Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 04.02.2002

VG Frankfurt: stand der technik, aufschiebende wirkung, körperliche unversehrtheit, firma, lärm, schattenwurf, grundstück, baurecht, umweltverträglichkeitsprüfung, windkraftanlage

1
2
3
Gericht:
VG Frankfurt 4.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 G 4720/01
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 42 VwGO, § 22 BImSchG
Nachbarschutz bei der Errichtung von Windkraftanlagen
Leitsatz
Windkraft, Windenergieanlagen, Nachbarschutz für obligatorisch Berechtigte,
Immissionsschutz im allgemeinen Wohngebiet am Rande zum Außenbereich,
Gesundheitsschutz, Infraschall, Schattenwurf, Gefahrfeuerleuchten, Disco-Effekt,
visuelle Beeinträchtigung.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Der Streitwert wird auf 5.112,91 EURO festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Errichtung eines
vom Antragsgegner genehmigten Windparks mit sieben Windkraftanlagen im
Außenbereich der Stadt Schlüchtern.
Die Antragstellerin wohnt im Bereich W. des Ortsteils K. der Gemeinde F..
Eigentümerin des Hauses, in dem sie lebt, ist ihre Tochter. Im Süden ihres
Wohnorts erstreckt sich von Westen nach Osten der sogenannte Landrücken, die
Wasserscheide zwischen Weser und Rhein. Er verläuft in etwa entlang der
Kreisgrenze zwischen dem Main-Kinzig-Kreis und dem Landkreis Fulda, die zugleich
auch die Grenze zwischen den Regierungsbezirken Darmstadt und Kassel bildet,
und verbindet den Vogelsberg mit der Rhön . Aufgrund der für das Binnenland
vergleichsweise günstigen Windverhältnisse wurde ein Teilbereich des
Hochplateaus auf dem Landrücken im Regionalen Raumordnungsplan Südhessen,
der am 14.11.2000 genehmigt wurde, als Vorrangfläche für die
Windenergienutzung ausgewiesen. Die ausgewiesene Fläche liegt im Bereich des
Landschaftsschutzgebiets "Vogelsberg - Hessischer Spessart", an das im Norden
auf dem Gebiet des Landkreises Fulda der Naturpark "Hessische Rhön " angrenzt,
in dem unweit der Kreisgrenze im Südosten von K. das Landschaftsschutzgebiet
"Steinkammer" liegt.
Auf Antrag der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erteilten die zuständigen
Behörden des Antragsgegners zunächst mit Bescheid vom 29.03.2001 die
erforderliche landschaftsschutzrechtliche Genehmigung in Verbindung mit der
naturschutzrechtlichen Eingriffsgenehmigung und sodann mit Bescheid vom
17.05.2001 die Baugenehmigung für die Errichtung von sieben Windkraftanlagen
des Typs "E. Wind 1.5 sl" mit einer Nennleistung von 1500 kW, einer Nabenhöhe
von 85 m und einem Rotordurchmesser von 77 m in den Schlüchterner
Gemarkungen E. und H. im Bereich der ausgewiesenen Vorrangfläche für die
Windenergienutzung. Den Bauvorlagen war u.a. eine Schallimmissionsprognose
eines Sachverständigenbüros beigefügt, die zum Ergebnis kam, dass der dem
Windpark nächstgelegene Aussiedlerhof einem maximalen
4
5
6
7
Windpark nächstgelegene Aussiedlerhof einem maximalen
Gesamtschalldruckpegel von 44,1 dB(A) ausgesetzt sein werde, bei allen anderen
Wohnhäusern in der Umgebung seien geringere Lärmbelastungen zu erwarten. Die
mit dem Bauantrag eingereichte Schattenwurfanalyse kam zu dem Ergebnis, dass
an einem untersuchten Einwirkungspunkt, der von dem Anwesen aus gesehen, in
dem die Antragstellerin lebt, in südlicher Richtung schätzungsweise 250 bis 300 m
dichter an dem Windpark gelegen ist, theoretisch an siebzehn Tagen im Jahr mit
maximal 12 Minuten am Tag und pro Jahr insgesamt mit zwei Stunden und vierzig
Minuten Schattendauer zu rechnen sei. Dabei seien jedoch als
Rahmenbedingungen zugrunde gelegt worden, dass die Sonne an allen Tagen des
Jahres bei wolkenlosem Himmel den ganzen Tag scheine und die Windrichtung
dem Azimutwinkel der Sonne entspreche, so dass die Sonneneinstrahlung
senkrecht zur Rotorkreisfläche stehe und einen maximalen Schatten erzeuge,
sowie dass die Windkraftanlagen in Betrieb seien und sich drehten. Klimatologische
Untersuchungen hätten gezeigt, dass die in der Praxis auftretenden
Einwirkungszeiten bei maximal 20 bis 30 % der theoretisch ermittelten Werte
lägen, weil die Rahmenbedingungen nicht konstant seien. Außerdem sei an dem
untersuchten Einwirkungspunkt nur ein maximaler Verdeckungsgrad der Sonne
durch die Rotorblätter von 32 % zu erwarten, so dass es sich - wenn überhaupt -
um einen diffusen Halbschatten handele.
Bestandteil der Baugenehmigung sind u.a. Auflagen des Regierungspräsidiums
Darmstadt - Abteilung Staatliches Umweltamt Hanau - vom 24.04.2001, die
Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts an den
Wohngebäuden im Außenbereich und 55 dB(A) tagsüber und 40 dB(A) nachts in
den nächstgelegenen Wohngebieten festsetzten, die von dem Windpark nicht
überschritten werden dürfen. Außerdem wurde bestimmt, dass die in der
Schallimmissionsprognose genannten Ausgangswerte (wie z. B.
Schallleistungspegel, keine Tonhaltigkeit, keine impulsartigen Geräusche)
einzuhalten sind und der Betreiber nach Inbetriebnahme der Windkraftanlagen
Geräuschimmissionsmessungen von einer nach § 26 Bundes-
Immissionsschutzgesetz (BImSchG) bekannt gegebenen Messstelle baldmöglichst
durchführen zu lassen hat, wobei er die Auftragserteilung an das Messinstitut
innerhalb von drei Monaten nach Inbetriebnahme nachzuweisen hat. Durch die
Baugenehmigung wurde der Bauherrin ferner auferlegt, die Windkraftanlagen nach
dem neuesten Stand der Technik zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten.
Mit Schreiben vom 06.08.2001 erhob die Antragstellerin Widerspruch gegen die
Baugenehmigung und beantragte, deren Vollziehung bis zum rechtskräftigen
Abschluss des Widerspruchsverfahrens auszusetzen. über den Widerspruch ist
noch nicht entschieden. Dem Aussetzungsantrag gab der Antragsgegner nicht
statt.
Am 05.11.2001 hat die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
Sie beruft sich auf das als nachbarschützend anerkannte Gebot der
Rücksichtnahme im Baurecht und im Immissionsschutzrecht und macht geltend,
es drohe ihr eine erhebliche Gesundheitsgefährdung durch Lärm, Infraschall und
Schattenwurf der Windkraftanlagen und eine Minderung des Verkehrswerts ihres
Grundstücks. Neben dem Schattenwurf bestehe eine weitere visuelle
Beeinträchtigung für die Anwohner durch die Allgegenwärtigkeit der Anlagen, die
zwanghaft den Blick auf sich zögen und eine erdrückende Wirkung hätten, sowie
das ständige Blinkfeuer, das der Flugsicherheit diene. Der Standort der Anlagen
sei von ihrer Wohnung aus einzusehen, da sich zwischen dem Windpark und dem
Grundstück nur einige unterschiedlich hohe Baumreihen befänden. Die Entfernung
der nächstgelegenen Windkraftanlagen zum Wohnhaus ihrer Tochter betrage nur
ca. 1100 m. Die Wohn- und Schlafzimmer der Antragstellerin seien in Richtung
Windpark ausgerichtet. Das Grundstück befinde sich in einem Bereich, der als
allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 Baunutzungsverordnung (BauNVO) zu
qualifizieren sei. Nach der Rechtsprechung seien nicht mehr als 35 dB(A) zur
Nachtzeit zulässig, es sei jedoch zu befürchten, dass der Lärmpegel 40 dB(A)
überschreiten werde.
Die Baugenehmigung leide an dem Mangel, dass die zu erwartenden Belastungen
ungenügend ermittelt worden seien. Der Antragsgegner habe sich auf ein von der
Bauherrin vorgelegtes Privatgutachten verlassen, statt seiner Pflicht
nachzukommen, selbst Prognosen in Auftrag zu geben. Die vorliegenden
Prognosen zur Lärmimmission und zum Schattenwurf bezögen sich nicht auf die
beantragte Anlage des Typs "E.", sondern auf ein Modell der Firma T. bzw. E.; die
Vergleichbarkeit der Anlagen sei fraglich. Die von der Beigeladenen
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
Vergleichbarkeit der Anlagen sei fraglich. Die von der Beigeladenen
nachgereichten gutachterlichen Stellungnahmen zum Schallleistungspegel der
Anlage und zur Beeinträchtigung durch ihre Gefahrfeuerleuchten seien
unvollständige bzw. unwahre Gefälligkeitsgutachten.
Die Baugenehmigung sei zudem aus formalen Gründen rechtswidrig. So seien die
Nebenbestimmungen zu unbestimmt formuliert und es sei die falsche
Verfahrensart gewählt worden. Seit August 2001 sei gemäß Ziffer 1.6 der Anlage
zur 4. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchVO) in Verbindung mit Nr.
1.6.2 der Anlage zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) ein
Immissionsschutzverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich.
Schlussendlich sei zu vermuten, dass die Beigeladene von der Baugenehmigung
abweiche, weil die geplanten und die im Bau befindlichen Standorte der
Windkraftanlagen nicht übereinstimmten. Diese "Schwarzbauten" seien von Amts
wegen stillzulegen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung der Baugenehmigung des Antragsgegners vom 17.05.2001
zugunsten der Firma R. GmbH auszusetzen,
einen Baustopp als Maßnahme zur Sicherung der Rechte der Antragstellerin zu
erlassen,
hilfsweise,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die
angegriffene Baugenehmigung anzuordnen,
den Antragsgegner zu verpflichten, die Bauarbeiten sofort zu stoppen.
Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen,
die Anträge zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt der Antragsgegner vor, der Antrag auf Baustopp sei
unzulässig, weil das Gericht nach § 80 a Abs. 3 VwGO keine unmittelbaren
Maßnahmen gegenüber dem Bauherrn treffen, sondern nur die
Bauaufsichtsbehörde entsprechend verpflichten könne. Für den Hilfsantrag, den
Antragsgegner zu verpflichten, die Bauarbeiten zu stoppen, bestehe kein
Rechtsschutzbedürfnis; er habe sich in der Vergangenheit selbstverständlich an
jede Entscheidung des erkennenden Gerichts gehalten und werde dies auch in
Zukunft tun. Die Anträge seien im übrigen mangels Antragsbefugnis unzulässig,
jedenfalls aber unbegründet. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf eine
vollumfängliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung, sondern
könne nur eine Verletzung in eigenen Rechten rügen. Sie habe aber in keiner
Weise substantiiert dargelegt, inwiefern sie in ihren rechtlich geschützten eigenen
Interessen durch die erteilte Baugenehmigung betroffen sein könne.
Soweit sie eine visuelle Beeinträchtigung geltend mache, sei ihr entgegenzuhalten,
dass niemand ein Recht darauf habe, dass der Anblick der freien Natur ohne
Änderungen für immer erhalten bleibe. Der Gesetzgeber habe Vorhaben zur
Nutzung der Windenergie im Außenbereich privilegiert. Wer also am Rande zum
Außenbereich wohne, müsse den Anblick von Windenergieanlagen ertragen.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung könnten Eigentümer von
Wohngrundstücken am Rande des Außenbereichs ebenso wenig davon ausgehen,
dass in ihrer Nachbarschaft im Außenbereich keine emittierenden Nutzungen
entstünden, da die Außenbereichsflächen mit den dort zulässigen Vorhaben und
den damit typischerweise verbundenen Belästigungen bereits schutzmindernd
vorbelastet seien. Sie dürften nur darauf vertrauen, nicht mit Umwelteinwirkungen
belastet zu werden, die mit der Wohnnutzung nicht mehr verträglich seien.
Solange die Lärmbelästigung nicht über das in einem Misch- oder Dorfgebiet
zulässige Maß (nach der TA-Lärm tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A))
hinausgehe, sei die Verträglichkeit gewährleistet. Die Antragstellerin habe keine
Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass auf ihrem Grundstück unzulässige
Lärmimmissionen zu erwarten seien.
Sie habe auch nicht dargetan, inwieweit ihr Grundstück vom Schattenwurf
betroffen sein könnte. Allein die Entfernung von dem Anwesen zu dem Windpark
21
22
23
24
25
26
betroffen sein könnte. Allein die Entfernung von dem Anwesen zu dem Windpark
schließe eine unzumutbare Beeinträchtigung aus. Bei einer Ortsbesichtigung des
Antragsgegners habe sich nicht bestätigen lassen, dass die Anlagen vom
Grundstück der Antragstellerin aus einzusehen seien.
Ferner habe sie nicht einmal im Ansatz dargelegt, inwiefern sich ihre
Antragsbefugnis daraus ergeben solle, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung
durchgeführt worden sei. Im übrigen sei darauf hinzuweisen, dass das Gesetz zur
Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-
Richtlinien zum Umweltschutz vom 27.07.2001 erst nach der Erteilung der
Baugenehmigung in Kraft getreten sei, so dass die von der Antragstellerin zitierte
Ziffer 1.6.2 der Anlage zu diesem Gesetz hier nicht gelte. Außerdem bedürfe es
nach Art. 1 Ziffer 5 § 3 d dieses Gesetzes zunächst der Umsetzung durch
Landesrecht, was bisher nur in Bayern erfolgt sei. Zum Zeitpunkt der
Baugenehmigung habe das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der
Fassung vom 18.08.1997 gegolten. Nach § 3 dieses Gesetzes unterlägen einer
Umweltverträglichkeitsprüfung die Vorhaben, die in der Anlage zu dieser Vorschrift
aufgeführt seien; dazu zählten Windkraftanlagen nicht.
Außerdem seien bereits im Rahmen der Regionalplanung, die ihren Abschluss mit
dem Inkrafttreten des Regionalen Raumordnungsplanes Südhessen 2000
gefunden habe, alle umweltrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigt worden.
Darüber hinaus sei durch entsprechende Auflagen in der erteilten
Baugenehmigung sichergestellt, dass Umweltbeeinträchtigungen auf ein
Mindestmaß reduziert oder vermieden würden.
Es treffe zwar zu, dass drei der Windkraftanlagen unter geringfügigen
Abweichungen von der Baugenehmigung errichtet worden seien, doch ändere dies
nichts an der Gesamtsituation, weil die Entfernungen zum Anwesen der
Antragstellerin nach wie vor mehr als 1100 m betragen würden.
Die Beigeladene legt zunächst ein Ergänzungsgutachten vor, wonach an dem von
der Antragstellerin bewohnten Haus bei einem Mindestabstand zur
nächstgelegenen Windkraftanlage von 1110 m ein Beurteilungspegel von 36,3
dB(A) zu erwarten sei. Die Beigeladene weist darauf hin, dass das Anwesen der
Antragstellerin am Rande eines allenfalls allgemeinen Wohngebietes zum
Außenbereich liege, wo zur Nachtzeit eine Immission von bis zu 40 dB(A) zulässig
sei.
Sodann führt sie aus, der Eilantrag sei weder zulässig noch begründet. Aufgrund
der Entfernung zu dem Windpark könne die Antragstellerin nicht als Nachbarin
angesehen werden. Die Beigeladene wiederholt die vom Antragsgegner
vorgebrachten Argumente und legt ergänzend dar, bei der
Schallimmissionsprognose sei wegen damals noch fehlender Erfahrungen mit dem
geplanten Anlagentyp zur Sicherheit von einem Schallleistungspegel von 106
dB(A) ausgegangen worden, während eine zwischenzeitlich erfolgte Vermessung
ergeben habe, dass der Pegel nicht über 103,9 dB(A) liege mit der Folge, dass die
in der Prognose aufgeführten Immissionswerte in der Realität unterschritten
würden, zumal dem Gutachten ohnehin eine "worst case" - Betrachtung zugrunde
liege. Dabei sei die Gesamtbelastung durch den Windpark ermittelt worden und
nicht lediglich die von der nächstgelegenen Anlage ausgehenden Immissionen. Die
Prognose basiere im übrigen nicht auf einem anderen Fabrikat, da die dort
angegebene Herstellerfirma T. von der Firma E. Wind GmbH übernommen worden
sei, die deren Produkte jetzt unter der Marke "E." vertreibe. Die auf den
Windkraftanlagen installierten Gefahrfeuerleuchten hätten keine Auswirkungen auf
die Anwohner, weil bei einer Installation in 100 m Höhe die Beleuchtungsstärke ab
einer Entfernung von 153 m unter 0,6 Lux liege, wobei der verminderte
Abstrahlwinkel nach unten noch nicht einmal berücksichtigt sei.
Auch der Schattenwurf werde beim Anwesen der Antragstellerin in der Realität
wesentlich geringer als in der Prognose ausfallen, welche die landschaftlichen
Gegebenheiten wie den Bewuchs von Bäumen und Sträuchern nicht berücksichtigt
habe. Der an dem untersuchten Einwirkungspunkt in der Nähe des Anwesens der
Antragstellerin zu erwartende Schatten liege bereits weit unter der
Unzumutbarkeitsgrenze und werde auf der Höhe ihres Anwesens noch geringer
auftreten, zumal zwischen dem Einwirkungspunkt und dem Anwesen der
Antragstellerin erheblicher Wald- und Baumbewuchs bestehe. Von ihrem Anwesen
aus könne wegen des stark abfallenden Geländes mit starkem Baumbewuchs
allenfalls die Anlage 7, wenn überhaupt, eingesehen werden. In der zur Grundlage
27
28
29
30
31
32
allenfalls die Anlage 7, wenn überhaupt, eingesehen werden. In der zur Grundlage
der Baugenehmigung gemachten Eingriffs- /Ausgleichsplanung sei festgehalten,
dass der geplante Windpark und seine einzelnen Anlagen nur von wenigen
exponierten Standorten aus sichtbar seien und ca. 80 % davon verschattet
blieben.
Zum Schutz der Anwohner sei außerdem in der Baugenehmigung festgelegt, dass
die Anlagen ständig auf den neuesten technischen Stand zu bringen seien und die
Prognosen nach Inbetriebnahme des Windparks durch Messungen zu überprüfen
seien. Sollte sich dabei herausstellen, dass die zulässigen Werte überschritten
würden, sei die Genehmigungsbehörde berechtigt, dem Betreiber Auflagen zu
erteilen. Diese könnten in der automatisierten Abschaltung einzelner oder aller
Anlagen zu bestimmten Uhrzeiten oder bei bestimmten Windverhältnissen bzw.
bei bestimmten Sonneneinfallwinkeln bestehen.
Abweichungen von zweien der in der Baugenehmigung festgelegten Standorten
seien in Absprache mit der Genehmigungsbehörde lediglich um einige Meter auf
den gleichen Flurstücken zum einen wegen einer möglichen Gefährdung einer
Richtfunkanlage, zum anderen aus Rücksichtnahme auf das Anwesen des
Anwohners R. erfolgt.
Bei alledem dürfe auch nicht in Vergessenheit geraten, dass das Bauvorhaben auf
einer für Windparks privilegierten Fläche im Interesse der Allgemeinheit an einer
Verringerung von C0 2-Immissionen und einer ressourcenschonenden
Energieerzeugung erfolge und die Betreiberin hierfür Investitionen in Höhe von 25
bis 30 Millionen DM getätigt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands nimmt das Gericht
auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Behördenakten Bezug,
insbesondere auf die Bauantragsunterlagen und den Genehmigungsbescheid
sowie die vorliegenden Karten, Pläne und Lichtbilder, die den Standort des
Vorhabens verdeutlichen sollen.
II. 1. Der auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der
Antragstellerin gegen die der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erteilte
Baugenehmigung gerichtete Eilrechtsschutzantrag ist - im Gegensatz zu dem
allein an den Antragsgegner zu richtenden Antrag auf Aussetzung der Vollziehung
- nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 212 a Abs. 1 Baugesetzbuch
(BauGB) zulässig. Unzulässig ist dagegen der weitere Antrag, der auf ein
gegenüber der Beigeladenen auszusprechendes Bauverbot abzielt. Das Gericht ist
ohnehin nicht befugt, eine Sicherungsanordnung unmittelbar gegenüber der
Beigeladenen zu treffen, sondern könnte nur den Antragsgegner zu einer
derartigen Anordnung verpflichten (Kopp/Schenke, VwGO, 11. Aufl., § 80 a Rdnr. 17
a). Dies wäre allerdings erst möglich, wenn die Beigeladene die gerichtliche
Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht beachten würde und darüber hinaus
der Antragsgegner trotz faktischer Vollziehung der Baugenehmigung untätig
bliebe. Es bestehen aber weder Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beigeladene
einer zu ihren Lasten ergehenden gerichtlichen Eilentscheidung nicht beugen
würde, noch dass der Antragsgegner gegebenenfalls dagegen nicht einschreiten
würde. Deshalb besteht für den entsprechenden Hilfsantrag derzeit kein
Rechtsschutzbedürfnis.
Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ergibt sich nicht aus einer möglichen
Verletzung nachbarschützender Vorschriften im Baurecht. Nach der ständigen
Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte werden als Nachbarn in diesem Sinne
nur Grundstückseigentümer oder die Inhaber eigentumsähnlicher
Rechtspositionen anerkannt (BVerwG NJW 1968, 2393; VGH Baden-Württemberg,
VBlBW 1970, 44; OVG Berlin NJW 1979, 282; BVerwGE 82, 75; Kopp/Schenke aaO §
42 Rdnr. 97 m.w.N.). Die Begründung liegt darin, dass das Baurecht die objektive
Rechtsbeziehung zwischen den Grundstücken regelt und Anknüpfungspunkt hierfür
das Eigentum ist. Hinzu kommt, dass der Kreis der dinglich Berechtigten mit Hilfe
des Grundbuchs überschaubar und in der Regel konstant ist, während die
obligatorischen Rechte an den Nachbargrundstücken, wie etwa Miete, weniger
leicht feststellbar und einem häufigen Wechsel unterworfen sind. Mietern und
anderen Anwohnern bleibt insofern nur die Möglichkeit, sich bei einer
Beeinträchtigung ihrer obligatorischen Rechte an den Eigentümer oder die
Eigentümerin zu wenden und diesen bzw. diese zu einem Vorgehen gegen die
Genehmigung zu veranlassen. Da Eigentümerin des Anwesens, in dem die
Antragstellerin wohnt, ihre Tochter ist, und sie auch nicht geltend gemacht hat,
33
34
35
36
37
38
39
Antragstellerin wohnt, ihre Tochter ist, und sie auch nicht geltend gemacht hat,
daran ein eigentumsähnliches Recht, wie etwa einen Nießbrauch zu besitzen, kann
ihr der baurechtliche Nachbarschutz nicht zugute kommen.
Allerdings steht der Antragstellerin die Antragsbefugnis deshalb zu, weil sie auch
geltend macht, sie habe Angst, dass der Betrieb des Windparks bei ihr zu
Gesundheitsschäden führen könnte. Dies könnte so zu verstehen sein, dass sich
die Antragstellerin auf ihr Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit nach Art. 2
Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) berufen will. Außerdem hat sie ausdrücklich eine
Verletzung des immissionsschutzrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme
behauptet; im Immissionsschutzrecht wird jedoch der Kreis der Nachbarn weiter
gezogen als im Baurecht. Die für die Antragsbefugnis erforderliche Möglichkeit,
dass die Antragstellerin durch die angegriffene Baugenehmigung in subjektiven
Rechten verletzt ist, könnte nur dann ausgeschlossen werden, wenn die von der
Antragstellerin behaupteten Rechte offensichtlich und eindeutig nach keiner
Betrachtungsweise bestehen oder ihr zustehen könnten. Da das Gericht bei der
Prüfung der Zulässigkeit nicht bereits in eine, wenn auch nur summarische,
Prüfung der Begründetheit des Antrags einzutreten hat und auch die entfernte
Möglichkeit einer Rechtsverletzung der Antragstellerin durch die Baugenehmigung
für den Windpark genügt, können ihre wenig konkreten Ausführungen zu den auf
sie zukommenden Belastungen, die offenbar mehr einem diffusen Gefühl der
Bedrohung entspringen als konkreten Anhaltspunkten, noch als ausreichend
angesehen werden, zumal die Antragstellerin in einer Entfernung zu dem Windpark
wohnt, in der dieser noch negative Auswirkungen haben kann (vgl. dazu
Kopp/Schenke aaO § 42 Rdnr. 65 ff., 68).
2. Der Eilantrag ist jedoch nicht begründet.
Das Gericht hat im Verfahren nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO eine
Abwägungsentscheidung zu treffen, die das private Interesse der Antragstellerin
an der bei der Erteilung von Baugenehmigungen nicht als gesetzlicher Regelfall
vorgesehenen aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs einerseits und das
öffentliche Interesse ebenso wie das private Interesse der Beigeladenen an der
sofortigen Vollziehung der angegriffenen Baugenehmigung andererseits
gegenüberstellt. Diese Entscheidung wird maßgeblich von den Erfolgsaussichten
des von der Antragstellerin eingelegten Widerspruchs beeinflusst.
Nach der im Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen
Überprüfung der Sach- und Rechtslage geht das Gericht davon aus, dass dem
Widerspruch der Antragstellerin gegen die Baugenehmigung vom 17.05.2001
voraussichtlich kein Erfolg beschieden sein wird, weil die Antragstellerin durch die
Erteilung der Genehmigung wahrscheinlich nicht in eigenen Rechten, die im
öffentlichen Recht verankert sind, verletzt wird.
Maßstab ist dabei - wie bereits oben im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung
ausgeführt - nicht der baurechtliche Nachbarschutz, sondern das Grundrecht der
Antragstellerin auf Schutz ihrer Gesundheit, das u.a. in § 22 BImSchG und den
dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen eine Konkretisierung durch den
Gesetzgeber erfahren hat. Eine Verletzung dieser Normen ist im Fall der
Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht.
Dazu im Einzelnen:
Soweit die Antragstellerin eine akustische Beeinträchtigung durch den Windpark in
einer Lautstärke von mehr als 40 dB(A) befürchtet, hat sie keinerlei Anhaltspunkte
dargelegt, aus denen sich ableiten ließe, dass diese Befürchtung begründet ist. Da
in allen dem Gericht derzeit vorliegenden Eilverfahren von Anwohnern gegen den
Windpark diese Behauptung unabhängig von der Lage und Entfernung ihrer
Grundstücke gleichlautend erhoben wird, muss davon ausgegangen werden, dass
dieser Wert nicht konkret ermittelt wurde, sondern lediglich die Funktion hat, dem
Gericht deutlich zu machen, dass der für sie zu erwartende Lärm unzumutbare
Ausmaße annehmen wird. In diesem Zusammenhang ist ein rechtlicher Irrtum der
Antragstellerin zu korrigieren, die annimmt, dass die Rechtsprechung auf dem
Grundstück ihrer Tochter nachts nur einen Schallpegel von maximal 35 dB(A) für
zulässig erachten würde. Der genannte Schallpegel entspricht dem in der TA-Lärm
als einschlägigem technischen Regelwerk empfohlenen Richtwert für reine
Wohngebiete. Die Wohnsiedlung, in welcher die Antragstellerin lebt, ist aber nach
ihren eigenen Angaben als allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren, wo 40 dB(A) in
der Nacht noch als zumutbar angesehen werden. Da ihr Wohnort ländlich
strukturiert ist und das Haus an der Grenze zum Außenbereich liegt, dürfte die
40
41
42
43
strukturiert ist und das Haus an der Grenze zum Außenbereich liegt, dürfte die
Schutzbedürftigkeit jedenfalls nicht höher anzusetzen sein (vgl. dazu die
obergerichtliche Rechtsprechung zu Windenergieanlagen, die als
Beurteilungsmaßstab die TA-Lärm heranzieht und zum Teil für Wohnhäuser, die an
den Außenbereich unmittelbar angrenzen, sogar gewisse Überschreitungen der
dort festgelegten Lärmrichtwerte für zulässig erachtet: OVG Münster NVwZ 1997,
924 f., NVwZ 1998, 980; NVwZ 1999, 1360; OVG Lüneburg NVwZ 1999, 445 f. und
1358 f.; OVG Greifswald NVwZ 1999, 1238 f.).
Die von der Beigeladenen vorgelegte Schallimmissionsprognose errechnet für das
Anwesen der Tochter der Antragstellerin einen Schallpegel von höchstens 36,3
dB(A). Das Gericht teilt die Befürchtung der Antragstellerin nicht, das es sich dabei
um ein unzutreffendes Gefälligkeitsgutachten zugunsten der Beigeladenen
handeln könnte. Soweit sich das Gericht in der Lage sieht, die zugrunde liegenden
Annahmen nachzuvollziehen, entspricht die gutachterliche Stellungnahme, die auf
der Schallimmissionsprognose des Baugenehmigungsverfahrens basiert, den
wissenschaftlich anerkannten Regeln und dem Stand der Technik (vgl. dazu die
technischen Ausführungen in dem Beschluss des OVG Lüneburg vom 18.12.1998,
NVwZ 1999, 446; vgl. ferner die Erkenntnis des OVG Lüneburg, mitgeteilt im Urteil
vom 21.07.1999, NVwZ 1999, 1359, dass moderne Windenergieanlagen mit einer
relativ hohen Nennleistung in der Lage sind, bei einem Schallleistungspegel von
rund 100 dB(A) und einem Abstand von ca. 300 m zu Wohnhäusern im
Außenbereich die nächtlichen Grenzwerte für diesen Bereich von 45 dB(A) nach
der TA-Lärm einzuhalten; vgl. ferner die Erfahrung des OVG Münster, mitgeteilt in
seinen Beschlüssen vom 23.01.1998, NVwZ 1998, 760, und 13.07.1998, NVwZ
1998, 981, wonach Anlagen von 500 kW bis 1,5 Megawatt bei höheren
Windgeschwindigkeiten als 8 m je Sekunde tatsächliche Schallleistungspegel von
103 bis 105 dB(A) erzeugen - zum Vergleich: die vorliegende Prognose basiert auf
einem Schallleistungspegel von 106 dB(A) - inklusive eines Sicherheitszuschlags
von 2 dB(A)).
Die vorgelegte Prognose bezieht sich auch auf den Typ von Windkraftanlage, den
die Beigeladene errichten lässt. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Textteil des
Gutachtens, sondern auch aus den Berechnungsbögen, auch wenn darin eine
andere Herstellerfirma genannt wird, aufgrund derselben Typenbezeichnung und
technischen Daten. Das Ergänzungsgutachten, das die Schallwerte ermittelt hat,
welche die Antragstellerin betreffen, führt außerdem als Hersteller die Firma E.
Wind auf, welche nach den Angaben der Beigeladenen die Produktpalette der
Firma T. nach deren Geschäftsaufgabe übernommen hat. Die Antragstellerin
verwechselt offenbar die Firma E. Wind mit der Firma E., deren Anlagen nicht zum
Vergleich herangezogen worden sind.
Im übrigen hat ein weiteres Sachverständigenbüro zwischenzeitlich Vermessungen
der vorgesehenen Anlagen vorgenommen, welche die in der
Schallimmissionsprognose angenommenen Ausgangswerte bestätigt haben. Die
Bedenken der Antragstellerin gegen die Richtigkeit des Gutachtens teilt das
Gericht nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass die Sachverständigen bei ihren
Schallmessungen Emissionen aus niedrigen Frequenzbereichen vernachlässigt
haben; viE.ehr haben sie in ihren Tabellen die Frequenzen mit der höchsten
ermittelten Tonhaltigkeit herausgestellt. Sie haben auch an zwei Standorten an
mehreren Tagen über Zeiträume von bis zu 10 Stunden naturgemäß bei
verschiedenen Rotorblattstellungen und Windgeschwindigkeiten, die mit zwischen 4
und 12 m/s angegeben werden, gemessen. Entscheidend für die Ermittlung des
Schallleistungspegels, der Ausgangspunkt der Immissionsprognose ist, ist nach
den technischen Richtlinien gerade nicht eine "praxisnahe mittlere
Windgeschwindigkeit am Landrücken", sondern eine standardisierte
Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe, die der Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe
entspricht, bei der 95 % der Nennleistung der Anlage erreicht werden (vgl. dazu
OVG Lüneburg, NVwZ 1999, 446).
Für die Richtigkeit der Prognose spricht ferner, dass der Antragsgegner zwar nicht -
wie von der Antragstellerin gefordert - selbst ein Gutachten in Auftrag gegeben
hat, jedoch die von der Beigeladenen vorgelegte Prognose dem Staatlichen
Umweltamt in Hanau zugeleitet hat, dass diese wiederum an das Hessische
Landesamt für Umwelt und Geologie, eine wissenschaftlich- technische
Informations-, Beratungs- und Untersuchungsstelle des Landes Hessen (vgl. § 2
Abs. 2 des Gesetzes zur Errichtung des Hessischen Landesamtes für Umwelt und
Geologie vom 23.12.1999 in der Fassung vom 29.12.2000), zur Überprüfung
gesandt hat, nach deren Abschluss vom Staatlichen Umweltamt keine Bedenken
44
45
46
47
48
gesandt hat, nach deren Abschluss vom Staatlichen Umweltamt keine Bedenken
gegen die Genehmigung des Windparks erhoben worden sind.
Das vorgelegte Schreiben der Eheleute R. aus S.-H., die sich durch
Windkraftanlagen in der Umgebung ihres Hauses in ihrer Lebensqualität stark
beeinträchtigt fühlen, vermag die Stichhaltigkeit der vorstehenden Erwägungen
nicht zu widerlegen, da weder die Zahl der dortigen Windkraftanlagen, noch der
dortige Anlagentyp, noch die Entfernung des Windparks zum Wohnhaus der
Familie, noch die topographischen Verhältnisse mitgeteilt wurden. Davon
abgesehen handelt es sich um subjektive Empfindungen, bei denen nicht außer
Acht gelassen werden darf, dass die Frage, wie lästig Lärm empfunden wird, stark
von der Einstellung der Betroffenen zu der Lärmquelle abhängt.
Zudem ist die Beigeladene durch die Baugenehmigung verpflichtet worden, nach
Inbetriebnahme der Windkraftanlagen Geräuschimmissionsmessungen von einer
nach § 26 BImSchG anerkannten Messstelle durchführen zu lassen, von der eine
neutrale Begutachtung zu erwarten ist. Sollten sich dabei Überschreitungen der
zulässigen Immissionsrichtwerte im Bereich von Wohnhäusern in der Umgebung
herausstellen, so wäre der Antragsgegner gehalten, durch geeignete Auflagen,
etwa zum zeitweiligen Abschalten der Anlagen, die Einhaltung der Richtwerte
sicherzustellen. Ob daneben die Auflage, die Windkraftanlagen nach dem neuesten
Stand der Technik nicht nur zu errichten, sondern auch zu betreiben und zu
unterhalten, ausreichend bestimmt ist, kann dahinstehen, da die Antragstellerin
keinen einklagbaren Anspruch darauf hat, dass die Baugenehmigung objektiv in
jeder Hinsicht rechtmäßig ist, sondern sich mit Aussicht auf Erfolg nur gegen
schädliche Umwelteinwirkungen zur Wehr setzen kann, denen sie ausgesetzt wird
oder ist, wovon bei den hier in Rede stehenden Entfernungen nicht gesprochen
werden kann.
Auch die zwischenzeitlich unstreitigen Abweichungen von der Baugenehmigung bei
der Errichtung des Windparks werden nicht zu einer unzumutbaren
Beeinträchtigung der Antragstellerin führen. Bei der Windkraftanlage Nr. 2 handelt
es sich um eine Verschiebung in südlicher Richtung, die für die Antragstellerin nur
günstig sein kann. Die Windkraftanlage Nr. 5 wurde lediglich um 3 m in Richtung
Nordosten verschoben und ist überdies vom Wohnhaus der Antragstellerin
ungefähr 1700 m entfernt. Die Windkraftanlage Nr. 3 wurde zwar um 50 m nach
Norden versetzt, doch ist sie mit ungefähr 1950 m am weitesten vom Wohnhaus
der Antragstellerin entfernt, so dass eine nennenswerte Erhöhung des für das
Anwesen ihrer Tochter errechneten Gesamtschallpegels nicht denkbar erscheint.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der Antragstellerin kein Anspruch auf
Einschreiten des Antragsgegners wegen eines objektiven Verstoßes gegen die
Baugenehmigung zustehen kann, solange damit keine Verletzung ihrer
subjektiven Rechte einhergeht.
Was von der Antragstellerin befürchtete Gesundheitsgefahren durch Infraschall
anlangt, so sind diese noch weitgehend unerforscht. Wie sich aus den von ihr
vorgelegten Informationen dazu ergibt, steht bis heute weder standardmäßige
Messtechnik noch ein standardisiertes Messverfahren zur Bestimmung und
Bewertung von Infraschall zur Verfügung. Die Kausalitätsbeziehung zwischen
Infraschall und bestimmten Gesundheitsstörungen ist wissenschaftlich nicht
abgeklärt. Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom
17.02.1997 (NJW 1997, 2509) entschieden hat, ist es nicht Aufgabe der Gerichte,
ungesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen mit den Mitteln des Prozessrechts
zum Durchbruch zu verhelfen. Vor allem aber liegen angesichts des niedrigen
Pegels des hörbaren Schalls am Anwesen der Tochter der Antragstellerin keine
Anhaltspunkte dafür vor, dass der Infraschall hier einen Pegel in
gesundheitsgefährdender Höhe erreichen könnte.
Die der Baugenehmigung zugrundeliegende Schattenwurfanalyse zeigt für einen in
derselben Richtung, aber erheblich näher an dem Windpark gelegenen
untersuchten Einwirkungspunkt eine Schattenbildung von insgesamt zwei Stunden
und vierzig Minuten im Jahr auf, eine Einwirkungszeit, die so gering ist, dass sie
nicht als unzumutbar betrachtet werden kann (vgl. dazu die Entscheidung des
OVG Münster vom 22.10.1996, NVwZ 1997, 925, in der eine Schattenwirkung auf
den 170 bis 200 m entfernten Grundstücken der dortigen Antragsteller, die
während sieben Monaten eines jeden Jahres bis zu zwei Stunden täglich zu
beobachten ist, als vermutlich unzumutbar qualifiziert wird). Bei der genannten
geringen Einwirkungszeit ist noch nicht berücksichtigt, dass es sich dabei lediglich
um einen diffusen Halbschatten mit einem Verdeckungsgrad von 32 % handelt
49
50
51
52
53
54
um einen diffusen Halbschatten mit einem Verdeckungsgrad von 32 % handelt
und nur während eines kleineren Teils des Jahres die notwendigen
Wetterverhältnisse und sonstigen Bedingungen vorliegen werden, die diese
Schattenbildung erst ermöglichen, so dass die tatsächliche Einwirkungszeit
erfahrungsgemäß bei maximal 48 Minuten im Jahr liegen dürfte und die noch
weiter entfernt wohnende Antragstellerin sogar noch weniger belästigt werden wird.
Die von der Antragstellerin eingereichte Sichtbarkeitsstudie weist zwar darauf hin,
dass von Herbst bis Frühjahr um die Mittagszeit Schlagschatten das Anwesen ihrer
Tochter erreichen könnten. Doch ist diese Aussage so pauschal gehalten, dass
daraus zum einen die - offenbar nicht als sicher erachtete, sondern nur für möglich
gehaltene - Beeinträchtigung der Antragstellerin und deren Intensität nicht
deutlich wird und zum anderen die substantiierteren Aussagen des von der
Bauherrin eingeholten Gutachtens nicht als entkräftet betrachtet werden können.
Was die Abweichung der tatsächlichen Standorte von drei Windkraftanlagen
gegenüber den genehmigten anlangt, so kann angesichts der großen Entfernung
zum Wohnhaus der Antragstellerin und der errechneten geringen
Schattenwurfwerte eine unzumutbare Belästigung der Antragstellerin durch diesen
Umstand ausgeschlossen werden.
Zu der Befürchtung der Antragstellerin, dass sie durch ständiges Blinkfeuer der
von der Flugsicherheit angeordneten Gefahrfeuerleuchten gestört werden könnte,
hat die Beigeladene eine sachverständige Stellungnahme vorgelegt, aus der sich
schließen lässt, dass diese Lichtsignale nur im Nahbereich von ca. 150 m, nicht
aber am Wohnort der Antragstellerin sichtbar sein werden.
Die Antragstellerin hält dem eine von ihr eingeholte Äußerung eines anderen
Experten entgegen, der diese Berechnung - mit polemischen Formulierungen - in
Zweifel zieht, ohne allerdings selbst das Ausmaß einer etwaigen Beeinträchtigung
der Antragstellerin nachvollziehbar darzulegen. Da in der vom Gericht
ausgewerteten bundesweiten Rechtsprechung zu Windkraftanlagen dieses Problem
im Gegensatz zu den anderen von der Antragstellerin vorgebrachten
Befürchtungen nicht thematisiert wird, geht das Gericht davon aus, dass es von
untergeordneter Bedeutung ist, auch wenn nicht übersehen werden darf, dass die
in Streit befindlichen Anlagen - abhängig von ihrer Höhe und ihrem Standort -
sicher nicht alle mit Gefahrfeuerleuchten ausgestattet werden mussten. Bedenkt
man zudem die Entfernung der Wohnung der Antragstellerin zu dem Windpark, die
Topographie, den Abstrahlwinkel der Leuchten nach oben und die Tatsache, dass
derartige Lichtsignale vor allem nachts, wenn sich die Antragstellerin nicht im
Freien aufhält, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, steht eine erhebliche
Belästigung der Antragstellerin nicht zu vermuten.
Soweit in dem von der Antragstellerin vorgelegten Kurzgutachten darauf
hingewiesen wird, dass Lichtreflexe, die von den Rotorblättern ausgehen, auch im
Sommer nicht auszuschließen seien, ist auch diese Aussage zu pauschal, um den
möglichen Grad der Beeinträchtigung der Antragstellerin aufzuzeigen. überdies
räumt das Gutachten ein, dass eine geeignete Beschichtung der Blätter diesen
Effekt minimieren könne. Dementsprechend wurde der Bauherrin mit dem
naturschutzrechtlichen Bescheid vom 29.03.2001 aufgegeben, die
Windkraftanlagen einschließlich der Rotoren in der Farbe Lichtgrau anzulegen, um
eine mögliche Blendwirkung gering zu halten. Angesichts der Entfernung des
Wohnhauses der Antragstellerin zu dem Windpark hält das Gericht deshalb eine
erhebliche Belästigung durch diesen sogenannten Disco-Effekt für
unwahrscheinlich (ebenso OVG Schleswig, Beschluss vom 20.05.1992, NUR 1994,
149).
Was die von der Antragstellerin befürchtete visuelle Beeinträchtigung durch die
Allgegenwärtigkeit der Windkraftanlagen und ihre möglicherweise irritierende
Bewegung betrifft, ist festzustellen, dass der Antragstellerin insoweit kein
Abwehranspruch zustehen kann. Nachbarschutz gegen optisch bedrängende
Wirkungen einer baulichen Anlage gewährt allein das Baurecht. Wie bereits
ausgeführt wurde, kann sich die Antragstellerin darauf jedoch nicht berufen, weil
nicht sie, sondern ihre Tochter Eigentümerin des Wohnhauses und damit
Nachbarin im baurechtlichen Sinne ist. Der angesprochene Effekt zählt nicht zu
den schädlichen Umwelteinwirkungen, vor denen das Bundes-
Immissionsschutzgesetz schützt (vgl. § 3 Abs. 2 BImSchG - insbesondere ist er
nicht den dort genannten physikalischen Umwelteinwirkungen ähnlich). Der
verfassungsrechtliche Gesundheitsschutz aus Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG kann der
55
56
57
58
59
60
verfassungsrechtliche Gesundheitsschutz aus Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG kann der
Antragstellerin erst zugute kommen, wenn ihr konkrete Gesundheitsgefahren
drohen (vgl. Kopp/Schenke aaO § 42 Rdnr. 97 m.w.N.). Eine bedrängende Wirkung
des Windparks - so sie unter den gegebenen Umständen, d. h. insbesondere der
Topographie und der Entfernung, überhaupt vorstellbar ist - mag das Wohlbefinden
stören, wird aber kaum zu einem Gesundheitsschaden führen können.
Auch eine Minderung des Verkehrswerts des Anwesens könnte - wenn überhaupt -
nur die Tochter der Antragstellerin als Eigentümerin geltend machen.
Schließlich ist auch das Vorbringen, im Baugenehmigungsverfahren sei eine
förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterblieben, nicht geeignet,
eine nachbarrechtsrelevante Rechtsverletzung darzutun (OVG Münster, Beschluss
vom 04.11.1999 - 7 B 1339/99 -).
Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass das Gericht vorliegend nicht zu
prüfen hat, ob der Antragsgegner bei seiner Entscheidung natur- und
landschaftsschutzrechtliche Aspekte ausreichend und zutreffend berücksichtigt
hat, da der Antragstellerin aus einer etwaigen Verletzung dieser öffentlichen
Belange kein nachbarlicher Abwehranspruch erwachsen kann.
In Anbetracht dessen, dass der Widerspruch der Antragstellerin voraussichtlich
erfolglos bleiben wird und der Beigeladenen bei längerem Zuwarten mit der
Realisierung des Windparks finanzielle Mehrbelastungen und Einbußen in
beträchtlicher Höhe entstehen werden, und unter Berücksichtigung des
öffentlichen Interesses an regenerativer Energieerzeugung, ist der Eilantrag
abzulehnen. Das Gericht hat dabei auch in die Abwägung eingestellt, dass für den
Fall, dass sich eine der von dem Windpark ausgehenden Wirkungen gegenüber den
Anwohnern wider Erwarten als rücksichtslos erweisen sollte, wenn die Anlagen in
Betrieb gegangen sind, dies im Hauptsacheverfahren - und ggf. in einem weiteren
Eilverfahren - immer noch korrigiert werden kann, ohne dass der Antragstellerin
dauerhafte Rechtsverluste erwachsen. Mit dem - notfalls gerichtlich
durchgesetzten - dauerhaften oder zeitweisen Abschalten einzelner oder aller
Anlagen wäre dem Anliegen der Antragstellerin, soweit es rechtlich geschützt ist
und nicht den Schutz der Landschaft oder ähnlicher rein öffentlicher Belange zum
Inhalt hat, Genüge getan.
III. Da die Antragstellerin unterlegen ist, hat sie die Kosten des Verfahrens zu
tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO) und auch die außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen zu erstatten, die durch ihre Antragstellung ein eigenes Kostenrisiko
eingegangen ist ( § 162 Abs. 2 VwGO).
Bei der Streitwertfestsetzung hat sich das Gericht an dem Streitwertkatalog der
Verwaltungsgerichtsbarkeit aus dem Jahr 1996 orientiert, wo für Nachbarklagen
von Privatleuten im Abfallrecht, Atomrecht und Immissionsschutzrecht ein
Streitwert von 20.000,-- DM zugrunde gelegt wird. Angesichts des
Investitionsvolumens und der geltend gemachten Umweltbeeinträchtigungen
erscheint dem Gericht dieser Betrag angemessener als der ansonsten für
baurechtliche Nachbarklagen, die sich in der Regel gegen einzelne Gebäude
richten, angesetzte Wert von 10.000,-- DM. Im Hinblick auf die Vorläufigkeit der
begehrten Entscheidung hat das Gericht jedoch den Streitwert von 20.000,-- DM
für das Hauptsacheverfahren um die Hälfte reduziert, mithin auf 5.112.91 EURO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.