Urteil des VG Frankfurt (Main) vom 28.01.2009

VG Frankfurt: privatbank, zugang, daten, gebot der transparenz, akteneinsicht, schutzwürdiges interesse, amtsgeheimnis, wirtschaftsprüfer, drucksache, unterliegen

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Gericht:
VG Frankfurt 7.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 K 4037/07.F
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 9 KredWG, § 1 Abs 1 S 1 IFG,
§ 3 Nr 4 IFG, § 4 IFG, § 5 IFG
Kein Informationszugang bei Finanzaufsicht infolge
Verschwiegenheitspflicht und unverhältnismäßigem
Verwaltungsaufwand
Leitsatz
Informationsfreiheitsgesetz
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen
Kosten des Beigeladenen trägt dieser selbst.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der
festgesetzten Kosten abwenden, sofern nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der
Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren von der Beklagten Zugang zu Unterlagen und Dokumenten
nach dem Informationsfreiheitsgesetz, welche bei der Beklagten im
Zusammenhang der Aufsicht über die Privatbank X, jetzt vertreten durch den
beigeladenen Insolvenzverwalter, vorhanden sind.
Mit Antrag vom 13.09.2006 wandten sich die Kläger an die Beklagte und
beantragten Akteneinsicht und Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz (im
Folgenden: IFG) in die bei der Beklagten im Rahmen ihrer
Finanzdienstleistungsaufsicht geführten Akten über die Privatbank. Sie führten
aus, dass der Privatbank am 02.08.2006 die Erlaubnis zum Führen von
Bankgeschäften durch die Beklagte entzogen worden sei. Die Privatbank befinde
sich im Insolvenzverfahren. Die Privatbank sei als Finanzier der Y AG aufgetreten
und habe gleichzeitig Darlehen an Privatpersonen wie die Kläger zum Erwerb von
Anteilen einer Vielzahl von Immobilienfonds vergeben und auch Sparverträge zum
Erwerb von Anteilen dieser Fonds verwaltet. Zugleich hätten die Fonds
Inhaberschuldverschreibungen der Bank aufgenommen. Durch diese
Geschäftstätigkeit sei im Ergebnis einer Vielzahl von Anlegern, wozu auch die
Kläger gehörten, ein beträchtlicher Vermögensschaden entstanden.
Im Einzelnen beantragten sie Akteneinsicht in Unterlagen, gegliedert nach 9
Themenkomplexen wie folgt: In Verträge der Privatbank mit
Vertriebsgesellschaften, die Produkte der Y AG vertrieben hätten oder noch
vertreiben (1), in Berichte der Wirtschaftsprüfer über die Abschlüsse der Privatbank
für die Jahre 1990 bis 2005, insbesondere in dem Bericht der Wirtschaftsprüfer Z
vom 24.11.2005 (2), die Unterlagen der Beklagten (Berichte, Korrespondenz etc.)
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vom 24.11.2005 (2), die Unterlagen der Beklagten (Berichte, Korrespondenz etc.)
zu den Jahresabschlüssen seit dem Jahr 1990 (3), in die Unterlagen (Absprachen,
Verträge, Aktennotizen) zwischen der Beklagten, der Privatbank bzw. Herrn A im
Vorfeld des Bescheids der Beklagten vom 17.03.2006, insbesondere die Schreiben
des Herrn A vom 03.06.2005, 04.10.2005 und 07.12.2005 (4), in alle Unterlagen
(Absprachen, Verträge, Aktennotizen, Schreiben), die zwischen der Beklagten und
der Privatbank nach dem Ergehen des Bescheids der Beklagten vom 17.03.2006
vorgehalten wurden, insbesondere den Widerspruch der Privatbank (5), in den
Prüfungsbericht des Prüfungsverbandes Y und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Z vom 17.08.2005 (6), in den Treuhandvertrag des Herrn A vom 08.03.2006 (7), in
die Behördenakten, die das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main in dem
Verfahren mit der Geschäftsnummer beigezogen habe (8), in alle Unterlagen
(Absprachen, Verträge, Aktennotizen, Schreiben etc.) betreffend die Privatbank in
Bezug auf den Bescheid der Beklagten vom 20.09.2005, insbesondere das
Schreiben der Beklagten vom 18.08.2005 und die schriftliche Beantwortung vom
29.08.2005 sowie den Widerspruch vom 23.09.2005.
Mit Bescheid vom 07.11.2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Sie stützte ihre
Entscheidung im Wesentlichen auf die Ausschlussgründe vom Zugang zu
Informationen nach § 3 Nr.1 Buchstabe d) und § 3 Nr.4 IFG i. V. m. § 9
Kreditwesengesetz.
Hiergegen legten die Kläger am 07.12.2006 Widerspruch ein, der mit
Widerspruchsbescheid vom 24.10.2007 zurückgewiesen wurde.
Zur Begründung stützte sich die Beklagte auf die Ausführungen in dem
Ausgangsbescheid und führte aus, dass der vorliegend nach § 1 IFG grundsätzlich
gegebene Anspruch auf Informationszugang ausgeschlossen sei, da gemäß § 3
Nr.1 Buchstabe d) IFG das Bekanntwerden der betreffenden Informationen
nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichtaufgaben der
Finanzbehörden habe. Die gesetzlich der Beklagten nach § 6 Kreditwesengesetz
übertragenen Aufsichtspflichten über Finanzinstitute würden der Freigabe von
Informationen aus Institutsakten wegen Zweckgefährdung widersprechen. Die
Akten enthielten vertrauliche Informationen. Ihre Herausgabe an Dritte würde das
Aufsichtsverhältnis zwischen Institut und Beklagter, welches in der überwiegenden
Anzahl der Fälle von Vertrauen und Kooperationsbereitschaft der Institute zu der
Beklagten geprägt sei, nachhaltig stören. Dies habe nachteilige Auswirkungen auf
die Aufsichtstätigkeit, da es nur mit außerordentlich hohem Verwaltungsaufwand
gelingen würde, die Institute stattdessen zur zwangsweisen Information zu
veranlassen, was aber die Folge wäre, wenn seitens der Institute befürchtet werden
müsste, dass Dritten diese Informationen zugänglich würden. Zu berücksichtigen
sei auch, dass die Beklagte sehr viele wichtige Informationen von den Instituten
auf freiwilliger Basis erhalte, und zwar gerade deswegen, weil sich die Institute auf
absolute Diskretion seitens der Beklagten verlassen könnten, wozu die Beklagte
auch gemäß § 9 Kreditwesengesetz verpflichtet sei.
Eine nachteilige Auswirkung sei auch aus wettbewerbsrechtlichen Gründen zu
befürchten. Es bestehe immer die Gefahr, dass Konkurrenten den
Informationszugang zum Zwecke der Ausspähung verfolgten. Schließlich verbiete
sich ein ungehinderter Informationszugang auch aus volkswirtschaftlichen
Gründen. Der Beklagten sei der Aufgabenkreis gemäß § 6 Abs. 2
Kreditwesengesetz übertragen, insbesondere die Aufsicht über die
ordnungsgemäße Abwicklung von Finanzdienstleistungen. Ein Bekanntwerden
vertraulicher Aufsichtsmaßnahmen könnte zu erheblichen Störungen
volkswirtschaftlicher Abläufe führen.
Der Informationszugang sei vorliegend auch gemäß § 3 Nr.4 IFG i. V. m. § 9 Abs. 1
Satz 1 Kreditwesengesetz ausgeschlossen. Nach § 3 Nr. 4 IFG bestehe ein
Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information - in dem hier
interessierenden Zusammenhang - einem Berufs- oder Amtsgeheimnis
unterliege. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Kreditwesengesetz unterlägen aber alle bei der
Beklagten Beschäftigten einer Verschwiegenheitspflicht, welche der Ausprägung
eines besonderen Amtsgeheimnisses gleichkomme. Die Kläger begehrten aber
gerade Akteneinsicht in diverse Prüfberichte, interne Stellungnahmen und
Korrespondenzen, die Tatsachen enthalten würden, welche der Verschwiegenheit
unterfallen würden. Hieran ändere auch das Insolvenzverfahren, in dem sich die
Privatbank befinde, nichts. Auch ein teilweiser Zugang zu Informationen könne
nicht gewährt werden, weil ausnahmslos alle Unterlagen von dem besonderen
Amtsgeheimnis umfasst würden. Selbst wenn jedoch einzelne Unterlagen
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Amtsgeheimnis umfasst würden. Selbst wenn jedoch einzelne Unterlagen
ausnahmsweise nicht diesem Amtsgeheimnis unterfielen, wäre ihre Aussonderung
aus der Vielzahl von Unterlagen mit einem unverhältnismäßigen
Verwaltungsaufwand verbunden, ein Umstand, der den Informationszugang nach §
7 Abs. 2 Satz 1 IFG ausschließe. Soweit die Kläger vorschlagen würden, die
Wahrung des Amtsgeheimnisses durch eine „Stillschweigensvereinbarung“ zu
garantieren, widerspräche dies Sinn und Zweck der Verschwiegenheitspflicht des §
9 Abs. 1 Satz 1 Kreditwesengesetz und sie sei mit Blick auf das mutmaßlich
beabsichtigte zivilrechtliche Vorgehen der Kläger auch zu bezweifeln. Die Kläger
könnten sich auch nicht auf die Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht
gemäß § 9 Abs. 1 Satz 4 Kreditwesengesetz berufen, da diese Ausnahmegründe
ersichtlich nicht gegeben seien.
Der Anspruch auf Informationszugang sei außerdem gemäß § 5 Abs. 1 und 2 IFG
ausgeschlossen. Nach § 5 Abs. 1 IFG dürfe der Zugang zu personenbezogenen
Daten nur gewährt werden, wenn das schutzwürdige Interesse des Dritten am
Ausschluss des Informationszugangs überwiege oder der Dritte eingewilligt habe.
Gemäß § 5 Abs. 2 IFG überwiege jedoch das Informationsinteresse des
Antragstellers in den Fällen nicht, in denen es sich um Unterlagen handele, die
einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterlägen. Diese Vorschrift
enthalte in Ergänzung zu § 3 Nr. 4 IFG einen gesetzlichen Maßstab für die
Interessenabwägung nach Absatz 1 für Informationen, die einem Berufs- oder
Amtsgeheimnis unterliegen würden. Da die begehrten Informationen aber der
Verschwiegenheitspflicht nach § 9 Kreditwesengesetz unterlägen, sei der Zugang
zu den begehrten Informationen auch nach dieser Vorschrift ausgeschlossen.
Der Anspruch sei zudem durch § 6 IFG ausgeschlossen. Ein Betriebs- oder
Geschäftsgeheimnis nach § 6 Abs. 2 IFG liege vor, wenn Tatsachen, die im
Zusammenhang mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stehen würden, nur
einem begrenzten Personenkreis bekannt seien und nach dem erkennbaren Willen
des Inhabers sowie dessen berechtigten wirtschaftlichen Interessen geheim
gehalten werden sollten. Dies sei der Fall, da die Unterlagen aus institutsinternen
Vorgängen bestehen würden, welche die Beklagte wegen der gesetzlichen
Meldepflichten nach dem Kreditwesengesetz und den Auskünften über die
Geschäftsangelegenheiten des Instituts erhalten habe.
Gegen den am 29.10.2007 zugegangenen Widerspruchsbescheid haben die Kläger
am 27.11.2007 Klage erhoben.
Unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen bei Einlegung des Widerspruchs führen sie
aus, dass der begehrte Informationszugang auch mit Blick auf den Anlegerschutz,
der zunehmend unter den Bedingungen der privaten Altersvorsorge Bedeutung
gewinne, ein Gebot der Transparenz sei. Die Beklagte verkenne die Bedeutung
ihrer Aufsichtstätigkeit für das öffentliche Interesse. Der Gesetzgeber habe mit
dem Informationsfreiheitsgesetz zwar dem Einzelnen einen Anspruch auf
Informationszugang verschafft, die hierdurch gewonnenen Informationen dienten
aber gleichzeitig der Öffentlichkeit als Voraussetzung zur Kontrolle der Behörden
und der Ausübung von Initiativrechten im politischen Raum.
Insbesondere sei der Ausschlussgrund gemäß § 3 Nr. 3 Buchstabe d) nicht
gegeben. Die Beklagte habe die nachteiligen Auswirkungen auf ihre
Aufsichtstätigkeit nur pauschal behauptet, ohne substantiiert Auswirkungen
darzulegen. Bei der Aufsichtstätigkeit der Beklagten komme es auf die
Zusammenarbeit aufgrund gesetzlicher Vorschriften an. Würden die Institute
aufgrund des gewährten Informationszugangs dies zum Anlass nehmen, ihren
Nachweispflichten nicht nachzukommen, könne dies nicht zu Lasten der
Auskunftssuchenden gehen.
Die Beklagte könne dem Begehren der Kläger auch nicht entgegenhalten, dass
vorliegend der Schutz personenbezogener Daten den Informationszugang
ausschließe, § 5 Abs. 2 IFG. Insoweit hätten sich die Kläger ausdrücklich zur
Abgabe einer „Stillschweigevereinbarung“ erklärt. Es könne auch auf § 28 Abs. 3
Nr.1 Bundesdatenschutzgesetz verwiesen werden, nach dem die Übermittlung
personenbezogener Daten zulässig sei, sofern dies zur Geltendmachung
rechtlicher Interessen notwendig sei. Diese Vorschrift sei ein Hinweis, dass nach
dem Willen des Gesetzgebers die Schutzwürdigkeit der personenbezogenen Daten
hinter das Interesse am Informationszugang zurücktreten könne. Soweit die
Beklagte befürchte, dass die Informationen in einem Zivilprozess eine Rolle spielen
könnten, sei darauf hinzuweisen, dass § 171 b Gerichtsverfassungsgesetz die
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könnten, sei darauf hinzuweisen, dass § 171 b Gerichtsverfassungsgesetz die
Möglichkeit eines Ausschlusses der Öffentlichkeit von der mündlichen Verhandlung
vorsehe.
Eine Gefährdung des Schutzes personenbezogener Daten sei vorliegend nicht
gegeben. Das Informationsinteresse beschränke sich überwiegend auf von den
personenbezogenen Daten unabhängige Tatsachen. Diese Tatsachen könnten von
der Beklagten in den Aktenbeständen auch anonymisiert werden. Sie könne
Schutzmaßnahmen treffen. Dagegen habe die Beklagte den Aufwand für
entsprechende Schutzmaßnahmen nicht substantiiert. In gleicher Weise sei es zu
beurteilen, wenn die Beklagte sich auf den Standpunkt stelle, der weitaus
überwiegende Teil der instituts- und drittbezogenen Informationen sei von der
Verschwiegenheitspflicht des § 9 Kreditwesengesetz erfasst. Auch hier komme die
Beklagte ihrer Darlegungslast nicht nach. Erforderlich sei eine detaillierte
Darlegung, welche Dokumente nach ihrem Inhalt der Verschwiegenheitspflicht
unterliegen würden.
Dabei sei der Tatbestand des unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands auch im
Lichte des Informationsinteresses der Kläger zu prüfen. Andernfalls obliege es der
Beklagten, dem Informationsrecht der Kläger in anderer Form nachzukommen. Es
komme auch ein zusammenfassender Bericht oder eine Auskunft in Frage. Diese
Möglichkeit habe die Beklagte jedoch gar nicht in Betracht gezogen.
Dem Anspruch auf Informationszugang der Kläger stehe ebenso nicht § 5 Abs. 2
IFG wegen eines Berufs- oder Amtsgeheimnisses entgegen. § 5 Abs. 2 Satz 2 IFG
stelle im Vergleich zu § 3 Nr. 4 IFG die speziellere Norm dar, wenn gleichzeitig
personenbezogene Daten betroffen sind. Im Übrigen regele § 5 Abs. 2 IFG ebenso
wie § 3 Nr. 4 IFG den Schutz von Berufs- und Amtsgeheimnissen, ohne dass ein
Bezug zu personenbezogenen Daten gegeben sein müsse.
Vorliegend werde kein Berufs- und Amtsgeheimnis betroffen. Die Beklagte sei kein
Berufsgeheimnisträger. Eine Verschwiegenheitspflicht bestehe auch nicht nach § 9
Kreditwesengesetz. Diese bestehe lediglich gegenüber den zu überwachenden
Instituten und Dritten. Zudem enthalte sie beispielhaft Ausnahmen in § 9 Abs.1
Satz 4 Kreditwesengesetz, welche durch das in der Vorschrift verwendete Wort
„insbesondere“ verdeutliche, dass diese Ausnahmen nicht abschließend seien.
Daraus lasse sich schließen, dass eine Datenweitergabe auch zulässig sei, wenn
höherrangige Interessen dies gebieten würden. Dem Interesse der Kläger an der
Information sei jedenfalls Vorrang einzuräumen.
Es sei außerdem zu beachten, dass Rechtsverstöße der Privatbank unzweifelhaft
feststehen würden. Der Entzug der Erlaubnis zum Führen der Bankgeschäfte
zeuge hiervon. § 9 Kreditwesengesetz bezwecke auch, Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse zu schützen. Diese seien jedoch vorliegend nicht
schutzwürdig, da sich der begehrte Informationszugang gerade auf diese
Rechtsverstöße beziehe. Das Anerbieten der Kläger zum Abschluss einer
„Stillhaltevereinbarung“ beziehe sich auch auf diese Bereiche.
Die Kläger beantragen,
1. Der Bescheid der Beklagten vom 07.11.2006 in Gestalt des
Widerspruchsbescheid vom 24.10.2007 wird aufgehoben und die Beklagte
verpflichtet, Akteneinsicht in folgende Unterlagen zu gewähren: a….) bis i) ...
2. Der Bescheid der Beklagten vom 07.11.2006 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 24.10.2007 wird aufgehoben. Die Beklagte wird
verpflichtet, in die in Antrag 1) bezeichneten Dokumente ohne Preisgabe der
geheimhaltungsbedürftigen Informationen Einsicht zu gewähren. äußerst
hilfsweise:
3. Der Bescheid der Beklagten vom 07.11.2006 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 24.10.2007 wird aufgehoben und die Beklagte wird
verurteilt, über den Inhalt der in Antrag 1) bezeichneten Dokumente soweit
Einsicht zu gewähren, dass eine Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen
Informationen nicht stattfindet, und im Übrigen Auskunft gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat sich auf die Ausführungen in
den angegriffenen Bescheiden berufen. Sie verweist zusätzlich hinsichtlich der
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den angegriffenen Bescheiden berufen. Sie verweist zusätzlich hinsichtlich der
Auslegung des § 3 Nr.1 Buchstabe d) IFG auf das Urteil des Verwaltungsgerichts
Berlin vom 03.12.2008 (Az: VG ). In diesem Urteil habe das Verwaltungsgericht
Berlin die Auffassung der Beklagten bestätigt. Durch den Informationszugang zu
den Unterlagen der Finanzbehörden seien nachteilige Auswirkungen auf die
Tätigkeit der Finanzbehörden wegen der in diesem Falle geringer werdenden
Kooperationsneigung der betroffenen Institute zu befürchten.
Ergänzend führt sie aus, dass die Erlaubnis der Privatbank zum Betreiben von
Bankgeschäften seinerzeit aufgehoben worden sei, da die Gefahr bestanden habe,
dass das Institut seine Verpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern nicht würde
erfüllen können. Die Aufhebung der Bankerlaubnis habe nicht im Zusammenhang
mit einem strafrechtlich relevanten Vorwurf gestanden.
Hinsichtlich des Umfangs des Informationsbegehrens trägt die Beklagte vor, dass
allein die Akte betreffend den allgemeinen Schriftverkehr des Vorgangs Privatbank
32 Bände mit jeweils etwa 250 Seiten umfasse. Für den Zeitraum ab Mitte des
Jahres 2005 bis Mitte des Jahres 2006 belaufe sich die Zahl allein auf 10
Aktenbände, somit auf 2500 Seiten. Hinzu kämen noch 8 Aktenbände zur
Eigentümerkontrolle mit jeweils etwa der gleichen Anzahl an Seiten.
Der Beigeladene hat sich dem Vorbringen der Beklagten angeschlossen und auf
eine eigene Antragstellung verzichtet.
Zum weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene
Behördenakte der Beklagten zum Verwaltungsverfahren und die Niederschrift der
mündlichen Verhandlung vom 28.01.2009 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Sie ist gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung
des Zugangs zur Information des Bundes vom 05.09.2005 (Bundesgesetzblatt I, S.
2722, Informationsfreiheitsgesetz - IFG -) in statthafter Weise als
Verpflichtungsklage erhoben worden. Das nach § 9 Abs. 4 Satz 2 IFG zwingend
vorgesehene Vorverfahren wurde durchgeführt.
Dem steht nicht entgegen, dass die Kläger in der mündlichen Verhandlung ihre
Klageanträge abweichend von der Klageerhebung in Teilen neu formuliert haben.
Diese Neufassung der Klageanträge erfolgte auf gerichtlichen Hinweis gemäß § 86
Abs. 3 VwGO. Es liegt offen zutage, dass durch diese Neufassung eine Änderung
der Klage gemäß § 91 Abs. 1 VwGO nicht erfolgt ist. So ist insbesondere der
Klageantrag zu 1) hinsichtlich der Vertragsbeziehungen der Beigeladenen mit
Vertriebsgesellschaften lediglich präzisiert worden, was eine tatsächliche
Berichtigung des ursprünglich verfolgten Klagezieles darstellt. Insoweit ist eine
Klageänderung gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 1 ZPO nicht gegeben.
Auch soweit unter Abweichung vom schriftsätzlich angekündigten Klageantrag
Einschränkungen hinsichtlich der Akteneinsicht im Schriftverkehr in zeitlicher
Hinsicht nunmehr beantragt worden ist, handelt es sich um eine bloße
Beschränkung des Klagebegehrens, was gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 264
Nr. 2 ZPO eine Klageänderung nicht darstellt. Nur ergänzend ist auszuführen, dass
eine - freilich nicht vorliegende - Klageänderung gemäß § 91 Abs. 1 VwGO auch
zulässig wäre, da sie für eine endgültige Erledigung des
Verwaltungsstreitverfahrens förderlich wäre, ohne dass der Prozessstoff verändert
würde. Der in der mündlichen Verhandlung erhobenen Rüge der Beklagten, es
handele sich um eine unzulässige Klageänderung, vermag die Kammer daher
nicht nachzugeben.
Weiterhin steht der Klage auch nicht der Umstand entgegen, dass mit dem
Klageantrag zu Buchstabe g) Informationen über den Treuhandvertrag vom
08.03.2006 begehrt werden, ohne dass die Vertragsabschließenden gemäß § 8
Abs. 1 IFG als Dritte ordnungsgemäß beteiligt worden sind.
Zunächst ist festzustellen, dass es sich bei den Vertragsschließenden des
betreffenden Treuhandvertrages um Dritte im Sinne des § 2 Nr. 2 IFG handelt.
Danach ist Dritter jeder, über den personenbezogene Daten oder sonstige
Informationen vorliegen. Bei dem Inhalt des Treuhandvertrages und den
natürlichen Personen, welche diesen Treuhandvertrag abgeschlossen haben,
handelt es sich somit um Dritte im Sinne des IFG. Gleichwohl wird vorliegend das
auf Informationszugang gerichtete Begehren der Kläger nicht unzulässig, weil es
die Beklagte verabsäumt hat, die Dritten am Verwaltungsverfahren gemäß § 8
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die Beklagte verabsäumt hat, die Dritten am Verwaltungsverfahren gemäß § 8
Abs. 1 IFG zu beteiligen. Dies folgt daraus, dass es sich bei § 8 IFG um eine
Verfahrensvorschrift handelt, welche die verfahrensrechtlichen Schutzrechte,
insbesondere Gewährung rechtlichen Gehörs, derjenigen schützen will, die vom
Informationszugang betroffen sind (vgl. dazu Friedrich Schoch, Kommentar zum
Informationsfreiheitsgesetz, München 2009, § 8 Rdnr. 6 und 7, Rdnr. 14 ff.). Die
Beklagte, welche den Informationszugang aus anderen Gründen abgelehnt hat,
musste sich mit diesen Verfahrensrechten der Dritten nicht weiter befassen,
obgleich sich Anhaltspunkte für die Beteiligung dieser Dritter gemäß § 8 Abs. 1 IFG
aufdrängen mussten, da diese Dritten ein schutzwürdiges Interesse am
Ausschluss des Informationszugangs haben können. Dieser Verfahrensverstoß der
Beklagten ist freilich nur dann beachtlich, wenn sie Informationszugang gewährt.
Im Falle einer ablehnenden Entscheidung wie vorliegend, werden Verfahrensrechte
der Dritten nicht verletzt. Umgekehrt werden die prozessualen Rechte der Kläger
in der vorliegenden Fallkonstellation ebenfalls nicht verletzt, weil die Dritten, die
von dem Antrag auf Informationszugang betroffen sind, ausweislich des
Gesetzeswortlautes nur im Verwaltungsverfahren von der Behörde zu beteiligen
sind. Dies bedeutet, dass im gerichtlichen Verfahren Dritte nicht mehr beteiligt
werden können. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Gericht in Vorbereitung einer
Beiladung personenbezogene Daten in Erfahrung bringen müsste, die einerseits
selbst dem Schutz gemäß § 5 Abs. 1 IFG unterliegen, andererseits Gegenstand
des mit der Klage verfolgten Informationszugangsbegehrens sind.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angegriffene Bescheid vom 07.11.2006 in
der Gestalt der Widerspruchsbescheides vom 24.10.2007 ist rechtmäßig und
verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kläger
haben keinen Anspruch auf die mit dem Hauptantrag begehrte Akteneinsicht in
die bei der Beklagten vorhandenen Informationen über die Geschäftsführung der
Privatbank und die mit den Hilfsanträgen verfolgte Einsichtnahme oder
Auskunftserteilung über den Inhalt dieser Vorgänge. Die Beklagte konnte daher
nicht zur Gewährung dieser Informationen verpflichtet werden, § 113 Abs. 5 Satz 1
VwGO.
Zunächst ist festzustellen, dass dem Anspruch der Kläger auf die begehrten
Akteneinsicht § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG nicht entgegensteht. Entgegen der Auffassung
der Beklagten ist der Anspruch nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG nicht bereits deshalb
ausgeschlossen, weil die Kläger mutmaßlich mit den gewonnenen Informationen
ihre Chancen in einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung gegenüber der
Beklagten oder dem Beigeladenen erhöhen wollen. Denn nach § 1 Abs. 1 Satz 1
IFG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des
Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Dieser Anspruch
ist voraussetzungslos (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Zugangs für
Informationen des Bundes, der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen,
Deutscher Bundestag, Drucksache 15/4493 vom 14.12.2004, S. 7 zu § 1 Abs. 1;
Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum
Informationsfreiheitsgesetz vom 21.11.2005 - V 5 a-130250-GMBl. 2005 S. 1346;
Schoch Informationsfreiheitsgesetz, München 2009, Rdnr. 15 ff.). Nach dem
Informationsfreiheitsgesetz ist der Anspruch voraussetzungslos, jedoch nicht
grenzenlos und findet seine Ausprägung in den Einschränkungen des
Informationsfreiheitsgesetzes selbst. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt
daher keine rechtsmissbräuchliche Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz
vor.
Entgegen der Auffassung der Beklagten steht vorliegend dem Anspruch der Kläger
auch nicht § 3 IFG entgegen.
Danach besteht der grundsätzliche Anspruch auf Informationszugang dann nicht,
wenn es zum Schutz besonderer öffentlicher Belange erforderlich ist, diesen
zurücktreten zu lassen (vgl. dazu: Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, 2006, § 1
Rdnr. 27). In § 3 IFG sind bestimmte Fallkonstellationen geregelt, nach denen der
Informationszugang von einer Behörde des Bundes oder einer mit der
Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben betrauten anderen Stelle im Sinne
des § 1 Abs. 1 Satz 3 IFG verweigert werden darf. Eine weitere Einschränkung
enthält § 4 IFG.
Zur Überzeugung der Kammer sind die gesetzlichen Ausnahmen vom Zugang zu
Informationen gemäß § 3 IFG eng auszulegen. Zudem obliegt es der um
Informationszugang angegangenen Behörde darzulegen, aus welchen Gründen
ausnahmsweise der Informationszugang zu verwehren ist (vgl. BT-Drucksache
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ausnahmsweise der Informationszugang zu verwehren ist (vgl. BT-Drucksache
15/4493, S. 9, linke Spalte; Roth, in Berger u. a., IFG, 2006, § 3 Rdnr. 17; Rossi, IFG,
§ 3 Rdnr. 2; Rastrow/Schlattmann, Informationsfreiheitsgesetz, 2006, § 3 Rdnr. 4).
Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen die tatbestandlichen
Voraussetzungen des § 3 Nr. 1 d IFG nicht vor. Danach besteht ein Anspruch auf
Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Informationen nachteilige
Auswirkungen auf Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und
Regulierungsbehörden haben kann. Wie die Kammer bereits in ihrem Urteil vom
23.01.2008 (Az.: , NVwZ 2008, 1384) ausgeführt hat, wurde bei dem Inkrafttreten
des Informationsfreiheitsgesetzes in Kenntnis der u. a. der Beklagten
übertragenen und für das Gemeinwesen wichtigen Aufgaben der Finanzaufsicht
keine umfassende oder partielle Bereichsausnahme vorgesehen. Vielmehr hat der
Gesetzgeber die im Informationsfreiheitsgesetz insbesondere in den §§ 4 bis 6 IFG
vorgesehenen weiteren Vorkehrungen zum Schutz öffentlicher und privater
Interessen als ausreichend erachtet, um die Funktionsfähigkeit der Beklagten zu
erhalten. Von der Beklagten wurde nicht in überzeugender Weise dargetan,
inwieweit im zu entscheidenden konkreten Fall eine vollständige oder partielle
Freigabe der vom Kläger begehrten Informationen geeignet wäre, sich nachteilig
auf die Funktionsfähigkeit der Beklagten auszuwirken. Insofern hätte nach
Maßgabe der bisherigen Darlegungen die Beklagte substantiiert darlegen müssen,
welche Akteninhalte aus welchen Gründen zwingend nicht freigegeben werden
können. Ein Verweis auf nicht von vornherein auszuschließende abstrakt gegebene
nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichtsaufgaben der Beklagten
reichen demgegenüber nicht aus, um dem Kläger den begehrten
Informationszugang zu verwehren.
Soweit die Beklagte sich auf das kürzlich ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts
Berlin vom 03.12.2008 (Az.: VG ) bezieht, wonach nachteilige Auswirkungen im
Sinne von § 3 Nr. 1 IFG schon dann vorliegen würden, wenn sich das
Bekanntwerden der begehrten Information negativ oder ungünstig auswirken
könne und an die Wahrscheinlichkeit eines Nachteils nur geringe Anforderungen zu
stellen sei, je folgenschwerer die möglicherweise eintretende Beeinträchtigung sei,
vermag die Kammer dieser Auslegung des § 3 Nr. 1 Buchstabe d) IFG nicht zu
folgen. Dabei ist die Kammer sich bewusst, dass es sich bei Finanzdaten und ihrer
Bewertung um sensible Informationen handelt. Gerade deswegen sind strenge
Anforderungen an den Informationszugang im Lichte der §§ 4 bis 6 IFG zu stellen.
Die von der Beklagten angeführte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin
verbindet dagegen das Tatbestandsmerkmal der nachteiligen Auswirkungen mit
den Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Beklagten als Finanzbehörde und stellt
auf bloß befürchtete Wahrscheinlichkeiten von Schadenseintritten beim
Beaufsichtigten wegen des Informationszugangs ab, gegen die zur Überzeugung
der Kammer im Rahmen der §§ 4 bis 6 IFG ausreichend Vorkehrung getroffen ist.
Soweit angenommen wird, dies habe Rückwirkung auf die effiziente Kontroll- und
Aufsichtstätigkeit wegen nachlassender Kooperationsbereitschaft der
Beaufsichtigten, würde dies im Ergebnis dazu führen, die Tätigkeit der
Finanzbehörden umfassend einer Bereichsausnahme zu unterwerfen und deren
Tätigkeit somit einer Sphäre zuzuschlagen, aus der Informationen nicht erlangt
werden können. Diese Einstufung der Tätigkeit der Beklagten als Finanzbehörde
kann dem Wortlaut des Gesetzes jedoch nicht entnommen werden. Die Kammer
vertritt daher auch weiterhin die Auffassung, dass die Beklagte darlegen muss,
weshalb der konkrete Informationszugang nachteilige Auswirkungen auf ihre
Kontrolltätigkeit hat. Es genügt daher nicht, auf die abstrakte Gefährdung der
Aufsichtstätigkeit zu verweisen, weil sich typischerweise hierauf nur im
Informationsfreiheitsgesetz aufgeführte Institutionen generell berufen können, da
deren Informationen einer Bereichsausnahme - wie etwa bei den
Nachrichtendiensten - unterliegen.
Allerdings hat die Beklagte sich vorliegend in nicht zu beanstandender Weise auf
den Ausschlussgrund vom Informationszugang gemäß § 3 Nr. 4 IFG gestützt,
soweit Informationszugang zu den Verträgen der Privatbank mit Fonds und
Vertriebsgesellschaften (a), Berichte der Wirtschaftsprüfer für die Abschlüsse der
Privatbank für die Geschäftsjahre 1990 bis 2005, insbesondere der Bericht der
Wirtschaftsprüfer Z vom 24.05.2005 (b), und in den Prüfungsbericht des
Prüfungsverbandes Z und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Wirtschaftsprüfer Z
vom 17.08.2005 (f) begehrt wird.
Nach § 3 Nr. 4 IFG besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die
Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die allgemeine
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Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die allgemeine
Verwaltungsvorschrift zu materiellen und organisatorischen Schutz von
Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder
einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt.
Vorliegend beruft sich die Beklagte auf § 9 Abs. 1 KWG und sieht den
Anwendungsbereich eines besonderen Amtsgeheimnisses als eröffnet an. Nach §
9 Abs. 1 KWG dürfen die bei der Beklagten Beschäftigten und die nach § 4 Abs. 2
Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz beauftragten Personen die ihnen bei ihrer
Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse des
Instituts oder eines Dritten liegt, insbesondere Geschäfts- und
Betriebsgeheimnisse, nicht unbefugt offenbaren oder verwerten, auch wenn sie
nicht mehr im Dienst sind oder ihre Tätigkeit beendet ist (Satz 1). Nach Satz 4
dieser Vorschrift liegt ein unbefugtes Offenbaren oder Verwerten im Sinne des
Satzes 1 insbesondere nicht vor, wenn Tatsachen weitergegeben werden an
Strafverfolgungsbehörden oder für Straf- und Bußgeldsachen zuständige Gerichte
(Nr. 1), an Kraft Gesetzes oder im öffentlichen Auftrag mit der Überwachung von
Instituten, Investmentgesellschaften, Finanzunternehmen,
Versicherungsunternehmen, der Finanzmärkte oder des Zahlungsverkehrs
betraute Stellen sowie von diesen beauftragten Personen (Nr. 2), mit der
Liquidation oder dem Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Institutes
befasste Stellen (3), an mit der gesetzlichen Prüfung der Rechnungslegung von
Instituten oder Finanzunternehmen betraute Personen sowie Stellen, welche die
vorgenannten Personen beaufsichtigen (4), an eine Einlagensicherungseinrichtung
oder Anlegerentschädigungseinrichtungen (Nr. 5), an Wertpapier- oder
Terminbörsen (Nr. 6) sowie an Zentrale Notenbanken (7), soweit diese Stellen die
Informationen zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.
Hinsichtlich der Bedeutung des § 9 Abs. 1 KWG für § 3 Nr. 4 IFG, seine Reichweite
und seinen Umfang hat die Kammer bereits in dem Urteil vom 19.03.2008 (Az.: )
folgendes ausgeführt und hält daran fest:
„Die in § 9 Abs. 1 KWG geregelte Verschwiegenheitspflicht richtet sich nicht nur an
die bei der Beklagten beschäftigten natürlichen oder an die von ihr beauftragten
Personen. Vielmehr entspricht es Sinn und Zweck dieser Regelung, dass sich die
Verschwiegenheitspflicht auch an die Beklagte des öffentlichen Rechts (vgl. § 1
Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz vom 22.04.2002, BGBl. I S. 1310) selbst
richtet. Denn es ist nicht nachvollziehbar, warum Bedienstete der genannten
Verschwiegenheitspflicht unterliegen sollen, nicht aber die Behörde selbst. Sinn
und Zweck der Regelung gebieten dieses Verständnis (vgl. Regierungsbegründung
zur 4. KWG-Novelle, BT-Drucksache 12/3377 betreffend § 8 Abs. 1 KWG a. F.
(„Schweigepflicht für Personen und Stellen“); Bähre/Schneider, KWG, § 9
Anmerkung 2; Reischauer/Kleinhans, KWG, § 9 Rdnr. 6, 8, 25; a. A.:
Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG, § 9 Rdnr. 1, 18 mit Hinweis auf § 30 VwVfG).
Bestätigt wird dies durch die Regelungen über die Aufgaben und die
Zusammenarbeit nach § 4 Abs. 2 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz, wonach
die Beklagte (und nicht die bei ihr beschäftigten Personen) mit anderen Stellen im
In- und Ausland nach Maßgabe der in § 4 Abs. 1 FindAG genannten Gesetze und
Bestimmungen zusammenarbeitet. Dies bezieht sich ersichtlich auch auf das
Offenbaren bestimmter Erkenntnisse nach § 9 Abs. 1 Satz 4 KWG.
Mit dem Informationsfreiheitsgesetz sind die bereichsspezifischen
Verschwiegenheitsvorschriften, wie sie z. B. in § 9 KWG enthalten sind, nicht außer
Kraft gesetzt worden. Vielmehr setzt der Gesetzgeber die entsprechenden
Vorschriften als gegeben voraus, so dass sich der Geheimnisschutz „durch die
entsprechenden materiell-rechtlichen Vorschriften in den jeweiligen
Spezialgesetzen selbst“ bestimmt und sich Art und Umfang des
Geheimnisschutzes je nach Rechtsgebiet unterscheiden (BT-Drucksache 15/4493,
S. 11 zu § 3 Nr. 4).
Es handelt sich entgegen der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung bei
der gemäß § 3 Nr. 4 IFG i. V. m. § 9 KWG zu wahrenden Verschwiegenheitspflicht
nicht um den Ausfluss eines besonderen Amtsgeheimnisses. Der Gesetzgeber hat
sich bei der Ausgestaltung des § 3 Nr. 4 IFG an der hergebrachten
Regelungssystematik in anderen Gesetzen orientiert und zwischen allgemeinen
Verschwiegenheitspflichten auf der einen und einem zu wahrenden Berufs- oder
besonderem Amtsgeheimnis differenziert (vgl. z. B.: § 1 Abs. 3 Satz 2 BDSG, § 23
Nr. 3 BVerfSchG). Zu den besonderen Amtsgeheimnissen zählen u. a. das
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Nr. 3 BVerfSchG). Zu den besonderen Amtsgeheimnissen zählen u. a. das
Steuergeheimnis im Sinne des § 30 AO, das Sozialgeheimnis im Sinne des § 35
SGB I, das Statistikgeheimnis im Sinne des § 16 Abs. 1 BStatG, das
Meldegeheimnis im Sinne des § 5 Abs. 1 MRRG sowie das Beratungsgeheimnis im
Sinne des § 43 DRiG (vgl. Miedbrodt, in: Roßnagel (Herausgeber), Handbuch
Datenschutzrecht, München 2003, S. 718, Rdnr. 5; Gollar/Schomerus, BDSG, 7.
Auflage Rdnr. 25; § 1 Anmerkung 7.3; vgl. auch Walz in: Simitis (Herausgeber)
Bundesdatenschutzgesetz, 6. Auflage 2006, § 1 Rdnr. 176 unter Verweis auf den
Wortlaut des § 1 Abs. 3 Satz 2 BDSG, der zwischen gesetzlichen
Geheimhaltungsvorschriften oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf
gesetzlichen Vorschriften beruhen, differenziert). In der amtlichen Begründung
zum Informationsfreiheitsgesetz werden neben dem Steuer-, Sozial-, Statistik- und
Adoptionsgeheimnis die ärztliche und die anwaltliche Schweigepflicht als
„besonders wichtige Geheimnistatbestände“ bezeichnet (Bundestagsdrucksache
15/4493, S. 11 zu § 3 Nr. 4). Demgegenüber seien gesetzliche
Geheimhaltungsregelungen z. B. im Bundesverfassungsschutzgesetz, im
Bundesnachrichtendienstgesetz, im Sicherheitsüberprüfungsgesetz, in der
Strafprozessordnung, im Ordnungswidrigkeitengesetz, im Gesetz gegen
Wettbewerbsbeschränkungen sowie im Bundesbank- und Kreditwesengesetz
enthalten. Diese differenzierende Auflistung belegt, dass der Gesetzgeber bewusst
zwischen besonderen und allgemeinen Verschwiegenheitspflichten unterschieden
hat, wie dies letzten Endes auch im Wortlaut des § 3 Nr. 4 IFG zum Ausdruck
kommt (vgl. auch Jastrow/Schlatmann, § 3 Rdnr. 87 f; Ruth in: Berger u. a., § 3
Rdnr. 125 ff.). Somit sind die in § 9 KWG oder in § 8 WpHG normierten
Verschwiegenheitspflichten bereichsbezogener konkretisierter Ausdruck der
allgemeinen Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, wie sie sich z. B. auch aus § 61 BBG
ergibt.
Diese allgemeinen Verschwiegenheitspflichten gelten absolut und sind einer
Relativierung nicht zugänglich. Anders als in § 8 und § 9 des
Umweltinformationsgesetzes vom 22.12.2004 (BGBl. I S. 3704) hat der
Gesetzgeber es unterlassen, in das Informationsfreiheitsgesetz eine
Abwägungsklausel aufzunehmen, nach der auch bei zu wahrenden schutzwürdigen
öffentlichen oder privaten Belangen ein Informationsanspruch besteht, sofern das
öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.
§ 9 KWG schützt insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse von
Kreditinstituten, die Bankgeschäfte betreiben, sowie die geschäftlichen oder
privaten Geheimnisse von Dritten, in erster Linie Kunden des Instituts, mit denen
die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (vormals das
Bundesaufsichtsamt) im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit in Berührung kommt.
Dritte im Sinne dieser Vorschrift sind neben den Kunden des Instituts auch deren
Geschäftsleiter, Organmitglieder, Mitarbeiter des Instituts und sonstige Personen,
über die die zur Geheimhaltung verpflichteten Personen Informationen erhalten
haben (Kreditwesengesetz; Kommentar; Boos, Fischer, Schulte-Mattler; 2.Auflage
2004; § 9 Rdnr. 8). Es ist notwendig, dass das Interesse dieser Personen objektiv
betrachtet berührt ist und die Geheimhaltung von diesen Personen gewollt ist.
Unerheblich ist das Interesse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(KWG; Kommentar: Boos, Fischer, Schulte-Mattler a. a. O.).
Die in § 9 KWG normierte Verschwiegenheitspflicht ist drittbezogen. Sie ist im
Interesse des beaufsichtigten Institute und ihrer Kunden zu beharren.
Demgegenüber erfasst der Anwendungsbereich dieser Vorschriften nicht
sämtliche Erkenntnisse, die bei der Beklagten im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit
anfallen. Ein solches Rechtsverständnis hätte zwangsläufig zur Folge, dass die
Beklagte von jeglichen Informationsansprüchen nach dem
Informationsfreiheitsgesetz freigestellt wäre. Dies liefe aber auf eine vom
Gesetzgeber - wie ausgeführt - nicht gewollte Bereichsausnahme hinaus.
Tatsachen, deren Geheimhaltung allein im Interesse der Beklagten selbst liegen,
werden von der Verschwiegenheitspflicht des § 8 KWG nicht erfasst (vgl.
Lindemann, in: Boos u. a., § 9 Rdnr. 8; Samm, in: Beck/Samm, § 9 KWG Rdnr. 37).
Ob ein Ausschluss von Anspruch auf Informationszugang besteht beurteilt sich
insoweit abschließend nach den §§ 3 bis 6 IFG“ (vgl S. 12-15 UA).
Hieraus folgt, dass die Amtsverschwiegenheit gemäß § 9 KWG im Bereich des § 3
Nr. 4 IFG in Bezug auf ihre Drittbezogenzeit Wirkung entfaltet. Dies ist
insbesondere dann der Fall, wenn es um den Schutz personenbezogener Daten (§
5 IFG) und den Schutz des geistigen Eigentums und von Betriebs- und
Geschäftsgeheimnissen (§ 6 IFG) geht.
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Die Kammer hat bisher vertreten, dass die Beklagte für die zu wahrende
Verschwiegenheitspflicht nach § 9 KWG darlegungspflichtig ist und es nicht genügt,
durch einen abstrakt-pauschalen Verweis auf schützenswerte Belange Dritter
diesen Anwendungsbereich zu erschließen. Im vorliegenden Verfahren hat die
Kammer allerdings Anlass, anzunehmen, dass auch ohne substantiierte Darlegung
schützenswerter Belange Dritter ein Ausschlussgrund gemäß § 9 KWG dann
besteht, wenn aus der Natur der Information selbst, so wie sie regelmäßig nach
außen tritt und im Geschäftsleben typisch ist, hervorgeht, dass in aller Regel
Ausschlussgründe gemäß § 5 und § 6 IFG erfasst sind und auch eine
Unkenntlichmachung (Schwärzung) von Informationen oder die Herausnahme
einzelner Blätter nicht dazu führt, dass die Belange Dritter ausreichend geschützt
sind. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Informationszugang zu
Sachgesamtheiten gewährt wird, die ganz überwiegend unkenntlich gemacht
werden müssen und zwar deswegen, um die Belange Dritter zu schützen.
Zur Überzeugung der Kammer ist dies insbesondere vorliegend bei jenen
Dokumenten und Unterlagen der Fall, die Gegenstand der Anträge zu Buchstabe
a), Buchstabe b) und Buchstabe f) sind. Sie enthalten Geschäftsgeheimnisse des
Beigeladenen, für die ein Informationszugang nicht gewährt werden kann.
Gemäß § 6 Satz 2 IFG kann Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen nur
gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat.
Unter Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle im Zusammenhang mit
einem Betrieb stehende Tatsachen verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur
einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem Willen des
Betriebsinhabers, der Ausdruck seines wirtschaftlichen Interesses ist, geheim
gehalten werden sollen. Im allgemeinen Verständnis umfassen
Betriebsgeheimnisse im Wesentlichen technisches Wissen, Geschäftsgeheimnisse
betreffend vornehmlich kaufmännisches Wissen (vgl. auch: BVerfG, Beschluss vom
14.03.2006 - 1 BvR 2087/03 u. a. BVerfGE 115, 205 = NVwZ 2006, 1041). Zu
derartigen Geheimnissen werden etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher,
Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur
Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige
Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen
Verhältnisse eines Betriebes maßgeblich bestimmt werden können (vgl.: OVG
Lüneburg, Beschluss vom 24.01.2003 - 14 BS 1/02 -, NVwZ 2003, 629, m. w. N.).
Der Schutz dieser konkreten und im Übrigen auch von dem Grundrecht der
Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG zumindest mittelbar geschützten Rechte liegt
dem Schutzinhalt des § 6 Informationsfreiheitsgesetz zugrunde. Es ist nicht Zweck
dieses Gesetzes, den Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse aufzugeben
und über den in § 1 Abs. 1 IFG verbürgten allgemeinen und voraussetzungslosen
Informationsanspruch beispielsweise Konkurrenten oder sonstigen Dritten einen
Einblick in betriebliche Interna zu gewähren (vgl. auch BT-Drucksache 15/4493, S.
14).
Zur Überzeugung der Kammer handelt es sich bei denen unter Buchstabe a),
Buchstabe b) und Buchstabe f) formulierten Anträge auf Akteneinsicht in
Sachgesamtheiten, die den Kern der Geschäftstätigkeit des Beigeladenen
betreffen. In den Verträgen, Testaten der Wirtschaftsprüfer und in dem
Prüfungsbericht werden Bewertungen vorgenommen, welche die Ertragslage, die
Umsätze und die Kreditwürdigkeit des Beigeladenen betreffen. Aus der
Anschauung, wie typischerweise derartige Berichte und Verträge abgefasst sind,
schließt die Kammer, dass auch bei einer Unkenntlichmachung die
schützenswerten Belange, insbesondere der Geschäftsgeheimnisse des
Beigeladenen, nicht gewahrt werden können, es sei denn, die Unkenntlichkeit ist
so umfangreich, dass der Informationszugang auf diesem Wege praktisch nicht
erfolgt.
Ausnahmen von diesem Ausschlussgrund sind hinsichtlich der bislang beurteilten
Hauptanträge nicht ersichtlich. Insbesondere ist ersichtlich das Vertrauen des
Dritten in die von der Aufsichtsbehörde grundsätzlich zu wahrende
Verschwiegenheit nicht entfallen. Dies könnte nur dann der Fall sein, wenn ein
solches Vertrauen nicht mehr schützenswert ist. Ein solcher Sachverhalt dürfte
dann gegeben sein, wenn der eigentliche Geschäftszweck eines Kreditinstitutes
darin besteht, kontinuierlich gegen geltendes Recht, insbesondere gegen
schwerwiegende Straftatbestände, zu verstoßen und auf diese Weise
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schwerwiegende Straftatbestände, zu verstoßen und auf diese Weise
flächendeckend seine Kunden zu betrügen und zu schädigen (vgl. dazu auch
Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 12.03.2008 - Az.: ). Dies ist aber
vorliegend nicht ersichtlich, denn der Privatbank ist die Erlaubnis zum Betreiben
von Bankgeschäften lediglich deswegen entzogen worden, weil die Gefahr
bestanden hatte, dass das Institut seinen Verpflichtungen gegenüber seinen
Gläubigern nicht würde erfüllen können. Ein strafrechtlicher Vorwurf war damit nicht
verbunden.
Auch der Umstand, dass die Privatbank sich im Insolvenzverfahren befindet, steht
dem nicht entgegen. Aus der Tatsache der Eröffnung des Konkursverfahrens lässt
sich ein generelles Entfallen des Geheimnisschutzes nicht entnehmen (vgl. dazu:
VG Frankfurt am Main, Urteil vom 02.07.2008 -Az.: - S. 27 UA).
Da der Beigeladene in den Zugang zu diesen Unterlagen, die
Geschäftsgeheimnisse enthalten, nicht eingewilligt hat, kann insoweit
Informationszugang nicht gewährt werden, § 6 S. 2 IFG.
Soweit die Kläger sich bereit erklärt haben, eine Stillschweigerklärung abzugeben
und insoweit Dritten den Zugang zu Informationen aus diesen Unterlagen nicht zu
gewähren, ist dies für den geltend gemachten Anspruch auf Informationszugang
unbeachtlich. Die Kammer folgt den Einwänden der Beklagten, die sie hiergegen
erhoben hat. Im Übrigen widerspräche der Zugang zu Informationen, für die eine
materiell-rechtliche Grundlage in dem Informationsfreiheitsgesetz nicht gegeben
ist, im Falle einer abgegebenen Stillschweigeerklärung auch der Zielsetzung des
Informationsfreiheitsgesetzes, wonach der Zugang zur Information und die
Transparenz behördlicher Entscheidungen eine wichtige Voraussetzung für die
effektive Wahrnehmung von Bürgerrechten sein soll und gerade öffentlicher
Gebrauch von den Informationen gemacht werden soll (vgl. BT-
Drucksache15/4493, S. 6).
Hinsichtlich der mit dem Hauptantrag unter den Buchstaben c), d), e), g), h) und i)
verfolgten Anträge auf Akteneinsicht ist für die Kammer allerdings nicht ersichtlich,
dass die Unterlagen insgesamt einem Ausschlussgrund gemäß § 4 bis § 6 IFG
unterfallen könnten. Hierbei hat allerdings die Beklagte insbesondere den Schutz
personenbezogener Daten gemäß § 5 IFG und gegebenenfalls den Schutz der
Geschäftsgeheimnisse des Beigeladenen zu beachten. In diesem Zusammenhang
ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass eine ausdrückliche Einwilligung Dritter
gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 IFG hinsichtlich besonderer Arten personenbezogener
Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG einzuholen ist.
Die entsprechende Beurteilung, was konkret vom Einsichtsrecht ausgenommen
ist, hat allein die Beklagte vorzunehmen. Mangels Einführung eines In-Camera-
Verfahrens im Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes steht der
Kammer keine entsprechende Prüfungsbefugnis zu (vgl. BT-Drucksache 15/4493,
S. 16, Jastrow/Schlattmann, a. a. O., § 9 Rdnr. 46 ff).
Den Klägern stünde somit in eingeschränktem Umfang Akteneinsicht zu. Die
Beklagte hätte insofern die nach Maßgabe der Entscheidung der Kammer vom
Informationszugang ausgenommenen Teile der Akten herauszunehmen, zu
schwärzen oder zu anonymisieren. Nach der Überzeugung der Kammer steht
allerdings angesichts der Vielzahl der Unterlagen und aufgrund des Aufwands der
vorherigen Bearbeitung der Teile, die einer Akteneinsicht zugänglich sind,
vorliegend dem Informationszugang der hierbei von der Beklagten zu entfaltende
unverhältnismäßige Verwaltungsaufwand es § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG entgegen.
Was unter einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand zu verstehen ist, wird
im Informationsfreiheitsgesetz nicht näher bestimmt und ist auch den
Gesetzesmotiven im Einzelnen nicht zu entnehmen. Im
Informationsfreiheitsgesetz selbst findet sich der Begriff des
Verwaltungsaufwandes außer in § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG noch in § 1 Abs. 2 Satz 2 IFG.
Danach kann die Art des beantragten Informationszugangs gegebenenfalls auf
diejenige Form beschränkt werden, mit der kein höherer Verwaltungsaufwand
verbunden ist. Dagegen ist der Begriff des unverhältnismäßigen
Verwaltungsaufwandes in § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG so ausgestaltet, dass er auch bei
ansonsten materiell gegebenem Anspruch auf Informationszugang wegen des
unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands insgesamt den Zugang versagt.
Wegen dieser systematischen Stellung im Gesetz wird vertreten, dass dieser
Verweigerungsgrund als Missbrauchsklausel zu verstehen sei, etwa in dem Sinne,
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Verweigerungsgrund als Missbrauchsklausel zu verstehen sei, etwa in dem Sinne,
dass die zur Auskunft verpflichtete Behörde nicht veranlasst werden solle, nach
der „Nadel im Heuhaufen“ zu suchen. Demnach seien strenge Anforderungen an
das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des unverhältnismäßigen
Verwaltungsaufwandes zu stellen (Schoch, a.a. O., § 7, Rdnr. 61).
Dagegen wird auch vertreten, dass zwar die Anforderungen an das
Tatbestandsmerkmal des unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwandes als
Schutzklausel im Interesse der grundsätzlichen Informationszugangsfreiheit nicht
zu niedrig bemessen werden dürfe, jedoch liege ein unverhältnismäßiger
Verwaltungsaufwand aber dann vor, wenn z. B. eine Behörde zur Beantwortung
einer Frage mehrere Aktenordner Seite für Seite durchblättern müsste (Rossi,
a.a.O., § 7 Rdnr. 30).
Nach der Auffassung der Kammer ist das Merkmal des unverhältnismäßigen
Verwaltungsaufwands als Mißbrauchsklausel auszulegen, welche die grundsätzlich
zur Auskunft verpflichtete Behörde davor bewahren soll, unangemessenen
Ansprüchen auf Informationszugang, die sich insbesondere auch zumutbar
beschränken lassen, ohne dass die erlangte Information ihren Wert verliert,
nachzukommen. Eine schematische Anwendung dürfte sich verbieten und würde
den gesetzlichen Regelungen nicht gerecht. Zu berücksichtigen dürfte einerseits
sein, dass die zur Auskunft verpflichtete Behörde den Antragsteller auf die mit der
notwendigen Recherche, Aussonderung und gegebenenfalls Schwärzung von
umfangsreichen Aktenteilen verbundenen Kosten hinweisen kann (vgl. dazu:
Anwendungshinweise zum Informationsfreiheitsgesetz - Bekanntmachung des BNI
vom 21.11.2005 - V 5 a-130250/16 -; GMBl 2005, S. 1346, 1349). Soweit die
Behörde Kostenersatz für ihre Mühe erlangen kann, gibt es keinen vernünftigen
Grund, den Informationszugang nach dieser Vorschrift zu verweigern. Andererseits
dürften aber auch die mit dem Informationszugangsantrag verbundenen
Fragekomplexe eine Rolle spielen. Es liegt auf der Hand, dass eine Einzelanfrage
zu einem Sachkomplex anders zu beurteilen sein dürfte, als eine Vielzahl von
Anfragen zu Sachkomplexen, zu welchen die Behörde über umfangreiche,
möglicherweise verstreute Sammlungen verfügt. Gerade letzterer Umstand dürfte
für die Auslegung der Unverhältnismäßigkeit des Verwaltungsaufwands eine Rolle
spielen. Die Schranke des unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwandes dürfte
jedenfalls dann erreicht sein, wenn aufgrund der Unbestimmtheit des
Informationszugangsbegehrens oder durch eine Vielzahl von vorbereitenden
Maßnahmen sich der in Rechnung zu stellende Verwaltungsaufwand
vernünftigerweise für eine Kostenrechnung nicht kalkulieren lässt. Mit der
Einführung des Begriffs der Unverhältnismäßigkeit hat der Gesetzgeber nach
dieser Betrachtungsweise dem Zugang zu Informationen eine relationale
Bedeutung mit Blick auf den zu beobachtenden Verwaltungsaufwands beigefügt,
welcher auf den Einzelfall bezogen den Informationszugang beschränkt.
Nach Maßgabe dieser Ausführungen steht vorliegend dem eingeschränkt
berechtigten Informationszugangsbegehren der Kläger ein unverhältnismäßiger
Verwaltungsaufwand auf Seiten der Beklagten entgegen.
Hierbei ist in erster Linie auf den Umfang der Akten abzustellen, der sich
insbesondere hinsichtlich des Hauptantrags Buchstabe h) auf insgesamt 22
Aktenstücke mit etwa 5.000 Seiten nach Auskunft der Beklagten beziffern lässt.
Hinzu kämen zusätzlich die in den Anträgen nach Buchstabe c), d), e), g) und i)
noch zusammenzustellenden Aktenstücke, deren Umfang sich nur annähernd
schätzen lässt. Auch wenn man davon ausgehen kann, dass teilweise Unterlagen
zu Sachkomplexen, die Gegenstand eines einzelnen Auskunftsbegehrens sind,
sich mit den Inhalten der Aktensammlungen, die Gegenstand des
Auskunftsbegehrens zu Buchstabe h) sind, decken, liegt die Annahme nahe, dass
die Anzahl der schon bezifferten Seiten hierdurch erheblich steigen wird. Die
Kammer stellt auch in Rechnung, dass sich durch diese Antragsgestaltung und der
hierdurch ausgelösten Erforschung, welche Akteninhalte zu den einzelnen
Sachkomplexen sich gegenseitig decken, ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand
aufgelöst wird. Die Kläger haben zwar auf Hinweis der Kammer in der mündlichen
Verhandlung insbesondere die Zeiträume, innerhalb derer Einsicht in schriftliche
Unterlagen gewährt werden soll, präzisiert. Sie haben hierdurch jedoch den zu
unterstellenden und seitens der Kammer nur zu schätzenden Verwaltungsaufwand
der Beklagten nicht entscheidend vermindert. Auch in Ansehung der naturgemäß
umfangreichen Sachkomplexe geht die Kammer angesichts dieser
Antragsgestaltung davon aus, dass für die Beklagte mit der Zusammenstellung
dieser Informationen ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand verbunden
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dieser Informationen ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand verbunden
wäre, der vorliegend dem Informationszugangsbegehren entgegensteht.
Die gestellten Hilfsanträge sind ebenfalls abzulehnen. Soweit im Hilfsantrag zu
Ziffer 2) beantragt wird, Einsicht in die im Hauptantrag bezeichneten Dokumente
ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen zu gewähren, war
dies bereits Gegenstand der Entscheidung des Gerichts, wonach der Antrag auf
Akteneinsicht aus den genannten Gründen nicht zu gewähren war.
Ebenso wird der Hilfsantrag zu Ziffer 3), mit dem sinngemäß begehrt wird,
hinsichtlich der nichtgeheimhaltungsbedürftigen Informationen im Übrigen
Auskunft zu gewähren, ebenfalls abgelehnt.
Auch für eine Auskunftserteilung entstünde ein unverhältnismäßiger
Verwaltungsaufwand gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG, da auch diesbezüglich der
gesamte Aktenbestand zu sichten, auszusortieren und hinsichtlich der
preiszugebenden Teile zusammenzufassen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO. Der Beigeladene kann
seine außergerichtlichen Kosten nicht ersetzt verlangen, da er keinen Antrag
gestellt hat und somit kein Kostenrisiko eingegangen ist, § 162 Abs. 3 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m.
§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Zulassung der Sprungrevision beruht auf § 134 VwGO i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr.
1 VwGO, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Daher ist auch die
Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.