Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 06.12.2000

VG Frankfurt: aufschiebende wirkung, öffentliches interesse, verfügung, flughafen, behörde, bestimmtheit, mangel, bedürfnis, mitbestimmung, rechtswidrigkeit

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Gericht:
VG Frankfurt 9.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 G 5763/00 (V)
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 27 Abs 1 BBG, § 37 Abs 1
VwVfG, § 7 BPersVG, § 69 Abs
1 BPersVG, § 76 Abs 1 Nr 5
BPersVG
(Mitbestimmung bei Tätigkeitsbereich eines abgeordneten
Beamten; Abbruch des Verfahrens)
Leitsatz
Die Aufgabe der künftigen Tätigkeit eines abgeordneten Beamten ist notweniger Inhalt
der Abordnungsverfügung jedenfalls dann, wenn der Beamte der Abordnung nicht
zustimmt.
Die Entscheidung über den Abbruch eines personalvertretungsrechtlichen
Beteiligungsverfahrens ist personalvertretungsrechtlicher Natur und muss vom
Dienststellenleiter oder einem personalvertretungsrechtlich zuständigen Vertreter
getroffen werden.
Zur Beachtlichkeit von Zustimmungsverweigerungsgründen i. S. d. § 77 Abs. 2 BPersVG
Tenor
Die aufschiebende Wirkung des vom Antragsteller unter dem 23. November 2000
erhobenen Widerspruchs gegen die Verfügung des Bundesministeriums des Innern
vom 16. November 2000 wird angeordnet.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000,- DM festgesetzt.
Gründe
Das auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des gegen die
Abordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 16. November 2000 gerichtete
Begehren ist nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO, § 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG statthaft und
hat in der Sache Erfolg, da die Rechtmäßigkeit der Maßnahme erheblichen
Bedenken unterliegt und nach dem derzeitigen Stand die Interessen des
Antragstellers diejenigen der Antragsgegnerin überwiegen.
Die Abordnungsverfügung vom 16. November 2000, die an die Stelle der unter
dem 15. September 2000 mit gleicher Zielrichtung erlassenen
Abordnungsverfügung getreten ist, ist schon in formeller Hinsicht bedenklich.
Allerdings ist der Antragsteller vor Erlass der jetzt strittigen Maßnahme
entsprechend den Erfordernissen des § 28 Abs. 1 VwVfG angehört worden, da ihm
aus einer Reihe von persönlichen Gesprächen sowohl die für die beabsichtigte und
nun verfügte Abordnung maßgebenden Gründe der Antragsgegnerin, sein
künftiges Tätigkeitsgebiet einschließlich der neuen Beschäftigungsdienststelle wie
auch die insoweit maßgeblichen Ermessenserwägungen eindeutig erkennbar
waren. Auch bestehen gegen die Zuständigkeit des Bundesministeriums des
Innern keine Bedenken, obwohl für den Regelfall die entsprechende
Entscheidungsbefugnis auf den Präsidenten des Bundesamtes für Kartographie
und Geodäsie übertragen ist. Die hinsichtlich aller nachgeordneten Beamten
bestehende Entscheidungsbefugnis der jeweiligen obersten Dienstbehörde nach §
3 BBG bleibt davon jedoch unberührt. Ihr steht insoweit auch ein
Selbsteintrittsrecht zu, hier um so mehr, als einer Entscheidungszuständigkeit des
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Selbsteintrittsrecht zu, hier um so mehr, als einer Entscheidungszuständigkeit des
für den Antragsteller an sich zuständigen Behördenleiters entsprechend dem sich
aus den §§ 20 f. VwVfG ergebenden Rechtsgedanken entgegensteht, dass die
verfügte Abordnung ihren maßgeblichen Grund in einem aus der Sicht des
Dienstherrn gestörten Vertrauensverhältnis dieses Behördenleiters zum
Antragsteller hat.
Die dem Antragsteller unter dem 16. November 2000 in schriftlicher Form bekannt
gegebene Abordnungsverfügung genügt jedoch aller Wahrscheinlichkeit nicht den
sich aus § 37 Abs. 1 VwVfG ergebenden Anforderungen an ihre hinreichende
Bestimmtheit. Im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin selbst gewählte
Schriftform ist für die Beurteilung der sich insoweit ergebenden Anforderungen
allein maßgebend, welchen Inhalt die Antragsgegnerin der strittigen Verfügung
gegeben hat. Dort ist hinsichtlich der künftigen, in Erfüllung der Abordnung
auszuübenden Tätigkeit des Antragstellers lediglich die Rede von einer Tätigkeit
beim Bundesgrenzschutzamt Frankfurt/Main Flughafen, einer adäquaten
Anschlussverwendung, einer Funktion, in der der Antragsteller seine Fähigkeiten
gut einbringen könne. Im Vorfeld der Abordnung ist ihm zwar mitgeteilt worden, es
sei geplant, ihn auf der Stelle des Verwaltungsleiters beim Bundesgrenzschutzamt
zu verwenden, dem ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 zugeordnet sei. Dies
ergibt sich insbesondere aus dem Vermerk des die Anhörung des Antragstellers
am 11. September 2000 durchführenden Leitenden Regierungsdirektors Engelage.
Gleichwohl hat diese Absicht keinen erkennbaren Niederschlag in der schriftlichen
Fassung der Verfügung gefunden und nimmt daher an ihrem Regelungsgehalt
nicht teil. Auf eine entsprechende klare Regelung konnte die Antragsgegnerin
jedenfalls im Hinblick auf das vom Antragsteller zur Abordnung schon im Vorfeld
ausdrücklich verweigerte Einverständnis nicht verzichten.
§ 27 Abs. 1 BBG lässt bei gegebenem dienstlichem Bedürfnis die Abordnung eines
Beamten an eine andere Dienststelle "zu einer seinem Amt entsprechenden
Tätigkeit" zu. Notwendiger Inhalt einer Abordnungsverfügung ist damit nicht nur die
genaue Angabe der Dienststelle, der ein Beamter künftig vorübergehend - unter
gleichzeitiger Aufrechterhaltung seiner grundsätzlichen organisatorischen
Zugehörigkeit zur bisherigen Stammdienststelle - organisatorisch zugeordnet wird.
Vielmehr gehört zu den tatbestandlichen Voraussetzungen einer aus dienstlichem
Bedürfnis erfolgenden Abordnung auch, dass diese Maßnahme mit der
Zielrichtung erfolgt, ihm in der anderen Dienststelle eine seinem Amt
entsprechende Tätigkeit zuzuweisen. Die Abordnung soll nach dem Wortlaut der
gesetzlichen Ermächtigung gerade "zu" einer solchen Tätigkeit erfolgen, so dass
auf deren hinreichend bestimmte Angabe in dem die Abordnung verfügenden
Verwaltungsakt nicht verzichtet werden kann, da andernfalls keine Regelung
vorliegt, die auf ihre tatsächliche Vereinbarkeit mit der gesetzlich konkretisierten
Zielbestimmung der Abordnung überprüft werden könnte. Es handelt sich bei der
Festlegung der infolge einer Abordnung künftig wahrzunehmenden Tätigkeit des
Beamten damit um eine tatbestandsmäßige Voraussetzung der
Abordnungsverfügung selbst (Hess.VGH, B. v. 26.7.1982 - 1 TH 31/82 - ESVGH 32,
274, 275; 7.3.1989- 1 TH 423/89 - NVwZ-RR 1989, 314; VGH BW U. v. 21.10.19765
- IV 434/73 - ZBR 1976, 154; B. v. 26.6.1970 - IV 329/70 - RiA 1970, 215, 216; OVG
Bremen B. v. 30.1.1984 - 2 B 5/84 - DÖD 1985, 40; VG Frankfurt a.M. B. v.
21.10.1988 - III/3 H 25778/88 - NVwZ-RR 1989, 566; Kathke in Schütz,
Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 29 LBG NW Rn. 90 für den Fall der
vom Beamten verweigerten Zustimmung).
Die Kammer vermag sich nicht der gegenteiligen Auffassung anzuschließen, die es
allein der in der Abordnung bestimmten oder für sie zu entsprechenden
Entscheidungen aufgerufenen Dienststelle überlassen will, die Tätigkeit des ihr
zugeordneten Beamten zu bestimmen (vgl. OVG RhlPf B. v.12.1985 - 2 B 36/85 -
DÖD 1986, 119). Zwar hat auch das BVerwG in einer eher beiläufigen Bemerkung
ausgeführt, die Zuweisung der von einem abgeordneten Beamten zu erfüllenden
Aufgaben stehe grundsätzlich der Behörde zu, zu deren Bereich das nunmehr vom
Beamten wahrzunehmende Amt gehöre (U. v. 4.5.1972 - II 13.71 - E 40, 104, 108).
Die dort erfolgte Bezugnahme auf das Urteil des BGH vom 23.5.1951 (III ZR
153/50 - BGHZ 2, 198 ff.) macht jedoch deutlich, dass diese Annahme offenbar
wesentlich durch die inzwischen überholte Vorstellung geprägt ist, eine Abordnung
werde von der aufnehmenden Stelle verfügt. Dann ist es auch nur folgerichtig,
dass sie mit der entsprechenden Maßnahme die Art der künftigen Tätigkeit
festlegt. Wird die Abordnung jedoch von der abgebenden Stelle verfügt, so obliegt
ihr auch die Angabe der im Rahmen der Abordnung wahrzunehmenden
Tätigkeiten. Soll nämlich zu nicht amtsentsprechenden Tätigkeiten abgeordnet
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Tätigkeiten. Soll nämlich zu nicht amtsentsprechenden Tätigkeiten abgeordnet
werden, so darf die abgebende Stelle dies nicht nach § 27 Abs. 1 BBG anordnen,
sondern nur nach Maßgabe der wesentlich engeren Voraussetzungen des § 27
Abs. 2 BBG, was wiederum im Hinblick auf die dort angesprochenen zusätzlichen
Zumutbarkeitsanforderungen weitere Sachverhaltsermittlungen wie auch
entsprechende Ermessenserwägungen - über die sich aus § 27 Abs. 1 BBG
ergebenden Anforderungen hinaus - bedingt. Damit kommt der Art einer im
Rahmen einer Abordnung zu erbringenden Tätigkeit zugleich eine wesentliche
Steuerungsfunktion zu. Sie erfährt ihre besondere Bedeutung auch als gesetzliche
Konkretisierung der Fürsorgepflicht (§ 79 BBG), muss so doch dem Beamten
schon im Rahmen der Anhörung klar erkennbar werden, welche Tätigkeit künftig
von ihm erwartet wird. Gleichzeitig bildet eine entsprechende Festlegung in der
Abordnungsverfügung für die neue Dienststelle einen verbindlichen Rahmen
hinsichtlich der weiteren Beschäftigung des Beamten und verringert damit die
Nachteile, die sich für einen Beamten aus dem Umstand ergeben, der neuen
Dienststelle nur vorübergehend anzugehören, was erfahrungsgemäß eine
dauerhaftere Personalplanung nicht unerheblich erschwert.
Der Mangel der hinreichenden Bestimmtheit ist hier nicht durch die Ausführungen
in der Antragserwiderung vom 1. Dezember 2000 geheilt worden. Es ist schon
fraglich, ob der Regelungsgehalt eines Verwaltungsaktes durch gerichtliche
Schriftsätze einer Behörde ergänzt, geändert oder aufgehoben werden kann. Das
Gebot der hinreichenden Bestimmtheit verfolgt als Konkretisierung des
Rechtsstaatsprinzips das Ziel, dem Adressaten den Inhalt der ihn betreffenden
Regelung aus sich heraus in vollem Umfang verständlich zu machen. Dazu kann
zwar abweichend von der Behandlung gerichtlicher Entscheidungen auf den
gesamten Inhalt eines Verwaltungsaktes einschließlich seiner Begründung
abgestellt werden, das Prinzip der Urkundeneinheit darf dadurch jedoch jedenfalls
dann nicht völlig aufgegeben werden, wenn die Behörde für ihre Maßnahme die
Schriftform wählt. Folglich kommt insoweit eine Ergänzung, Änderung des
Regelungsgehalts von Verwaltungsakten nur durch entsprechend eindeutige
Maßnahmen im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens (Abhilfebescheid,
Widerspruchsbescheid etc.) in Betracht. Hier fragt sich jedoch, warum trotz der in
der Vorbereitung der Abordnung klar erkennbaren Verwendungsabsicht diese
keinen klaren und eindeutigen Niederschlag in der schriftlichen
Abordnungsverfügung gefunden hat. Dies kann nicht zu Lasten des Antragstellers
gehen. Die Verfahrensweise der Antragsgegnerin lässt daher auch keine
hinreichend sichere Prognose dahin zu, der entsprechende Mangel werde aller
Voraussicht nach im noch abzuschließenden Vorverfahren geheilt werden.
Im Hinblick auf den vorstehend genannten formellen Mangel der
Abordnungsverfügung braucht die Frage nicht vertieft zu werden, ob die dem
Antragsteller nach den Angaben in der Antragserwiderung angesonnene Tätigkeit
eines Verwaltungsleiters beim Bundesgrenzschutzamt Frankfurt/Main Flughafen
tatsächlich dem vom Antragsteller bekleideten statusrechtlichen Amt entspricht,
wie es für eine Maßnahme nach § 27 Abs. 1 BBG Voraussetzung ist. Dies erscheint
hier jedoch schon deshalb fraglich, weil der Tätigkeits- und Aufgabenbereich eines
Verwaltungsleiters mit umfassenden Zuständigkeiten für die gesamte innere
Verwaltung des bedeutenden Bundesgrenzschutzamtes beim Frankfurter
Flughafen doch wohl erheblich über die bislang vom Antragsteller
wahrgenommenen Aufgaben eines Gruppenleiters beim Bundesamt für
Kartographie und Geodäsie hinausgehen. Das ist deshalb bedeutsam, weil der
Antragsteller zwar ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 im höheren Dienst
bekleidet, für dieses Amt jedoch nur eine nach § 33 a Abs. 7 S. 2 BLV
eingeschränkte Laufbahnbefähigung verfügt. Der Bundespersonalausschuss hat
dem Antragsteller mit Beschluss vom 7. Dezember 1993 ausdrücklich nur eine die
Gruppenleitung im Bundesamt für Kartographie und Geodäsie beschränkte
Verwendungsmöglichkeit zuerkannt, die zudem in der Angabe ihrer konkreten
Tätigkeitsbereiche (Innerer Dienst, HKR, Beschaffung, Dienstreisen,
Sonderprojekte) nicht mit dem umfassenden Tätigkeitsbereich eines
Verwaltungsleiters für eine größere Behörde, wie sie das Bundesgrenzschutzamt
Frankfurt/Main Flughafen schon im Hinblick auf die große Zahl der ihm
angehörenden Polizeivollzugsbeamten darstellt, vergleichbar ist. Seine bisherige
vor allem auf Haushalts- und Beschaffungsfragen konzentrierte Tätigkeit bedingt
im Hinblick auf die enge tatbestandliche Fassung des dem Antragsteller für den
höheren Dienst zuerkannten Verwendungsbereichs eine deutlich geringere
Einsatzbreite, als sie für den höheren allgemeinen Verwaltungsdienst im übrigen
laufbahnrechtlich eigen ist.
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Für die aus dem statusrechtlichen Amt des Antragstellers im Hinblick auf § 27 Abs.
1 BBG erfolgenden Einsatzbeschränkungen kommt es entsprechend der
gefestigten Rechtsprechung nicht nur auf die sich aus der Besoldungsgruppe
ergebende Wertigkeit der künftigen Amtsaufgaben an, sondern darüber hinaus
auch darauf, ob sie der Laufbahn des Antragstellers entsprechen. Sie wird bei ihm
maßgeblich durch die Bezeichnung des Verwendungsbereichs bestimmt, wie sie
der Bundespersonalausschuss nach § 33 a Abs. 7 S. 2 BLV für den Dienstherrn wie
den Beamten verbindlich festgelegt hat. Ein laufbahnfremder Einsatz des
Antragstellers ist damit zwar nicht zwingend ausgeschlossen, insbesondere nicht
nach der Neufassung der §§ 26 f. BBG durch das ReformG von 1997. Im Rahmen
einer Abordnung kann ein laufbahnfremder Einsatz des Antragstellers jedoch nur
nach Maßgabe der sich aus § 27 Abs. 2 BBG ergebenden besonderen
Voraussetzungen und Einschränkungen erfolgen. Es ist nicht erkennbar, dass die
Antragsgegnerin nach dieser Vorschrift verfahren ist oder wollte. In der schriftlich
erlassenen Abordnungsverfügung wird überhaupt keine Rechtsgrundlage genannt,
obwohl § 39 Abs. 1 VwVfG dies ausdrücklich verlangt. Schon dies geht vorliegend
zu Lasten der Antragsgegnerin. In ihrer Erwiderung vom 1.12.2000 ist zudem
lediglich § 27 Abs. 1 BBG als Ermächtigungsgrundlage genannt, so dass sich
insoweit ebenfalls ein Rückgriff auf § 27 Abs. 2 BBG verbietet, jedenfalls im
gegenwärtigen Stadium des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens.
Die Abordnungsverfügung ist zumindest derzeit auch rechtswidrig, weil die nach §
69 Abs. 1, § 76 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG erforderliche Zustimmung des
Hauptpersonalrats beim Bundesministerium des Innern fehlt. Selbst wenn diese
Zustimmung künftig noch erreicht oder im Stufenverfahren nach Maßgabe des §
69 Abs. 4 S. 3, 4 BPersVG durch die oberste Dienstbehörde ersetzt werden
könnte, so hätte dies keine Rückwirkungen auf die gegenwärtige Rechtslage
(Hess.VGH B. v. 12.10.1993 - 1 TH 2276/92 - S. 5 des Umdrucks - n.v.), sondern
könnte nur für einen noch zu erlassenden Widerspruchsbescheid Wirkungen
entfalten und die Maßnahme für die Zukunft rechtmäßig machen (OVG NW B. v.
22.3.1996 - 1 B 353/96 - PersR 1996, 365 f.).
Die Abordnung des Antragstellers ist auf unbestimmte Zeit verfügt worden, also
nicht auf einen Zeitraum bis zu drei Monaten begrenzt. Damit unterliegt die
Maßnahme ohne Einschränkung der Mitbestimmung des Personalrats nach § 76
Abs. 1 Nr. 5 BPersVG, der die Beteiligung nur entfallen lässt, wenn die Abordnung
für eine Dauer bis zu drei Monaten erfolgt. Nach § 82 Abs. 1 BPersVG war damit
die Zustimmung des beim Bundesministerium des Innern gebildeten
Hauptpersonalrats erforderlich, und zwar der für den allgemeinen
Verwaltungsbereich gebildeten Stufenvertretung. Zwar hat der
Bundesgrenzschutzhauptpersonalrat beim Bundesministerium des Innern für den
aufnehmenden Bereich Grenzschutzverwaltung der Abordnung unter dem 15.
November 2000 seine Zustimmung erteilt. Der daneben für die Beschäftigten des
Bundesamts für Kartographie und Geodäsie zuständige Hauptpersonalrat (der
allgemeinen Verwaltung) hat jedoch bereits am 12. Oktober 2000 beschlossen, die
erforderliche Zustimmung zu verweigern. Dies wurde dem Bundesministerium des
Innern am 13. Oktober 2000 schriftlich unter Darlegung von Gründen mitgeteilt,
nachdem das Ministerium beim Hauptpersonalrat unter dem 9. Oktober 2000 die
Zustimmung förmlich beantragt hatte. Die Zustimmungsverweigerung ist damit
innerhalb der personalvertretungsrechtlich gesetzten Fristen (§ 69 Abs. 2 S. 3, §
82 Abs. 2 BPersVG) erklärt worden. Sie ist auch nicht als unbeachtlich zu
behandeln, weil die dort genannten Zustimmungsverweigerungsgründe sich
offensichtlich keinem der in § 77 Abs. 2 BPersVG abschließend genannten Gründe
zuordnen ließen. In diesem Fall wäre zwar von einer Billigung der Maßnahme durch
Hauptpersonalrat auszugehen, so dass den Erfordernissen des § 69 Abs. 1
BPersVG genügt wäre. Die entsprechende Annahme der Antragsgegnerin vermag
die Kammer jedoch nicht zu teilen.
Bedenklich ist insoweit schon, dass die Entscheidung über die Einstufung der vom
Hauptpersonalrat gegen die Abordnung aufgeführten Gründe als unbeachtlich, weil
ohne ausreichenden Bezug zu den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen des § 77
Abs. 2 BPersVG, nicht von dem im Verhältnis zum Hauptpersonalrat allein
handlungsbefugten Dienststellenleiter getroffen wurde. Dem Verwaltungsvorgang
lässt sich kein Hinweis darauf entnehmen, dass der Minister, seine ständige
Vertreterin, die Staatssekretärin oder ein nach § 7 S. 3, 4 BPersVG zur
Entscheidung befugter Mitarbeiter die Abbruchentscheidung getroffen hat. Das
insoweit an den Hauptpersonalrat unter dem 18. Oktober 2000 gerichtete
Schreiben wurde vom zuständigen Referenten, Regierungsdirektor ..., "im Auftrag"
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Schreiben wurde vom zuständigen Referenten, Regierungsdirektor ..., "im Auftrag"
unterzeichnet. Dies genügt nicht für die Annahme, dass die Entscheidung über
den Abbruch des personalvertretungsrechtlichen Verfahrens tatsächlich von einer
dazu personalvertretungsrechtlich auch entscheidungsbefugten Person getroffen
wurde. Darauf kann im Hinblick auf die engen Voraussetzungen für eine
ordnungsgemäße Vertretung der Dienststelle gegenüber dem ihr zugeordneten
Personalrat nicht verzichtet werden, weil der Abbruch eines Beteiligungsverfahrens
eine personalvertretungsrechtliche und nur mittelbar eine dienstrechtliche
Entscheidung darstellt.
Der Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens und die mangelnde Anrufung der
Einigungsstelle nach § 69 Abs. 4 S. 3 BPersVG erweisen sich darüber hinaus auch
in der Sache als rechtswidrig, was unmittelbar zur - gegenwärtigen -
Rechtswidrigkeit der Abordnungsverfügung führt (Hess.VGH a.a.O.). Wenn trotz
einer schriftlichen Begründung einer vom Personalrat erklärten
Zustimmungsverweigerung von einer - im Rechtssinne erfolgten - Billigung der
Maßnahme ausgegangen werden soll, so sind daran im Hinblick auf den
Ausnahmecharakter einer solchen Annahme wie das Gebot zur vertrauensvollen
Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BPersVG) strenge Anforderungen zu stellen, ist doch
die Wertung einer Zustimmungsverweigerung als unbeachtlich mangels
ausreichender Zuordnung der dort genannten Gründe zum Katalog des § 77 Abs.
2 BPersVG ihrerseits ein Ausfluss des § 2 Abs. 1 BPersVG. Ein Abbruch des
Beteiligungsverfahrens ohne Stufen- oder Einigungsstellenverfahren ist deshalb
nach gefestigter Rechtsprechung nur möglich, wenn sich die vom Personalrat
genannten Zustimmungsverweigerungsgründe unter keinem vernünftigen
Gesichtspunkt einem in § 77 Abs. 2 BPersVG genannten Tatbestand zuordnen
lassen. Ob ein vom Personalrat angeführter Grund tatsächlich geeignet ist, die
Maßnahme als rechtswidrig, ermessensfehlerhaft oder in den Fällen des § 77 Abs.
2 Nr. 2 BPersVG als unzweckmäßig erscheinen zu lassen, ist keine Frage einer
personalvertretungsrechtlich nach § 69 Abs. 3, 4 BPersVG beachtlichen
Zustimmungsverweigerung, sondern im Stufen- oder Einigungsstellenverfahren zu
klären. Erst nach Einholung der Empfehlung der Einigungsstelle steht dem
Ministerium die abschließende Entscheidung über die vom Personalrat geltend
gemachten Einwände zu, nicht jedoch zu einem früheren Zeitpunkt (Hess.VGH
a.a.O.).
Mit dem ersten Einwand macht der Hauptpersonalrat eine unangemessene Härte
der Abordnung für den Antragsteller geltend. Er hält eine eingehende Aussprache
zwischen dem Antragsteller und dem Leiter des Bundesamtes für Kartographie
und Geodäsie wie weiterer Konfliktbeteiligter für angebracht und sieht darin eine
Möglichkeit, den Antragsteller weiter in seiner Stammdienststelle zu verwenden.
Damit macht der Personalrat letztlich die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme
und einen Ermessensfehler geltend, der im Falle seiner Stichhaltigkeit zur
Rechtswidrigkeit der Abordnung führte. Wenn der Personalrat insoweit das Gewicht
der vom Ministerium für die Abordnung angeführten Gründe und innerdienstlichen
Spannungen für eine Maßnahme zum Nachteil des Antragstellers und gegen
seinen Willen nicht als ausreichend einstuft und eine unangemessene Härte
annimmt, so bewegt er sich damit innerhalb des durch § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG
vorgezeichneten Spielraums. Denn ein Gesetzesverstoß im Sinne dieser
Bestimmung ist zweifellos gegeben, wenn sich eine Personalmaßnahme als
unverhältnismäßig erweist, da in diesem Fall ein nach § 114 VwGO beachtlicher
Ermessensfehler vorläge. Der vom Personalrat eingeführte Begriff der
unangemessenen Härte lässt diesen Schluss auch ohne weiteres als noch möglich
erscheinen.
Der zweite für die Zustimmungsverweigerung angeführte Grund der stark
eingeschränkten Laufbahnbefähigung ist personalvertretungsrechtlich ebenfalls
beachtlich. Der Hauptpersonalrat hat damit den Rahmen des § 77 Abs. 2 Nr. 2
BPersVG noch nicht verlassen. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass ein
Beamter mit einer eingeschränkten beruflichen Vorerfahrung und
dementsprechend eingegrenzter Laufbahnbefähigung in seiner künftigen
Verwendung mit Nachteilen und Erschwernissen konfrontiert sein kann, die sich
aus einem gegenüber dem bisherigen Einsatz erheblich erweiterten Aufgaben- und
Verantwortungsbereich ergeben. Die laufbahnrechtlichen Erfordernisse dienen
auch dem individuellen Schutz des Beamten vor einer unangemessenen
Überforderung. Dies ergibt sich insbesondere aus § 27 Abs. 2 BBG, der eine
laufbahnfremde Verwendung nur zulässt, wenn dies dem Betroffenen im Hinblick
auf seine laufbahnmäßige Qualifikation zumutbar ist. Der Personalrat kann aus der
dem Antragsteller erteilten laufbahnrechtlichen Verwendungsbeschränkung sehr
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dem Antragsteller erteilten laufbahnrechtlichen Verwendungsbeschränkung sehr
wohl die Besorgnis ableiten, dies könne zu Nachteilen für den Betroffenen führen. §
77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG ermöglicht es dem Personalrat, individuelle Nachteile
zum Schutz der Betroffenen bereits im Mitbestimmungsverfahren geltend zu
machen (BVerwG B. v. 27.9.1993 - 6 P 4.93 - PersR 1993, 495 ff.; Hess.VGH a. a.
O.). Dabei kann es für die verfahrensrechtliche Beachtlichkeit einer vom
Personalrat geäußerten Besorgnis von ungerechtfertigten Nachteilen nicht darauf
ankommen, ob sich die Sorge als gerechtfertigt erweist oder letztlich unbegründet
bzw. hinnehmbar ist. Die Beurteilung dieser Frage ist Gegenstand des
Einigungsstellenverfahrens und der sich daran anschließenden Entscheidung der
obersten Dienstbehörde. Dieses Verfahren kann nicht durch eine gleichsam vorab
erfolgende Entscheidung der obersten Dienstbehörde entbehrlich gemacht
werden.
Ob gegenwärtig die Voraussetzungen des § 69 Abs. 5 BPersVG erfüllt sind, kann
dahin stehen. Die Abordnungsverfügung ist in keiner Weise als vorläufige
Maßnahme im Sinne dieser Vorschrift ergangen noch in der Sache entsprechend
beschränkt. Dies unterscheidet die jetzt allein zur Beurteilung anstehende
Verfügung zugleich wesentlich von der im September erlassenen
Abordnungsverfügung, deren weiteren Bestand die Antragsgegnerin als erledigt
ansieht, wie sich aus ihrer schriftsätzlichen Erklärung in das diese Verfügung
betreffenden Gerichtsverfahren 9 G 4598/00(V) ergibt.
Die zumindest derzeit anzunehmende Rechtswidrigkeit der Abordnungsverfügung
muss im Rahmen der Interessenabwägung zum Erfolg des Antragstellers führen,
da an der Aufrechterhaltung der Vollziehbarkeit eines aller Wahrscheinlichkeit
rechtswidrigen Verwaltungsakts kein öffentliches Interesse bestehen kann
(Hess.VGH, OVG NW a.a.O.). Dies gilt ungeachtet der im Bundesamt für
Kartographie und Geodäsie zweifellos bestehenden erheblichen Spannungen
zwischen dem Antragsteller und dem Präsidenten dieses Amtes. Sie begründen
zwar ein dienstliches Bedürfnis für eine Abordnung. Dies allein genügt jedoch nicht,
um eine solche Maßnahme zu Lasten des Antragstellers in vollem Umfang zu
rechtfertigen.
Da die Antragsgegnerin unterliegt, hat sie nach § 154 Abs. 1 VwGO die
Verfahrenskosten zu tragen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 20 Abs. 3, § 13 Abs. 1 S. 2 GKG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.