Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 06.01.2011

VG Frankfurt: aufenthaltserlaubnis, aufschiebende wirkung, besitz, ausländer, quelle, zugang, duldung, erlass, vollzug, stadt

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Gericht:
VG Frankfurt 7.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 L 3783/10.F
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 18a AufenthG, § 123 Abs 1 S
1 VwGO
Aufenthaltserlaubnis nach § 18 a AufenthG
Leitsatz
Nach § 18 a AufenthG kann dem Grunde nach einem Ausländer, der zwar
ausreisepflichtig, aber nicht im Besitz einer Duldung ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt
werden.
Tenor
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, von dem Vollzug aufenthaltsbeendender
Maßnahmen gegenüber der Antragstellerin für die Dauer von sechs Monaten seit
Zugang dieses Beschlusses abzusehen.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.
Gründe
Der mit Schriftsatz vom 26.10.2010 gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung
der Klage vom 19.10.2010 (Az.: 7 K 3390/10.F) gemäß § 80 Abs. 5 VwGO
anzuordnen, ist abzulehnen, da der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis
vom 10.09.2010 nicht geeignet war, die Fiktionswirkung des § 80 Abs. 3 oder 4
AufenthG auszulösen.
Der hilfsweise gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123
VwGO ist hingegen im tenorierten Umfang begründet.
Allerdings liegen im Falle der Antragstellerin nicht die Voraussetzungen vor, ihr
nach erfolgreichem Abschluss ihres Studiums eine Aufenthaltserlaubnis gemäß §
16 Abs. 4 AufenthG zu verlängern. Die der Antragstellerin zuletzt von der
Ausländerbehörde der Stadt A. verlängerte Aufenthaltserlaubnis war bereits wegen
Eintritts einer auflösenden Bedingung, nämlich der Exmatrikulation an der
Fachhochschule B., mit Wirkung zum 04.05.2009 erloschen. Da § 16 Abs. 4
AufenthG an die aus Studiengründen erteilte Aufenthaltserlaubnis anknüpft und
die rechtliche Möglichkeit zur Arbeitsplatzsuche im Bundesgebiet nach
erfolgreichem Ausbildungsabschluss geben will, konnte die erloschene
studienbezogene Aufenthaltserlaubnis nicht mehr auf Antrag der Antragstellerin
vom 10.09.2010 verlängert werden. Insoweit fehlt es an der von der gesetzlichen
Regelung geforderten zeitlichen Kontinuität eines noch im Besitz einer
abgeschlossenen Studiums, für das die Antragstellerin eine Aufenthaltserlaubnis
besessen hatte, und einer anschließenden Arbeitssuche. § 85 AufenthG kann zur
Schließung der zeitlichen Lücke nicht herangezogen werden, da die Antragstellerin
mehr als ein Jahr nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels war.
Nach der summarischen Prüfung im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens sieht
das Gericht jedoch dem Grunde nach die Möglichkeit eröffnet, der Antragstellerin
eine Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 18 a AufenthG zu erteilen. Nach
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eine Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 18 a AufenthG zu erteilen. Nach
dieser Vorschrift kann unter den in der Vorschrift näher benannten
Voraussetzungen einem geduldeten Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zur
Ausübung einer der beruflichen Qualifikation entsprechenden Beschäftigung erteilt
werden. Allerdings ist die Antragstellerin nicht nach § 60 a AufenthG förmlich
geduldet. Vielmehr wurde ihr mit dem Ablehnungsbescheid der Antragsgegnerin
vom 29.04.2010 eine bis zum 15.09.2010 währende Ausreisefrist gesetzt. Mit
Ablauf dieser Frist ist sie vollziehbar ausreisepflichtig. Der Status der
Antragstellerin entsprach jedoch jedenfalls bis zum Ablauf der Ausreisefrist der
einer geduldeten Ausländerin. Entsprechendes gilt für den Zeitraum seit Eingang
des Eilantrags, den das erkennende Gericht zum Anlass genommen hatte, die
Antragsgegnerin zu bitten, vor Ergehen einer Entscheidung im vorliegenden
Eilverfahren von der Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen
abzusehen. Das Gericht folgt der in der Kommentarliteratur vertretenen Ansicht,
dass die Regelung des § 18 a AufenthG auch für Personen gilt, die zunächst einen
rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet hatten, diesen Status aber aus welchen
Gründen auch immer verloren haben und nun dem Grunde nach ausreisepflichtig
sind (vgl. Bodenbender, in: Fritz/Vormeier, AufenthG, Stand 2010, § 18 a AufenthG
Rdnr. 4). Nur eine solche Auslegung wird der Intention des Gesetzgebers gerecht,
ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländern die Möglichkeit zu eröffnen,
nach Maßgabe des § 18 a AufenthG eine Beschäftigung aufzunehmen.
Es bedarf im Rahmen des vorliegenden Verfahrens keiner Entscheidung darüber,
ob die Antragstellerin die sonstigen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 18 a
AufenthG erfüllt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidung über eine
Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift im – hier im Hinblick auf die lange
Aufenthalts- und Studiendauer der Antragstellerin – eingeschränkten Ermessen
der Antragsgegnerin steht. Die Beantwortung dieser Fragen muss gegebenenfalls
dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 GKG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.