Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 14.07.1998

VG Frankfurt: deponie, kreis, stadt, abfallentsorgung, erfüllung, satzung, anlieferung, gebietskörperschaft, eigentum, recycling

Gericht:
VG Frankfurt 6.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 E 863/97
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 10 KAG HE
Leitsatz
Die Deponie Wicker, die Abfallverbrennungsanlage Frankfurt Nordweststadt und die
Abfallsortieranlage Wicker sind öffentliche Einrichtungen des Umlandverbandes
Frankfurt am Main, für deren Benutzung der Umlandverband Gebühren erheben darf.
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Öffentliche Einrichtung im Sinne des § 10 KAG ist jede organisatorische
Zusammenfassung persönlicher und sachlicher Mittel, die die Gebietskörperschaft in
Wahrnehmung ihrer Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge der
Öffentlichkeit in der Weise zur Verfügung stellt, daß die Benutzung allen vom
Widmungszweck erfaßten Personen offen steht. Hierfür ist nicht erforderlich, daß die
öffentliche Einrichtung im Eigentum der Gebietskörperschaft steht oder von dieser
technisch selbst betrieben wird. Ebensowenig muß die Körperschaft die Einrichtung
ausschließlich aus eigenen Mitteln herstellen oder unterhalten. Es genügt, daß sich die
Körperschaft durch Vertrag oder sonstwie auf eine Einrichtung soweit Einfluß verschafft
hat, daß ein allgemeines Benutzungsrecht gesichert ist und die Körperschaft die
Einrichtung den vom Widmungszweck umfaßten Personen ihrerseits zur Verfügung
stellt.
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Aus dem Gebot des § 3 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes über den Umlandverband Frankfurt
( UVFG), alle Abfallbeseitigungseinrichtungen einschließlich den mit diesen
verbundenen Grundstücken, Rechten und Pflichten in den Umlandverband
einzubringen, ergibt sich für den Umlandverband kein Verbot, sich der bislang nicht
eingebrachten Abfallbeseitungsanlagen auf andere Weise zu bedienen. Die
abfallrechtliche Entsorgungskompetenz steht im Verbandsgebiet allein dem
Umlandverband und weder dem Main-Taunus-Kreis noch der Stadt Frankfurt am Main
zu, so daß diese eigenständig keine Abfallentsorgungsanlagen betreiben dürfen. Die
Zusammenfassung der verschiedenen technisch selbständigen Entsorgungsanlagen zu
einer einzigen Einrichtung im gebührenrechtlichen Sinn in § 9 Abs. 2 der Abfallsatzung
des Umlandverbandes Frankfurt am Main ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
Insbesondere liegt kein Verstoß gegen das Prinzip der leistungsproportionalen
Gebührenerhebung ( § 10 Abs. 3 KAG) vor.
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Die verschiedenen Arten der Entsorgung ( thermische Verwertung, stoffliche
Verwertung, Deponierung) sind gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 HAbfG gleichwertig und daher
keine unterschiedlichen Leistungen. Die Leistung besteht jeweils darin, daß die
Gemeinden " ihren Müll loswerden" ( vergleiche OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom
29.01.1979, II A 371/77, DÖV 1979, 681, 682). Die Kostenunterschiede der
verschiedenen Anlagen erfordern keine Gebührendifferenzierung, denn die Bemessung
der Gebühr ist nicht kostenbezogen, sondern leistungsbezogen.
Tenor
1. Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren
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1. Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren
eingestellt.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen Abfallgebührenbescheide, die der Beklagte für die
Anlieferung von im Gemeindegebiet eingesammelten Abfall bei der Deponie W, der
Abfallverbrennungsanlage F und der Sortieranlage W erlassen hat.
Seit dem 07.11.1987 ist der Beklagte mit dem Inkrafttreten des Vierten
Änderungsgesetzes zum HAbfG anstelle der Landkreise und kreisfreien Städte
verpflichtet, die von den Gemeinden im Verbandsgebiet eingesammelten oder
angelieferten Abfälle zu entsorgen. Zur Erfüllung dieser Aufgabe gründete er 1988
den Eigenbetrieb Abfallentsorgung-Umlandverband F (jetzt: Abfallwirtschaft und
Abfallentsorgung UVF.). Im Verbandsgebiet befanden sich im
streitgegenständlichen Zeitraum folgende Abfallentsorgungsanlagen: Die Deponie
..., die Abfallverbrennungsanlage F (AVA), die Müllverbrennungsanlage O (MVA),
die Deponie ... die Abfallumladeanlage F (AUA) und die Sortieranlage F. Die
Deponie ... wie auch die Müllverbrennungsanlage O sind in den Beklagten gemäß §
3 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes über den Umlandverband F (UVFG) vom 11.
September 1974 vom H kreis und vom Zweckverband Müllbeseitigung Stadt und
Kreis O eingebracht worden. Die Abfallumladeanlage errichtete der Beklagte
selbst. Die Deponie ... und die AVA sind dem Beklagten dagegen nicht übertragen
worden; stattdessen veräußerte der M Kreis Ende 1993 alle mobilen und
immobilen Sachanlagen der Deponie ... an die damals noch allein von ihm
getragene M Recycling GmbH und mietete sie wieder zurück. Daraufhin beantragte
der Beklagte beim H Innenministerium, die Bedingungen für die Einbringung der
Deponie ... durch den M Kreis gemäß § 3 Abs. 3 Satz 3 UVFG festzusetzen, was
abgelehnt wurde. Die AVA steht im Eigentum der Stadt F. Die Sortieranlage F
gehört der M Recycling GmbH (MTR).
Im Hinblick auf die Deponie ... schlossen der Beklagte und der M Kreis am
25.03.1983 folgende Vereinbarung:
§ 1 Der UVF übernimmt Aufgaben der Abfallbeseitigung nach Maßgabe dieser
Vereinbarung und erstellt ein Gesamtentsorgungskonzept für die Abfallbeseitigung
im Verbandsgebiet.
§ 2 Der Kreis verpflichtet sich, in der Deponie ... Abfall aus dem
Verbandsgebiet nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu beseitigen.
§ 3
(1) Dem UVF wird das Dispositionsrecht über den in der Deponie zu
beseitigenden Abfall eingeräumt. Dieses Dispositionsrecht erstreckt sich auf
einzelne Anlieferungen, soweit dem zwingende betriebliche Gründe nicht
entgegenstehen.
(2) Grundsätzlich hat die Beseitigung des Abfalls aus dem Kreisgebiet Vorrang.
Der Kreis verpflichtet sich, auf Verlangen des UVF Abfall von anderen
Verbandsmitgliedern sowie im Einvernehmen mit ihm auch von außerhalb des
Verbandsgebietes zu beseitigen. Der UVF sorgt in diesem Fall für die
ordnungsgemäße Beseitigung der Abfallmenge aus dem Kreisgebiet, die dann
nicht in der Deponie beseitigt werden kann.
(3) Der UVF wird bei der Zuordnung der Anlieferer darauf achten, daß die
Bevölkerung durch die notwendigen Verkehrsbewegungen nicht mehr als
unvermeidbar belastet wird.
(4) Der Kreis stellt den UVF alle dem Betrieb der Deponie betreffenden
Unterlagen wie Verträge, Genehmigungsbescheide, Anordnungen und dergleichen
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Unterlagen wie Verträge, Genehmigungsbescheide, Anordnungen und dergleichen
zur Verfügung.
§ 4
(1) Zukünftige Verträge und Änderungen bestehender Verträge, die die
Anlieferung in der Deponie betreffen, werden von dem Kreis im Einvernehmen mit
dem UVF geschlossen.
(2) Der Kreis ermittelt die Aufwendungen für den Deponiebetrieb nach
betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und errechnet die Entgelte, deren richtige
Ermittlung durch ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen zu bestätigen ist. Dem UVF
ist auf Verlangen Einsicht in die Berechnungsgrundlagen zu gewähren.
Die Staffelung der Gebühren für die einzelnen Abfallarten wird im
Einvernehmen mit dem UVF vorgenommen.
(3) Der Kreis stellt den Anlieferern die Entgelte in Rechnung.
§ 5 Voraussehbare wesentliche Änderungen im Betrieb der Deponie
(Veränderungen der mittleren monatlichen Müllmenge – derzeit rund 30.000
Tonnen/Monat –), zum Beispiel im Zuge von betrieblichen Restriktionen,
Bauarbeiten, Investitionen usw. sind mit dem UVF vorher abzustimmen.
Unvorhergesehene eintretende Änderungen im Betrieb infolge von
Störungen, Notfällen, besonderen Wetterlagen und dergleichen sind dem UVF
unverzüglich mitzuteilen.
§ 6 Zum Zwecke der Disposition der Transportwege des Abfalls (Abfallströme)
im Verbandsgebiet macht der Kreis dem UVF alle Daten des Eingangsbereichs der
Deponie zugänglich.
Der Kreis wird im Einvernehmen mit dem UVF zum frühestmöglichen
Zeitpunkt die Organisation und Datenerfassung des Eingangsbereichs der Deponie
mit denen der anderen Abfallbeseitigungsanlagen im Verbandsgebiet
harmonisieren.
§ 7 UVF und Kreis werden sich bei der Durchführung der vertraglich geregelten
Aufgabe gegenseitig unterstützen und verpflichten sich, alle diesbezüglichen
Informationen jeweils unverzüglich auszutauschen sowie in allen Fragen, die sich
aus diesem Vertrag ergeben, loyal und vertrauensvoll zusammenzuarbeiten.
§ 8 Der Kreis wird zur Erfüllung dieses Vertrages seine Einrichtungen, Rechte,
sein Personal sowie seine Kenntnisse und Erfahrungen einsetzen.
§ 9 Beide Parteien sind sich darüber einig, daß diese Vereinbarung eine
Übergangsregelung darstellt.
Der Vertrag wird für die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen und
verlängert sich um jeweils zwei Jahre, wenn er nicht ein Jahr vor Ablauf des
Vertrages gekündigt wird.
Mit der Stadt F schloß der Beklagte hinsichtlich der AVA bereits unter dem
01.02.1983 eine entsprechende Vereinbarung.
Am 17.03.1987 beschloß der Verbandstag des Beklagten die Satzung über die
geordnete Entsorgung von Abfällen im Gebiet des Umlandverbandes F
(Abfallsatzung). Hierin heißt es unter anderem:
§ 1 Aufgabe
(1) Der UVF betreibt die Entsorgung von Abfällen in seinem Verbandsgebiet
nach Maßgabe der Gesetze und dieser Satzung als öffentliche Einrichtung.
§ 14 Gebührenpflicht
(1) Der UVF erhebt für das Befördern, Behandeln, Lagern, Ablagern,
Verwertung und Beseitigen von Abfällen Benutzungsgebühren nach Maßgabe einer
gesondert zu erlassenen Gebührensatzung.
Am 20.10.1987 beschloß der Verbandstag des Beklagten die
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Am 20.10.1987 beschloß der Verbandstag des Beklagten die
Abfallgebührensatzung des Umlandverbandes F. Nach § 3 dieser Satzung erhob
der Beklagte für die Entsorgung von Abfällen in seinen damaligen Anlagen
unterschiedlich hohe Gebühren. In seiner Abfallsatzung vom 08.05.1990 traf der
Beklagte dann folgende Regelungen:
§ 1 Aufgabe
(1) Der UVF betreibt die Abfallentsorgung in seinem Gebiet nach Maßgabe des
Gesetzes über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz) vom
27. August 1986 des Gesetzes über die Vermeidung, Verminderung, Verwertung
und Beseitigung von Abfällen und die Sanierung von Altlasten (HAbfAG) vom 10.
Juli 1989 in der jeweiligen geltenden Fassung und dieser Satzung als öffentliche
Einrichtung.
(2) Die Abfallentsorgung des UVF umfaßt das Gewinnen von Stoffen oder
Energie aus Abfällen (Abfallverwertung) und das Ablagern von Abfällen sowie die
hierzu erforderlichen Maßnahmen des Beförderns, Umladens, Behandelns und
Lagerns einschließlich der Einsammlung und Beförderung von Sonderabfall
Kleinmengen im Sinne des § 4 Abs. 6 HAbfAG, soweit die Aufgaben nicht nach
Maßgabe der §§ 1 Abs. 2 Satz 5, Abs. 5 und 4 Abs. 6 Satz 3 HAbfAG zur Erfüllung
als eigene Pflicht auf die Verbandsmitglieder übertragen sind.
Der UVF kann sich zur Erfüllung dieser Aufgaben auch Dritter bedienen.
(3) Das Einsammeln der Abfälle wird von den Städten und Gemeinden nach
den von ihnen erlassenen Satzungen über die Abfallentsorgung vorgenommen,
soweit in § 9 keine andere Regelung getroffen ist.
§ 3 Benutzungsrecht
(1) Zur Benutzung der Abfallentsorgungseinrichtungen des UVF sind die
jeweiligen kreisangehörigen Gemeinden und kreisfreie Städte berechtigt, soweit
diese Satzung nichts anderes bestimmt.
§ 8 Abfallentsorgungsanlagen/Organisationsplan
(1) Die zugelassenen Entsorgungsanlagen des UVF und ihre Einzugsbereiche
ergeben sich aus einer gesonderten Zusammenstellung, die öffentlich bekannt
gemacht wird sowie dem nach Absatz 2 zu erstellenden Organisationsplan.
(2) Die nach Absatz 1 bekanntzumachenden Abfallentsorgungsanlagen und
Einrichtungen des UVF werden zu einer einheitlichen organisatorischen Einrichtung
im Sinne des Gebührenrechtes zusammengefaßt und als solche durch den UVF
geführt.
§ 11 Gebührenpflicht/Entstehen/Fälligkeit
(1) Der UVF erhebt zur Deckung seiner Kosten für die Entsorgung von Abfällen
sowie von Sonderabfallkleinmengen Benutzungsgebühren.
(2) Gebührenpflichtig für den nach Abschluß der Einsammlung vom UVF
übernommenen Abfall sind die Städte und Gemeinden des Verbandsgebietes. Die
Gebührenpflicht entsteht jeweils mit Ablauf des Kalendermonats der Anlieferung.
Die Gebühr ist sofort nach Bekanntgabe des Gebührenbescheides fällig.
§ 12 Bemessungsgrundlage (Gewicht)
(1) Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Gebühren nach § 11 Abs. 2
ist die von der jeweiligen Stadt oder Gemeinde abgelieferte Abfallmenge nach
Gewicht. Maßgebend ist der Wiegeausdruck an der jeweiligen Entsorgungsanlage.
Die Berechnung erfolgt in DM pro Gewichtstonne (DM/t).
Im § 13 werden die Gebührensätze für die verschiedenen Abfallarten aufgeführt.
Für die Deponien ... und ... wie auch für die AVA war in § 13 a eine
Übergangsregelung vorgesehen, nach der bis zum 31.12.1990 für Hausmüll aus
dem Bereich der Städte und Gemeinden des M Kreises ein Nachlaß von 36 % bei
der Deponie ... gewährt wurde, während für Hausmüll aus dem Bereich der Stadt F,
der bei der AVA angeliefert wird, ein Aufschlag von 36 % erhoben wurde. Mit der
am 01. Januar 1995 in Kraft getretenen Abfallsatzung des Beklagten vom
13.12.1994 fiel diese Übergangsregelung ersatzlos weg, so daß die Gemeinden im
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13.12.1994 fiel diese Übergangsregelung ersatzlos weg, so daß die Gemeinden im
Verbandsgebiet seitdem für die Anlieferung des von ihnen eingesammelten
Abfalles bei allen Entsorgungsanlagen die gleiche Gebühr entrichten müssen. So
wurde auch die Klägerin mit den angefochtenen Bescheiden für die Anlieferung von
Abfall bei der Deponie ... der AVA und der Abfallsortieranlage F zu entsprechenden
Gebühren herangezogen. Ihre hiergegen erhobenen Widersprüche wies der
Beklagte mit den im Antrag genannten Bescheiden zurück.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, es sei nicht gerechtfertigt, sie
auch mit den Kosten der MVA und der Deponie Brandholz zu belasten. Im
Unterschied zur Deponie ... die im Jahre 1996 15 Mio. DM erwirtschaftet habe, sei
dort im gleichen Zeitraum ein Gesamtverlust von 22,5 Mio. DM entstanden. Diese
Anlagen hätten ihr bis Mitte 1996 noch nicht einmal zur Verfügung gestanden.
Die Bestimmungen in der Abfallsatzung des Beklagten, mit denen die im
Verbandsgebiet vorhandenen Abfallentsorgungsanlagen zu einer einheitlichen
Einrichtung des Beklagten zusammengefaßt würden und eine einheitliche Gebühr
festgesetzt werde, seien mit höherrangigem Recht nicht vereinbar und daher
nichtig. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 HAbfG, der bis zum Inkrafttreten des Hessischen
Ausführungsgesetzes zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (HAKA) am 24.
Mai 1997 gegolten habe, habe der Beklagte in Verbindung mit § 10 Abs. 1 KAG als
Entsorgungspflichtiger nur Gebühren für die Inanspruchnahme seiner
Einrichtungen erheben dürfen. Die Deponie ... sei aber eine Einrichtung des M
Kreises und nicht eine solche des Beklagten. Sie könne daher nicht Teil einer
Einrichtung des Beklagten sein. Gleiches gelte für die AVA und die
Wertstoffsortieranlage. Die Einbringungspflicht des § 3 Abs. 3 Satz 1 UVFG könne
keinen Wechsel der Rechtsträgerschaft herbeiführen. Eine Übertragung der
öffentlichen Einrichtungen der Verbandsmitglieder auf den Beklagten kraft
Gesetzes sehe das UVFG gerade nicht vor, vielmehr heiße es dort, daß die
Bedingungen der Einbringung von den Beteiligten vereinbart werden müßten. Die
Vereinbarungen von 1983 regelten nicht die Einbringung der Anlagen insgesamt,
sondern räumten dem Beklagten nur ein Dispositionsrecht ein. Ein erforderliches
Übereinkommen sei auch nicht durch von der Aufsichtsbehörde festgesetzte
Bedingungen ersetzt worden. Das Dispositionsrecht des Beklagten könne die
Einbringung nicht substituieren. Die Regierechte des Beklagten seien nicht so stark
ausgebildet, daß sie einer Übergangsvereinbarung gleichzusetzen wären und
damit einen Wechsel des Rechtsträgers bewirkten. Die rechtliche Zuordnung werde
schließlich auch nicht durch die Gebührenvereinnahmung durch den Beklagten
ersetzt. Die Norm des § 2 Abs. 2 Satz 1 HAbfG i. V. m. § 10 Abs. 1 KAG sei nicht
abdingbar. Selbst wenn dies der Fall wäre, sei eine dahingehende Vereinbarung
zwischen dem M Kreis und dem Beklagten nicht wirksam, weil der M Kreis bei der
Erklärung seines Einverständnisses mit der neuen Verwaltungspraxis nicht
formgerecht vertreten gewesen sei (§ 45 Abs. 2 HKO). Außerdem fehle es an der
gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform (§ 57 HVwVfG, § 45 Abs. 2 Satz 1 HKO).
Selbst wenn alle Abfallentsorgungsanlagen im Verbandsgebiet dem Beklagten
rechtlich zugeordnet seien, habe er sie nicht zu einer einheitlichen Einrichtung im
gebührenrechtlichen Sinne zusammenfassen dürfen. Die Grenzen des
Organisationsermessens habe der Beklagte in doppelter Hinsicht überschritten.
Zum einen habe er verkannt, daß eine Mehrheit von Einrichtungen nur dann zu
einer gebührenrechtlichen "Einrichtungseinheit" zusammengefaßt werden könnten,
wenn zwischen diesen Anlagen ein bestimmter Zusammenhang sachlicher,
technischer und rechtlich-wirtschaftlicher Art bestehe. Zum anderen sei der
Grundsatz der Abgabengerechtigkeit nicht hinreichend beachtet worden.
Zwischen den Abfallentsorgungsanlagen im Verbandsgebiet bestehe kein
Zusammenhang sachlicher, technischer und wirtschaftlicher Art. Die Anlagen
seien auch nicht vergleichbar, weil sie wesentlich unterschiedliche Leistungen und
gänzlich unterschiedliche Aufgaben erbrächten. Die Deponien ... und ... dienten
der Beseitigung von Abfällen, die AVA und die MVA deren thermischer Verwertung
und die Sortieranlage deren stofflicher Verwertung. Ein technischer
Zusammenhang bestehe nicht, die Anlagen lägen räumlich weit auseinander.
Gemeinsame Versorgungsstränge habe es früher nicht gegeben und gebe es
auch heute nur in geringem Umfang. Ein rechtlich wirtschaftlicher Zusammenhang
bestehe nicht. Ein solcher erfordere eine Betriebsleitung durch die selben
kommunalen Wahlbeamten und die Zugehörigkeit der Anlage zu einem Haushalt.
Beide Voraussetzungen seien nicht erfüllt, weil die Anlagen verschiedenen
Rechtsträgern zugeordnet seien. Weder die Gebührenvereinnahmung noch die
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Rechtsträgern zugeordnet seien. Weder die Gebührenvereinnahmung noch die
Entsorgungszuständigkeit oder sonstige abfallrechtliche bzw. wirtschaftliche
Gesichtspunkte könnten den rechtlich-wirtschaftlichen Zusammenhang
begründen. Die einheitliche Gebührenvereinnahmung sei zu beweisen und könne
daher schon nicht hinreichende Bedingung für deren Zulässigkeit sein. Die
Entsorgungspflicht des Beklagten sei notwendige aber nicht hinreichende
Bedingung für die Gebührenhoheit. Erforderlich sei weiterhin die einheitliche
Rechtsträgerschaft. Solange keine Übernahmevereinbarungen nach § 3 Abs. 3
UVFG geschlossen worden seien, bleibe die Primärzuständigkeit des M – Kreises
für den Betrieb der Deponie W unangetastet. Die Aufgabenerfüllung in einer Hand
sei abfallrechtlich auch nicht geboten, weil das Hessische Abfallgesetz die
Möglichkeit der Beauftragung Dritter vorsehe.
Das Erfordernis einer Mischkalkulation überzeuge nicht, sie sei Rechtsfolge und
nicht Voraussetzung einer einheitlichen Gebührenerhebung. Gleiches gelte für das
Erfordernis der problemlosen Disposition über Abfallströme. Auch diese werde erst
eröffnet, wenn eine einheitliche Kalkulation der Gebühr zulässig sei.
Der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit sei verletzt. Er erfordere eine
Differenzierung der Gebühr, wenn die Teileinrichtungen unterschiedliche
Leistungen erbrächten. So liege es hier. Während auf der Deponie der Abfall
endgelagert werde, werde er bei Müllverbrennungsanlagen thermisch behandelt
und damit auf einen Ascherest reduziert. Die Wärmegewinnung und die
Reduzierung zu Asche stelle einen geldwerten Leistungsvorteil der
Müllverbrennungsanlage dar und erzwinge eine Gebührendifferenzierung. Gleiches
gelte für den Unterschied zwischen Abfallverwertung in einer Sortieranlage und
bloßer Abfallentsorgung.
Auch die überaus unterschiedlichen Kostenstrukturen der Anlagen geböten eine
Differenzierung.
Der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit sei auch deshalb verletzt, weil der M
Kreis für die Deponie ... erhebliche Vorleistungen erbracht habe.
Selbst wenn die Zusammenfassung der verschiedenen Abfallentsorgungsanlagen
im Verbandsgebiet zu einer einheitlichen Einrichtung im gebührenrechtlichen
Sinne nicht zu beanstanden sei, verstoße es gegen gebührenrechtliche
Grundsätze, daß für die Deponie ... seit dem 01. Januar 1995 keine
Ausnahmeregelung mehr vorgesehen sei. Die sich aus dem Äquivalenzprinzip
ergebende Obergrenze der Gebührenbemessung sei überschritten, da zwischen
1990 und 1997 die Gebühr für Hausmüll um 128 % und für Sperrmüll um 122 %
gestiegen sei.
Die vollständige Nivellierung der Gebührensätze im Verbandsgebiet verstoße
gegen das Gebot der Leistungsproportionalität. Durch die sukzessive Reduzierung
der Vergünstigung für die Benutzer der Deponie W im § 13 a der Abfallsatzung des
Beklagten sei diese Gebühr im Vergleich zu den sonstigen Gebühren
überproportional gestiegen.
Auch die Quersubventionierung verletze das Äquivalenzprinzip. Hieraus ergebe
sich ein gebührenrechtlich relevantes Mißverhältnis zwischen Gebühr und Leistung.
Das Kostendeckungsprinzip sei verletzt, weil die Kosten der verschiedenen
Anlagen derart unterschiedlich seien, daß der Rahmen der Verhältnismäßigkeit
und Gleichmäßigkeit der Beitragserhebung nicht mehr eingehalten werde.
Schließlich seien die Kosten der Deponie ... auch nicht als Kosten eines geeigneten
Dritten für den Eigenbetrieb des Beklagten kalkulierbar. Eigenanlagen und Anlagen
beauftragter Dritter dürften gebührenrechtlich nicht zusammen kalkuliert werden,
weil bei dem eigenen Betrieb jede einzelne Kostenposition selbst verursacht
werde, bei dem Betrieb durch einen Dritten lediglich eine Gesamtkostenposition in
die Gebührenkalkulation eingestellt werde. Im übrigen sei der Beauftragung des M
Kreises für den Betrieb der Deponie W nicht die gebotene Ausschreibung
vorausgegangen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 01.02.1995 (Nr. 59359) in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 05.03.1997 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Einführung einer einheitlichen Gebühr ohne
Ausnahmeregelung für die Deponie ... seit dem 01. Januar 1995 begegne keinen
rechtlichen Bedenken. Die nicht in seinem Eigentum und nicht von ihm
betriebenen Abfallentsorgungseinrichtungen seien ihm zurechenbar und damit
eigene Einrichtungen im gebührenrechtlichen Sinn. Durch die Vereinbarung vom
25.03.1983 sei ihm auf die Deponie ... diejenigen Zugriffsmöglichkeiten verschafft
worden, die er benötige, um seiner abfallrechtlichen Entsorgungspflicht gerecht
werden zu können. Denn der M Kreis habe sich zur Abnahme jeglichen Abfalls, den
er der Deponie ... zuweise, verpflichtet. Dem M Kreis stehe die Deponie auch gar
nicht mehr zur Verfügung, weil dieser nicht mehr entsorgungsberechtigt sei.
Gleiches gelte für die AVA. Zur Erfüllung seiner Aufgaben dürfe der Beklagte sich
auch geeigneter Dritter bedienen.
Die Zusammenfassung seiner verschiedenen Abfallentsorgungseinrichtungen sei
rechtlich nicht zu beanstanden. Nicht erforderlich sei, daß die Deponie ... und die
AVA in seinem Eigentum stünden, es genüge der bereits oben ausgeführte Einfluß
auf dem Betrieb.
Unterschiedliche Arbeitsweisen und Arbeitsergebnisse der einzelnen Teilanlagen,
die eine Vergleichbarkeit schlechthin ausschlössen, lägen nicht vor. Durch die
Übertragung der Entsorgungspflicht auf ihn durch das Vierte Änderungsgesetz
zum Hessischen Abfallgesetz, sei der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck
gekommen, einheitliche Entsorgungsverhältnisse herzustellen und die Lenkung
von Abfallströmen zwischen den verschiedenen Abfallentsorgungsanlagen im
Verbandsgebiet problemlos zu ermöglichen. Zugleich sollten die verschiedenen
Entsorgungseinrichtungen im Verbund betrieben werden. Dies erfordere eine
einheitliche Gebühr. Die einsammlungspflichtigen Städte und Gemeinden hätten
sonst keine Möglichkeit einer ordnungsgemäßen und seriösen Kalkulation ihrer
örtlichen Abfallgebühren. Die Organisation der Abfallentsorgung in Form des
Eigenbetriebes genüge den Anforderungen hinsichtlich einer technischen und
organisatorischen Einheit. Die verschiedenen Einrichtungen würden zentral im
Verbund verwaltet und gesteuert. Hierbei handele es sich um folgende Aufgaben:
– Schaffung der technischen und administrativen Voraussetzungen für den
Gebühreneinzug aller Anlagen
– Erstellung von Gebührenbescheiden, Gebühreneinzug, Überwachung der
Zahlungseingänge, Mahnwesen und Zwangsvollstreckungsverfahren
– Ausstellung von Entsorgungsnachweisen
– Disposition der Abfallmengenströme zu den einzelnen Entsorgungsanlagen
– Kontrolle der Abfallerzeuger, der Reststoffströme und der Verwertungswege
– Aufstellung der Abfallmengen und Verwertungsstatistik
– Aufstellung und Fortschreibung des Abfallwirtschaftsplanes
– Standortsuche und Planung von Verwertungs- und Entsorgungsanlagen zur
langfristigen Sicherung der Entsorgung im Verbandsgebiet
– Durchführung der entsprechenden Genehmigungsverfahren für neue Anlagen
bzw. Ergänzungsverfahren der bestehenden Anlagen
– Koordinierung und Überwachung der Aktivitäten gewerblicher Unternehmen,
soweit diese als geeignete Dritte für den Beklagten als öffentlich-rechtliche
Entsorgungsträger tätig seien
– Abfallberatung, insbesondere der gewerblichen Abfallerzeuger
– Öffentlichkeitsarbeit und Förderung gemeindlicher Aktivitäten im Bereich der
Abfallvermeidung und Verwertung.
Eine Ausschreibung sei nicht erforderlich gewesen, weil der
Landesabfallentsorgungsplan ihn dazu verpflichte, die Abfallentsorgung unter
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Landesabfallentsorgungsplan ihn dazu verpflichte, die Abfallentsorgung unter
anderem in ... zu betreiben, so daß die Voraussetzungen für die Durchführung
eines Vergabewettbewerbes überhaupt nicht gegeben gewesen seien. Gleiches
gelte für die AVA und die Wertstoffsortieranlage.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Verfahren ist gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Klage
mit Schriftsatz vom 29.09.1997 zurückgenommen worden ist.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Gebührenbescheide sind rechtmäßig. Sie beruhen auf der
Abfallsatzung des Beklagten vom 13.12.1994 (Staatsanzeiger 1994 Seite 3862 ff.).
Hiernach erhebt der Beklagte zur Deckung seiner Kosten für die Entsorgung von
Abfällen in den Deponien ... in der Abfallverbrennungsanlage F, der
Müllverbrennungsanlage O und der Sortieranlage F, die als einheitliche
organisatorische Einrichtung im Sinne des Gebührenrechtes geführt werden,
Gebühren nach Gewicht und Abfallart. Es ist weder vorgetragen worden noch
ersichtlich, daß die in Streit stehenden Gebührenbescheide den satzungsmäßigen
Anforderungen nicht entsprächen.
Die Gebührenbestimmungen der Abfallsatzung des Beklagten vom 13.12.1994
sind nicht zu beanstanden.
Dies gilt zunächst in formeller Hinsicht. Die Abfallsatzung des Beklagten wurde am
13.12.1994 durch den Verbandstag beschlossen und im Staatsanzeiger für das
Land Hessen, dem Bekanntmachungsorgan des Beklagten (§ 17 Abs. 1 UVFG),
veröffentlicht. Auch in sonstiger Hinsicht sind formelle Mängel weder dargetan
noch ersichtlich.
In materieller Hinsicht ist die Gebührenregelung ebenfalls rechtmäßig.
Als untergesetzliche Norm bedarf die Gebührenregelung der Satzung einer
gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Diese ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Satz 3 des
am 13.12.1994 gegoltenen Gesetzes über die Vermeidung, Verminderung,
Verwertung und Beseitigung von Abfällen (Hessisches Abfallwirtschaftsgesetz) in
der Fassung vom 26.02.1991 (HAbfG) i. V. m. §§ 2, 10 KAG. Hiernach können die
Abfallentsorgungspflichtigen, die ihnen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben
einschließlich der Sanierung von Altlasten im Sinne des Hessischen
Altlastengesetzes entstehenden Aufwendungen nach den Vorschriften des
Gesetzes über kommunale Abgaben in der jeweils geltenden Fassung abwälzen.
Die Aufwendungen gehören dabei zu den Kosten des § 10 Abs. 2 KAG. Damit
findet die Ermächtigung des § 10 KAG zur Erhebung von Benutzungsgebühren als
Gegenleistung für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung der
Entsorgungspflichtigen auf der Grundlage einer Satzung (§ 2 KAG) Anwendung.
Der Beklagte ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 HAbfG Entsorgungspflichtiger. Nach
dieser Bestimmung tritt der Beklagte für das Verbandsgebiet an die Stelle der
Landkreise und kreisfreien Städte, die gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 HAbfG verpflichtet
sind, die von den kreisangehörigen Gemeinden und kreisfreien Städten
eingesammelten oder angelieferten Abfälle zu verwerten oder einer Verwertung
zuzuführen und die nicht verwertbaren Abfälle in sonstiger Weise zu entsorgen.
Die Gebührenregelung entspricht den Anforderungen des § 10 KAG.
Durch die Anlieferung von Abfällen bei den im Verbandsgebiet gelegenen
Entsorgungsanlagen wird eine öffentliche Einrichtung des Beklagten in Anspruch
genommen. Unter öffentlichen Einrichtungen im Sinne des § 10 KAG ist in
Anlehnung an den Begriff der öffentlichen Einrichtung in § 19 HGO jede
organisatorische Zusammenfassung persönlicher und sachlicher Mittel zu
verstehen, die die Gebietskörperschaft in Wahrnehmung ihrer Zuständigkeiten auf
dem Gebiet der Daseinsvorsorge der Öffentlichkeit in der Weise zur Verfügung
stellt, daß die Benutzung allen vom Widmungszweck erfaßten Personen offensteht
(Lohmann in Driehaus, Kommunalabgabenrecht § 6 Rdnr. 651 a). Diese
Voraussetzungen erfüllen die Abfallentsorgungsanlagen im Verbandsgebiet.
Insbesondere werden sie den Benutzern von dem Beklagten zur Verfügung
gestellt. Dies gilt auch für die Deponie ..., die AVA und die Wertstoffsortieranlage.
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gestellt. Dies gilt auch für die Deponie ..., die AVA und die Wertstoffsortieranlage.
Es ist nicht erforderlich, daß die öffentliche Einrichtung im Eigentum der
Gebietskörperschaft steht oder von dieser technisch selbst betrieben wird.
Ebensowenig muß die Körperschaft die Einrichtung ausschließlich aus eigenen
Mitteln herstellen oder unterhalten. Es genügt, daß sich die Körperschaft durch
Vertrag oder sonstwie auf eine Einrichtung soweit Einfluß verschafft hat, daß ein
allgemeines Benutzungsrecht gesichert ist und die Körperschaft die Einrichtung
den vom Widmungszweck umfaßten Personen ihrerseits zur Verfügung stellt.
Dagegen liegt keine öffentliche Einrichtung der Gebietskörperschaft vor, wenn
diese die Benutzung der Einrichtung nicht gewähren kann (OVG Nordrhein-
Westfalen, Urteil vom 22.03.1971 – II A 586/69, OVGE 26, 214, 219; Urteil vom
22.03.1971 – II A 554/69; Lohmann in Driehaus, Kommunalabgabenrecht § 6 Rdnr.
651 a unter Verweis auf Dahmen in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 4 Rdnr.
215). Der Beklagte hat sowohl auf die Deponie W als auch auf die AVA und die
Wertstoffsortieranlage soweit Einfluß, daß ein allgemeines Benutzungsrecht der
Gemeinden des Umlandverbandes gesichert ist. Hinsichtlich der Deponie ... und
der AVA ergibt sich dies aus der jeweiligen Vereinbarung aus dem Jahr 1983. Hierin
verpflichtete sich der M Kreis und die Stadt F für den Beklagten, der gemäß § 1 der
Vereinbarungen die Aufgaben der Abfallbeseitigungen von ihnen übernommen
hatte, jeglichen Abfall aus dem Verbandsgebiet auf Verlangen des UVF in der
Deponie ... bzw. in der AVA zu beseitigen. Nicht mehr der M Kreis oder die Stadt F,
sondern allein der Beklagte ist damit befugt zu entscheiden, welcher Abfall bei W
und bei der AVA entgegengenommen wird. Dieses Recht erstreckt sich gemäß § 3
Abs. 1 Satz 2 der jeweiligen Vereinbarung auch auf die einzelne Anlieferung. Die
Regelung des jeweiligen § 3 Abs. 2 Satz 1, wonach grundsätzlich die Beseitigung
des Abfalles aus den Kreis bzw. Stadtgebiet Vorrang hat, steht dem nicht
entgegen. Dies ist nur eine Regelung, die den Beklagten bei seiner Entscheidung
bindet, aber weder dem M Kreis noch der Stadt F ein Mitspracherecht einräumt.
Unerheblich ist, daß die Beseitigung von Abfall außerhalb des Verbandsgebietes
nur im Einvernehmen mit dem Kreis bzw. der Stadt erfolgen kann. Denn nur für die
Gemeinden des Verbandsgebietes muß die Benutzung der Deponie und der AVA
durch den Beklagten gesichert sei, da nur diesen durch die in Streit stehende
Bestimmung der Abfallsatzung des Beklagten ein Benutzungsrecht eingeräumt
wird. Somit kann allein der Beklagte und nicht der M Kreis und die Stadt F den
Gemeinden des Umlandverbandes, die den von ihnen eingesammelten Abfall dem
Beklagten überlassen müssen, die Benutzung der Deponie W bzw. der AVA
gewähren. Im Ergebnis geht hiervon wohl auch die Klägerin aus. Andernfalls
verhielte sie sich nicht rechtstreu. Sie hat den in ihrem Gemeindegebiet
eingesammelten Abfall dem Beklagten als Entsorgungspflichtigen zu überlassen.
Dieser Pflicht käme sie nicht nach, wenn der von ihr zur Deponie W oder AVA
angelieferte Abfall nicht der Verfügungsgewalt des Beklagten unterstände. Soweit
die Deponie W und die AVA nicht mehr vom M Kreis bzw. der Stadt F im
streitgegenständlichen Zeitraum betrieben worden sein sollten, gibt es keinen
Anhaltspunkt dafür, daß seitdem entgegen der bisherigen Praxis der Beklagte sein
Dispositionsrecht über den angelieferten Abfall verloren haben sollte.
Auch hinsichtlich der Wertstoffsortieranlage, die von der M Recycling GmbH
betrieben wird, hat der Beklagte sich hinreichenden Einfluß verschafft, so daß ein
allgemeines Benutzungsrecht, das der Beklagte den Gemeinden gewährt,
gesichert ist. Nach der Bereitstellungsvereinbarung vom 10.05.1995 stellt die M
Recycling GmbH dem Beklagten pro Jahr eine Sortierkapazität von 45.000 Tonnen
bzw. 75 % der Jahreskapazität bereit. Diese Kapazität steht allein zur Disposition
des Beklagten. Die M Recycling GmbH verpflichtet sich, ohne Zustimmung des
Beklagten keine Anlieferungen von außerhalb des Verbandsgebietes anzunehmen,
wenn und solange der Beklagte die bereitgestellten Sortierkapazitäten voll in
Anspruch nimmt.
Aus dem Gebot des § 3 Abs. 3 Satz 1 UVFG, alle Abfallbeseitigungseinrichtungen
einschließlich den mit diesen verbundenen Grundstücken, Rechten und Pflichten in
den Beklagten einzubringen, ergibt sich für den Beklagten kein Verbot, sich der
bislang nicht eingebrachten Abfallbeseitigungsanlagen W und AVA auf andere
Weise zu bedienen. Zweck der Einbringungspflicht ist unter anderem, daß die
Abfallbeseitigungsanlagen dem Beklagten zur Erfüllung seiner Aufgaben zur
Verfügung stehen. Diesem Zweck widerspräche es, dem Beklagten zu verbieten,
sich auf andere Weise Einfluß auf Anlagen zu verschaffen, solange diese nicht
eingebracht sind. Darüber hinaus hätte dies zur Folge, daß die Anlagen stillzulegen
wären, was § 3 UVFG ebensowenig intendiert. Die Pflicht zur Stilllegung ergäbe sich
daraus, daß nur diejenige Körperschaft, die nach den abfallrechtlichen
Bestimmungen für die Abfallentsorgung zuständig ist, eine
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Bestimmungen für die Abfallentsorgung zuständig ist, eine
Abfallentsorgungsanlage betreiben oder durch einen Dritten betreiben lassen darf.
Die abfallrechtliche Entsorgungskompetenz steht im Verbandsgebiet allein dem
Beklagten und weder dem M Kreis noch der Stadt F zu. Kreis und Stadt dürfen
eigenständig keine Abfallentsorgungsanlagen betreiben. Sie haben gemäß § 3
Abs. 3 UVFG ihre Abfallbeseitigungsanlagen seit dem 01. Januar 1975 bei dem
Beklagten einzubringen. Solange dies nicht erfolgt ist, müssen sie ihre Anlagen für
den Beklagten betreiben oder sie stilllegen.
Es ist nicht zu beanstanden, daß der Beklagte für seine verschiedenen technisch
selbständigen Abfallentsorgungsanlagen einheitliche Gebühren erhebt. Ob eine
Gebietskörperschaft bei Vorliegen mehrerer technisch selbständiger Einrichtungen
in ihrem Gebiet diese zu einer einzigen Einrichtung im gebührenrechtlichen Sinn
zusammenfaßt oder solche Anlagen gebührenrechtlich trennt und jeweils eigene
Abgabensätze festsetzt, entscheidet sie im Rahmen ihres
Selbstverwaltungsrechtes (Artikel 137 Abs. 2 und 3 Hessische Verfassung). Der
Beklagte, der gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 UVFG seine Angelegenheiten im Rahmen
der gesetzlichen Bestimmungen unter eigener Verantwortung durch Satzung
regelt, steht deshalb diesbezüglich ein weites organisatorisches Ermessen zu
(Hess. VGH, Beschluß v. 12.11.1996 – 5 TG 2230/96 – Leitsatz und Seite 4;
Beschluß v. 15.05.1997 – 5 N 1460/96 Seite 10). Voraussetzung für die Ausübung
dieses Ermessens ist, daß es sich um Einrichtungen des Beklagten und nicht um
Einrichtungen einer anderen Körperschaft des öffentlichen Rechtes handelt. Dies
ist aus oben genannten Gründen auch hinsichtlich der Deponie W, der AVA und der
Sortieranlage W zu bejahen. Ein technischer Zusammenhang zwischen den
Anlagen ist nicht erforderlich. Dies hat der Hess. VGH sowohl für
Entwässerungssysteme als auch für Wasserversorgungssysteme entschieden
(Hess. VGH a. a. O.). Ob eine wirtschaftliche und rechtliche Einheit der Anlage, wie
es das OVG Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 17.11.1975 (II A 203/74,
KStZ 1976, 229) fordert, notwendig ist, kann hier dahinstehen. Denn der Beklagte
tritt durch seinen Eigenbetrieb als Anbieter der Abfallentsorgung bereits als
"Einheit" auf. Die Abfallentsorgung im Verbandsgebiet wird durch den Beklagten
zentral verwaltet und gesteuert. Er disponiert über die Abfallmengenströme zu den
einzelnen Entsorgungsanlagen, kontrolliert die Abfallerzeuger, die Reststoffströme,
die Verwertungswege, stellt Abfallmengen und Verwertungsstatistiken wie auch
den Abfallwirtschaftsplan auf, sucht Standorte von Verwertungs- und
Entsorgungsanlagen und plant diese zur langfristigen Sicherung der Entsorgung im
Verbandsgebiet, führt die entsprechende Genehmigungsverfahren für neue
Anlagen bzw. Ergänzungsverfahren durch und berät gewerbliche Abfallerzeuger.
Der rechtlich-wirtschaftliche Zusammenhang setzt nicht notwendig eine
einheitliche Wartung und Unterhaltung der Anlagen durch gemeinsames Personal
oder die Zugehörigkeit zu einem Haushalt voraus. Dies sind hinreichende, aber
nicht notwendige Bedingungen. Denn die Leistungserbringung durch Dritte sieht
sowohl das HAbfG als auch das KAG vor. In diesen Fällen liegt nie eine einheitliche
Betriebsführung und eine einheitliche Bilanzierung vor. So hat auch das OVG
Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 15.08.1985 (2 A 2613/84, OVGE 38, 133,
139) entschieden, daß ein Kreis, der sich zur Erfüllung seiner
Abfallbeseitigungspflicht unter anderem des Kommunalverbandes als Träger einer
Abfallbeseitigungsanlage bedient, dafür die kreisangehörigen Gemeinden zu
Einheitsgebühren heranziehen darf.
Die Erwägungen, die den Beklagten zur Einführung einer einheitlichen Gebühr für
die verschiedenen Abfallentsorgungsanlagen bewogen haben, sind sachgerecht
und daher nicht zu rügen. Die Herstellung einheitlicher Entsorgungsverhältnisse
und die problemlose Lenkung der Abfallströme im Anlagenverbund sind
sachgerechte Kriterien.
Die Grenzen des Organisationsermessens werden durch die Einheitsgebühr nicht
überschritten.
Eine Verletzung des Prinzips der leistungsproportionalen Gebührenerhebung des §
10 Abs. 3 KAG als besondere Ausgestaltung des Gleichheitsgrundsatzes (Artikel 3
Abs. 1 GG) liegt nicht vor. Nach dieser Bestimmung ist die Gebühr nach Art und
Umfang der Inanspruchnahme der Einrichtung zu bemessen. Die Leistungen, die
die verschiedenen Anlagen im Verbandsgebiet gegenüber den Gemeinden, die
den von ihnen eingesammelten Abfall dort anliefern, erbringen, unterscheiden sich
nicht. Die Leistung, die die Anlagen gegenüber den Gemeinden erbringen, besteht
in der Entsorgung (§ 1 Abs. 2 Satz 1 HAbfG). Die verschiedenen Arten der
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in der Entsorgung (§ 1 Abs. 2 Satz 1 HAbfG). Die verschiedenen Arten der
Entsorgung (thermische Verwertung, stoffliche Verwertung, Deponierung) sind
gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 HAbfG gleichwertig und daher keine unterschiedlichen
Leistungen. Die Leistung besteht jeweils darin, daß die Gemeinden "ihren Müll
loswerden", wie es das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in seinem
Urteil vom 29.01.1979 (II A 371/77, DÖV 1979, 681, 682) ausgedrückt hat. Die
Wärmeerzeugung in der MVA ist schließlich keine Leistung, die gegenüber den
abfallanliefernden Gemeinden erbracht wird. Sie kann daher eine
Gebührendifferenzierung nicht gebieten.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG ist auch unter keinem
anderen Gesichtspunkt verletzt. Die Kostenunterschiede der verschiedenen
Anlagen erfordern keine Gebührendifferenzierung. Der Gleichheitssatz verlangt
nicht, daß die Benutzungsgebühr nach der jeweiligen Kostenverursachung durch
den einzelnen Benutzer der kommunalen Einrichtung bemessen wird. Die
Bemessung der Gebühr ist nicht kostenbezogen, sondern leistungsbezogen (vgl.
BVerwG, Urteile v. 26.10.1977 – VII C 4.76, Buchholz 401.84, Benutzungsgebühren
Nr. 37, Seite 34, 39 und vom 16.09.1981 – 8 C 48.81, Buchholz 401.84,
Benutzungsgebühren Nr. 45, Seite 11, 15, Hess. VGH Beschluß vom 15.05.1997 –
5 N 1460/96, Seite 14, OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.01.1979 – II A
371/77 DÖV 1979, 681, 682).
Soweit die Klägerin sinngemäß darlegt, durch die Kreisumlage für den M Kreis im
Gegensatz zu anderen Verbandsmitgliedern außerhalb des M Kreises erhebliche
Vorleistungen für die Deponie W erbracht zu haben, die eine Gebührenreduzierung
für sie geböten, ist dem durch die zwischen 1990 bis 1994 geltende
Übergangsregelung Rechnung getragen worden. Es ist weder vorgetragen worden
noch ersichtlich, daß die Vorausleistungen der Klägerin derart hoch waren, daß
auch weiterhin aus Gründen der Gleichbehandlung eine Gebührenreduzierung
geboten wäre.
Das Äquivalenzprinzip ist nicht verletzt. Dies ist der auf die Gebühren bezogene
Ausdruck des allgemeinen, auf Verfassungsrecht beruhenden Grundsatzes der
Verhältnismäßigkeit, der nur verbietet, daß die Gebühr in einem Mißverhältnis zu
der bezogenen Leistung steht. Nur bei einer groben Störung des
Austauschverhältnisses zwischen Gebühr und Wert der Leistung für den
Empfänger ist dieses Prinzip verletzt. Dafür ist hier jedoch nichts ersichtlich, denn
die bezogene Leistung – die Entsorgung des Abfalles – wird im gesamten
Verbandsgebiet gleich bewertet. Die Klägerin stellt auch hier wiederum zu Unrecht
auf das Verhältnis von Gebührenhöhe zu den von dem Beklagten in den einzelnen
Anlagen aufzuwendenden Kosten ab. Über diese sagte das Äquivalenzprinzip
jedoch nichts aus. Aus dem starken Gebührenanstieg alleine läßt sich lediglich
ableiten, daß die Kosten für die Abfallbeseitigung im Vergleich zu den sonstigen
Lebenshaltungskosten überproportional gestiegen sind. Ein Mißverhältnis zwischen
Gebühr und Wert der Leistung läßt sich daraus nicht schließen. Hinreichende
Anhaltspunkte dafür, daß durch völlig unvertretbare Fehlplanungen des Beklagten
die Kosten der Abfallbeseitigung im Vergleich zu anderen öffentlichen
Abfallbeseitigungseinrichtungen derart gestiegen sind, daß das
Austauschverhältnis grob gestört ist, vermag das Gericht nicht zu erkennen.
Anhaltspunkte für eine Verletzung des Kostendeckungsprinzips bestehen nicht.
Dieses in § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG niedergelegte Prinzip besagt zum einen, daß den
anfallenden Kosten im Regelfall ein gleich hohes Gebührenaufkommen
gegenüberstehen muß und zum anderen, daß das Gebührenaufkommen die
anfallenden Kosten nicht überschreiten darf. Das Kostendeckungsprinzip setzt den
Einrichtungsbegriff voraus, bestimmt ihn aber nicht. Deshalb können die
Kostenunterschiede bei den verschiedenen Abfallentsorgungsanlagen das
Kostendeckungsprinzip nicht verletzen.
Ebensowenig wird das Kostendeckungsprinzip dadurch verletzt, daß die
Betreibervergütung, die der Beklagte für die Deponie W und für die AVA zahlt,
ohne vorherige Ausschreibung Eingang in die Gebührenkalkulation gefunden hat.
Die Voraussetzungen für einen Vergabewettbewerb lagen nicht vor. Der Beklagte
hat sich zur Erfüllung seiner Entsorgungspflicht der Deponie W und der AVA zu
bedienen, da diese Anlagen gemäß § 3 Abs. 3 UVFG einzubringen sind.
Ein Verbot, Kosten beauftragter Dritter zusammen mit sonstigen Kosten zu
kalkulieren, kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Vielmehr zählen gemäß §
10 Abs. 2 Satz 2 KAG auch Entgelte für in Anspruch genommene Fremdleistungen
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10 Abs. 2 Satz 2 KAG auch Entgelte für in Anspruch genommene Fremdleistungen
neben den Aufwendungen für die laufende Verwaltung und Unterhaltung zu den
ansatzfähigen Kosten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO.
Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils ergibt sich aus § 167
VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.