen. Einerseits zieht
der VGH BW nicht einmal ansatzweise die beamtengesetzlichen
Benachteiligungsverbote in Erwägung, sondern orientiert sich ausschließlich an § 6
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Benachteiligungsverbote in Erwägung, sondern orientiert sich ausschließlich an § 6
Abs. 1 BBesG. Andererseits galt seinerzeit das BGleiG noch nicht, sodass insoweit
eine Änderung der Gesetzeslage eingetreten ist. Zudem geht der VGH BW weder
auf Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG noch auf Art. 141 Abs. 1, 2 EG ein, obwohl seinerzeit wie
auch heute Frauen die weit überwiegende Zahl von Teilzeitbeschäftigten im
Arbeits- wie im Beamtenverhältnis sind, sodass schon damals die Frage nach einer
unzulässigen Diskriminierung wegen des Geschlechts hätte gestellt werden
müssen.
Voraussetzung für die Annahme einer Benachteiligung bzw. Diskriminierung der
Klägerin wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung bzw. wegen ihres Geschlechts ist nach
gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen, wie sie sich auch in § 3 Abs. 1 AGG
niedergeschlagen haben, dass sich die Klägerin als teilzeitbeschäftigte Beamtin
hinsichtlich der Gewährung einer Wechselschichtzulage in einer gleichen oder
vergleichbaren Lage wie Vollzeitbeschäftigte befindet (vgl. EuGH U. v. 9.12.2004 -
Rs. C-19/02 - E 2004-I, 11491 = BGleiG-ES E.III.1.2 Art. 141 EG Nr. 9 Rn. 44 m. w.
N. - „Hlozek“). Dies bestimmt sich maßgeblich durch den Zweck der jeweiligen
Leistung (EuGH U. v. 16.9.1999 - Rs. C-218/97 - NZA 1999, 1280 f. Rn. 16, 19 f. =
BGleiG-ES E.III.1.1 Art. 119 EGV Nr. 66 - „Abdoulaye“; BAG U. v. 11.6.1997 - 10
AZR 784/96 - NZA 1998, 667 f.), sofern darin nicht seinerseits eine Diskriminierung
liegt (EuGH 9.9.1999 - Rs. C-281/97 - NZA 1999, 1151, 1152 Rn. 26 ff. = BGleiG-ES
E.III.1.1 Art. 119 EGV Nr. 64 - „Krüger“; v. Roetteken AGG § 3 Rn. 81 m. w. N.).
Die Wechselschichtzulage nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 S. 1 EZulV dient nach
dem Wortlaut der Regelung dem Zweck, die besonderen Belastungen aufgrund der
Teilnahme an einem Wechselschichtplan auszugleichen (BVerwG U. v. 11.12.1997
- 2 C 36/96 - ZBR 1998, 284, 285; 21.3.1996 - 2 C 24/95 - ZBR 1996, 260, 261).
Dies nimmt auch das BAG zur vergleichbaren - früheren - Regelung in Nr. 8 SR 2a
BAT (BAG U. v. 23.6.1993 - 10 AZR 127/92 - NZA 1994, 41, 42). Sie wurde mit
Wirkung zum 1.4.1991 nach § 33a BAT übernommen (dazu BAG U. v. 23.6.1993 -
10 AZR 164/92 - juris Rn. 28; 11.6.1997 - 10 AZR 784/96 - NZA 1998, 667). Die
spätere Anpassung der EZulV an die tariflichen Regelungen des BAT diente
ausweislich der Begründung zu dem Gesetzentwurf zur Änderung der EZulV dem
Nachvollzug der zuvor im Tarifbereich getroffenen Regelungen (BT-Drucks. 12/732
S. 27 - Bl. 61 d. A.). Die Art der Belastungen hat die Klägerin unwidersprochen und
nach Überzeugung der Kammer zutreffend vorgetragen. Somit ist hinsichtlich der
früheren tariflichen Regelung der Wechselschichtzulage und ihrer
beamtenrechtlichen Ausgestaltung von einer identischen Zielsetzung auszugehen.
Die durch § 20 Abs. 1 S. 1 EZulV erfassten Belastungen treten bei allen in dieser
Form im Wechselschichtdienst tätigen Personen in gleicher Weise auf, da die
Dauer der jeweiligen Schichten für die Art der Belastung irrelevant ist, weil ständig
in einer anderen Schicht gearbeitet werden muss, sodass sich der persönliche
Arbeits- und Lebensrhythmus fortlaufend umstellen muss (BVerwG U. v.
11.12.1997, 21.3.1996 a. a. O.). Diese Anforderung besteht für alle in
Wechselschicht tätigen Personen ohne Rücksicht auf die Dauer ihrer individuellen
Arbeitszeit in gleicher Weise. Insoweit gilt das Gleiche wie für die Dauer des
Anspruchs auf Erholungsurlaub, der sich nur dann im Hinblick auf eine verringerte
Arbeitszeit verkürzt, wenn die Zahl der Arbeitstage geringer ist als bei den
üblicherweise in einer Fünftagewoche eingesetzten Beschäftigten.
In ihrer Ausgestaltung stellen die früheren tariflichen Regelungen und § 20 Abs. 1
S. 1 EZulV auf möglichen Belastungsunterschiede wegen abweichender
individueller Arbeitszeiten und damit einer unterschiedlichen Dauer der jeweiligen
Schichten oder damit verbundenen unterschiedlichen Regenerationszeiten nicht
ab, wie das BAG in seinen Urteilen vom 23.6.1993 (a. a. O.) und vom 11.6.1997 (a.
a. O.) zutreffend ausführt. Voraussetzung für den Anspruch auf die Zulage ist
allein, dass die Beamtin oder der Beamte dienstplanmäßig regelmäßig in
Wechselschichten arbeitet und innerhalb von 5 Wochen eine bestimmte
Mindestzahl von Arbeitsstunden in der Nachtschicht arbeitet. Damit wird allein die
sich aus der Arbeit in Wechselschichten überhaupt und einer bestimmten
Mindestzahl von Nachtschichtstunden ergebende Belastung durch die Zulage
abgegolten. Unerheblich ist es nach der beamtenrechtlichen wie der tariflichen
Regelung, in welchem Rhythmus die einzelnen Schichten aufeinander folgen, wie
viele freie Schichten bei einem Wechsel von der einen Schicht in die andere
zwischen den Schichten liegen, wie lange also eine mögliche Regenerationszeit ist,
und wie viele Stunden Nachtschicht eine Beamtin oder ein Beamter über die
Mindeststundenzahl hinaus leistet. Alle diese Umstände, die für die
Gesamtbelastung der in Wechselschicht und Nachtdienst arbeitenden Angestellten
von Bedeutung sein mögen, ergeben sich aus dem jeweiligen Dienst- oder
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von Bedeutung sein mögen, ergeben sich aus dem jeweiligen Dienst- oder
Schichtplan, der je nach den betrieblichen Notwendigkeiten in unterschiedlicher
Weise gestaltet sein kann. Jede Beamtin und jeder Beamte, die bzw. der die
sachlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 20 Abs. 1 S. 1 EZulV erfüllt, soll nach
dem objektiven Willen des Verordnungsgebers eine Wechselschichtzulage in Höhe
eines Festbetrages erhalten. An keiner Stelle der Norm findet sich ein Anhalt
dafür, dass die Höhe des Festbetrages, d. h. der pauschalen Abgeltung der in
ihren Voraussetzungen näher definierten persönlichen Belastung aufgrund
Wechselschichtdienstes mit einer Mindestzahl von Nachtdienststunden vom
Umfang der Nachtschichten, ihrer Dauer oder dem Grad der über die Mindestzahl
hinaus geleisteten Nachtdienststunden abhängen soll (vgl. BAG a. a. O.). Ebenso
wenig besteht irgendein Anhalt dafür, dass die die Belastung durch den in der VO
umschriebenen Wechselschichtdienst ausgleichende Zulage vom individuellen
Umfang der Gesamtarbeitszeit abhängen soll. Allenfalls kann eine erhebliche
Kürzung der Gesamtarbeitszeit aufgrund der Gestaltung des Schichtplans dazu
führen, dass mangels einer genügenden Anzahl von Nachtdienststunden kein
Anspruch auf die Wechselschichtzulage entstehe. Ob darin eine mittelbare
Diskriminierung liegen kann, ist hier nicht zu beurteilen.
Dies unterscheidet die Wechselschichtzulage von der Schichtzulage nach Maßgabe
des § 20 Abs. 2 S. 1 lit. c EZulV (vgl. BAG U. v. 11.6.1997, a. a. O.). Für die
Pflegezulage nach Nr. 1 Abs. 1 lit. g der Protokollerklärung der Anlage 1 lit. b
Abschnitt A zum BAT hat das BAG dagegen in Übereinstimmung mit den hier
angewandten Grundsätzen angenommen, dass eine anteilige Kürzung im Hinblick
auf eine individuell verminderte Arbeitszeit wegen des Zwecks dieser Zulage eine
Benachteiligung Teilzeitbeschäftigter darstellt, weil die Höhe Zulage nicht durch die
individuelle Arbeitszeit bestimmt ist noch aufgrund ihres Zwecks davon beeinflusst
sein soll (BAG U. v. 10.2.1999 - 10 AZR 711/97 - NZA 1999, 1001, 1002).
Dementsprechend hat das BVerwG (a. a. O.) die Wechselschichtzulage auch dann
ungekürzt zuerkannt, wenn ein Beamter zugleich Anspruch auf die sog.
Bordzulage nach Maßgabe des § 23b EZulV hatte. Die Art der dadurch
auszugleichenden Belastungen unterscheidet sich von den Belastungen, die durch
die Wechselschichtzulage abzugelten sind.
Der gegenteiligen Auffassung des OVG NW (U. v. 6.10.2004 - 1 A 2323/02 - ZBR
2006, 60, 61) zu § 20 Abs. 2 S. 1 lit. a EZulV vermag die Kammer nicht zu folgen.
Das OVG will die Anknüpfung an den Umfang der individuellen Gesamtarbeitszeit
mit dem Argument zulassen, Vollzeitbeschäftigte könnten ggf. doppelt so viele
Nachtdienststunden leisten wie Teilzeitbeschäftigte, sodass es gerechtfertigt sei,
diesen Belastungsunterschied durch eine anteilige Kürzung der Zulage zu
berücksichtigen. Dies ändert den Regelungszweck ohne ausreichende
Rechtfertigung ab. Zwar wäre eine derartige Differenzierung durch eine
entsprechend angepasste Änderung der Zulagenvoraussetzungen möglich, worauf
schon das BAG (a. a. O.) zutreffend hingewiesen hatte. Eine solche Differenzierung
kann jedoch nicht über § 6 Abs. 1 BBesG in den Tatbestand der
Zulagenvoraussetzungen gleichsam hineingelesen werden. Vielmehr ist jedenfalls
im Hinblick auf die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für jeden einzelnen
Gehaltsbestandteil gesondert eine Zweckbestimmung vorzunehmen (Art. 4 Abs. 1
RL 2006/54/EG; EuGH U. v. 27.5.2004, a. a. O.; v. Roetteken AGG § 3 Rn. 80 f.). Nur
so lässt sich beurteilen, ob sich Beschäftigte hinsichtlich dieses Zwecks in einer
gleichen oder vergleichbaren Lage befinden. Dies lässt sich nicht durch einen
Rückgriff auf den Grundsatz „pro-rata-temporis“ umgehen. Er kann nur dann
angewandt werden, wenn dies auch angemessen ist und nicht zu einer
eigenständigen Benachteiligung führt. Deshalb kann entgegen der Auffassung des
OVG NW aus der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Differenzierung des
Arbeitsentgelts nach Anzahl der Arbeitsstunden nicht hergeleitet werden, dieses
Prinzip könne diskriminierungsfrei auf jeden Entgeltbestandteil angewandt werden,
ohne dass eine zusätzliche Rechtfertigung geboten sei.
Deutlich wird dies z. B. auch in der gegenwärtigen Ausgestaltung der
Beihilfeleistungen. Bei ihnen handelt es sich um Besoldung um weiteren Sinne,
jedenfalls um Arbeitsentgelt i. S. d. Art. 141 Abs. 1, 2 EG. Ungeachtet des in § 6
Abs. 1 BBesG enthaltenen Grundsatzes werden Beihilfen jedoch nicht in
Abhängigkeit von den der individuellen Arbeitszeit, sondern in Abhängigkeit vom
jeweiligen Bedarf nach festen Prozentsätzen gewährt. Ähnliches gilt für die
Leistungen der unentgeltlichen Heilfürsorge (§ 70 BBesG). Hier findet ebenfalls
unabhängig vom Arbeitszeitstatus eine vollständige Leistungsgewährung statt,
orientiert am jeweiligen Bedarf, der sich durch den Umfang der geschuldeten
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orientiert am jeweiligen Bedarf, der sich durch den Umfang der geschuldeten
Dienstzeit nicht verändert. Daraus folgt, dass dem geltenden Recht
Regelungsbereiche bekannt sind, in denen Leistungen des Dienstherrn, die zur
Besoldung im weiteren Sinn gehören, nicht abgestuft nach der individuellen
Arbeitszeit gewährt werden. Eine Benachteiligung von Vollzeitbeschäftigten liegt
darin nicht, weil die Gleichbehandlung durch den Zweck der jeweiligen Leistung
vorgegeben ist.
Die Auffassung der Kammer entspricht der überwiegenden Auffassung in der
arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zur Anwendung des § 24 Abs. 2 TVöD auf die
nach § 8 Abs. 5 TVöD zu gewährende Wechselschichtzulage (LAG Bremen U. v.
17.7.2007 - 1 Sa 49/07 - ZTR 2007, 614; LAG Düsseldorf U. v. 27.7.2007 - 9 Sa
625/07 - ZTR 2007, 613; 15.5.2007 - 8 Sa 405/07 - ZTR 2007, 615; LAG Schleswig-
Holstein U. v. 30.5.2007 - 5 Sa 59/07 - juris; a. A. LAG Berlin-Brandenburg U. v.
22.7.2007 - 8 Sa 788/07 - ZTR 2007, 615).
Da sich die Klägerin ungeachtet ihrer Teilzeitbeschäftigung hinsichtlich der
Voraussetzungen der Wechselschichtzulage in einer vergleichbaren Lage wie
Vollzeitbeschäftigte befindet, hat sie Anspruch auf Gleichbehandlung mit ihnen.
Folglich steht ihr die Wechselschichtzulage in gleicher Höhe zu, wie sie
vergleichbaren Beamten oder Beamtinnen ohne Verminderung ihrer Arbeitszeit
zusteht, d. h. in Höhe von monatlich 51,13 €. § 6 Abs. 1 BBesG kann im Hinblick
auf die vorrangig anzuwendenden Regelungen in § 72d, 2. Halbsatz BBG und § 15
Abs. 1 S. 2 BGleiG nicht angewandt werden. Es fehlt nämlich an einem zwingenden
sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung der Klägerin im Verhältnis zu
vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten. Die Beklagte hat als einzigen Grund für die
Kürzung der Zulage die Ermäßigung der Arbeitszeit der Klägerin angeführt. Damit
ist kein von der Arbeitszeit unabhängiger - weiterer - sachlicher Grund dargetan.
Die sonstigen Argumente der Beklagten sind der Beurteilung des Zwecks der
Wechselschichtzulage zuzuordnen und können deshalb an dieser Stelle keine
Berücksichtigung mehr finden.
Der Anspruch der Klägerin ergibt sich ferner aus Art. 141 Abs. 1, 2 EG, da die
Klägerin bei einer Kürzung der Wechselschichtzulage im Hinblick auf ihre reduzierte
Arbeitszeit wegen ihres Geschlechts mittelbar diskriminiert würde. Die Beklagte
rechtfertigt die Ungleichbehandlung auch insoweit nur mit der abgesenkten
Arbeitszeit der Klägerin. Damit macht sie kein legitimes Ziel zur Rechtfertigung der
mittelbaren Diskriminierung i. S. d. § 3 Abs. 2 AGG bzw. des Art. 2 Abs. 1 lit. b RL
2006/54/EG geltend. Es gilt insoweit das Gleiche wie hinsichtlich der
Voraussetzungen eines zwingenden sachlichen Grundes nach Maßgabe der § 72d,
2. Halbsatz BBG oder § 15 Abs. 1 S. 2 BGleiG. Die Belastungsunterschiede von
Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten können kein legitimes Ziel für die
Benachteiligung der Klägerin darstellen, da sie angesichts des Zwecks der
Wechselschichtzulage und ihrer Ausgestaltung ohne Bedeutung sind. Die Zulage
honoriert keine besondere Leistung, für die eine höhere Arbeitszeit ein
Gradmesser wäre. Die Zulage gleicht lediglich eine besondere Belastung aus, die
immer dann besteht, wenn entsprechend den sachlichen Voraussetzungen des §
20 Abs. 1 S. 1 EZulV eine Zulage zu zahlen ist, weil in Wechselschicht mindestens
40 Nachtdienststunden in 5 Wochen geleistet werden. Für den Ausgleich dieser
besonderen Belastung spielt der Umfang der individuellen Arbeitszeit keine Rolle.
Die der Klägerin aufgrund ihrer verkürzten Arbeitszeit womöglich zustehenden
längeren Regenerationszeiten werden durch die Kürzung ihrer sonstigen
Besoldung nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 BBesG ausgeglichen.
Folgerichtig hat das BAG (U. v. 23.6.1993, 11.6.1997, a. a. O.) für die
Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigung bei der Gewährung einer
Wechselschichtzulage nach Maßgabe der für den öffentlichen Dienst früher
geltenden Tarifverträge keine Rechtfertigung gesehen, wobei es seinerzeit nur
darauf ankam, ob ein sachlicher Grund i. S. d. § 2 Abs. 1 BeschFG a. F. vorlag. Dies
entspricht auch der überwiegenden Auffassung der LAG (a. a. O.) im Hinblick auf §
4 Abs. 1 TzBfG zur Zulagengewährung nach den Regelungen des TVöD (ebenso
Cerff in Bredemeier/Neffke/Cerff/Weizenegger, TVöD/TV-L, 3. Aufl., § 8 TVöD/TV-L
Rn. 22; a. A. Sponer/Steinherr § 8 TVöD Rn. 124, die ohne Berücksichtigung des
Zwecks der Wechselschichtzulage und ohne Beachtung von § 15 Abs. 1 S. 2
BGleiG auf § 24 Abs. 2 TVöD verweisen).
Da die Beklagte unterliegt, hat sie gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die
Verfahrenskosten zu tragen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §
708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Da die Entscheidung die Klärung grundsätzlich bedeutsamer Rechtsfragen
erfordert und eine Entscheidung des BVerwG zur Gewährung von
Wechselschichtzulagen an Teilzeitbeschäftigte nicht vorliegt, sind Berufung und
Revision zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Im Übrigen
weicht die Kammer von den oben genannten Entscheidungen des VGH BW und
des OVG NW ab.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.