Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 14.11.2001

VG Frankfurt: hessen, einwilligung des patienten, physikalische therapie, angemessene frist, vorläufige einstellung, aufschiebende wirkung, berufsausübung, auflage, datum, zukunft

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Gericht:
VG Frankfurt 21.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
21 BG 3410/00
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Leitsatz
1. Die verzögerte Erstellung bzw. die Nichterstellung von Befundberichten, die
Nichterledigung von Auskunftsersuchen eines Leistungsträgers und das
Nichterscheinen zu einem Gerichtstermin ohne triftigen Grund trotz ordnungsgemäßer
Zeugenladung stellen Verstöße gegen die einem Arzt nach § 22 Heilberufsgesetz
obliegenden Berufspflichten dar.
2. Schreiben, welche die Kammer in Ausübung der ihr nach § 5 Abs. 1 S. 1
Heilberufsgesetz übertragenen Aufgaben an die Kammermitglieder richtet, haben diese
sachlich und zeitnah zu beantworten, um ihrer Pflicht zur gewissenhaften
Berufsausübung gem. § 22 Heilberufsgesetz nachzukommen.
Tenor
Dem Beschuldigten wird unter Erteilung eines Verweises wegen Verstoßes gegen
seine ärztlichen Berufspflichten eine Geldbuße in Höhe von 2500,00 DM auferlegt.
Der Beschuldigte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Gebühr wird auf 1000,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der 55-jährige Beschuldigte legte sein ärztliches Staatsexamen im Jahre 1979 in
ab. Seit Mai 1980 war er Assistenzarzt im Kreiskrankenhaus A., seit Dezember
1981 in der Klinik B. Die Approbation erhielt er am 30.01.1987, am 01.04.1987
wurde ihm die Anerkennung als Arzt für Orthopädie erteilt, seit dem 08.09.1989 ist
er berechtigt, die Ergänzung "Physikalische Therapie" zu führen. Seit Anfang 1991
ist er mit Kassenvollzulassung in Frankfurt am Main niedergelassen, zunächst in
einer Praxisgemeinschaft, seit mehreren Jahren in einer Einzelpraxis.
Berufsrechtlich ist der Beschuldigte bereits mehrfach in Erscheinung getreten.
Wegen Verstoßes gegen seine Meldepflicht gegenüber der Bezirksärztekammer
Frankfurt am Main in den Jahren 1991/1992 wurde am 07.09.1992 gegen ihn eine
Ordnungsstrafe von 500,00 DM und am 11.11.1992 eine Ordnungsstrafe von
1000,00 DM verhängt. Mit rechtskräftigem Urteil des (Az.: 21 BG 12/94) vom
20.03.1996 wurde er wegen Verstoßes gegen seine ärztlichen Berufspflichten aus
§§ 22 Heilberufsgesetz (HBG), 12 Abs. 2 der Berufsordnung für die Ärztinnen und
Ärzte in Hessen (BO) vom 10.07.1993 bzw. § 16 Abs. 2 BO vom 12.03.1994 unter
Erteilung eines Verweises zu einer Geldbuße von 1500,00 DM verurteilt. Diesen
Verurteilungen lagen fünf Fälle zu Grunde, in denen der Beschuldigte in den Jahren
1993 bis zum 20.03.1996 Befundberichte überhaupt nicht oder erst nach
unangemessen langem Zeitraum erstellt hatte.
Mit rechtskräftigem Urteil des erkennenden Gerichts vom 18.08.1997 (Az.: 21 BG
16/96 [V]) wurde er wegen Verstoßes gegen § 22 HBG i.V.m. § 16 Abs. 2 BO 1994
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16/96 [V]) wurde er wegen Verstoßes gegen § 22 HBG i.V.m. § 16 Abs. 2 BO 1994
mit einer Geldbuße in Höhe von 1000,00 DM belegt, weil er in zwei
Sozialgerichtsverfahren 1995 bis zum 24.06.1996 erbetene Befundberichte in
unangemessenen Zeiträumen abgegeben und Schreiben der Landesärztekammer
Hessen unbeantwortet gelassen hatte.
Beide Geldbußen sind zwischenzeitlich bezahlt.
In einem weiteren vor dem erkennenden Berufsgericht unter dem Aktenzeichen 21
BG 14/98 anhängig gewesenen Verfahren wurde ihm von der Landesärztekammer
Hessen vorgeworfen, in einem Verfahren eines seiner Patienten vor dem
Sozialgericht Frankfurt am Main gegen die Landesversicherungsanstalt Hessen
einen mit Datum vom 02.05.1996 erbetenen schriftlichen Befundbericht nach
mehrmaligen Erinnerungen erst am 10.07.1997 beim Sozialgericht vorgelegt zu
haben, ohne dass Hinderungsgründe für die Verspätung vorgebracht wurden oder
sonst erkennbar waren. In der Hauptverhandlung wurde das berufsgerichtliche
Verfahren im Hinblick auf die vom Beschuldigten in diesem Termin glaubhaft
vorgebrachte eigene Erkrankung und dadurch bedingte längere erhebliche
Beeinträchtigung seiner Praxisarbeit vorläufig unter der Auflage der Zahlung eines
Geldbetrages in Höhe von 700,00 DM an eine gemeinnützige Einrichtung vorläufig
und nach Erfüllung der Auflage mit Beschluss vom 14.01.1999 endgültig
eingestellt.
II.
Dem vorliegenden berufsgerichtlichen Verfahren liegen zwei Ermittlungsvorgänge
der Landesärztekammer Hessen wegen des Verdachts der Nichterstellung von
Befundberichten in angemessener Zeit zu Grunde. In beiden Ermittlungsverfahren
hat sich der Beschuldigte nicht geäußert.
Die Anschuldigungsschrift der Landesärztekammer Hessen vom 07. Juni 2000
sowie die Nachtragsanschuldigungsschrift vom 08.11.2000 wurden dem
Beschuldigten am 03.07. bzw. 23.08.2000 zugestellt. Er hat sich auch gegenüber
dem Gericht nicht geäußert und ist ohne Entschuldigung trotz ordnungsgemäßer
Ladung dem Termin zur Hauptverhandlung am 14.11.2001 ferngeblieben.
Entscheidungsgründe
III.
Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung steht folgender Sachverhalt zur
Überzeugung des Gerichts fest:
Mit Schreiben vom 01.06.1999 wandte sich eine Berufsgenossenschaft mit der
Bitte an den Beschuldigten, in der Unfallsache eines namentlich bezeichneten
Patienten einen Bericht über den bisherigen Heilverlauf, den derzeitigen Zustand,
die vorgesehene weitere Behandlung und die voraussichtliche Dauer der weiteren
Berufsunfähigkeit oder - falls Arbeitsfähigkeit bestehe - die K(D) 10-Mitteilung/die
K(H) 10-Mitteilung zu erstellen. Ferner sollte er die Frage beantworten, ob die
gesamte Dauer der Arbeitsunfähigkeit auf die Folgen des näher bezeichneten
Unfalls zurückzuführen seien oder ob zwischenzeitlich eine unfallunabhängige
Erkrankung hinzugekommen sei. Mit Schreiben vom 08.09.1999 wies ihn die
Berufsgenossenschaft darauf hin, dass der erbetenen Bericht trotz Erinnerung
noch nicht vorliege. Er sei nach dem Sozialgesetzbuch VII in Verbindung mit dem
Ärzteabkommen verpflichtet, Auskunft über die Behandlung und den Zustand des
Patienten zu erteilen. Das Ärzteabkommen (Leitnummer 67) sehe für Auskünfte
und Berichte eine Frist von acht Tagen vor und verpflichtet den Arzt im Interesse
des Versicherten zu einer rechtzeitigen Berichterstattung. Er wurde darauf
hingewiesen, dass die Ärztekammer eingeschaltet werde, falls der dringend
benötigte Bericht innerhalb von weiteren acht Tagen nicht vorliege. Mit Schreiben
vom 13.10.1999 wandte sich die Berufsgenossenschaft sodann
beschwerdeführend an die Landesärztekammer Hessen, welche den
Beschuldigten mit Schreiben vom 20.10.1999 über den Sachverhalt informierte
und um Stellungnahme ersuchte, welche dann unter dem Datum des 11.11.1999
unter weiterer Fristsetzung angemahnt wurde. Nachdem der Beschuldigte sich
nicht geäußert hatte, beschloss das Präsidium der Landesärztekammer Hessen
am 12.01.2000 die Aufnahme berufsrechtlicher Ermittlungen, was sie dem
Beschuldigten mit Schreiben vom 23. Februar 2000 mitteilte. Der Beschuldigte
äußerte sich im gesamten Verfahren nicht und gab auch gegenüber der
beschwerdeführenden Berufsgenossenschaft die erbetene Stellungnahme bzw.
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beschwerdeführenden Berufsgenossenschaft die erbetene Stellungnahme bzw.
den Befundbericht nicht ab.
In einem weiteren Falle, welcher bei der Landesärztekammer Hessen zum
Ermittlungsverfahren mit dem Aktenzeichen III/3-32/2000 führte, wandte sich das
Sozialgericht Frankfurt am Main in einem Rechtsstreit mit dem Aktenzeichen S-
35/KR-1525/99 - (Fall eines Patienten des Beschuldigten gegen das Land Hessen)
mit Schreiben vom 17.04.2000 beschwerdeführend an die Landesärztekammer
Hessen. In jenem Verfahren war der Beschuldigte mit Schreiben des Gerichts vom
15.07.1999 unter ausdrücklichem Hinweis darauf, dass er der behandelnde Arzt
jenes Klägers und die Schweigepflichtentbindung erfolgt sei, um alsbaldige
Erstattung eines schriftlichen Befundberichts gebeten worden. Er reagierte darauf
ebenso wenig, wie auf die Erinnerungen des Sozialgerichts vom 14.10. und
16.12.1999. Die dritte Erinnerung vom 16.03.2000 wurde mit Fristsetzung bis zum
03.04.2000 verbunden, auch sie ließ der Beschuldigte unbeachtet. Daher verfügte
das Sozialgericht mit Datum vom 06.04.2000 die Vorladung des Beschuldigten,
um ihn im Beweistermin am 17.04.2000 als sachverständigen Zeugen zu
vernehmen. Der Beschuldigte erschien trotz ordnungsgemäßer Ladung und ohne
Entschuldigung nicht zur Vernehmung, weshalb das Sozialgericht gegen ihn ein
Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 DM, ersatzweise vier Tage Ordnungshaft,
verhängte und die Vertagung des Beweistermins auf den 15.05.2000 beschloss.
Auch zu diesem Termin erschien der Beschuldigte trotz ordnungsgemäßer Ladung
und ohne Entschuldigung nicht. Der Befundbericht wurde nicht erstattet. Das
Sozialgericht legte ihm daraufhin die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten
sowie ein weiteres Ordnungsgeld in Höhe von 1000,00 DM, ersatzweise 10 Tage
Ordnungshaft, auf. Es wurde ein weiterer Termin zur Beweisaufnahme auf den
29.05.2000 anberaumt und die zwangsweise Vorführung des Beschuldigten als
Zeugen angeordnet. Am 26.05.2000 ging der angeforderte Befundbericht
daraufhin per Telefax beim Sozialgericht Frankfurt am Main ein, eine Begründung
der verspäteten Übersendung war nicht beigefügt.
Die Schreiben der Landesärztekammer Hessen vom 02.05. und 19.07.2000, mit
welchen er um Stellungnahme zu dieser Angelegenheit gebeten worden war, ließ
er unbeantwortet.
Auch in dem mit Nachtragsanschuldigungsschrift der Landesärztekammer Hessen
vom 08.2000 eingeleiteten berufsgerichtlichen Verfahren hat sich der Beschuldigte
zu dieser Angelegenheit nicht geäußert.
Dem Termin zur Hauptverhandlung am 14.11.2001 ist der Beschuldigte ohne
Begründung trotz ordnungsgemäßer Ladung ferngeblieben.
IV.
Der vorstehende Sachverhalt steht fest auf Grund der von der
Landesärztekammer Hessen übermittelten Ermittlungsakten III/3 - 04/2000 und
III/3 - 32/2000 nebst den darin befindlichen Urkunden.
V.
Das Verhalten des Beschuldigten stellt einen vorsätzlichen Verstoß gegen § 22
Heilberufsgesetz (HBG), § 2 Abs. 6, 25 der Berufsordnung für die Ärztinnen und
Ärzte in Hessen (BO) dar. Nach § 22 HBG ist ein Arzt verpflichtet, seinen Beruf
gewissenhaft auszuüben und dem ihm im Zusammenhang mit dem Beruf
entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Zur gewissenhaften
Berufsausübung gehört auch die Verpflichtung zur Befunderstellung gegenüber
Patienten. Sie stellt eine Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag dar und
gehört damit zu den Kernpflichten der ärztlichen Tätigkeit. Dies gilt auch, soweit -
wie im Falle der Anforderung eines Befundberichts durch das Sozialgericht
Frankfurt am Main - die Befunderstellung als Auskunftspflicht gegenüber Dritten zu
erfüllen ist. Darüber hinaus stellt es auch eine Verletzung seiner ärztlichen
Berufspflichten dar, wenn er zum Beweis für die Behauptung eines Klägers, der
sein Patient war, vom Gericht als Zeuge geladen ist und dieser Ladung ohne
ersichtlichen oder mitgeteilten Hinderungsgrund keine Folge leistet. Der
Beschuldigte war nämlich gemäß Ladung des Sozialgerichts Frankfurt am Main
vom 06.04.2000 als Zeuge zu dem Termin am 17.04.2000 geladen worden, und
war gemäß dem Gerichtsbeschluss vom 17.04.2000 (Blatt 6 - 7 der
Ermittlungsakte III/3 - 32/2000) dem Termin unentschuldigt ferngeblieben und
hatte auch den angeforderten Befundbericht nicht vorgelegt. Entsprechendes gilt
für den Termin am 15.05.2000 (vgl. Blatt 11 - 12 der vorbezeichneten
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für den Termin am 15.05.2000 (vgl. Blatt 11 - 12 der vorbezeichneten
Ermittlungsakte).
Die Übersendung des Befundberichtes nach Ablauf von zirka zehn Monaten nach
Ergehen der entsprechenden Aufforderung an den Beschuldigten verstößt gegen §
25 der Berufsordnung, wonach ein Arzt unter anderem Gutachten, zu deren
Ausstellung er verpflichtet ist, innerhalb angemessener Frist abzugeben hat. Der
vorbezeichnete Zeitraum von zehn Monaten stellt ersichtlich eine äußerst
unangemessene Zeitspanne dar. Bereits mit Urteil vom 18. August 1997 (Az.: 21
BG 16/96 [V]) hat das erkennende Gericht in einem Fall, welcher ebenfalls einen
Pflichtenverstoß des Beschuldigten betraf, ausgeführt, dass die Nichterstellung
des Befundberichtes bzw. die Erstellung nach mehreren Mahnungen und
darauffolgender Ladung zum Beweisaufnahmetermin nach Ablauf von über sechs
Monaten ersichtlich keine angemessene Frist für die Abgabe des Befundberichtes
im Sinne der Berufsordnung darstellt.
Die Nichterteilung der von der Berufsgenossenschaft erbetenen Auskunft nebst
Befundbericht seit der entsprechenden Aufforderung der Berufsgenossenschaft an
den Beschuldigten mit Schreiben vom 01.06.1999 (Blatt 16 der Ermittlungsakte
III/3 - 04/2000) verstößt ebenfalls gegen die vorbezeichneten Normen (§ 22 HBG, §
25 BO). In diesem Fall ergibt sich die Verpflichtung des Beschuldigten aus
§ 100 Abs. 1 SGB X . Nach dieser Vorschrift ist ein Arzt verpflichtet, dem
Leistungs- träger im Einzelfall auf Verlangen Auskünfte zu erteilen, soweit es für
die Durchführung von dessen Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erforderlich
und gesetzlich zugelassen ist oder der Betroffene im Einzelfall eingewilligt hat. Die
Berufsgenossenschaft zählt gemäß § 22 SGB (Sozialgesetzbuch-Allgemeiner Teil)
zu den Leistungsträgern im Sinne dieser Vorschrift. Die vom Beschuldigten
angeforderte Auskunft diente auch der gesetzlichen Aufgabenerfüllung dieser
Berufsgenossenschaft. Der Einwilligung des Patienten bedurfte es gemäß § 201
Abs. 1 SGB VII nicht. Nach dieser Vorschrift übermitteln unter anderem Ärzte, die
an einer Heilbehandlung beteiligt sind, an die Unfallversicherungsträger Daten
über die Behandlung und den Zustand des Versicherten sowie andere
personenbezogene Daten, soweit es zur Leistungserbringung durch den
Leistungsträger, wie vorliegend, erforderlich ist. Der Versicherte kann nach Satz 2
dieser Vorschrift lediglich vom Unfallversicherungsträger verlangen, über die von
den Ärzten übermittelten Daten unterrichtet zu werden.
Der Beschuldigte hat ferner in beiden Fällen jeweils auch dadurch gegen seine
Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung gemäß § 22 HBG verstoßen, dass er
jeweils mehrere Schreiben der Landesärztekammer Hessen im Zusammenhang
mit der Aufklärung der an die Landesärztekammer Hessen herangetragenen
Vorwürfe des Sozialgerichts bzw. der Berufsgenossenschaft unbeantwortet ließ.
Zur ärztlichen Berufsausübung gehört auch der Umgang mit der
Standesvertretung. Schreiben, welche die Kammer in Ausübung der ihr
übertragenen Aufgaben - hier: § 5 Abs. 1 Nr. 1 HBG - an die Kammermitglieder
richten, haben diese sachlich und zeitnah zu beantworten (ständige
Rechtsprechung des erkennenden Gerichts, vgl. zum Beispiel Urteil vom 18.
August 1997, 21 BG 16/96 (V), nunmehr in § 2 Abs. 6 der geltenden
Berufsordnung gesondert erwähnt).
Im Hinblick auf die in den beigezogenen Ermittlungsakten der Landesärztekammer
vorhandenen Mahnungen des Sozialgerichts sowie der Berufsgenossenschaft und
die entsprechenden Schreiben der Landesärztekammer Hessen mit
ausdrücklichem Hinweis auf die Verpflichtung zur zeitnahen Befunderstellung bzw.
Beantwortung von Anfragen sind alle vier Verstöße auch vorsätzlich begangen
worden.
VI.
Bei der Bemessung der Höhe der Strafe war davon auszugehen, dass für das
berufsgerichtliche Verfahren - ebenso wie im beamtenrechtlichen
Disziplinarverfahren - der Grundsatz der "Einheit des Berufsvergehens" gilt. Dies
macht in der Regel erforderlich, auch unterschiedliche und von einem einheitlichen
Entschluss getragene Verstöße gegen die ärztlichen Pflichten einer einheitlichen
berufsaufsichtlichen bzw. berufsgerichtlichen Würdigung zu unterziehen. Daraus
folgt, dass in aller Regel - so auch hier - nur ein einheitliches Verfahren
durchzuführen ist, in dem die Feststellung auch mehrerer Verstöße nur zur
Verurteilung wegen einer Berufspflichtverletzung führt, ein Freispruch wegen
einzelner Taten nicht in Betracht kommt und die verhängten Maßnahmen im
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einzelner Taten nicht in Betracht kommt und die verhängten Maßnahmen im
Urteilsausspruch nicht nach Einzelverstößen aufgegliedert werden (vgl. im
einzelnen Urteil des Landesberufsgerichts für Heilberufe beim Hessischen
Verwaltungsgerichtshof vom 27. Juli 1994 - LBG 2087/89 -, Seite 14 UA). Die Zahl
der festgestellten Verstöße hat neben deren Schwere lediglich Einfluss auf die zu
verhängende Sanktion. Daraus folgt, dass im Hinblick auf die Anzahl von vier
Verstößen gegen die im vorangegangenen Abschnitt bezeichneten ärztlichen
Berufspflichten, wovon in einem Fall der Verstoß derart gravierend war, dass der
Befundbericht/die Auskunft gegenüber der Berufsgenossenschaft überhaupt nicht
erstellt wurde, die verhängte Geldbuße neben dem erteilten Verweis erforderlich
ist, um den Beschuldigten in Zukunft zu einem pflichtgemäßen Verhalten
anzuhalten. Es erscheint weiterhin angezeigt, die Geldbuße in diesem mehrfachen
Wiederholungsfalle - vgl. oben unter Abschnitt I - nicht zu gering zu bemessen, um
den Zweck des berufsgerichtlichen Verfahrens, zum einen das Ansehen der
Ärzteschaft in der Öffentlichkeit zu wahren, zum anderen aber insbesondere auch
den Arzt in der Zukunft zu berufsgerechtem Verhalten zu veranlassen, gerecht zu
werden.
Vorliegend kommt erschwerend hinzu, dass dem Beschuldigten bereits nach
eingehender Erörterung in der Hauptverhandlung vor dem erkennenden Gericht in
dem Verfahren 21 BG 14/98 im Rahmen einer eingehenden Erörterung seiner
Pflichten und der von ihm vorgebrachten Erläuterungen zu seinem Verhalten klar
gemacht worden war, dass die damalige vorläufige Einstellung unter einer Auflage
dazu dienen sollte, ihm nochmals die Chance zu geben, seinen Willen zu
berufsgerechtem Verhalten in der Zukunft zu zeigen. Diese Erwartung hat sich
nunmehr offensichtlich nicht erfüllt. Darüber hinaus hat der Beschuldigte sich völlig
uneinsichtig gezeigt, indem er weder gegenüber der Landesärztekammer noch
gegenüber dem Gericht zu kooperativem Verhalten veranlasst werden konnte.
Die gewählte Höhe der Geldbuße von 2500,00 DM erscheint dem Gericht lediglich
im Hinblick darauf ausreichend, die von der Landesärztekammer angeschuldigten
und vom Beschuldigten begangenen Pflichtenverstöße zu ahnden, weil das Gericht
keine Erkenntnisse über die derzeitigen Einkommensverhältnisse des
Beschuldigten hat. Im Hinblick darauf, dass dem Beschuldigten im
Zusammenhang mit dem einen Verstoß durch das Sozialgericht schon erhebliche
Ordnungsgelder und Kosten auferlegt worden sind, er darüber hinaus auch die
Gerichtsgebühr zu zahlen hat, erschien jedoch weiterer Ermittlungsaufwand
unverhältnismäßig, da sich insgesamt ein beträchtlicher Betrag zu Lasten des
Beschuldigten ergibt, welcher ursächlich den hier geahndeten Verstößen
zuzurechnen ist.
VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 HBG. Danach hat der Beschuldigte die
Kosten zu tragen, weil er verurteilt worden ist (§ 78 Abs. 4 Satz 1 HBG).
Entsprechend dem Aufwand des berufsgerichtlichen Verfahrens konnte die Gebühr
im unteren Bereich festgesetzt werden (§ 78 Abs. 2 Satz 1 HBG).
Sonstiger Langtext
R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G
Gegen dieses Urteil ist die Berufung durch den Beschuldigten, den
Kammervorstand und die Aufsichtsbehörde zulässig. Legt nur die
Aufsichtsbehörde Berufung ein, so führt sie die Berufung im eigenen Namen
durch.
Die Berufung hat aufschiebende Wirkung.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim
Berufsgericht für Heilberufe bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main,
Adalbertstraße 44-48, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der
Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung
innerhalb der Frist beim Landesberufsgericht für Heilberufe beim Hessischen
Verwaltungsgerichtshof in Kassel, Brüder-Grimm-Platz 1, eingeht.
Die Berufungsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen und einen
bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und
Beweismittel sollen angegeben werden.
31 Die Kostenentscheidung allein kann nicht angefochten werden.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.