Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 27.08.2007

VG Frankfurt: hessen, versorgung, innerdienstliche weisung, wirtschaftlichkeit, konzept, klinik, behandlung, leistungsfähigkeit, stand der technik, geschäftsführer

1
2
Gericht:
VG Frankfurt 5.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 E 2356/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 Abs 2 KHG HE 2002, § 1
Abs 1 KHG HE 2002, § 8 Abs 2
KHG, § 18 KHG HE 2002, § 17
Abs 5 KHG HE 2002
Aufnahme einer privaten Spezialklinik in einen
Krankenhausplan (hier: interdisziplinäres
Krebstherapiezentrum)
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, den Antrag der Klägerin zu 2) auf Aufnahme in den
Krankenhausplan des Landes Hessen unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichtes neu zu bescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Soweit die Klägerin zu 1) die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren
eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe der noch
festzusetzenden Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Mit Schreiben vom 2. September 2003 übersandte der Geschäftsführer der ..., Dr.
Hager, dem Hessischen Sozialministerium in Wiesbaden in einer Anlage den an die
Krankenhauskonferenz Frankfurt/Offenbach gerichteten Antrag der ..., Königstein
im Taunus, vom 28. August 2003 auf Zustimmung zur Aufnahme des
interdisziplinären Krebstherapiezentrums Frankfurt am Main in den
Landeskrankenhausplan. In diesem an den Vorsitzenden der
Krankenhauskonferenz gerichteten Schreiben ersuchte der Geschäftsführer der ...,
Dr. Hager, namens der Tochtergesellschaft ..., Königstein im Taunus, die
Krankenhauskonferenz Frankfurt am Main/Offenbach, unter Fortschreibung des
regionalen Planungskonzeptes nach § 18 Abs. 2 HKHG die Errichtung eines
interdisziplinären Zentrums für onkologische Erkrankungen in das
Planungskonzept einzubeziehen. Zugleich solle dem für das Gesundheitswesen
zuständigen Hessischen Sozialministerium für dessen Entscheidung nach § 18
Abs. 4 Satz 1 HKHG die Aufnahme von 129 Betten hierfür in den Krankenhausplan
des Landes vorgeschlagen werden. Die Aufnahme in den Krankenhausplan des
Landes solle durch Reduktion um ein vergleichbares nominales Kontingent bereits
im Krankenhausplan des Landes befindlicher Betten sowie durch Abgabe eines
vergleichbaren Budgetvolumens kompensiert werden, sodass durch die Aufnahme
des interdisziplinären Krebstherapiezentrums Frankfurt in den Krankenhausplan
des Landes kein zusätzliches Budget entstände.
Die Gesamtzahl der stationären Behandlungsfälle des interdisziplinären
Krebstherapiezentrums Frankfurt am Main sei mit 7.800 p. a. geplant, davon
entfielen auf das Versorgungsgebiet der Krankenhauskonferenz Frankfurt am
Main/Offenbach rund 2.500 Fälle p. a., dies entspreche rund 9,3 % der Gesamtzahl
der derzeitigen stationären onkologischen Behandlungsfälle dieses
Versorgungsgebietes. Entsprechend der vorgenommenen Bedarfsermittlung
werde das interdisziplinäre Krebstherapiezentrum im Sinne von § 17 Abs. 5 Satz 1
HKHG versorgungsgebietsübergreifende und darüber hinaus deutschlandweite
Bedeutung haben.
3
4
5
6
7
8
9
10
Diesem Schreiben waren als (weitere) Anlagen eine zahlenmäßige
Bedarfermittlung in Bezug auf das Versorgungsgebiet der Krankenhauskonferenz
Frankfurt am Main/Offenbach, Angaben über die medizinische und medizin-
technische Leistungsfähigkeit des Krebszentrums sowie über die Vorteilhaftigkeit
des interdisziplinären Krebstherapiezentrums Frankfurt am Main beigefügt.
Darüber hinaus ist in dem Antrag ausgeführt, dass der zahlenmäßige und
qualitative Bedarf sowie der mit dem interdisziplinären Krebstherapiezentrum
verbundene heute größtmögliche Grad an Innovation von der KPMG Deutsche
Treuhand-Gesellschaft AG mit Gutachten vom 9. März 2000 und 3. Juni 2002 im
einzelnen hergeleitet und festgestellt worden sei.
Schließlich ergebe sich die für das interdisziplinäre Krebstherapiezentrum geplante
Behandlung von 7.800 onkologischen Fällen per anno entsprechend der
Clusterung der Inzidenzgruppen, wie sie vom Statistischen Bundesamt für
Deutschland und Hessen ermittelt worden sei, mit Ausnahme der in das
Leistungsspektrum nicht einbezogenen neurologischen und kinderonkologischen
Fälle, für im folgenden dann aufgeführte Diagnosestrukturgruppen.
Am 23. September 2003 behandelte die Krankenhauskonferenz Frankfurt am Main
in ihrer Sitzung mehrere Anträge von Plankrankenhäusern auf Anerkennung als
onkologischer Schwerpunkt (der Katharina-Kasper-Kliniken und der Diakonie-
Kliniken) sowie den Antrag der Klägerin zu 2) auf Errichtung eines interdisziplinären
Krebstherapiezentrums in Frankfurt am Main. Mit Beschluss der Konferenz wurden
die Anträge der Plankrankenhäuser zurückgestellt, der von der Klägerin zu 2)
gestellte Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die derzeit
vorhandenen Kapazitäten ausreichten, um den Bedarf qualitativ und quantitativ
abzudecken.
Mit Schreiben des Hessischen Sozialministeriums vom 12. Dezember 2003 an die
Geschäftsstelle der Krankenhauskonferenz für das Versorgungsgebiet Frankfurt
am Main/Offenbach wies das Ministerium darauf hin, dass diese Verfahrensweise
aus Sicht des Ministeriums nicht verständlich sei. Nach den dem Hessischen
Sozialministerium vorliegenden Unterlagen würden in fast allen Frankfurter
Krankenhäusern auch onkologische Fälle behandelt, teilweise jedoch in so geringen
Mengen, dass an der Qualität Zweifel erhoben werden könnten. Es sei deshalb
dringend erforderlich, dass vor der Entscheidung über entsprechende Anträge die
onkologische Versorgung in Frankfurt am Main untersucht und ein regionales
Versorgungskonzept für die Onkologie ausgearbeitet werde. Es bestehe die
Möglichkeit, dass nach dieser Überprüfung einige Krankenhäuser diese
Behandlung nicht mehr anbieten könnten und die Versorgung an anderer Stelle
zusammengefasst werde. Dann sei auch die beantragte Einrichtung der Klägerin
zu 2) in das Auswahlverfahren mit einzubeziehen. Aus diesem Grunde schlug das
Hessische Sozialministerium vor, auch den Antrag der Klägerin zu 2) bis zur
Ausarbeitung des entsprechenden Versorgungskonzeptes zurückzustellen.
Auf der Sitzung der Krankenhauskonferenz für das Versorgungsgebiet Frankfurt
am Main/Offenbach vom 5. Februar 2004 informierte der Vorsitzende über das
Schreiben des Hessischen Sozialministeriums vom 12. Dezember 2003. In dem
bei den Behördenakten befindlichen Protokoll ist diesbezüglich angemerkt:
„Von Seiten der Krankenhauskonferenz ergeben sich nach Aussprache keine
weiteren Aspekte, die eine Neuaufnahme des Antrages erforderlich machen.“
In der Folge kam es zu weiteren Gesprächen zwischen dem Geschäftsführer der
Klägerinnen und dem Hessischen Sozialministerium.
Mit Bescheid vom 15.06.2005 lehnte das Hessische Sozialministerium den Antrag
der ..., Königstein, auf Aufnahme des in Frankfurt am Main mit 129 Betten
vorgesehenen interdisziplinären Zentrums für onkologische Erkrankungen in dem
nach § 6 Abs. 1 KHG i. V. m. § 18 Abs. 4 HKHG aufgestellten Krankenhausplan des
Landes Hessen ab.Zur Begründung ist in dem Bescheid ausgeführt, dass die
Krankenhauskonferenz Frankfurt am Main den Antrag in der Sitzung vom
23.09.2003 im Zusammenhang mit verschiedenen Anträgen von bereits in den
Krankenhausplan des Landes aufgenommenen Frankfurter
Allgemeinkrankenhäusern auf Ausweisung als onkologischer Schwerpunkt bzw.
Tumorzentrum beraten, die Anträge der Frankfurter Allgemeinkrankenhäuser
zunächst zurückgestellt und den Antrag der Firma ... mit der Begründung
abgelehnt habe, dass die derzeit vorhandenen Kapazitäten ausreichten, um den
Bedarf qualitativ und quantitativ abzudecken. Eine Neubefassung der
11
12
13
14
15
Bedarf qualitativ und quantitativ abzudecken. Eine Neubefassung der
Krankenhauskonferenz Frankfurt am Main/Offenbach in der Sitzung vom 5. Februar
2004 habe keine weiteren Aspekte ergeben. Dabei sei die Krankenhauskonferenz
nach Kenntnis des Sozialministeriums entsprechend dem gestellten Antrag davon
ausgegangen, dass das vorgesehene interdisziplinäre Krebstherapiezentrum nur
9,3 % des Gesamtpotentials stationärer onkologischer Behandlungsfälle des
Versorgungsgebietes Frankfurt am Main/Offenbach abdecken wolle und dafür kein
Bedarf bestehe. Diesen negativen Voten der Krankenhauskonferenz schließe sich
das Ministerium im Ergebnis an, weil der Planaufnahme des Onkologischen
Krebstherapie-Zentrums Frankfurt am Main mit ihrem spezifischen
Behandlungsangebot auch landesplanerische Grundsätze entgegenstünden.
Die Krankenhausplanung des Landes Hessen beschränke sich dem Grunde nach
auf die Fachgebiete der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen.
Subdiszipline der Fachgebiete bzw. einzelne Krankheitsbilder würden in der Regel
nicht beplant. Des Weiteren seien Allgemeinkrankenhäuser mit ihrem
breitgefächerten interdisziplinären Angebot nach der Planungsphilosophie des
Landes Hessen der Vorrang vor Spezialkliniken einzuräumen, um eine
Zersplitterung der Krankenhauslandschaft zu verhindern. Nur ausnahmsweise
könne die Aufnahme einer Spezialklinik in den Plan erfolgen, allerdings
grundsätzlich nur für das volle Leistungsspektrum eines Fachgebiets nach der
Weiterbildungsordnung. Soweit für Patientinnen und Patienten mit bestimmten
Krankheitsbildern besondere Versorgungsangebote für notwendig erachtet werden
sollten, habe dies vorrangig durch Schwerpunktbildung an Allgemein- oder
Fachkrankenhäusern zu erfolgen. Hierfür sprächen auch fiskalische
Gesichtspunkte.
Die onkologische Versorgung von Patientinnen und Patienten sei nach den
genannten Kriterien der Landesplanung Teil der jeweiligen Fachgebiete. Dabei sei
zwar eine interdisziplinäre Organisation im Rahmen der den einzelnen
Krankenhäusern erteilten Versorgungsaufträge sachlich geboten, die planerische
Zuordnung zu den Sachgebieten bleibe davon jedoch unberührt.
Vor diesem Hintergrund sehe das Ministerium derzeit keine Möglichkeit, eine
Spezialklinik zur ausschließlichen Behandlung von onkologischen Erkrankungen in
den Krankenhausplan des Landes Hessen aufzunehmen.
Gegen diesen, nach den unbestrittenen Behauptungen der Klägerinnen am 22.
Juni 2005 zugegangenen Bescheid, haben die Klägerinnen am 21. Juli 2005 Klage
erhoben, die Klägerin zu 1) mit der Einschränkung, dass Klage zur Vermeidung
möglicher Rechtsnachteile deshalb erhoben werde, weil der ablehnende Bescheid
an sie - die selbst das Krankenhaus nicht betreiben wolle - gerichtet sei. Zur
Begründung tragen sie vor, dass das von der Klägerin zu 2) geplante
interdisziplinäre Onkologietherapiezentrum bedarfsgerecht, leistungsfähig und
wirtschaftlich sei. Nach der Rechtsprechung habe eine zweistufige Prüfung
stattzufinden, wonach auf der ersten Stufe der Kreis der bedarfsgerechten,
leistungsfähigen und wirtschaftlichen Krankenhäuser zu ermitteln, auf der zweiten
Stufe die Behörde aus dem Kreis der bedarfsgerechten, leistungsfähigen und
wirtschaftlichen Krankenhäusern diejenigen ermessensfehlerfrei auszuwählen
habe, die diese Kriterien in besonderer Weise erfüllten und somit den Zielen der
Krankenhausplanung am besten gerecht würden.
Das geplante Krankenhaus der Klägerin zu 2) sei bedarfsgerecht. Dies habe die
Klägerin zu 2) bereits in ihrem Antrag vom 28. August 2003 unter auszugsweiser
Beifügung des Gutachtens der KPMG vom 3. Juni 2002 im Einzelnen dargelegt.
Danach ergebe sich ein Behandlungspotential von circa 6.300 jährlichen
Neuerkrankungen bzw. rund 27.000 jährlichen Krankenhausaufenthalten allein im
Versorgungsgebiet Frankfurt am Main/Offenbach. Mit Blick auf die überregionale
Ausrichtung und Qualität des geplanten Zentrums gehe die KPMG in ihrem
Gutachten auch von einem landesweiten Einzugsgebiet aus, das nicht weniger als
rund 116.000 jährliche Krankenhausaufenthalte umfasse. Der bestehende Bedarf
könne auch nicht mit der Begründung verneint werden, das von der Klägerin zu 2)
geplante Onkologiezentrum passe nicht in das herkömmliche Schema der
Fachgebiete, das der Krankenhausplanung zugrunde liege, da sich in dem Antrag
der Klägerin zu 2) auf Aufnahme von Betten diese Betten ohne weiteres den
einzelnen Fachgebieten zuordnen ließen und auch bereits im Gutachten der KPMG
vom 3. Juni 2002 eine Zuordnung der beantragten Betten zu den einzelnen
Fachbereichen vorgenommen worden sei. Schließlich sehe der Krankenhausplan
2005, Allgemeiner Teil, auch ausdrücklich die Kategorie „Sonstige
16
17
18
19
20
21
22
23
24
2005, Allgemeiner Teil, auch ausdrücklich die Kategorie „Sonstige
Fachbereiche/Betten“ vor. In dieser Kategorie würden Kapazitäten
zusammengefasst, die sich einzelnen Fachgebieten nicht zuordnen ließen und die
in den Feststellungsbescheiden als „sonstige Betten“ ausgewiesen seien.
Weiterhin sei das geplante Zentrum medizinisch leistungsfähig. Das geplante
Zentrum verfolge das medizin-organisatorische Konzept einer interdisziplinären,
sektorübergreifenden und integrativen Gesamtausrichtung der Versorgung auf die
tatsächlichen Bedürfnisse eines jeden einzelnen onkologischen Patienten auf dem
sich immer schneller weiter entwickelnden, international jeweils führenden Stand
der Wissenschaft. Die Klinik genüge in jeder Hinsicht den nach dem heutigen Stand
der medizinischen Wissenschaft an ein der onkologischen Versorgung dienendes
Krankenhaus zu stellenden Anforderungen.Das geplante Zentrum sei auch
wirtschaftlich.
Weiterhin habe bei der auf der zweiten Stufe zu erfolgenden Auswahlentscheidung
auch die Klägerin zu 2) ausgewählt werden müssen, da das Ermessen des
Beklagten zugunsten der Klägerin zu 2) auf Null reduziert sei. Dies folge einerseits
aus dem Grundsatz der Trägervielfalt, dem die ablehnende Entscheidung nicht
ausreichend Rechnung trage. Auch die von dem Beklagten in dem
Ablehnungsbescheid vertretene Ansicht, dass Allgemeinkrankenhäusern mit
breitgefächertem interdisziplinärem Angebot der Vorrang vor Spezialkliniken
einzuräumen sei, greife nicht. Die damit als Planungsgrundsatz festgelegte
generelle Benachteiligung von Spezialkliniken gegenüber Fach- und
Allgemeinkliniken berücksichtige nur unzureichend das gesetzlich festgelegte Ziel
der Trägervielfalt und verstoße zugleich gegen Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1
GG. Im vorliegenden Falle hätte der Beklagte wegen der medizinisch
herausragenden Leistungsfähigkeit der geplanten Klinik und wegen ihrer
überdurchschnittlichen Wirtschaftlichkeit selbst bei Anwendung der von ihm
zugrunde gelegten verfassungswidrigen Planungsgrundsätzen zur Zulassung der
Klägerin zu 2) gelangen müssen, da das von der Klägerin zu 2) verfolgte
interdisziplinäre Konzept den qualitativen Planungszielen des Beklagten auf dem
Gebiet der onkologischen Versorgung deutlich besser als andere Krankenhäuser
entspreche. Soweit der Beklagte erstmals in der Klageerwiderung Zweifel an der
Zuverlässigkeit der Klägerin zu 2) - ihrem Geschäftsführer - geäußert habe, so
seien diese in der Sache völlig unzutreffend, darüber hinaus unterlägen sie nicht
der Prüfungskompetenz des Beklagten.
Schließlich habe der Beklagte auch das berechtigte Vertrauen der Klägerin zu 2) in
den Erlass des Planaufnahmebescheides bei der Ermessensausübung
berücksichtigen müssen. Es habe im Vorfeld zahlreiche Gespräche mit dem
Ministerium gegeben. Bereits in den Gesprächen mit der seinerzeitigen Ministerin,
Frau Mosiek-Urbahn, am 23. August 1999 und 19. Juni 2000, geführt jeweils im
Hessischen Landtag, sei entschieden worden, dass die Klinik der Klägerin zu 2) als
zukunftsweisende und notwendige Innovation für das Land Hessen realisiert
werden solle. Dies habe schließlich dazu geführt, dass die Ministerin dies anlässlich
der sachverständigen Anhörung vom 5. April 2001, zu der sie persönlich
eingeladen habe, vor nicht weniger als elf Zeugen mit der klaren Aussage „Diese
Klinik kommt in jedem Fall nach Hessen!“ und „Genau eine solche innovative Klinik
brauchen wir!“ bekräftigt habe. Auch bei weiteren Kontakten mit dem Ministerium
sei das Vertrauen der Klägerin zu 2) in eine positive Entscheidung gestärkt worden,
sodass aufgrund des hier gebotenen Vertrauensschutzes ein Anspruch auf
Aufnahme in den Landeskrankenhausplan bestehe.
Die Klägerin zu 1) hat ihre Klage zurückgenommen.
Die Klägerin zu 2) beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheides vom 15. Juni
2005 zu verpflichten, das mit 129 Betten vorgesehene interdisziplinäre Zentrum
für onkologische Erkrankungen in den Krankenhausplan des Landes Hessen
aufzunehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt zunächst vor, dass keineswegs aus der Vorgeschichte des angefochtenen
Bescheides ein Vertrauenstatbestand zugunsten der Klägerin zu 2) hergeleitet
werden könne. Zwar habe der Geschäftsführer der Klägerin zu 2) bereits erstmals
25
26
27
werden könne. Zwar habe der Geschäftsführer der Klägerin zu 2) bereits erstmals
im Jahre 1995 und dann erneut im Jahre 2000 mit dem Hause des Beklagten
Kontakt aufgenommen, um sein Projekt eines interdisziplinären Krebszentrums
vorzustellen.
Aber auch wenn es zahlreiche Gespräche gegeben habe, sei der Geschäftsführer
der Klägerin zu 2) von Anfang an und wiederholt schriftlich und mündlich darauf
hingewiesen worden, dass der Bedarf an onkologischer stationärer Versorgung in
Hessen und speziell auch im Raum Frankfurt am Main durch die vorhandenen
Kliniken bei weitem abgedeckt sei und dass insoweit eine Planaufnahme seines
Klinikprojektes grundsätzlich nicht in Frage kommen könne. Denkbar sei nach den
damaligen planungsrechtlichen Anforderungen - dies sei dem Geschäftsführer der
Klägerin zu 2) immer wieder vermittelt worden - eine Aufnahme in den
Krankenhausplan allenfalls unter der Prämisse gewesen, dass es zu einer
einvernehmlichen, auf eine Zusammenarbeit hinauslaufende Bettenkompensation
mit den umliegenden Frankfurter Kliniken kommen würde. Die von der Klägerin zu
2) in ihrem Aufnahmeantrag genannte Bettenzahl von 129 beruhe ausschließlich
auf Privatberechnungen und sei nach hiesigen krankenhausplanerischen Kriterien
und Anforderungen nicht nachvollziehbar. Die unterstellte Bettenzahl
berücksichtige zum einen weder die Auswirkungen der immer stärker werdenden
Entwicklung auch des ambulanten Bereiches der onkologischen Versorgung, noch
gehe sie von irgendeiner Kompensation bezüglich der Bettenkapazitäten anderer
Kliniken des Frankfurter oder Hessischen Raumes aus. Derzeit durchgeführte
Erhebungen bezüglich der Weiterentwicklung des onkologischen Fachkonzeptes
seien noch nicht vollständig abgeschlossen, sodass eine Bescheidung der
vorliegenden Anträge auf Neuausweisung der bislang bereits bestehenden
Tumorzentren und onkologischen Schwerpunkten bislang zurückgestellt worden
sei.
Bewusst sei die ablehnende Entscheidung damit begründet worden, dass die
Vorgaben des Hessischen Krankenhausplanes der Planaufnahme einer
Spezialklinik zur ausschließlichen Behandlung von onkologischen Erkrankungen
entgegenstünden. Der Krankenhausplan lasse grundsätzlich weder die Beplanung
von Subdisziplinen der Fachgebiete der Weiterbildungsordnung noch die
Planaufnahme einer Spezialklinik zu. Die von der Klägerin zu 2) beantragte
Planaufnahme habe zur Konsequenz, dass den vorhandenen, der onkologischen
Versorgung dienenden Allgemeinkrankenhäusern (onkologischen Schwerpunkten
und Tumorzentren) entsprechende Betten und damit auch ein erhebliches
wirtschaftliches Potential entzogen werden müsse. Dem stünden keine
verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber. Der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes vom 4. März 2004 - 1 BvR 88/00 - (NJW 2004, S.
1648) hätten die strukturellen Besonderheiten eines Stadtstaates zugrunde
gelegen (Hamburg). In Hessen sei die Situation anders; nach dem Stand
31.12.2004 entfielen auf die in den hessischen Krankenhausplan aufgenommenen
35.600 Betten rund 20.700 auf öffentliche, rund 12.100 auf frei gemeinnützige und
immerhin rund 2.850 Betten auf private Träger. Diese Zahlen dürften sich noch
ändern. Auch der hessischen Krankenhausplanung sei vor dem Hintergrund
insbesondere des Kosten- und Konkurrenzdruckes die Tendenz in der
Krankenhausplanung zur Schwerpunktbildung und Spezialisierung bekannt,
entsprechende Entwicklungen würden sowohl von den zuständigen
Krankenhauskonferenzen als auch vom Ministerium durch eigene planerische
Initiativen unterstützt, um die wirtschaftliche Existenz der Krankenhäuser und
damit die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung möglichst optimal
sicherzustellen. Gegenstand der Bedarfsplanung sei aber immer nur die
Ausweisung einer bestimmten Bettenzahl für ein bestimmtes Fachgebiet der
Weiterbildungsordnung.
Wegen der Erforderlichkeit einer flächendeckenden Notfallversorgung stelle sich in
einem relativ großen Flächenstaat das Problem des planerischen Vorrangs von
Allgemeinkrankenhäusern anders dar als in einem Stadtstaat. Vor diesem
Hintergrund könne es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sein, wenn der
hessische Krankenhausplan als die Ausübung des Ermessens bindende
innerdienstliche Weisung die Planaufnahme von Spezialkliniken für bestimmte
Krankheitsbilder nur unter ganz engen Voraussetzungen vorsehe. Eine strukturelle
Benachteiligung privater Kliniken könne darin nicht gesehen werden. Aufgrund des
vom Krankenhausplan grundsätzlich nicht gewollten Charakters einer Spezialklinik
könnten daher auch irgendwelche weitergehenden Ermessenserwägungen im
Hinblick auf eine Reduzierung der Planbetten anderer Kliniken des Frankfurter
Raumes nicht entscheidungserheblich sein.
28
29
30
31
32
33
34
Weiterhin sei der Beklagte nicht frei von Zweifeln bezüglich der erforderlichen
Zuverlässigkeit der Klägerin zu 2). Dies ergebe sich aus früheren Aktivitäten des
Geschäftsführers der Klägerin. Entgegen der Ansicht der Klägerin zu 2) komme es
im vorliegenden Fall auch deswegen nicht auf eine Ausrichtung der
Krankenhausplanung nur nach Fachgebieten an, weil das Land Hessen ein
eigenständiges Fachkonzept für die onkologische Versorgung entwickele und seine
Planung durch die Ausweisung von Tumorzentren und onkologischen
Schwerpunkten als besondere Aufgabe nach § 17 Abs. 5 HKHG danach ausrichte.
Die Gesamtausrichtung des klägerischen Projektes entspreche durchaus den
grundsätzlichen planerischen Vorstellungen des Landes. Dieses Konzept mit
seiner Systemtherapie und interdisziplinären Fallsteuerung werde - zumindest
ansatzweise - bereits in hessischen onkologischen Zentren und Kliniken praktiziert.
Schließlich könne das Konzept, das die Klägerin zu 2) verfolge, auch von den
Allgemeinkrankenhäusern bzw. von den vorhandenen onkologischen
Schwerpunkten und Tumorzentren wahrgenommen werden. Weiterhin sei bei einer
Entscheidung über die Aufnahme einer neuen Klinik in den Krankenhausplan und
sich einer daraus möglicherweise ergebenden Notwendigkeit des Abbaus
vorhandener Betten unbedingt auch zu berücksichtigen, dass hierdurch durch
Steuermittel geschaffene Kapazität vernichtet werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behördenakten und die gewechselten
Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht entscheidet im schriftlichen Verfahren (§ 101 Abs. 2 VwGO), da die
Beteiligten dem in dem Erörterungstermin vom 27.02.2007 zugestimmt haben.
Da die Klägerin zu 1), die Fa. ..., ihre Klage zurückgenommen hat, ist das
Verfahren insoweit einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO).
Die Klage der Klägerin zu 2) ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass der
Bescheid vom 15. Juni 2005, in dem der Beklagte unter dem Betreff „Ihr Antrag
vom 28.08.2003 an den Vorsitzenden der Krankenhauskonferenz
Frankfurt/Offenbach vom 28.08.2003“ den Antrag der ..., Königstein, auf Aufnahme
des in Frankfurt am Main mit 129 Betten vorgesehenen interdisziplinären
Zentrums für onkologische Erkrankungen in den Krankenhausplan des Landes
Hessen abgelehnt hat, nicht an die Klägerin zu 2), die Fa. ..., sondern an die
Klägerin zu 1), die ... gerichtet ist. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 1.
August 2006 diesbezüglich ausgeführt, dass in einer möglicherweise leichtfertigen
Missachtung des Vertretungshinweises in dem Antragsschreiben vom 28. August
2003 der angefochtene Bescheid vom 15. Juni 2005 an die Klägerin zu 1) gerichtet
worden sei, selbstverständlich er aber ausschließlich die beabsichtigte Trägerin der
Klinik, somit die Klägerin zu 2), betreffen sollte. Der Beklagte hat demzufolge in
dem Rubrum seines Bescheides die Antragstellerin, deren Antrag auf Aufnahme in
den Krankenhausplan des Landes Hessen er abgelehnt hat, falsch bezeichnet.
Dies folgt auch aus dem Bescheid selbst. Im Betreff des Bescheides ist
ausgeführt: „Ihr Antrag vom 28.08.2003“, woraus folgt, dass der Beklagte diesen
von der Klägerin zu 1) namens der Klägerin zu 2) gestellten Antrag auf Aufnahme
in den Krankenhausplan bescheiden wollte. Des Weiteren ist auch im ersten Satz
der Begründung des Bescheides dargetan, dass die Klägerin zu 1) „nach
wiederholten Erörterungen mit den verschiedenen Beteiligten ... mit Schreiben
vom 28. August 2003 an den Vorsitzenden der Krankenhauskonferenz
Frankfurt/Offenbach namens ihrer Tochtergesellschaft ..., Königstein im Taunus,
beantragt“ hatte, die Errichtung eines interdisziplinären Zentrums für
onkologische Erkrankungen in das Planungskonzept einzubeziehen. Diese
Bezugnahme auf das Vertretungsverhältnis macht deutlich, dass in dem Bescheid
tatsächlich der Antrag der Klägerin zu 2) auf Aufnahme in den Krankenhausplan
abgelehnt worden ist und nicht ein Antrag der Klägerin zu 1).
Die Klage der Klägerin zu 2) ist in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang
begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 15. Juni 2005, in dem der Beklagte
den Antrag der Klägerin zu 2) auf Aufnahme in den Krankenhausplan des Landes
Hessens abgelehnt hat, erweist sich als rechtswidrig und verletzt die Klägerin zu 2)
in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Mangels Spruchreife der Sache (§ 113 Abs.
5 S. 2 VwGO) hat die Klägerin zu 2) keinen Anspruch auf Ausspruch der begehrten
Verpflichtung (Aufnahme in den Krankenhausplan des Landes Hessen) durch das
35
36
37
38
39
40
41
42
Verpflichtung (Aufnahme in den Krankenhausplan des Landes Hessen) durch das
Gericht, sondern auf eine Neubescheidung ihres Antrages unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichtes unter gleichzeitiger Aufhebung des rechtswidrigen
Bescheides vom 15. Juni 2005.
Der Bescheid vom 15. Juni 2005 ist rechtswidrig.
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) wird die
Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan durch Bescheid
festgestellt, gegen den dann der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. Nach § 8
Abs. 2 Satz 1 KHG besteht ein Anspruch auf Feststellung der Aufnahme in den
Krankenhausplan nicht. Bei einer notwendigen Auswahl zwischen mehreren
Krankenhäusern entscheidet die zuständige Landesbehörde, diese ist nach § 19
Abs. 1 Satz 1 des Hessischen Krankenhausgesetzes (HKHG) das für das
Gesundheitswesen zuständige Ministerium, unter Berücksichtigung der
öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach
pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Zielen der
Krankenhausplanung des Landes am Besten gerecht wird.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (vgl. statt
vieler, Urteil vom 16.01.1986 - 3 C 37/83 -, in NJW 1986, Seite 1561 und auch
zusammenfassend Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 04.03.2004 -
1 BvR 88/00 - in NJW 2004, Seite 1684 ff.), der sich die Kammer anschließt,
bestehen trotz des missverständlichen Wortlauts dieser Bestimmungen
angesichts der erheblichen wirtschaftlichen und rechtlichen Bedeutung für die
Krankenhäuser grundsätzlich Rechtsansprüche auf Aufnahme in den
Krankenhausplan durch Feststellungsbescheide (vgl. hierzu auch Urt. des Thür.
OVG vom 29.08.2006 - 2 KO 73/05 - in ThürVBl. 2007, Seite 112 ff.). Bei dieser
Entscheidung über die Feststellung der Aufnahme eines Krankenhauses in den
vorhandenen Krankenhausplan ist zwischen zwei Entscheidungsstufen zu
differenzieren.
In der ersten Entscheidungsstufe sind die für eine bedarfsgerechte Versorgung der
Bevölkerung in Betracht kommenden leistungsfähigen und mit wirtschaftlichen
Pflegesätzen versehenen Krankenhäuser zu erfassen. Dementsprechend ist in § 1
Abs. 1 HKHG geregelt, dass Ziel des Gesetzes ist, im Land Hessen eine patienten-
und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung durch ein flächendeckendes
gegliedertes System qualitativ leistungsfähiger und eigenverantwortlich
wirtschaftender Krankenhäuser sicherzustellen und zu sozial tragbaren
Vergütungen beizutragen. Sollte die Gesamtzahl der Betten in solchermaßen
qualifizierten Krankenhäusern die benötigte Bettenzahl unterschreiten, so besteht
folgerichtig keine Notwendigkeit, zwischen mehreren geeigneten Krankenhäusern
auszuwählen. In diesem Fall hat jedes nach der ersten Entscheidungsstufe
qualifizierte Krankenhaus einen direkten Anspruch auf Aufnahme in den
Krankenhausplan.
Ist dagegen die Zahl der in diesen Krankenhäusern vorhandenen Betten höher als
die Zahl der benötigten Betten, ergibt sich auf einer zweiten Entscheidungsstufe
die Notwendigkeit einer Auswahl unter mehreren Krankenhäusern.
Während die auf der ersten Entscheidungsstufe maßgeblichen Kriterien der
Bedarfsgerechtigkeit, Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit als unbestimmte
Rechtsbegriffe der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegen, ist die auf der zweiten
Stufe im Rahmen des Auswahlermessens zu treffende Feststellungsentscheidung
nur eingeschränkt richterlich dahingehend überprüfbar, ob die Behörde ihr
(Auswahl)Ermessen ermessensfehlerfrei ausgeübt hat.
Im vorliegenden Fall ist das von der Klägerin zu 2) (geplante und zu errichtende)
Krankenhaus als bedarfsgerecht, leistungsfähig und wirtschaftlich anzusehen, so
dass die Klägerin zu 2) die Voraussetzungen der ersten Entscheidungsstufe erfüllt.
Das geplante Krankenhaus der Klägerin zu 2), ein interdisziplinäres Zentrum für
onkologische Erkrankungen, ist bedarfsgerecht. Bedarfsgerecht ist ein
Krankenhaus dann, wenn es nach seinen objektiven Gegebenheiten in der Lage ist,
einen vorhandenen Bedarf zu befriedigen. Dies ist einmal der Fall, wenn das zu
beurteilende Krankenhaus und die von ihm angebotenen Betten notwendig sind,
um den in seinem Einzugsbereich vorhandenen Bettenbedarf zu decken, weil
andernfalls ein Bettenfehlbestand gegeben wäre. Zum anderen ist ein
Krankenhaus aber auch dann bedarfsgerecht, wenn es neben anderen
Krankenhäusern geeignet ist, den vorhandenen Bedarf zu decken. Bei der über
43
44
45
46
47
48
49
50
Krankenhäusern geeignet ist, den vorhandenen Bedarf zu decken. Bei der über
diese Eignung (Bedarfsgerechtigkeit im engeren Sinne) zu treffenden
Entscheidung müssen jedoch auf der ersten Entscheidungsstufe die Ziele der
Krankenhausplanung noch außer Betracht bleiben, da diese erst auf der zweiten
Entscheidungsstufe bei der Auswahl zwischen mehreren Krankenhäusern zu
berücksichtigen sind (vgl. hierzu Urt. des VG Minden vom 15.06.2005 - 3 K 7333/03
-, juris, m. w. N.).
Grundsätzlich hat zur Feststellung der Bedarfsgerechtigkeit eine Analyse des
maßgeblichen Bedarfs sowie des vorhandenen Krankenhausbestandes
vorauszugehen. Dies bedeutet, dass im Rahmen einer Bedarfsanalyse der
gegenwärtige und voraussichtlich in der Zukunft zu erwartende tatsächliche Bedarf
der beantragten Betten unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung in
dem Einzugsbereich, dessen Bevölkerung versorgt werden soll, zu erfolgen hat;
ferner eine Krankenhausanalyse, die die tatsächlichen Versorgungsbedingungen in
den einzelnen Krankenhäusern, die in den Krankenhausplan aufgenommen worden
sind, nach Standort, Bettenzahl und Fachrichtungen beschreibt (vgl. hierzu und
zum Folgenden: VG Minden, a. a. O.). Der Beklagte hat demzufolge zunächst allein
auf tatsächlichem Gebiet liegende Feststellungen zu treffen, des Weiteren - soweit
es die künftige Entwicklung und die diesbezüglich zu erstellende Zukunftsprognose
betrifft - auch auf vorhandenen Daten beruhende nachvollziehbare
Einschätzungen der künftigen Entwicklung vorzunehmen.
An einer solchen Bedarfsanalyse fehlt es im vorliegenden Fall. Im Hessischen
Krankenhausrahmenplan 2005 - Besonderer Teil: Regionale Versorgungskonzepte
- (veröffentlicht im Staatsanzeiger für das Land Hessen 2005, Seite 3907 ff., 3913)
ist unter Ziffer 1.4.7. Onkologische Versorgung diesbezüglich ausgeführt:
Unter die besonderen Aufgaben im Sinne § 17 Abs. 5 HKHG fallen unter anderem
auch die Einrichtung eines Tumorzentrums oder eines onkologischen
Schwerpunktes.
Auf der Grundlage eines 1981 initiierten Modellprogramms des Bundes und der
Länder zur Verbesserung der Krebsbekämpfung in Deutschland wurden in Hessen
erstmals 1987 Tumorzentren und onkologische Schwerpunkte ausgewiesen.
...Zunächst wurden 1987 in Hessen drei Tumorzentren und vier onkologische
Schwerpunkte ausgewiesen. Die Zahl der onkologischen Schwerpunkte hat sich bis
zum Jahr 2005 auf 10 erhöht.
Da sich in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten die medizinisch-fachlichen
Konzepte zur Behandlung von Krebserkrankungen weiter entwickelt haben, sieht
das Hessische Sozialministerium die Notwendigkeit, das bestehende Fachkonzept
zur Anerkennung von Tumorzentren und onkologischen Schwerpunkten zu
überprüfen. Ziel ist, die Versorgung von Patienten mit Krebserkrankungen über
strukturelle Vorgaben zu optimieren.
Der Weiterentwicklung des Fachkonzeptes geht eine Erhebung zur gegenwärtigen
onkologischen Versorgung in Hessen voraus, bei der die Behandlungsleistungen
und die dafür vorgehaltenen diagnostischen und therapeutischen Strukturen aller
hessischen Plankrankenhäuser abgefragt werden. ...Da gerade bei der Behandlung
von Krebserkrankungen sektorenübergreifende Behandlungsketten zukünftig
weiter an Bedeutung gewinnen werden, würde der ausschließliche Blick auf die
stationären Strukturen nur ein unvollständiges Bild des derzeitigen Standes der
onkologischen Versorgung in Hessen bieten. In einer zweiten Erhebung wurden
daher in Abstimmung und mit Unterstützung der Kassenärztlichen Vereinigung
Hessen alle ambulant tätigen, onkologisch verantwortlichen Ärztinnen und Ärzte in
Hessen zu ihrem diagnostischen und therapeutischen Leistungsspektrum und
ihrer Einbindung in die regionalen Versorgungsstrukturen befragt. ...Die
Auswertung der Gesamterhebung wird in der zweiten Jahreshälfte 2005
abgeschlossen sein. Auf der Grundlage der Erhebungsergebnisse wird zum einen
das Fachkonzept weiter entwickelt und zum anderen werden die dem Hessischen
Sozialministerium derzeit vorliegenden Anträge auf Ausweisung eines
onkologischen Schwerpunktes beschieden.
Im gerichtlichen Erörterungstermin vom 27.02.2007 haben die Vertreter des
Beklagten weiter ausgeführt:
In der Folge ist dann eine Planungsgruppe bzw. eine besondere Arbeitsgruppe der
Krankenhauskonferenz Frankfurt/Offenbach gebildet worden, die tatsächliche,
statistische und weitere Erhebungen über die onkologische Versorgung bezogen
51
52
53
54
55
56
57
statistische und weitere Erhebungen über die onkologische Versorgung bezogen
auf das Stadtgebiet Frankfurt erheben und in der Folge einen Plan für die weitere
Entwicklung der onkologischen Versorgung in diesem Gebiet erstellen sollte. Diese
Planung ist bis heute nicht abgeschlossen. Wie bereits schriftsätzlich vorgetragen
ist davon auszugehen, dass zumindest die statistischen Erhebungen bis Mai 2007
abgeschlossen sind ..., eine Entscheidung über das weitere Vorgehen, bezogen auf
die onkologische Versorgung, wird dann noch in diesem Jahr fallen.
Der gegenwärtige und voraussichtlich in der Zukunft zu erwartende tatsächliche
Bedarf an Krankenhausbetten für ein interdisziplinäres Zentrum für onkologische
Erkrankungen ist somit von dem Beklagten noch nicht ermittelt, nach wie vor
befindet sich der Beklagte in dieser Ermittlungsphase, die zu einem von dem
Gericht nicht genauer zu prognostizierenden Zeitpunkt abgeschlossen sein wird.
Das Gericht sieht sich dennoch in der Lage, auch ohne abgeschlossene
Bedarfsanalyse die - grundsätzliche - Bedarfsgerechtigkeit des klägerischen
Krankenhauses zu bejahen.
Dabei kommt es bei der Frage der Bedarfsgerechtigkeit (noch) nicht darauf an,
dass die Klägerin zu 2) mit dem von ihr geplanten Krankenhaus ein besonderes
interdisziplinäres Konzept der onkologischen Versorgung verfolgt. Es kommt allein
darauf an, ob den von der Klägerin zu 2) konkret angebotenen Betten ein
tatsächlicher Bettenbedarf an onkologischer Versorgung gegenübersteht. Darin
bestehen von gerichtlicher Seite aus keine Zweifel. Wie bereits von der Klägerin zu
2) in ihrem Antrag an den Vorsitzenden der Krankenhauskonferenz
Frankfurt/Offenbach vom 28. August 2003 ausgeführt, sollen mit den beantragten
129 Betten im Jahr 7800 onkologische Fälle behandelt werden, die unterschiedliche
Fachbereiche betreffen. Zutreffend hat die Klägerin zu 2) ausgeführt, dass sich
den im Antrag vom 28. August 2003 genannten Fallzahlen für die einzelnen
Fachbereiche ohne weiteres jeweils eine konkrete Bettenzahl für die einzelnen
Fachbereiche zuordnen lasse. Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens hat die
Klägerin zu 2) ausgeführt, dass sich die Gesamtzahl von 129 Betten den
Fachbereichen Innere Medizin mit 53 Betten, Chirurgie mit 41 Betten, Gynäkologie
mit 15 Betten, Urologie mit 14 Betten, HNO mit 4 Betten und Dermatologie und
Orthopädie mit jeweils einem Bett zuordnen lasse. Der Beklagte ist dem nicht
entgegengetreten. Dass ein Bedarf an derartigen Betten zur Behandlung von
Krebserkrankungen grundsätzlich besteht, ist nicht zu bezweifeln. Dies hat auch
der Vertreter des Beklagten in dem Erörterungstermin vom 27.02.2007 bestätigt,
in dem er bezüglich der Frage der Bedarfsgerechtigkeit darauf hingewiesen hat,
dass nach seinem Rechtsverständnis das Land in seinem Bescheid implizit einen
Bedarf bejaht habe, so dass eine Entscheidung auf der ersten Stufe gefallen sei.
Und zwar - dies sei hier von gerichtlicher Seite hinzugefügt - im für die Klägerin zu
2) positiven Sinne.
Das von der Klägerin zu 2) geplante Krankenhaus ist nach derzeitigem Sach- und
Erkenntnisstand auch leistungsfähig und kostengünstig. Wie von der Klägerin zu 2)
in der Klagebegründung unter Hinweis auf die dem Antrag vom 28.08.2003
beigefügten Gutachten der KPMG vom 9.3.2000 sowie dessen Fortschreibung vom
3. Juni 2002 ausgeführt, entspricht das geplante Krankenhaus den nach dem
heutigen Stand der medizinischen Wissenschaft an ein der onkologischen
Versorgung dienendes Krankenhaus zu stellenden Anforderungen. Der Beklagte ist
dem nicht entgegengetreten, vielmehr hat er in seiner Klageerwiderung
ausgeführt, zur medizinischen Leistungsfähigkeit sei festzustellen, dass das dem
klägerischen Projekt zugrundeliegende Konzept einer indisziplinären,
sektorübergreifenden und integrativen Gesamtausrichtung neuerer medizinischer
Entwicklungen ... durchaus auch den grundsätzlichen planerischen Vorstellungen
des Landes entspreche.
Auch die von der Klägerin zu 2) substantiiert vorgetragene Kostengünstigkeit -
entsprechend Wirtschaftlichkeit in Bezug auf sozial tragbare Vergütungen gemäß §
1 Abs. 1 HKHG - wird von dem Beklagten nicht in Frage gestellt.
Im Ergebnis erfüllt somit das von der Klägerin zu 2) geplante Krankenhaus die auf
der ersten Entscheidungsstufe geforderten Voraussetzungen der
Bedarfsgerechtigkeit, Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit.
Die von dem Beklagten nunmehr zu treffende und nach den Angaben des
Vertreters des Beklagten im Erörterungstermin vom 28.02.2007 getroffene
Auswahlentscheidung zwischen den in Betracht kommenden Krankenhäusern
erweist sich als ermessensfehlerhaft und demzufolge rechtswidrig. Der Bescheid
58
59
60
61
62
63
erweist sich als ermessensfehlerhaft und demzufolge rechtswidrig. Der Bescheid
vom 15.06.2005 ist aufzuheben.
Das Gericht kann den Beklagten aber nicht zum Erlass des begehrten
Feststellungsbescheides verpflichten, weil die Sache noch nicht spruchreif ist (§
113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Der Beklagte hat den Antrag der Klägerin zu 2) nach dem Inhalt des Bescheides
vom 15.6.2005 zunächst mit der Begründung abgelehnt, die Krankenhausplanung
des Landes Hessens beschränke sich dem Grunde nach auf die Fachgebiete der
Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen und Subdisziplinen der
Fachgebiete bzw. einzelne Krankheitsbilder würden in der Regel nicht beplant.
Weiterhin sei Allgemeinkrankenhäusern mit ihrem breit gefächerten
Interdisziplinären Angebot nach der Planungsphilosophie des Landes Hessen der
Vorrang vor Spezialkliniken einzuräumen, um eine Zersplitterung der
Krankenhauslandschaft zu verhindern. Nur ausnahmsweise könne die Aufnahme
einer Spezialklinik in den Plan erfolgen, allerdings grundsätzlich nur für das volle
Leistungsspektrum eines Fachgebietes nach der Weiterbildungsordnung. Soweit
für Patientinnen und Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern besondere
Versorgungsangebote für notwendig erachtet werden sollten, habe dies vorrangig
durch Schwerpunktbildung an Allgemein- oder Fachkrankenhäusern zu erfolgen.
Hierfür sprächen auch fiskalische Gesichtspunkte.
Diese Begründung - auf die der Beklagte in seiner Klagebegründung ausdrücklich
Bezug genommen hat - vermag die ablehnende Entscheidung rechtlich nicht zu
tragen, sie erweist sich als ermessensfehlerhaft. Das als erstes vorgebrachte
Argument, die Krankenhausplanung des Landes Hessen beschränke sich dem
Grunde nach auf die Fachgebiete der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und
Ärzte in Hessen, Subdisziplinen der Fachgebiete bzw. einzelne Krankheitsbilder
würden in der Regel nicht beplant, steht bereits mit dem Krankenhausplan des
Landes Hessen im Widerspruch. Erkennbar betrachtet der Beklagte die von der
Klägerin zu 2) geplante interdisziplinäre onkologische Versorgung als grundsätzlich
nicht vom Land Hessen beplante „Subdisziplin“. Hierzu ist festzustellen, dass die
„Subdisziplin“ Onkologie bzw. onkologische Versorgung ausdrücklich unter Ziffer
1.4.7. des Hessischen Krankenhausrahmenplans 2005 - Besonderer Teil: Regionale
Versorgungskonzepte - seit dem Jahre 1987 beplant worden ist. Im
Krankenhausplan ist ausgeführt, dass seit 1987 Tumorzentren und onkologische
Schwerpunkte ausgewiesen worden sind, weiter, dass „das Bestehen des
Fachkonzepts zur Anerkennung von Tumorzentren und onkologischen
Schwerpunkten“ überprüft werden soll. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen zu
der Feststellung, dass entgegen dem Vortrag des Beklagten seit ca. 2 Jahrzehnten
die onkologische Versorgung in Tumorzentren oder onkologischen Schwerpunkten
ohne Bezugnahme auf nach der Weiterbildungsordnung ausgewiesene
Fachbereiche übergreifend beplant wird. Von daher kommt es auf den -
zutreffenden - weiteren Einwand der Klägerin zu 2), die 129 Betten ließen sich ohne
weiteres den jeweiligen Fachgebieten zuordnen, nicht mehr an. Laut dem
Krankenhausplan ist die onkologische Versorgung in Hessen Gegenstand eines
eigenständigen aufgestellten oder aufzustellenden Planungskonzepts.
Auch der Hinweis des Beklagten auf das Urteil des Verwaltungsgerichtes Frankfurt
vom 22.3.2005 geht fehl.
Die Ausführungen in diesem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt vom
22.03.2005, Az.: 5 E 4582/02 (Migräneklinik), betreffen einen völlig anderen
Sachverhalt.
In diesem Verfahren, in dem es um die Aufnahme einer Migräneklinik in den
Krankenhausplan des Landes Hessen ging, bezweifelte die 5. Kammer des
Verwaltungsgerichts Frankfurt bereits die Notwendigkeit der Behandlung von
Migräne in einem Krankenhaus, demgegenüber steht die - zumindest zeitweise -
notwendige Behandlung einer onkologischen Erkrankung in einem Krankenhaus
hier außer Frage. Darüber hinaus enthält der Krankenhausplan des Landes Hessen
bezogen auf das Krankheitsbild Migräne keinerlei planerische Vorgaben; nur in
diesem Sinne sind die Ausführungen in dem Urteil der 5. Kammer des
Verwaltungsgerichts Frankfurt vom 22.03.2005 zu verstehen, dass das Land
Hessen aus zutreffenden Erwägungen nur bettenführende Fachgebiete der
Weiterbildungsordnung des Landes Hessen und grundsätzlich keine
Krankheitsbilder beplant. Wie oben bereits ausgeführt, gibt es bei der
onkologischen Versorgung jedoch planerische Vorgaben im Krankenhausplan, so
64
65
66
67
68
69
70
onkologischen Versorgung jedoch planerische Vorgaben im Krankenhausplan, so
dass es sich hier im Gegensatz zum Krankheitsbild Migräne um ein beplantes
Gebiet handelt. Schließlich scheint dies der Beklagte auch selbst so zu sehen, der
in der Klageerwiderung - entgegen seiner bisherigen Argumentation - ausführt,
entgegen der Ansicht der Klägerinnen (?) komme es im vorliegenden Fall auch
deswegen nicht auf eine Ausrichtung der Krankenhausplanung nur nach
Fachgebieten an, weil das Land Hessen ein eigenständiges Fachkonzept für die
onkologische Versorgung entwickele und seine Planung durch die Ausweisung von
Tumorzentren und onkologische Schwerpunkte als besondere Aufgabe nach § 17
Abs. 5 HKHG danach ausrichte.
Dieser Vortrag des Beklagten stellt die bisherige Argumentation des Beklagten zu
dieser Fragestellung auf den Kopf und zeigt nochmals deutlich auf, dass diese zur
Ablehnung des Antrags der Klägerin zu 2) herangezogene Begründung rechtlich
nicht haltbar ist.
Auch die weitere Erwägung in dem Bescheid vom 15.6.2005,
Allgemeinkrankenhäusern mit ihren breit gefächerten interdisziplinären Angeboten
seien nach der Planungsphilosophie des Landes Hessen der Vorrang vor
Spezialkliniken einzuräumen, um eine Zersplitterung der Krankenhauslandschaft
zu verhindern und demzufolge habe, soweit für Patientinnen und Patienten mit
bestimmten Krankheitsbildern besondere Versorgungsangebote für notwendig
erachtet werden sollten, dies vorrangig durch Schwerpunktbildung an Allgemein-
oder Fachkrankenhäusern zu erfolgen, erweist sich als ermessensfehlerhaft und
damit rechtswidrig, da eine solche generelle Benachteiligung spezialisierter
privater Kliniken den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG
nicht genügt.
Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu in seinem Beschluss vom 04.03.2004 (-
1 BvR 88/00 -, abgedruckt in NJW 2004, Seite 1648 ff.) ausgeführt:
Die strukturelle Benachteiligung privater Krankenhäuser mit einem spezialisierten
Angebot beruht vorliegend auch darauf, dass die Planungsbehörde generell
Häuser bevorzugt, die eine breitbasige Allgemeinversorgung und eine
flächendeckende Not- und Unfallversorgung sicherstellen. Mit diesen Merkmalen
werden private Krankenhäuser im Verhältnis zu großen kommunalen oder
freigemeinnützigen Häusern benachteiligt, auch ohne ausdrückliche Erwägungen
in diese Richtung. Abgesehen davon, dass die Struktur der bisher vorhandenen
Plankrankenhäuser diesen Anspruch nicht unbedingt widerspiegelt, vernachlässigt
dieser Ansatz, dass das Krankenhausfinanzierungsgesetz auf dem Prinzip der
abgestuften Krankenhausversorgung beruht. Nicht alle Krankenhäuser müssen
über den gleichen medizinischen Standard in technischer und personeller Hinsicht
verfügen.Ein genereller Rechtssatz, dass größere Häuser mit einem umfassenden
Leistungsangebot zu bevorzugen seien, lässt sich dem
Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht entnehmen. Er wäre auch
verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen ... . Damit würde größeren
Versorgungseinheiten eine Priorität eingeräumt, für die es jedenfalls in dieser
Allgemeinheit keinen sachlichen Grund gibt. Private Krankenhäuser würden hiervon
in besonderem Maße betroffen, weil sie, wie auch die Bf., regelmäßig nur über ein
begrenztes Bettenkontingent verfügen und in Spezialgebieten tätig sind.
Diese Ausführungen des Bundesverfassungsgerichtes machen deutlich, dass eine
generelle oder grundsätzliche Bevorzugung von Allgemeinkrankenhäusern
gegenüber Privatkliniken mit einem spezialisierten Angebot, wie auch von dem
Beklagten im vorliegenden Verfahren praktiziert, verfassungsrechtlich nicht haltbar
ist.
Auch die in der Klagebegründung diesbezüglich - zulässigerweise
nachgeschobenen (§ 114 Satz 2 VwGO) - Ermessenserwägungen greifen nicht.
Soweit der Beklagte ausführt, der anhängige Streitfall sei mit dem Hamburger Fall,
der dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zugrunde lag, nicht
vergleichbar, da dem die strukturellen Besonderheiten eines Stadtstaates
zugrunde gelegen hätten und sich diese Problematik in einem relativ großen
Flächenstaat wie Hessen wegen der Erforderlichkeit einer flächendeckenden
Notfallversorgung ganz anders darstelle, sind diese Ausführungen - zumindest in
ihrer Allgemeinheit - wenig überzeugend. Die maßgeblichen Überlegungen hierzu
hat der Beklagte in dem Erörterungstermin vom 27.02.2007 dargelegt, in dem
seine Vertreter ausgeführt haben:
71
72
73
74
75
76
Des Weiteren ist zu bedenken, dass die Allgemeinkrankenhäuser, die über ganz
Hessen verteilt sind, einen erheblichen Teil ihrer derzeit vorhandenen Betten - im
Plan ausgewiesene Betten - auch für die onkologische Versorgung bereitstellen.
Ließe man nun eine Spezialklinik für onkologische Versorgung mit einer
erheblichen Kapazität im Rhein-Main-Gebiet oder wo auch immer zu, hätte dies zur
Folge, dass mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein Großteil dieser Betten für die
onkologische Versorgung an den über ganz Hessen verteilten
Allgemeinkrankenhäusern abgebaut werden müssten. Wie bereits dargetan, ist es
aber für eine gesetzlich vorgeschriebene Versorgung wichtig, diese Krankenhäuser
zu erhalten. Letztendlich hätte dies zur Folge, dass die Wirtschaftlichkeit dieser
Krankenhäuser sehr gefährdet wäre, letztendlich sogar damit zu rechnen wäre,
dass sie strukturell unwirtschaftlich werden.
Diese Ausführungen des Beklagten sind rechtlich nicht haltbar. Zunächst
widersprechen sie - wie ausgeführt - der Rechtsprechung des
Verfassungsgerichtes. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom
04.03.2004 lässt sich eine Beschränkung auf die im Stadtstaat Hamburg
bestehenden tatsächlichen Verhältnisse nicht entnehmen - vielmehr lässt die
Entscheidung erkennen, dass das Bundesverfassungsgericht hier Grundsätzliches
zum Verhältnis von Spezialkliniken und Allgemeinkrankenhäusern und dessen
Ausformung in der Krankenhausplanung eines Landes ausgeführt hat. Des
Weiteren hat der Bevollmächtigte der Klägerin zu 2) auch zutreffend darauf
hingewiesen, dass sich die Situation im Versorgungsgebiet Frankfurt/Offenbach
durchaus mit den in einem Stadtstaat bestehenden Verhältnissen
krankenhausrechtlicher Art vergleichen ließe. Da die Krankenhausversorgung
grundsätzlich versorgungsgebietsbezogen zu betrachten ist, greift schon deshalb
der Einwand des Beklagten hier nicht durch.
Die von dem Beklagten geäußerten Befürchtungen, die Wirtschaftlichkeit der
Allgemeinkrankenhäuser in Hessen könne durch eine Spezialklinik wie die der
Klägerin zu 2) gefährdet werden, ist darüber hinaus weder mit
Tatsachenfeststellungen unterlegt, die - wenigen - festgestellten Tatsachen
widersprechen dieser Behauptung und schließlich setzt sich der Beklagte durch
sein eigenes Verhalten auch mit dieser Argumentation in Widerspruch.
Tatsächliche Feststellungen, die einen substantiierten Rückschluss darauf zuließen,
dass die von der Klägerin zu 2) geplante Spezialklinik für interdisziplinäre
onkologische Behandlungen süd-, mittel- oder nordhessische
Allgemeinkrankenhäuser dadurch wirtschaftlich gefährden könne, indem sie ihnen
im erheblichem Ausmaße Patienten entzieht, hat der Beklagte nicht angestellt. Für
das Gericht ist es nicht nachvollziehbar, auf welche konkreten Anhaltspunkte sich
diese Befürchtung des Beklagten gründet. Schon aus diesem Grunde ist diese rein
spekulative Erwägung rechtlich unerheblich.
Darüber hinaus hat der Beklagte bereits in seinem Bescheid vom 15. Juni 2005
ausgeführt, dass „die Krankenhauskonferenz nach meiner Kenntnis entsprechend
ihrem Antrag davon ausgegangen (sei), dass das von ihnen vorgesehene
interdisziplinäre Krebstherapiezentrum nur 9,3% des Gesamtpotentials stationärer
onkologischer Behandlungsfälle des Versorgungsgebietes Frankfurt/Offenbach
abdecken will und dafür kein Bedarf besteht“. Es ist für das Gericht unerklärlich,
wie der Beklagte aus dem Umstand, dass die Klägerin zu 2) bezogen auf das
Versorgungsgebiet Frankfurt/Offenbach noch nicht einmal 10% des
Gesamtpotentials stationärer onkologischer Behandlungsfälle versorgen kann, zu
der Schlussfolgerung gelangt, die Klägerin zu 2) gefährde durch ihre Existenz die
Wirtschaftlichkeit anderer außerhalb dieses Versorgungsgebietes befindlicher
Allgemeinkrankenhäuser. Auch wenn die Klägerin zu 2)
versorgungsgebietsübergreifende Behandlungen anstrebt, ändert dies nichts
daran, dass ihr angestrebtes Angebot an Krankenhausbetten hessenweit gesehen
wenig ins Gewicht fallen dürfte. Die Klägerin zu 2) strebt die Behandlung von 7800
onkologischen Fällen im Jahr an, die nur einen relativ geringen Anteil an den von ihr
unbestritten behaupteten 116.000 jährlichen Krankenhausaufenthalten im
onkologischen Bereich pro Jahr in Hessen ausmachen. Weitere konkrete Zahlen
bzw. Berechnungen liegen dem Gericht allerdings hierzu nicht vor, der Beklagte
hat nicht einmal den Versuch unternommen, seine Behauptungen durch Fakten zu
belegen. Die von dem Beklagten gezogenen Schlüsse lassen sich aus dem bisher
vorliegenden Zahlenmaterial nicht herleiten.
Die von dem Beklagten vorgebrachte Befürchtung, die geplante Klinik der Klägerin
76
77
78
79
80
81
Die von dem Beklagten vorgebrachte Befürchtung, die geplante Klinik der Klägerin
zu 2) gefährde die Wirtschaftlichkeit anderer Allgemeinkrankenhäuser, widerspricht
auch ihrem eigenen Vorbringen.
So hat der Beklagte in seiner Klageerwiderung vom 1. August 2006 ausgeführt,
dass zur medizinischen Leistungsfähigkeit (der Klägerin zu 2) festzustellen sei,
dass das dem klägerischen Projekt zugrundeliegende Konzept einer
interdisziplinären, sektorübergreifenden und integrativen Gesamtausrichtung
neueren medizinischen Entwicklungen - vielleicht eher sogar „Erkenntnissen“ - und
durchaus auch den grundsätzlichen planerischen Vorstellungen des Landes
entspreche. Bei aller Innovation, die das mittlerweise bereits als medizinischer
„Stand der Technik“ anzusehende, auf Integration und interdisziplinäre
Zusammenarbeit ausgerichtete Konzept der Klägerin zu 2) beinhalte, richte es
sich inhaltlich im Wesentlichen zunächst auf die Verbesserung organisatorischer
Abläufe und die Optimierung der aus einer verbesserten Zusammenarbeit
resultierenden medizinischen Erkenntnisse. Es entspreche einer
Selbstverständlichkeit, dass das Konzept mit seiner Systemtherapie und
interdisziplinären Fallsteuerung - zumindest ansatzweise - bereits in hessischen
onkologischen Zentren und Kliniken praktiziert werde. Auch dann, wenn
entsprechende Ansätze einer interdisziplinären Gesamtausrichtung der
onkologischen Versorgung in den hessischen Kliniken in der Praxis noch nicht
vollständig umgesetzt worden sein sollten, gehe der Beklagte davon aus, dass
dies spätestens nach der anstehenden Fortschreibung des Fachkonzepts und der
Erteilung der darauf basierenden neuen Feststellungsbescheide geschehen werde.
Diese Ausführungen des Beklagten zeigen, dass der Beklagte das von der Klägerin
zu 2) vertretene Konzept der onkologischen Versorgung grundsätzlich gut heißt,
weil es den grundsätzlichen planerischen Vorstellungen des Landes entspricht, und
der Beklagte eine Durchsetzung dieses Konzeptes in anderen hessischen Kliniken
anstrebt. Da das Konzept der Klägerin zu 2) aber eine besondere Spezialisierung
und interdisziplinäre Gestaltung der Behandlung onkologischer Fälle vorsieht, lässt
sich daraus schließen, dass der Beklagte selbst in Zukunft mehr Spezialkliniken für
onkologische Behandlungen anstrebt. Dies ist bereits in der Vergangenheit in der
Hessischen Krankenhausplanung deutlich geworden, da der Beklagte - wie im
Krankenhausplan aufgeführt - bereits mehrere Tumorzentren bzw. onkologische
Schwerpunkte ausgewiesen hat; auch aus Ziffer 1.4.7. des besonderen Teiles des
Hessischen Krankenhausrahmenplans 2005 ergibt sich mit ausreichender
Deutlichkeit, dass mit dem Ziel, die Versorgung von Patienten mit
Krebserkrankungen über strukturelle Vorgaben zu optimieren, die weitere
Einrichtungen von Tumorzentren oder onkologischen Schwerpunkten planerisch
zumindest ernsthaft geprüft, wenn nicht angestrebt wird. Angesichts dieser
Umstände ist es derzeit nicht nachvollziehbar, inwieweit die von der Klägerin zu 2)
angestrebte onkologische Versorgung mit Schwerpunktbildung andere hessischer
Allgemeinkrankenhäuser in ihrer Wirtschaftlichkeit gefährden kann, vom Land
Hessen selbst vorgenommene Tumorzentren und Spezialkliniken, die ein ähnliches
Konzept wie die Klägerin zu 2) verfolgen, aber nicht. Hier wäre es Pflicht des
Beklagten, mögliche Unterschiede substantiiert darzulegen; dies ist nicht erfolgt.
Schließlich lässt sich die von dem Beklagten vertretene generelle Bevorzugung
von Allgemeinkrankenhäuser gegenüber Privatkliniken auch nicht aus dem
Hessischen Krankenhausplan herleiten. Unabhängig davon, dass es sich bei
diesem Krankenhausplan um eine innerdienstliche Weisung ohne (direkte)
Außenwirkung handelt, die sich an den gesetzlichen Vorschriften des
Krankenhausfinanzierungsgesetzes und des Hessischen Krankenhausgesetzes
messen lassen muss, sieht der Krankenhausplan entgegen der Darstellung des
Beklagten durchaus die Zulassung von Spezialkliniken vor.
Unter Punkt 4.3.2. des Hessischen Krankenhausrahmenplan 2005 - Allgemeiner
Teil - (abgedruckt im Staatsanzeiger für das Land Hessen, Seite 435 ff., Seite 444)
ist ausgeführt:
Die Neuaufnahme einer Spezialklinik in den Krankenhausplan des Landes Hessen
kann somit nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen, in denen sie wegen
besonderer Leistungsfähigkeit oder sonstiger Umstände den Zielen der
Krankenhausplanung im Vergleich zu den bestehenden Plankrankenhäusern
besser gerecht wird. Auch dann kommt grundsätzlich nur eine Aufnahme für ein
Fachgebiet der Weiterbildungsordnung in Frage. Die Aufnahme einer Klinik, die sich
auf Subdisziplinen oder gar einzelne Krankheitsbilder beschränkt, kann nur in
seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen, wenn etwa ein überragendes
82
83
84
85
86
87
seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen, wenn etwa ein überragendes
medizinisches Angebot nachgewiesen ist, welches Allgemeinkrankenhäuser nicht
anbieten können und nicht integrieren wollen.
Diese Ausführungen in dem Krankenhausplan lassen erkennen, dass
Spezialkliniken - wenn auch unter Einschränkungen und unter besonderen
Voraussetzungen - nach dem gesamtplanerischen Konzept des Landes Hessen
durchaus zugelassen werden können. Unabhängig davon, dass die Anwendung
dieser Vorgaben im konkreten Einzelfall den gesetzlichen Vorgaben und den durch
das Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen entsprechen müssen,
ist der Beklagte selbst bei der Ablehnung des Antrags der Klägerin zu 2) diesen
Anforderungen nicht gerecht geworden. Eine inhaltliche Überprüfung des Konzepts
der Klägerin dahingehend, ob dieses wegen besonderer Leistungsfähigkeit oder
einem überragenden medizinischen Angebot in den Krankenhausplan
aufzunehmen sei, hat der Beklagte nicht vorgenommen. Auch insoweit hat er von
dem ihm zustehenden Auswahlermessen nicht in einer den gesetzlichen Vorgaben
und den Vorgaben des Krankenhausplanes genügenden Weise Gebrauch
gemacht; die von dem Beklagten getroffene Entscheidung erweist sich auch
insoweit als ermessensfehlerhaft.
Auch die in dem Bescheid schließlich angeführten „fiskalischen Gesichtspunkte“
vermögen die Entscheidung rechtlich nicht zu tragen. Der Beklagte hat zur
Verdeutlichung dieser„fiskalischen Gesichtspunkte“ im Verwaltungsstreitverfahren
noch vorgetragen, dass in Zeiten eines starken allgemeinen Bettenabbaus im
Krankenhausbereich und sich daraus ergebender hoher Aufwendungen für
Schließungsförderung die Aufnahme zusätzlicher Bettenkapazitäten in den
Krankenhausplan mit der Konsequenz sogar neuer Investitionsförderung eine
Frage sei, die im Rahmen eines Auswahlermessens durchaus berechtigt sein
müsse. Weiterhin hat er im Erörterungstermin nochmals ausdrücklich betont, es
sei zu berücksichtigen, dass bei Allgemeinkrankenhäusern vorhandene Planbetten
mit teilweise erheblichen Steuermitteln gefördert und aufgebaut worden seien. Bei
einer Entscheidung über die Aufnahme einer neuen Klinik in den Krankenhausplan
und sich einer daraus möglicherweise ergebenden Notwendigkeit eines Abbaus
vorhandener Betten müsse berücksichtigt werden, dass hierdurch Steuermittel
bzw. durch Steuermittel geschaffene Kapazität vernichtet bzw. abgeschafft werde.
Dieser Punkt sei auf Seiten des Beklagten unbedingt zu berücksichtigen.
Diese Ausführungen des Beklagten machen deutlich, dass sie eine Aufnahme der
Klägerin zu 2) in den Krankenhausplan auch und insbesondere deshalb ablehnt,
weil sie befürchtet, die dann neu zur Verfügung stehenden - eventuell
kostengünstigeren und attraktiveren - Krankenhausbetten könnten dazu führen,
dass in anderen Kliniken, insbesondere Allgemeinkrankenhäusern, mangels
Nachfrage Krankenhausbetten abgebaut werden müssten, die zuvor mit Hilfe
teilweise erheblicher vom Land zur Verfügung gestellter Gelder geschaffen wurden.
Diese Argumentation des Beklagten ist insbesondere mit der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichtes nicht in Einklang zu bringen. Das
Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 04.03.2004 diesbezüglich
ausgeführt:
Aus eben diesem Grund trägt auch der Hinweis auf eventuelle Fehlinvestitionen bei
öffentlichen und gemeinnützigen Trägern nicht. Andernfalls hätten hinzutretende
Bewerber bei stagnierender Bettenzahl keine reelle Berufschance. Mit diesem
Argument könnten sonst die zur Wahrung chancengerechter Berufswahlfreiheit
eingeführten Kriterien der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit zu Gunsten der
bestehenden Versorgungsstruktur, jedoch zu Lasten von Patienten und
Kostenträgern ausgehebelt werden.
Diese überzeugenden Ausführungen des Bundesverfassungsgerichtes lassen
deutlich erkennen, dass es den Anforderungen von Art. 12 GG nicht gerecht
werden kann, wenn unter dem Gesichtspunkt der „Besitzstandswahrung“ und
Hinweis auf bereits geleistete Investitionen die Aufnahme neuer Planbetten in den
Krankenhausplan abgelehnt werden könnte. Konsequent zu Ende gedacht
bedeutet die Argumentation des Beklagten nichts anderes, als dass unter Hinweis
auf geleistete Investitionen teuere und leistungsschwächere Krankenhäuser das
Entstehen einer kostengünstigeren und leistungsfähigeren Konkurrenz verhindern
könnten - es liegt auf der Hand, dass im Ergebnis dies zu Lasten sowohl der
Krankenhäuser als auch der Patienten geht. Das Entstehen einer kostengünstigen
und effektiven Krankenhauslandschaft lässt sich mit dieser Argumentation
88
89
90
91
92
93
und effektiven Krankenhauslandschaft lässt sich mit dieser Argumentation
jedenfalls trefflichst verhindern.
Abgesehen von diesen grundsätzlichen Erwägungen tritt hier noch hinzu, dass es
sich bei diesen „fiskalischen Erwägungen“ um solche handelt, die durch keinerlei
Tatsachen untermauert werden. Wie oben bereits ausgeführt, ist es unstreitig,
dass die von der Klägerin zu 2) geplanten 129 Betten weniger als 10% der im
Versorgungsgebiet Frankfurt/Offenbach zur Behandlung onkologischer
Erkrankungen benötigten Betten ausmachen. Der Beklagte hat - wie oben bereits
dargelegt - nicht substantiiert vorgetragen, welche derzeitig vorhandenen
Planbetten hierdurch „gefährdet“ wären oder abgebaut werden müssten. Der
Beklagte bewegt sich hier im Raum allgemeiner Behauptungen und Spekulationen.
Auch der Vortrag, bis zum Jahre 2010 müssten von den derzeit vorhandenen
37000 Betten im Krankenhausplan des Landes Hessen ca. 9000 - 10000 Betten
abgebaut werden, so dass im Jahre 2010 ungefähr noch 27000 - 28000 Betten im
Krankenhausplan des Landes Hessen ausgewiesen sein würden, lässt keinen
Rückschluss darauf zu, ob überhaupt und eventuell inwieweit der onkologischen
Versorgung dienende Krankenhausbetten von diesem Bettenabbau betroffen sein
werden.
Der Beklagte hat hierzu dargetan, dass er sich bereits seit Jahren bemühe,
hinsichtlich dieser zu treffenden Entscheidungen eine Gesamterhebung
durchzuführen, demzufolge die für eine Entscheidung notwendigen grundlegenden
Tatsachen zu ermitteln. Konsequenterweise hat dann auch die
Krankenhauskonferenz Frankfurt/Offenbach in ihrer Sitzung vom 23.09.2003 die
Anträge der Katharina-Casper-Kliniken und der Diakoniekliniken auf Ausweisung als
onkologischer Schwerpunkt zurückgestellt. Das Gericht vermag keinen - wie aus
den obigen Ausführungen deutlich wird - tragenden oder überzeugenden
Gesichtspunkt zu erkennen, der die Ungleichbehandlung des Antrages der Klägerin
zu 2), nämlich ihre Ablehnung, rechtfertigen könnte. Die Erwägung „eine solche
Spezialklinik wollen wir nicht“ reicht hierfür jedenfalls nicht aus.
Auch die im Verwaltungsstreitverfahren nachgeschobenen Erwägungen, der
Beklagte sei in der Frage der für eine dauerhafte Planaufnahme erforderlichen
Zuverlässigkeit der Klägerin zu 2) als Klinikträgerin nicht frei von Zweifeln,
rechtfertigt die getroffene ablehnende Entscheidung nicht. Der Beklagte hat
diesbezüglich vorgetragen, bezüglich der Klägerin zu 2) sei lediglich bekannt, dass
sie eine Tochter der Klägerin zu 1) mit Sitz in Königstein sei. Völlig unbekannt sei,
welchen Geschäften die Klägerin zu 2) ansonsten nachgehe. Nach
Pressemitteilungen sei der Geschäftsführer beider Klägerinnen Ende der 90er Jahre
in Brandenburg mit einem vergleichbaren Klinikprojekt gescheitert, so dass in
Anspruch genommene Landesbürgschaften fällig geworden seien. Durch das
Scheitern eines Klinikprojektes in Dänemark sei der Geschäftsführer der
Klägerinnen dort in den Ruf eines „Scharlatans“ geraten.
Das Gericht teilt hier die Ansicht des Bevollmächtigten der Klägerin zu 2), dass die
Frage der Zuverlässigkeit des Krankenhausbetreibers und die Erteilung einer
entsprechenden Konzession nach §§ 30, 155 Abs. 2 GewO i. V. m. der Anordnung
über die zuständige Behörde für die Erteilung und Rücknahme einer Erlaubnis im
Sinne des § 30 der Gewerbeordnung vom 2. Dezember 1975 allein vom
Regierungspräsidium zu prüfen und beantworten ist, in dessen Bezirk die Anstalt
betrieben werden soll oder betrieben wird. Dies ist in diesem Falle das
Regierungspräsidium Darmstadt. Dem Beklagten kommt hinsichtlich der Fragen
der Konzessionserteilung keine eigene Prüfungskompetenz zu. Weitere
Ausführungen hierzu erübrigen sich von daher.
Das Ergebnis steht somit zunächst fest, dass die mit Bescheid vom 15.6.2005
getroffene Entscheidung des Beklagten, den Antrag der Klägerin zu 2) auf
Aufnahme des in Frankfurt am Main mit 129 Betten vorgesehenen
interdisziplinären Zentrums für onkologische Erkrankungen in den
Krankenhausplan des Landes Hessen abzulehnen, ermessensfehlerhaft und damit
rechtswidrig ist, weil keiner der hierzu vorgetragenen Erwägungen diese
Entscheidung rechtlich tragen kann.
Das Gericht kann aber den Beklagten nicht zum Erlass eines
Feststellungsbescheides mit dem im Klageantrag bezeichneten Inhalt verpflichten,
weil die Sache noch nicht spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).Entgegen der
Ansicht der Klägerin zu 2) ist bei einer (neu) zu treffenden Entscheidung des
Beklagten über den Aufnahmeantrag der Klägerin zu 2) das Ermessen des
94
95
96
97
Beklagten über den Aufnahmeantrag der Klägerin zu 2) das Ermessen des
Beklagten nicht in der Art und Weise reduziert, dass als einzige richtige
Entscheidung eine Aufnahme der Klägerin zu 2) in den Krankenhausplan des
Landes Hessen mit 129 Betten bleibt (Ermessensreduzierung auf Null).Dies folgt
zunächst daraus, dass unstreitig neben der Klägerin zu 2) auch die Katharina-
Casper-Kliniken und die Diakoniekliniken einen Antrag auf Ausweisung als „neuen“
onkologischen Schwerpunkt mit entsprechender Ausweisung im Krankenhausplan
des Landes Hessen gestellt haben, der noch nicht entschieden ist. Eine
Entscheidung über den Antrag der Klägerin zu 2) betrifft unmittelbar auch die
Entscheidung über diese beiden gestellten Anträge (vgl. zur Konkurrentensituation
mehrerer beantragender Krankenhäuser BVerfG, Beschl. v. 14.01.2004 - 1 BvR
506/03 - in NJW 2004, Seite 718 f.).
Eine durch das Gericht ausgesprochene positive Entscheidung zu Gunsten der
Klägerin zu 2) ginge (zumindest) zu Lasten dieser beiden Krankenhäuser; das
Gericht ist auch nicht in der Lage festzustellen, dass die Klinik der Klägerin zu 2) in
jedem Fall den Katharina-Casper-Kliniken oder den Diakoniekliniken vorzuziehen
wäre - oder eventuell mit welcher Bettenzahl -, da Informationen über
Leistungsfähigkeit und Kostengünstigkeit dieser beiden anderen Kliniken nicht
vorliegen. Schon dies schließt es aus, dass das Gericht in vorliegenden Verfahren
zu Lasten anderer eine positive Entscheidung - wie beantragt - zu Gunsten der
Klägerin zu 2) trifft. Das Gericht vermag nämlich nicht zu beurteilen, ob die
medizinische Qualität des Onkologiezentrums der Klägerin zu 2) tatsächlich die der
beiden konkurrierenden Krankenhäuser übertreffen wird, ob tatsächlich ein
Leistungsvorsprung besteht und ob - verglichen mit den Konkurrenten - eine
besondere Wirtschaftlichkeit zu bejahen ist. Dies wird bei einer neu zu treffenden
Entscheidung zu ermitteln und zu berücksichtigen sein.
Eine Ermessensreduktion auf Null lässt sich auch nicht aus früheren Äußerungen
von Vertretern des Beklagten und einem daraus entstandenen besonderen
Vertrauen der Klägerin zu 2) herleiten. Die von der seinerzeitigen Ministerin
Mosiek-Urbahn getätigten Äußerungen - so die Behauptung der Klägerin zu 2) - :
... „Diese Klinik kommt in jeden Fall nach Hessen“ und „Genau eine solche
innovative Klinik brauchen wir“ sind politische Willensäußerungen, denen eine
formale rechtliche Qualität - insbesondere solche einer Zusage - nicht zukommt.
Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass im offiziellen Schriftverkehr des
Hessischen Sozialministeriums mit dem Geschäftsführer der Klägerin zu 1) bzw.
der Klägerin zu 2) immer wieder auf das „gesetzlich vorgeschriebene Verfahren“,
welches eingehalten werden müsse, hingewiesen worden sei und auch darauf,
dass rechtlich verbindliche Voraberklärungen zur Aufnahme in den
Bettenbedarfsplan aufgrund gesetzlicher Vorgaben vom Grunde her nicht gegeben
werden könnten (so Schreiben des Sozialministeriums vom 31. Oktober 2001;
ähnliche Aussagen im Schreiben vom September 2001; s. Schreiben vom 17.
Februar 2003, wo auf eine Bettenkompensation hingewiesen wurde). Keinem
dieser Schreiben kann entnommen werden, dass es sich bei der Planaufnahme
des klägerischen Krankenhauses praktisch nur noch um eine Formalie handelt; aus
keinem dieser Schreiben konnte die Klägerin zu 2) ein derartiges Vertrauen auf
eine für sie positive Entscheidung durch den Beklagten herleiten, nämlich, dass die
Aufnahme in den Krankenhausplan inhaltlich bereits positiv entschieden und das
durchzuführende Verfahren lediglich als Formalie anzusehen sei.Die von dem
Geschäftsführer der Klägerin zu 2) getätigten bzw. angefertigten
Gesprächsprotokolle, mit denen er ein besonderes Vertrauen begründen will,
spiegeln sich in der Behördenakte nicht wider. Es handelt sich hierbei um Notizen
des Geschäftsführers der Klägerin zu 2), denen ein objektiver Beweiswert nicht
zukommen kann und die den in den Behördenakten befindlichen Vermerken von
Vertretern des Beklagten teilweise deutlich widersprechen. Aus diesen jeweiligen
Vermerken geht hervor, dass das Verständnis der Inhalte der geführten
Gespräche und die hierbei verfolgten Intentionen - zumindest in Teilen - erheblich
voneinander abwichen. Im Ergebnis jedenfalls vermag das Gericht ein durch das
Verhalten des Beklagten besonders hervorgerufenes Vertrauen des
Geschäftsführers der Klägerin zu 2), welches rechtlich zu einer
Ermessensreduzierung auf Null führen könnte, nicht zu bejahen.
Schließlich lässt sich einer Ermessensreduzierung auf Null zu Gunsten der Klägerin
zu 2) auch nicht aus dem Grundsatz der Trägervielfalt herleiten.
Allerdings hat die Klägerin zu 2) hier zutreffend vorgetragen, dass diesem
Grundsatz der Trägervielfalt bei der Entscheidung über die Aufnahme eines privat
betriebenen Krankenhauses in den Krankenhausplan eines Landes ein besonderes
98
99
100
101
betriebenen Krankenhauses in den Krankenhausplan eines Landes ein besonderes
Gewicht zukommt. In § 1 Abs. 2 KHG ist bestimmt, dass bei der Durchführung des
Gesetzes die Vielfalt der Krankenhausträger zu beachten ist. Dabei ist nach
Maßgabe des Landesrechtes insbesondere die wirtschaftliche Sicherung
freigemeinnütziger und privater Krankenhäuser zu gewährleisten.
Dementsprechend ist in § 1 Abs. 2 des HKHG bestimmt, dass bei der
Durchführung dieses Hessischen Krankenhausgesetzes die Vielfalt der
Krankenhausträger zu beachten und dabei den freigemeinnützigen und privaten
Krankenhäusern ausreichend Raum zur Mitwirkung an der Krankenhausversorgung
der Bevölkerung zu geben ist, soweit sie dazu auf Dauer bereit und in der Lage
sind.
Bei diesen bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen handelt es sich nicht um
einen Programmsatz oder eine Auslegungsregelung, sondern um unmittelbar
anwendbares Recht (vgl. hierzu Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz §
1 Anm. III.1), Dementsprechend haben sowohl das Bundesverwaltungsgericht und
das Bundesverfassungsgericht diesem Grundsatz der Trägervielfalt in ihrer
Rechtsprechung auch besonderes Gewicht zugemessen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits in seiner Entscheidung vom 14.11.1985
- 3 C 41/84 - ausgeführt, dass die Feststellungsbescheide erlassende Behörde
verpflichtet ist, innerhalb des jeweiligen Versorgungsgebietes, für welches die
Feststellungsentscheidung getroffen wird, bei einer notwendigen Auswahl zwischen
mehreren Krankenhäusern neben den öffentlichen - staatlichen oder kommunalen
- auch die freigemeinnützigen und die privaten Krankenhäuser angemessen zu
berücksichtigen. Weiter hat das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung
klargestellt, dass dieser oben aufgestellte Grundsatz bedeute, dass die
Feststellungsbehörde im Einzelfall auch gehalten sein kann, einem weniger
leistungsfähigen privaten Krankenhaus den Vorzug vor einem leistungsfähigeren
öffentlichen Krankenhaus zu geben.
Zuletzt hat das Bundesverfassungsgericht in seiner bereits zitierten Entscheidung
vom 04.03.2004 die Bedeutung des Grundsatzes der Trägervielfalt nochmals
deutlich herausgestellt und ausdrücklich bei einer Entscheidung über die
Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan auf eine ausgewogene
Verteilung der Belange privater Träger hingewiesen. In dieser Entscheidung hat
das Bundesverfassungsgericht auch den vom Bundesverwaltungsgericht
aufgestellten Grundsatz, dass dem Prinzip der Trägervielfalt im Zusammenhang
mit der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Beschränkung der Berufsfreiheit durch
die nach dem Krankenhausplanungsrecht erforderliche Auswahlentscheidung
besondere Bedeutung beizumessen ist, ausdrücklich bestätigt. Zutreffend hat die
Klägerin zu 2) in dem vorliegenden Verfahren auch darauf hingewiesen, dass ganz
erhebliche Zweifel bestehen, ob der Beklagte den Grundsatz der Trägervielfalt -
der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes
versorgungsgebietsbezogen zu berücksichtigen ist - im vorliegenden Verfahren
angemessen beachtet und gewürdigt hat. Auch das Gericht hat diesbezüglich
ganz erhebliche Zweifel.
Diese Zweifel sind insbesondere darin begründet, dass - dies ist von dem
Beklagten auch nicht bestritten worden - im Versorgungsgebiet
Frankfurt/Offenbach der Planbettenanteil privater Träger nach dem veröffentlichten
Hessischen Krankenhausplan 2005 lediglich 5% beträgt. Ein Blick in den
Krankenhausplan des Landes Hessens (Amtsblatt 2005 Seite 3927) macht
deutlich, dass im Versorgungsgebiet Frankfurt/Offenbach von den 34 im
Krankenhausplan ausgewiesenen Krankenhäusern die ganz überwiegende
Mehrzahl Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft oder gemeinnütziger
Trägerschaft sind, Krankenhäuser in privater Trägerschaft dort kaum vertreten
sind. Die Kammer hat erhebliche Zweifel, ob die im Versorgungsgebiet
Frankfurt/Offenbach bestehende Trägerstruktur mit den Vorgaben des
Bundesverwaltungsgerichtes und auch insbesondere des
Bundesverfassungsgerichtes zu vereinbaren ist. Der Hinweis des Beklagten in
seiner Klageerwiderung, in Hessen betrage der prozentuale Anteil von in den
Krankenhausplan aufgenommenen privaten Betten 8%, die sich in jüngster Zeit
durch die Privatisierung der Universitätskliniken Marburg und Gießen sowie durch
die Planaufnahme einiger privater Kliniken für die neurologische Versorgung noch
erheblich zu Gunsten der Privatkliniken verändert haben dürften, geht fehl. Es
kommt - wie ausgeführt - auf die angemessene Teilnahme privater Kliniken an der
Krankenversorgung im jeweiligen Versorgungsgebiet an, so dass sich eine
hessenweite Betrachtung hier verbietet.
102
103
104
105
106
107
Auch wenn der Inhalt des Ablehnungsbescheides und die im
Verwaltungsstreitverfahren nachgeschobenen Ermessenserwägungen des
Beklagten dem gesetzlich normierten und von der höchstrichterlichen
Rechtsprechung geforderten Gebot einer Beachtung der Trägervielfalt in der
Krankenhauslandschaft nicht gerecht werden, ja sogar vieles dafür spricht, dass
bei einer gesetzeskonformen ermessensfehlerfreien Beachtung dieser Grundsätze
eine Aufnahme der Klägerin zu 2) in den Krankenhausplan des Landes Hessen
ernsthaft in Erwägung zu ziehen ist, so vermag die Kammer im vorliegenden
Verfahren eine Ermessensreduzierung der Beklagten auf Null derart, dass nur eine
Aufnahme der Klägerin zu 2) in den Krankenhausplan des Landes Hessen das
Ergebnis einer ermessensfehlerfreien Abwägung sein kann, nicht festzustellen.
Denn trotz des Umstandes, dass dem Gebot der Trägervielfalt ein besonderes
Gewicht zukommt - nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes im
Einzelfall gar dazu führen kann, einem weniger leistungsfähigen privaten
Krankenhaus den Vorzug vor einem leistungsfähigeren öffentlichen Krankenhaus
zu geben, vgl. BVerwG, Urt. v. 14.11.1985, Az.: 3 C 41/84 - handelt es sich doch
auch bei diesem Kriterium um ein Kriterium unter mehreren anderen, dem zwar
deutliches Gewicht zukommt, das aber nicht als einzig ausschlaggebendes
Kriterium angesehen werden kann, sondern angemessen bei einer Abwägung aller
für eine Entscheidung relevanten Beurteilungskriterien Berücksichtigung finden
muss.
Erweist sich somit auf der einen Seiten der Bescheid des Beklagten vom
15.06.2005 als rechtswidrig und ist auf der anderen Seite das Ermessen des
Beklagten bei einer Entscheidung über den Aufnahmeantrag der Klägerin zu 2) in
den Krankenhausplan des Landes Hessen nicht auf Null reduziert, so ist der
Beklagte zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin zu 2) auf Aufnahme in den
Krankenhausplan des Landes Hessen unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichtes neu zu bescheiden (§ 113 Abs. 5 Abs. 2 VwGO).
Bei dieser neuen Entscheidung über den Antrag der Klägerin zu 2) auf Aufnahme
in den Krankenhausplan des Landes Hessen hat der Beklagte die Konsequenzen
zu beachten, die sich aus den bisherigen Ausführungen des Gerichtes über die
Rechtswidrigkeit der bislang ablehnenden Entscheidung des Beklagten über den
Antrag der Klägerin zu 2) ergeben.
Dies bedeutet zunächst, dass der Beklagte den Antrag der Klägerin zu 2) nicht mit
der Begründung ablehnen darf, die Krankenhausplanung des Landes Hessen
beschränke sich dem Grunde nach auf die Fachgebiete der Weiterbildungsordnung
für Ärztinnen und Ärzte in Hessen; eine Argumentation, an der der Beklagte
mittlerweile selbst nicht mehr festzuhalten scheint. Bei einer neuen Entscheidung
kann die Ablehnung auch nicht darauf gestützt werden, dass
Allgemeinkrankenhäusern mit ihren breit gefächerten interdisziplinären Angeboten
grundsätzlich der Vorrang vor Spezialkliniken einzuräumen sei und - allgemein
gesprochen - die Zulassung einer onkologischen Spezialklinik die Wirtschaftlichkeit
von Allgemeinkrankenhäusern insbesondere in der Fläche gefährde. Eine neue
Entscheidung kann auch nicht auf „fiskalische Gründe“ in dem Sinne gestützt
werden, die Aufnahme der Klägerin zu 2) in den Krankenhausplan des Landes
Hessen führe dazu, dass andere mit Steuermitteln geschaffene Bettenkapazitäten
abgebaut werden müssten. Schließlich darf eine ablehnende Entscheidung auch
nicht mit einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers der
Klägerin zu 2) begründet werden.
Der Beklagte hat zunächst bis spätestens Ende 2007 seine derzeitig
durchgeführte Bedarfsanalyse - wie von ihm selbst angekündigt - abzuschließen
und den tatsächlichen Bedarf an Krankenhausbetten für die onkologische
Versorgung im Versorgungsgebiet Frankfurt/Offenbach festzustellen. Danach wird
er zu entscheiden haben, welche Krankenhäuser, Tumorzentren oder onkologische
Schwerpunkt-Krankenhäuser den tatsächlichen und künftig prognostizierten Bedarf
am Besten befriedigen können.
Maßgebliche Kriterien hierfür sind zunächst die Leistungsfähigkeit und die
Wirtschaftlichkeit der für die onkologische Versorgung bereits bestehenden oder
sich (neu hinzukommend) für die onkologische Versorgung bewerbenden
Krankenhäuser; der Beklagte hat demzufolge bezüglich der Leistungsfähigkeit
einen Vergleich zwischen der Klägerin zu 2) und dem von ihr vertretenen Konzept
zum einen mit den Krankenhäusern, die ebenfalls die Aufnahme in dem
Krankenhausplan des Landes Hessen als onkologischer Schwerpunkt beantragt
108
109
110
Krankenhausplan des Landes Hessen als onkologischer Schwerpunkt beantragt
haben - also die Katharina-Caspar-Kliniken und die Diakoniekliniken -
durchzuführen, aber auch mit den im Versorgungsgebiet Frankfurt/0ffenbach
bereits vorhandenen onkologischen Schwerpunkten und Tumorzentren. Bei einem
Vergleich unter diesen Krankenhäusern ist unter Berücksichtigung des in Punkt
1.4.7 des Hessischen Krankenhausrahmenplans 2007 - Besonderer Teil - zum
Ausdruck kommenden Planungskonzept des Landes Hessen bei der onkologischen
Versorgung zu prüfen, welche Tumorzentren unter Beachtung der diagnostischen
und therapeutischen Strukturen, insbesondere auch unter Berücksichtigung von
sektorübergreifenden Behandlungsketten einer zeitgemäßen onkologischen
Versorgung am Besten gerecht werden. Von Bedeutung ist dabei auch die
personelle und sachliche Ausstattung der jeweiligen Krankenhäuser und das
Vorliegen eines schlüssigen in die Zukunft weisenden Planungskonzepts. Da -
soweit ersichtlich - die in Frage kommenden Krankenhäuser aufgrund der
gegebenen Verkehrsinfrastruktur im Rhein-Main-Gebiet verkehrsmäßig gut
angebunden bzw. erreichbar sind, dürfte die Frage des Standortes hier eine
geringere Rolle spielen.
Bei einem Vergleich der Krankenhäuser ist darüber hinaus auch zu prüfen, welches
Krankenhaus dem Ziel eines eigenverantwortlich wirtschaftlichen Krankenhauses,
welches seine Leistungen zu sozial tragbaren Vergütungen erbringt (§ 1 Abs. 1
HKHG), am Besten gerecht werden kann. Auch wenn dieses Auswahlkriterium
durch die Einführung des Fallpauschalen-Systems an Bedeutung verloren haben
dürfte, so bedeutet das nicht, dass die Frage der Wirtschaftlichkeit völlig an
Bedeutung verloren hat. Hier hat der Beklagte festzustellen, inwieweit
Unterschiede zwischen den Angeboten bzw. den Konzepten der verschiedenen zur
Auswahl stehenden Krankenhäusern bestehen und welches Krankenhaus das
wirtschaftlich erfolgversprechendste - d. h. die Krankenkassen und die Patienten
am wenig belastende - Konzept bei der Versorgung onkologischer Erkrankungen
verfolgt. Insoweit verweist die Kammer auch auf die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes vom 04.03.2004, in dem das
Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht hat, dass bei einer
Auswahlentscheidung die Frage, welches Krankenhaus am sparsamsten
wirtschaftet, auch nach der Einführung der Fallpauschalenregelung von Relevanz
ist und bei der Auswahlentscheidung eine Rolle zu spielen hat.
Des Weiteren hat der Beklagte bei der nun zu treffenden neuen Entscheidung zu
beachten, dass dem gesetzlich normierten Gebot der Trägervielfalt Rechnung
getragen wird. Wie oben bereits ausgeführt, kommt es für die Beurteilung der
Frage, ob dem Gebot der Trägervielfalt genüge getan ist, auf die Situation im
Versorgungsgebiet - hier also im Versorgungsgebiet Frankfurt/Offenbach - an.
Derzeit ist der Anteil privater Krankenhäuser im Versorgungsgebiet
Frankfurt/Offenbach mit bis zu - eher unter - 5% sehr gering; die Kammer hat
erhebliche Zweifel, ob dieser Anteil - entsprechende Bewerber vorausgesetzt -
dem Gebot der Trägervielfalt Rechnung trägt. Im Versorgungsgebiet
Frankfurt/Offenbach gibt es neben einer erheblichen Anzahl öffentlich-rechtlicher
Krankenhäuser auch viele gemeinnützige Krankenhäuser. Der Beklagte wird hier
ernsthaft zu prüfen haben, ob der Anteil der privaten Krankenhäuser hier nicht zu
erhöhen ist und dies auch bei der vorliegenden Entscheidung entsprechend zu
würdigen haben. Dabei weist die Kammer noch einmal ausdrücklich auf die
Ausführungen in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.11.1985 - 3
C 41/84 - hin, wonach eine angemessene Berücksichtigung privater Krankenhäuser
auch bedeuten kann, dass im Einzelfall einem weniger leistungsfähigen privaten
Krankenhaus der Vorzug vor einem leistungsfähigeren öffentlichen Krankenhaus
zu geben ist; dies, um nochmals die Bedeutung der Trägervielfalt, die der Beklagte
bisher praktisch kaum berücksichtigt hat, zu unterstreichen.
Soweit der Beklagte bei einer Entscheidung über den Antrag der Klägerin zu 2) auf
Aufnahme in den Krankenhausplan des Landes Hessen auch berücksichtigen
möchte, inwieweit eine Zulassung der Klägerin zu 2) mögliche - negative -
Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit von Allgemeinkrankenhäusern in der Fläche
- Nord-, Mittel- und Südhessen - haben kann, hat der Beklagte hierzu konkrete
Berechnungen und Zahlen anhand der derzeitigen konkreten Situation und einer
auf zuverlässigen Zahlenerhebungen erstellten Prognose anzustellen. Die
Kammer vermag dem Vortrag des Beklagten, dass aufgrund der vom Land
Hessen sicher zu stellenden Notfallversorgung der Bevölkerung im Flächenstaat
Hessen auch der grundsätzlichen Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit von
(öffentlich-rechtlich getragenen) Krankenhäusern in anderen Regionen Hessens
Rechnung getragen bzw. diese auch berücksichtigt werden muss, nicht jegliche
111
112
113
114
115
Rechnung getragen bzw. diese auch berücksichtigt werden muss, nicht jegliche
Relevanz abzusprechen. Für eine Berücksichtigung dieses Argumentes bei der zu
treffenden Auswahlentscheidung sind aber konkrete Berechnungen durchzuführen,
wie bereits ausgeführt führen Spekulationen hier nicht weiter und sind rechtlich
unbeachtlich. Der Beklagte wird auch zu beachten haben, dass die Klägerin zu 2)
ihre Leistungen zunächst im Versorgungsgebiet Frankfurt/Offenbach anbietet und
deshalb davon auszugehen ist, dass die von der Klägerin zu 2) angebotenen
Leistungen - voraussichtlich zumindest zunächst und überwiegend - von im
Versorgungsgebiet Frankfurt/0ffenbach zu versorgenden Patienten angenommen
bzw. nachgefragt werden. Darüber hinaus wird er berücksichtigen müssen, dass
auch die Ausweisung onkologischer Schwerpunkte durch Allgemeinkrankenhäuser
bzw. die Schaffung von Tumorzentren insbesondere auch im Versorgungsgebiet
Frankfurt am Main/Offenbach den gleichen wie von der Klägerin zu 2) befürchteten
herbeigeführten Effekt haben kann oder wird. Er wird zu berücksichtigen haben,
dass - sollte dies der Fall sein - diesem Umstand nur eine sehr geringe Bedeutung
beigemessen werden kann.
Da der Beklagte eine Verpflichtung begehrt, das Gericht aber nur eine
Bescheidung ausgesprochen hat, ist die Klage im Übrigen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1, Abs. 4 VwGO.
Dabei hat die Kammer zu berücksichtigen, dass die mangelnde Spruchreife der
Sache im Wesentlichen auf die mangelnde bzw. zögerliche Aufklärung der
tatsächlichen Umstände für eine Entscheidung durch den Beklagten und seine in
weiten Teilen rechtlich unhaltbare Argumentation zurückzuführen ist.
Soweit das Verfahren wegen der Klagerücknahme durch die Klägerin zu 1)
eingestellt worden ist, hat der Beklagte ebenfalls die Kosten zu tragen. Nach § 155
Abs. 4 VwGO können Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden
sind, diesem auferlegt werden. Der Beklagte hat durch den Umstand, dass er
seine ablehnende Entscheidung an die Klägerin zu 1) gerichtet hat, bei dieser -
rechtlich nicht zu beanstandend - den Eindruck erweckt, der Bescheid richte sich
ausschließlich an sie. Von daher hat die Klägerin zu 1) zur Fristwahrung und zur
Abwendung eines aus ihrer Sicht drohenden Rechtsverlustes ebenfalls Klage
erhoben. Dies ist nicht zu beanstanden, der Beklagte hat dies durch seine -
zumindest sehr missverständliche Bezeichnung des Antragstellers oder der
Antragstellerin im Rubrum seines Bescheides - veranlasst und demzufolge auch
die Kosten insoweit zu tragen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO
i. V. m. § 709 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.