Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 02.11.2007

VG Frankfurt: aufschiebende wirkung, gemeinde, markt, auflage, stadt, versorgung, gutachter, baurecht, abgrenzung, begriff

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Gericht:
VG Frankfurt 8.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 G 2535/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 80 Abs 5 VwGO, § 34 Abs 1
BauGB, § 34 Abs 2 BauGB, §
11 BauNVO, § 2 Abs 2 BauGB
Aufschiebende Wirkung einer Klage gegen eine der
Nachbargemeinde erteilten Baugenehmigung für einen
Lebensmittelmarkt
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen hat die Antragstellerin zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,-- € festgesetzt.
Gründe
Der am 04.09.2007 bei Gericht sinngemäß gestellte Antrag,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 11.07.2007
gegen die Baugenehmigung vom 27.06.2007 (Az.: 63/091 VA 03369.06/10) zur
Errichtung eines Bio-Lebensmittelmarktes auf dem Grundstück Kapellenstraße 48
- 50 in Kriftel anzuordnen,
ist unbegründet.
Für die Entscheidung des Gerichts über den Antrag eines Dritten auf Anordnung
der aufschiebenden Wirkung gilt in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5
VwGO (§ 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO) abweichend von den allgemein geltenden
Maßstäben, dass eine gerichtliche Prüfung der Rechtmäßigkeit der
Baugenehmigung nicht im vollen Umfang, sondern nur in den Grenzen der
Antragsbefugnis des Antragstellers erfolgt (§§ 42 Abs. 2, 113 Abs. 1 VwGO). Der
Dritte muss daher substantiiert dartun, dass er im Anfechtungsprozess
(Hauptsacheverfahren) geltend machen könnte, durch den Verwaltungsakt in
rechtlich geschützten Interessen verletzt zu sein.
Bauplanungsrechtlich ist das Vorhaben infolge der eher diffusen
Zusammensetzung des Baugebiets nicht nach § 34 Abs. 2 BauGB sondern nach §
34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen. Dies ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die Antragstellerin meint, dass das Vorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB unzulässig
sei, weil sich das Vorhaben hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht in die
Eigenart der näheren Umgebung einfüge, weil es sich um die Ansiedlung eines
großflächigen Einzelhandelsbetriebes handele, der in der näheren Umgebung
vorbildlos und daher rahmenüberschreitend sei.
Diese Annahme ist in mehrfacher Hinsicht unzutreffend. Die Antragstellerin
unterlässt es bereits, diese Behauptung durch Vergleichsberechnungen der
umliegenden Märkte zu belegen, denn offensichtlich sind zumindest vergleichbar
große Märkte in der näheren Umgebung bereits vorhanden (Aldi, Lidl und Rewe).
Selbst aber, wenn die Annahme zuträfe, dass es sich bei der Ansiedlung des
Alnatura Lebensmittelmarktes um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb
handelte, so könnte die Antragstellerin hieraus kein Abwehrrecht herleiten. Sie
stützt sich dabei darauf, dass sie einen Anspruch auf die Wahrung des
Gebietscharakters habe und sich dieser durch die Ansiedlung des vermeintlich
großflächigen neuen Lebensmittelmarktes verändere, sich das Gebiet damit
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großflächigen neuen Lebensmittelmarktes verändere, sich das Gebiet damit
einem Kern- oder Sondergebiet annähere.
Dabei übersieht die Antragstellerin, dass nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben i.S.v. §
34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss, jeweils
unabhängig voneinander zu prüfen sind. Fügt sich etwa ein Vorhaben seiner Art
nach ein, so kommt es im Rahmen der Prüfung, ob es sich auch seinem Maße
nach einfügt, nicht mehr erneut auf seine Art an, also darauf, welches Maß von
anderen baulichen Anlagen gleicher Art in der näheren Umgebung bereits
verwirklicht ist (BVerwG, Beschluss vom 06.11.1997, 4 B 172/97, zitiert nach juris,
Leitsatz 1). Ob sich ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB
in die Eigenart seiner diffus geprägten näheren Umgebung einfügt, ist allein nach
den Merkmalen Nutzungsart, Maß der baulichen Nutzung, Bauweise und
Grundstücksüberbauung zu beurteilen, während die in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und
Satz 2 BauNVO bezeichneten, über die nähere Umgebung hinausreichenden
städtebaulichen Auswirkungen für die Beurteilung des Einfügens nach § 34 Abs. 1
BauGB nicht maßgebend sind (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.12.2006, 7
A 964/05, zitiert nach juris, RdNr. 96).Schließlich verkennt die Antragstellerin, dass
nur derjenige einen Anspruch auf die Wahrung des Gebietscharakters hat, der im
selben Gebiet ansässig ist. Der Ortsteil, in dem der Bebauungszusammenhang
nach § 34 Abs. 1 BauGB festzustellen ist, ist auf das Gebiet einer Gemeinde
begrenzt, so dass derjenige, der in einer anderen Gemeinde ansässig ist, die
Einhaltung des Gebietscharakters in einem Bauzusammenhang im Ortsteil einer
Nachbargemeinde nicht begehren kann. Die Gemeindegrenze bestimmt ohne
weiteres das Ende des maßgeblichen Bebauungszusammenhangs, selbst dann,
wenn sich derselbe Bebauungszusammenhang in der Nachbargemeinde und ohne
Unterbrechung fortsetzt, wie dies vorliegend der Fall ist.
Die in § 34 Abs. 1 BauGB normierten Zulassungsvoraussetzungen beziehen sich in
örtlicher Hinsicht sämtlich auf das Gebiet der Standortgemeinde. Sie sind einer
Anreicherung durch nachbargemeindliche Belange, an die allein ein Drittschutz der
Nachbargemeinde anknüpfen könnte, nicht zugänglich (Hess. VGH, Beschluss
vom 18.08.2005, 9 UZ 1170/05, zitiert nach juris RdNr. 26).
Die Baugenehmigung verstößt auch nicht gegen § 34 Abs. 3 BauGB, wie die
Antragstellerin geltend macht. Nach dieser Bestimmung dürfen von Vorhaben
nach Abs. 1 oder Abs. 2 keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale
Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten
sein.
Zentrale Versorgungsbereiche sind räumlich abgrenzbare Bereiche einer
Gemeinde, denen auf Grund vorhandener Einzelhandelsnutzungen - häufig
ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote - eine
bestimmte Versorgungsfunktion für die Gemeinde zukommt. Ein
Versorgungsbereich setzt mithin vorhandene Nutzungen voraus, die für die
Versorgung der Einwohner der Gemeinde - gegebenenfalls auch nur eines Teils
des Gemeindegebiets - insbesondere mit Waren aller Art, von Bedeutung sind
(OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.12.2006, Az.: 7 A 964/05 - zitiert nach
juris RdNr. 109; ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.06.2007, Az.: 10
A 2439/06 - zitiert nach juris RdNr. 47).
Der 7. Senat des OVG Nordrhein-Westfalen, dem die beschließende Kammer folgt,
führt hierzu weiter aus, dass Versorgungsbereiche nicht nur dann „zentral“ sind,
wenn sie nach Lage, Art und Zweckbestimmung der gemeindeweiten bzw.
übergemeindlichen Versorgung dienen, sondern auch dann, wenn die Bereiche für
die Grund- oder Nahversorgung zentrale Bedeutung haben. Dabei ist das Adjektiv
zentral nicht etwa rein geografisch zu verstehen, etwa in dem Sinne, dass es sich
um einen räumlich im Zentrum der jeweiligen Gemeinde gelegenen Bereich
handeln muss - etwa die Innenstadt -, vielmehr hat es eine funktionale Bedeutung:
Danach muss dem Bereich die Bedeutung eines Zentrums für die Versorgung
zukommen. Daraus folgt, dass eine bloße Agglomeration von
Einzelhandelsnutzungen in einem räumlich abgrenzbaren Bereich diesen allein
noch nicht zu einem zentralen Versorgungsbereich macht.
Dabei sind drei unterschiedliche Typen zentraler Versorgungsbereiche zu trennen:-
Innenstadtzentren, die einen größeren Einzugsbereich, in der Regel das gesamte
Stadtgebiet und gegebenenfalls sogar darüber hinaus ein weiteres Umland,
versorgen und in denen regelmäßig ein breites Spektrum von Waren für den lang-,
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versorgen und in denen regelmäßig ein breites Spektrum von Waren für den lang-,
mittel- und kurzfristigen Bedarf angeboten wird, - Nebenzentren, die einen
mittleren Einzugsbereich, zumeist bestimmte Bezirke größerer Städte, versorgen
und in denen zumindest ein breiteres Spektrum von Waren für die mittel- und
kurzfristigen, gegebenenfalls auch den langfristigen Bedarf angeboten wird, -
Grund- und Nahversorgungszentren, die einen kleineren Einzugsbereich, in der
Regel nur bestimmte Quartiere größerer Städte bzw. gesamte kleinere Orte,
versorgen und in denen regelmäßig vorwiegend Waren für den kurzfristigen Bedarf
und gegebenenfalls auch für Teilbereiche des mittelfristigen Bedarfs, angeboten
werden.
Keines dieser schutzwürdigen Zentren existiert derzeit auf dem Gebiet der
Antragstellerin, wobei sich das Gericht hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen
auf die eigenen Angaben der Antragstellerin, insbesondere in dem Gutachten der
Gesellschaft für Wettbewerbsforschung und Handelsentwicklung GWH Dr.
Lademann und Partner vom Oktober 2000 stützt, in der die Perspektiven der
Einzelhandelsentwicklung der Stadt Hofheim untersucht wurden.
Die Antragstellerin verkennt den zuvor erläuterten Begriff des zentralen
Versorgungsbereiches, wenn sie der Innenstadt Hofheims im Bereich um den
Chinonplatz, Altstadt automatisch die Qualität eines zentralen
Versorgungsbereichs zumisst, wie sie dies in ihrem Antragsschriftsatz tut, wenn
sie formuliert: „Die Innenstadt (Bereich um den Chinonplatz, Altstadt) - und damit
zentrale Versorgungsbereiche - ... (Bl. 3 der Antragsschrift, Bl. 41 GA). Die
Innenstadt Hofheims wäre nur dann ein zentraler Versorgungsbereich, wenn es
sich um einen räumlich abgrenzbaren Bereich handelte, dem auf Grund
vorhandener Einzelhandelsnutzungen eine bestimmte Versorgungsfunktion für die
Gemeinde zukäme, so dass festzustellen wäre, dass es sich um ein
Innenstadtzentrum, ein Nebenzentrum oder ein Grund- und
Nahversorgungszentrum handelt. Dabei ist die Frage, ob ein "zentraler
Versorgungsbereich" vorliegt, nicht anders zu beurteilen, als die Frage, ob ein "im
Zusammenhang bebauter Ortsteil“ i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB vorliegt; es handelt
sich um eine Rechtsfrage und keine Tatsachenfrage, die der Klärung durch ein
Sachverständigengutachten zugänglich wäre (so ausdrücklich: OVG Nordrhein-
Westfalen, Az.: 7 A 964/05, zitiert nach juris RdNr. 108).
Dem Innenstadtbereich der Stadt Hofheim kommt - die hier allein in Betracht
kommende die Funktion eines Grund- und Nahversorgungszentrums nicht zu,
wobei auf eine präzise räumliche Abgrenzung des Innenstadtbereichs mangels
Vorliegens der übrigen Voraussetzungen für ein zentrales Versorgungszentrum
verzichtet werden kann. In der Innenstadt lagen im Jahr 2000 ausweislich des GWH-
Gutachtens lediglich zwei Einzelhandelsbetriebe mit einer Verkaufsfläche von
insgesamt 1.770 m², die der Grund- und Nahversorgung, also insbesondere der
Versorgung für den kurzfristigen Bedarf dienen, nämlich ein HL-Markt und ein
kettenunabhängiger Lebensmittelversorger „Buch der Markt“. Die Größe der
Verkaufsfläche ist dabei den Angaben in dem GWH-Gutachten auf Seite 38 zu
entnehmen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass es sich bei dem einen der Betriebe
um einen Supermarkt handelt, dessen Verkaufsfläche gemittelt wurde. Bei seinen
Erhebungen hat der Gutachter im Gemeindegebiet der Stadt Hofheim insgesamt
fünf Supermärkte vorgefunden, deren mittlere Verkaufsfläche 520 m² betrug.
Der HL-Markt im Stadtbereich existiert nicht mehr, wie dem Gutachten des
Planungsbüros Holger Fischer, dem in diesem Punkt von der Antragstellerin nicht
widersprochen wird, zu entnehmen ist.
Damit existiert im Innenstadtbereich nur noch ein einziger Betrieb des
Lebensmitteleinzelhandels mit einer Verkaufsfläche von 1.250 m². Der sowohl in
dem Gutachten des Planungsbüros Fischer genannte Rewe-Markt in der
Homburger Straße zählt nicht mehr zum Innenstadtbereich, da er nordöstlich der
Zeilsheimer Straße gelegen ist, die die Stadt Hofheim als Hauptverkehrsader an
dieser Stelle räumlich trennt. Dieser Markt entspricht dem im GWH-Gutachten aus
dem Jahre 2000 aufgeführten HL-Markt. Im übrigen geht das Gutachten des
Planungsbüros Fischer ebenfalls davon aus, dass in der Innenstadt von Hofheim
darüber hinaus lediglich zwei kleinere Drogeriemärkte der Firmen Schlecker und
DM sowie diverse kleinflächige und nicht institutionelle Lebensmittelbetriebe
ansässig sind, die der Gutachter ebenfalls weitestgehend vernachlässigt.
Weiteren kleineren Betrieben im Gebiet der Stadt Hofheim, insbesondere den
Betrieben des Lebensmittelhandwerks, misst auch das GWH-Gutachten keine
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Betrieben des Lebensmittelhandwerks, misst auch das GWH-Gutachten keine
entscheidende Bedeutung zu (Bl. 37 des Gutachtens). Die anderen in dem
Gutachten angeführten Geschäfte, die ein nahversorgungsrelevantes Sortiment
bieten, sind diffus über das Gemeindegebiet Hofheims verteilt, so dass sie keinem
abgrenzbaren Bereich zuzuordnen sind, zumal nicht dem Innenstadtbereich, den
die Antragstellerin selbst als schützenswerten zentralen Versorgungsbereich
bewertet wissen will.
Die Antragstellerin selbst führt aus, dass die Situation des Einzelhandels in
Hofheim z.B. durch Defizite innerhalb der Infrastruktur geprägt sei, die aus
Verbrauchersicht darin bestünden, dass sie auf eine ungenügende
Angebotssituation treffe und keine ausreichenden innerstädtische Parkplätze zur
Verfügung stünden (GWH-Gutachten Seite 23; Antragsschriftsatz Seite 4 - Bl. 42
der GA). Die Verkaufsflächendichte liege deutlich unter dem Bundesdurchschnitt
und zeuge von einer geringen Mittelpunktsfunktion der Lebensmittelbetriebe im
Raum Hofheim. Auf der Grundlage ihrer eigenen Ausführungen und
Untersuchungen kann ausgeschlossen werden, dass dem Innenstadtbereich oder
irgendeinem anderen Bereich Hofheims die Funktion eines zentralen
Versorgungsbereichs für die Grund- und Nahversorgung zuzumessen ist.
Würde man auf die qualifizierenden Merkmale für den zentralen
Versorgungsbereich verzichten, würde dies dazu führen, dass der von § 34 Abs. 3
BauGB beabsichtigte Schutz zentraler Versorgungsbereiche der Sache nach auf
einen individuellen Schutz einzelner Betriebe vor der Ansiedlung von Konkurrenz in
seinem Einzugsbereich hinausliefe (so ausdrücklich OVG Nordrhein-Westfalen,
zitiert nach juris RdNr. 121). Genau das begehrt die Antragstellerin für ihren
Innenstadtbereich, von dem sie selbst behauptet, dass er mit seinem viel zu
geringen Angebot kaum in der Lage sei, eine „Mittelpunktsfunktion“ und sei es
auch nur bei den Lebensmittelbetrieben zu erfüllen (Bl. 37 des GWH-Guthachtens).
Letztlich begehrt die Antragstellerin Schutz vor Konkurrenz für eines auf der
Grundlage ihrer eigenen Untersuchung nicht konkurrenzfähigen Angebots im
Innenstadtbereich.
Dabei erschließt sich dem Gericht nicht, warum die Antragstellerin auch den
Bereich um den Chinonplatz als zentralen Versorgungsbereich Hofheims
verstanden wissen will. Es ist gerichtsbekannt, dass sich der Chinonplatz als
innerstädtische Brache darstellt, deren Bebauung bisher gescheitert ist. Auf den
Antrag einer Nachbarin hin, hat die beschließende Kammer die aufschiebende
Wirkung des Widerspruchs der Nachbarin gegen die Baugenehmigung angeordnet,
ohne dass gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt worden wäre. Darüber
hinaus hat der Investor die beabsichtigte großflächige Bebauung mit dem
Einzelhandelszentrum "Chinonplatz-Arkaden" offenbar aufgegeben. Das
großflächige Bauvorhaben sah im Untergeschoss die Ansiedlung eines großen
Einzelhandels, im Erdgeschoss sieben Einzelhandelsgeschäfte sowie in den drei
darüber liegenden Geschossen Parkebenen vor (VG Frankfurt, Beschluss vom
11.10.2006 - 8 G 3096/06 (2)). Derzeit sucht die Antragstellerin nach einem
neuen, tragfähigen Konzept für die Bebauung des Chinonplatzes. Es bedarf keiner
weiteren Ausführungen dazu, dass ein solcher innerstädtischer Bereich weder die
Attraktivität der Innenstadt steigert noch in der Lage ist, irgendeine
Versorgungsfunktion zu erfüllen.
Letztlich ist festzustellen, dass die von der Antragstellerin vorgelegten
Untersuchungen und gutachterlichen Stellungnahmen zum voraussichtlichen
Kaufkraftabfluss ebenso wie das den Ausschluss schädlicher Auswirkungen
belegen sollende Verträglichkeitsgutachten der Beigeladenen weder ausreichend
noch notwendig sind, um die baurechtliche Zulässigkeit beurteilen zu können. Bei
der Frage, ob „schädliche Auswirkungen auf einen zentralen Versorgungsbereich
zu erwarten“ sind, geht es nicht um die Ermittlung von Tatsachen, die einer
Beurteilung durch Sachverständigengutachten zugänglich wären, sondern um die
ausschließlich vom Gericht vorzunehmende rechtliche Beurteilung, ob ein
bestimmter Sachverhalt die Merkmale der Rechtsbegriffe „schädliche
Auswirkungen“ und „zu erwarten“ erfüllt (OVG Nordrhein-Westfalen, Az.: 7 A
969/05, zitiert nach juris RdNr. 143). Mit dem Begriff „schädliche Auswirkungen“
wählt der Gesetzgeber eine Formulierung, die zum Ausdruck bringt, dass die
Feststellung bloßer Auswirkungen allein nicht ausreichen kann, um dieses
Tatbestandsmerkmal bejahen zu können. Die Auswirkungen müssen auf den
betreffenden Versorgungsbereich negativ einwirken. Entscheidend ist, dass nach §
34 Abs. 3 BauGB im unbeplanten Innenbereich solche Vorhaben nicht zulässig
sind, die wegen der von ihnen ausgehenden, über die nähere Umgebung i.S.v. §
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sind, die wegen der von ihnen ausgehenden, über die nähere Umgebung i.S.v. §
34 BauGB hinausreichenden (Fern-) Wirkungen beachtliche Funktionsstörungen in
bestimmten zentralen Versorgungsbereichen erwarten lassen.
Dabei kommt es hinsichtlich dieses Kriteriums der beachtlichen Funktionsstörung
nicht maßgeblich auf die von den Beteiligten in den Vordergrund gestellten
prognostizierten Umsatzumverteilungen an. „Auch bei § 34 Abs. 3 BauGB ist -
nicht anders als sonst im Baurecht - primär auf baurechtlich relevante und vom
Baurecht erfasste Vorhabensmerkmale abzustellen, die durch die für das
Vorhaben zu erteilende Baugenehmigung auch gesteuert werden könnten. Hierzu
gehört bei allen Einzelhandelsnutzungen neben dem Warenangebot insbesondere
die Verkaufsfläche. Diese ist maßgebliches Kriterium für die Abgrenzung zwischen
großflächigen und nicht großflächigen Einzelhandelsbetrieben.“ (OVG Nordrhein-
Westfalen, zitiert nach juris, RdNr. 155).
Umsatzumverteilungen treten bei jeder Neuansiedlung von Versorgungsbetrieben
ein, weil die Kaufkraft nicht beliebig vermehrbar ist und beim Hinzutreten von
Mitbewerbern der Umsatz der anderen Marktteilnehmer zwangsläufig schrumpft,
da sich die Kaufkraft nunmehr auf mehr Bewerber als früher verteilt. Solche
Umsatzverteilungen sind allesamt baurechtlich nicht relevant und stellen kein
geeignetes Kriterium für die Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit
dar.
Das OVG Nordrhein-Westfalen weist auch zu Recht auf die Fragwürdigkeit der
gutachterlichen Versuche hin, objektive Aussagen über voraussichtliche
Umsatzverteilungen zu machen. Diesen Bedenken an der Aussagekraft
gutachterlicher Berechnungen zur Umsatzverteilung, die auch in der Literatur
geäußert werden (Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel, RdNr. 333 f.),
schließt sich das Gericht an. Der Bauherr wird zumeist gutachterlich belegen, dass
die zu erwartende Umsatzumverteilungsquote unter 10 % liegt (Kuschnerus, RdNr.
333), während die die planungsrechtliche Zulässigkeit bezweifelnde Seite
gutachterlich regelmäßig wird belegen können, dass die
Umsatzumverteilungsquote über der üblicherweise gesetzten 10 % Quote liegt.
Damit hält das Gericht auch die Praxis der Bauaufsichtsbehörde der
Antragsgegnerin für unzulässig, die sich bei der Beurteilung der schädlichen
Auswirkungen i.S.d. § 34 Abs. 3 BauGB allein auf die Vorlage des Gutachtens der
Beigeladenen stützt und die Schädlichkeit verneint. Durch die Vorlage eines
solchen Gutachtens wird die Bauaufsichtsbehörde nicht davon entbunden,
eigenverantwortlich zu prüfen und zu beurteilen, ob die Tatbestandsmerkmale des
§ 34 Abs. 3 BauGB vorliegen (Kuschnerus, RdNr. 334). Die baurechtlich
maßgebliche Prüfungsfolge hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in
überzeugender Weise dargelegt.
Mangels Vorliegens eines zentralen Versorgungsbereiches im Gemeindegebiet der
Antragstellerin brauchen vorliegend die Auswirkungen der - in der zitierten
Entscheidung des 7. Senats für maßgeblich erachteten - neugeschaffenen
Verkaufsfläche unter Berücksichtigung der Entfernung zum vermeintlich zu
schützenden zentralen Versorgungsbereich im Gebiet der Antragstellerin unter
Zugrundelegung der dort vorzufindenden Verkaufsfläche gleicher Art nicht erörtert
werden.
Die Antragstellerin meint weiterhin, durch das Vorhaben werde das Gebot der
interkommunalen Abstimmung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB verletzt. Dabei sei
davon auszugehen, dass sich eine Nachbargemeinde, hier also die Antragstellerin,
nicht nur darauf berufen könne, ein aufgestellter Bauleitplan sei nicht ausreichend
mit ihr materiell abgestimmt worden, sondern auch darauf, dass im Hinblick auf
das Abstimmungsgebot eine an sich erforderliche Bauleitplanung unterblieben sei
und stützt sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
(Urteil vom 01.08.2002, 4 C 5.01, NVwZ 2003, 86).Diese Auffassung ist
unzutreffend. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts trägt die
Rechtsansicht der Antragstellerin nicht. Die Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts betraf die Zulassung eines Außenbereichsvorhabens
und ist auf diesen Fall deshalb nicht anwendbar. Bestehe im Verhältnis
benachbarter Gemeinden ein qualifizierter Abstimmungsbedarf i.S.d. § 2 Abs. 2
BauGB, so sei dies ein starkes Anzeichen dafür, dass die in § 35 Abs. 3 BauGB
aufgeführten Zulassungsschranken nicht ausreichten, um ohne Abwägung im
Rahmen einer förmlichen Planung eine Entscheidung über die Zulässigkeit des
beabsichtigten Vorhabens treffen zu können.
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Die Zulassung eines Außenbereichsvorhabens könne am öffentlichen Belang des
Planungserfordernisses scheitern, weil § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB mit seinen dort
aufgezählten öffentlichen Belangen nur beispielhaften Charakter habe. Zu den
nicht benannten öffentlichen Belangen könne auch das Erfordernis einer
förmlichen Planung gehören.
Diese Rechtsprechung lässt sich auf § 34 BauGB nicht übertragen (so
ausdrücklich: Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, RdNr. 434). Die
Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB wird allein dadurch
bestimmt, ob sich das Vorhaben im Sinne dieser Vorschrift in die Eigenart der
näheren Umgebung einfügt. In diesem Falle ist es nach der gesetzgeberischen
Wertung zuzulassen. Im Rahmen dieser gebundenen Entscheidung ist kein Raum
für eine Abwägung widerstreitender interkommunaler Interessen, und auch kein
Raum für die Berücksichtigung der Ziele der Raumordnung, die im Geltungsbereich
von § 34 BauGB keinerlei Steuerungswirkung entfalten (ebd., RdNr. 426, 427).
Die Antragstellerin meint weiter, sie könne sich zum Schutz ihrer eigenen, an den
raumordnerischen Zielen ausgerichteten Bauleitplanung gegen eine ihre
zentralörtliche Funktion störende raumordnungswidrige Planung einer anderen
Gemeinde verteidigen und stützt sich hierzu auf eine Entscheidung des OVG
Lüneburg (Beschluss vom 30.11.2005, 1 ME 172/05).
In dieser Entscheidung hat das Gericht, soweit der dort entschiedene Fall
überhaupt einen mit der hier zu beurteilenden Sachverhaltsgestaltung
vergleichbaren Fall zum Inhalt hatte, es ausdrücklich offen gelassen, ob § 2 Abs. 2
Satz 2 Alternative 1 BauGB nur dann zu Gunsten der Nachbargemeinde eingreift,
wenn das in Rede stehende Vorhaben störende Auswirkungen auf ihre zentralen
Versorgungsbereiche hat oder haben kann (Leitsatz 5, zitiert nach juris).
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, dem sich das Gericht insoweit
anschließt, hat hierzu ausgeführt, dass eine Nachbargemeinde Rechtsschutz
gegen die Zulassung eines Einzelvorhabens nur dann begehren kann, wenn die -
rechtswidrige - Zulassungsentscheidung auf einer Verletzung des
interkommunalen Abstimmungsgebots i.S.d. § 2 Abs. 2 BauGB beruht und von
dem Vorhaben unmittelbar negative Auswirkungen gewichtiger Art auf eine
konkrete und schutzwürdige städtebauliche Konzeption ausgehen können (VGH
Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.04.2007 - 8 S 2835/06 - zitiert nach juris).
Unmittelbare negative Auswirkungen dieser gewichtigen Art könnten darin liegen,
dass die Funktions- und Entwicklungsfähigkeit des in dem Einzelhandelskonzept
der dortigen Antragstellerin vorgesehenen und gesicherten
Nahversorgungsstandorts mit zentralörtlicher Versorgungsfunktion beeinträchtigt
würden. Dies wurde allerdings verneint, weil der fragliche Nahversorgungsstandort
nicht (mehr) existent und auch nicht entwicklungsfähig war.
Gehen von dem Vorhaben keine unmittelbar negativen Auswirkungen gewichtiger
Art auf eine konkrete und schutzwürdige städtebauliche Konzeption aus, so
gewährt § 2 Abs. 2 BauGB auch kein Abwehrrecht. Das "gemeindenachbarliche
Rücksichtnahmegebot" ist dann nicht verletzt. Hieran vermag auch der von der
Antragstellerin mehrfach zitierte Einzelhandelserlass vom 20.01.2003 (StAnz.
5/2003 S. 453) nichts zu ändern.
Selbst unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Antragstellerin, dass ihr §
2 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 BauGB ein unmittelbares Abwehrrecht auch bei
Bauplanungsvorhaben nach § 34 BauGB gäbe, griffe ein Berufen auf diese
Vorschrift vorliegend nicht durch, weil die Innenstadt Hofheims gerade kein
zentraler Versorgungsbereich ist.
Zur Fassung des § 34 Abs. 1 BauGB 1987 hat der Hessische
Verwaltungsgerichtshof im Übrigen ausgeführt, es sei nicht zu beanstanden, dass
in § 34 Abs. 1 BauGB die Berücksichtigung nachbargemeindlicher Belange vom
Gesetzgeber nicht vorgesehen sei. Dem Bundesgesetzgeber sei es
verfassungsrechtlich unbenommen, davon auszugehen, dass die Gemeinden beim
Vorliegen eines Abstimmungsbedarfs im Sinne des § 2 Abs. 2 BauGB ihrer
Planungspflicht nach § 1 Abs. 3 BauGB grundsätzlich nachkommen werden und
dass Rechtsverstößen durch die Möglichkeit der Kommunalaufsicht hinreichend
begegnet werden könne (Hess. VGH, Beschluss vom 18.08.2005, 9 UZ 1170/05,
zitiert nach juris RdNr. 27).
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Im vorliegenden Verfahren kann auch offen bleiben, ob ein bei der
Zulassungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 BauGB beachtlicher zentraler
Versorgungsbereich nur dann zu bejahen ist, wenn ihm auf Grund tatsächlich
vorhandener Einzelhandelsbetriebe eine bestimmte, gegebenenfalls durch
gemeindliche Planung gestützte, Versorgungsfunktion zukommt oder ob ein
solcher Versorgungsbereich bereits dann anzunehmen ist, wenn in dem
betreffenden Gebiet jedenfalls nach den planerischen Zielvorstellungen der
Gemeinde solche Einzelhandelsnutzungen verstärkt angesiedelt werden sollen
(diese Frage ebenfalls offen lassend: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom
11.12.2006, 7 A 964/05, zitiert nach juris RdNr. 109).
Ein Einzelhandelsentwicklungsprogramm, dessen Zielvorstellungen mindestens
planerisch umgesetzt worden wären und damit als gesichert angesehen werden
könnten, existiert offenbar nicht. Die Antragstellerin macht hierzu keinerlei
Ausführungen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass das Gutachten der GWH, das
den Titel Grundlagenuntersuchung und Entwicklungskonzept trägt, kein solches
darstellt, weil es durch gemeindliche Beschlüsse und entsprechende Pläne nicht
umgesetzt wurde. Auch in der Stellungnahme von Dr. Lademann und Partner vom
Juni 2007 zur gutachterlichen Stellungnahme des Planungsbüros Fischer bestätigt
der Gutachter in der Vorbemerkung (1.1) die bereits im Jahr 2000 von ihm
festgestellten Defizite in der Nahversorgung in Hofheim. Er beschreibt dort
sodann, es sei kommunales Planungsziel der Antragstellerin, den sehr hohen
Kaufkraftabfluss in benachbarte Gemeinden zu verringern, um dadurch die eigene
raumordnerisch vorgesehene Funktion besser erfüllen zu können und verweist
dann im folgenden auf Seite 12 darauf, dass bereits seit etlichen Jahren die
Stärkung der mittelzentralen Funktion Hofheims in der Planung sei, ohne dies in
irgendeiner Art und Weise zu belegen.
Allein aus dem Umstand, dass der Regionalplan Südhessen Hofheim die Funktion
eines Mittelzentrums, Kriftel aber nur die Funktion eines Unterzentrums zuweist,
kann die Antragstellerin subjektive Rechte nicht herleiten, solange die
Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 BauGB nicht erfüllt sind. Im Übrigen sind selbst
großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe mit
mehr als 1.200 m² Geschossfläche in Unter- und Kleinzentren nicht vollständig
ausgeschlossen, wie der Hessische Verwaltungsgerichtshof zur Zielfestlegung in
Nr. 2.4.3 - 2 des Regionalplans Südhessen 2000 festgestellt hat (HessVGH, Urteil
vom 25.09.2006 - 9 N 844/06, zitiert nach juris Leitsatz 2). An dieser Stelle ist
allerdings darauf hinzuweisen, dass es keine Gründe für die Annahme der
Antragstellerin gibt, die Bauvorhaben Alnatura-Markt und Drogeriemarkt als
Einheit zu sehen. Dass mehrere Bauvorhaben auf einem Grundstück zur
Ausführung kommen, ist nichts besonderes und insbesondere nicht unzulässig.
Die Antragstellerin wird auch nicht dadurch in eigenen Rechten verletzt, dass die
Verkaufsfläche unrichtigerweise mit 665,5 m² berechnet wurde. Ebenso wenig ist
die Baugenehmigung in einem wesentlichen Punkt unbestimmt, was zu ihrer
Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit führen würde.
Die von der Antragstellerin gerügte Unbestimmtheit wird daraus hergeleitet, dass
es in einer Auflage zur Baugenehmigung heiße, die zulässige Verkaufsfläche für
das gesamte Gebäude werde auf 665,5 m² begrenzt, während die Antragstellerin
die Ansicht vertritt, die Verkaufsfläche des Alnatura Marktes übersteige bei weitem
800 m².
Die Auflage, die zulässige Verkaufsfläche werde auf 665,5 m² begrenzt, stellt keine
Widersprüchlichkeit dar. Die Auflage korrespondiert ersichtlich mit der Berechnung
des Verkaufsraumes in den Plänen, der 665,5 m² groß ist. Die Auflage ist unschwer
dahingehend zu verstehen, dass über die in den Plänen als Verkaufsraum
bezeichnete Fläche hinaus, keine weitere Verkaufsfläche geschaffen werden darf.
Dies verhindert beispielsweise das Anbieten von Waren im Außenbereich.
Eine Rechtsbeeinträchtigung der Antragstellerin folgt auch nicht dadurch, dass die
Bauaufsichtsbehörde der Antragsgegnerin die Verkaufsfläche tatsächlich falsch
berechnet hat, weil sie es unterlassen hat, warenfreie Zonen auf die
Verkaufsfläche anzurechnen. Dabei irrt die Antragstellerin aber, wenn sie meint,
der Kassenbereich einschließlich des Kassenvorraumes sei nicht mit einberechnet
worden. Ausweislich der Bauvorlagen ist dies nämlich geschehen. Zutreffend weist
sie aber darauf hin, dass der Windfang mit einer Fläche von 19,5 m² nicht
eingerechnet wurde.
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Darüber hinaus sind weitere zur Verkaufsfläche zu rechnenden Bereiche
unberücksichtigt geblieben, ohne dass dies von der Antragstellerin gerügt worden
wäre. Die sogenannten warenfreien Zonen wie Kassenzone, Wareneinpack- und
Verpackungsentsorgungszone sowie Ein - und Ausgangsbereich (Windfang) zählen
zur Verkaufsfläche, denn auch sie prägen in städtebaulicher Hinsicht die
Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Betriebes (Bayerischer VGH München,
Urteil vom 05.02.2007, 2 BV 05.1571 - zitiert nach juris). Damit zählt aber auch
das Bistro mit 110,94 m² Fläche sowie die für die Öffentlichkeit vorgesehenen WC-
Anlagen mit 3,26 und 4,34 m² zur Verkaufsfläche, denn auch sie steigern die
Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs. Es errechnet sich so eine
Verkaufsfläche von 803,54 m². Hinzuzurechnen ist üblicherweise auch die
überdachte Stellfläche für die Einkaufswagen, die bei zahlreichen Märkten neben
dem Eingangsbereich unter dem Vordach vorzufinden sind, aber vorliegend nicht
in den Bebauungsplänen enthalten sind. Der Bayerische VGH hat hierzu
ausgeführt:
„Die von der Rechtsprechung für die Anrechnung der o.a. „warenfreien Zonen“ auf
die Verkaufsfläche maßgeblichen Gründe gelten in gleicher Weise für die dem
Abstellen der Einkaufswagen dienende Stellfläche. Beim System der
Selbstbedienung erscheint der räumliche Bereich vor der Zugangsschranke und
hinter der Kasse nur wegen der Besonderheiten dieser Verkaufsform als vom
eigentlichen Verkaufsraum abtrennbar. In einem Laden, in dem der Kunde
herkömmlich bedient wird, besteht eine derartige räumliche Abtrennung nicht. Die
Einkaufswagenzone gehört deshalb ebenfalls generell zur Verkaufsfläche und zwar
unabhängig davon, ob sich diese Abstellfläche im Gebäude oder, wie hier,
außerhalb des Gebäudes unmittelbar neben dem Eingangsbereich unter einem
Vordach befindet, wie es mittlerweile für diese Verkaufsform geradezu typisch
geworden ist“.
Die Folge der Auflage, wonach die Verkaufsfläche beschränkt wird, führt daher
dazu, dass die Bauaufsichtsbehörde daran gehindert sein wird, eine etwaige
Nachbeantragung des Aufstellens der Einkaufswagen im Außenbereich zu
genehmigen, so dass diese, sofern dies beabsichtigt sein sollte, derzeit nur im
Verkaufsraum aufgestellt werden dürfen. Der Baubeschreibung ist insoweit nichts
zu entnehmen und die Pläne vermeiden hierzu eine Aussage.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin als Unterliegende nach § 154
Abs. 1 VwGO zu tragen.
Die Kosten der Beigeladenen sind zu erstatten, da die Beigeladene einen eigenen
Antrag gestellt und damit ein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3
VwGO), so dass es der Billigkeit i.S.d. § 162 Abs. 3 VwGO entspricht, sie für
erstattungsfähig zu erklären.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf dem Streitwertkatalog für die
Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, Seite 1327), der für Anfechtungen von
Baugenehmigungen durch Nachbargemeinden einen Betrag von 30.000 € für
angemessen hält, wobei dieser Betrag wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung
im Eilverfahren halbiert wird.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.