Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 13.12.2002

VG Frankfurt: ausschreibung, amt, erlass, hauptsache, bekanntgabe, quelle, fernschreiben, beförderung, konkurrent, anhörung

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Gericht:
VG Frankfurt 9.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 G 3374/02
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 8 Abs 1 BG HE, § 19 Abs 2 S
1 Nr 4 BG HE, § 10 Abs 1 S 1
GleichstG HE, Art 33 Abs 2 GG
Besetzung einer höherwertigen Stelle
Leitsatz
Voraussetzungen, ein Auswahlverfahren auf interne Bewerber zu beschränken.
Tenor
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die
Stelle eines Leiters des Kommissariats Eigentumsdelikte bei der Polizeidirektion
Wetterau, ausgeschrieben durch Fernschreiben des Polizeipräsidiums Mittelhessen
Nr. 4124 vom 21. Februar 2002, bis zum Ablauf von 2 Wochen nach Bekanntgabe
einer neuen Auswahlentscheidung an den Antragsteller mit einem anderen
Bewerber als dem Antragsteller zu besetzen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.479,37 € festgesetzt.
Gründe
Das Begehren des Antragstellers, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen
Anordnung vorläufig die Besetzung der Stelle eines Leiters des Kommissariats
Eigentumsdelikte bei der Polizeidirektion Wetterau im Bereich des
Polizeipräsidiums Mittelhessen entsprechend der Ausschreibung Nr. 4124 vom 21.
Februar 2002 zu untersagen, ist statthaft und hat auch in der Sache Erfolg, da der
Antragsteller sowohl einen Anordnungsgrund wie auch einen Anordnungsanspruch
glaubhaft gemacht hat.
Ein Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegt nur dann
vor, wenn bei Nichtergehen der beantragten einstweiligen Anordnung ein
Rechtsverlust des Antragstellers droht oder aber die spätere Durchsetzung seiner
Rechte im Hauptsacheverfahren wesentlich erschwert würde oder sonst
unzumutbare Nachteile durch die Hinauszögerung des Rechtsschutzes in der
Hauptsache entstünden. Im vorliegenden Fall beabsichtigt der Antragsgegner die
Besetzung einer Stelle, die laut Ausschreibung mit einem Amt der
Besoldungsgruppe A 12 bewertet ist, also im Verhältnis zum derzeit vom
Antragsteller bekleideten Amt höherwertig ist, da er bislang nur ein Amt der
Besoldungsgruppe A 11 erreicht hat. Es ist in der Rechtsprechung der Kammer wie
des HessVGH anerkannt, dass die Vergabe eines höherwertigen Dienstpostens
selbst dann für einen Anordnungsgrund ausreicht, wenn die Beförderung noch
nicht konkret absehbar ist. Wer immer den ausgeschriebenen Dienstposten
erhalten wird, erwirbt laufbahnrechtlich die Möglichkeit, sich auf einem
höherwertigen Dienstposten zu bewähren und damit die
Beförderungsvoraussetzung des § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 HBG nachzuweisen. Damit
kann jeder Konkurrent des Antragstellers Vorteile erreichen, die später nicht oder
jedenfalls nicht mehr angemessen ausgeglichen werden können. Zudem ist in der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass die tatsächliche
erfolgreiche Tätigkeit auf einem höherbewerteten Dienstposten auch dann
laufbahnrechtlich wie eignungsmäßig positiv zu berücksichtigen ist, wenn der
Dienstposten in rechtswidriger Weise übertragen sein sollte, z. B. wegen
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Dienstposten in rechtswidriger Weise übertragen sein sollte, z. B. wegen
Verletzung personalvertretungsrechtlicher Beteiligungsvorschriften oder sonstiger
Verfahrensanforderungen. Folglich ist im vorliegenden Fall vom Bestehen eines
Anordnungsgrundes auszugehen.
Das vom Antragsgegner durchgeführte Auswahlverfahren erweist sich hinsichtlich
der Behandlung des Antragstellers als fehlerhaft. Sein Anspruch auf ein
chancengleiches Auswahl- und Stellenbesetzungsverfahren, wie er sich aus Art. 33
Abs. 2 GG, Art. 134 HV in Verbindung mit § 8 Abs. 1 HBG, § 10 Abs. 1 S. 1 HGlG
ergibt, ist nicht ordnungsgemäß erfüllt worden. Die Bewerbung des Antragstellers
wurde unter Hinweis auf eine fehlende besetzbare Planstelle abgelehnt, ohne dass
er überhaupt in das weitere Auswahlverfahren einbezogen wurde. Dies hält einer
rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Der Antragsgegner hat nicht glaubhaft machen können, dass sich die
Planstellensituation im Bereich des Polizeipräsidiums Mittelhessen im Zeitpunkt
der Bewerbungsablehnung oder heute so darstellt, dass keine externen
Bewerbungen berücksichtigt werden können. So wurden Anfang August 2002, also
noch vor der Bewerbungsablehnung Beamte vom Polizeipräsidium Frankfurt am
Main an das Polizeipräsidium Mittelhessen versetzt, ohne dass damals offenbar
ein Planstellenmangel bestand. Dabei spielt es keine Rolle, welche Wertigkeit die
durch Versetzungen zum damaligen Zeitpunkt besetzten Stellen hatten. Der
Antragsgegner hat nämlich geltend gemacht, er sei durch ministeriellen Erlass
gehalten, Planstellen zur Einstellung von Wachpolizisten freizuhalten, und zwar
auch solche höherer Wertigkeiten, als sie für diese Einstellungen erforderlich seien.
Da für die Einstellungen allerdings nur Planstellen aus dem Bereich des mittleren
Dienstes benötigt werden, kann nach Darstellung des Antragsgegners über die
verbliebenen höherwertigen Ämter wenigstens noch intern verfügt werden. Ist dies
der Fall, so kann nicht nachvollzogen werden, wieso durch Versetzungen in den
Bereich des Polizeipräsidiums Mittelhessen hinein gerade Planstellen mit
Wertigkeiten vergeben wurden, die für eine Einstellung von Wachpolizisten
geeignet waren und ihrer Wertigkeit den Maßgaben des mittleren Dienstes
entsprachen. Dadurch dass sich der Antragsgegner nun zur Hereinnahme von
Beamten des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main entschlossen hat, anstatt die
Stellen für Wachpolizisten vorzuhalten, hat er sich zugleich - seine weitere
Darlegung einmal zugrunde gelegt - selbst die Möglichkeit genommen, die
Bewerbung des Antragstellers noch berücksichtigen zu können. Vor dem
Hintergrund der bereits im Februar 2002 erfolgten Ausschreibung hätte dies
näherer Darlegung bedurft, handelt es sich doch beim Antragsteller ebenfalls um
einen Versetzungsbewerber, auch wenn gleichzeitig noch der Zugang in
höherwertiges Amt angestrebt wird.
Der Antragsgegner kann sich nicht darauf berufen, die Ausschreibung sei
vorbehaltlich weiterer Personalmaßnahmen erfolgt und zudem vom Fortbestand
der haushaltsrechtlichen Voraussetzungen abhängig. Ist aufgrund entsprechender
nachträglich eintretender Änderungen eine Beschränkung des Kreises von
Bewerbern erforderlich, so bedarf dies einer sachgerechten Ermessenserwägung,
insbesondere soweit im engen zeitlichen Zusammenhang einerseits externe
Bewerber berücksichtigt werden, andere wie der Antragsteller dagegen lediglich
unter Hinweis auf einen - selbst mitverursachten - Planstellenmangel abgelehnt
werden.
In diesem Zusammenhang kommt der Objektivierung der Personalplanung im
Vorfeld der jeweiligen personellen Einzelmaßnahmen eine besondere Bedeutung
zu, da zur Personalplanung auch die Personalbeschaffungsplanung gehört, was
wiederum die Festlegung der Kriterien einschließt, die zur Bestimmung des jeweils
für bestimmte Personalmaßnahmen in Betracht kommenden Personenkreises
führen. Die Personalplanung ist jedenfalls in diesen Teilaspekten notwendiger
Gegenstand einer vorherigen Anhörung des Personalrats nach § 81 Abs. 3 S. 3
HPVG wie der ihr vorausgehenden Mitwirkung der Frauenbeauftragen nach § 18
Abs. 1 HGlG. Für die Einhaltung dieser Vorschriften lässt sich den Aktenvorgängen
und dem Vortrag des Antragsgegners im gerichtlichen Verfahren nichts
entnehmen.
Der Antragsgegner wird daher die Bewerbung des Antragstellers in das noch nicht
abgeschlossene Auswahlverfahren einbeziehen müssen oder dieses nach einem
Stand wiederaufnehmen müssen, der eine sachgerechte Einbeziehung des
Antragstellers zur Wahrung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs erlaubt.
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Da der Antragsgegner unterliegt, hat er gem. § 154 Abs. 1 VwGO die
Verfahrenskosten zu tragen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 4 GKG (Endgrundgehalt
A12 X 6,5, davon 1/4 im Hinblick auf die Vorläufigkeit der Entscheidung).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.