Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 29.06.2009

VG Frankfurt: gebühr, rechtfertigung, eigentümer, amtshandlung, vermessung, verwaltungskosten, verkehr, hessen, abhängigkeit, missverhältnis

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Gericht:
VG Frankfurt 2.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 K 82/08.F
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 3 Abs 1 GG, § 3 Abs 1
VwKostG HE, § 17 Abs 1
VwKostG HE
Höhe von Vermessungsgebühren im Fall einer Kleinfläche
Leitsatz
Zum Äquivalenzprinzip bei Vermessungsgebühren
Tenor
Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 17.12.2007 wird in Höhe von 1.462,31
EUR aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte und der Beigeladene jeweils zur
Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldner
können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden
Kosten abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer des Gründstücks X Allee Nr. # in XXXXX, Gemarkung
xxx, Flur x, Flst xxx/xxx. Mit notariellem Vertrag vom 16.07.2007 kaufte er eine im
einzelnen bezeichnete Teilfläche des benachbarten Grundstücks X XXX #, Flst
xxx/xxx mit einer Größe von 16,12 m² zum Preis von 12.090,00 EUR und
beauftragte im August 2007 den Beklagten mit ihrer vermessungstechnischen
Abtrennung. Wegen bereits im Jahr 2005 vom Beklagten auf dem klägerischen
Grundstück durchgeführter Maßnahmen bedurfte es zur Abtrennung der
erworbenen Teilfläche keiner weiteren örtlichen Vermessungsarbeiten, sondern nur
der Feststellung einer sich zwischen zwei bereits vorhandenen Grenzpunkten
erstreckenden neuen Grenzlinie anhand des Katasternachweises (Sonderung). Für
diese Arbeiten stellte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 13.09.2007
einen Betrag von insgesamt 1.962,31 EUR in Rechnung. Die Rechnungssumme
setzt sich zusammen aus einem Betrag von 1.549,00 EUR für die "häusliche
Bearbeitung" gemäß Ziff. 7111 in Verbindung mit Staffel A1 der Anlage 2 der
Verwaltungskostenordnung, einem Betrag von 40,00 EUR für die "Erteilung des
Nutzungsrechts" an den Vermessungsunterlagen und einem Betrag von 60,00
EUR für die "Aufbereitung der Vermessungsunterlagen" gemäß Ziffern 7114 und
7115 der Verwaltungskostenordnung, jeweils zuzüglich 19% Mehrwertsteuer.
Parameter für die Berechnung der Gebühr für die häusliche Bearbeitung in Höhe
von 1.549,00 EUR sind der Bodenwert des Grundstücks – vorliegend 750 EUR/m² -
und die Größe der Vermessungsfläche.
Nachdem der Kläger gegenüber dem Beklagten um eine Reduzierung der
Rechnungssumme gebeten hatte, weil er sie, auch im Hinblick auf die vom
Beklagten geleisteten Vorarbeiten, für übersetzt hielt – wegen der Einzelheiten
wird auf die zwischen den Beteiligten geführte Korrespondenz verwiesen -, erklärte
der Beklagte unter dem 17.12.2007 die Rechnung vom 13.09.2007 zum
Kostenbescheid.
Der Kläger hat am 11.01.2008 Klage erhoben. Er hält den Kostenbescheid für
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Der Kläger hat am 11.01.2008 Klage erhoben. Er hält den Kostenbescheid für
rechtswidrig, soweit er einen Betrag von 500,00 EUR übersteigt. Die Höhe der
Gebühr verstoße gegen das Äquivalenzprinzip. Wegen der Einzelheiten seines
Vorbringens wird auf den Klageschriftsatz vom 04.01.2008 und den ergänzenden
Schriftsatz vom 10.11.2008 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Kostenbescheid des Beklagten vom 17.12.2007 insoweit für unwirksam zu
erklären, als der Rechnungsbetrag den Betrag von 500,00 EUR übersteigt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf die einschlägige Verwaltungskostenordnung und die
darin enthaltene Gebührentabelle. Hieran sei er gebunden.
Der Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte habe die einschlägigen kostenrechtlichen Vorschriften insgesamt
korrekt angewendet. Die Ausführungen des Klägers seien aus seiner Warte
sicherlich verständlich, sie könnten die Rechtmäßigkeit der Abrechnung vom
Grunde her aber nicht erschüttern. Die aus dem klägerischen Blickwinkel im
Verhältnis zur Flächengröße heraus hohen Gebühren resultierten, was zulässig sei,
aus deren pauschalierter Einstufung in Objekt- bzw. Bodenwertstufen. Ein Verstoß
gegen das Äquivalenz- oder das Kostendeckungsprinzip liege nicht vor. Die in der
Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Ministeriums für
Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung für Zerlegungsvermessungen
festgelegten Gebühren seien so kalkuliert, dass die Summe der für sämtliche
Zerlegungsvermessungen voraussichtlich vereinnahmten Gebühren die
Gesamtheit der für diese Amtshandlungen wahrscheinlich entstehenden
Aufwendungen zumindest decke. Damit werde den Grundsätzen des
Kostendeckungs- und des Kostenunterschreitungsverbots Rechnung getragen.
Innerhalb dieses (gesamt-)kostendeckenden Ansatzes werde dem
Äquivalenzprinzip dadurch Rechnung getragen, dass die Gebühr in Abhängigkeit
vom Bodenwert und der Größe der vermessenen Fläche errechnet werde. Das
Abstellen auf den Bodenwert und die Größe der vermessenen Fläche diene dabei
als Indiz für die Bedeutung bzw. den wirtschaftlichen Wert oder sonstigen Nutzen
der Amtshandlung, da eine Zerlegungsvermessung in der Regel der Vorbereitung
einer beabsichtigten Veräußerung der betreffenden Grundstücksteile bilde. Mit
Blick auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei es
jedoch erforderlich, die Gebühren im Einzelfall auch unterhalb des
Verwaltungsaufwands einer durchschnittlichen Zerlegungsvermessung, der auf
500,00 EUR zu beziffern sei, festzulegen. Dies sei insbesondere bei
Zerlegungsvermessungen von Kleinstflächen mit geringem Bodenwert geboten. In
diesem Fall würde die Gebühr ohne entsprechende Anpassung in einem
Missverhältnis zu einem möglichen Verkaufserlös der betreffenden
Grundstücksflächen - und damit zu der Bedeutung bzw. dem wirtschaftlichen Wert
der Amtshandlung für den Empfänger - stehen. Zu berücksichtigen sei vorliegend
auch, dass erst durch die katastermäßige Verselbständigung eines
Grundstücksteils ein Grundstückseigentümer in die Lage versetzt werde, diesen
veräußern zu können. Bei der Bewertung, welche Bedeutung die vorgenommene
Sonderung für den Empfänger der Amtshandlung habe, sei deshalb auch auf die
Sicht des Grundstückseigentümers und nicht ausschließlich auf die des Käufers
abzustellen. Die katastermäßige Verselbständigung eines 16m² großen
Grundstücksteils im Wege einer Sonderung habe im vorliegenden Fall dem
Eigentümer letztendlich die Grundlage dafür geliefert, dass er die in Rede
stehende Fläche an den Kläger für einen Kaufpreis von 12.090,00 EUR habe
veräußern können. Eben dieser Kaufpreis diene nach der
Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Ministers für Wirtschaft,
Verkehr und Landesentwicklung als Indiz für die Bedeutung bzw. den
wirtschaftlichen Wert oder sonstigen Nutzen der Amtshandlung der
Gebührenbemessung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt
der Akten verwiesen. Dies gilt namentlich für die Stellungnahmen der Beteiligten
zu einer möglichen Verletzung der Beratungspflichten des Beklagten gegenüber
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zu einer möglichen Verletzung der Beratungspflichten des Beklagten gegenüber
dem Kläger.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte ohne (weitere) mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich
die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs.2 VwGO).
Die – gemäß § 88 VwGO als Anfechtungsklage zu verstehende und als solche
zulässige – Klage ist begründet. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom
17.12.2007 ist in Höhe von 1.462,31 EUR rechtswidrig und verletzt insoweit den
Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO). Rechtmäßig ist der Bescheid
nur insoweit, als der Beklagte 40,00 EUR für die Erteilung des Nutzungsrechts und
60,00 EUR für die Aufbereitung der Vermessungsunterlagen einschließlich der
hierauf anfallenden Mehrwertsteuer – insgesamt also 119,00 EUR – zum Ansatz
gebracht hat. Er ist rechtswidrig, soweit für die häusliche Bearbeitung ein Betrag
von 1.549,00 EUR nebst Mehrwertsteuer – zusammen also 1843,31 EUR - verlangt
wird. Insoweit beruht die Gebührenfestsetzung auf einer ungültigen, weil gegen
höherrangiges Recht verstoßenden Ermächtigungsgrundlage. Die auf den Betrag
von 1.462,31 EUR beschränkte Kassation des Gebührenbescheids hat seinen
Grund darin, dass der Kläger den Bescheid nur in dieser Höhe angefochten hat.
Die auf der Grundlage der Nr.7111 i.V.m. Staffel A1 der Anlage 2 zum
Verwaltungskostenverzeichnis Nr.7 der Verwaltungskostenordnung für den
Geschäftsbereich des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung
vom 19.03.2004 (GVBl. I S.114) in der Fassung der Änderungsverordnung vom
21.07.2006 (GVBl. I, S.442) – rechnerisch richtig - festgesetzte Gebühr für die
"häusliche Bearbeitung der Vermessungsfläche" in Höhe von 1549,00 EUR (ohne
MWSt) verstößt gegen das im allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
wurzelnde und in § 3 Abs.1 HVwKostG einfachgesetzlich normierte
Äquivalenzprinzip (vgl. hierzu allgemein BVerwG, Urteil vom 22.01.1997, 11 C
12/95, juris Rdn.19). Dieses Prinzip erlaubt zwar, dass sich die Höhe der
Vermessungsgebühren, wie vorliegend der Fall, am Bodenwert orientiert (vgl.
allgemein BVerwG, Urteil vom 24.03.1961, VII C 109.60, juris Rdn.38; vgl. zum
Objektwert bei der Einmessung von Gebäuden: VGH München, Urteil vom
12.04.2000, 19 N 98.3739 - juris Rdn.41; VGH Kassel, Beschluss vom 16.09.2003,
5 TG 1608/03 - juris Rdn.2), und es verbietet auch nicht, dass die Höhe der Gebühr
den Verwaltungsaufwand im Einzelfall überschreitet (BVerwG, a.a.O., juris Rdn.39;
BVerfG, Beschluss vom 06.02.1979, 2 BvL 5/76, juris Rdn.36; BVerfG, Beschluss
vom 10.03.1998, 1 BvR 178/97 – juris Rdn.64 f.). Ein Verstoß gegen das
Äquivalenzprinzip liegt aber vor, wenn eine unangemessen hohe Gebühr verlangt
wird (BVerwG, a.a.O., juris Rdn.38). Handelt es sich, wie hier, um eine vom
Verordnungsgeber festgelegte Gebühr, ist wegen des dem Normgeber
zustehenden Gestaltungsspielraums die gerichtliche Kontrolldichte allerdings
eingeschränkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.02.1979, Az. 2 BvL 5/76, juris
Rdn.37). Ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip kann nach dieser Maßgabe erst
dann angenommen werden, wenn Leistung und Gebühr in einem groben
Missverhältnis zueinander stehen (vgl. BVerfG, Urteil vom 19.03.2002, 2 BvL 9/98,
juris Rdn.62; BVerwG, Urteil vom 22.01.1997, 11 C 12/95, juris Rdn.19). Dies ist hier
der Fall.
Ein Indiz für das Vorliegen eines solchen groben Missverhältnisses ergibt sich aus
einem Vergleich zwischen der hessischen Gebührenregelung und den
entsprechenden Gebührenregelungen der übrigen Bundesländer (vgl. zur
Indizwirkung eines solchen Vergleichs VGH München, Urteil vom 12.04.2000, 19 N
98.3739, juris Rdn.44). Das erkennende Gericht hat hierzu amtliche Auskünfte der
zuständigen Stellen eingeholt, auf die gemäß § 117 Abs.3 Satz 2 VwGO im
Einzelnen verwiesen wird. Danach liegt die in Hessen zu entrichtende Gebühr für
die Sonderung eines 16m² großen Grundstücks mit einem Bodenwert von 750,00
EUR um deutlich mehr als 90% über dem Durchschnitt aller anderen Bundesländer
und um etwa 40% über dem Durchschnitt der fünf "teuersten" Bundesländer. Nur
in Bremen ist die Gebühr geringfügig höher als in Hessen, nämlich um unter 5%.
Die dritthöchste Gebühr (Baden-Württemberg) wird um mehr als 45%, die
niedrigste (Schleswig-Holstein) um mehr als 350% überschritten. Damit fällt die
hessische Gebührenregelung – zusammen mit der bremischen, über die hier
allerdings keine Aussage zu treffen ist – deutlich aus dem Rahmen. Eine
hinreichende sachliche Rechtfertigung hierfür gibt es nicht.
Die hessische Gebührenregelung bezweckt, im Einklang mit den
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Die hessische Gebührenregelung bezweckt, im Einklang mit den
Gebührengrundsätzen des § 3 Abs.1 HVwKostG, die Kostendeckung für
Vermessungsleistungen. Bemessungsgrundlage ist dabei nicht der
Verwaltungsaufwand für die je einzelne Vermessungsleistung, sondern für ihre
Gesamtheit. Dies führt zu Fallkonstellationen, in denen die zu erhebende Gebühr
den Verwaltungsaufwand unterschreitet und solchen, in denen sie ihn
überschreitet. Eine derartige "Mischkalkulation" verstößt nicht von vornherein
gegen das Äquivalenzprinzip (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 24.03.1961, VII C
109/60, juris Rdn.31; vgl. auch VGH Kassel, Urteil vom 06.07.1995, 6 UE 1998/95,
juris Rdn.38; OVG Lüneburg, Beschluss vom 17.10.2008, 4 LA 661/07, juris Rdn.6).
Ein Verstoß liegt aber vor, wenn die Spreizung der Gebührenhöhe für identische
Verwaltungshandlungen zu Lasten eines Gebührenschuldners unangemessen groß
ist. Dass dies vorliegend der Fall ist, legt wiederum ein Vergleich mit den
Gebührenregelungen der anderen Bundesländer nahe. Nach hessischem Recht
fallen für die Sonderung eines Grundstücks mit einem Bodenwert von 750,00
EUR/qm Gebühren an, die mehr als das 10fache dessen betragen, was für die
Vermessung eines Grundstücks mit einem Bodenwert von 9 EUR/m² verlangt wird.
In den anderen Bundesländern beträgt dieser Faktor demgegenüber
durchschnittlich weniger als 1,5 und im höchsten Fall 3,5 (Nordrhein-Westfalen).
Auch insoweit fällt die hessische Gebührenregelung deutlich aus dem Rahmen,
ohne dass es hierfür eine sachliche Rechtfertigung gäbe.
Der Gesichtspunkt der Vorteilsabschöpfung ist vorliegend keine sachliche
Rechfertigung für die Festsetzung einer Gebühr, welche die durchschnittlichen
Verwaltungskosten, die nach dem Vorbringen des Beigeladenen etwa 500,00 EUR
betragen, um mehr als das Dreifache übersteigt. Der Gesichtspunkt der
Vorteilsabschöpfung kommt vor allem zum Tragen, wenn dem von einer
Verwaltungshandlung Begünstigten ein Sonderrecht eingeräumt wird, wie
beispielsweise zur gewerblichen Entnahme von Grundwasser (vgl. BVerfG, Urteil
vom 07.11.1995, 2 BvR 413/88) oder zur gewerblichen Nutzung öffentlichen
Straßenraums (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.07.1988, 7 C 5/87). Dem Adressaten
der behördlichen Genehmigung wird in diesen Fällen eine Rechtsposition
eingeräumt, die der Allgemeinheit nicht zusteht, und die Bestandteil seiner
Erwerbstätigkeit ist. Der vorliegende Sachverhalt ist davon völlig verschieden. Der
Eigentümer eines Grundstücks, der einen Teil davon abtrennen – und
gegebenenfalls veräußern - will und aus diesem Grund staatliche
Vermessungsleistungen in Anspruch nimmt, macht lediglich von seinem
verfassungsrechtlich gewährleisteten Eigentumsrecht Gebrauch, und der Erwerber
dieses Grundstückteils von seiner allgemeinen Handlungsfreiheit. Weder handelt
es sich bei der Teilung eines Grundstücks und – gegebenenfalls - der
Eigentumsübertragung eines Grundstücksteils um das Gebrauchmachen von
Sonderrechten, noch bei der Vermessungsleistung um eine hierauf bezogene
Erlaubnis. Dass vermessungstechnische Hoheitsakte der vorliegenden Art
Voraussetzung für die Grundstücksteilung - und gegebenenfalls die Übertragung
des Eigentums an einem Grundstücksteil - sind, hat seinen Grund nicht, wie etwa
bei einer Teilungsgenehmigung nach früherem Recht (vgl. § 19 ff. BauGB a.F.), in
der Reglementierung dieser Vorgänge, sondern in der Notwendigkeit, das
Liegensschaftskataster an die tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen (vgl. §§
873 Abs.1 BGB, 2 Abs.2 GBO, 1 Abs.2 HVermG). Sondervorteile, die zusätzlich zu
den für die erforderlich werdenden Eintragungen in das Grundbuch anfallenden
Gebühren nach §§ 60 ff. KostO und - gegebenenfalls – zusätzlich zu den
Grunderwerbssteuern nach §§ 1, 11, 13 GrEStG von den Katasterbehörden in
Gebührenform abgeschöpft werden könnten, liegen darin nicht begründet.
Eine sachliche Rechtfertigung für eine Kostenüberschreitung im vorliegenden
Umfang kann auch nicht darin gesehen werden, dass die jenseits der
Kostendeckungsgrenze erzielten Gebühreneinnahmen dazu dienen, eine - in der
streitgegenständlichen Gebührentabelle angelegte - Kostenunterdeckung
auszugleichen, die bei der Vermessung von (Klein)Flächen mit geringem
Bodenwert entsteht. In dieser Ausformung verstößt die Gebührenstaffelung
nämlich gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art.3 Abs.1 GG, wonach der
Staat Gleiches nicht willkürlich ungleich und Ungleiches nicht willkürlich gleich
behandeln darf (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 15.07.1988, Az 7 C 5/87 – juris
Rdn.19). Die Gebühr für die Vermessung von kleineren Flächen mit geringem
Bodenwert beträgt nach der im Streit stehenden Gebührentabelle nur einen
Bruchteil der veranschlagten Verwaltungskosten, wohingegen, bei gleichem
Verwaltungsaufwand, die Gebühr für die Vermessung von Kleinstflächen mit
hohem Bodenwert ein Mehrfaches der veranschlagten Verwaltungskosten beträgt.
Das führt im Ergebnis dazu, dass einige Gebührenschuldner in erheblichem
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Das führt im Ergebnis dazu, dass einige Gebührenschuldner in erheblichem
Umfang Vermessungsleistungen mitfinanzieren, die von anderen
Gebührenschuldnern in Anspruch genommen werden. Im vorliegenden Fall
könnten mit den dem Kläger abverlangten Gebühren rechnerisch etwa drei Fälle
von Kostenunterschreitungen kompensiert werden, die bei der Sonderung gleich
großer, aber nur 9 EUR/m² teurer Grundstücke entstehen, wobei der Kläger
rechnerisch die Kosten für diese drei Vermessungsleistungen jeweils ganz
überwiegend, nämlich zu mehr als zwei Dritteln, (mit)finanzieren würde. In diesem
Ausmaß ist das Konzept einer Umverteilung von Gebührenlasten zwischen den
einzelnen Gebührenschuldnern grob sachwidrig. Denn insoweit fehlt es an einer
Finanzierungsverantwortlichkeit derjenigen Gebührenschuldner, die staatliche
Vermessungsleistungen in Bezug auf hochpreisige Grundstücke in Anspruch
nehmen, für den durch die Fälle der Kostenunterschreitung entstandenen
finanziellen Fehlbedarf.
Erstens besteht schon kein rechtliches Gebot, die Gebühr für
Vermessungsleistungen bei niedrigpreisigen kleinen Grundstücken auf nur einen
Bruchteil des bezifferten Verwaltungsaufwand zu reduzieren; soweit es an einem
solchen Gebot fehlt, mangelt es auch an einer hinreichenden Rechtfertigung dafür,
den durch die Reduzierung entstehenden Fehlbedarf anderen Gebührenschuldnern
aufzubürden. Zwar lässt das in § 3 Abs.1 Satz 1 HVwKostG normierte
grundsätzliche Verbot der Kostenunterschreitung eine Unterschreitung des
Verwaltungsaufwands zu, wenn dies aus Gründen des öffentlichen Interesses oder
der Billigkeit geboten ist (vgl. zur – eingeschränkten – Möglichkeit der
Kostenunterschreitung VGH Kassel, Urteil vom 13.06.2007, 5 UE 1179/06, juris
Rdn.39). Es ist allerdings nichts dafür ersichtlich, dass vorliegend – etwa aus
Gründen der Verhältnismäßigkeit, wie das beigeladene Land vorträgt - eine
pauschal verordnete Unterschreitung des Verwaltungsaufwands dieses Umfangs
geboten wäre. Es gibt kein übergeordnetes Rechtsprinzip, welches es generell
verbietet, vom Empfänger einer staatlichen Vermessungsleistung eine stärker an
den Kosten der Leistung orientierte Gebühr zu verlangen, als es die im Streit
stehende Regelung vorsieht, und zwar auch dann nicht, wenn die Gebühr im
Verhältnis zum Grundstückswert hoch ist. Die Entscheidung,
Vermessungsleistungen in Anspruch zu nehmen oder, weil der finanzielle Aufwand
es nicht lohnenswert erscheinen lässt, es nicht zu tun, fällt typischerweise in die
Dispositionsfreiheit des einzelnen Grundstückseigentümers. Es handelt sich hier
nicht um einen Sachbereich, bei welchem dem Sozialstaatsgrundsatz oder
gewichtigen grundrechtlichen Schutzgeboten Rechnung zu tragen ist mit der
Folge, dass aus Gerechtigkeitsgründen unterhalb der Kostendeckungsgrenze
orientierte Staffelungen der Gebührenhöhe im vorliegenden Ausmaß zulässig oder
sogar geboten wären (vgl. zu nach Einkommenshöhe gestaffelten
Kindergartenbeiträgen BVerfG, Urteil vom 10.03.1998, 1 BvR 178/97- juris Rdn.69 -
). Wäre es anders, müssten die Gebührenordnung aller anderen Bundesländer als
insoweit verfassungswidrig angesehen werden.
Zweitens ist es nicht gerechtfertigt, im vorliegenden Umfang gerade die
Eigentümer bzw. Erwerber hochpreisiger (Kleinst)Flächen als Gebührenschuldner
faktisch zur Schließung der durch die Kostenunterschreitung entstehenden
Finanzierungslücke heranzuziehen. Denn sie stehen, schon weil es rechtlich
gesehen weder die Gruppe der Grundstückeigentümer noch die Gruppe der
Gebührenschuldner gibt (vgl. zur – thematisch hier nicht unmittelbar einschlägigen
– Zulässigkeit von Sonderabgaben BVerfG, Beschluss vom 31.05.1990, 2 BvL
12/88, juris Rdn.93) den Eigentümern von Grundstücken mit geringem Bodenwert
nicht näher als etwa die Allgemeinheit, und damit mit diesen in keiner besonderen
Verantwortungsbeziehung. Deshalb trifft auch den Kläger keine
Finanzierungsverantwortung für von Dritten veranlasste Zerlegungen von in ihrem
Eigentum stehenden Bodenflächen. Zwar ist, wie bereits ausgeführt, eine nach
dem Prinzip der Mischkalkulation ausgestaltete Gebührenstaffelung nicht von
vornherein unzulässig. Eine solche Mischkalkulation muss aber maßvoll
ausgestaltet sein. Sie darf unter dem Gesichtspunkt einer am Gleichheitsgebot
orientierten Belastung der Gebührenschuldner nicht dazu führen, dass oberhalb
der Kostendeckungsgrenze festgesetzte Gebühren zum ganz überwiegenden Teil
der Deckung von Verwaltungskosten dienen, die durch die Inanspruchnahme
identischer staatlicher Leistungen seitens Dritter angefallen sind. Andernfalls fehlt
es an dem für den Gebührenbegriff notwendigen sachlichen Zusammenhang
zwischen Leistung und Entgelt (vgl. zur Abhängigkeit von Leistung und
Gegenleistung als Merkmal des Gebührenbegriffs BVerfG, Urteil vom 07.11.1995,
Az. 2 BvR 4413/88 – juris Rdn.166). Bei einer Gebühr, die den durchschnittlichen
Verwaltungsaufwand für eine Sonderung um 200% überschreitet, damit
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Verwaltungsaufwand für eine Sonderung um 200% überschreitet, damit
andernorts auftretende Unterdeckungen ausgeglichen werden können, besteht
dieser Zusammenhang nicht mehr.
Auf den – vom Kläger bestrittenen – Vortrag des Beklagten, die Sonderung habe
im konkreten Fall tatsächlich einen Aufwand von 782,00 EUR verursacht, kommt es
nicht an. Maßgeblich für die Beurteilung, ob Nr.7111 i.V.m. Staffel A1 der Anlage 2
zur Verwaltungskostenordnung mit § 3 Abs.1 HVerwKG und dem
verfassungsrechtlichen Äquivalenzgrundsatz in Einklang steht, ist der darin zum
Ausdruck kommende generalisierende Kostenansatz. Er wäre auch im
umgekehrten Fall maßstabsbildend, nämlich dann, wenn der konkret angefallene
Verwaltungsaufwand dahinter zurück bliebe.
Auf die Frage, ob der Beklagte es in fehlerhafter Weise unterlassen hat, zu
Gunsten des Klägers eine Billigkeitsentscheidung auf der Grundlage des § 17 Abs.1
HVwKostG zu treffen, kommt es nach dem Vorgesagten nicht mehr an. Das
Gericht weist dennoch darauf hin, dass es wahrscheinlich nicht von einem
fehlerhaften Unterlassen einer Billigkeitsentscheidung ausgegangen wäre. Es ist
nämlich nicht hinreichend deutlich geworden, dass der Beklagte im Jahr 2005 seine
Aufklärungspflicht gegenüber dem Kläger verletzt hat. Dessen Behauptung, er
habe seinerzeit bei einer Grundstücksbegehung gegenüber einem Mitarbeiter des
Beklagten erwähnt, auch den streitgegenständlichen Grundstücksteil erwerben zu
wollen, ist – auch im Hinblick auf das Gegenvorbringen des Beklagten in diesem
Punkt – nicht substantiiert genug, um weitere Ermittlungen rechtfertigen zu
können. Auch der Umstand, dass im Jahr 2007 der Beklagte den Kläger
möglicherweise nicht ausreichend über die zu erwartenden Kosten der
streitgegenständlichen Maßnahme informiert hat, verpflichtete den Beklagten
nicht dazu, über eine Ermäßigung der Gebühr zu befinden. Denn die Anfrage des
Klägers erfolgte erst nach Abschluss des Kaufvertrags mit der Folge, dass ein
eventuelles Fehlverhalten des Beklagten als nicht kausal für die Beauftragung des
Beklagten – und damit das Entstehen der Gebühr - anzusehen gewesen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 und Abs.3 VwGO, die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 Abs.1 VwGO, 708
Nr.11, 711 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 124 a
Abs. 1 Satz 1 VwGO vorliegt. Namentlich hat diese Rechtssache keine
grundsätzliche Bedeutung, weil die streitgegenständlichen Regelungen
zwischenzeitlich geändert wurden (vgl. Zweite Verordnung zur Änderung der
Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Ministeriums für
Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 11.05.2009, GVBl.I vom
27.05.2009, S.159, Staffel A1 der Anlage 2 zum Verwaltungskostenverzeichnis
Nr.7 ) und nicht ersichtlich ist, dass es eine erhebliche Anzahl zu entscheidender
Altfälle gibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.01.2006, 6 B87/05 – juris).
BESCHLUSS
Der Wert des Streitgegenstands wird gemäß § 52 Abs.3 GKG auf 1.462,31 EUR
festgesetzt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.