Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 30.05.2005

VG Frankfurt: dienstliche tätigkeit, budget, schule, amtszeit, kreis, versetzung, ermessensausübung, ermächtigung, unterlassen, verfügung

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Gericht:
VG Frankfurt 9.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 E 2090/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 85b BG HE
Tenor
Das beklagte Land wird unter Aufhebung des Bescheides des Staatlichen
Schulamtes für den Main-Kinzig-Kreis vom 19. September 2003 und seines
Widerspruchsbescheides vom 02. April 2004 verpflichtet, den Antrag der Klägerin
vom 16. Januar 2002, neu gestellt unter dem 18. April 2003, unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Dies Kosten des Verfahrens haben die Klägerin und das beklage Land je zur Hälfte
zu tragen.
Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in
Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige
Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen, soweit das beklage Land zur Neubescheidung
verpflichtet wird.
Tatbestand
Die am ....1945 geborene Klägerin begehrt die Bewilligung von Altersteilzeit im
Blockmodell. Sie ist Sonderschullehrerin und wurde erstmals am 28. Juli 1994 zur
Frauenbeauftragten für die Lehrkräfte im Bereich des Staatlichen Schulamtes für
den Main-Kinzig-Kreis bestellt. Zu diesem Zweck wurde sie 1994 von ihrer früheren
Dienststelle, der Anne-Frank-Schule in H., einer Grundschule, an das Staatliche
Schulamt versetzt. Am 7. August 2000 verlängerte das Staatliche Schulamt die
Amtszeit der Klägerin als Frauenbeauftragte bis einschließlich 31. Juli 2006.
Am 16. Januar 2001 beantragte die Klägerin
die Bewilligung von Altersteilzeit im Blockmodell, beginnend ab dem 1. Oktober
2003; die Freistellungsphase sollte am 1. August 2006 beginnen und am 31. Mai
2009 enden.
Als Termin für die Versetzung in Ruhestand gab die Klägerin den 31. Mai 2009 an.
Der Antrag wurde zunächst nicht bearbeitet. Am 18. April 2002 stellte die Klägerin
einen zweiten inhaltsgleichen Antrag.
Mit Bescheid vom 19. September 2003 lehnte das Staatliche Schulamt den Antrag
ab (Bl. 13 f. d. A.) ab. Die Voraussetzungen für eine Bewilligung von Altersteilzeit
lägen nicht vor, weil dringende dienstliche Belange entgegenstünden. Dies ergebe
sich daraus, dass im Bereich der Staatlichen Schulämter, diesem Bereich sei die
Klägerin zuzurechnen, keine zusätzlichen Mittel aus dem Landeshaushalt für die
Finanzierung der Altersteilzeit zur Verfügung gestellt würden. Bei den Schulen sei
dies nach Ziff. 5 der Richtlinien über die Gewährung von Altersteilzeit dagegen
anders. Die Finanzierung einer Nachbesetzung der Stelle der Klägerin während
ihrer Freistellungsphase sei im Hinblick auf das dem Schulamt zugewiesene
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ihrer Freistellungsphase sei im Hinblick auf das dem Schulamt zugewiesene
Budget ausgeschlossen. Gleiches gelte hinsichtlich der allen Schulämtern
zugewiesenen Mittel, da diese vollständig auf alle Schulämter verteilt seien. Eine
Vertretung aus dem Schulbereich sei aus fiskalischen Gründen ebenfalls
ausgeschlossen, da das Schulamt dann die entsprechenden Personalkosten im
Verrechnungsweg aus seinem Budget zu erbringen habe. Eine
Ungleichbehandlung mit anderen Mitarbeitern oder eine Benachteiligung als
Frauenbeauftragte liege in der Ablehnung der Altersteilzeit nicht. Im Übrigen
obliege dem Ermessen der Behörde, ob und ggf. welche freizumachenden Stellen
es eine Altersteilzeit aus seinem Budget finanzieren wolle.
Die Klägerin erhob am 25. September 2003 Widerspruch und machte geltend, zum
Ende ihrer Arbeitsphase laufe auch ihr Amt als Frauenbeauftragte aus. Ab diesem
Zeitpunkt würden folglich die Mehrkosten infolge der Altersteilzeit durch die
Wiederbesetzung der Stelle aus dem allgemeinen Landeshaushalt getragen. Rein
fiskalische Gründe könnten zudem keine dringenden dienstlichen Belange
begründen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. April 2004 (Bl. 15-18 d. A.) wies das Staatliche
Schulamt für den Main-Kinzig-Kreis den Widerspruch der Klägerin zurück. Die
Mehrkosten der Altersteilzeit könnten hier schon deshalb nicht aus dem
allgemeinen Landeshaushalt getragen werden, weil während der Arbeitsphase die
dabei anfallenden Einsparbeiträge dem Budget des Schulamtes zuzurechnen
seien. Demgegenüber müssten die Aufwendungen in der Freistellungsphase aus
dem davon getrennt bewirtschafteten Budget für die Lehrkräfte erbracht werden.
Lediglich für diesen Personenkreis stelle das Land jedoch aus allgemeinen
Haushaltsmitteln zusätzliche Mittel bereit, deren Umfang durch die während der
Arbeitsphase von Altersteilzeitlern erwirtschafteten Einsparbeiträge erhöht werde.
Im Übrigen blieben aber die über die Einsparverpflichtungen hinaus durch die
Inanspruchnahme von Altersteilzeit erzielten Minderausgaben gesperrt. Die dazu
ergangenen haushaltswirtschaftlichen Regelungen stellten auf den Einsatz der
Beamten im unterrichtswirksamen Bereich ab. Die Klägerin sei dort aber nicht
eingesetzt. Auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin angeführten
Entscheidung des VG Darmstadt vom 11.09.2003 (1 E 1181/03<3>) ergebe
sich kein Grund für die Annahme, dass die hier angestellten fiskalischen
Erwägungen letztlich als dringende dienstliche Gründe einzustufen seien und somit
eine Bewilligung der Altersteilzeit ausschlössen.
Der Widerspruchsbescheid wurde den früheren Bevollmächtigten der Klägerin am
5. April 2004 zugestellt.
Am 3. Mai 2004 hat die Klägerin Klage erhoben und macht geltend, dringende
dienstliche Gründe stünden der Gewährung von Altersteilzeit nicht entgegen.
Fiskalische Gründe genügten dafür nicht. Zudem kehre die Klägerin mit Ablauf
ihrer Amtszeit als Frauenbeauftragte in den unterrichtswirksamen Bereich zurück.
Auch sei fraglich, ob seitens des Beklagten eine neue Frauenbeauftragte bestellt
werden, laufe das HGlG doch zum Ende des Jahres 2006 aus. Das Schulamt sei
sehr wohl in der Lage, die Altersteilzeit angemessen zu finanzieren. Jedenfalls aber
stehe der Klägerin im Hinblick auf den Ermessensspielraum des Beklagten ein
Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung zu, der bislang nicht erfüllt
worden sei.
Die Klägerin beantragt,
das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Staatlichen
Schulamtes für den Main-Kinzig-Kreis vom 19. September 2003 und seines
Widerspruchsbescheides vom 2. April 2004 zu verpflichten, der Klägerin
entsprechend ihrem Antrag vom 16. Januar 2002 Altersteilzeit im Blockmodell für
die Zeit vom 1. Oktober 2003 bis einschließlich 31. Mai 2009 zu bewilligen,
hilfsweise,
das beklagte Land unter Aufhebung der genannten Bescheide zu verpflichten,
ihren Antrag auf Altersteilzeit vom 16. Januar 2002 neu unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Das beklagte Land beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Es verweist auf die angefochtenen Bescheide und macht geltend, die Klägerin
werde auf bei einer Bewilligung der Altersteilzeit auch nicht für eine logische
Sekunde in den Schuldienst zurückkehren. Es werde verkannt, dass mit der
Altersteilzeit ein Stellenabbau gefördert werden solle, der jedoch im Bereich des
Staatlichen Schulamtes nicht Platz greifen solle, schon weil die jetzt von der
Klägerin wahrgenommene Funktion einer Frauenbeauftragten auch noch nach
dem 31. Juli 2006 wahrgenommen werden müsse. Damit sei der Versagungsgrund
des § 85b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HBG erfüllt.
2 Bände Personalakten des Beklagten, betreffend die Klägerin, sind zum
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Auf ihren Inhalt und
den der Gerichtsakte wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig, hat
aber nur hinsichtlich des Begehrens auf Neubescheidung Erfolg, da die
angefochtenen Bescheide zwar rechtswidrig sind und durch die Ablehnung des
Antrags die Klägerin auch in ihren Rechten verletzten, ihr jedoch kein
Rechtsanspruch auf antragsgemäße Bewilligung der Altersteilzeit zusteht; statt
dessen steht der Klägerin lediglich das Recht zu, eine erneute
Ermessensbetätigung des Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts zu verlangen (§ 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 VwGO).
Der Klägerin fehlt nicht die Klagebefugnis i. S. d. § 42 Abs. 2 VwGO. Allerdings
begründet § 85b HBG kein Recht auf Altersteilzeit, sondern stellt die Bewilligung in
das weite Ermessen des Dienstherrn. Dem Antrag auf Bewilligung von Altersteilzeit
kommt lediglich die Bedeutung zu, die Änderung des Arbeitszeitstatus nur im
ausdrücklichen Einverständnis mit der Beamtin eintreten zu lassen. Dem Antrag
entspricht jedoch aufgrund der ausdrücklich in § 85b Abs. 2 S. 1 HBG enthaltenen
Regelung zum Ausschluss eines Anspruchs auf Altersteilzeit keine subjektive
Rechtsposition, wie sie sich z. B. aus § 85a Abs. 1 HBG ergibt, aus dem sich ein
grundsätzlicher Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung im Beamtenverhältnis ableiten
lässt, wenn auch abhängig von einer im Ermessen stehenden
Bewilligungsentscheidung des Dienstherrn. Dessen Ermessen ist jedoch eher
darauf gerichtet, im Einzelfall beachtliche dienstliche Gründe, die noch keine
Versagung gebieten, zur Geltung zu bringen. Im Unterschied dazu stellt die
Altersteilzeit nach § 85b HBG in erster Linie ein Personalsteuerungsinstrument des
Dienstherrn dar, dient also der Verfolgung seiner Interessen, nicht der Interessen
der einzelnen Beamten. Insoweit unterscheidet sich die hessische Regelung der
Altersteilzeit für Beamte und Beamtinnen z. B. von der für Bundesbeamte
geltenden Regelung in § 72b BBG, die weit mehr auf die Einräumung subjektiver
Rechte der an Altersteilzeit interessierten Beamtinnen und Beamten ausgerichtet
ist.
Der Klägerin steht jedoch ungeachtet dessen ein Anspruch auf
ermessensfehlerfreie Entscheidung unter besonderer Beachtung des
Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1, 3 GG, Art. 1 HV) zu, sofern die Voraussetzungen
für eine Ablehnung des Altersteilzeitantrags aus zwingenden dienstlichen Gründen
nicht erfüllt sind. Insoweit kann die Klägerin auch aus eigenem Recht verlangen,
eine darauf gestützte Antragsablehnung gerichtlich überprüfen zu lassen, um so
ggf. ihren Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung des Antrags
durchzusetzen.
Der Klage fehlt nicht das Rechtsschutzinteresse, obwohl die Altersteilzeit bereits
am 1. Oktober 2005 hätte beginnen sollen. Ungeachtet des seitdem verstrichenen
Zeitraums kann die seitherige Fortführung des Dienstverhältnisses der Klägerin als
Vollzeitbeamtenverhältnis noch geändert und einer nachträglichen Bewilligung der
beantragten Altersteilzeit angepasst werden. Die Besoldungsleistungen können
rückwirkend entsprechend gekürzt und die überzahlten Beträge zurückgefordert
werden. Da die Klägerin die Altersteilzeit im Blockmodell nehmen will, wäre sie
auch bei einer bereits antragsgemäß bewilligten Altersteilzeit noch bis zu 31. Juli
2006 zur Leistung der vollen Arbeitszeit verpflichtet. Ihre Freistellung von der
Dienstleistung soll erst am 1. August 2006 beginnen, kann also noch in vollem
Umfang gewährt werden.
Die Ablehnung des Altersteilzeitantrags stützt sich auf dringende dienstliche
Belange. Sie schließen nach § 85b Abs. 1 Nr. 3 HBG eine Bewilligung von
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Belange. Sie schließen nach § 85b Abs. 1 Nr. 3 HBG eine Bewilligung von
Altersteilzeit zwingend aus (BVerwG U. v. 29.4.2004 - 2 C 21.03 - ZBR 2004, 393).
Zu den Anforderungen für die Annahme entgegenstehender dienstlicher Belange
hat das BVerwG am Beispiel des § 88a LBG SchlH folgendes ausgeführt:
"Inhaltlich ist unter "dienstlichen Belangen" i.S.d. § 88a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 LBG das
engere öffentliche, d.h. dienstliche Interesse an sachgemäßer und reibungsloser
Aufgabenerfüllung der Verwaltung zu verstehen (Plog/Wiedow/Lemhöfer, § 72a
BBG Rn. 8). "Dringende" dienstliche Belange sind solche aus dem Dienstbetrieb
resultierenden Bedürfnisse, deren Bedeutung über das Normalmaß hinausgeht,
die also mit erhöhter Prioritätsstufe ein bestimmtes Handeln oder Unterlassen
erfordern, um einen effektiven dienstlichen Betrieb zu gewährleisten. Sie liegen
damit zwar noch unterhalb der Schwelle der "zwingenden" dienstlichen Belange
(vgl. § 88 a Abs. 2 Satz 2 LBG), sind ihnen aber bereits angenähert (vgl.
Senatsurteil vom 28. November 2002 BVerwG 2 CN 1.01 BVerwGE 117, 219 zum
Begriff des "dringenden öffentlichen Interesses").
Mit dem Erfordernis, dass dringende dienstliche Belange nicht entgegenstehen
dürfen, trägt § 88a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 LBG einerseits dem Bedürfnis des
Dienstherrn Rechnung, im Bedarfsfall auf die volle Arbeitsleistung des Beamten
zurückzugreifen. Andererseits berücksichtigt der Umstand, dass nicht jeder
dienstliche Belang, sondern nur dringende dienstliche Belange der Gewährung der
Altersteilzeit entgegenstehen, das berechtigte Interesse des Beamten, die
Endphase seiner dienstlichen Laufbahn, die sich nach § 88a Abs. 3 Satz 3 LBG auf
bis zu zehn Jahre erstrecken kann, mit einer gewissen Verlässlichkeit zu planen.
Keine dringenden dienstlichen Belange sind solche Auswirkungen der Maßnahme,
die regelmäßig und generell mit ihr verbunden sind, beispielsweise die Tatsache,
dass der ausscheidende Beamte nicht mehr zur Verfügung steht, dass
gegebenenfalls eine Ersatzkraft eingestellt werden muss und dass damit die
Beihilfe-, Besoldungs- und Pensionslasten des Dienstherrn einzelfallbezogen
ansteigen. Ebenso wenig kommen mit der Gewährung der Altersteilzeit
verbundene Erschwernisse wie zum Beispiel die Notwendigkeit einer gewissen
Umorganisation als entgegenstehende dringende Belange in Betracht.
Das kumulierte fiskalische Interesse daran, die Kosten für das im öffentlichen
Dienst beschäftigte Personal niedrig zu halten, kann jedoch einen dringenden
dienstlichen Belang darstellen, der die Möglichkeiten der Gewährung der
Altersteilzeit einschränkt. Insbesondere ist es möglich, dass die allgemeine
Haushaltslage des Landes auf die sachgemäße und reibungslose Erfüllung der der
Verwaltung übertragenen Aufgaben zurückwirkt etwa, weil der ausscheidende
Beamte aus Mangel an Haushaltsmitteln nicht ersetzt werden kann, seine Stelle
aber zur Erfüllung der vorgegebenen Aufgaben besetzt bleiben muss. Wenn und
soweit dies der Fall ist, handelt es sich um einen dringenden dienstlichen Belang,
der einer Gewährung von Altersteilzeit in entsprechendem Umfang
entgegensteht."
Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall sind allerdings die
Besonderheiten des § 85b HBG zu berücksichtigen. Abs. 2 S. 2 dieser Vorschrift
erlaubt es dem Dienstherrn, die Gewährung von Altersteilzeit von vornherein auf
bestimmte Verwaltungsbereiche zu beschränken, d. h. andere
Verwaltungsbereiche allgemein von der Inanspruchnahme einer Altersteilzeit
auszuschließen. In dieser Ermächtigung, von der das Land wie alle anderen
Dienstherren im Geltungsbereich des HBG in Ergänzung zu der nur an das Land
gerichteten Regelung in § 85b Abs. 2 S. 3 HBG Gebrauch machen darf, liegt die
Befugnis, bestimmte verallgemeinerungsfähige dienstliche Belange dadurch zur
Geltung zu bringen, dass Altersteilzeit für die in bestimmten Verwaltungsbereichen
tätigen Beamtinnen und Beamten von vornherein ausgeschlossen wird. Allerdings
folgt aus der Nichtinanspruchnahme dieser Ermächtigung umgekehrt die Aussage,
dass allgemeine dienstliche Hindernisse, wie sie für einen Verwaltungsbereich
insgesamt angenommen werden können, der Inanspruchnahme der Altersteilzeit
nicht entgegenstehen. Insofern muss sich ein Dienstherr daran festhalten lassen,
durch das Unterlassen einer entsprechenden Organisationsentscheidung
entgegenstehende dienstliche Belange nur im Einzelfall zur Anwendung zu
bringen.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Verweis des Beklagten auf
allgemeine fiskalische Schwierigkeiten, die fehlende Möglichkeit eines Rückgriffs
auf allgemeine Landesmittel über das den Schulämtern zugeteilte Budget hinaus
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auf allgemeine Landesmittel über das den Schulämtern zugeteilte Budget hinaus
noch keine dringenden dienstlichen Belange begründen kann. Dieses Problem
stellt sich letztlich bei jeder Altersteilzeitbewilligung, da mit ihr stets ein gemessen
am verfügbaren Personal, seiner verfügbaren Arbeitszeit höherer Personalaufwand
einhergeht. Zwar wird in absoluten Beträgen gerechnet, Geld eingespart. In
Relation zu den jeweils zu erledigenden Aufgaben und der dafür in Ansatz zu
bringenden Arbeitszeiten tritt jedoch eine Unterdeckung ein. In ihrer allgemeinen
Erscheinungsform ist sie nicht geeignet, einen dringenden dienstlichen Belang
auszulösen. Das Land würde sich vielmehr widersprüchlich verhalten. Einerseits
nimmt es entsprechende Verwaltungsbereiche nicht aus der Altersteilzeitfähigkeit
heraus, andererseits sollen aber allgemeine Haushaltsprobleme bereits
ausreichen, um die Ablehnung der Altersteilzeit zu rechtfertigen. Insoweit kann
folglich - bezogen auf den zwingenden Versagungsgrund des § 85 Abs. 1 Nr. 3
HBG - zwischen den Schulen und den Schulämtern kein Unterschied gemacht
werden. Er wäre nur möglich, wenn z. B. die Schulämter generell als
Verwaltungsbereich bezeichnet worden wären, auf den § 85b HBG nicht angewandt
werden soll. Diese Entscheidung hat das beklagte Land jedoch nicht getroffen,
muss also daran auch festhalten lassen.
Die hier vom Beklagten vorgetragenen Gründe, die dringende dienstliche Belange
belegen sollen, sind ausschließlich fiskalischer Natur. Ihre Richtigkeit unterstellt,
würde dies dazu führen, aufgrund der allgemeinen Budgetierungsvorgaben für
jeden Beamten und jede Beamtin im Bereich der Staatlichen Schulämter die
Inanspruchnahme von Altersteilzeit auszuschließen. Die durch eine
Nachbesetzung der von Altersteilzeitlern in der Freistellung geräumten
Dienstposten entstehenden Mehrkosten müssen nämlich überall aufgebracht
werden, ohne dass dafür - die Argumentation des Beklagten zugrunde gelegt -
tatsächlich die nötigen Zusatzmittel bereit stünden. Verhält es sich so, wäre
allerdings der Weg über § 85b Abs. 2 S. 2 HBG zu nehmen, die entsprechenden
Verwaltungsbereiche, in denen ein Personalabbau im Hinblick auf Art und Umfang
der Aufgabenstellung nicht ansteht, wären als solche auszuweisen und von der
Anwendung des § 85b HBG allgemein auszunehmen. Da das Land diesen Weg
nicht gegangen ist, können die hier vorgetragenen fiskalischen Schwierigkeiten
nicht als dringender dienstlicher Belang i. S. d. § 85b Abs. 1 Nr. 3 HBG eingeordnet
werden.
Individuelle, gerade auf die Situation des Staatlichen Schulamtes für den Main-
Kinzig-Kreis oder die Funktion der Klägerin bezogene dringende dienstliche
Hinderungsgründe sind vom Beklagten weder vorgetragen worden noch sonst
ersichtlich. Weder wird geltend gemacht, die Haushaltslage oder die
Stellenausstattung des Schulamts unterscheide sich von der anderer
vergleichbarer Einrichtungen, noch kann die von der Klägerin ausgeübte Funktion
ein derartiges Hindernis begründen. Ihre Bestellung aus Frauenbeauftragte endet
unmittelbar zu dem Zeitpunkt, zu dem auch ihre Arbeitsphase enden soll, sodass
die Neubestellung einer anderer Beamtin zu Frauenbeauftragten eine nahtlose
Fortführung dieses Amtes ermöglichen würde. Zudem besteht seitens des Landes
kein Interesse daran, das Amt der Klägerin als Frauenbeauftragte auch noch über
die bisherige 2. Amtszeit hinaus zu verlängern. Die Klägerin ihrerseits hat daran
ebenfalls kein Interesse. Dass die erforderliche Neubestellung einer
Frauenbeauftragten mit Wirkung zum 1. August 2006 erheblichen oder gar nahezu
unüberwindlichen Schwierigkeiten begegnen wird, ist weder geltend gemacht noch
sonst ersichtlich.
Das beklagte Land hätte daher den Antrag der Klägerin nicht unter Bezug auf
entgegenstehende dringende dienstliche Belange ablehnen dürfen. Eine
Ablehnung hätte nur im Rahmen des weiten Ermessensspielraums nach § 85b
Abs. 1, Abs. 2 S. 1 HBG erfolgen dürfen. Ermessen wurde seitens des Beklagten
insoweit jedoch nicht betätigt. Maßgebend für die Prüfung dieser Frage ist der
Ausgangsbescheid in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid erhalten
hat (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Widerspruchsbescheid befasst sich
ausschließlich mit den Voraussetzungen der entgegenstehenden dienstlichen
Belange im Sinne eines jede Bewilligung von vornherein ausschließenden
Versagungsgrundes. Die Begründung des Widerspruchsbescheides lässt nicht
erkennen, dass eine Bewilligung im Ermessenswege erwogen wurde. Allerdings
enthält der Ausgangsbescheid vom 19. September 2003 auf Seite 2 im Ansatz
Ermessenserwägungen. Dies wird jedoch im Widerspruchsbescheid nicht wieder
aufgegriffen. Er enthält gerade keine hilfsweisen Ermessenserwägungen für den
Fall, dass der zwingende Ablehnungsgrund nicht vorliegen sollte. In dieser
Auslegung sieht sich die Kammer durch den schriftsätzlichen Vortrag des
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Auslegung sieht sich die Kammer durch den schriftsätzlichen Vortrag des
Beklagten bestätigt. Auch in der mündlichen Verhandlung hat der
Beklagtenvertreter diesen Eindruck bestätigt, als die hier vorgenommene
Auslegung der angefochtenen Bescheide erörtert wurde. Der gerichtlichen
Auslegung der angefochtenen Bescheide im Sinne einer Nichtbetätigung des
Ermessens wurde seitens beider Beteiligter zugestimmt.
Folglich steht der Klägerin ein Anspruch auf Neubescheidung zu. Für die
Ermessensausübung des Beklagten ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die
Annahme des Beklagten, die Klägerin sei dem Schulamt, d. h. der staatlichen
Schulverwaltung und nicht einer einzelnen Schule zuzuordnen nicht zu
beanstanden ist. Die Klägerin wird nicht im unterrichtswirksamen Bereich
eingesetzt. Sie wurde 1994 zum Staatlichen Schulamt versetzt. An dieser
Versetzung wird sich für die Dauer ihrer Amtszeit als Frauenbeauftragte nichts
ändern. Es kann auch keine Rede davon sein, die Klägerin kehre nach dem Ablauf
ihrer Amtszeit als Frauenbeauftragte für die Lehrkräfte automatisch an eine
Schule zurück. Die Versetzung von 1994 hat eine dauerhafte Änderung ihrer
organisatorischen Zuordnung bewirkt, an der erst eine neue Maßnahme wie die
Versetzung an eine Schule etwas ändern könnte. Kommt es nicht zu einer solchen
Maßnahme, verbliebe die Klägerin beim Staatlichen Schulamt und müsste dann
die ihr dort zugewiesenen Aufgaben erledigen. Damit wird es auch nicht zu
beanstanden sein, wenn seitens des Beklagten für die Ermessensbetätigung auf
die Lage am Staatlichen Schulamt, nicht aber auf die Lage an einzelnen Schulen
abgestellt wird.
Ferner wird es möglich sein, fiskalische Schwierigkeiten, vor allem solche der
Haushaltsbewirtschaftung zum Inhalt der Ermessensausübung zu machen. Es ist
allerdings darauf zu achten, dass insoweit der Gleichheitssatz gewahrt wird, also
vergleichbare Schwierigkeiten auch zu vergleichbaren Konsequenzen führen. Dabei
darf auch berücksichtigt werden, dass die Bewilligung von Altersteilzeit im
Schulbereich, d. h. im unterrichtswirksamen Bereich womöglich andere Ziele
verfolgt als in der allgemeinen Verwaltung, was allerdings im Hinblick auf die auch
dort eintretenden Zusatzbelastungen für die öffentlichen Mittel in seiner
Differenzierung gegenüber dem Bereich der staatlichen Schulverwaltung offen zu
legen wäre. Warum soll die Lage an Schulen und der dort tätigen Lehrkräfte im
Hinblick auf § 85b HBG eine andere sein als die Lage der an Schulämtern tätigen
Lehrkräfte und sonstigen Beamtinnen, Beamten? Diese Frage hat für das beklagte
Land aufgrund seiner Annahme, es liege ein zwingender Versagungsgrund vor,
folgerichtig keine Rolle gespielt. Im Rahmen einer anzustellenden
Ermessensausübung müsste darauf jedoch eingegangen werden.
Eine Benachteiligung der Klägerin als Frauenbeauftragte (§ 20 Abs. 3 S .1 HGlG)
wird allerdings auch bei einer erneuten Ablehnung der Altersteilzeit nicht zu
besorgen sein, die bislang erkennbaren Argumente als Grundlage genommen. Die
Klägerin übt nämlich als Frauenbeauftragte eine dienstliche Tätigkeit für die
Schulverwaltung und in ihr aus (§ 20 Abs. 1 S. 1 HGlG), ist also nicht unterrichtlich
tätig. Folglich ist sie insoweit auch nur mit den Beamtinnen, Beamten zu
vergleichen, die ebenfalls als - frühere - Lehrkräfte im Schulverwaltungsbereich
eingesetzt werden, ungeachtet der Möglichkeit, später auch wieder an einer
Schule eingesetzt zu werden. Benachteiligt als Frauenbeauftragte würde die
Klägerin nur, wenn sie unter Bezug auf diese Funktion anders als andere
Schulverwaltungsbeamte, -beamtinnen behandelt würde. Dafür besteht derzeit
kein Anhalt.
Die verkündete Urteilsformel ist nach § 118 Abs. 1 VwGO dahin zu berichtigen,
dass als Datum der erneuten Antragstellung der Klägerin anstelle des 3. April 2003
der 18. April 2003 angegeben wird.
Die Kosten des Verfahrens haben die Beteiligten im Verhältnis ihres Obsiegens
und Unterliegens zu tragen (§ 155 Abs. 1 S. 1 VwGO). Dabei erscheint es
angemessen, jeden Beteiligten mit der Hälfte der Verfahrenskosten zu belasten.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §
708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Die Berufung wird zugelassen, soweit das beklagte Land zur Neubescheidung
verpflichtet wird, da die Voraussetzungen für einen zwingenden Versagungsgrund
im hessischen Rechte noch nicht obergerichtlich behandelt wurden und zudem
eine Abweichung von dem Urteil des BVerwG vom 29. April 2004 in Betracht
kommt (§ 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO). Im Übrigen liegen die
kommt (§ 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO). Im Übrigen liegen die
Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.