Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 17.06.2009

VG Frankfurt: anzeige, bestätigung, hessen, staatsvertrag, verweigerung, minderjähriger, vollstreckung, rechtsschutzinteresse, karte, agb

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Gericht:
VG Frankfurt 7.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 K 139/08.F
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 4 Abs 3 GlüStVAG SH, § 14
LottStVtr
Rechtsschutz gegen Verweigerung der Bestätigung einer
Anzeige der Vermittlung von Glücksspielen
Leitsatz
Zum fehlenden Rechtsschutzinteresse für die Feststellung, dass die Verweigerung der
Bestätigung einer Anzeige der Vermittlung von Glücksspielen rechtswidrig war.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der
festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine Anzeige der gewerblichen Vermittlung von
Lotterien an die staatliche Lotto GmbH.
Die Klägerin zeigte mit Schreiben vom 02.07.2007, bei dem Hessischen
Ministerium der Justiz eingegangen am 03.07.2007, gemäß § 4 Abs. 1 des
Hessischen Gesetzes zu dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen von Deutschland
an, dass sie als gewerblicher Spielvermittler i.S. des § 14 Abs. 1 Ziff. 2 des
Lotteriestaatsvertrags Spielinteressenten zusammenführt und die Spielteilnahme
dieser Spielgemeinschaften an den Lottoausspielungen „6 aus 49“ des deutschen
Lottoblocks über die Tipp24 AG an die staatliche Lottogesellschaft GmbH als
Veranstalter vermittelt. Zu den Einzelheiten führte die Klägerin aus, dass sie zu
einem Festpreis eine Karte bzw. Quittung nebst so genanntem „PIN-Printing“ in
diversen Verkaufsstellen anbiete. Mit dem Erwerb einer solchen Karte erhalte der
Kunde eine Spielberechtigung zur Teilnahme an einer Lotto-Tippgemeinschaft als
Gesellschafter bürgerlichen Rechts. Mit Abschluss des
Geschäftsbesorgungsvertrages bevollmächtige der Mitspieler die Klägerin, in
dessen Namen einen Spielvertrag mit einer staatlichen Lottogesellschaft
abzuschließen.
Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport wies die Klägerin mit
Schreiben vom 04. 07.2007 darauf hin, dass für die Entgegennahme der Anzeige
das RP zuständig sei und dass die Anzeige an diese Behörde weiter geleitet werde.
Mit Schreiben vom 21.07.2007 reichte die Klägerin beim RP eine neuerliche
Anzeige und zudem einen Antrag auf Genehmigung der gewerblichen Vermittlung
von Lotterien an die staatlichen Lotteriegesellschaften Lotto GmbH sowie Hessen
ein. Beigefügt waren ein Handelsregisterauszug, eine Gewerbeanmeldung und die
Spiel- und Teilnahmebedingungen, der Spielevertrag und die AGB zu LOTTO per
SMS.
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Mit Schreiben vom 05.09.2007 wies das RP die Klägerin daraufhin, dass der
angezeigte Vertriebsweg von LOTTO per SMS vermutlich nicht mit dem
Jugendmedienschutz-Staatsvertrag vereinbar sei. Es werde daher um Vorlage
einer Unbedenklichkeitsbescheinigung der Kommission für Jugendmedienschutz
gebeten. Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schreiben vom 05.10.2007, dass bei
der von ihr gewählten Vertriebsform der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag nicht
einschlägig sei, da sie nicht Anbieter von Rundfunkveranstaltungen oder
Telemediendiensten sei.
Mit Schreiben vom 22.10.2007 teilte das RP der Klägerin mit, dem Antrag auf
Erteilung einer Anzeigenbestätigung nach § 4 Abs. 3 HessLottStVG i.V. mit § 14
LottStV könne nicht entsprochen werde, da sich aus den eingereichten Unterlagen
nicht ergebe, dass die geplante Tätigkeit im Einklang mit dem geltenden Recht
stehe. Unbeschadet, ob der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der
Geschäftstätigkeit der Klägerin entgegen stehe, könne diese nicht mit der
erforderlichen Sicherheit nachweisen, dass Belangen des Jugendschutzes
hinreichend Rechnung getragen wird. Im Übrigen stehe § 1 Abs. 5 SpW/LottG dem
von der Klägerin geplanten Vertriebsweg entgegen, der einen terrestrischen
Vertrieb von Lotterien nicht zulasse. Zudem habe die Klägerin bislang einen
Antrag auf Betrieb einer Annahmestelle zum terrestrischen Vertrieb von Lotterien
nicht gestellt.
Mit Schreiben vom 24.10.2007 wies die Klägerin darauf hin, dass mit dem
Beschluss des BVerfG vom 02.08.2007 (1 BvR 1896/99) die im hessischen Gesetz
über staatliche Sportwetten, Zahlenlotterien und Zusatzlotterien enthaltene
strafbewehrte Konzentration der gewerbsmäßigen Vermittlung von Lotterien auf
zugelassene Annahmestellen entfallen sei.
Mit Verfügung vom 12.12.2007, zugestellt am 18.12.2007, lehnte das
Regierungspräsidium Darmstadt den Antrag der Klägerin auf Bestätigung der
Anzeige über die Zusammenführung von Spielinteressenten zu Lotto-
Spielgemeinschaften und die Vermittlung von Spielangeboten dieser
Spielgemeinschaften an den Lottoausspielungen „6 aus 49“ des deutschen
Lottoblocks an die Lotteriegesellschaften GmbH und Lotterie-Treuhandgesellschaft
mbH H. ab. Die angezeigte Spielvermittlung sei in der konkret geplanten
Vertriebsweise rechtswidrig, da nicht hinreichende Vorkehrungen zur
unberechtigten Teilnahme Minderjähriger an den zu vermittelnden Lotterien
bestünden. Darüber hinaus sei der Vertrieb über eigene Verkaufsstellen
unzulässig. Vom Land H. veranstaltete Lotterien dürften nur in den von ihm
zugelassenen Annahmestellen gewerbsmäßig vermittelt werden. Über eine
entsprechende Zulassung verfüge die Klägerin nicht. Auch der terrestrische
Vertrieb von H. aus an die Lotteriegesellschaft in Rheinland-Pfalz sei rechtswidrig
und nicht bestätigungsfähig, da diese Form der gewerblichen Spielvermittlung
seinerzeit vom Regelungsgehalt des Lotteriestaatsvertrags nicht vorgesehen
gewesen sei, sondern lediglich der Vertrieb im Wege des Direktmailing.
Die Klägerin hat am 16.01.2008 Klage erhoben. Diese hat sie mit Schriftsatz vom
21.04.2008 begründet. Sie ist der Ansicht, dass ihr auch nach Inkrafttreten des
Glücksspielstaatsvertrags zum 01.01.2008 ein Interesse auf Feststellung der
Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 12.12.2007 zustehe. Die Klägerin sei auf die
Ausstellung der begehrten Bestätigung angewiesen, da diese Auswirkungen auf
das Verfahren zur Genehmigung von „LOTTO per SMS“ unter Geltung des
Glücksspielstaatsvertrags habe. Die von dem Beklagten angeführten
jugendschutzrechtlichen Belange seien nicht überzeugend, zumal auch bei den
hessischen Lottoannahmestellen den Belangen des Jugendschutzes nicht
nachgekommen werde. Zudem verkenne der Beklagte, dass es auch unter
Geltung des alten Lotteriestaatsvertrags verschiedene gewerbliche Spielvermittler
gegeben habe, die nicht im Direktmailingbereich tätig gewesen seien. Das
Sportwetten- und Lotteriegesetz finde seit dem Inkrafttreten des
Lotteriestaatsvertrags am 01.07.2004 auf gewerbliche Spielvermittler keine
Anwendung. Die Klägerin habe auch vor Erstellung der Anzeige in Hessen keine
gewerbliche Spielvermittlung betrieben, sondern lediglich LOTTO per SMS
vertrieben.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass der ablehnende Bescheid des RP vom 12.12.2007
rechtswidrig war, und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin für die Zeit von
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rechtswidrig war, und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin für die Zeit von
der Antragstellung bis zum 31.12.2008 eine Bestätigung zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass die Klage sowohl unzulässig als auch
unbegründet ist. Der Klägerin mangele es an einem Rechtsschutzbedürfnis. Die
seit dem 01.01.2008 geltende Rechtslage sehe keine glücksspielrechtlichen
Anzeigepflichten mehr vor, sondern ausschließlich Erlaubnisse. Daher würden seit
dem 01.01.2008 auch keine Anzeigebestätigungen mehr erteilt. Eine
Anzeigebestätigung würde auch keine Rechtswirkungen mehr entfalten. Zwar
hätten die bis zum 01.01.2007 erteilten Konzessionen und ihnen gleichgestellte
Befugnisse der gewerblichen Spielvermittler bis zum 31.12.2008 grundsätzlich als
Erlaubnis fortgegolten. Diese Regelung hätte jedoch für die Klägerin keine
günstigen Auswirkungen, da sie ihre Tätigkeit nicht bis zu dem genannten Stichtag
angezeigt habe. Zudem könne die von der Klägerin begehrte Anzeigebestätigung
nach der seit dem 01.01.2008 geltenden Rechtslage keine Erlaubnisfähigkeit
bewirken, da die Klägerin sich wegen jahrelanger unerlaubter gewerblicher
Spielvermittlung als unzuverlässig erwiesen habe. Im Übrigen sei der Klägerin die
Anzeigebestätigung zu Recht verwehrt worden. Die angezeigte Tätigkeit habe nicht
den jugendschutzrechtlichen Anforderungen entsprochen. Ein Ausschluss
Minderjähriger von der Spielteilnahme sei nicht hinreichend gewährleistet
gewesen. Des Weiteren habe das von der Klägerin angezeigte Geschäftsmodell
gegen das Verbot, gewerbliche Spielvermittlung terrestrisch zu betreiben,
verstoßen. Nach dem Grundsatzurteil des BVerfG vom 28.03.2006 sei den
Bundesländern jegliche Erweiterung des Angebots staatlicher Wettveranstaltung
untersagt gewesen. Dementsprechend sei der Vertrieb von Produkten
außerhessischer Lotterieveranstalter über örtliche Verkaufsstellen in Hessen nicht
zulässig gewesen. Die Klägerin sei auch ausweislich ihres eigenen Vortrags im
Verwaltungsverfahren bereits vor Anzeigeerstattung als gewerblicher
Spielvermittler in H. tätig gewesen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und
Behördenakte (1 Hefter) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig. Der Klägerin fehlt es zum entscheidungserheblichen
Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung der Kammer an dem zwingend
erforderlichen Rechtsschutzinteresse für die von ihr erhobene Klage. Die Beklagte
hat zu Recht vorgetragen, dass die von der Klägerin begehrte Feststellung, den
ablehnenden Bescheid des RP vom 12.12.2007 für rechtswidrig zu erklären, zum
gegenwärtigen Zeitpunkt keinerlei rechtliche Wirkungen mehr auslösen würde und
dass dies zudem auch für die von der Klägerin begehrte Bestätigung gilt. Denn
auch diese hätte, wenn sie der Klägerin vom RP erteilt worden wäre, allenfalls
Rechtsfolgen für die Zeit bis zum 31.12.2008 bewirken können. Darüber hinaus
käme weder der begehrten Feststellung noch der Bestätigung eine präjudizierende
Wirkung für spätere Genehmigungsverfahren zu. Insbesondere gilt dies für das von
der Klägerin anhängig gemachte Klageverfahren 7 K 1307/09.F(V), über das
gleichfalls am heutigen Tage entschieden worden ist.
Nur ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass die vorliegende Klage auch
unbegründet wäre, da der Klägerin ein Anspruch auf die begehrte Bestätigung
nach dem seinerzeit maßgeblichen Recht unter der Geltung des
Lotteriestaatsvertrags nicht zugestanden hatte.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V. mit
§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.