Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 27.10.2005

VG Frankfurt: rechtsgeschäft unter lebenden, recht der europäischen union, begriff, anwendungsbereich, unternehmen, anleger, systematische auslegung, index, ausführung, serie

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Gericht:
VG Frankfurt 1.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 E 1159/05 (V)
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 Abs 1 S 2 Nr 6 KredWG, § 1
Abs 1 S 2 Nr 4 KredWG, § 7
Abs 2 InvG, § 37 Abs 1
KredWG, § 32 KredWG
Bankgeschäft; Finanzkommissionsgeschäft;
Investmentgeschäft; Aufsicht
Tenor
1. Die Verfügung der Beklagten vom 05.04.2004 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 10.03.2005 wird aufgehoben. Im
Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Beteiligten je zur Hälfte zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der
vollstreckbaren Kostenschuld abwenden, wenn nicht zuvor der jeweilige
Kostengläubiger Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
5. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, die nach ihrer Satzung "die Durchführung von
Transaktionen in Finanzinstrumenten im Sinne von § 1 Abs. 1 KWG im eigenen
Namen und für eigene Rechnung zur Anlage des eigenen Vermögens zum
Gegenstand hat, begründete verschiedene Portfolios. Ein nach der Vola + Value-
Strategie verwaltetes Portfolio hatte das Investment in europäische Aktien und
Aktienoptionen zum Gegenstand. Ein nach der Black + White-Strategie
verwaltetes Portfolio war auf den An- und Verkauf von Beteiligungen an Hedge-
Fonds sowie dem Handel mit Devisen, Futures und Optionen zur
Währungsabsicherung ausgerichtet. An beiden Portfolios bot die Klägerin
interessierten Anlegern die Beteiligung über Index-Zertifikate an, die als
Namensschuld- oder Inhaberschuldverschreibung ausgestattet waren.
Die als Namensschuldverschreibungen ausgestatteten Zertifikate mit den WKN
686 760 und 682 762 konnten von den Anlegern zu einem von der Klägerin
festgelegten Ausgabepreis gezeichnet werden. Sodann konnten die Zertifikate
entweder zum Monatsultimo "ausgeübt" oder zu einem ebenfalls von der Klägerin
festgelegten Rücknahmepreis täglich an diese zurückveräußert werden.
Die als Inhaberschuldverschreibung ausgestatteten Zertifikate mit den BKN 686
761 und 682 763 konnten ebenfalls zu den von der Klägerin festgesetzten Preisen
von dieser direkt oder an der F. erworben werden, wo sie in den Freiverkehr
einbezogen waren.
Die Anleger nahmen an Gewinnen und Verlusten aus dem Handel mit
Finanzinstrumenten in dem jeweiligen Portfolio teil. Für ihre Anlagetätigkeit stellte
die Klägerin den Anlegern neben den bei der Anlage in Finanzinstrumenten
anfallende Kosten und Spesen die pauschalierte monatliche "Management Fee" in
Rechnung. Als Provision für ihre Tätigkeit erhielt die Klägerin eine prozentual
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Rechnung. Als Provision für ihre Tätigkeit erhielt die Klägerin eine prozentual
ausgestaltete Gewinnbeteiligung.
Mit Verfügung vom 19.02.2003 untersagte die Beklagte der Klägerin, dass
Finanzkommissionsgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG
gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise
eingerichteten Betrieb erfordert, dadurch zu betreiben, dass die Klägerin Gelder
von Dritten auf der Grundlage von Zertifikatsbedingungen für Zertifikate bezogen
auf den Vola + Value - Index Serie 1 BKN 686 760 und "Zertifikate bezogen auf
den A. Black + White Index Serie 1 (BKN 686 762) " entgegennimmt und hiermit
Finanzinstrumente im eigenen Namen für fremde Rechnung anschafft und
veräußert. Ferner untersagte die Beklagte der Klägerin die Werbung für das
Finanzkommissionsgeschäft und gab der Klägerin auf, das
Finanzkommissionsgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG
unverzüglich abzuwickeln in dem die Klägerin die mit dem Anlagekapital der
Anleger angeschafften Finanzinstrumente veräußert und die Erlöse an die
Berechtigten auskehrt und angenommene Anlegergelder, die die Klägerin noch
nicht in Finanzinstrumenten angelegt hat, unverzüglich an die Berechtigten zurück
zahlt.
Die Klägerin legte mit Schreiben vom 25.02.2003 Widerspruch ein, der mit
Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 12.03.2004 zurückgewiesen wurde.
Die Klägerin hat unter dem 15.04.2004 Klage erhoben, mit der sie Aufhebung der
Untersagungs- und Abwicklungsverfügung begehrt. Die Klage ist bei dem
Verwaltungsgericht Frankfurt unter dem AZ 1 E 1822/04 (V) anhängig.
Bereits mit Schreiben vom 07.10.2003 hatte die Klägerin der Beklagten mitgeteilt,
dass sie ihre Geschäfte restrukturiert habe. Sie habe ihre Hedge-Fond
Beteiligungen per 30.09.2003 an die A. Black + White Ltd. mit Sitz in N.
eingebracht und im Gegenzug eine entsprechende Beteiligung am
Gesellschaftsvermögen der A. Black + White Ltd., N. erhalten. Geschäftsführerin
der A. Black + White Ltd. sei die B. International Ltd. N., die von ihr beraten werde.
An ein weiteres Tochterunternehmen der B. International Ltd., die A. Vola + Value
Ltd. N. habe sie ihre Vola + Value Handelsstrategie abgetreten und
Vermögenswerte in der Zusammensetzung des Vola + Value Portfolios auf diese
übertragen. Zur Grundlage der Erfolgsmitteilung würden nicht mehr die Bestände
an Vermögenswerten der A. in den verschiedenen Unternehmensbereichen,
sondern der Berechnung des Black + White-Index würde die
Vermögensentwicklung der A. Black + White Ltd. zu Grunde gelegt und dem Vola
+ Value-Index würde die Vermögensentwicklung der A. Vola + Value Ltd. zu
Grunde gelegt. Im April 2004 überreichte die Klägerin der Beklagten ein als in
Investor Protection bezeichnetes Agreement, das der Vorstandsvorsitzende der
Klägerin sowohl für die Klägerin als auch in Vertretung für die A. Black + White Ltd.
und A. Vola + Value Ltd. sowie in Vertretung für die B. International Ltd.
unterschrieben hatte. Mit dem Agreement sind alle wesentlichen
Vermögensgegenstände der Klägerin und der Zweckgesellschaften auf die A.
International übergegangen.
Mit weiterer Verfügung vom 05.04.2004 untersagte die Beklagte der Klägerin das
Finanzkommissionsgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG
gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise
eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, dadurch zu betreiben, dass sie
Finanzinstrumente im eigenen Namen für fremde Rechnung anschafft und
veräußert. Insbesondere untersagte die Beklagte der Klägerin Gelder von Anlegern
auf der Grundlage von Zertifikatbedingungen für a) Vola + Value Zertifikate Serie
1 in der Fassung der Prospektnachträge vom 02.10. und 27.10.2003
b) Vola + Value Index Zertifikate Serie 2 (V + V-Mini-Zertifikate in der Fassung des
Prospektes vom 01.11.2001 sowie in den Fassungen der Prospektnachträge vom
02.10. und 27.10.2003)
c) Black + White Index Zertifikate Serie 1 in der Fassung der Prospektnachträge
vom 02.10. und 27.10.2003
d) Black + White Index Zertifikate Serie 2 (BW-Mini-Zertifikate in der Fassung des
Prospektes vom 21.05.2001 sowie den Fassungen der Prospektnachträge vom
02.10. und 27.10.2003 entgegenzunehmen, um hiermit Finanzinstrumente im
eigenen Namen für fremde Rechnung anzuschaffen und zu veräußern) (I).
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Desweiteren untersagte die Beklagte der Klägerin die Werbung für
Finanzkommissionsgeschäfte (II), ordnete die unverzügliche Abwicklung der
unerlaubt betriebenen Finanzkommissionsgeschäfte an (III) wies die Klägerin an,
die Anleger durch geeignete Hinweise auf ihren Internetseiten über die
angeordnete Abwicklung zu informieren und den Anlegern den Abschluss neuer
vertraglicher Vereinbarungen oder Änderungen bestehender Verträge nicht ohne
Zustimmung der Beklagten herbeizuführen (IV). Für den Fall der Zuwiderhandlung
gegen die Untersagungsverfügung, das Werbeverbot die Weisungen und die
Abwicklungsanordnung drohte die Beklagte der Klägerin jeweils die Festsetzung
eines Zwangsgeldes i. H. v. 50.000,- € an. Ferner setzte sie eine Gebühr i. H. v.
3.750,- € fest und ordnete eine Prüfung der Räumlichkeiten der Klägerin an und
ersuchte die Klägerin um Mitwirkung bei der Prüfung (VIII) für Zuwiderhandlungen
gegen die Prüfungsanordnung drohte die Beklagte der Klägerin ein Zwangsgeld i.
H. v. 50.000,- € an.
Die Klägerin legte mit Schreiben vom 13.04.2004 Widerspruch ein, der mit
Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10.03.2005 zurückgewiesen wurde.
Mit Schriftsatz vom 08.04.2005, bei Gericht eingegangen am 10.04.2005 hat die
Klägerin Klage erhoben. Sie vertritt die Auffassung, die Verfügung der Beklagten
sei rechtswidrig. Entgegen der Auffassung der Beklagten betreibe sie kein
Finanzkommissionsgeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG. Zu einem anderem
Ergebnis komme die Beklagte nur deshalb, weil sie den Anwendungsbereich dieser
Vorschrift abweichend vom Willen des Gesetzgebers ausdehne. Nach Wortlaut,
Entstehungsgeschichte, systematischen Zusammenhang und Zielsetzung fordere
der Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäftes in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG
das Vorliegen eines Kommissionsgeschäftes im Sinne der §§ 383 ff. HGB. Daran
fehle es hier, weil es an der Eigentumsverschaffung der Finanzinstrumente fehle.
Auch die erste Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, die von der Ausführung von
Aufträgen spreche, verlange, dass im Namen von Kunden Finanzinstrumente
gekauft oder verkauft würden. Eine erweiternde Auslegung der Bestimmung in § 1
Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG im Wege einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise scheide
aus, weil der Katalog der Bankgeschäfte in § 1 KWG öffentlich-rechtlich
abschließend sei und weil eine solche Auslegung des strafbewehrten Verbotes mit
Erlaubnisvorbehalt in jener Vorschrift gegen das Verbot in Art. 103 Abs. 2 GG
verstoße. Schließlich verstoße die erweiternde Auslegung auch gegen
europäisches Richtlinienrecht, nämlich ein vom EuGH entwickeltes
Transparenzgebot, weil aus dem Kreditwesengesetz bzw. den Gesetzesmaterialien
nicht erkennbar sei, dass abweichend von den Richtlinien der
Genehmigungstatbestand auf Grund nationalen Rechtes ausgeweitet werden solle.
Schließlich verstoße die Auslegung auch gegen die Grundsätze des Urteils des
Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.09.2004, wonach bei einer Beteiligung an
einem Unternehmen die Tätigkeit des Geschäftsführers nicht als Dienstleistung für
die Gesellschafter sondern als Eigenvermögensverwaltung einzuordnen sei.
Die Klägerin betreibe auch kein Investmentgeschäft i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6
KWG. Das Investmentgesetz kenne ausschließlich einen formalen Begriff des
Investmentvermögens gem. § 1 Nr. 1 nämlich in den Formen des Investmentfonds
und der Investmentgesellschaft. Dies sei klarer Wille des Gesetzgebers gewesen,
wie er sich aus der Gesetzesbegründung ergebe. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG habe
die Änderungsrichtlinien 2001/107 EG und 2001/108 EG umsetzen sollen und die
mit dem Europäischen Pass für Kapitalanlagegesellschaften durchführbaren
Tätigkeiten von denen mit dem Europäischen Pass für Bankdienstleistungen bzw.
für Wertpapierdienstleistungen durchführbare Tätigkeiten abgrenzen sollen. § 1
Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG stelle daher einen Spezialtatbestand für Nebentätigkeiten
einer Kapitalanlagegesellschaft dar, die eigentlich Bank- bzw.
Wertpapierdienstleistung sei und nur für diese Tatbestände gelte.
Im Übrigen verstoße eine nationale Regulierung der Geschäfte der Klägerin gegen
die Kapitalverkehrsfreiheit. Bei den Beteiligungen der Klägerin an den Bahamas-
Geschäften gehe es um Investitionen mit dem Ziel durch Rückgewähr der
Investitionssumme plus Vermögenszuwachs Gewinn zu erzielen. Die Transaktionen
der Klägerin mit den Bahamas unterlägen als sogenannte Direktinvestitionen von
Gebietsansässigen im Ausland sowohl hinsichtlich des Grundgeschäftes als auch
hinsichtlich der einzelnen Transferzahlungen der Kapitalverkehrsfreiheit. Vorliegend
werde auch in die Kapitalverkehrsfreiheit der Klägerin eingegriffen, weil ihr ihre
inländische Tätigkeit, die ausschließlich in der Weiterleitung bzw. Entgegennahme
von Kapital zum Zwecke der Weiterleitung in einen Drittstaat bestehe, erbeten
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von Kapital zum Zwecke der Weiterleitung in einen Drittstaat bestehe, erbeten
werde. Eine Rechtfertigung für den Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit ergebe sich
nicht aus § 58 EG.
Das Werbeverbot entbehre jeglicher Notwendigkeit und sei ermessensfehlerhaft.
Die Klägerin werbe nicht für unerlaubte Bankgeschäfte. Auch die
Abwicklungsanordnung sei rechtswidrig. Da keine unerlaubten Bankgeschäfte
betrieben würden, müssten diese auch nicht abgewickelt werden. Eine
Rückabwicklung sei auch deshalb unmöglich, weil die Klägerin keine Möglichkeiten
habe, die Zertifikatsinhaber zur Rückgabe zu zwingen, da sie die Zertifikatsinhaber
nicht kenne, könne sie auch nicht auf diese einwirken. Hinzu komme, dass ein Teil
der Zertifikate über die Börse gehandelt worden sei und die Rückabwicklung
solcher Börsengeschäfte nicht möglich sei. Außerdem sei einer Rückübertragung
von Vermögenswerten auch deshalb nicht möglich, weil die Klägerin zu solchen
Aktionen auf die Zustimmung der B. International Ltd. angewiesen sei.
Die Verfügung der Beklagten sei den Anlegern bekannt gegeben worden, sodass
die Weisung ins Leere gehe und sich erledigt habe. Die Verhängung von
Zwangsgeldern zur Durchsetzung rechtswidriger Maßnahmen stelle eine Nötigung
dar. Das Auskunfts- und Vorlageersuchen sei mangels Rechtsgrundlage
rechtswidrig. Die herangezogene Rechtsgrundlage des § 44 c KWG erlaube nur
Vorfeldaufklärung.
Die Klägerin beantragt,
die Verfügung der Beklagten vom 05.04.2004 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 10.03.2005 für nichtig zu erklären,
hilfsweise die Verfügung der Beklagten vom 05.04.2004 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 10.03.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf den Inhalt der ergangenen Bescheide. Die Klägerin betreibe
unerlaubtes Finanzkommissionsgeschäft. Die von der Klägerin vertretene enge
und formal an dem handelsrechtlichen Kommissionsbegriff orientierte Auslegung
des KWG entspreche nicht allgemein anerkannten Auslegungskriterien. Wortlaut,
Systematik, Sinn und Zweck und Historie des KWG sprächen für eine an den
wirtschaftlichen Gegebenheiten orientierte Auslegung. Dem Wortlaut nach
verlange § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG die Anschaffung und Veräußerung von
Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung. Weitere
Tatbestandsvoraussetzungen seien dem Wortlaut nicht zu entnehmen. Aus der
Verwendung des Begriffs Finanzkommission könne nicht hergeleitet werden, der
Gesetzgeber habe den typischen Fall der Kommission im Sinne des HGB gemeint.
Mit dem Begriff Finanzkommissionsgeschäft habe der Gesetzgeber vielmehr einen
neuen Rechtsbegriff geschaffen, der allenfalls Teilidentität mit dem handels-
rechtlichen Kommissionsbegriff aufweise. Aus dieser Teilidentität könne nicht
entnommen werden, der Gesetzgeber habe bei der Beschaffung des Begriffs
Finanzkommission das typische handelsrechtliche Kommissionsgeschäft vor
Augen gehabt. Zum einen werde im allgemeinen Sprachgebrauch der Begriff der
Kommission keineswegs nur im Zusammenhang mit dem HGB verwendet, da das
HGB nur den Kommissionsvertrag zwischen Kaufleuten regele, während eine
Kommission zwischen Nichtkaufleuten unter das BGB falle. Zum anderen hätte der
Gesetzgeber wenn er dies gewollt hätte wie auch an anderer Stelle auf § 384 ff.
HGB verwiesen. Daraus, dass er hiervon abgesehen habe, lasse sich schließen,
dass der Begriff des Finanzkommissionsgeschäftes auch atypische Konstellationen
ergreife. Dieses Ergebnis spiegele sich in § 18 Abs. 1 Depotgesetz wieder, der für
die Frage, wann eine Einkaufskommission vorliege auf §§ 383, 406 HGB verweise.
Hätte der Gesetzgeber die §§ 383 ff. HGB zum Maßstab für die
Einkaufskommission erheben wollen, hätte er auf § 383 ff. HGB verwiesen. Auch
die Systematik spreche für die Auslegung der Beklagten. Nach der aus § 1 Abs. 1
Nr. 1 KWG ersichtlichen Systematik solle jegliches Handeln mit Finanzinstrumenten
für andere beaufsichtigt werden. Dies werde daran deutlich, dass selbst ein
Handeln mit Finanzinstrumenten im eigenen Namen für eigene Rechnung als
Erlaubnispflichtig qualifiziert werde, soweit nur der Handel als Dienstleistung für
andere verstanden werden könne.
Auch Sinn und Zweck des KWG stützten die von der Beklagten gefundene
Auslegung, das KWG solle die Ordnung in Kredit- und Finanzdienstleistungswesen
Auslegung, das KWG solle die Ordnung in Kredit- und Finanzdienstleistungswesen
gewährleisten, die Funktionsfähigkeit des Finanzapparates erhalten und die
Institutsgläubiger vor Verlusten schützen. Deshalb sollten nur solche
Kreditinstitute Bankgeschäfte betreiben, die vor Geschäftsaufnahme eine
Erlaubnis erhalten hätten. Mit dieser Zielsetzung sei es nicht vereinbar, nur solche
Vertragsbeziehungen als ein Kommissionsverhältnis im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz
2 Nr. 4 KWG zu qualifizieren, die als typische Kommissionsverhältnisse
ausgestaltet seien. Andernfalls hätten es die Vertragsschließenden in der Hand,
durch die bloße Vereinbarung von Abweichungen von dieser Regelung sich dem
Aufsichtsregime zu entziehen. Dass ein solches Ergebnis mit Sinn und Zweck des
KWG nicht in Einklang zu bringen sei, sei am Beispiel des Weisungsrechtes in § 384
Abs. 1 Satz 2 HGB ersichtlich. Wie die 9. Kammer des Verwaltungsgerichtes
Frankfurt a. M. zu Recht ausgeführt habe, schließe das fehlende einseitige
Anordnungsrecht des Anlegers gegenüber dem Kommissionär den Tatbestand des
Finanzkommissionsgeschäftes nicht aus. Auch die Entstehungsgeschichte des § 1
Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG stehe der Auslegung der Beklagten nicht entgegen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin setze der Begriff des Effektengeschäftes
kein typisches Kommissionsverhältnis voraus. Hierfür gäbe es in den
Gesetzesmaterialien keinen Beleg. § 384 HGB und § 18 DepotG gäben für die
Auffassung der Klägerin nichts her. Die Vorschriften setzten ein
Kommissionsverhältnis voraus und konkretisierten lediglich die sich hieraus
ergebenden Rechte und Pflichten. Die von der Klägerin gewählte
Vertragsgestaltung weiche von der für Kommissionsverhältnisse typischen
Vertragsgestaltung ab, so dass aufgrund der Abweichung nicht darauf geschlossen
werden könne, dass kein Kommissionsverhältnis vorliege. Auch liege in der
Auslegung des Finanzkommissionsgeschäftes durch die Beklagte kein Widerspruch
zum Investmentgesetz. Mit dem neuen Investmentgesetz habe der Anlegerschutz
verbessert werden sollen. Dieser Schutzzweck werde in sein Gegenteil verkehrt,
wenn man Unternehmen, die materiell die Tätigkeit einer Kapitalanlagegesellschaft
ausübten, jeglicher Beaufsichtigung entzöge. Die Gesetzesbegründung sage zwar,
dass andere nicht im Gesetz genannte kollektive Anlageformen nicht unter das
Investmentgesetz fallen, doch lasse sich der Gesetzesbegründung nicht
entnehmen, dass solche Unternehmen nicht unter das KWG fallen sollten. Die
Auslegung des Tatbestandes des Finanzkommissionsgeschäftes sei auch mit
Artikel 103 Abs. 2 GG vereinbar. Die Auslegung des Begriffes
Finanzkommissionsgeschäft erfolge nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen
und sei daher unbedenklich. Selbst wenn die Auslegung die Grenze zur Analogie
überschritten habe, sei dies ohne Bedeutung, denn der Verstoß gegen das
Analogieverbot hätte nur zur Folge, dass der Rechtsverstoß nicht strafbewährt sei,
weil der Straftatbestand des § 54 KWG nicht zum Zuge komme. Der Schutz des
Kapitalmarktes bedürfe wirksamer Präventivmaßnahmen. Ob diese ihrerseits
durch repressive Maßnahmen ergänzt und unterstützt würden, sei von sekundärer
Natur. Die Auslegung der Beklagten sei auch richtlinienkonform. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr.
4 KWG beruhe auf der Umsetzung des Anhangs Abschnitt A Nr. 1 b der 1.
Wertpapierdienstleistungsrichtlinie. Danach gehöre zu den nach der
Wertpapierdienstleistungsrichtlinie erlaubnispflichtigen Dienstleistungen die
Ausführung von Aufträgen für fremde Rechnung, die ein Finanzinstrument zum
Gegenstand hätten. Der Wortlaut sei sehr weitgefasst und unterscheide nicht
zwischen Finanzkommissionsgeschäft und der Abschlussvermittlung. Er gehe über
eine typische Kommission hinaus, weil weder ein Handeln im eigenen Namen noch
ein konkreter Einzelauftrag erforderlich sei. Verlangt werde für die Erlaubnispflicht
die Ausführung von Aufträgen für fremde Rechnung. Auch die Systematik der
Wertpapierdienstleistungsrichtlinie spreche für die Auslegung der Beklagten. Nach
Abschnitt A Nr. 2 der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie stelle der Handel mit
Finanzinstrumenten für eigene Rechnung ein erlaubnispflichtiges Geschäft dar
soweit es als Dienstleistung zu betreiben sei. Dies belege, dass die
Wertpapierdienstleistungsrichtlinie einen weitergehenden aufsichtsrechtlichen
Ansatz verfolge. Auch Artikel 2 Abs. 2 Wertpapierdienstleistungsrichtlinie
widerspreche der Auslegung der Beklagten nicht. Danach gelte zwar die
Wertpapierdienstleistungsrichtlinie nicht für gemeinsame Anlagen. Dieser
Anwendungsausschluss gelte jedoch nur, soweit das Nationale Recht eine
Regelung für "Organismen für gemeinsame Anlagen" vorsehe und dieser
Anwendungsbereich auch eröffnet sei. Die Klägerin sei zwar eine
Aktiengesellschaft. Sie beteilige die Anleger jedoch weder an einem von ihr
aufgelegten Sondervermögen noch an ihrer Gesellschaft als Aktionäre und erfülle
somit nicht die formellen Voraussetzungen an eine Gesellschaft im Sinne des
Investmentgesetzes. Schließlich erforderten die mit der
Wertpapierdienstleistungsrichtlinie verfolgten Ziele eine weite Auslegung des
Tatbestandes des Finanzkommissionsgeschäftes. Der Schutz der Anleger vor
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Tatbestandes des Finanzkommissionsgeschäftes. Der Schutz der Anleger vor
unsachgemäßer Verwaltung ihres Vermögens könne nur dadurch erreicht werden,
dass der Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäftes nicht nur auf typische
Kommissionsgeschäfte im Sinne des HGB oder des § 18 DepotG beschränkt sei.
Schließlich könne die Klägerin auch aus dem Urteil des
Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.09.2004 nichts für sich herleiten. Die Zweifel
des Bundesverwaltungsgerichtes, ob auch der Geschäftsführer einer juristischen
Person Fremdverwaltung für die Gesellschafter erledigen könne, komme im Falle
der Klägerin schon deshalb nicht zum tragen, weil die Anleger an der Klägerin nicht
als Gesellschafter beteiligten seien, sondern lediglich schuldrechtlich an der
Gesellschaft in Form von Inhaberschuldverschreibungen von der Handelstätigkeit
der Klägerin partizipierten. Aber selbst wenn man die Grundsätze der
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes anwende, komme man zum
Ergebnis, dass auch nach diesen Grundsätzen ein Fremdgeschäft anzunehmen
sei, da die gesellschaftsrechtliche Konstruktion vorliegend lediglich dazu diene, das
Unternehmen dem Aufsichtsregime zu entziehen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin handele es sich bei den Beteiligungen an den
aus-ländischen Hedge-Fonds um Finanzinstrumente, denn nach § 11 S. 2 Nr. 2
KWG stellten Anteilsscheine, die von einer ausländischen Investmentgesellschaft
ausgegeben würden, Wertpapiere und damit Finanzinstrumente dar. Entgegen der
Auffassung der Klägerin gelte dies unabhängig von der Rechtsform des jeweiligen
Hedge-Fonds und der Art ihrer Beteiligung daran. Denn das Investmentgesetz
kenne für ausländische Investmentanteile eine Beschränkung auf bestimmte
organisationsrechtliche Formen des Investmentgeschäftes nicht und enthalte im
Hinblick auf ausländische Investmentgesellschaften einen materiellen Ansatz, d.h.
eine ausländische Investmentgesellschaft liege bereits dann vor, wenn der
Geschäftsbereich des Unternehmens darauf ausgerichtet sei, bei ihm eingelegtes
Geld für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger nach dem Prinzip der
Risikostreuung anzulegen.
Die Klägerin könne sich auch nicht auf die Kapitalverkehrsfreiheit aus Art. 56 EG
berufen, da es an einem beachtlichen grenzüberschreitenden Aspekt fehle. Die
Klägerin sei durch die Untersagungsverfügung nicht gehindert, Kapital in
Drittstaaten ein- oder auszuführen. Untersagt worden sei der Klägerin nur das
Finanzkommissionsgeschäft das als solches nicht grenzüberschreitend sei. Im
Übrigen wäre ein Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit aus § 58 Abs. 1 b EG durch
zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Hierzu gehörten der
Anlegerschutz, die Durchschaubarkeit des Kapitalmarktes sowie das Vertrauen in
die Integrität der Finanzmärkte. Diesem Ziel dienen die Regulierung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakte (2 Bände) sowie den Inhalt der beigezogenen Akten der
Verfahren 1 E 1822/04, 1 G 3462/04, 9 G 955/03 (1), 1 G 715/05 (V), 9 G 6214/03
(1), 9 G 154/03 (1), 9 G 5580/03 (1), 9 G 3804/04 (1), 9 G 3462/04 (1), 9 G 6196/04
(1) sowie die vorgelegten Behördenvorgänge (16 Bände) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Der Hauptantrag der Klägerin mit dem diese die Feststellung der Nichtigkeit der
Verfügung der Beklagten vom 05.04.2004 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 10.03.2005 begehrt, ist als
sogenannte Nichtigkeitsfeststellungsklage nach § 43 Abs. 1 2. Alternative VwGO
statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Da
die Verfügung der Beklagten vom 05.04.2004 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 10.03.2005 nicht nichtig ist.
Nach § 44 Abs. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem
besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung
aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Nach der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichtes stellt sich die Rechtsfolge der Nichtigkeit eines
Verwaltungsaktes als eine besondere Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass ein
Akt staatlicher Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trägt. Der dem
Verwaltungsakt anhaftende Fehler muss diesen schlechterdings unerträglich, dass
heißt mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten
wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lassen. Der
schwerwiegende Fehler muss darüber hinaus für einen verständigen Bürger
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schwerwiegende Fehler muss darüber hinaus für einen verständigen Bürger
offensichtlich sein. Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ist daher nur dann
anzunehmen, wenn die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden
Anforderungen in einem so erheblichen Maße verletzt werden, dass von niemand
erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (BVerwG,
Beschl. v. 11.05.2000, NVwZ 2000 Seite 1039).
Diese Voraussetzungen sind in Ansehung der Verfügung der Beklagten vom
05.04.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom
10.03.2005 nicht erfüllt. Die Verfügung der Beklagten vom 05.04.2004 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 10.03.2005 leidet weder
unter einem schwerwiegenden Fehler i. S. d. § 44 Abs. 1 VwVfG noch ist ein solcher
Fehler offensichtlich. Dies ergibt sich schon daraus, dass die von der Klägerin
beanstandete weite Auslegung des Erlaubnistatbestandes des § 1 Abs. 1 Satz 2
Nr. 4 des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz - KWG) i. d. F. der
Bekanntmachung vom 09.09.1998 (BGBl. I Seite 2776), zuletzt geändert durch
Gesetz vom 22.05.2005 (BGBl. I Seite 1373) durch die Beklagte wiederholt
Gegenstand von gerichtlichen Entscheidungen der früher zuständigen 9. Kammer
des Verwaltungsgerichtsgerichtes Frankfurt am Main sowie des Hessischen VGH
war und von den genannten Gerichten rechtlich nicht beanstandet wurde (vgl. etwa
VG Frankfurt am Main, Beschlüsse v. 12.06.2003 - 9 G 955/03 - und vom
17.02.2003 - 9 G 5459/03 - bzw. Hess. VGH Beschluss v. 27.08.2003 - 6 TG
1581/03). Auch der von der Klägerin behauptete Verstoß der streitbefangenen
Verfügung gegen primäres und sekundäres Gemeinschaftsrecht führt, selbst wenn
man einen solchen Verstoß unterstellt, nicht zur Nichtigkeit der streitbefangenen
Verwaltungsakte (vgl. hierzu auch BVerwG, Beschluss v. 11.05.2000 a. a. O.).
II.
Die von der Klägerin hilfsweise erhobene Anfechtungsklage ist statthaft und auch
im Übrigen zulässig. Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten
vom 05.04.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom
10.03.2005 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Mögliche Rechtsgrundlage für die streitbefangene Verfügung der Beklagten ist § 37
Abs. 1 KWG. Danach kann die Beklagte die sofortige Einstellung des
Geschäftsbetriebes und die unverzügliche Abwicklung dieser Geschäfte gegenüber
dem Unternehmen und den Mitgliedern seiner Organe anordnen, wenn ohne die
nach § 32 KWG erforderliche Erlaubnis Bankgeschäfte betrieben oder
Finanzdienstleistungen erbracht oder nach § 3 KWG verbotene Geschäfte
betrieben werden.
Diese Vorschrift bietet für die streitbefangene Verfügung keine Rechtsgrundlage,
da die Klägerin keine Bankgeschäfte betreibt, für die sie nach § 32 KWG einer
Erlaubnis bedarf. Die Klägerin betreibt weder das Finanzkommissionsgeschäft i. S.
v. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 KWG (a) noch das Investmentgeschäft i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 2
Nr. 6 KWG (b).
a) Bankgeschäfte sind nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 KWG die Anschaffung und die
Veräußerung von Finanzinstrumenten in eigenem Namen für fremde Rechnung
(Finanzkommissionsgeschäft). Die derzeit geltende Fassung erhielt § 1 Abs. 1 S. 2
Nr. 4 KWG mit der 6. KWG Novelle (Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung von EG-
Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtlicher Vorschriften
vom 22.10.1997 (BGBl. I Seite 2518). Mit § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 KWG wollte der
Gesetzgeber Anhang Abschnitt A Nr. 1 Buchstabe b) der
Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 93/22/EWG vom 10.05.1993 (ABl. Nr. L 141,
Seite 27 vom 11.06.1993 zuletzt geändert durch Richtlinie 2002/87EG vom
16.12.2002 (ABl. L 35 vom 11.02.2003)) umsetzen. In der Bundestagsdrucksache
13/7142 Seite 63 heißt es insoweit: "Gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 in der geltenden
Fassung ist die Anschaffung und die Veräußerung von Wertpapieren und
Wertpapierderivaten für andere Bankgeschäft. Die Beschränkung auf Wertpapiere
und Wertpapierderivate entspricht nicht den EG - rechtlichen Anforderungen. Die
Vorschrift definiert nunmehr allgemein die kommissionsweise Anschaffung oder
Veräußerung von Finanzinstrumenten (§ 1 Abs. 11) als Bankgeschäft".
Der Begriff des Finanzkommissionsgeschäftes ersetzt den bisherigen Begriff des
"Effektengeschäfts", in dem die Beschränkung auf Wertpapiere und
Wertpapierderivate aufgegeben wird. Nunmehr erstreckt sich der Geschäftstyp auf
alle Finanzinstrumente i. S. d. § 11 Abs. 1 KWG (vgl. hierzu Beck/Samm, Gesetz
über das Kreditwesen (Stand: Juli 2005) § 1 Rdnr. 149; Boos/Fischer/Schulte -
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über das Kreditwesen (Stand: Juli 2005) § 1 Rdnr. 149; Boos/Fischer/Schulte -
Mattler - Kreditwesengesetz 2. Auflage 2004 § 1 Rdnr. 57).
Mit der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, die der Rat auf der Grundlage des Art.
57 Abs. 2 EG zur Verwirklichung der gemeinschaftsrechtlich garantierten
Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit erlassen hat, erstrebt er eine
Angleichung der nationalen Rechtsvorschriften über Aufnahme und Ausübung der
Tätigkeit als Wertpapierdienstleister. Gleichzeitig soll damit den Wertpapierfirmen
der Zugang zu den Märkten der anderen EG-Mitgliedsstaaten erleichtert werden
(vgl. hierzu Elster - Europäisches Kapitalmarktrecht Seite 214). Die Richtlinie
erstrebt eine Harmonisierung der nationalen Regelung über
Wertpapierdienstleistungen allerdings nur insoweit, als dies zur Gewährleistung der
gegenseitigen Anerkennung der Zulassung und der Aufsichtssysteme unbedingt
erforderlich ist, die die Erteilung einer einzigen Zulassung für die gesamte
Gemeinschaft und die Anwendung des Grundsatzes der Kontrolle durch den
Heimatstaat ermöglicht (3. Begründungserwägung zur
Wertpapierdienstleistungsrichtlinie). Da die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie die
Wertpapierdienstleistungen nur in Teilbereichen regelt, bleibt es dem jeweiligen
nationalen Gesetzgeber unbenommen, für den nationalen Bereich die
Bestimmungen der Richtlinien auch auf von ihr nicht erfasste weitere
Dienstleistungen zu erstrecken (EuGH, Urteil v. 21.11.2002 Slg 2002 I Seite 10797
- Testa und Lazzeri - WM 2003, 1115). Eine solche Ausweitung der Bestimmungen
der Richtlinie auf weitere Dienstleistungen ist jedoch nur zulässig, wenn aus der
Vorschrift selbst ersichtlich ist, dass sie keine Umsetzung der Richtlinie darstellt,
sondern dass autonomes nationales Recht gesetzt wurde (Jarass/Beljia NVwZ
2004, 1 (8)). Da vorliegend - wie sich aus der Regierungsbegründung ergibt - mit
der neuen Formulierung des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 KWG Anhang Abschnitt A Nr. 1 b
der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie umgesetzt werden sollte, und der nationale
Gesetzgeber damit gerade nicht über die Richtlinie hinaus gehen wollte, stellt sich
die Frage, ob § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 KWG und seine praktische Anwendung durch die
Beklagte den in der Rechtsprechung des EuGH entwickelten Anforderungen an die
Umsetzung von Richtlinien und den Grundsätzen über die richtlinienkonforme
Auslegung genügt. Unter Hinweis auf die 3. Begründungserwägung zur
Wertpapierdienstleistungsrichtlinie ist zunächst festzustellen, dass die Beachtung
der in der Richtlinie enthaltenen Definitionen erforderlich ist, um eine einheitliche
Anwendung der Richtlinie in allen Mitgliedsstaaten zu gewährleisten. Die mit der
Richtlinie eingeführte gegenseitige Anerkennung darf nur für die von der Richtlinie
erfassten Dienstleistungen gelten (vgl. insoweit EuGH, Urteil v. 21.11.2002 a. a.
O.).
Die gemeinschaftsrechtliche Definition im Anhang Abschnitt A Nr. 1 b der
Wertpapier-dienstleistungsrichtlinie enthält 3 Elemente. Nämlich:
a) die Ausführung von Aufträgen,
b) die eines oder mehrere der in Abschnitt B genannten Instrumente zum
Gegenstand haben,
c) für fremde Rechnung.
Diese 3 Bestandteile des Begriffes sind von den Rechtsordnungen der
Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie zu übernehmen.
Der nationale Gesetzgeber hat den Begriff "Aufträge" nicht wörtlich übernommen,
was letztlich seine Ursache darin haben dürfte, dass der Auftrag nach nationalem
Recht eine unentgeltliche Geschäftsbesorgung darstellt (vgl. § 662 BGB), der
Gemeinschaftsgesetzgeber jedoch mit dem Auftrag eine entgeltliche
Geschäftsbesorgung gemeint hat. Im Hinblick hierauf lag es nahe, dass der
Gesetzgeber auch das in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 KWG a. F. geregelte
Effektengeschäft zurückgriff, worunter die Anschaffung und Veräußerung von
Wertpapieren für andere verstanden wurde, und diese Definition entsprechend den
Vorgaben der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie auf alle Finanzinstrumente i. S. d.
§ 1 Abs. 11 KWG erweitert hat. Dem gemäß verlangt die überwiegende Literatur für
den Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäftes in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 KWG
das Vorliegen eines Kommissionsgeschäftes i. S. d. §§ 383 f. HGB (vgl. Dreher, ZIP
2004, 2161; Hammen, WM 2005, 813; Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht 3.
Auflage 2004 Seite 1507; Fock, ZBB 2004, 365; Fülbier in Boos/Fischer/Schulte-
Mattler - Kreditwesengesetz § 1 Rdnr. 57; Elster - Europäisches Kapitalmarktrecht
Seite 223; Reischauer/Kleinhans - KWG § 1 Rdnr. 85; Beck/Samm -
Kreditwesengesetz § 1 Rdnr. 156; Hanten, ZBB 2000 Seite 47; Wolf, Der Betrieb
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Kreditwesengesetz § 1 Rdnr. 156; Hanten, ZBB 2000 Seite 47; Wolf, Der Betrieb
2005 Seite 1723). Dem gegenüber vertritt die Beklagte eine erweiternde
Auslegung des Tatbestandes des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 KWG im Wege einer
wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Die Beklagte sieht den Begriff des
Finanzkommissionsgeschäftes i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 KWG nicht nur dann
erfüllt, wenn ein Unternehmen auf einen konkreten Auftrag eines Kunden hin im
eigenen Namen für fremde Rechnung Finanzinstrumente anschafft oder veräußert,
sondern auch dann, wenn eine schuldrechtliche oder gesellschaftsrechtliche
Vertragskonstruktion gewählt wird, bei der ein Unternehmen von Anlegern Gelder
entgegennimmt und mit diesen Geldern Finanzinstrumente anschafft und
veräußert, wobei die Vorteile und Nachteile dieser Geschäfte sich nicht bei dem
Unternehmen, sondern unmittelbar bei den Anlegern auswirken, also bei
wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein Handeln für fremde Rechnung vorweist (vgl.
hierzu Sahavi ZIP 2005, 929; ständige Rechtsprechung der früher zuständigen 9.
Kammer und des Hess. VGH; vgl. etwa Hess. VGH, Beschluss vom 27.08.2003 - 6
TG 1581/03; 26.04.2004 - 6 TG 3495/03).
Dieser erweiternden Auslegung im Wege der wirtschaftlichen Betrachtungsweise
vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Nach Ansicht der Kammer zwingt
vielmehr eine richtlinienkonforme Auslegung der Vorschrift des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr.
4 KWG zu einer Auslegung im Sinne der in der Literatur herrschenden Meinung
(vgl. insoweit auch Hammen a. a. O. und Wolf a. a. O.).
Richtlinien überlassen ausweislich Art. 249 Abs. 3 EG die Wahl der Form und der
Mittel den innerstaatlichen Stellen, was auf einen Freiraum bei der inhaltlichen
Ausgestaltung und der mitgliedsstaatlichen Bestimmungen und der Wahl der
Rechtsform hindeutet. Andererseits muss die Anwendung der Richtlinie vollständig
und mit hinreichender Klarheit und Genauigkeit gewährleistet sein. Der
Anwendungsbereich des Umsetzungs-rechtes darf nicht hinter dem
Anwendungsbereich der Richtlinie zurückbleiben, darf aber jedenfalls dann - wenn
es wie hier um die gegenseitige Anerkennung geht - den Anwendungsbereich nicht
weiter abstecken als die Richtlinie selbst (vgl. hierzu EuGH, Urteil v. 21.11.2002 a.
a. O.; Jarass/Beljin NVwZ 2004 Seite 1 (8)). Darüber hinaus verlangt Art. 10 EG von
allen staatlichen Organen eine Auslegung des nationalen Rechtes mit Blick auf die
jeweils einschlägige Richtlinie (von Bogdandy in Grabitz/Hilf Das Recht der
Europäischen Union Art. 10 EGV Rdnr. 55 m. w. N. aus der Rechtsprechung). Das
heißt, das nationale Recht muss soweit wie möglich in Übereinstimmung mit den
Anforderungen des Gemeinschaftsrechtes ausgelegt werden.
Anhang Abschnitt A Nr. 1 b zur Wertpapierdienstleistungsrichtlinie lässt sich nach
Ansicht der Kammer bei einer Auslegung nach Historie, Systematik und Sinn und
Zweck nur dahin verstehen, dass sie den Kommissionshandel ergreifen wollte.
Wie Hammen (WM 2005, 813) anhand der Materialien zur
Wertpapierdienstleistungs-richtlinie nachgewiesen hat, hat der
Richtliniengesetzgeber mit dem Auftrag das Kommissionsgeschäft herkömmlicher
Prägung gemeint. Bei systematischer Betrachtung des Anwendungsbereiches der
Richtlinie ergibt sich, dass Abschnitt A des Anhangs zur
Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 4 Geschäftstypen als
Wertpapierdienstleistungen erfassen wollte: Wertpapierfremdgeschäfte (Nr. 1),
Wertpapiereigengeschäfte (Nr. 2), Vermögensverwaltung (Nr. 3) und
Emissionsgeschäfte (Nr. 4). Bei den Wertpapier-fremdgeschäften der Nr. 1
unterscheidet der Richtliniengeber zwischen der Annahme und Übermittlung - für
Rechnung von Anlegern - von Aufträgen, die sich auf die im Abschnitt B genannten
Instrumente beziehen und die Ausführung solcher Aufträge für fremde Rechnung.
Bei der ersten Variante handelt es sich um die reine Anlagevermittlung. Die zweite
Variante deckt den Bereich des Kommissionshandels ab, d. h. ein Handeln des
Wertpapierdienstleisters im eigenen Namen, jedoch für Rechnung eines Kunden
(vgl. Elster - Europäisches Kapitalmarktrecht Seite 323).
Dafür, dass mit dem Begriff des Auftrages nur der Kommissionshandel erfasst
werden sollte, spricht weiter Art. 14 Abs. 4 S. 3 der Richtlinie 93/22 EWG, der eine
rasche Abwicklung der Aufträge des Anlegers zum Ziel hat. Daraus folgt, dass die
Richtlinie die Aufträge im Sinne der Abwicklung einzelner Geschäfte mit
Wertpapieren als Durchlaufposten versteht, nicht aber das Verwahren und
Verwalten dieser Wertpapiere (Wolf a. a. O.). Bestätigt wird dieses Ergebnis durch
Art. 21 der Richtlinie 2004/39/EG vom 21.04.2004 über Märkte für
Finanzinstrumente (ABl L Nr. 145/1 vom 30.04.2004), die die
Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 93/22/EWG ablöst. Danach müssen
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Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 93/22/EWG ablöst. Danach müssen
Mitgliedsstaaten vorschreiben, dass Wertpapierfirmen bei der Ausführung von
Aufträgen unter Berücksichtigung des Kurses, der Kosten, der Schnelligkeit, der
Wahrscheinlichkeit der Ausführung und Abrechnung, des Umfanges, der Art und
aller sonstigen für die Auftragsausführung relevanten Aspekte alle angemessenen
Maßnahmen ergreifen, um das bestmögliche Ergebnis für den Kunden zu
erreichen. Auch diese Vorschrift gibt nur Sinn, wenn der Begriff des Auftrages im
Sinne der Abwicklung eines Kommissionsgeschäftes verstanden wird.
Da das Gericht keine Zweifel bei der Auslegung des Inhalts des
Gemeinschaftsrechtes in Gestalt von Anhang Abschnitt A 1 b der
Wertpapierdienstleistungsrichtlinie hat, erübrigt sich eine Vorlage an den
Europäischen Gerichtshof nach näherer Maßgabe von Art. 234 EG.
Ungeachtet der gemeinschaftsrechtlichen Bedenken gegen die weite Auslegung
des Begriffes des Finanzkommissionsgeschäftes durch die Beklagte hat das
Gericht auch nach nationalem Recht Bedenken gegen die Ausweitung des
Begriffes. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 KWG spricht von der Anschaffung und der
Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung.
Die Frage nach der Reichweite des Begriffes des Finanzgeschäftes ist aufgrund
einer Wertung aller Umstände des einzelnen Falles unter Berücksichtigung der
bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung zu entscheiden (vgl. hierzu BVerwG,
Urteil v. 27.03.1984 NJW 1985, 929). Diese geht - wie aus der einhelligen
Literaturauffassung ersichtlich wird - dahin, den Begriff des
Finanzkommissionsgeschäftes intern mit einem Kommissionsgeschäft i. S. d. §
383 Abs. 1 HGB gleich zu setzen. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 KWG spricht zudem von der
Anschaffung und der Veräußerung von Finanzinstrumenten. Bei den kollektiven
Anlagemodellen, die die Beklagte unter den Begriff des
Finanzkommissionsgeschäftes fassen will, fehlt es bereits an dem Tatbestand der
Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten. Anschaffung ist
abgeleiteter entgeltlicher Erwerb zu Eigentum mittels Rechtsgeschäft unter
Lebenden (RGZ 31, 17, 18). Unter Veräußerung versteht man ein auf Übertragung
des Eigentums gerichtetes Rechtsgeschäft unter Lebenden (vgl. Beck/Samm, KWG
§ 1 Rdnr. 154). Die Anschaffung oder Veräußerung muss "kommissionsweise"
erfolgen (BT - Drucksache 13/7142 Seite 63). Da der Kommissionär in eigenem
Namen handelt, überträgt der Verkäufer das Eigentum an den Finanzinstrumenten
normalerweise an ihn. Der Erwerbsvorgang führt also zunächst dazu, dass der
Kommissionär das Eigentum erhält (Baumbach/Hopt, HGB § 383 Rdnr. 25). Darin
unterscheidet sich das Kommissionsgeschäft von der offenen Stellvertretung, bei
der der Vertretene unmittelbar Eigentum erwirbt. Der Kommissionär tritt aber als
Geschäftsbesorger für den Kommitenten auf. Er erwirbt das Eigentum für diesen,
also auf fremde Rechnung. Er ist dem Kommitenten gegenüber deshalb auch
verpflichtet, das Eigentum weiter zu übertragen. Es ist allerdings auch möglich, die
Eigentumsübertragung im Wege des Durchgangserwerbs zu gestalten, wenn der
Verkäufer weis, dass der Kommissionär als Kommissionär handelt und deshalb das
Eigentum an wen es angeht überträgt (Baumbach Hopt a. a. O. § 383 Rdnr. 27).
Von einem Kommissionsgeschäft kann also nur dann die Rede sein, wenn das
jeweilige Dienstleistungsunternehmen als Mittler zwischen den Anlegern, für die sie
die Finanzinstrumente erwirbt und den Verkäufern dieser Finanzinstrumente steht.
Dies ist in den Fällen kollektiver Anlagemodelle offensichtlich nicht der Fall. Es gibt
kein Verfügungsgeschäft, kraft dessen die Anleger jemals Eigentümer der
Finanzinstrumente werden, in denen ihre Einlage angelegt wird. Der jeweilige
Verkäufer veräußert die Finanzinstrumente an das Unternehmen, das sie aber
nicht auf die Anleger weiter überträgt, sondern diese nur wirtschaftlich am
Geschäftsergebnis beteiligt.
b) Die Klägerin betreibt auch kein Bankgeschäft in Form des Investmentgeschäftes
gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 KWG. Bankgeschäfte sind nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 6
die in § 7 Abs. 2 des Investmentgeschäftes bezeichneten Geschäfte
(Investmentgeschäft). In § 7 Abs. 2 Investmentgesetz heißt es: "Die
Kapitalanlagegesellschaft darf neben der Verwaltung von Investmentvermögen
folgende im einzelnen mehr aufgeführte Dienstleistungen und
Nebendienstleistungen erbringen". Investmentvermögen sind nach der
Legaldefinition in § 1 S. 2 Investmentgesetz Vermögen zur gemeinschaftlichen
Kapitalanlage, die nach dem Grundsatz der Risikomischung in
Vermögensgegenständen im Sinne des § 2 Abs. 4 Investmentgesetz angelegt
sind. Das Gesetz soll durch die Legaldefinition des Begriffes Investmentvermögen
in § 1 S. 2 Investmentgesetz auch für die Regulierung neuer Anlagevehikel, die von
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in § 1 S. 2 Investmentgesetz auch für die Regulierung neuer Anlagevehikel, die von
der Vorgängervorschrift des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) in
der Fassung vom 01.04.1998 (Bundesgesetzblatt I S. 2726), bisher nicht erfasst
wurden, geöffnet werden. Beschränkungen zu diesem weiten Begriff werden durch
die Einschränkungen der Form, die abschließende Aufzählung der
Vermögensgegenstände und die Anlagegrenze in den einzelnen Abschnitten
vorgenommen (so Begründung RegE zu § 1 Investmentgesetz BT-Drucksache
15/1553 S. 74). Dies zeigt, dass das Investmentgesetz nach dem Willen des
Gesetzgebers von einem weiten wirtschaftlichen Investmentbegriff ausgeht, der
alle kollektiven Vermögensanlagen erfasst, die nach den Grundsätzen der
Risikomischung angelegt werden. Da § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 KWG nach seinem
Wortlaut auf die in § 7 Abs. 2 Investmentgesetz bezeichneten Geschäfte verweist
und § 7 Abs. 2 Investmentgesetz als Geschäft die Verwaltung von
Investmentvermögen aufführt und der Begriff des Investmentvermögens nach
dem Willen des Gesetzgebers sämtliche kollektiven Vermögensanlagen erfassen
soll, die nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt werden, ist die Kammer
bisher davon ausgegangen, dass § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 KWG alle Geschäfte erfasst,
die sich materiell als die Verwaltung von Investmentvermögen und damit materiell
als Investmentgeschäfte darstellen (vgl. Beschluss v. 25.07.2005 1 G 1938/05(V)).
An dieser Rechtsauffassung, die im Gegensatz zur herrschenden Meinung steht,
hält die Kammer nicht mehr fest.
Die herrschende Auffassung in der Literatur geht von einem formellen
Investmentbegriff aus, in dem sie nicht auf die in § 7 Abs. 2 Investmentgesetz
bezeichnenden Geschäfte, sondern auf die in § 7 Abs. 2 Investmentgesetz
bezeichnende Form der Verwaltung von Investmentvermögen, nämlich die
Verwaltung durch eine Kapitalanlagegesellschaft abstellt und demgemäß § 1 Abs.
1 S. 2 Nr. 6 KWG dahin versteht, dass er nur die Geschäfte von
Kapitalanlagegesellschaften im Sinne von § 6 Abs. 1 Investmentgesetz erfasst
(vgl. Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Auflg 2004 S. 1749; Sahavi, ZiP
2005, 929; Fock, ZBB 2004 Köndgen/Schmies WM Sonderbeilage Nr. 1/2004 S. 6;
Fock, Der Betrieb 2005 S. 2018; von Livonius EWiR 2005, S. 643; zur früheren
Rechtslage vor Inkrafttreten des Investmentmodernisierungsgesetzes:
Beckmann/Scholtz, Investment § 1 KAGG Rdnr. 1; Fülbier in Boos/Fischer/Schulte-
Matler-Kreditwesengesetz 2. Auflg. § 1 Rdnr. 69 f.; Szagunn/Hauck/Ergenzinger-
KWG § 1 Rdnr. 57). Für die herrschende Auffassung spricht eine Auslegung nach
Entstehungsgeschichte, Systematik und Sinn und Zweck. Der Wortlaut von § 1
Abs. 1 S. 2 Nr. 6 KWG i.V.m. § 7 Abs. 2 Investmentgesetz legt zwar wegen des in §
1 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 KWG enthaltenen Verweises auf die in § 7 Abs. 2
Investmentgesetz bezeichneten Geschäfte eine weite Auslegung in Richtung auf
einen materiellen Investmentbegriff nahe. Im Hinblick auf die
Gesetzgebungsgeschichte, die Systematik und Sinn und Zweck der Vorschrift ist
jedoch eine teleologische Reduktion der Vorschrift im Sinne der herrschenden
Auffassung geboten. Der Anwendungsbereich des Investmentgesetzes wird in der
Begründung zu § 1 Investmentgesetz dahin bestimmt, dass er
Investmentvermögen, die in Form von Publikums- oder Spezial- Sondervermögen
gebildet werden, sowie Investmentaktiengesellschaften erfassen soll. Diese
kollektiven Anlageformen sollen nach den Vorschriften des Investmentgesetzes
reguliert und von der Bundesanstalt überwacht (Produktaufsicht) werden. Weitere
kollektive Anlageformen sollen aufgrund des abschließenden Positivkatalogs nicht
in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, insbesondere sollen keine
kollektiven Anlageformen in Personenhandelsgesellschaften oder andere
Vertragskonstruktionen erfasst werden (BT-Drucksache 15/1553 S. 74). Daraus ist
zu schließen, dass das Investmentgesetz wegen seines abschließenden positiven
Katalogs nicht auf andere im Gesetz nicht ausdrücklich genannte kollektive
Anlageformen anwendbar ist (vgl. auch Fock, ZBB 2004 S. 367). Gesellschaften,
die den Begriffsmerkmalen des Investmentgesetzes nicht entsprechen, genießen
folglich weder dessen Vorteile, noch wirken sich die Beschränkungen des Gesetzes
aus. Es ist damit nach dem Investmentgesetz zwar nicht zugleich verboten, in der
Bundesrepublik Deutschland Gesellschaften zu gründen, die der passiven
Kapitalanlage dienen und die im Investmentgesetz genannten Begriffe nicht
erfüllen. Auf solche Gesellschaften findet jedoch das Investmentgesetz keine
Anwendung. Auch eine analoge Anwendung der Vorschriften des
Investmentgesetzes auf Konstruktionen zur gemeinsamen Geldanlage wie die der
Klägerin kommt nicht in Betracht. Insoweit fehlt es bereits an einer unbewussten
Regelungslücke. Mit dem Investmentgesetz wollte der Gesetzgeber vielmehr
lediglich für bestimmte Formen der kollektiven Geldanlage ein optionales
Aufsichtsrecht zur Verfügung stellen (vgl. Berger/Steck, Regulierung von
Hedgefonds in Deutschland, Arbeitspapier des Instituts für Bankrecht der Johann
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Hedgefonds in Deutschland, Arbeitspapier des Instituts für Bankrecht der Johann
Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt S. 7).
Auf diesen formellen Investmentbegriff wollte der Gesetzgeber auch bei der
Änderung des § 1 des Kreditwesengesetzes im Rahmen des
Investmentmodernisierungsgesetzes verweisen. Dies belegt die Begründung des
Gesetzentwurfes in der es ausdrücklich heißt: "Das Investmentgeschäft entspricht
den nach § 7 Abs. 2 Investmentgesetz zulässigen Tätigkeiten einer
Kapitalanlagegesellschaft" (BT-Drucksache 15/1553 S. 134). Damit wollte der
Gesetzgeber nicht lediglich auf die in § 7 Abs. 2 Investmentgesetz genannten
Geschäfte verweisen, wovon die Kammer bisher ausgegangen ist, sondern
zugleich auf die in § 7 Abs. 2 Investmentgesetz bezeichnete Anlageform.
Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bei Änderung des
Kreditwesengesetzes durch die Verweisung auf § 7 Abs. 2 Investmentgesetz über
den Regelungsbereich des Investmentgesetzes hinausgehen wollte und vom
Investmentgesetz nicht erfasste Anlageformen die sich materiell als
Investmentgeschäfte darstellen, dem Kreditwesengesetz unterstellen wollte und
damit den Gleichlauf zwischen § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 KWG und dem
Investmentgesetz auflösen wollte, lassen sich aus der Gesetzgebungsgeschichte
nicht entnehmen.
Auch eine systematische Auslegung spricht für die herrschende Auffassung. § 1
Abs. 1 Nr. 1 Investmentgesetz bestimmt den Anwendungsbereich des
Investmentgesetzes dahin, dass es auf inländische Investmentvermögen
anzuwenden ist, soweit diese in Form von Investmentfonds im Sinne des § 2 Abs. 1
oder Investmentaktiengesellschaften im Sinne des § 2 Abs. 5 gebildet werden.
Wenn dann § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 KWG auf die in § 7 Abs. 2 Investmentgesetz
genannten Geschäfte (einer Kapitalanlagegesellschaft) verweist, kann dieser
Verweis bei systematischer Betrachtung nur dahin verstanden werden, dass dieser
Verweis die dort definierten zulässigen Geschäfte einer Kapitalanlagengesellschaft
meint und die Verweisung nicht über den Anwendungsbereich des
Investmentgesetz hinausgehend alle dort genannten Geschäfte in welcher Form
sie auch immer betrieben werden, erfasst werden sollen. Bestätigt werden diese
Überlegungen durch die bereits benannte Zielrichtung der Neuregelung des
Investmentgesetzes in dessen Rahmen § 1 Abs.1 S. 2 Nr. 6 KWG geändert wurde.
Danach sollen von dem Investmentgesetz Investmentvermögen erfasst werden,
die in Form von Publikums-, oder Spezial- Sondervermögen gebildet werden sowie
Investmentaktiengesellschaften. Weitere kollektive Anlageformen sollen aufgrund
des abschließenden Positivkatalogs nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes
fallen, insbesondere werden keine kollektiven Anlageformen in
Personhandelsgesellschaften oder anderen Vertragskonstruktionen erfasst. Vor
dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber andere kollektive Geldanlageformen als
im Investmentgesetz geregelt unreguliert lassen wollte, würde es dieser
Zielrichtung des Gesetzes und dem Grundsatz der einheitlichen Auslegung von
Normen widersprechen, wenn über den Verweis in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 KWG eine
bis dahin nicht bestehende Regulierung neu eingeführt werden sollte. Ohne
ausdrückliche gesetzliche Regelung kann nicht davon ausgegangen werden, dass
der Gesetzgeber einerseits mit dem geänderten Investmentgesetz für bestimmte
Formen der kollektiven Geldanlage ein optionales Aufsichtsrecht zur Verfügung
stellen wollte und andere Formen der kollektiven Geldanlage unreguliert lassen
wollte und andererseits mit dem Verweis in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 KWG auf § 7 Abs. 2
Investmentgesetz alle dort genannten Geschäfte im Anwendungsbereich des KWG
unterstellen wollte und damit entgegen der Zielrichtung des Investmentgesetzes
gleichwohl einer Regulierung unterwerfen wollte.
Bedarf die Klägerin demnach nach § 32 KWG für die von ihr betriebenen Geschäfte
keine Erlaubnis, weil sie weder Bankgeschäfte in der Form des
Finanzkommissionsgeschäftes noch in der Form des Investmentgeschäftes
betreibt, ist die von der Beklagten herangezogene Rechtsgrundlage des § 37 Abs.
1 S. 1 KWG nicht einschlägig und Ziff. I - IV der Verfügung erweisen sich als
rechtswidrig.
Auch die unter Ziff. V der Verfügung ausgesprochene Zwangsgeldandrohung
erweist sich im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit der zu vollstreckenden Verfügung
als rechtswidrig. Auch Ziffer VII und VIII erweisen sich als rechtswidrig. Die auf § 44
c) Abs. 2 bzw. Abs. 1 KWG gestützten Verfügungen können schon deshalb keinen
Bestand haben, weil die Klägerin keine unerlaubten Bankgeschäfte und
Finanzdienstleistungen betreibt. Desgleichen kann die in Ziff IX enthaltene
Zwangsgeldandrohung im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit der zu vollstreckenden
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Zwangsgeldandrohung im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit der zu vollstreckenden
Verfügung keinen Bestand haben. Auch die festgesetzte Gebühr in Höhe von
3.750,00 Euro ist im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit der auf § 37 bzw. 44 c KWG
gestützten Verfügung der Beklagten ebenfalls rechtswidrig.
Die Kosten des Verfahrens haben die Beteiligten jeweils zur Hälfte zu tragen (§ 155
Abs. 1 VwGO). Da Haupt- und Hilfsantrag auf unterschiedliche Ziele gerichtet sind
und die Klägerin mit dem Hauptantrag unterliegt, ist es gerechtfertigt, die Kosten
hälftig zu teilen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m.
§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung ist zuzulassen, weil das Urteil von der ständigen Rechtsprechung des
Hess. VGH zur Reichweite des Begriffes des Finanzkommissionsgeschäftes i. S. v.
§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG abweicht (§ 124 a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 4
VwGO).
Die Sprungrevision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche
Bedeutung hat (§ 134 Abs. 2 i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die grundsätzliche
Bedeutung der Rechtssache ergibt sich daraus, dass die Reichweite des
Tatbestandes des Finanzkommissionsgeschäftes i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4
KWG bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist und die Klärung dieser Rechtsfrage
für eine Vielzahl von Fällen von Bedeutung ist, weil die Beklagte seit dem Jahr 2003
unter Berufung auf die sich aus § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG ergebende
Genehmigungsbedürftigkeit gegen die Tätigkeit von Unternehmen einschreitet, die
außerhalb des Anwendungsbereiches des Investmentgesetzes kollektive
Anlagemodelle anbieten.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.