Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 22.09.2000

VG Frankfurt: bundesbehörde, zulage, vollstreckung, vergleich, kompetenz, widerspruchsverfahren, arbeiter, sicherheitsleistung, leistungsgrund, verfahrenskosten

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Gericht:
VG Frankfurt 9.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 E 1178/00
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Leitsatz
Ministerialzulage, Gleichbehandlungsgrundsatz
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der
festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung der Stellenzulage nach Nr. 7 Abs. 1 der Anlage I
zum Bundesbesoldungsgesetz (BBesG), der sogenannten Ministerialzulage, seit
dem 01. Januar 1998. Seit diesem Zeitpunkt wird er beim Prüfungsamt des
Bundes in Frankfurt am Main eingesetzt, zuvor war er unmittelbar beim
Bundesrechnungshof, der damals noch in Frankfurt am Main seinen Sitz hatte,
eingesetzt.
Mit Schreiben vom 07. Juli 1999, auf dem Dienstweg weitergeleitet am 08. Juli
1999, beantragte der Kläger, ihm für seine Verwendung als Prüfungsbeamter beim
Prüfungsamt Frankfurt die Stellenzulage für eine Verwendung bei obersten
Bundesbehörden zu zahlen. Mit Bescheid vom 23. August 1999, dem Kläger durch
Empfangsbekenntnis zugestellt am 25. August 1999, lehnte die Präsidentin des
Bundesrechnungshofes die Zahlung der Zulage ab (Bl. 3 f. d. A.). Mit dem am 15.
September 1999 erhobenen Widerspruch machte der Kläger in der Folgezeit
geltend, die Prüfungsämter unterlägen der vollen Aufsicht des
Bundesrechnungshofes, seien daher nichtselbständige Organisationseinheiten,
insbesondere nicht in personalrechtlicher Hinsicht. Die Regelung in Nr. 7 der
Anlage I zum BBesG beziehe sich auch nicht ausschließlich auf eine Tätigkeit von
Ministerialbeamten bzw. deren Niveau, da sich dies andernfalls im Wortlaut dieser
Bestimmung wiederfände, was jedoch nicht der Fall sei. Die Tätigkeit eines
Prüfungsbeamten bei einem Prüfungsamt stehe im Hinblick auf die Funktion der
Zulage als Funktions-, Bewertungs-, Leitungs- und Anreizzulage der Tätigkeit in der
Ministerialverwaltung in nichts nach.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01. Februar 2000 (Bl. 5-7 d. A.), dem Kläger gegen
Empfangsbekenntnis am 04. Februar 2000 zugestellt, wies die Präsidentin des
Bundesrechnungshofes den Widerspruch des Klägers zurück.
Mit seiner am 29. Februar 2000 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren
weiter und verlangt insbesondere unter Berufung auf den allgemeinen
Gleichheitssatz die Zahlung einer der Ministerialzulage gleichwertigen
Stellenzulage, sollten die Voraussetzungen von Nr. 7 Abs. 1 Anlage I zum BBesG
nicht erfüllt sein. Zur Begründung vertieft der Kläger seine Ausführungen im
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nicht erfüllt sein. Zur Begründung vertieft der Kläger seine Ausführungen im
Widerspruchsverfahren und verweist auf die vollständige Dienst- und Fachaufsicht
des Bundesrechnungshofes über die einzelnen Prüfungsämter, was ihre
organisationsrechtliche Selbständigkeit ausschließe. Insbesondere besitze die
Präsidentin des Bundesrechnungshofes die alleinige Kompetenz der
Personalzuweisung. Der Bundesrechnungshof entscheide auch über die Besetzung
der Sachgebiete sowie darüber, welche Bediensteten die Prüfungsämter und deren
Sachgebiete leitete. Schließlich sei unerfindlich, weshalb sogar Angestellte und
Arbeiter bei obersten Bundesbehörden, hier z. B. dem Bundesrechnungshof, die
entsprechende Zulage erhielten, der Kläger aber trotz seiner den Beamten des
Bundesrechnungshofes gleichwertigen Tätigkeit keine solche Zulage mehr erhalte.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Präsidentin des
Bundesrechnungshofes vom 23. August 1999 und ihres Widerspruchsbescheides
vom 01. Februar 2000 zu verurteilen, ihm ab dem 01. Januar 1998 die
Stellenzulage gem. Nr. 7 Abs. 1 Anlage I zum BBesG, hilfsweise eine gleichwertige
Stellenzulage, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertieft die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und hält daran
fest, dass die Prüfungsämter eigenständige Behörden im Sinne des
Verwaltungsverfahrensrechts seien. Da der Kläger nicht zu dem Personenkreis
gehöre, den der Dienstherr durch organisationsrechtliche Zuordnung als
zulagenberechtigt bestimmt habe, könne er demzufolge keinen Anspruch auf die
Begehrte Zulage haben.
Ein Heftstreifen Verwaltungsvorgänge der Beklagten hat vorgelegen. Auf ihren
Inhalt wie den Inhalt der Gerichtsakte wird zur Ergänzung des Sach- und
Streitstandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, obwohl der Kläger entgegen § 82 Abs. 1 S. 1 VwGO keinen
zahlenmäßig bezifferten Leistungsantrag gestellt hat. Dies ist hier deshalb
unschädlich, weil einerseits der Leistungsgrund als solcher im Vordergrund des
Streits zwischen den Beteiligten steht, andererseits der Zahlbetrag mit monatlich
335,06 DM außer Streit steht, so dass der Kläger im Falle eines Erfolgs auch ohne
entsprechende Antragsfassung im Hinblick auf § 88 VwGO einen bestimmten
monatlichen Zahlbetrag zugesprochen bekommen könnte.
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg, da die angefochtenen Bescheide der
Beklagten rechtens sind und dem Kläger ein Anspruch auf die begehrte Zulage
oder eine ihr gleichwertige Leistung nicht zusteht. Zur Begründung kann auf die
zutreffenden Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen
werden (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Im Hinblick auf die Ausführungen des Klägers im gerichtlichen Verfahren wird noch
folgendes angemerkt. Nach den zutreffenden Ausführungen des
Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 28. Januar 1988 (2 C 61.86 - BVerwGE
79, 22, 23 f.), bestätigt im Urteil vom 06. April 1998 (2 C 10.87 - ZBR 1990, 124,
125) setzt die Zulagenberechtigung des Klägers im Hinblick auf Nr. 7 Abs. 1 der
Anlage I zum BBesG zwingend seine organisationsrechtliche Zuordnung zu einer
obersten Bundesbehörde voraus. Gerade daran fehlt es hier. Der Kläger ist bei
einer der obersten Bundesbehörde Bundesrechnungshof nachgeordneten
Dienststelle, dem Prüfungsamt Frankfurt am Main, beschäftigt und dieser Stelle
auch organisationsrechtlich zugeordnet. Seine frühere Verwendung beim
Bundesrechnungshof, als dieser noch seinen Sitz in Frankfurt am Main hatte,
änderte daran nichts. Der Kläger hat zwar ungeachtet der Verlegung des Sitzes
des Bundesrechnungshofes nach Bonn seinen dienstlichen Wohnsitz in Frankfurt
am Main beibehalten, zum 01. Januar 1998 jedoch die Dienststelle im
dienstrechtlichen Sinne gewechselt, indem er nunmehr nicht mehr dem
Bundesrechnungshof selbst, sondern dem ihm nachgeordneten Prüfungsamt in
Frankfurt am Main zugeordnet wurde und damit nicht mehr zu demjenigen
Personenkreis gehört, der nach Maßgabe des Wortlauts der einschlägigen
besoldungsrechtlichen Vorschrift als zulagenberichtigt anzusehen ist.
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Die Prüfungsämter nach § 20 a BRHG stellen eigenständige Behörden im
dienstrechtlichen wie auch im verwaltungsverfahrensrechtlichen Sinne dar. Es
handelt sich um der Behörde Bundesrechnungshof nachgeordnete Dienststellen
und Behörden, die ihre Aufgaben nach außen hin eigenständig wahrnehmen und
auch auf eine organisatorische Selbstständigkeit für eine gewisse Dauer hin
angelegt sind, zudem unabhängig von den Personen der jeweils dort Beschäftigten
ihre Aufgaben wahrzunehmen haben. § 20 a BRHG stellt eine eindeutige
Grundlage dafür dar, im Bereich der Rechnungsprüfung des Bundes einen
zweistufigen Verwaltungsaufbau vorzusehen. Die umfassende Dienst- und
Fachaufsicht des Bundesrechnungshofes als oberster Bundesbehörde über die
einzelnen Prüfungsämter stellt lediglich sicher, dass die einzelnen Prüfungsämter
voll in das System der Rechnungsprüfung und den dort herrschenden Grundsätzen
eingegliedert sind, ihre Aufgaben also allein im Sinne einer unabhängigen
Rechnungsprüfung wahrnehmen. Die umfassende Dienst- und Fachaufsicht ist
jedoch für sich genommen völlig ungeeignet, die Qualität der Prüfungsämter als
eigenständige Dienststellen/Behörden auch nur ansatzweise in Frage zu stellen. Es
ist vielmehr für einen mehrstufigen Verwaltungsaufbau durchaus nicht untypisch,
dass nachgeordnete Behörden/Dienststellen den vorgesetzten Behörden in vollem
Ausmaß dienstrechtlich wie auch fachaufsichtlich untergeordnet sind und insoweit
grundsätzlich über keine eigenständigen Befugnisse verfügen, sofern
entsprechende dienst- oder fachaufsichtliche Weisungen getroffen worden sind.
Entscheidend für die Stellung als selbstständige Behörde/Dienststelle ist allein, ob
und in welchem Ausmaß sie gegenüber den vorgesetzten Stellen
organisationsrechtlich verselbständigt und damit in der Lage sind, nach Außen hin
als eigenständige Organisationseinheit aufzutreten. Dass diese Eigenständigkeit
für die Prüfungsämter im Geschäftsbereich des Bundesrechnungshofes
gewährleistet ist, daran hat die Kammer keinen Zweifel.
Die Wertigkeit der Tätigkeiten des Klägers wie anderer Beschäftigter beim
Prüfungsamt Frankfurt am Main oder vergleichbarer Prüfungsämter im Vergleich
zu den Tätigkeiten beim Bundesrechnungshof als oberster Bundesbehörde selbst
spielt für die Anwendung und Auslegung von Nr. 7 Abs. 1 der Anlage I zum BBesG
keine Rolle. Ohne entsprechende organisationsrechtliche Zuordnung kommt ein
Zulagenanspruch nach dieser Vorschrift nicht in Betracht, wie das
Bundesverwaltungsgericht in seinen bereits genannten Urteilen und nach
Überzeugung der Kammer zutreffend ausgeführt hat.
Dem Kläger steht auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG kein Anspruch auf eine
gleichwertige Zulage allein unter Berufung auf die Wertigkeit seiner Tätigkeiten zu.
Die sogenannte Ministerialzulage stellt eine Stellenzulage i. S. d. § 42 BBesG dar,
wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem bereits genannten Urteil vom 06.
April 1989 ausführt. Insoweit hat der Besoldungsgesetzgeber unmittelbar von
Gesetzes wegen festgelegt, dass alle Beamten, die bei einer obersten
Bundesbehörde, nicht notwendig einem Ministerium, beschäftigt sind und dort
Aufgaben dieser Behörde wahrnehmen, eine im Vergleich zu anderen bei obersten
Bundesbehörden nachgeordneten Dienststellen tätigen Beamten höherwertige
Funktion versehen, die zur Zahlung einer nicht ruhegehaltsfähigen Stellenzulage
berechtigt. Diese Differenzierung liegt noch innerhalb des zulässigen
Gestaltungsspielraums, wie er für Bezahlungssysteme und die Bewertung von
Arbeitstätigkeiten und Verantwortlichkeiten in einem hierarchischen Gefüge
besteht. Es kann keine Rede davon sein, dass im wesentlichen gleiche
Sachverhalte aus mehr oder weniger nicht nachvollziehbaren Gründen, also
willkürlich ungleich behandelt würden. Es ist vielmehr einsichtig, dass die
Funktionen bei einer obersten Bundesbehörde als grundsätzlich höherwertig
eingestuft werden und deshalb eine Stellenzulage rechtfertigen können. Dass dies
für alle bei der obersten Bundesbehörde tätigen Beamten gilt, ist wiederum im
Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz nicht zu beanstanden, da dies auch
der Vereinfachung von Bezahlungs- und Bewertungssystemen dient. Dies
wiederum ist ein in gewissem Umfang zulässiger Differenzierungsgesichtspunkt.
Die Aufgaben des Klägers bestehen im Prüfungsamt Frankfurt am Main wie
vergleichbarer Dienststellen eben nur in der Vorbereitung der Aufgaben des
Bundesrechnungshofes als oberster Bundesbehörde und werden zudem in voller
fachaufsichtlicher Abhängigkeit von wahrgenommen. Allein dies rechtfertigt in
ausreichendem Maße die Annahme, dass die mit den Aufgaben des Klägers wie
vergleichbarer Beamter bei den Prüfungsämtern verbundene Verantwortung als
etwas geringer eingestuft wird als die Verantwortung, die den unmittelbar beim
Bundesrechnungshof als oberster Bundesbehörde tätigen Beamten zuerkannt
wird. Der Rahmen eines zulässigen Bewertungsspielraums ist damit im Hinblick auf
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wird. Der Rahmen eines zulässigen Bewertungsspielraums ist damit im Hinblick auf
Art. 3 Abs. 1 GG noch nicht verletzt.
Da der Kläger unterliegt, hat er gem. § 154 Abs. 1 VwGO die Verfahrenskosten zu
tragen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, §
708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.