Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 22.11.2002

VG Frankfurt: verteilung der sitze, ablauf der frist, schriftführer, wahlvorschlag, stadt, wahlunterlagen, einspruch, abgabe, stellvertretung, bekanntmachung

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Gericht:
VG Frankfurt 7.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 E 2305/01
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 12 Abs 3 KomWG NW, § 14
Abs 1 KomWG NW, § 16
KomWG NW, § 26 Abs 1
KomWG NW, § 58 Abs 1 Nr 2
KomWG NW
Zurückweisung eines Wahlvorschlages wegen fehlender
Unterschrift des Versammlungsleiters der Aufstellung.
Leitsatz
Zur Gültigkeit von Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung.
Tenor
1. Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten
abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Gültigkeit der Wahlen zur
Stadtverordnetenversammlung der Stadt U. und zu den Ortsbeiräten der
Stadtteile K., M., Mx, W und Wx am 18.03.2001.
Zu diesen Wahlen war - neben der FWG - die Partei der CDU durch Beschluss des
Wahlausschusses vom 18.01.2001 nicht zugelassen worden.
Sie hatte - ausweislich der Akten der Beklagten - am 11.01.2001 um 17.55 Uhr
Niederschriften über den Verlauf der Versammlung, in der ihre Wahlvorschläge zur
Stadtverordnetenversammlung und zu den Ortsbeiräten aufgestellt worden waren,
eingereicht, die nicht die eigenhändige Unterschrift der Versammlungsleiterin
tragen. Statt dessen ist unter der jeweiligen Niederschrift in der Spalte "Die
Leiterin oder der Leiter der Versammlung" zwar ihr Name aufgeführt, für sie hat
jedoch der Schriftführer mit dem Zusatz "i.A. und i.V." unterschrieben.
In den Akten der Beklagten findet sich, eingeheftet hinter den Niederschriften,
jeweils die Kopie einer handschriftlichen Erklärung der Versammlungsleiterin vom
15.01.2001. Darin gibt diese an, an diesem Tag im Wahlamt U. gewesen zu sein,
um nachträglich ihre Unterschrift unter die Niederschrift der
Mitgliederversammlung des CDU-Stadtverbandes U. vom 21.11.2000 zu leisten.
Da sie in der vergangenen Woche 500 km entfernt in Urlaub gewesen sei, habe sie
dem Schriftführer telefonisch Vollmacht erteilt, die Niederschrift "als Schriftführer
in meinem Auftrag" zu unterschreiben.
Ferner befindet sich in den Akten der Stadt U. eine notariell beurkundete
eidesstattliche Versicherung der Versammlungsleiterin vom 17.01.2001. Darin
versichert sie die Richtigkeit des in ihrer Vertretung durch den Schriftführer "und
dann durch mich" unterzeichneten Protokolles der Mitgliederversammlung des
Stadtverbandes der CDU der Stadt U. vom 21.11.2000. Sie sei aufgrund der ihr
erteilten Auskünfte davon ausgegangen, dass ihre bereits telefonisch erteilte
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erteilten Auskünfte davon ausgegangen, dass ihre bereits telefonisch erteilte
Genehmigung zur Unterzeichnung des Versammlungsprotokolles durch den
Schriftführer, der in Vertretung für sie gehandelt habe, ausreichend sein würde.
Seine in ihrem Namen geleistete Unterschrift genehmige sie hiermit nochmals
ausdrücklich.
Bescheinigungen, dass die Unterzeichner der Wahlvorschläge der CDU
wahlberechtigt sind, fehlten bei Abgabe der Unterlagen am 11.01.2001 bei allen
Unterzeichnern des Wahlvorschlags zur Stadtverordnetenversammlung und bei
fast allen Unterzeichnern der Wahlvorschläge zu den Ortsbeiräten.
Die Kommunalwahlen wurden am 18.03.2001 durchgeführt. In seiner öffentlichen
Sitzung am 29.03.2001 stellte der Gemeindewahlausschuss das endgültige
Ergebnis der Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung und zu den Ortsbeiräten
für die Stadtteile E, K, M, Mx, W, Wx und U. fest. Das Ergebnis wurde am
03.04.2001 bekannt gemacht.
Mit Schreiben vom 31.03.2001 legte der Kläger, der seinen Wohnsitz in U. -
Kernstadt hat, Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahlen zum Stadtparlament und
zu den Ortsbeiräten ein.
Zur Begründung führte der Kläger aus, Neuwahlen seien notwendig. Die Partei der
CDU sei mit Entscheidung vom 18.01.2001 vom Wahlausschuss nicht zugelassen
worden mit der Begründung, dass die Wahlvorschläge nicht den formalen
Anforderungen des Kommunalwahlgesetzes (KWG) entsprechen würden. Diese
Begründung sei rechtsfehlerhaft. Es handele sich um eine Unregelmäßigkeit, die
sowohl das Wahlergebnis als auch die Sitzverteilung im Stadtparlament sowie die
Zusammensetzung der Ortsbeiräte entscheidend beeinflusst habe.
Die von der CDU vorgelegten Wahlunterlagen hätten den formalen
Mindesterfordernissen des KWG entsprochen, so dass die Partei hätte zugelassen
werden müssen. Die beim Wahlamt eingereichte Niederschrift über den Verlauf der
Versammlung, in der die Wahlvorschläge der CDU aufgestellt worden sind, sei zwar
nicht von der Versammlungsleiterin unterschrieben worden, da diese
urlaubsabwesend gewesen sei. Dafür habe jedoch "in Stellvertretung" der
telefonisch bevollmächtigte Schriftführer unterschrieben und die Versicherung an
Eides statt abgegeben, dass die Wahl der Bewerber in geheimer Abstimmung
erfolgt sei. Ferner seien Unterschrift und Erklärung an Eides statt noch einmal
notariell nachgeholt worden. Es handele sich um einen heilbaren Formmangel, da
die Versammlungsleiterin die genannten Angaben persönlich als Zeugin hätte
bestätigen können. Von dieser Möglichkeit habe der Wahlausschuss aber keinen
Gebrauch gemacht. Die Versammlungsleiterin habe zudem nach ihrer Rückkehr
aus dem Urlaub nochmals ihre Unterschrift beim Wahlamt abgegeben. Sinn und
Zweck der Ordnungsvorschrift des § 12 Abs. 3 KWG sei damit Rechnung getragen.
Wegen personeller Knappheit sei es dem Wahlamt nicht gelungen, die fristgerecht
eingereichten Wahlvorschläge der CDU, einschließlich der
Wahlrechtsbescheinigungen der Unterstützer, zu prüfen und mit dem Dienstsiegel
zu versehen. Dies hätte am 11.01.2001 auch noch nach 18 Uhr geschehen
müssen.
Schließlich sei - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - auf den Formblättern für
die Wahlberechtigungen sowie in der amtlichen Bekanntmachung für das
Einreichen der Wahlunterlagen als Adresse jeweils das Amt "Wahlen, P 1"
angegeben worden. Das Wahlamt sei aber in der W Str 46 angesiedelt. Die
amtliche Bekanntmachung des Wahlamtes sei damit formal fehlerhaft.
Auch sei es "zweifelhaft, warum der stellvertretende Wahlleiter von der Verwaltung
dazu ermächtigt" gewesen sei, zwei verschiedene Verwaltungsakte vorzunehmen.
Für die Bestätigungen der Wählbarkeit und die Annahme der Wahlunterlagen seien
aber zwei getrennte Ämter, nämlich das Meldeamt und das Wahlamt, zuständig.
Auch dies sei formal fehlerhaft.
Zudem habe die Stadtverwaltung in den Wahlausschuss, der über die Zulassung
der Parteien zu entscheiden gehabt habe, Bewerber berufen, die selbst an der
Wahl teilnähmen. Der kurzfristig neu besetzte Wahlausschuss habe sich nicht in
ausreichendem Maße mit der Prüfung der Wahlunterlagen sowie der hierzu
eingereichten schriftlichen Stellungnahme des Klägers beschäftigt.
Außerdem habe die Partei der GRüNEN zur Wahl des Ortsbeirats der Kernstadt U.
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Außerdem habe die Partei der GRüNEN zur Wahl des Ortsbeirats der Kernstadt U.
statt der erlaubten fünf sechs Kandidaten aufgestellt gehabt. Die Stimmzettel
seien entsprechend fehlerhaft gewesen. Der selbe Fehler habe sich auch in E bei
der SPD zugetragen. Dies widerspreche § 16 KWG, wonach nur so viele Kandidaten
aufgestellt werden könnten, wie Sitze im jeweiligen Gremium zu vergeben seien.
Am 23.04.2001 beschloss die Stadtverordnetenversammlung, die Prüfung der
Gültigkeit der Wahlen zu den Ortsbeiräten U. und E an einen
Wahlprüfungsausschuss zu verweisen. Die "am 02.03.1997 durchgeführten Wahlen
der Stadtverordnetenversammlung der Stadt U." sowie die am 18.03.2001
durchgeführten Wahlen zu den übrigen Ortsbeiräten wurden laut
Sitzungsniederschrift der Beklagten für gültig erklärt.
Dies teilte der Gemeindewahlleiter dem Kläger mit Schreiben vom 27.04.2001,
zugestellt am 05.05.2001, so mit. In dem mit einer Rechtsbehelfsbelehrung
versehenen Schreiben heißt es ferner: "über die Entscheidung der
Stadtverordnetenversammlung zu den Wahlen für die Ortsbeiräte Kernstadt U.
und E wird Ihnen nach Beschluss der Stadtverordnetenversammlung eine
entsprechende Entscheidungsmitteilung zugehen."
Am 05.06.2001 wurde die vorliegende Klage erhoben. Unter Wiederholung seiner
Einspruchsbegründung vom 31.03.2001 trägt der Kläger weiter vor, die
Unregelmäßigkeiten bei der Ortsbeiratswahl in der Kernstadt U. und in E hätten die
Wähler auch im Hinblick auf die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung
beeinflusst. Ungültige Stimmzettel hätten zusammen mit den anderen
Wahlunterlagen zur Kommunalwahl ausgelegen.
Nach § 14 Abs. 1 KWG bestehe bis zum Ablauf der Einreichungsfrist für die
Wahlvorschläge eine Vorprüfungspflicht des Wahlleiters. Art und Weise sowie
Umfang der Vorprüfungspflicht liege allein im organisatorischen Ermessen des
Gemeindevorstandes und nicht des Gemeindewahlleiters. Es werde unterstellt,
dass der Gemeindevorstand die organisatorische Bestimmung getroffen habe, die
Bescheinigungen des Wahlrechts der die Wahlvorschläge unterstützenden
Personen beim Wahlamt, P, einzuholen. Dies ergebe sich aus der Absenderangabe
des betreffenden Formulars. Sollte diese Unterstellung nicht zutreffen und es sich
insoweit um eine eigenverantwortliche Anordnung des Wahlleiters handeln, läge
darin schon ein Gesetzesverstoß.
Darüber hinaus könne es sich bei einer solchen vom Gemeindevorstand
angeordneten Handhabung nicht um eine vorprüfende Maßnahme i.S. des KWG
handeln, zumal dem Magistrat hätte bewusst sein müssen, dass das Wahlamt
zumindest dann personell nicht ausreichend besetzt sei, wenn es unter Zeitdruck
Anträge auf Ausstellung von Wahlrechtsbescheinigungen erledige und zugleich
Wahlvorschläge fristgebunden entgegengenommen werden müssten. So oder so
leide das Wahlverfahren an einem gravierenden Fehler.
Auch die FWG sei nicht zur Wahl zugelassen worden. Nachdem es einigen
Unterstützern der FWG nicht gelungen sei, eine Wahlrechtsbescheinigung zu
erhalten, da in der P kein Wahlamt aufzufinden gewesen sei, habe sich der
Schriftführer der FWG gegen 17.30 Uhr in die P begeben, um die Bescheinigungen
einzuholen. Nach längerem und vergeblichem Suchen sei er schließlich von
Mitarbeitern des Bürgerbüros in die W Str. 46 verwiesen worden, wo er gegen
17.45 Uhr eingetroffen sei. Dort habe er warten müssen, bis die CDU-Vorschläge
entgegen genommen worden seien. Etwa um 18.15 Uhr hätten die Wahlvorschläge
der FWG vorgelegt werden können. Eine Diskussion über Mängel habe nicht
stattgefunden. Der allein anwesende stellvertretenden Wahlleiter habe erklärt,
nach seinem ersten überblick gäbe es wegen der amtlichen
Wahlrechtsbescheinigungen keine Probleme. Auch die Nichtzulassung der FWG-
Wahlvorschläge stelle eine Unregelmäßigkeit i.S. des KWG dar.
Die die Wahlvorschläge einreichenden Parteivertreter hätten keine Kenntnis davon
gehabt, dass die Unterlagen entgegen der amtlichen Bekanntmachung nur in der
Weilburger Straße entgegengenommen werden würden. Gerade unter Vermeidung
des etwa zehnminütigen Zeitaufwandes für den Weg vom Bürgerbüro zum
Wahlamt hätte die Prüfung früher beginnen können und die angeblichen Fehler
hätten verhindert werden können.
Die Beanstandung, dass der Wahlausschuss sich aufgrund der notwendigen
Neubesetzung nicht in ausreichendem Maße und angemessener Form mit der
Sache habe beschäftigen können, bleibe aufrecht erhalten. Auch die
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Sache habe beschäftigen können, bleibe aufrecht erhalten. Auch die
Voraborganisation der Vorprüfung habe dem Wahlausschuss oblegen, der im
Vorfeld keine ausreichenden organisatorischen Maßnahmen eingeleitet habe.
Auf einen entsprechenden Hinweis des Gerichts hat der Kläger weiter vorgetragen,
der ihm auf seinen Einspruch hin mitgeteilte Beschluss über die Gültigkeit der Wahl
zur Stadtverordnetenversammlung sei fehlerhaft. Formaljuristisch betrachtet habe
sich die Stadtverordnetenversammlung in ihrem Beschluss gar nicht mit seinem
Einspruch beschäftigt. Es liege ein Verfahrensfehler nach den §§ 26, 27 KWG i.V.m.
113 Abs. 1 KWO i.V.m. dem Hessischen Verwaltungszustellungsgesetz vor. Der
Beschluss sei nicht nur inhaltlich falsch, sondern auch mit diesem falschen Inhalt
zugestellt worden. Ein Beschluss über die Gültigkeit der Kommunalwahl vom
18.03.2001 nach Erhebung des Einspruchs existiere damit gar nicht.
Für die Wirksamkeit eines derartigen Beschlusses sei nach § 58 Abs. 1 Nr. 2 KWO
die Zustellung mit richtigem Inhalt erforderlich. Es liege somit auch ein Verstoß
gegen die §§ 57 i.V.m. 58 Abs. 1 Nr. 2 KWG vor, so dass unabhängig davon, ob die
Unregelmäßigkeit Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt habe, eine solche Wahl
stets für ungültig zu erklären sei.
Da es sich bei einem solchen Beschluss um einen Verwaltungsakt i.S. des § 35
VwVfG handele, sei dieser im vorliegenden Fall nichtig.
Auf entsprechende Frage des Gerichts hat der Kläger ferner mitgeteilt, dass nicht
die CDU, sondern die FWG am 11.01.2001 versucht habe, ihre Wahlunterlagen in
der P abzugeben, und zwar gegen 17.30 Uhr. Der Überbringer dieser Unterlagen
sei dann gegen 17.45 in der Weilburger Str. 46 eingetroffen. Zu dieser Zeit habe
der stellvertretende Wahlleiter die CDU-Wahlvorschläge bereits
entgegengenommen gehabt. Die CDU habe schon am Vortag mit den Unterlagen
bei diesem vorgesprochen und zu der "oben benannten Zeit" am 11.01. die
Unterlagen in der W Str. abgegeben.
Der Kläger, der ursprünglich auch beantragt hatte, den Beschluss der
Stadtverordnetenversammlung vom 23.04.2001, durch den die am 18.03.2001
durchgeführten Wahlen der Ortsbeiräte für die Stadtteile K, Mx, M, Wx und W für
gültig erklärt worden sind, aufzuheben und seinem Einspruch insoweit
stattzugeben, hat diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung am 22.11.2002
zurückgenommen.
Der Kläger beantragt nunmehr,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Beschlusses vom 23.04.2001 zu
verpflichten, die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung der Stadt U. vom
18.03.2001 für ungültig zu erklären,
hilfsweise, festzustellen, dass der Beschluss der Beklagten vom 23.04.2001 über
die Gültigkeit der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung nichtig ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Soweit sich der Kläger gegen die Gültigkeit der Wahl zur
Stadtverordnetenversammlung wende, sei seine Klage zulässig, jedoch
unbegründet. Beim Wahlverfahren seien keine Unregelmäßigkeiten vorgekommen.
Die Wahlvorschläge der CDU seien nicht gültig gewesen und zu Recht
zurückgewiesen worden.
Der Nachweis über die Versammlung zur Aufstellung der Bewerber sei nicht
ordnungsgemäß erbracht worden. Die eingereichte Niederschrift erfülle nicht die
Anforderungen des § 12 Abs. 3 KWG. Ihr fehle die Unterschrift der
Versammlungsleiterin und damit auch deren nach § 12 Abs. 3 S. 3 KWG
erforderliche eidesstattliche Versicherung. Diese Mängel hätten wegen der
Einreichung der Wahlvorschläge wenige Minuten vor Ablauf der Frist nicht mehr
behoben werden können, denn die knappe zur Verfügung stehende Zeit sowie die
Abwesenheit der Versammlungsleiterin hätten dies ausgeschlossen. Mangels
Vorliegens eines gültigen Wahlvorschlags sei die Behebung der Fehler nach Ablauf
der Einreichungsfrist nicht mehr möglich gewesen.
Die Wahlvorschläge der CDU seien aber auch deshalb ungültig gewesen, da bei
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Die Wahlvorschläge der CDU seien aber auch deshalb ungültig gewesen, da bei
sämtlichen Unterzeichnern der Wahlvorschläge für die Wahlen zur
Stadtverordnetenversammlung deren Nachweise über die Wahlberechtigung
gefehlt hätten. Auch diese Mängel hätten nach Ablauf der Einreichungsfrist daher
nicht mehr geheilt werden können.
Die Versammlungsleiterin hätte die Niederschrift persönlich unterzeichnen
müssen, da es sich hierbei um einen Akt der Beurkundung handele. Die in § 12
Abs. 3 KWG geforderte Unterzeichnung durch vier verschiedene Personen diene
erkennbar dazu, die Beweiskraft der Niederschrift als Urkunde zu verstärken.
Dieses Ziel werde verfehlt, wenn die Niederschrift zwar vier Unterschriften trage,
diese jedoch nur von drei Personen stammten. Eine Stellvertretung in der
Unterzeichnung für die Versammlungsleitung sei jedenfalls im Regelfall nicht
möglich, denn das Gesetz gehe davon aus, dass die Versammlung durchgängig
von einer Person geleitet werde und eine Stellvertretung nicht in Betracht komme.
Aber auch in Ausnahmefällen, in denen die Leitung im Verlauf der Sitzung
abgegeben werden müsse, würde diese kaum dem Schriftführer zusätzlich
übertragen werden, sondern eher einer dritten Person. Die Versammlungsleiterin
habe den Schriftführer nach ihren eigenen Angaben auch nicht als ihren
Stellvertreter zur Unterschrift bevollmächtigt, sondern als Schriftführer. Die
Versammlungsleiterin habe zudem den Inhalt der Urkunde zum Zeitpunkt der
Bevollmächtigung nicht gekannt. Die Beurkundung höchstpersönlicher
Wahrnehmungen sei nach der Natur der Sache nicht delegierbar. Die
nachträgliche Bestätigung der Richtigkeit des Protokolls durch die
Versammlungsleiterin habe den ungültigen Wahlvorschlag nicht mehr zu einem
gültigen machen können, da die als Ausschlussfrist ausgestaltete Einreichungsfrist
bereits abgelaufen gewesen sei.
Hinsichtlich der Bescheinigungen über die Wahlberechtigung der Unterzeichner
des Wahlvorschlags habe der Wahlleiter in seiner Bekanntmachung vom
16.12.2000 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei Einreichung der Nachweis
des Wahlrechts mitgeführt werden müsse und ferner angeraten, dass die
Wahlvorschläge frühzeitig eingereicht werden sollten, damit das Wahlamt über
ausreichend Zeit verfüge, diese gründlich auf etwaige Mängel zu prüfen, so dass
die Fehler noch rechtzeitig vor Fristablauf beseitigt werden könnten. Nach der
Rechtsprechung trage eine Partei in erster Linie selbst die Verantwortung dafür,
dass ihr Wahlvorschlag den gesetzlichen Voraussetzungen entspreche und
möglichst frühzeitig eingereicht werde, um eventuelle Mängel noch beheben zu
können. Der Wahlleiter habe auch die Einreichungsfrist nicht von sich aus
verlängern dürfen.
Soweit in den Formularen für die Bescheinigung des Wahlrechts der Unterzeichner
der Wahlvorschläge im Feld der Absenderangabe jeweils "Amt Wahlen, P"
angegeben sei, handele es sich um die zutreffende Angabe der städtischen
Organisationseinheit, die für die Erteilung der Bescheinigungen zuständig gewesen
sei, auch wenn diese in der Weilburger Straße 46 residiere. Es handele sich nicht
um eine relevante Unregelmäßigkeit mit Einfluss auf das Wahlergebnis, denn die
Adresse habe weder mit derjenigen identisch sein müssen, bei der die
Wahlvorschläge einzureichen gewesen seien, noch habe sie zum obligatorischen
Inhalt der Wahlbekanntmachung nach § 22 Abs. 1 KWO gehört. Im übrigen habe
der stellvertretende Wahlleiter Vertreter aller Parteien und Wählergruppen
mehrfach mündlich auf den Abgabeort Weilburger Straße hingewiesen.
Selbst wenn man die Tatsache, dass die Wahlvorschläge entgegen der
Wahlbekanntmachung nur in der W Str entgegengenommen worden seien, als
Unregelmäßigkeit ansähe, habe diese die Verteilung der Sitze nicht beeinflussen
können. Die CDU habe nämlich ihre Wahlvorschläge dennoch rechtzeitig
einreichen können. Die Mängel der Vorschläge hätten aber auch dann nicht mehr
beseitigt werden können, wenn die Vorschläge in der P hätten eingereicht werden
können. Der zeitliche Aufwand für den Weg von dort bis zur W Str. betrage etwa 10
Minuten. Der stellvertretenden Wahlleiter sei dort vor 18 Uhr noch damit
beschäftigt gewesen, einige bei den Wahlvorschlägen der SPD noch fehlende
Wahlrechtsbescheinigungen zu erteilen. Dieser Vorgang sei allerdings rechtzeitig
bis 17.50 Uhr vollständig abgeschlossen gewesen.
Die Prüfungspflicht des Wahlleiters ändere nichts daran, dass das Gesetz die
alleinige Verantwortung für die Aufstellung und Einreichung wirksamer
Wahlvorschläge den Parteien und Wählergruppen auferlege. Eine Partei, die auf die
Unterstützung des Wahlleiters angewiesen sei, müsse dafür sorgen, diese
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Unterstützung des Wahlleiters angewiesen sei, müsse dafür sorgen, diese
rechtzeitig in Anspruch zu nehmen.
Auch die Rüge fehlerhafter Besetzung des Wahlausschusses infolge der Berufung
von Wahlbewerbern greife nicht durch. Als der Wahlausschuss am 18.01.2001
zusammengetreten sei, um über die Zulassung der Wahlvorschläge zu
entscheiden, hätten ihm wegen einer nach der Einreichung der Wahlvorschläge
vorgenommenen Umbesetzung keine Bewerber (mehr) angehört, die selbst an
der Wahl teilgenommen hätten. Der Kläger habe auch selbst zugestanden, dass
der Ausschuss bis zur Entscheidung über die Zulassung neu besetzt worden sei.
Selbst wenn der Ausschuss sich nicht ausreichend mit der Prüfung der
Wahlvorschläge der CDU beschäftigt hätte, könnte dies der Klage keinen Erfolg
bescheren. Denn der Wahlausschuss sei zu dem rechtlich allein richtigen Ergebnis
gelangt, dass die streitbefangenen Wahlvorschläge ungültig gewesen seien und er
sie deshalb nicht zulassen durfte. Deshalb hätten sich die gerügten Fehler nicht
auf das Wahlergebnis auswirken können.
Was den Vortrag des Klägers betreffe, die Stimmzettel für die nicht
streitgegenständlichen Ortsbeiratswahlen seien fehlerhaft gewesen, fehle jeder
substanziierte und nachvollziehbare Vortrag dazu, warum dadurch das Ergebnis
der Wahlen zum Stadtparlament hätte beeinflusst worden sein sollen.
Der Sachvortrag des Klägers zur Einreichung der FWG-Wahlvorschläge könne nicht
berücksichtigt werden, da er erstmals im Klage- und nicht schon im
Einspruchsverfahren vorgebracht worden sei.
Der Bevollmächtigte der Beklagten hat die Ausfertigung eines Auszugs aus der
Sitzungsniederschrift der Beklagten vom 23.04.2001 sowie Kopien der Einladung
zu dieser Sitzung und der Beschlussvorlage betreffend die Gültigkeit der
Kommunalwahl vorgelegt. Er hat darauf hingewiesen, dass sowohl in der Einladung
als auch in der Beschlussvorlage zu dem betreffenden Punkt der Tagesordnung
von der "Beschlussfassung über die Gültigkeit der Kommunalwahl am 18.03.2001"
die Rede ist und gleiches auch für die Überschrift des betreffenden
Tagesordnungspunktes in der Sitzungsniederschrift gilt. Auch hinsichtlich der
Ortsbeiratswahlen sei das richtige Datum angegeben worden. Schließlich habe es
keinen Anlass gegeben, sich noch einmal mit den Kommunalwahlen des Jahres
1997 zu befassen. Nach alledem müsse man davon ausgehen, dass die Beklagte
tatsächlich die am 18.03.2001 durchgeführten Wahlen zur
Stadtverordnetenversammlung für gültig erklärt habe. Die fehlerhafte Wiedergabe
des betreffenden Beschlusses sei vermutlich auf einen Fehler bei der
computergestützten Erstellung des Protokolls zurückzuführen, in das - ebenso wie
in den an den Kläger gerichteten Bescheid - der Beschluss aus dem Jahr 1997
einkopiert sei. Er weist ferner darauf hin, dass im Betreff des Bescheids der
Einspruch des Klägers vom 31.03.2001 genannt ist. Dass der Kläger den Bescheid
auch so verstanden habe, ergebe sich aus seinem Klageantrag zu 1.
Der aufgrund der Klageschrift zunächst ebenfalls als Beklagter im Rubrum - vor
dessen Berichtigung i.S. des § 27 S. 2 KWG - aufgeführte Gemeindewahlleiter hat
in seiner vom Gericht erbetenen Erwiderung auf die Klageschrift ausgeführt, dass
nach Aussage des damaligen stellvertretenden Gemeindewahlleiters weder die
Unterlagen der FWG noch die Unterlagen der CDU hätten rechtzeitig vor 18 Uhr
geprüft werden können, da auch die SPD ihre Unterlagen erst um 17.40 Uhr
abgegeben hätte.
Soweit der Kläger vortrage, es sei zweifelhaft, warum der stellvertretende
Wahlleiter zur Vornahme zweier verschiedener Verwaltungsakte ermächtigt
gewesen sei, handele es sich um eine Frage der internen Organisationsbefugnis
der Verwaltung und des Gemeindewahlleiters. Dass die Zusammenfassung dieser
Aufgaben sinnvoll sei, zeige sich auch daran, dass bei einer zeitlich mehr
auseinander liegenden Abgabe der Wahlunterlagen zumindest die
Wahlrechtsbescheinigungen hätten vielleicht noch rechtzeitig erteilt werden
können.
Es sei auch nicht richtig, dass der Wahlausschuss nach seiner Neubesetzung keine
Gelegenheit gehabt hätte, sich ausreichend auf die Prüfung der Wahlunterlagen
vorzubereiten. Der Wahlausschuss erhalte aufgrund gesetzlicher Bestimmungen
vor seinem ersten Zusammentreten grundsätzlich keinerlei Unterlagen. Statt
dessen berichte der Wahlleiter über die notwendige Vorprüfung und lege die
erforderlichen Unterlagen vor. Dies sei so geschehen und die Unterlagen seien im
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erforderlichen Unterlagen vor. Dies sei so geschehen und die Unterlagen seien im
Rahmen der Sitzung auch nach dem Gesetz geprüft worden. Soweit der Kläger
meine, dass die Vorprüfung der eingereichten Unterlagen im organisatorischen
Ermessen des Gemeindevorstandes läge, finde dies im Gesetz keine Stütze und
sei für die streitgegenständliche Frag auch ohne Bedeutung.
Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
Gerichtsakte, insbesondere die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom
22.11.2002 sowie die beigezogenen Akten der Beklagten (7 Aktenordner)
verwiesen.
Entscheidungsgründe
Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt (§ 92
Abs. 3 S. 1 VwGO). Dies betrifft die Anfechtung der Wahlen zu den Ortsbeiräten der
Stadtteile K, Merzhausen, M, Wx und W der Stadt U..
Soweit der Kläger sich gegen die Gültigkeit der Wahl zur
Stadtverordnetenversammlung der Stadt U. wendet, ist seine Klage zulässig,
jedoch nicht begründet.
Der Kläger war zu dieser Wahl wahlberechtigt. Er hat nach Bekanntmachung des
Wahlergebnisses fristgemäß Einspruch erhoben. Es liegt entgegen der Ansicht des
Klägers auch ein Beschluss der Stadtverordnetenversammlung über die Gültigkeit
der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung vom 18.03.2001 vor, gegen den der
Kläger fristgemäß die vorliegende Klage erhoben hat. Dieser Beschluss hat für das
Wahlanfechtungsverfahren die Bedeutung einer Prozessvoraussetzung (Hess.
VGH, Urteil vom 03.11.1965 - OS II 57/65 -, HessVGHRspr. 1966, 86 (87)).
Zwar wurden laut Auszug aus der Sitzungsniederschrift der Beklagten vom
23.04.2001 im Beschluss Nr. 5/2001 "die am 02.03.1997 durchgeführten Wahlen
der Stadtverordnetenversammlung der Stadt U. für gültig erklärt", und dieser
Beschluss wurde dem Kläger unter dem 27.04.2001 auch so mitgeteilt. Die
Stadtverordneten haben jedoch tatsächlich einen Beschluss über die Gültigkeit der
Wahl zur Stadtverordnetenversammlung vom 18.03.2001 gefasst.
Denn sowohl in der Einladung zu der Sitzung vom 23.04.2001 als auch in der
Beschlussvorlage, über die abgestimmt wurde, ist der betreffende
Tagesordnungspunkt mit "Beschlussfassung über die Gültigkeit der Kommunalwahl
am 18.03.2001" richtig bezeichnet. Ferner enthält auch der Beschlussvorschlag die
entsprechende Formulierung. Damit liegt ein in öffentlicher Sitzung gefasster
Beschluss der Stadtverordnetenversammlung über die Gültigkeit der Wahl 2001
vor. Dieser Beschluss ist allerdings fehlerhaft protokolliert und dem Kläger
fehlerhaft bekannt gegeben worden. Selbst wenn man die Beklagte als Behörde
und ihren Beschluss vom 23.04.2001 als Verwaltungsakt ansehen und die
Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes hier unmittelbar anwenden würde
- wie es der Kläger tut - wäre der o.g. Beschluss aber nicht nichtig (§ 44
HessVwVfG). Er litte lediglich an einem Fehler bei seiner schriftlichen Bekanntgabe
an den Kläger, da er hierbei falsch bezeichnet worden ist. Dies hat den Kläger im
übrigen auch nicht gehindert, rechtzeitig Klage gegen den tatsächlich existenten
Beschluss über die Gültigkeit der Kommunalwahl 2001 zu erheben. Aus dem
Fehler bei der Bekanntgabe ist ihm also kein Nachteil entstanden.
Die Klage ist nach alledem zulässig, wobei allerdings die Einwände des Klägers
gegen die Gültigkeit der Wahl wegen der Nichtzulassung der FWG keine
Berücksichtigung finden können. Der Kläger hat diesen Sachverhalt nicht schon im
Einspruchsverfahren geltend gemacht, weshalb dem Gericht eine sachliche
Überprüfung möglicher Wahlmängel insoweit verwehrt ist.
Nach der Rechtsprechung des Hessischen VGH (Urteil vom 23.01.1997- 6 UE
3863/96, NVwZ - RR 1998, 127), der die Kammer in ständiger Rechtsprechung
folgt, ist über eine Einwendung gegen die Gültigkeit einer Kommunalwahl im
Wahlprüfungsverfahren nur dann sachlich zu entscheiden, wenn der
Wahlberechtigte den Sachverhalt, auf den er den geltend gemachten Wahlfehler
stützt, innerhalb der Einspruchsfrist des § 25 Abs. 1 KWG so substantiiert darlegt,
dass das mit dem Einspruch befasste Gremium - gegebenenfalls nach einer durch
den Vortrag des Einspruchsführers veranlassten Sachaufklärung oder
Beweisaufnahme - feststellen kann, ob einer der Tatbestände des § 26 Abs. 1 KWG
vorliegt, auch wenn die gesetzlichen Vorschriften eine Begründungspflicht nicht
ausdrücklich normieren (Hess. VGH, Urteil vom 05.03.1985 - II OE 42/82 -, HSGZ
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ausdrücklich normieren (Hess. VGH, Urteil vom 05.03.1985 - II OE 42/82 -, HSGZ
1985, 377; so auch OVG Koblenz, Urteil vom 04.06.1991 - 7 A 12657/90 -, NVwZ -
RR 1991, 659).
Dass die jeweilige Vertretungskörperschaft nur solche Wahlmängel überprüfen
kann und darf, die von einem Beschwerdeführer unter Darlegung eines
bestimmten Sachverhaltes gerügt worden sind, ergibt sich aus der speziellen
Ausgestaltung der Wahlprüfung als eines Anfechtungsverfahrens (§§ 25 ff. KWG).
Aus dem Umstand, dass das Prüfungsgremium nicht von Amts wegen, sondern
stets nur auf Initiative eines wahlberechtigten Bürgers tätig wird, folgt, dass allein
auch dieser Bürger den Umfang der Prüfung bestimmt. Die Begründung des
Einspruchs des Klägers enthält hinsichtlich der Nichtzulassung der FWG aber
keinerlei Ausführungen.
Die Wahlanfechtungsklage ist nicht begründet. Die Rügen des Klägers greifen nicht
durch. Der Beschluss der Beklagten vom 23.04.2001 ist nicht zu beanstanden.
Soweit der Kläger die Nichtzulassung der CDU zur Wahl der
Stadtverordnetenversammlung rügt, ist § 26 Abs. 1 Nr. 2 des Hessischen
Kommunalwahlgesetzes in der hier geltenden Fassung vom 04.09.2000 (GVBl. I S.
454 ff.), geändert durch Art. 10 des Gesetzes zur Stärkung der kommunalen
Zusammenarbeit und Planung in der Region Rhein-Main vom 19.12.2000 (GVBl. I
S. 542 ff.) einschlägig. Nach dieser Vorschrift hätte die Beklagte eine Wiederholung
der vom Kläger beanstandeten Wahl dann anordnen müssen, wenn beim
Wahlverfahren Unregelmäßigkeiten vorgekommen wären, die auf die Verteilung
der Sitze im Stadtparlament von Einfluss hätten gewesen sein können.
Die Nichtzulassung der CDU zu den Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung
war keine Unregelmäßigkeit beim Wahlverfahren. Sie erfolgte zu Recht. Denn die
Partei hatte innerhalb der nach dem Hessischen Kommunalwahlgesetz
vorgeschriebenen Frist keinen gültigen Wahlvorschlag vorgelegt.
Nach § 12 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 KWG muss eine Niederschrift über den Verlauf der
Versammlung aufgenommen werden, in der die Bewerber für die Wahlvorschläge
der jeweiligen Partei oder Wählergruppe aufgestellt werden. Die Niederschrift ist
von dem Versammlungsleiter, dem Schriftführer und zwei weiteren Teilnehmern zu
unterzeichnen, die dabei an Eides statt zu versichern haben, dass die Wahl der
Bewerber in geheimer Abstimmung erfolgt ist (§ 12 Abs. 3 S. 3 KWG). § 14 Abs. 2
S. 2 Ziff. 4 KWG bestimmt, dass ein gültiger Wahlvorschlag nicht vorliegt, wenn der
Nachweis über die Versammlung zur Aufstellung der Bewerber gemäß § 12 Abs. 3
KWG nicht erbracht ist.
Entgegen der Ansicht des Klägers wurde der Nachweis über die Versammlung zur
Aufstellung der Bewerber nach § 12 Abs. 3 KWG bis zum Ablauf der
Einreichungsfrist für die Wahlvorschläge nicht erbracht.
Es handelt sich bei dieser gesetzlichen Bestimmung nicht um eine bloße
Ordnungsvorschrift. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Gesetzgeber ihre
Einhaltung zur Voraussetzung für die Gültigkeit des Wahlvorschlags gemacht hat.
Denn nur bestimmte, näher bezeichnete Mängel von Wahlvorschlägen machen
diese ungültig, wie sich aus den Ziffern 1 bis 5 des § 14 Abs. 2 S. 2 KWG ergibt.
Dazu gehört aber der fehlende Nachweis über die Versammlung zur Aufstellung
der Bewerber.
Auch Sinn und Zweck der Regelung gebieten eine solche Auslegung. Denn der
Landesgesetzgeber will hier dem in Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG normierten Grundsatz
der Freiheit der Wahl Rechnung tragen, der auch für Kommunalwahlen gilt und
neben der freien Wahlbetätigung bei der Abgabe der Wählerstimme auch ein freies
Wahlvorschlagsrecht für alle Wahlberechtigten beinhaltet (ebenso OVG NW, Urteil
vom 20.05.1986 - 15 A 2237/85 - ). § 12 Abs. 3 KWG soll die Einhaltung dieses
Gebots sicherstellen. Deshalb sind auch vier eidesstattliche Versicherungen
vorgesehen. Eine falsche Versicherung an Eides statt ist nach § 156 StGB strafbar.
Im vorliegenden Fall haben nur drei Personen eine eidesstattliche Versicherung
abgegeben, wobei eine Person, der Schriftführer, nicht nur in dieser Eigenschaft,
sondern zusätzlich auch in Vertretung für die Versammlungsleiterin handelte.
Damit ist jedoch der Nachweis nicht erbracht.
Eine eidesstattliche Versicherung dahingehend, dass die Wahl der Bewerber in
geheimer Abstimmung erfolgt ist, setzt der Natur der Sache nach eine eigene
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geheimer Abstimmung erfolgt ist, setzt der Natur der Sache nach eine eigene
Wahrnehmung desjenigen voraus, der die Versicherung abgibt. Schon daraus folgt,
dass Stellvertretung hierbei nicht zulässig sein kann. Im übrigen würde auch die
Strafdrohung des § 156 StGB, die an individuelles Verschulden geknüpft ist, in
Fällen der Stellvertretung ins Leere laufen. Die Unterschrift der
Versammlungsleiterin war daher höchstpersönlich abzugeben (ebenso OVG NW
a.a.O.).
Ob etwas anderes gelten muss, wenn dauerhafte Verhinderung an der Leistung
der Unterschrift vorliegt, kann dahin stehen, da die Versammlungsleiterin wegen
Urlaubs nur vorübergehend verhindert war. Zwischen dem Datum der
Versammlung und dem Ende der Einreichungsfrist für die Wahlvorschläge lag
zudem ein längerer Zeitraum.
Der am 11.01.2001 kurz vor Fristende eingereichte Wahlvorschlag war somit
ungültig. Auf eine Behebung des Mangels noch vor Ablauf der Einreichungsfrist
konnte der stellvertretende Wahlleiter schon deshalb nicht mehr hinwirken, da sich
die Versammlungsleiterin 500 km entfernt in Urlaub befand. Eine Behebung des
Mangels nach Ablauf der Einreichungsfrist konnte nicht mehr erfolgen, da § 14
Abs. 2 S. 1 KWG dies für ungültige Wahlvorschläge ausdrücklich ausschließt. Die
später "nachgeholte" Unterschrift der Versammlungsleiterin konnte den
Wahlvorschlag ebenfalls nicht mehr gültig machen.
Das Gesetz sieht bei Versäumung der Fristen des KWG auch keine
Wiedereinsetzungsmöglichkeit in den vorigen Stand vor. Im Gegenteil schließt § 67
KWG dies ausdrücklich aus. Im vorliegenden Fall würde eine Wiedereinsetzung in
die Einreichungsfrist auch daran scheitern, dass die Frist nicht "ohne Verschulden"
versäumt wurde.
Nach § 15 Abs. 2 S. 1 KWG ist ein Wahlvorschlag u.a. dann zurückzuweisen, wenn
er den Anforderungen nicht entspricht, die durch das Kommunalwahlgesetz
aufgestellt sind. Der Wahlausschuss musste den Wahlvorschlag der CDU nach
alledem zwingend zurückweisen. Eine Unregelmäßigkeit im Wahlverfahren liegt
darin nicht.
Auf die Frage, ob die Zurückweisung des Wahlvorschlags auch wegen fehlender
Wahlrechtsbescheinigungen der Unterzeichner des Wahlvorschlags erfolgen durfte,
kommt es deshalb nicht mehr an. Dennoch sei darauf hingewiesen, dass auch
dieser Fehler einen Wahlvorschlag ungültig macht (§ 14 Abs. 2 S. 2 Ziff. 5 KWG) mit
der Folge, dass auch dieser Mangel nach Ablauf der Einreichungsfrist nicht mehr
behoben werden kann (Abs. 2 S. 1 der Vorschrift).
Auch bedarf die Frage keiner Klärung mehr, ob bei Verstärkung der personellen
Besetzung des Wahlamtes am 11.01.2001 die Bescheinigungen vor Ablauf der
Einreichungsfrist noch hätten erteilt werden können. Allerdings muss ein
Wahlbewerber, der erst innerhalb der letzten halben Stunde vor Ablauf der
Einreichungsfrist seinen - noch dazu unvollständigen - Wahlvorschlag abgibt, damit
rechnen, dass Mängel nicht mehr beseitigt werden können (vgl.
Wahlprüfungsgericht beim Hessischen Landtag, Urteil vom 10.12.1987 - 104/2 -,
StAnz 2/1988 S. 62; Hess. VGH, Urteil vom 30.07.1974 - II OE 102/73 -,
HessVGRspr. 1974, 89). Es kommt hinzu, dass der Wahlleiter in seiner
Aufforderung zur Einreichung von Wahlvorschlägen vom 18.12.2000 auf das
Erfordernis rechtzeitiger Abgabe zwecks etwaiger Behebung von Mängeln
ausdrücklich hingewiesen hatte.
Die Vertreter der CDU befanden sich nach Angabe des Klägers auch nicht im
Irrtum über den Ort, an dem die Wahlvorschläge abzugeben waren. Denn während
in der Aufforderung zur Abgabe der Wahlvorschläge die Anschrift "P" aufgeführt
war, wurden die Unterlagen tatsächlich nur in der W Str. entgegengenommen. Die
Kammer hält dies in der Tat für bedenklich. Selbst wenn man darin eine
Unregelmäßigkeit sehen würde, hätte diese sich aber auch in Verbindung mit den
übrigen vom Kläger in seinem Einspruch vorgetragenen Beanstandungen des
Wahlverfahrens nicht auf die Sitzverteilung im Stadtparlament auswirken können.
Soweit der Kläger rügt, dass der stellvertretende Wahlleiter ermächtigt gewesen
sei, sowohl die Bestätigungen der Wählbarkeit der den Wahlvorschlag
unterstützenden Personen vorzunehmen als auch die Wahlvorschläge
entgegenzunehmen, ist ebenfalls nicht substanziiert vorgetragen oder sonst
erkennbar, dass sich dies auf die Sitzverteilung im Stadtparlament ausgewirkt
haben könnte.
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Gleiches gilt für die Rüge fehlerhafter Stimmzettel für die Ortsbeiratswahlen in den
Stadtteilen U.-Kernstadt und E.
Soweit der Kläger die fehlerhafte Besetzung des Wahlausschusses rügt, hat er
klargestellt, dass dies nur für die Zeit vor der Entscheidung des Wahlausschusses
über die Zulassung der Wahlvorschläge gilt. Allerdings beanstandet er, dass nach
der erforderlich gewordenen kurzfristigen Umbesetzung des Wahlausschusses der
neu zusammengesetzte Ausschuss sich nicht hinreichend habe kundig machen
können. Auch wenn dies so wäre, hätte auch dies jedoch keinen Einfluss auf die
Sitzverteilung im Stadtparlament haben können. Denn angesichts der Abgabe
eines ungültigen Wahlvorschlags durch die CDU gab es nur eine rechtmäßige
Entscheidung des Wahlausschusses, nämlich die, diese Partei nicht zur Wahl
zuzulassen.
Soweit der Kläger hilfsweise die Feststellung des Gerichts beantragt, dass der
Beschluss der Beklagten vom 23.04.2001 über die Gültigkeit der Wahlen zur
Stadtverordnetenversammlung nichtig ist, kann dahin stehen, ob eine solche
Feststellungsklage im vorliegenden Fall zulässig wäre. Denn die Klage ist jedenfalls
unbegründet. Nach den obigen Ausführungen liegt ein rechtsgültiger Beschluss
der Stadtverordnetenversammlung über die Gültigkeit der Wahlen vom 18.03.2001
zur Stadtverordnetenversammlung vor.
Die Klage ist daher insgesamt mit der sich aus den §§ 155 Abs. 2, 154 Abs. 1
VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO
i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.