Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 27.04.2005

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Gericht:
VG Frankfurt 1.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 E 6668/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Leitsatz
Es besteht kein Anspruch des Inhabers einer Reichsbanknote aus dem Jahre 1923 auf
Umtausch in Euro.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten
abwenden, wenn die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger, der seinen Wohnsitz in den USA hat, wandte sich mit Schreiben vom
18.10.2004 an die Beklagte, fügte dem das Original einer am 01.02.1923
ausgegebenen Reichsbanknote über Hunderttausend Mark bei und beantragte
sinngemäß deren Umtausch in EURO. Mit Bescheid vom 16.11.2004 lehnte die
Beklagte den Umtausch ab. Hiergegen erhob der Kläger gemäß der dem Bescheid
beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung am 09.12.2004 Klage.
Er trägt vor, das er die Banknote von seinen Großeltern geerbt hat und den
Wertbetrag zur Unterstützung seiner Enkel benötigt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 16.11.2004 aufzuheben und die Beklagte zu
verurteilen, die vorgelegte Reichsbanknote über Hunderttausend Mark in EURO
umzutauschen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, ein Umtausch der Reichsbanknote sei heute nicht mehr
möglich. Ein diesbezüglicher Anspruch bestehe nicht. Dies führt sie im Einzelnen
aus.
Das Gericht hat den Kläger mit Verfügung vom 10.12.2004, zugestellt per
Einschreiben mit Rückschein, aufgefordert, bis zum 17.01.2005 einen
Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen. Dem ist der Kläger nicht
nachgekommen.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 08.03.2005 auf den
Berichterstatter als Einzelrichter übertragen. Das Gericht hat neben der
Gerichtsakte ein Konvolut mit Behördenvorgängen (4 Blatt) zum Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gemacht.
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Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte über die Klage aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
27.04.2005 ohne Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs
entscheiden, obwohl der Kläger zu dem Termin nicht erschienen ist. Er ist nämlich
ordnungsgemäß geladen gewesen. Die Ladung wurde ihm mit einfachem Brief
zugestellt. Diese Zustellungsart ist gemäß § 56 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 184 Abs. 1
Satz 2 ZPO zulässig, nachdem der Kläger der gemäß § 56 Abs. 3 VwGO
erlassenen und ihm mit Einschreiben mit Rückschein zugestellten Aufforderung
nicht nachgekommen ist, einen Zustellungsbevollmächtigten im Inland zu
bestellen.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist ein Widerspruchsverfahren nicht
erforderlich, da die Beklagte einer obersten Bundesbehörde gleichgestellt ist (§ 68
Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 29 Abs. 1 BBankG).
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen
Umtausch der von ihm vorgelegten Reichsbanknote über Hunderttausend Mark in
EURO. Wie die Beklagte in ihrer Klageerwiderung näher dargelegt hat, mündete die
infolge des Ersten Weltkriegs ausgelöste Inflation im Jahre 1924 in eine
Währungsreform. Nach § 3 des Bankgesetzes vom 30.08.1924 (RGBl. 1924 II 235)
war die damalige Reichsbank verpflichtet, ihren gesamten bisherigen Notenumlauf
aufzurufen und im Verhältnis von einer Billion Mark bisheriger Ausgabe zu einer
Reichsmark in der neuen Reichsmark-Währung umzutauschen und zu vernichten.
Dem kam die Reichsbank durch Bekanntmachung des Reichsbankdirektoriums
(Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger v. 05.03.1925) nach.
Die Reichsbank nahm den Umtausch bis zum 05.07.1925 vor. Zum selben
Zeitpunkt erlosch die Gültigkeit der alten Währung als gesetzliches
Zahlungsmittel. Die Vorfahren des Klägers hätten, sofern sie damals von ihrem
Umtauschrecht Gebrauch gemacht hätten, für die jetzt vorgelegte Banknote rein
rechnerisch den Betrag von 0,0000001 Reichsmark erhalten.
Das Gericht hat den Kläger mit Verfügung vom 18.01.2005 auf diesen Sachverhalt
hingewiesen und ihm nahe gelegt, die Klage unter Berücksichtigung der
anfallenden Gerichtsgebühr zurückzunehmen. Dem ist der Kläger nicht
nachgekommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Berufungszulassungsgründe des § 124
Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124a Abs. 1 S. 1 VwGO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.