Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 11.03.2010

VG Frankfurt: aufschiebende wirkung, treuhänder, wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, vermögensanlage, rückzahlung, anleger, gleichbehandlung im unrecht, kaufvertrag, zwangsgeld, betreiber

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Gericht:
VG Frankfurt 1.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 L 271/10.F
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 32 KredWG, § 134 BGB, § 54
KredWG, § 314 BGB
(Nichtigkeit unerlaubter Verträge über Einlagengeschäfte)
Leitsatz
1. Die Kammer hält an ihrer Auffassung fest, dass Verträge über Einlagengeschäfte im
Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG, für die keine Erlaubnis nach § 32 KWG erteilt
worden ist, nach § 134 BGB für beide Vertragsparteien nichtig sind (entgegen
HessVGH, U. v. 20.05.2009 ? 6 A 1040/08).
2. Jedenfalls stellt der Umstand, dass das Betreiben unerlaubter Einlagengeschäfte
einen Straftatbestand erfüllt (§ 54 KWG) und das Einlagengeschäft solange betrieben
wird bis es durch vollständige Rückzahlung der Einlage abgewickelt ist, einen wichtigen
Grund dar, aus dem der Vertrag vom Betreiber nach § 314 BGB gekündigt werden
kann. Deshalb ist es ihm auch dann nicht unmöglich, einer Verfügung der BaFin zur
sofortigen Abwicklung unerlaubter Einlagengeschäfte durch Rückzahlung
nachzukommen, wenn der Anleger an dem Vertrag festhalten will und sich einer
einvernehmlichen Aufhebung verweigert.
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 67.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I
Die Antragstellerin wehrt sich mit dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen
die Untersagungsverfügung der Antragsgegnerin vom 26.01.2010. Gegenstand
der Untersagung ist folgendes Geschäftsmodell, das die Antragstellerin über das
Internet angeboten hat und nach der erstrebten Aufhebung der Verfügung
fortsetzen will:
Nach den Werbeaussagen erwirbt die Antragstellerin von ihren Kunden die
Ansprüche aus deren laufenden Lebensversicherungen, Bausparverträgen,
Investmentdepots und anderen Vermögensanlagen zum garantiert doppelten
Rückkaufwert bzw. Guthaben, wobei die Auszahlung abzüglich von 1,19% (vom
aktuellen Guthaben) Treuhandkosten entweder erst komplett nach zehn Jahren
erfolgt (Variante 1) oder je nach gewählter Vertragsvariante eine Sofortauszahlung
von zwischen 10% und 50% des aktuell verfügbaren Vertragsguthabens
vorgenommen und der doppelte Betrag des Restguthabens abzüglich der
Treuhandkosten nach zehn Jahren ausgezahlt wird (Variante 2). Der garantierte
Auszahlungsbetrag soll aus der Vermietung und dem Betrieb von Anlagen zur
alternativen Energiegewinnung erwirtschaftet werden.
Lässt sich der Kunde auf das Angebot ein, werden zwei formularmäßige Verträge
zwischen ihm und Rechtsanwalt B. geschlossen, und zwar ein Abtretungsvertrag
und ein Geschäftsbesorgungsvertrag. Mit dem Abtretungsvertrag tritt der Kunde
dem Treuhänder sämtliche Ansprüche aus der betreffenden Vermögensanlage ab,
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dem Treuhänder sämtliche Ansprüche aus der betreffenden Vermögensanlage ab,
wobei die Abtretung nach dem Vertragstext nur zu dem Zwecke der Kündigung
des Vertrages sowie der Einziehung des Vertragsguthabens erfolgt. In dem
Geschäftsbesorgungsvertrag wird der Treuhänder vom Kunden ermächtigt, den
Anlagevertrag zu kündigen. Ferner wird geregelt, dass der Kunde sämtliche
Ansprüche aus dem Anlagevertrag an den Treuhänder abtritt. Nach § 5 des
Vertrages wird der Treuhänder vom Kunden „berechtigt“, den Vertrag zu kündigen
und die Abwicklung vorzunehmen, das Guthaben entgegenzunehmen und
„entsprechend den weiteren Bestimmungen“ zu verwenden. Weiter ist geregelt,
dass die Abwicklung des Anlagevertrages im Innenverhältnis auf Rechnung des
Kunden (treuhänderisch) erfolgt. Der Kunde beauftragt den Treuhänder weiterhin,
in Höhe der aus der Abwicklung der Vermögensanlage eingegangenen Gelder im
Namen und für Rechnung des Kunden einen Kaufvertrag mit der Antragstellerin zu
schließen und dabei hinsichtlich der Zahlung des Kaufpreises die gewählte
Variante zu vereinbaren. Der Treuhänder hat nach Abschluss des Kaufvertrages
das Abwicklungsguthaben, sofern der Kaufpreis sofort fällig wird, an den Kunden
und im Übrigen an die Antragstellerin zu überweisen. Dem
Geschäftsbesorgungsvertrag ist als Anlage das Formular des Kaufvertrages mit
den Allgemeinen Geschäftsbedingungen beigefügt.
Mit Schreiben vom 11.11.2009 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin
dazu auf, die beschriebenen Geschäfte freiwillig einstellen und abwickeln sowie im
Einzelnen benannte Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. Es handele
sich nämlich um erlaubnispflichtige Einlagengeschäfte im Sinne des
Kreditwesengesetzes (KWG), für die die Antragstellerin keine Erlaubnis besitze.
Die Antragstellerin erwiderte darauf, dass es sich nicht um Einlagengeschäfte
handele, sondern um den Ankauf von Versicherungspolicen. Sie teilte mit, dass
insgesamt vier solcher Geschäfte geschlossen worden seien und dass sie bis zur
Klärung der Angelegenheit keine weiteren Geschäfte abschließen werde. Die
geforderten Auskünfte und Unterlagen legte sie nicht vor.
Mit Verfügung vom 26.01.2010 ordnete die Antragsgegnerin darauf gegenüber der
Antragstellerin die sofortige Einstellung des Betreibens dieses Geschäftsmodells
an und untersagte die Werbung dafür (Tenor Nr. 1a). Sie gab der Antragstellerin
auf, die Geschäfte unverzüglich dadurch abzuwickeln, dass sie die mit dem
Versprechen der unbedingten Rückzahlung angenommenen Gelder an die Anleger
zurückzahlt (Tenor Nr. 1b). Für den Fall, dass sie dem nicht innerhalb von zwei
Wochen nachkommen sollte, drohte die Antragsgegnerin jeweils, also für die
Missachtung des Tenor Nr. 1a und für die Missachtung des Tenors Nr. 1b, ein
Zwangsgeld in Höhe von 50.000 EUR an (Tenor Nr. 2). Ferner setzte sie für diese
Verfügung eine Gebühr in Höhe von 10.000 EUR fest (Tenor Nr. 3). Weiterhin
ersuchte sie die Antragstellerin, ihr innerhalb von zwei Wochen eine vollständige
Auflistung der Geldgeber mit weiteren Angaben vorzulegen und die gesamte
Geschäftstätigkeit im Einzelnen unter Vorlage von Vertragsmustern darzulegen
und zu erklären, welche Geldanlagemöglichkeiten angeboten werden sowie – unter
Vorlage der Vertragsunterlagen – welche Geschäftsbeziehung zu dem als
Treuhänder auftretenden Rechtsanwalt B. bestehen. Schließlich sollte die
Antragstellerin die Antragsgegnerin innerhalb von drei Wochen über den Umfang
der erfolgten Rückzahlung der Gelder unterrichten und die entsprechenden
Nachweise vorlegen (Tenor Nr. 4). Für den Fall, dass diesem Ersuchen nicht oder
nicht vollständig nachgekommen werde, drohte die Antragsgegnerin ein
Zwangsgeld in Höhe von 25.000 EUR an (Tenor Nr. 5). Hinsichtlich der
Zwangsgeldandrohungen ordnete sie die sofortige Vollziehung an (Tenor Nr. 6).
Dieses Geschäftsmodell sei, so wird in der Verfügung ausgeführt, als
Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG zu qualifizieren, für das
die Antragstellerin nicht die erforderliche Erlaubnis besitze und das sie daher
unerlaubt betreibe. Da die Antragstellerin der Aufforderung in dem Schreiben der
Antragsgegnerin vom 11.11.2009 nicht nachgekommen sei, sei der Erlass der
Verfügung geboten. Das angedrohte Zwangsgeld sei der Höhe nach angemessen,
da es im unteren Bereich des gesetzlich Möglichen bewege.
Hiergegen hat die Antragstellerin am 09.02.2010 Widerspruch erhoben und einen
Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt, den die Antragsgegnerin
zwischenzeitlich abgelehnt hat. Über den Widerspruch ist noch nicht entschieden.
Am 08.02.2010 hat die Antragsstellerin vorläufigen Rechtsschutz beantragt.
Sie ist der Auffassung, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist und
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Sie ist der Auffassung, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist und
sie in ihren Rechten verletzt, denn es handele sich bei den von ihr betriebenen
Geschäften, die die Antragsgegnerin in dem Bescheid zutreffend beschreibe, nicht
um Einlagengeschäfte im Sinne des KWG. Das Geschäft bestehe vielmehr lediglich
darin, dass Lebensversicherungen und andere Vermögensanlagen zu einem
festen Kaufpreis, nämlich dem doppelten Restkaufwert bzw. Anlageguthaben,
aufgekauft würden, wobei die Kaufpreiszahlung gestundet werde. Der
Treuhandauftrag berechtige nur zur Kündigung der Vermögensanlage, verpflichte
aber nicht dazu. Der Käuferin stehe es folglich frei, die Anlage im eigenen Namen
fortzuführen. Bei kurzen Restlaufzeiten mache sie davon regelmäßig auch
Gebrauch, um die mit der Kündigung verbundenen Abschläge zu vermeiden.
Sofern eine Kündigung überhaupt erfolge, finde diese jedenfalls erst nach dem
Erwerb der Anlage statt. Dieser Interpretation des Geschäftsmodells stehe auch §
5 des Geschäftsbesorgungsvertrages nicht entgegen, wonach der Treuhänder vom
Kunden ermächtigt werde, die Vermögensanlage zu kündigen. Diese Formulierung
sei nur gewählt worden, um die Abwicklung mit den jeweiligen die Anlage
verwaltenden Unternehmen zu vereinfachen. Die Antragstellerin sei bereit, den
Wortlaut im Sinne einer Klarstellung zu ändern.
Bei den von ihr vereinnahmten Geldern handele es sich auch nicht um sonstige
rückzahlbare Gelder des Publikums, denn es würden weder Bargeld noch Buchgeld
eingenommen, sondern nur Rechte an Vermögensanlagen erworben. Dies erfolge
auch nicht zum Zwecke der Kapitalanlage. Die Kunden seien keine Anleger,
sondern Verkäufer von Lebensversicherungen bzw. anderer Vermögensanlagen.
Policenkauf sei zulässig und erlaubnisfrei. Es werde von zahlreichen Wettbewerbern
im Markt betrieben. Dafür benennt die Antragstellerin vier Web-Adressen.
Schließlich scheitere die Qualifikation des Geschäftsmodells als erlaubnispflichtiges
Einlagengeschäft auch daran, dass es weder gewerbsmäßig noch mit
Gewinnerzielungsabsicht betrieben werde.
Da kein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft vorliege, sei die Befugnis der
Antragsgegnerin zum Erlass einer Untersagungs- und Abwicklungsverfügung nicht
gegeben. Infolgedessen sei auch die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr
rechtswidrig. Aber auch unabhängig davon scheitere die Festsetzung der
Verwaltungsgebühr an der Rechtswidrigkeit der Rechtsgrundlage, da diese keine
Angemessenheitsprüfung vorsehe. Dafür dass die Antragsgegnerin
Ermessenserwägungen über die Angemessenheit angestellt habe, gebe es in dem
angefochtenen Bescheid keinerlei Anhaltspunkte. Eine solche Erwägung müsse zu
dem Ergebnis führen, dass die Gebühr der Höhe nach unverhältnismäßig sei. Denn
der Antragsgegnerin sei bekannt, dass sie, die Antragstellerin, insgesamt nur vier
Käufe von Lebensversicherungen getätigt habe. Bis zur Klärung der Angelegenheit
würden auch keine weiteren Käufe getätigt.
Auch das angedrohte Zwangsgeld sei unverhältnismäßig. Das Gesetz sehe ein
Zwangsgeld von höchstens 250.000 EUR vor. Es sei deshalb unverständlich,
inwiefern die angedrohten 100.000 EUR im unteren Bereich liegen sollten.
Die Antragstellerin legt eine Mappe vor, die die bei dem Geschäft verwendeten
Vertragsformulare enthält und auf deren vorderer und hinterer Klappe die
Werbeaussagen zu finden sind.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 08.02.2010 gegen den
Bescheid der Antragsgegnerin vom 26.01.2010 wiederherzustellen bzw.
anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Antragsgegnerin macht geltend, bei der Annahme des Rückkaufwertes der
Lebensversicherungen bzw. des Guthabens aus den anderen Anlageformen
handele es sich um die Annahme fremder Gelder, nämlich derjenigen des
jeweiligen Anlegers, deren unbedingte Rückzahlung versprochen werde. Es handele
sich nicht um die Annahme „eigener“ Gelder, die der Antragstellerin aus
„gekauften“ Vermögensanlagen zustünde. Zwar sei in den von den Kunden
abzuschließenden Verträgen von Kaufvertrag die Rede. Das Geschäftsmodell sei
jedoch so konzipiert, dass die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt die
vertragsgegenständlichen Vermögensanlagen erwerbe. Der vorgebliche
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vertragsgegenständlichen Vermögensanlagen erwerbe. Der vorgebliche
Kaufvertrag sehe zwar als dingliches Übertragungsgeschäft die Abtretung der
Anlage vor, doch trete der Anleger ausweislich des mit dem Treuhänder
geschlossenen Abtretungsvertrages und Geschäftsbesorgungsvertrages diese
zuvor schon an den Treuhänder ab. Der Kunde sei also zum Zeitpunkt des
Abschlusses des Kaufvertrages gar nicht mehr der aus der Vermögensanlage
Berechtigte. Im Übrigen sehe der Geschäftsbesorgungsvertrag ausdrücklich vor,
dass der Treuhänder die Vermögensanlage beende und einen dem Anleger
zustehenden Zahlungsanspruch treuhänderisch für den Anleger geltend mache,
den Geldbetrag für den Anleger in Empfang nehme und sodann bei der
Antragstellerin ganz oder teilweise anlege. Der so genannte Kaufvertrag habe also
nicht den Erwerb der Vermögensanlage durch die Antragstellerin zum
Gegenstand, sondern die Annahme des Guthabens, das dem Anleger aus der
durch den Treuhänder beendeten Vermögensanlage zustehe. Dass es auch
wirtschaftlich darum gehe, gekaufte Lebensversicherungen und andere
Vermögensanlagen nicht einfach fortzusetzen, ergebe sich aus dem Umstand,
dass die Antragstellerin in ihrer Werbung selbst geltend mache, dass sich
Lebensversicherungen wegen der sinkenden Renditen nicht lohnten. Es sei zu
berücksichtigen, dass sie über einen Zeitraum von zehn Jahren jährlich
durchschnittlich eine Rendite von mehr als 10% erwirtschaften müsse, um aus
dem Geschäft einen Gewinn zu erzielen. Das lasse sich nach der eigenen
Einschätzung aus Lebensversicherungen aber gerade nicht erzielen. Das Angebot
zeige, dass die Antragstellerin damit in Wettbewerb mit anderen
Geldanlagemöglichkeiten trete, was ebenfalls in der Bewerbung des Angebots zum
Ausdruck komme. Da das Geschäft auf eine gewisse Dauer angelegt und mit
Geschäftserzielungsabsicht betrieben werde, sei an seiner Geschäftsmäßigkeit
nicht zu zweifeln. Die erklärte Bereitschaft, das Geschäft einzustellen, sei nur bis
zur Klärung der Angelegenheit und nicht endgültig erklärt worden. Auch die
Rückabwicklung der bereits geschlossenen Verträge werde verweigert. Daher sei
die Unterlassungs- und Abwicklungsverfügung geeignet, erforderlich und
angemessen, um das rechtswidrige Verhalten der Antragstellerin zu beenden. Das
angedrohte Zwangsgeld bewege sich im unteren Bereich des gesetzlich
Zulässigen, erscheine aber ausreichend. Wegen des übrigen Vorbringens der
Beteiligen wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Der Kammer
lagen zwei Ordner Behördenakten vor.
II
Der Antrag ist statthaft und zulässig. Die Antragsgegnerin stützt die
Untersagungsverfügung, das Werbeverbot und das Abwicklungsgebot auf § 37
Abs. 1 KWG und das Auskunfts- und Vorlageersuchen auf § 44c Abs. 1 KWG.
Widerspruch und Klage gegen Maßnahmen auf der Grundlage dieser Vorschriften
haben nach § 49 KWG keine aufschiebende Wirkung. Insoweit kommt deshalb die
Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht nach § 80 Abs. 5 VwGO
in Betracht. Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung hat die Antraggegnerin den
Sofortvollzug nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet, so dass insoweit die
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO in Betracht
kommt. Hinsichtlich der Gebührenfestsetzung ist auch das Erfordernis des § 80
Abs. 6 VwGO erfüllt.
Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
Das gesetzlich begründete öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit
der Verfügung überwiegt das private Interesse der Antragstellerin oder etwaiger
Dritter an einem Aufschub bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens und
eines möglichen Hauptsacheverfahrens. Die Antragstellerin vermochte durch ihren
Vortrag das Gericht nicht davon zu überzeugen, dass die Rechtswidrigkeit der
Verfügung überwiegend wahrscheinlich ist. Unter den Bedingungen der im
Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung ergeben sich auch keine vom
Parteivortrag unabhängigen Gesichtspunkte, die die Anordnung der
aufschiebenden Wirkung rechtfertigen könnten.
Nach Maßgabe der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung bestehen
keine durchschlagenden Bedenken gegen die Feststellung der Antragsgegnerin,
dass die Antragstellerin, ohne hierfür die erforderliche Erlaubnis zu besitzen, das
Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG betreibt.
Das Gesetz definiert das Einlagengeschäft als „Annahme fremder Gelder als
Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums, sofern der
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Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums, sofern der
Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen
verbrieft wird.“ Der Begriff der Einlage ist gesetzlich nicht definiert. Die Frage, ob
ein Unternehmen fremde Gelder als Einlagen annimmt, ist aufgrund einer Wertung
aller Umstände des einzelnen Falles unter Berücksichtigung der
bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung zu entscheiden. Als wichtige Indizien
werden dabei angesehen, dass von einer Vielzahl von Geldgebern, die keine
Kreditinstitute sind, fremde Gelder aufgrund typisierter Verträge zur
unregelmäßigen Verwahrung, als Darlehen oder in ähnlicher Weise ohne
Bestellung der Art nach banküblicher Sicherheiten laufend angenommen werden
(vgl. Urteil des BGH, Az.: III ZR, 365/03, DVBl 2006, Seite 114 mit Hinweisen auf die
Rechtsprechung). Mit dem Erfordernis der unbedingten Rückzahlbarkeit der
angenommenen Gelder und dem Fehlen einer banküblichen Sicherheit wird die
Kongruenz zu „klassischen“ Geldanlagen bei Banken hergestellt, die in der
Gewissheit der unbedingten Rückzahlung der Einlage vorgenommen werden, so
dass, falls Einlagen unter entsprechenden Bedingungen angeboten oder getätigt
werden, ein Bedürfnis besteht, (potenzielle) Anleger vor unseriösen
Geschäftspraktiken auf dem sogenannten grauen Kapitalmarkt zu schützen (vgl.
Loritz, ZIP 2001, 309, 311; Bornemann, ZHR 166 (2002), Seite 211, 213).
Die mit der 6. KWG Novelle (Gesetz zur Umsetzung von EG-Richtlinien vom
22.10.1997, BGBl. I S. 2518) neu hinzugekommene Erweiterung des
Einlagengeschäfts (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 Alternative KWG: „unbedingt
rückzahlbare Gelder des Publikums“) soll als Auffangtatbestand dienen; sie
erweitert den klassischen Einlagenbegriff insoweit, als jede subjektive
Zwecksetzung der Geldeinlage nunmehr irrelevant ist (Reichauer/Kleinhans,
Kreditwesengesetz, Kommentar, Stand 2004, § 1 Rd.Nr. 50 ff.;
Bundesratsdrucksache Nr. 963/96 v. 20.12.1996, S. 62). Hierdurch sollten
nunmehr auch Fälle in den Begriff des Einlagengeschäfts einbezogen werden, die
bis dahin nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil v. 24.
März 1984, 1 C 125.80, BVerwGE Band 69, Seite 120, 124) wegen fehlender
Zuordnung zum Aktivgeschäft dem klassischen Begriff der Einlage nicht
zugerechnet werden konnten (vgl. Gesetzesbegründung zur 6. KWG Novelle,
Bundestagsdrucksache 13/7142). Hiermit wurde die vom
Bundesverwaltungsgericht vertretene enge Auslegung des Einlagenbegriffs, der
auf die Ausnutzung der Zinsspanne zwischen Aktiv- und Passivgeschäft zielte,
hinfällig. Dass es sich um „Gelder des Publikums“ handeln muss, dient nach
Auffassung des Gesetzgebers der Klarstellung, dass die Hereinnahme
rückzahlbarer Gelder von verbundenen Unternehmen nicht als Einlagengeschäft
anzusehen ist (vergleiche Bundestagsdrucksache 13/7142, Seite 63;
Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, Kommentar 2. Auflage, § 1 KWG, Rdnr. 42). Die
vom Gesetzgeber für die Einführung des Publikumsbegriffs gegebene Erklärung
stellt aber eher ein griffiges Beispiel als eine abschließende Definition dar (vgl.
Demgensky/Erm, WM 2001, S. 1452). Gemeint ist vom Gesetzgeber mit „Gelder
des Publikums“ nichts anderes als mit „fremden Geldern“ der 1. Alternative. Beide
Tatbestandsvoraussetzungen bringen zum Ausdruck, dass es sich um das Geld
Anderer handelt, die mit dem das Geld Einwerbenden nicht in einer spezifischen
rechtlichen Verbundenheit stehen, die dem Geschäft das Gepräge eines
klassischen banktypischen Einlagengeschäfts nimmt. Auch insoweit erfolgt
hierüber die Abgrenzung des Einlagenbegriffs i. S. d. KWG gegenüber demjenigen
des Gesellschaftsrechts. Der wesentliche Unterschied des in diesen beiden
Rechtsmaterien anzutreffende Einlagenbegriffs ist, dass eine Einlage i. S. d. KWG
dem Vermögen des Einlagengebers als Forderung gegen den Einlagennehmer
verbleibt (entsprechend dem klassischen Einlagengeschäft der Banken), während
die Einlage nach dem Gesellschaftsrecht aus dem Vermögen des Gesellschafters
ausscheidet und haftendes Vermögen der Gesellschaft wird (vgl.
Beck/Samm/Kokemoor KWG, § 1 Rdn. 61).
Ein Bankgeschäft wird im Sinne des § 37 KWG solange betrieben, bis es vollständig
abgewickelt ist (vgl. Beschl. des OVG Berlin v. 11.11.1983, OVG I S. 16/83,
Beckmann/Bauer, Bankaufsichtsrecht, Entscheidungssammlung, § 37 Nr. 24 unter
Bezugnahme auf BVerwGE Band 50 S. 223, 226). Die unverzügliche Abwicklung
dieser Geschäfte kann somit angeordnet werden, solange und soweit aufgrund
eines einmal aufgenommenen Bankgeschäfts noch ein Rest an Bankgeschäft
existiert, für das Abwicklungsbedarf besteht. Die Abwicklung ist erst erreicht, wenn
der status quo ante erreicht ist. Für das Einlagengeschäft bedeutet dies: ein
einmal aufgenommenes und ohne Erlaubnis betriebenes Einlagengeschäft im
Sinne des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG wird im Sinne des § 37 Abs. 1 S. 1 KWG
grundsätzlich bis zur restlosen Rückzahlung der Einlagen weiter betrieben (OVG
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grundsätzlich bis zur restlosen Rückzahlung der Einlagen weiter betrieben (OVG
Berlin, Beckmann/Bauer, § 37 Nr. 24; Samm in Beck/Samm, Gesetz über das
Kreditwesen, § 37, Rdnr. 26). Das Betreiben endet erst mit dem restlosen
Auskehren aller Einlagen. Die vom KWG beabsichtigte und von der Beklagten
durchzusetzende Sicherung der Einleger ist grundsätzlich erst erreicht, wenn
letztere wieder im Besitz der Einlage sind.
Die Merkmale des Einlagengeschäfts sind im vorliegenden Falle sämtlich erfüllt.
Insbesondere nimmt die Antragstellerin nach dem hier streitgegenständlichen
Geschäftsmodell Gelder des Publikums an und verspricht deren unbedingte
Rückzahlung.
Die Vertragskonstruktion, mit der die Antragstellerin arbeitet, ist nicht frei von
Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten. Indessen kommt man auf der Basis jeder
möglichen Betrachtungsweise zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin keine
Vermögensanlagen (Lebensversicherungen, Bausparverträge, Fondsanteile etc.)
kauft, sondern dass sie selbst das Geld von Anlegern entgegennimmt.
Die Vertragskonstruktion lässt zunächst die Sichtweise zu, nach der mit der
Unterzeichnung des Geschäftsbesorgungsvertrages und des Abtretungsvertrages
durch den Kunden und den Treuhänder eine Abtretung aller Forderungen aus der
jeweiligen Vermögensanlage stattfindet. Damit ist der Kunde nicht mehr
Eigentümer dieser Anlagen, so dass er sie zwar noch verkaufen, aber den
Kaufvertrag nicht mehr erfüllen kann. Der Kaufvertrag, den der Treuhänder im
Namen und Auftrag des Kunden mit der Antragstellerin vereinbart, wird erst zu
einem Zeitpunkt geschlossen, zu dem der Kunde schon nicht mehr Inhaber der
Anlage ist, die Gegenstand des Kaufvertrages ist. Die in dem Kaufvertrag erklärte
Abtretung geht deshalb ins Leere. Da der Treuhänder im Innenverhältnis zum
Kunden für dessen Rechnung die Einziehung des Restwertes bzw. des Guthabens
aus der Vermögensanlage betreibt, vergrößert sich dadurch das liquide
Geldvermögen des Kunden. Der Treuhänder überweist sodann dieses dem Kunden
zuzurechnende und damit für die Antragstellerin fremde Geldvermögen an die
Antragstellerin, die es ihm gegenüber aufgrund eines Vertrages annimmt, der sie
zur unbedingten Rückzahlung verpflichtet. Da die Beteiligten beim Abschluss aller
Verträge wissen, wie die vertragliche Konstruktion auf allen Ebenen funktioniert,
muss davon ausgegangen werden, dass die Partner des Kaufvertrages in dem
Bewusstsein handeln, dass nicht wirklich ein Kaufvertrag geschlossen wird, so dass
auch keine Kaufpreisforderung entstehen kann.
Zum selben Ergebnis kommt man unter der Annahme, dass nach dem
übereinstimmenden Willen von Kunden und Treuhänder nicht wirklich ein
Abtretungsvertrag geschlossen wird (Scheinabtretung). In diesem Fall tritt der
„Treuhänder“ tatsächlich bloß als Bevollmächtigter auf, der für den Kunden dessen
Vermögensanlage kündigt, das Guthaben einzieht und an die Antragstellerin
weiterleitet. Auch in diesem Fall gelangt die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt in
das Eigentum der Vermögensanlage. Auch hier muss ihr die gesamte
Vertragskonstruktion zugerechnet werden, so dass die Bezeichnung „Kaufvertrag“
auch für sie eine falsa demonstratio ist. Sie will keinen Kaufvertrag über eine
Vermögensanlage schließen, sondern fremde Gelder annehmen und der Kunde,
vertreten durch den Treuhänder, will sein Geld bei ihr für zehn Jahre anlegen.
Soweit die Antragstellerin einwendet, es komme vor, dass der Anlagevertrag
wegen einer geringen Restlaufzeit nicht gekündigt werde, um Abschläge zu
vermeiden, kann es sich nach der gesamten Vertragsstruktur wie auch nach
Maßgabe wirtschaftlicher Rationalität nur um atypische Verläufe handeln. Denn
solange die Anlagen nicht liquidiert sind, stehen keine Mittel für die Investition in
effiziente Energietechnik zur Verfügung, mit denen jene Renditen erzielt werden
können, die nötig sind, um die Verdoppelung des Auszahlungsbetrages für den
Kunden sicherzustellen. Im Übrigen bedeutet das Abwarten des vertragsgemäßen
Auslaufens einer Vermögensanlage nicht, dass die Antragstellerin in diesen Fällen
Inhaberin wird. Es ist vielmehr möglich, dass der Treuhänder die Anlage selbst
solange hält bis sie ausgezahlt wird, um dann den Betrag an die Antragstellerin
weiterzuleiten.
Soweit die Antragstellerin geltend macht, sie betreibe ihr Geschäftsmodell nicht
gewerbsmäßig, ist sie jede Erläuterung dieses Standpunkts schuldig geblieben. Er
lässt sich auch nicht nachvollziehen. Möglicherweise meint sie, von
Gewerbsmäßigkeit könne deshalb nicht gesprochen werden, weil bisher nur vier
Verträge geschlossen worden seien. Dabei verkennt sie jedoch, dass die
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Verträge geschlossen worden seien. Dabei verkennt sie jedoch, dass die
Gewerbsmäßigkeit weder von der Zahl der bereits gewonnenen Kunden noch
davon abhängt, ob bereits Gewinn erzielt worden ist. Gewerbsmäßigkeit setzt
vielmehr nur voraus, dass der Betrieb der betreffenden Geschäfte auf eine gewisse
Dauer angelegt ist und der Betreiber mit Gewinnerzielungsabsicht handelt
(vergleiche Gesetzesbegründung zum KWG Bundestagsdrucksache 13/7142, Seite
62). In Anlehnung an den in der Gewerbeordnung zu Grunde liegenden Begriff des
Gewerbes beziehungsweise der Gewerbsmäßigkeit liegt eine auf Dauer angelegte
geschäftliche Betätigung bei einer nachhaltigen und planmäßigen, das heißt nicht
nur gelegentlichen oder zufälligen, auf lediglich vorübergehende Zeit
ausgerichteten Tätigkeit vor. Wesentlich ist vor allem die erkennbare Absicht der
Wiederholung beziehungsweise der Fortsetzung der Handlungen. Dass im
vorliegenden Falle eine solche Absicht besteht, ergibt sich aus der Art und Weise,
wie das Produkt der Antragstellerin im Internet beworben wurde und auch aus der
Tatsache, dass sie repräsentativ gestaltete Angebotsmappen mit vorformulieren
Antragsformularen bereit hält, sowie daraus, dass sie diese Tätigkeit zukünftig
fortführen will. Schließlich lassen sich die angestrebten Renditen auch nur bei
entsprechender Kapitalausstattung erreichen, die nur dadurch erlangt werden
kann, dass möglichst viele Kunden gewonnen werden.
Soweit sie bestreitet, eine Gewinnerzielungsabsicht zu haben, hat sie auch dies
nicht erläutert. Festzuhalten ist insoweit jedenfalls, dass es lediglich auf die Absicht
ankommt, Gewinn zu erzielen, nicht hingegen darauf, ob tatsächlich Gewinn erzielt
wurde (vgl. (Boos/Fischer/Schulte-Mattler,KWG, § 1 KWG Rdnr. 18 m.N.).
Soweit die Antragstellerin unter Hinweis auf verschiedene WEB-Adressen
behauptet, andere Anbieter würden im Internet das selbe Geschäftsmodell
anbieten, ohne dass die Antragsgegnerin dagegen eingeschritten wäre, kann dies
ihrem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen. Zunächst kann das Gericht in
tatsächlicher Hinsicht diesen Vortrag nur für eine einzige Adresse nachvollziehen
(www.lifedirekt.de). Dieses Angebot scheint sich von dem der Antragstellerin schon
darin zu unterscheiden, dass der Rückzahlungsanspruch verbrieft wird. Im Übrigen
hat das Gericht keine Kenntnis darüber, ob der betreffende Anbieter über eine
Bankerlaubnis verfügt. Schließlich gibt es auch keinen Anspruch auf
Gleichbehandlung im Unrecht.
Die Antragstellerin betreibt somit Bankgeschäfte, für die sie nicht über die nach §
32 KWG erforderliche Erlaubnis verfügt. Dies rechtfertigt nach § 37 Abs, 1 KWG die
Anordnung der sofortigen Einstellung und Abwicklung des Geschäftsbetriebes.
Hinsichtlich der Abwicklung kann sie bestimmte Weisungen erteilen. Davon wird
das Werbeverbot erfasst.
Die Anordnung nach § 37 Abs. 1 KWG steht im Ermessen der Antragsgegnerin. Die
angefochtene Verfügung lässt erkennen, dass sie sich ihres Ermessensspielraums
bewusst war und Ermessenserwägungen angestellt hat. Diese begegnen auch
keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere ist nichts an der Erwägung
auszusetzen, es sei geeignet, erforderlich und angemessen, die Fortsetzung des
Geschäfts zu untersagen. Insoweit ist von Bedeutung, dass das mildere Mittel,
nämlich das schriftliche Ersuchen um freiwillige Einstellung des Geschäftsbetriebes
nicht nachgekommen worden ist.
Bedenken gegen die Anordnung der Abwicklung durch sofortige Rückzahlung
bestehen auch nicht bezüglich einer etwaigen Weigerung der Anleger zur
Kooperation. Auch wenn die Anleger sich weigern, die Antragstellerin aus dem
Vertrag zu entlassen und den eingezahlten Betrag zurückzunehmen, wird die
Rückabwicklung durch Rückzahlung dadurch nicht unmöglich. Denn es handelt sich
bei den Einlagenverträgen, die die Antragstellerin mit den Anlegern abgeschlossen
hat, um Rechtsgeschäfte, die gegen ein gesetzliches Verbot (§ 32 KWG) verstoßen
und deshalb nach § 134 BGB nichtig sind. Insoweit hält die Kammer an der
Rechtsauffassung fest, die sie in früheren Entscheidungen eingenommen hat (Urt.
v. 21.02.2008 – 1 E 5085/06 –; Urt. v. 19.06.2008 – 1 E 2566/07 –). In diesen
Entscheidungen hat die Kammer ausgeführt, dass der Annahme der Nichtigkeit
der Verträge nicht entgegengehalten werden kann, dass das gesetzliche Verbot
des § 32 KWG nur einen der Vertragspartner trifft, nämlich den Betreiber des
Einlagengeschäfts, nicht aber den Anleger. Zwar gilt in solchen Fällen, dass das
Geschäft in der Regel wirksam ist (vgl. BGH, Urt. v. 01.06.1966 - VIII ZR 65/64 -,
BGHZ 46, 24). Das gilt jedoch dann nicht, wenn der Zweck des Verbotsgesetzes
durch die Fortgeltung des Vertrages nicht erreicht werden kann (BGH, Urt. v.
22.09.1983 - VII ZR 43/83 -, BGHZ 88, 240). Insoweit ist hier von Bedeutung, dass
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22.09.1983 - VII ZR 43/83 -, BGHZ 88, 240). Insoweit ist hier von Bedeutung, dass
die Verbote des Kreditwesengesetzes nicht (nur) im Interesse des
Anlegerschutzes liegen, sondern auch der Stabilität des Finanzsystems dienen.
Das Vertrauen in die Stabilität des Finanzsystems wäre aber generell belastet,
wenn es zur Disposition der Vertragspartner stünde, die Rechtsgeschäfte trotz
fehlender Erlaubnis über einen längeren Zeitraum fortzuführen. Zu
berücksichtigen ist insbesondere auch, dass derjenige sich strafbar macht, der
ohne Erlaubnis Bankgeschäfte betreibt (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG). Wäre es den
Anlegern möglich, den Betreiber unerlaubter Bankgeschäfte an den
eingegangenen Verträgen festzuhalten, so käme dies dem Recht des Anlegers
gleich, den Betreiber zu einem verbotenen und strafrechtlich sanktionierten
Verhalten zu verpflichten (vgl. BGH, Urt. v. 25.06.1962 - VII ZR 120/61 -, BGHZ 37,
258 = juris TZ 23). Deshalb steht das Interesse des Anlegers, aus Gründen einer
möglicherweise hohen Rendite oder steuerrechtlicher Gestaltungsspielräume an
dem gesetzwidrigen Vertrag festzuhalten, dessen Nichtigkeit nicht entgegen. Zur
Klarstellung sei angemerkt, dass die Einlagenverträge nur insoweit als nichtig zu
betrachten sind, als dies der Schutzzweck des § 32 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2
Nr. 1 KWG verlangt, also nur insoweit die durch das Rechtsgeschäft getroffene
Regelung nicht hingenommen werden kann. Die Verträge sind deshalb nur insoweit
nichtig als es die Abrede über die Fälligkeit der Rückzahlung betrifft.
Indem die Kammer an dieser Rechtsprechung festhält, folgt sie nicht der
Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, der die Meinung vertritt,
dass das Betreiben von Bankgeschäften ohne die dafür erforderliche Erlaubnis
nicht die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge hat, sondern nur dazu führt, dass die
Antragsgegnerin im Rahmen ihres Ermessensspielraums eine Entscheidung
darüber treffen muss, ob sie dem Betreiber bloß aufgibt, die bestehenden
Verträge im Rahmen ihrer vereinbarten Laufzeit abzuwickeln oder ob sie einen
Verwaltungsakt mit privatrechtsgestaltender Wirkung erlassen will, durch den die
Laufzeit bis zum Zeitpunkt der Zustellung dieses Bescheides oder einer darin
enthaltenen Frist begrenzt wird, so dass dadurch die Rückzahlungspflicht ausgelöst
wird (HessVGH, Urt. v. 20.05.2009 – 6 A 1040/08 –). Gegen diese Konstruktion
sprechen schon rein praktische Gründe, weil eine solche Privatrechtsgestaltung
durch Verwaltungsakt nur wirksam werden könnte, wenn die Verfügung nicht nur
dem Betreiber, sondern auch sämtlichen Anlegern bekanntgemacht würde. Diese
sind häufig entweder gar nicht bekannt oder in so großer Zahl vorhanden, dass
eine Einzelbekanntmachung auf technisch kaum zum überwindende Hindernisse
stößt. Für eine öffentliche Bekanntgabe fehlt es an einer Rechtsgrundlage (§ 41
Abs. 3 Satz 1 VwVfG). Aber auch für eine Allgemeinverfügung ist in diesem Falle
kein Platz, weil sich diese, um hinreichend konkret zu sein, auf einzelne
Einlagenverträge beziehen müsste, die nur durch Nennung der Namen
konkretisiert werden könnten, was mit Gesichtspunkten des Datenschutzes
schwerlich vereinbar wäre. Im Übrigen könnten damit auch nur jene Verträge
erfasst werden, die der Behörde bekannt geworden sind.
Selbst wenn es jedoch zutreffen sollte, dass die Einlagenverträge nicht nichtig sind,
so stellt der Umstand, dass ihre Erfüllung für den Betreiber eine Straftat darstellt,
doch jedenfalls einen wichtigen Grund dar, der es ihm erlaubt, den Vertrag
gegenüber dem Anleger zivilrechtlich zu kündigen (§ 314 BGB). Schon deshalb
steht der Anordnung der Abwicklung durch sofortige Rückzahlung nichts im Wege.
Gegen die Auferlegung von Auskunft- Berichts- und Vorlagepflichten bestehen
keine rechtlichen Bedenken. Es kann dahinstehen, ob sie, wie in den
angefochtenen Bescheiden angegeben, auf § 44 c Abs. 1 KWG gestützt werden
können. Dies erscheint fraglich, da die Regelung nach Wortlaut und
Gesetzesbegründung (vgl. Bundestagsdrucksache 13/7142, S. 93) dazu dient,
Auskunfts- und Vorlagepflichten für Unternehmen zu begründen, bei denen
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie Bankgeschäfte betreiben und
einer Erlaubnis nach § 32 KWG bedürften, aufgrund des ungeklärten Sachverhalts
über die tatsächliche Einordnung des Geschäftsgegenstandes jedoch noch Zweifel
bestehen. Durch Anordnungen nach § 44 c KWG sollen die Sachverhaltsgrundlagen
für Maßnahmen nach § 37 KWG (oder § 6 Abs. 3 KWG) geschaffen werden. Bei
diesem Verständnis greift § 44 c KWG im Vorfeld von § 37 KWG ein, hat aber nicht
laufende Kontrollmaßnahmen im Rahmen der Abwicklung im Blick (vgl. BVerwG,
Urt. V. 22.09.2004, Az.: 6 C 29.03). Die Maßnahmen finden ihre Rechtsgrundlage
aber jedenfalls in § 37 Abs. 1 Satz 2 KWG.
Auch gegen die Zwangsgeldandrohung bestehen keine Bedenken. Insbesondere
ergibt sich kein Fehler aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin für die
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ergibt sich kein Fehler aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin für die
vollständige oder teilweise Zuwiderhandlung pauschal ein Zwangsgeld von je
50.000,-- EUR angedroht hat, wenn die Antragstellerin ihr Produkt weiterhin bewirbt
und Verträge abschließt und weitere 50.000,-- EUR, wenn sie bestehende Verträge
nicht vollständig rückabwickelt. Nach § 17 Satz 4 FinDAG kann das Zwangsgeld bis
zu 250.000 EUR betragen. Bedenken gegen die Angemessenheit der Androhung
eines Fünftels davon sind nicht erkennbar. Denkbar wäre das allenfalls im Hinblick
auf die Rückabwicklung, wenn davon eine Gesamtsumme betroffen wäre, die
deutlich unter 50.000 EUR liegt. Da die Antragstellerin dazu jedoch bisher keine
Angaben gemacht hat, sind dazu auch keine Feststellungen möglich. Die
Androhung ist auch hinreichend bestimmt. Die Antragsgegnerin kann auf dieser
Grundlage auch bei einer nur teilweisen Nichtbefolgung der Anordnungen das
angedrohte Zwangsgeld in voller Höhe festsetzen. Auch die Androhung des
Zwangsgeldes für den Fall, dass die Antragstellerin ihrer Auskunfts- und
Vorlagepflichten nicht nachkommt, begegnet weder dem Grund noch der Höhe
nach durchgreifenden Bedenken. Entgegen einer nicht nachvollziehbaren
Äußerung in dem angefochtenen Bescheid (S. 18) hat die Antragsgegnerin nicht
50.000 EUR, sondern 25.000 EUR für den Fall angedroht, dass der Antragsteller
diesen Pflicht ganz oder teilweise nicht nachkommen sollte.
Gegen die Anordnung des Sofortvollzugs der Zwangsgeldandrohungen bestehen
ebenfalls keine Bedenken. Dem Erfordernis der Darlegung des besonderen
Sofortvollzugsinteresses im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO ist Genüge getan. Die
Antragsgegnerin hat insoweit darauf hingewiesen, dass die Zwangsgeldandrohung
der Durchsetzung der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Grundverfügung (§ 49
KWG) diene. Diese Ausführungen gehen zwar nicht über das allgemeine Interesse
an der Vollziehung des Gesetzes hinaus. Indessen fallen in diesem besonderen
Falle dieses allgemeine und das in § 80 Abs. 3 VwGO geforderte besondere
Sofortvollzugsinteresse zusammen. Denn der gesetzliche Ausschluss der
aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen die Grundverfügung liefe leer,
wenn dem Rechtsbehelf gegen die Zwangsgeldandrohung aufschiebende Wirkung
zukäme. Das ist, wie § 49 KWG zeigt, vom Gesetzgeber nicht gewollt. Sofern er es
unterlassen hat, im Gesetz selbst generell zu regeln, dass in den Fällen des § 49
KWG Rechtsbehelfen gegen die Zwangsgeldandrohung keine aufschiebende
Wirkung zukommen soll, handelt es sich um ein offenkundiges gesetzgeberisches
Versehen, das durch die Anordnung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 2 Nr. 4
VwGO kompensiert werden kann.
Die Festsetzung der Verwaltungsgebühr begegnet ebenfalls keinen rechtlichen
Bedenken. Die Rechtsgrundlage dafür ergibt sich aus Nr. 1.1.16.1.1 des
Gebührenverzeichnisses zu § 2 Abs. 1 FinDAGKostV, die hier in der Fassung vom
29.07.2009 anwendbar ist. Danach beträgt die Gebühr beim Einschreiten gegen
ungesetzliche Einlagengeschäfte 10.000 EUR. Ein Ermessenspielraum besteht in
soweit nicht, so dass auch Ermessensfehler nicht in Betracht kommen.
Substantiierte Einwände gegen die Kalkulationsgrundlagen der Gebühr sind weder
vorgetragen worden noch im Rahmen der im Eilverfahren gebotenen
summarischen Prüfung ersichtlich. Der Umstand, dass die Antragstellerin nach
eigenem Vortrag aus den verbotenen Geschäften noch nicht genug Kapital
generiert hat, um die Gebühr abdecken zu können, ist jedenfalls kein Argument
gegen die Rechtmäßigkeit der Gebühr.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über
den Streitwert beruht auf §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 und 3 GKG. Hinsichtlich der
Untersagung, Abwicklung und der Auskunfts- und Vorlageverfügung ist zunächst
vom Regelstreitwert in Höhe von je 5.000 EUR, insgesamt also 15.000 EUR
auszugehen. Die Kammer folgt jedoch den Empfehlungen aus Nr. 1.6 des
Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom
08.07.2004 (www.bverwg.de), wonach stattdessen die Höhe des Zwangsgeldes
zugrundezulegen ist, wenn dieses höher ist als der Streitwert für die
Grundverfügung. Das entspricht einem Wert von 125.000 EUR. Hinzu kommt noch
der Wert der Verwaltungsgebühr, gegen die sich die Antragstellerin ausdrücklich
gewendet hat, so dass es insgesamt um einen Streitwert von 135.000 EUR geht.
Wegen der geringeren Bedeutung des Eilverfahrens ist hiervon die Hälfte
anzusetzen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.