Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 01.12.2003

VG Frankfurt: eheliche wohnung, aufenthaltserlaubnis, eheähnliche lebensgemeinschaft, gemeinsamer wohnsitz, bad, gaststätte, lebensversicherung, post, verfügung, ehepartner

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Gericht:
VG Frankfurt 1.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 E 2959/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 17 AuslG
Leitsatz
eheliche Lebensgemeinschaft
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Kostenfestsetzung
abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er heiratete am 30.01.2001 in der
Türkei die deutsche Staatsangehörige Gabriele Y. Am 26.07.2001 reiste er mit
einem Visum zum Zwecke der Familienzusammenführung in die Bundesrepublik
Deutschland ein.
Im Hinblick auf die Eheschließung erteilte das früher zuständige Landratsamt Main-
Spessart dem Kläger eine vom 10.09.2001 - 23.10.2001 gültige befristete
Aufenthaltserlaubnis.
Am 02.10.2002 beantragte der Kläger die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis.
Der Antrag des Klägers wurde mit Verfügung des Beklagten vom 23.01.2003
abgelehnt. Ferner stellte der Beklagte fest, dass der Kläger zur Ausreise
verpflichtet sei und setzte ihm eine Ausreisefrist von drei Monaten. Für den Fall der
Nichtbefolgung der Ausreiseaufforderung wurde ihm die Abschiebung in die Türkei
angedroht. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, zwischen dem Kläger
und seiner deutschen Ehefrau bestehe keine eheliche Lebensgemeinschaft,
sodass eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der
Familienzusammenführung nicht in Betracht komme. Bei einer Durchsuchung der
ehelichen Wohnung im Jossgrund, Im Zieglerfeld 1, seien keine persönlichen
Gegenstände des Klägers gefunden worden. Neben der deutschen Ehefrau des
Klägers habe in der Wohnung ein Herr Werner X gelebt, von dem persönliche
Gegenstände wie Versicherungsunterlagen, Post, Sparbücher und Fotos gefunden
worden seien. Die deutsche Ehefrau des Klägers habe am 13.03.2002 gegenüber
dem Gerichtsvollzieher zur Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses angegeben,
sie lebe vom Kläger getrennt. In einer von der Ehefrau geschlossenen
Lebensversicherung sei für den Todesfall Herr X benannt worden. Im Rahmen von
polizeilichen Ermittlungen der Polizeistation Bad Orb habe die deutsche Ehefrau
des Klägers angegeben, sie sei geschieden und habe seit 2001 zusammen mit
ihrem Lebensgefährten X eine Gaststätte gepachtet und lebe dort mit diesem
zusammen. Auch Herr X habe im Rahmen einer Zeugenvernehmung am
11.07.2002 angegeben, dass Frau Y seine Lebensgefährtin sei und sie bereits seit
1997 zusammen seien. Im Rahmen einer erneuten polizeilichen Vernehmung am
26.11.2002 gab Herr X dem gegenüber an, dass er bereits seit 1999 nicht mehr
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26.11.2002 gab Herr X dem gegenüber an, dass er bereits seit 1999 nicht mehr
mit Frau Y zusammen lebe.
Ein eigenständiges Aufenthaltsrecht habe der Kläger nicht erworben, da die
eheliche Lebensgemeinschaft keine 2 Jahre rechtmäßig in der Bundesrepublik
Deutschland bestanden habe. Auch die Vorschriften des Beschlusses Nr. 1/80 des
Assoziationsrates EWG/Türkei könne der Kläger nicht für sich nutzbar machen. Er
sei nicht mindestens ein Jahr ununterbrochen bei demselben Arbeitnehmer
beschäftigt. Der Kläger legte mit Schreiben vom 24.02.2003 Widerspruch ein, der
mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 24.02.2003
zurückgewiesen wurde. Auf Grund der Angaben der Ehefrau des Klägers bei der
Aufstellung eines Vermögensverzeichnisses, ihren Angaben während einer
polizeilichen Vernehmung am 02.08.2002 und den Angaben von Herrn X am
11.07.2002 bei einer Vernehmung sei davon auszugehen, dass die deutsche
Ehefrau des Klägers Y seit 1997 mit ihrem Lebensgefährten X zusammen lebe.
Diese Tatsachen seien bei einer Hausdurchsuchung bestätigt worden, bei der in
der angeblichen ehelichen Wohnung lediglich Gegenstände von Frau Y und Herrn X
gefunden worden seien. Die späteren gegenteiligen, teils widersprüchlichen
Beteuerungen des Klägers und seiner Ehefrau seinen demgegenüber nicht
glaubhaft. Im Hinblick auf das Fehlen einer ehelichen Lebensgemeinschaft scheide
die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis aus. Auch ein eigenständiges
Aufenthaltsrecht habe der Kläger noch nicht erworben.
Der Kläger hat am 18.06.2003 Klage erhoben, mit der er Verlängerung seiner
Aufenthaltserlaubnis begehrt. Zur Begründung führt er aus, er sei mit seiner
Ehefrau am 07.12.2001 nach Jossgrund gezogen. Die Ehefrau habe dort
zusammen mit dem Zeugen X den Reiterhof und die Gaststätte gepachtet. Der
Kläger habe weiterhin in Gemünden im Lokal Istanbul gearbeitet, da die Gaststätte
und der Reiterhof kaum Umsatz abgeworfen hätten. Die Eheleute hätten von den
Einnahmen des Klägers gelebt. Er habe mit seiner Ehefrau eine intakte Ehe
geführt. Er habe in Gemünden gearbeitet und sei, da er kein Auto besitze auch
nicht täglich von Gemünden nach Jossgrund in die eheliche Wohnung gefahren. Er
habe nur dann nach Jossgrund fahren können, wenn ihn der Zeuge X am nächsten
Morgen mit dem Bus nach Gemünden mitgenommen habe. Ansonsten habe er
sich nur an arbeitsfreien Tagen auf dem Reiterhof aufgehalten. Der Umstand, dass
in der Ehewohnung keine persönliche Post und keine Fotos des Klägers gefunden
worden seien, belege nicht, dass er dort nicht gewohnt habe. Der Kläger habe
lediglich amtliche Post erhalten, die er entweder mit sich geführt habe oder an
seinem Arbeitsplatz aufbewahrt habe. Die wenigen persönlichen Sachen, die der
Kläger besitze, habe er immer bei sich gehabt.
Der Kläger beantragt,
die Verfügung des Beklagten vom 23.01.2003 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides des Regierungsbescheides Darmstadt vom 15.05.2003
aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Antrag auf Verlängerung der
Aufenthaltserlaubnis positiv zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt Bezug auf den Inhalt der ergangenen Verfügung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wegen des Sach- und Streitstandes wird auf den
Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der vorgelegten Behördenvorgänge (2
Hefter) Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen X und Y. Wegen
des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Verhandlungsniederschrift
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf
Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis.
Mögliche Rechtsgrundlage für eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des
Klägers zur Wahrung der ehelichen Lebensgemeinschaft ist § 23 Abs. 1 Nummer 1
i.V.m. § 17 Abs. 1 AuslG.
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Unstreitig ist der Kläger mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet.
Anhaltspunkte dafür, dass die Ehe zwischen dem Kläger und seiner deutschen
Ehefrau nicht wirksam zustande gekommen ist oder inzwischen aufgehoben
wurde, bestehen nicht.
Das Recht des deutsch- verheirateten Ausländers auf Zuzug und Aufenthalt im
Inland aus familiären Gründen setzt aber über das formale Bestehen der Ehe
hinaus auch die Verwirklichung des Willens der Ehepartner voraus, im Inland eine
Artikel 6 GG entsprechende eheliche Lebensgemeinschaft zu führen. Da den
Ehegatten sowohl die Freiheit ihr eheliches Zusammenleben souverän zu
gestalten, als auch der Schutz vor staatlichen Eingriffen grundgesetzlich gewährt
sind, ist bei einer wirksam geschlossenen Ehe grundsätzlich anzunehmen, dass die
Ehepartner auch eine eheliche Lebensgemeinschaft zu führen bereit und im
Stande sind. Eine behördliche Prüfung des Einzelfalles auf das Vorliegen einer
"Scheinehe" kommt daher ausnahmsweise nur bei triftigem Anlass in Betracht,
zumal eine solche Überprüfung nur bei Kenntnis von Umständen aus dem
höchstpersönlichen Bereich der Betroffenen erfolgen kann. Es wäre jedoch mit
Artikel 1 Abs. 1 GG i.V.m. Artikel 2 Abs. 1 GG schwerlich zu vereinbaren, wenn die
Verwaltung es unternähme, sich diese Kenntnis von Amts wegen zu verschaffen,
und wenn dem Betroffenem Vorbehalt die Last auferlegt würde darzutun, dass es
sich bei ihrer Ehe nicht um eine "Scheinehe" handele.
Ungeachtet dessen können jedoch bei Ehegatten ohne Bedenken äußerliche
Anhaltspunkte außerhalb der Intimsphäre festgestellt werden, die auf ein
Zusammenleben in einer ehelichen Lebensgemeinschaft hindeuten. Dabei ist
darauf zu achten, dass die nach § 17 Abs. 1 AuslG erforderliche
Lebensgemeinschaft nicht in einer ständigen häuslichen Gemeinschaft gelebt zu
werden braucht, dass sie aber über eine bloße Begegnungsgemeinschaft
hinausgehen muss (vgl. GK-AuslR, § 17 AuslG, § 42 ff.; Renner AuslR, 7. Auflage,
1999, § 17 AuslG, Anmerkung 11). Es muss ein gemeinsamer Lebensmittelpunkt
bestehen, der ein eheliches Zusammenleben erst ermöglicht (vgl. Hess VGH,
Beschluss vom 21.03.2000, 12 TG 2545/99). Ein vorübergehendes Getrenntleben
der Eheleute ist unschädlich, wenn es nicht auf dem gemeinsamen Entschluss der
Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft, sondern aus beruflichen,
gesundheitlichen oder ähnlichen sachlichen Gründen beruht, die das Fortbestehen
der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht in Zweifel ziehen. Die Führung einer
ehelichen Lebensgemeinschaft gehört zu den für den Ausländer günstigen
Umständen, die er unter Angabe nachprüfbarer Umstände unverzüglich geltend
zu machen und mit Nachweisen zu belegen hat (§ 70 Abs. 1 Satz 1 AuslG). Bei der
Feststellung des Vorliegens einer familiären Lebensgemeinschaft im Sinne des §
17 Abs. 1 AuslG besteht keine "Beweislast" der Ausländerbehörde, vielmehr setzt
das Bestehen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis voraus,
dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen nachweisbar vorliegen. Der Umfang
dieser Darlegungsobliegenheit richtet sich nach den jeweiligen individuellen
Verhältnissen, insbesondere nach den Wohnverhältnissen und den beruflichen
Tätigkeiten der Ehepartner. Zu einer näheren Darlegung ihrer innerfamiliären
Umstände sind sie nur dann verpflichtet, wenn die Ausländerbehörde begründete
Zweifel am Bestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft hegt und diese
gegenüber dem ausländischen Ehegatten äußert.
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen hat der Beklagte zurecht Zweifel
an dem Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft geäußert.
Die Zweifel, dass zwischen dem Kläger und seiner deutschen Ehefrau tatsächlich
keine eheliche Lebensgemeinschaft geführt wurde, rühren daher, dass die
deutsche Ehefrau des Klägers zur Niederschrift des Gerichtsvollziehers des
Amtsgerichtes Gelnhausen angegeben hat, dass sie mit dem Kläger verheiratet
sei, aber getrennt lebe. Außerdem ergibt sich aus der Niederschrift, dass die
deutsche Ehefrau des Klägers am 01.05.2001, also nach ihrer Heirat mit dem
Kläger eine Lebensversicherung abgeschlossen hat und als
Auszahlungsberechtigten Herrn Werner X angegeben hat. Des weiteren hat die
deutsche Ehefrau im Rahmen einer Beschuldigtenvernehmung gegenüber der
Polizeistation Bad Orb am 02.08.2002 angegeben, sie sei geschieden. Sie habe
seit September 2001 zusammen mit ihrem Lebensgefährten Werner X einen
Reiterhof samt Gaststätte gepachtet. Der Zeuge X seinerzeit hat im Rahmen einer
polizeilichen Vernehmung am 11.07.2002 angegeben, dass die deutsche Ehefrau
des Klägers seine Lebensgefährtin sei und sie seit 1997 zusammen seien. Seit
September 2001 hätten sie einen Reiterhof mit Gaststätte gepachtet.
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September 2001 hätten sie einen Reiterhof mit Gaststätte gepachtet.
Hinzukommt, dass im Rahmen einer Durchsuchung der Räumlichkeiten des
Reiterhofes, in dem neben dem Kläger, seine deutsche Ehefrau und der Zeuge X
gemeldet waren, keinerlei Unterlagen oder persönliche Gegenstände des Klägers
in der Wohnung, wohl aber die persönlichen Gegenstände des Zeugen X gefunden
werden konnte. Diese Feststellungen in Verbindung mit der Tatsache, dass der
Kläger nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland dauerhaft in einem
Lokal seines Onkels in Gemünden gearbeitet und dort auch überwiegend gewohnt
und zunächst auch nach dem Wegzug seiner Ehefrau nach Jossgrund weiter dort
gemeldet war, legen die Annahmen nahe, dass die deutsche Ehefrau des Klägers
gemeinsam mit dem Zeugen X in Jossgrund gelebt hat, während der Kläger
seinerseits in Gemünden gearbeitet und gelebt hat.
Auch die Angaben des Zeugen X im Rahmen seiner gerichtlichen Vernehmung
vermochten nicht den Beweis zu erbringen, dass zwischen dem Kläger und seiner
deutschen Ehefrau eine eheliche Lebensgemeinschaft bestand. Der Zeuge X hat
zwar eingeräumt, dass etwa bis 1999 zwischen ihm und der deutschen Ehefrau
des Klägers ein eheähnliches Verhältnis bestanden habe, dass sie aber seit
diesem Zeitpunkt nicht mehr zusammen seien und nur noch als Geschäftspartner
Beziehungen zueinander hätten. Und zwar habe die deutsche Ehefrau des Klägers
auf ihren Namen Gaststätten in Gemünden und später auch in Jossgrund
betrieben, obwohl er eigentlich der Betreiber gewesen sei. Ihm sei wegen mehrerer
Konkurse eine eigene selbstständige Tätigkeit nicht mehr möglich. Diese Aussage
des Zeugen begegnet aufgrund seiner früheren Angaben im Rahmen der
polizeilichen Vernehmung und im Hinblick darauf, dass er, nachdem der Betrieb
des Reiterhofes in Jossgrund aufgegeben wurde gemeinsam mit der deutschen
Ehefrau des Klägers von Jossgrund nach Bad Orb gezogen ist, Zweifeln. Diese
Umstände legen den Schluss nahe, dass zwischen der deutschen Ehefrau des
Klägers und dem Zeugen X nicht lediglich geschäftliche Beziehungen bestehen,
denn nach Beendigung der gemeinsamen Geschäftstätigkeit in Jossgrund hätte es
nahegelegen, getrennte Wege zu gehen. Den Umstand seines Einzuges in die
Wohnung in Bad Orb hat der Zeuge X damit begründet, dass er den Sommer über
als Busfahrer im Fernreiseverkehr ständig unterwegs sei und nur im Winter, wenn
er freigestellt sei, eine Wohnung benötige. Da er kein Geld für ein Hotelzimmer
habe, habe er das Angebot von Frau Y angenommen, in ihrer Wohnung ein
Zimmer zu bewohnen. Für dieses Zimmer zahle er monatliche Miete. Diese
Erklärung des Zeugen ist für sich gesehen zwar plausibel, in Verbindung mit den
genannten anderen Tatsachen drängt sich jedoch dem Gericht der Eindruck auf,
dass zwischen der deutschen Ehefrau des Klägers und dem Zeugen X zumindest
eine fortdauernde Zweckgemeinschaft besteht, was letztlich auch durch den
Umstand belegt wird, dass die deutsche Ehefrau des Klägers auch noch nach der
Heirat eine Lebensversicherung abgeschlossen und als Bezugsberechtigten den
Zeugen X benannt. Dies spricht, dass eher dafür, dass über das Bestehen einer
bloßen Zweckgemeinschaft hinaus tatsächlich zwischen der deutschen Ehefrau
des Klägers und Herrn X eine eheähnliche Lebensgemeinschaft besteht. Denn
wenn die deutsche Ehefrau des Klägers, die jedenfalls nach den Angaben des
Zeugen X für diesen gewissermaßen die "Strohfrau" gespielt hat und durch ihre
Geschäftstätigkeit für den Zeugen X Verbindlichkeiten eingegangen ist, liegt es
nicht nahe, dass sie darüber hinaus auch noch eine Lebensversicherung
zugunsten des Zeugen X abschließt, wenn ihre Beziehung allein geschäftlicher
Natur ist.
Aber auch aufgrund der Aussage des Zeugen X im Übrigen ist zur Überzeugung
des Gerichtes nicht erwiesen, dass zwischen dem Kläger und seiner deutschen
Ehefrau tatsächlich eine eheliche Lebensgemeinschaft bestand. Der Zeuge hat im
Rahmen seiner gerichtlichen Vernehmung erklärt, dass der deutsche Ehemann
von Frau Y erstmals anlässlich eines Sommerfestes in Jossgrund im Jahre 2002
aufgetaucht sei. Zu diesem Zeitpunkt waren der Kläger und seine deutsche
Ehefrau immerhin fast anderthalb Jahre verheiratet. Da der Zeuge X mit der
deutschen Ehefrau des Klägers jedenfalls unstreitig in einer Wohnung
zusammengelebt hat können die Eheleute bis zu diesem Zeitpunkt (Sommer
2002) nicht zusammen gelebt haben, weil andernfalls dem Zeugen X die
Anwesenheit des Klägers hätte auffallen müssen. Der Zeuge X hat jedoch weiter
bekundet, dass im Winter 2002/2003 der Kläger mehrmals in der Woche in
Jossgrund übernachtet habe. Dies wisse er deshalb, weil er seinerzeit für ein
Busunternehmen Schulfahrten durchgeführt habe und den Kläger mit nach
Gemünden genommen habe. Abends sei der Kläger dann von Verwandten
zurückgebracht worden. Diese Aussage des Zeugen X begegnet insofern
erheblichem Bedenken, weil in der Wohnung in Jossgrund im Rahmen der
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erheblichem Bedenken, weil in der Wohnung in Jossgrund im Rahmen der
Wohnungsdurchsuchung keine Hinweise darauf gefunden werden konnten, dass
sich der Kläger tatsächlich in der Wohnung aufhielt. Wenn sich der Kläger
tatsächlich so häufig in der Wohnung aufgehalten hätte, hätte es nahegelegen,
wenn er auch seine persönlichen Sachen in der ehelichen Wohnung aufbewahrt
hätte. Da solche aber nicht gefunden wurden und auch nach Angaben des Klägers
am Arbeitsplatz in Gemünden verblieben sind, spricht alles dafür, dass der
Lebensmittelpunkt des Klägers nicht die angebliche eheliche Wohnung in
Jossgrund, sondern Gemünden war. Bestätigt werden die Zweifel des Gerichtes
daran, dass der Kläger und seine deutsche Ehefrau tatsächlich in der angeblichen
ehelichen Wohnung in Jossgrund zusammengelebt haben auch dadurch, dass die
deutsche Ehefrau sich nach Auflösung der Wohnung in Jossgrund unter der
Adresse des Onkels des Klägers in Gemünden angemeldet hat, tatsächlich aber -
wie sich aufgrund der Aussage des Zeugen X ergibt - von Jossgrund aus
unmittelbar nach Bad Orb gezogen ist, ohne sich hier zunächst polizeilich
anzumelden. Bestätigt wird dies auch dadurch, dass die an die deutsche Ehefrau
des Klägers gerichtete Ladung des Gerichts in Bad Orb zugestellt wurde, obwohl
sie an die letzte bekannte Anschrift in Jossgrund gerichtet war. Dies ist nur dadurch
erklärlich, dass die deutsche Ehefrau einen Nachsendeantrag für ihre neue
Wohnung in Bad Orb gestellt hat, was belegt, dass sie sich nie unter ihrer
Meldeanschrift in Gemünden aufgehalten hat. Offenbar sollte der
Ausländerbehörde nach der Aufgabe der Wohnung in Jossgrund ein neuer
gemeinsamer Wohnsitz in Gemünden vorgespiegelt werden. Da somit keine
greifbare Anhaltspunkte für das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft
zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau vorliegen, sondern im Gegenteil eine
Vielzahl von Indizien gegen das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft
spricht, ist eine solche zur Überzeugung das Gericht nicht erweisen.
Eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes hätte nur die Vernehmung der
deutschen Ehefrau des Klägers erbringen können. Diese hat jedoch in der
mündlichen Verhandlung vom 01.12.2003 nach Belehrung über ein
Aussageverweigerungsrecht im Hinblick auf die bestehende Ehe die Aussage
verweigert.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen, da er unterlegen ist (§ 154
Abs. 1 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m.
§§ 708 Nummer 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.