Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 11.01.2011

VG Frankfurt: aufschiebende wirkung, verfügung, zur unzeit, zustellung, vollmacht, androhung, vwvg, anhörung, bevollmächtigung, erlass

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Gericht:
VG Frankfurt 9.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 L 2966/10.F
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 14 Abs 1 S 3 VwVfG, § 14
Abs 3 S 1 VwVfG, § 28 Abs 2
Nr 5 VwVfG, § 37 Abs 1 VwVfG,
§ 44 VwVfG
Gebot der vorherigen Anhörung; Erfüllung der
Vorlagepflicht; unvertretbare Handlung
Leitsatz
Auskunft, Bevollmächtigung, Vollmacht, Zustellung, Zwangsgeld,
Zwangsgeldandrohung
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50.000,- € festgesetzt.
Gründe
Das Begehren der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres am 27.
Oktober 2010 erhobenen Widerspruchs gegen die Verfügung der Antragsgegnerin
vom 23. September 2010, zugestellt am 27. September 2010, wiederherzustellen,
ist nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO statthaft, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg, da
der Vollzug der Zwangsgeldandrohung eilbedürftig ist und keinen durchgreifenden
rechtlichen Bedenken begegnet.
Die Antragsgegnerin hat in der angefochtenen Verfügung vom 23. September
2010 in formeller Hinsicht entsprechend den Anforderungen des § 80 Abs. 2 S. 1
Nr. 4, Abs. 3 S. 1 VwGO schriftlich die sofortige Vollziehung der
Zwangsgeldandrohung verfügt und begründet. Die im Bescheid dafür
angegebenen Gründe sind geeignet, die Eilbedürftigkeit der
Vollstreckungsandrohung zu begründen und erschöpfen sich nicht in einer bloßen
Behauptung der Eilbedürftigkeit des Vollzuges. Es lässt sich erkennen, dass die
Antragsgegnerin sich der besonderen Anforderungen einer
Sofortvollzugsanordnung hinreichend bewusst war.
Die Voraussetzungen für die Zwangsgeldandrohung in Bezug auf Ziffer III.2 des
Bescheides der Antragsgegnerin vom 24. November 2009 liegen offensichtlich vor.
Dieser Bescheid ist durch Zustellung an den früheren Bevollmächtigten der
Antragstellerin wirksam geworden (§ 41 Abs. 1 VwVfG). Die Antragstellerin hatte im
Jahr 2004 Rechtsanwalt N im Anwaltsbüro M durch schriftliche Vollmacht vom 26.
Oktober 2004 beauftragt, die Vertretung der Antragstellerin gegenüber der
Antragsgegnerin zu übernehmen (Bl. 13 der Akten Q 34 – 71.30 (19452) – Band
4). Schriftsätzlich hatte die Antragstellerin schon vorher mitteilen lassen, sie werde
künftig vom Büro M vertreten, der Schriftverkehr solle über die bestellten
Bevollmächtigten abgewickelt werden. Diese Bevollmächtigung bestand auch noch
im Zeitpunkt der Zustellung der Verfügung vom 24. November 2009. Dies ergibt
sich schon daraus, dass Rechtsanwalt N der Antragsgegnerin lediglich mitgeteilt
hatte, er habe Zweifel, ob sich die Antragstellerin auch künftig von ihm vertreten
lassen wolle. Im Übrigen besteht eine erteilte Vollmacht solange, bis sie
gegenüber derjenigen Stelle widerrufen wird, der die Bevollmächtigung angezeigt
wurde, wie sich aus § 14 Abs. 1 S. 3 VwVfG ergibt. Ein solcher Widerruf ist jedenfalls
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wurde, wie sich aus § 14 Abs. 1 S. 3 VwVfG ergibt. Ein solcher Widerruf ist jedenfalls
vor der am 25. November 2009 erfolgten Zustellung der Verfügung vom 24.
November 2009 gegenüber der Antragsgegnerin nicht erklärt worden.
Nach § 14 Abs. 3 S. 1 VwVfG soll sich eine Behörde an den Bevollmächtigten
wenden, wenn er in einer bestimmten Angelegenheit entsprechend bestellt wurde.
Da die Verfügung vom 24. November 2009 zugestellt wurde, war die
Antragsgegnerin zudem nach § 7 Abs. 1 S. 2 VwZG verpflichtet, die Zustellung an
den durch schriftliche Vollmacht ausgewiesenen Bevollmächtigten zu bewirken, um
eine wirksame Zustellung vorzunehmen.
Der Gegenstand der schriftlichen Vollmacht vom 26. Oktober 2004 ist mit „BAFin-
Schreiben vom 28-9-2004 GZ: xxx angegeben. In diesem Schreiben hält die
Antragsgegnerin der Antragstellerin denjenigen Sachverhalt vor, der – in
aktualisierter Form – Gegenstand der Verfügung vom 24. November 2009
geworden ist. Zugleich kündigt die Antragsgegnerin der Antragstellerin
Maßnahmen zur Untersagung der aus ihrer Sicht von der Antragstellerin unerlaubt
betriebenen Bankgeschäfte an. Damit entspricht der in der Vollmacht angegebene
Gegenstand demjenigen, der später zum Erlass der Verfügung vom 24. November
2009 geführt hat.
Die Verfügung vom 23. September 2010 ist als Maßnahme der
Verwaltungsvollstreckung den – nunmehrigen - Bevollmächtigten entsprechend § 7
Abs. 1 S. 2 VwZG am 27. September 2010 zugestellt worden. Zugleich ist damit
das materiellrechtliche Zustellungserfordernis in § 13 Abs. 7 S. 1 VwVG i. V. m. §
17 S. 1 FinDAG erfüllt worden. Die Antragstellerin rügt die Ordnungsmäßigkeit
dieser Zustellung im Übrigen nicht.
Der Adressat der Verfügung vom 23. September 2010 ist hinreichend klar
bezeichnet, auch wenn nicht angegeben ist, welche Person(en) die Antragstellerin
vertreten. Diesem - möglichen – Mangel kommt hier deshalb keine Bedeutung zu,
weil die Verfügung unmittelbar an die Bevollmächtigten der Antragstellerin
zugestellt wurde und auf diese Weise eine ordnungsgemäße Bekanntgabe an den
richtigen Adressaten gewährleistet ist. Die ordnungsgemäße Weiterleitung des den
Bevollmächtigten zugestellten Bescheides an ihre Mandantschaft, die
Antragstellerin, fällt dann in deren Risikobereich. Jedenfalls ergibt sich aus dem
Bescheid hinreichend klar, dass die Maßnahme gerade gegenüber der
Antragstellerin ergriffen wird. Mehr ist nicht erforderlich.
Vor Erlass der Vollstreckungsandrohung bedurfte es nach § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG
keiner – nochmaligen – Anhörung der Antragstellerin, da das Gebot der vorherigen
Anhörung nicht gilt, soweit die Behörde Maßnahmen im Rahmen der
Verwaltungsvollstreckung ergreifen will.
Die zur Vollstreckung gebrachte Anordnung in Ziff. III.2 der Verfügung vom 24.
November 2009 ist einer sofortigen Vollziehung durch Maßnahmen der
Verwaltungsvollstreckung bereits heute zugänglich, weil die Verfügung unter Bezug
auf § 44c Abs. 1 KWG erlassen wurde und deshalb nach § 49 KWG kraft Gesetzes
sofort vollziehbar ist, sodass weder der gegen diese Verfügung erhobene
Widerspruch der Antragstellerin noch die nachfolgende Anfechtungsklage
aufschiebende Wirkung entfalten (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO). Eine gerichtliche
Entscheidung zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruchs
und der nachfolgenden Anfechtungsklage entsprechend § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO ist
weder ergangen noch beantragt. Der hier zur beurteilende Eilantrag bezieht sich
lediglich auf die Verfügung vom 23. September 2010, wie sowohl die
Antragsfassung wie auch die Begründung und der beigefügte Bescheid ausweisen.
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsandrohung ist daher die
Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Maßnahme in Gestalt der Verfügung vom
24. November 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2010 zugrunde
zu legen, da Anhaltspunkte für eine eventuelle Nichtigkeit (§ 44 VwVfG) nicht
erkennbar sind. Auch ist die Regelung in Ziff. III.2 der Verfügung vom 24.
November 2009 hinreichend bestimmt (§ 37 Abs. 1 VwVfG) und damit
vollstreckungsfähig. Daher kann es auf die von der Antragstellerin vorgebrachten
Einwände gegen die Rechtmäßigkeit von Ziff. III.2 dieser Verfügung im hiesigen
Verfahren von vornherein nicht ankommen. Insbesondere ist es deshalb
unbeachtlich, ob die verlangte Herausgabe bestimmter Kundendaten mit dem in
Nordzypern geltenden Recht vereinbar ist, oder ob dieses Recht zumindest eine
Modifikation der entsprechenden Anordnung erfordert. Darüber ist lediglich im
Klageverfahren (9 K 2028/10.F), betreffend die verlangte Aufhebung der Verfügung
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Klageverfahren (9 K 2028/10.F), betreffend die verlangte Aufhebung der Verfügung
vom 24. November 2009 und des nachfolgenden Widerspruchsbescheides vom 14.
Juli 2010, zu befinden.
Die Androhung eines Zwangsgeldes stellt sich nach § 11 Abs. 1 S. 1 VwVG i. v. m.
§ 17 S. 1 FinDAG als Auswahl des richtigen Zwangsmittels dar, weil die Erfüllung
der Vorlagepflicht aus Ziff. III.2 der Verfügung vom 24. November 2009 eine
unvertretbare Handlung darstellt, die jedenfalls nicht von Mitarbeitern der
Antragsgegnerin vorgenommen werden kann und von sonstigen Dritten nur dann
vorgenommen werden könnte, wenn sie Einblick in die Unterlagen der
Antragstellerin nehmen dürfen. Einen Abwickler hat die Antragsgegnerin jedoch
nicht eingesetzt.
Es war nicht erforderlich, für jede der in Ziff. III.2 getroffenen „Teilregelungen“ ein
gesondertes Zwangsgeld anzudrohen. Die „Teilregelungen“ stellen sich nicht als
für sich selbstständige einzelne Auskunftsersuchen dar, sondern konkretisieren
nur den Gesamtumfang der von der Antragstellerin zu erteilenden Auskünfte, und
zwar nach Inhalt und Form. Es ist daher rechtmäßig, das Zwangsgeld schon dann
anzudrohen, wenn die Auskunft insgesamt nach Inhalt und Form unvollständig
erteilt wird. Eine teilweise Auskunftserteilung stellt nach dem Inhalt der zu
vollstreckenden Regelung eine Nichterfüllung des entsprechenden Gebotes
insgesamt dar, sodass die spätere Zwangsgeldfestsetzung innerhalb des durch
die Androhung gesetzten Rahmens möglich wird. Dem Grad der Erfüllung der
Auskunftspflicht kann nicht im Rahmen der Androhung, sondern nur durch die
Ermessensausübung bei der eventuellen späteren Zwangsgeldfestsetzung genügt
werden.
Die Androhung ist im Übrigen weder unverhältnismäßig noch etwa zur Unzeit
erfolgt, da die Antragstellerin hinreichend Gelegenheit hatte, die vollstreckbare
Anordnung in der Verfügung vom 24. November 2009 zu erfüllen. Im Übrigen sieht
§ 13 Abs. 2 S. 2 VwVG für den Regelfall vor, dass die jeweilige
Vollstreckungsandrohung bereits mit dem zu vollstreckenden Verwaltungsakt zu
verbinden ist, wenn dagegen gerichtete Rechtsbehelfe – wie hier - keine
aufschiebende Wirkung entfalten. Angesichts dieser Regelung ist die
Antragstellerin deutlich günstiger behandelt worden, als es der gesetzlichen Regel
entspricht, weil ihr bis zum Erlass der Vollstreckungsandrohung ein Zeitraum von
mehr als 9 Monaten eingeräumt worden ist.
Sonstige Ermessensfehler (§ 114 VwGO) sind ebenfalls nicht ersichtlich. Das gilt
insbesondere für die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes. Insoweit verdrängt §
17 S. 3 FinDAG die Regelung in § 11 Abs. 3 VwVG. Der Rahmen von 250.000,- € ist
durch die hier erfolgte Androhung nicht einmal zur Hälfte ausgeschöpft worden.
Die auf dieser Grundlage anzustellende Interessenabwägung fällt zulasten der
Antragstellerin aus, da die hier zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen die
privaten Belange der Antragstellerin eindeutig überwiegen. Wie bereits ausgeführt,
können die auf das nordzyprische Bankrecht bezogenen Einwände der
Antragstellerin in diesem Verfahren aufgrund des beschränkten
Streitgegenstandes keine Berücksichtigung finden.
Da die Antragstellerin unterliegt, hat sie gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die
Verfahrenskosten zu tragen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG. Es
erscheint angesichts der Vorläufigkeit der begehrten Entscheidung angemessen,
das Interesse der Antragstellerin mit der Hälfte des angedrohten Zwangsgeldes zu
bewerten.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.