Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 28.10.2004

VG Frankfurt: aufenthaltserlaubnis, lebensgemeinschaft, recht der europäischen union, scheinehe, freizügigkeit der arbeitnehmer, anschrift, gemeinsamer wohnsitz, getrennt leben, verordnung, haus

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Gericht:
VG Frankfurt 1.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 E 6873/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 6 EWGAssRBes 1/80, § 7
AufenthEWGG, EWGV 1612/68
Scheinehe
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 24.06.2003 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidenten Darmstadt vom 06.11.2003
wird aufgehoben und die Beklagte wird verpflichten, die Aufenthaltserlaubnis des
Klägers zu verlängern.
Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. Die Zuziehung eines
Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe der vollstreckbaren Kostenschuld abzuwenden, wenn nicht zuvor der Kläger
in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er reiste am 20.03.1992 in die
Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 15.04.1992 seine
Anerkennung als Asylberechtigter. Sein Asylantrag wurde mit Bescheid des
Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29.07.1992
abgelehnt. Die erhobene Klage wurde durch Urteil des Verwaltungsgerichtes
Kassel vom 08.06.1994 abgewiesen.
Unter dem 07.04.1995 stellte der Kläger einen Asylfolgeantrag. Dieser wurde mit
Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom
07.08.1995 abgelehnt. Eine erhobene Klage nahm der Kläger zurück.
Am 28.08.1996 heiratete der Kläger die spanische Staatsangehörige S. und
beantragte am 03.03.1997 unter Hinweis auf die Eheschließung die Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis.
Nachdem der Kläger und seine Ehefrau am 26.07.1997 gegenüber der
Ausländerbehörde des seinerzeit zuständigen Main-Kinzig-Kreises
übereinstimmend erklärt hatten, dass sie in ehelicher Lebensgemeinschaft leben
erteilte der Landrat des Main-Kinzig-Kreises dem Kläger trotz bestehender
Bedenken gegen das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft am
11.07.1997 eine bis zum 10.07.1998 befristete Aufenthaltserlaubnis-EG, die am
03.07.1998 bis zum 02.07.1999 verlängert wurde.
Am 16.06.1999 beantragte der Kläger die Verlängerung seiner
Aufenthaltserlaubnis.
Mit Verfügung vom 24.06.2003 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf
Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis ab, stellte fest, dass der Kläger
unverzüglich, spätestens jedoch 3 Monate nach Zustellung der Entscheidung die
Bundesrepublik Deutschland zu verlassen habe. Für den Fall der Nichtbefolgung
der Ausreiseverpflichtung wurde ihm die Abschiebung in die Türkei angedroht. Zur
der Ausreiseverpflichtung wurde ihm die Abschiebung in die Türkei angedroht. Zur
Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, zwischen dem Kläger und seiner
Ehefrau habe eine eheliche Lebensgemeinschaft nie bestanden. Von der
Rücknahme der zu Unrecht erteilten befristeten Aufenthaltserlaubnisse-EG sei aus
Ermessensgründen abgesehen worden, da aus diesen Aufenthaltserlaubnissen ein
weitergehendes Aufenthaltsrecht nicht entstanden sei. Der Kläger als Ehemann
einer spanischen Staatsangehörigen könne aus Art. 10 Abs. 1 a Verordnung
1612/98 keine Rechte für sich herleiten, da zwischen ihm und seiner Ehefrau eine
eheliche Lebensgemeinschaft nie bestanden habe. Die Ehe sei allein geschlossen
worden, um ein Aufenthaltsrecht zu erlangen. Der Kläger habe nie mit seiner
Ehefrau zusammengelebt. Zwar seien der Kläger und seine Ehefrau gemeinsam
polizeilich gemeldet. Ermittlungen hätten jedoch ergeben, dass ein gemeinsamer
Wohnsitz nicht bestehe und auch in der Vergangenheit nicht bestanden habe.
Bereits bei der ersten Beantragung der Aufenthaltserlaubnis habe der Verdacht
bestanden, dass eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht bestehe. Nach einer
Mitteilung des Meldeamtes Großkrotzenburg vom 23.06.1997 sei die Ehefrau des
Klägers dort als lesbische Frau bekannt, die mit ihrer Lebensgefährtin in Hanau
eine Gaststätte betreibe. Mit ihrem türkischen Ehemann sei sie von Mitarbeitern
des Meldeamtes nie gesehen worden. Die daraufhin durchgeführten Ermittlungen
der Polizeistation Hanau-Großauheim hätten ergeben, dass ein Briefkasten und
ein Klingelschild mit dem Familiennamen des Klägers im Anwesen T-Straße ..., der
Meldeadresse nicht existiert habe. Die Wohnung sei mehrmals aufgesucht worden.
Dabei sei allein die Ehefrau angetroffen worden. Nach Auskunft von
Hausbewohnern habe die Ehefrau des Klägers allein in der Wohnung gelebt. Dies
sei auch von dem Hausmeister bestätigt worden. Nach dem ein Hinweis
eingegangen sei, dass der Kläger für 20.000,- DM seine Ehefrau geheiratet habe
und die Ehefrau unter der Anschrift ... und der Kläger unter der Anschrift ...
wohnhaft sei, seien weitere Ermittlungen angestellt worden. Am 30.09.1998 habe
sich der Kläger schließlich gemeinsam mit seiner Ehefrau unter der Anschrift ...
angemeldet. Nach den Ermittlungen der Polizei sei unter der Anschrift ... eine
eheliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau nicht
geführt worden. Bei einer polizeilichen Kontrolle am 12.01.1999 sei lediglich die
Nichte des Klägers zugegen gewesen, die angegeben habe, dass der Kläger in
dieser Wohnung lebe und derzeit in der Türkei Urlaub mache. Befragt nach
Mitbewohnern habe sie den Namen der Ehefrau des Klägers nicht genannt. Da die
Ehefrau des Klägers nicht mehr unter der Anschrift G-Stadt, T-Straße 56 wohnhaft
gewesen sei und auch nicht in der B-Straße 5 habe festgestellt werden können,
seien die Eltern der Ehefrau aufgesucht worden. Die Eltern hätten erklärt, dass ihre
Tochter in L wohne. Eine Nachfrage bei dem Arbeitgeber der Ehefrau habe
ergeben, dass die Ehefrau in L wohne und unter einer Telefonnummer mit der
Ortsvorwahl von L erreichbar sei. Auf Befragen habe die Ehefrau des Klägers
angegeben, dass sie bei ihrem Ehemann wohne und nur gelegentlich in L bei ihrer
Bekannten E. zu Besuch sei. Diese Angaben seien von der Bekannten der Ehefrau
bestätigt worden. Eine Befragung von Nachbarn habe jedoch ergeben, dass Frau E
und die Ehefrau des Klägers in lesbischer Gemeinschaft lebten. Bei einer erneuten
Überprüfung der Meldeanschrift B-Straße 5 sei der Kläger sowie dessen Nichte und
deren Ehemann angetroffen worden. Der Ehemann habe angegeben, dass seine
Ehefrau sich bei ihren Eltern in G-Stadt befinde. Die daraufhin aufgesuchten Eltern
der Ehefrau hätten angegeben, dass ihre Tochter höchstens einmal im Jahr nach
Hause komme und sie sie seit langer Zeit nicht mehr gesehen hätten. Sie seien
sich sicher, dass ihre Tochter nicht verheiratet sei. Ein Freund oder Ehemann
hätten sie noch nie gesehen. Am 13.04.1999 sei daraufhin das Anwesen L, M-
Straße 29 erneut aufgesucht worden. Die Wohnung sei von der Ehefrau des
Klägers geöffnet worden. Sie habe angegeben, dass sie sich nur vorübergehend in
M aufhalte und auf das Kind von Frau E. aufpasse. Am 15.02.2001 hätten sich der
Kläger und seine Ehefrau unter der Anschrift F-Straße 5 in H angemeldet.
Ermittlungen auch unter dieser Anschrift hätten ergeben, das dort eine eheliche
Lebensgemeinschaft nicht geführt werde. Bei einem Besuch der Polizei sei die
Wohnung nicht geöffnet worden. Eine Nachbarschaftsbefragung habe ergeben,
dass in dieser Wohnung sich keine Frau dauerhaft aufhalte. Der Kläger erhalte nur
sehr sporadisch Besuch von einer Frau. Seit dem 23.02.2001 sei die Ehefrau des
Klägers mit Zweitwohnsitz in L, F-Straße 4 gemeldet. Ermittlungen hätten ergeben,
dass der Pkw der Ehefrau fast ständig vor dem Haus parke und davon auszugehen
sei, dass die Ehefrau sich ständig am Zweitwohnsitz aufhalte. Schließlich werde die
Vermutung, dass eine eheliche Lebensgemeinschaft nie geführt worden sei, auch
durch den bisherigen Werdegang des Klägers im Bundesgebiet gestützt. Nach
erfolglosem Asylantrag unter verschiedenen Personalien sei ein neuer Asylantrag
gestellt worden, der nach der Eheschließung zurückgenommen worden sei.
Schließlich werde die Annahme der Scheinehe auch dadurch gestützt, dass sich
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Schließlich werde die Annahme der Scheinehe auch dadurch gestützt, dass sich
die Ehefrau des Klägers geweigert habe, an einer getrennten Befragung
teilzunehmen. Schließlich liege der Behörde ein Hinweis vor, dass der Kläger die
Ehe für 20.000,- DM geschlossen habe. Der Hinweisgeber habe Name und
Anschrift genannt. Auch die sonstigen Angaben des Hinweisgebers hätten sich als
zutreffend erwiesen. Da zwischen dem Kläger und seiner spanischen Ehefrau
lediglich eine Scheinehe bestehe, habe der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung
bzw. auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis-EG. Auch nach nationalem
Recht stehe dem Kläger kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu.
Da zwischen dem Kläger und seiner spanischen Ehefrau eine eheliche
Lebensgemeinschaft nicht geführt werde, scheide ein Anspruch aus §§ 18 Abs. 1,
18 Abs. 1 AuslG aus. Ein eigenständiges Aufenthaltsrecht habe der Kläger nicht
erlangt, die eheliche Lebensgemeinschaft habe zwar formal 7 Jahre bestanden, sie
sei jedoch nicht geführt worden. Auch die Voraussetzungen der Härtefallklausel
seien nicht gegeben. Schließlich ergebe sich auch aufgrund des Beschlusses Nr.
1/80 des Assoziierungsabkommens zwischen EWG und der Türkei kein Anspruch
des Klägers. Der Kläger sei nicht ordnungsgemäß beschäftigt i.S.v. Art. 6 S. 1 1.
Spiegelstrich. Der Kläger habe die Aufenthaltserlaubnis aufgrund einer Täuschung
über das Führen einer ehelichen Lebensgemeinschaft erlangt.
Beschäftigungszeiten nach Erlangen einer Aufenthaltserlaubnis, die dem
türkischen Staatsangehörigen nur aufgrund einer Täuschung erteilt worden seien,
könnten nicht als ordnungsgemäße Beschäftigung anerkannt werden.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 22.07.2003 Widerspruch ein, der mit
Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 22.07.2003
zurückgewiesen wurde. Eine eheliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger
und seiner Ehefrau sei zu keinem Zeitpunkt geführt worden. Im Hinblick hierauf
habe der Kläger weder ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 19 AuslG
erlangt noch stehe ihm ein Aufenthaltsrecht aufgrund der Vorschriften des Art. 10
Abs. 1 a Verordnung 1612/68 des Rates und nach den Vorschriften des
Beschlusses Nr. 1/80 des ARB zu.
Der Kläger hat am 25.11.2003 Klage erhoben, mit der er die Verlängerung seiner
Aufenthaltserlaubnis erstrebt. Er trägt vor, ihm stehe bereits unabhängig vom
derzeitigen Bestand einer ehelichen Lebensgemeinschaft mit seiner spanischen
Ehefrau aufgrund des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziierungsabkommens
zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei zu. Der Kläger
stehe seit 1994 ununterbrochen in einem Beschäftigungsverhältnis der mit der
Firma ... . Da der Kläger mindestens vom 11.07.1997 bis 02.07.1999 im Besitz
einer befristeten Aufenthaltserlaubnis gewesen sei, habe er in diesem Zeitraum
eine ordnungsgemäße Beschäftigung i.S.d. Art. 6 Abs. 1 1.Spiegelstrich ARB Nr.
1/80 ausgeübt. Für ein Aufenthaltsrecht nach dieser Vorschrift, komme es auf den
derzeitigen Bestand der Ehe nicht an. Darüber hinaus könne sich der Kläger auch
auf Art. 6 S. 1 3. Spiegelstrich ARB berufen, da er weiterhin eine ordnungsgemäße
Beschäftigung ausübe. Entgegen der Annahme der Beklagten lebe er mit seiner
spanischen Ehefrau in ehelicher Lebensgemeinschaft. Daraus, dass die Ehefrau
des Klägers nie unter der polizeilichen Meldeanschrift der gemeinsamen Adresse
habe angetroffen werden können, jedoch regelmäßig unter der Adresse ihrer
angeblichen lesbischen Lebensgefährtin, könne nicht geschlossen werden, dass
der Kläger und seine Ehefrau keine eheliche Lebensgemeinschaft führten. Es treffe
zu, dass die Ehefrau des Klägers viel Zeit mit Frau E verbringe dies beruhe darauf,
dass die Ehefrau des Klägers gemeinsam mit Frau E die Gaststätte K in Hanau
betreibe und aufgrund der extremen Arbeitszeit in der Gastronomiebranche viel
Zeit mit Frau E, der sie freundschaftlich verbunden sei, verbringe und nur selten
mit ihrem Ehemann gesehen werde. Die Ehefrau des Klägers könne aber
bestätigen, dass sie seit der Eheschließung mit dem Kläger in ehelicher
Gemeinschaft gelebt habe und lebe.
Auch im Umfeld des Ehepaares könnten zahlreiche Zeugen ein Zusammenleben
des Klägers mit seiner Ehefrau in ehelicher Lebensgemeinschaft bestätigen.
Des weiteren könne auch der Hausmeister des Hauses in der B-Straße, in der sie
früher gelebt haben sowie der frühere Hausmeister des Hauses in der F-Straße
betätigen, dass die Eheleute in ehelicher Gemeinschaft in diesem Haus lebten
(Beweis: Hausmeister Herr M, seit Anfang 2001 Herrn Y, ..., Herr A, ...)). Schließlich
könnten weitere Zeugen für die Zeit von April 2003 bis März 2004 bestätigen, dass
sie den Kläger regelmäßig unter seiner Wohnanschrift abgeholt hätten und hierbei
auch gelegentlich die Ehefrau des Klägers angetroffen hätten (Beweis: Herr O, ...).
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Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 24.06.2003 sowie den Widerspruchsbescheid
des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 06.11.2003 aufzuheben und die
Beklagte zu verpflichten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen bzw. zu
verlängern.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf den Inhalt der ergangenen Entscheidung.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen S., W. sowie
der Zeugen E. und K.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die
Verhandlungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 24.06.2003
in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Darmstadt
vom 06.11.2003 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der
Kläger hat einen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis.
Der Kläger hat sowohl nach § 7 des Gesetzes über Einreise und Aufenthalt von
Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten der Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft (Aufenthaltsgesetz-EWG) in der Fassung der
Bekanntmachung vom 31.01.1980 (BGBl. I, S. 116), als auch nach Art. 6 des
Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei über die Entwicklung der
Assoziation einen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis.
Nach § 7 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes-EWG wird Familienangehörigen auf
Antrag eine Aufenthaltserlaubnis-EG erteilt, wenn die Person, deren
Familienangehörige sie sind, eine Aufenthaltserlaubnis-EG besitzt und ihr eine
Wohnung für sich und ihre Familienangehörigen zur Verfügung steht, die dem am
Aufenthaltsort geltenden Maßstäben für die Angemessenheit einer Wohnung
entspricht. Der Begriff der Familienangehörigen ist in § 1 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz-
EWG dahin näher konkretisiert, dass zu den Familienangehörigen der Ehegatte
gehört. Mit dieser gesetzlichen Regelung wird der unmittelbar geltenden Vorschrift
des Art. 10 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15.10.1968 über die
Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft Rechnung getragen.
Darin heißt es, dass bei dem Arbeitnehmer, der die Staatsangehörigkeit eines
Mitgliedsstaates besitzt und im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaates
beschäftigt ist, unter anderem dessen Ehegatten ungeachtet dessen
Staatsangehörigkeit eine Wohnung nehmen kann. Voraussetzungen ist, dass der
Arbeitnehmer für seine Familie über eine Wohnung verfügt, die in dem Gebiet, in
dem er beschäftigt ist, den für die inländischen Arbeitnehmer normalen
Anforderungen entspricht.
Die Ehefrau, von der der Kläger sein Aufenthaltsrecht ableitet, ist spanische
Staatsangehörige, Arbeitnehmerin und unstreitig im Besitz einer
Aufenthaltserlaubnis-EG.
Der Kläger als Ehegatte einer Unionsbürgerin hat daher - da nach § 13
Ausländergesetz auf die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung die selben
Vorschriften Anwendung finden wie auf die Erteilung. Nach § 7 des
Aufenthaltsgesetzes/EWG grundsätzlich einen Anspruch auf Verlängerung seiner
Aufenthaltserlaubnis. Diesem Anspruch steht nicht entgegen, dass der Kläger und
seine Ehefrau - wie aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zur
Überzeugung des Gerichtes feststeht - jedenfalls seit Frühjahr 2001 nicht mehr
zusammen leben. Die Ehefrau des Klägers, die Zeugin S., hat im Rahmen ihrer
Vernehmung erklärt, dass sie zwar zusammen mit dem Kläger, mit dem sie in H in
der B-Straße 5 gewohnt habe, im W. 2001 noch gemeinsam in die F-Straße 6 in
Hanau gezogen sei, dort aber allenfalls noch 2 Monate lang geschlafen habe.
Anschließend sei sie im Frühjahr 2001 nach L in die F-Straße gezogen. Diese
Angaben der Zeugin S. wird auch bestätigt durch die Zeugin W., die in der
Wohnung F-Straße 10 in L gemeinsam mit der Ehefrau des Klägers wohnt. Die
Zeugin W. hat bestätigt, dass die Zeugin S. mit ihren Sachen Anfang 2001 zu ihr in
die schon früher von ihr bewohnte Wohnung gezogen sei.
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Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 13.02.1985 Slg 1985, S. 585
- Diatta - ausgeführt, dass Art. 10 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 vorsehe,
dass auch bestimmte Familienangehörige des Wanderarbeitnehmers in das
Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaates, in dem der Arbeitnehmer ansässig ist
einreisen und dort eine Wohnung bei ihm nehmen dürfen. Angesichts des
Zusammenhangs und der Zielsetzung dieser Bestimmung dürfe diese nicht eng
ausgelegt werden. Soweit Art. 10 der Verordnung bestimme, dass der
Familienangehörige des Wanderarbeitnehmers bei dem Arbeitnehmer eine
Wohnung nehmen dürfe, bedeute dies nicht, dass der betreffende
Familienangehörige dort ständig wohnen müsse, sondern nur, wie aus Abs. 3
dieses Artikels hervorgehe, dass die Wohnung, über die der Arbeitnehmer verfüge,
normalen Anforderungen für die Aufnahme einer Familie genügen muss. Es könne
somit nicht anerkannt werden, das darin das Erfordernis einer einzigen ständigen
Familienwohnung mit enthalten sei. Im Übrigen widerspreche eine solche
Auslegung dem Sinn und Zweck von Art. 11 der Verordnung, wonach der
Familienangehörige das Recht habe, im gesamten Hoheitsgebiet des betreffenden
Mitgliedsstaates irgendeine Tätigkeit im Lohn- Gehaltsverhältnis auszuüben, und
zwar auch dann, wenn diese Tätigkeit an einem anderen, vom Aufenthaltsort des
Wanderarbeitnehmers entfernten Ort ausgeübt werde. Hinzu zu fügen sei, dass
das eheliche Band nicht als aufgelöst angesehen werden könne, solange diese
nicht durch die zuständige Stelle ausgesprochen worden sei. Dies sei bei
Ehegatten nicht der Fall, die lediglich voneinander getrennt lebten, selbst wenn sie
die Absicht hätten, sich später scheiden zu lassen. Aus dieser Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofes folgt, dass auch dann, wenn - wie hier - Eheleute
getrennt leben und - wie hier - die Unionsbürgerin sich von ihrem aus einem
Drittland stammenden Ehegatten scheiden lassen will, der Ehegatte des
Wanderarbeitnehmers gleichwohl einen Anspruch auf Verlängerung seiner
Aufenthaltserlaubnis hat. Allein die Trennung der Ehegatten bei (formal)
fortbestehender Ehe ist in diesem Zusammenhang aufenthaltsrechtlich
unerheblich (vgl. insoweit auch BVerwG, Urt. v. 21.05.1985, NJW 1985, S. 2099;
VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 02.01.1995 InfAuslR 1995, S. 97).
Die vorstehenden Ausführungen zur aufenthaltsrechtlichen Unbedenklichkeit einer
Trennung der Eheleute bei formal weiter bestehender Ehe gelten jedoch dann
nicht, wenn es sich bei dieser Ehe um eine so genannte Scheinehe handelt, bei der
die Eheleute zwar pro forma die Ehe geschlossen haben, die Ehegatten aber zu
keinem Zeitpunkt zusammengelebt und partnerschaftliche Beziehungen gepflegt
haben.
Zwar wird in Rechtsprechung und Literatur unter Hinweis auf die Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofes vom 13.02.1985 - Diatta - teilweise die Auffassung
vertreten, dass auch eine so genannte Scheinehe eine rechtlich wirksame Ehe sei
und sie - solange sie nicht aufgelöst sei - auch aufenthaltsrechtliche Positionen
vermitteln könne (vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 02.01.1995, Wölker in
Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EG-Vertrag, 5. Aufl. 1997, Art. 48
Rn. 70; Randelzhofer/Forsthoff in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union
(Stand: Januar 2004). Dem vermag das Gericht jedoch nicht zu folgen. Vielmehr
folgt aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, dass bei einer
Scheinehe keine Aufenthaltsrechte hergeleitet werden können, weil insoweit eine
missbräuchliche Ausnutzung einer Rechtsstellung vorliegt. Der Europäische
Gerichtshof hat bereits in seinem Urteil vom 05.06.1997 NVwZ 1998, S. 50 - Kol -)
ausgeführt, dass Beschäftigungszeiten nach Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis,
die dem türkischen Staatsangehörigen nur aufgrund einer Täuschung, die zu einer
Verurteilung geführt hat, erteilt worden ist, nicht als ordnungsgemäß i.S.d. Art. 6
Abs. 1, Beschl. Nr. 1/80 ARB angesehen werden könne, da der Betroffene nicht die
Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Aufenthaltserlaubnis erfüllt hat,
die daher nach Aufdeckung der Täuschung wieder in Frage gestellt werden konnte.
Diese Rechtsprechung des EUGH findet ihre Fortsetzung in dem Urteil vom
23.09.2003 RsC 109/01 - Akrich, wonach eine missbräuchliche Inanspruchnahme
von Rechten vorliegt, wenn die Vergünstigungen des Gemeinschaftsrechtes für
Wanderarbeitnehmer und ihre Ehegatten im Rahmen von Scheinehen geltend
gemacht werden, die zur Umgehung der für Staatsangehörige geltende Einreise-
und Aufenthaltsbestimmungen geschlossen werden. Daraus folgt, dass aus einer
so genannten Scheinehe keine aufenthaltsrechtlichen Positionen des
Gemeinschaftsrechtes hergeleitet werden können (vgl. insoweit auch Hailbronner,
AuslR. (Stand: 1998) § 1 Aufenthaltsgesetz-EWG, Rn. 33).
Vorliegend bestehen zwar gewichtige Anhaltspunkte für das Bestehen einer
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Vorliegend bestehen zwar gewichtige Anhaltspunkte für das Bestehen einer
Scheinehe zwischen dem Kläger und seiner spanischen Ehefrau. Die durchgeführte
Beweisaufnahme ergab jedoch zur Überzeugung des Gerichtes nicht, dass die
formal weiterhin bestehende Ehe zwischen dem Kläger und seiner spanischen
Ehefrau lediglich pro forma zur Umgehung der aufenthaltsrechtlichen
Bestimmungen geschlossen wurde. Gewichtige Anhaltspunkte für das Bestehen
einer Scheinehe ergeben sich daraus, dass ein Onkel des Klägers in einem
Schreiben an die Ausländerbehörde mitteilte, der Kläger habe zwei Asylverfahren
durchgeführt, wobei er beim zweiten Verfahren einen falschen Namen angegeben
habe und im Übrigen mit einer spanischen Frau verheiratet sei, der er als
Gegenwert 20.000,- DM gegeben habe. Die spanische Frau, deren Vornamen Eva
sei, lebe in der T-Straße ... in G, während der Kläger gemeinsam mit seiner
Cousine in der B-Straße 5 in H wohne. Dieser namentlich unterzeichnenden
Beschwerde kommt insofern besondere Bedeutung zu, als die in der Beschwerde
weiter gemachten Angaben über die zweifache Asylantragstellung sich als
zutreffend herausgestellt haben. Auch die Angabe über die unterschiedlichen
Wohnsitze des Klägers und seiner Ehefrau haben sich im Rahmen einer ersten
Überprüfung als zutreffend herausgestellt. Nach dem Bericht der Polizeistation
Hanau vom 11.02.1999 wohnte lediglich die Ehefrau des Klägers unter der
Anschrift G, T-Straße 58, während der Kläger als Ehemann nicht bekannt war. Auch
eine Nachfrage unter der Anschrift B-Straße 5 in H ergab, nach den Angaben der
Nichte des Klägers, dass dieser dort wohne, aber eine Frau S. hingegen nicht. Die
weiter bei den Eltern der Ehefrau des Klägers durchgeführten Ermittlungen
ergaben, dass die Ehefrau des Klägers nach den Angaben der Eltern in M wohnt
und zwar bei einer Frau E. Frau E ihrerseits gab im Rahmen einer polizeilichen
Überprüfung an, die Ehefrau des Klägers sei bei ihr nur gelegentlich zu Besuch und
passe auf ihre Kinder auf, eigentlich wohne die Ehefrau des Klägers bei ihrem
Ehemann in H. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch Vernehmung von
Frau E konnte nicht erfolgen, weil der Aufenthalt von Frau E derzeit unbekannt ist
und nicht ermittelt werden konnte.
Demgegenüber gab die Ehefrau des Klägers, Frau S. im Rahmen ihrer
gerichtlichen Vernehmung an, dass der Kläger nach der Eheschließung im Jahre
1996 zu ihr in die Wohnung G, T-Straße 58 gezogen sei und sie sich seinerzeit nur
gelegentlich bei Frau E aufgehalten habe. Nach den Angaben der Ehefrau des
Klägers war dies auch in der Folgezeit so, in der die Eheleute in der B-Straße 5 b in
H gemeldet waren. Die Zeugin S. hat insoweit bekundet, dass sie in dieser
Dreizimmerwohnung zu viert, nämlich gemeinsam mit dem Neffen ihres
Ehemannes und dessen Ehefrau gewohnt hätten, sie aber im Hinblick auf ihre
Arbeit in einer Gaststätte aber auch wegen Besuchen bei Freunden häufig außer
Haus gewesen sei, weil ihr das Zusammenleben in der Wohnung mit einem
weiteren Ehepaar ganz und gar nicht gefallen habe. Auch aufgrund des
persönlichen Eindrucks der Zeugin in der mündlichen Verhandlung spricht einiges
dafür, dass die Zeugin sich wegen des nach wie vor deutlichen Ärgers der Zeugin
über die Verhältnisse in der Wohnung häufig außer Haus aufgehalten hat. Diese
Aussage der Zeugin steht im Kern in Übereinstimmung mit der Aussage des
Zeugen Nami E., des Neffen des Klägers. Dieser hat ausgesagt, dass er und seine
Ehefrau sowie der Kläger und seine Ehefrau gemeinsam in der
Dreizimmerwohnung in Hanau gewohnt hätten. Sie hätten sich die Zimmer in der
Weise geteilt, dass in einem Zimmer der Kläger und seine Ehefrau und in dem
anderen Zimmer er und seine Ehefrau gelebt hätten, während das dritte Zimmer
als Wohn- und Esszimmer benutzt worden sei. Der Zeuge hat weiter bekundet,
dass die Zeugin S. in die Wohnung eingezogen sei und sich dort aufgehalten habe.
Gefragt nach den Zeiten des Aufenthalts der Zeugin S. in dieser Wohnung gab
sich der Zeuge jedoch sichtlich bedeckt und verwies im Wesentlichen darauf, dass
der sich zum einen auch häufig bei seinen Schwiegereltern aufgehalten habe und
im Übrigen die Ehefrau des Klägers nicht kontrolliert habe. Er habe die Ehefrau des
Klägers jedoch wiederholt in der Wohnung angetroffen, sich mit ihr seinerzeit
jedoch nur wenig verständigen können, weil er seinerzeit kein deutsch gesprochen
habe. Diese Aussage des Zeugen lässt zwar darauf schließen, dass sich die
Ehefrau des Klägers häufiger in der ehelichen Wohnung aufgehalten hat, erbringt
aber nicht den Nachweis dafür, dass tatsächlich eine eheliche Lebensgemeinschaft
zwischen dem Kläger und seiner spanischen Ehefrau in dieser Wohnung geführt
wurde. Andererseits kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger und seine
spanische Ehefrau gleichwohl in dieser Wohnung wie die Zeugin S. bekundet hat -
zumindest zeitweise zusammengelebt haben und zwischen den Eheleuten mehr
als nur eine Begegnungsgemeinschaft bestand. Dass der Zeuge E. nicht von einer
dauerhaften Anwesenheit der Zeugin S. in der Ehewohnung berichten konnte, mag
daran liegen, dass die Zeugin S. im Hinblick auf ihre Tätigkeit in einer Gaststätte
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daran liegen, dass die Zeugin S. im Hinblick auf ihre Tätigkeit in einer Gaststätte
gänzlich andere Arbeitszeiten und Lebensgewohnheiten als der Zeuge hatte und
sich beide in der Wohnung nur selten begegnet sind. Außerdem hat die Zeugin S.
bekundet, dass sie auch während der Ehe ein eigenständiges Leben nicht zuletzt
auch auf die Verhältnisse in dieser Wohnung geführt habe, so dass der Umstand,
dass der Zeuge E. die Zeugin S. nicht ständig gesehen hat, auch darauf beruhen
kann, dass sich die Zeugin S. tatsächlich zeitweise nicht in der ehelichen Wohnung
aufgehalten hat. Einen - wenn auch schwachen Hinweis - darauf, dass die Zeugin
S. mit dem Kläger in Hanau zusammen gelebt hat, gibt die Aussage der Zeugin
W., die die Zeugin S. erst im Jahre 1999 kennen gelernt hat und bekundet hat,
dass nach ihrem Wissen die Zeugin S. seinerzeit noch mit dem Kläger in Hanau
zusammengelebt habe und erst 2001 zu ihr nach M gezogen sei.
Soweit die Beklagte Schlussfolgerungen daraus ziehen will, dass das auf die
Zeugin S. zugelassene Kraftfahrzeug nie vor dem Haus Ba-Straße 5 , wohl aber
häufig in Mühlheim vor der Wohnung der Zeugin W. bzw. von Frau E festgestellt
wurde, kann daraus nicht geschlossen werden, dass sich die Zeugin S. auch dort
aufgehalten hat, wo das Auto abgestellt wurde. Denn wie die Zeugin S. bestätigt,
durch die Zeugin W. erklärt hat, ist sie zwar Halterin eines Fahrzeuges, besitzt aber
keinen Führerschein und fährt das auf sie zugelassene Fahrzeug nicht. Das
Fahrzeug wird vielmehr von ihren Freunden und Verwandten gefahren. So dass es
durchaus sein kann, dass seinerzeit das Fahrzeug von Frau E bzw. von Frau W.
gefahren wurde, während sich die Zeugin S. selbst an einem anderen Ort als dem
Abstellort der Fahrzeuge aufgehalten hat.
Nach alledem steht zur Überzeugung des Gerichtes nicht fest, dass zwischen dem
Kläger und seiner spanischen Ehefrau tatsächlich lediglich eine Scheinehe
bestand. Anderseits ist das Gericht wegen der vielen Indizien die für das Vorliegen
einer Scheinehe sprechen, die auch nicht vollständig ausgeräumt werden konnten,
nicht zu der Überzeugung gelangt, dass über eine bloße Begegnungsgemeinschaft
hinaus zwischen dem Kläger und seiner spanischen Ehefrau tatsächlich eine
eheliche Lebensgemeinschaft aufgenommen und geführt wurde.
Vor dem Hintergrund der Nichterweislichkeit einer Scheinehe und damit des
Missbrauchs einer gemeinschaftsrechtlichen Position stellt sich die Frage nach der
Beweislast. Diese hat nach allgemeinen Beweislastregeln die Beklagte zu tragen,
da sie sich auf einen Missbrauchstatbestand und damit ein Ausnahmetatbestand
beruft.
Des weiteren steht dem Kläger ein Anspruch auf Verlängerung seiner
Aufenthaltserlaubnis auch nach Art. 6 Abs. 1, Beschl. Nr. 1/80 ARB zu.
Nach Art. 6 Abs. 1 1.Spiegelstrich hat ein türkischer Arbeitnehmer, der dem
regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedsstaates angehört, in diesem Jahr nach
einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner
Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz
verfügt. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen
Gemeinschaften beginnend mit dem Urteil vom 20.09.1990 (InfAuslR 1991, 2) hat
Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 in die Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaften
unmittelbare Wirkung und begründet subjektive Rechte des türkischen
Arbeitnehmers, der die Voraussetzung der Vorschrift erfüllt. Wie der Europäische
Gerichtshof weiter entschieden hat, folgt aus dem Anspruch auf Verlängerung der
Arbeitserlaubnis zugleich auch ein Anspruch auf Verlängerung der
Aufenthaltserlaubnis, sofern nach dem Recht des Mitgliedsstaates die
Aufenthaltserlaubnis Voraussetzung für den weiteren Aufenthalts in dem
Mitgliedsstaat zum Zwecke der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist (vgl.
EUGH, Urt. v. 16.12.1992, Slg. 1992 I 6814 = InfAuslR. 1993, S. 41).
Der Kläger war vom 11.07.1997 bis zum 02.07.1999 im Besitz einer ihm im
Hinblick auf die eheliche Lebensgemeinschaft mit einer spanischen Staatsbürgerin
erteilten Aufenthaltserlaubnis und war in dieser Zeit und noch darüber hinaus bis
zum Jahre 2001 bei dem selben Arbeitgeber tätig. Er hat deshalb einen Status
nach Art. 6 ARB erworben, auf dieses Aufenthaltsrecht könnte sich der Kläger nur
dann nicht berufen, wenn er diesen Status durch Missbrauch erlangt hätte.
Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen, wonach eine
missbräuchliche Inanspruchnahme von gemeinschaftsrechtlichen
Rechtspositionen nicht erwiesen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten
für das Vorverfahren beruht auf § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil Berufungszulassungsgründe i.S.d. § 124
Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 S. 1 VwGO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.