Urteil des VG Düsseldorf vom 20.11.2006

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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 18 L 2056/06
Datum:
20.11.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
18. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
18 L 2056/06
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt.
Gründe:
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Der am 25. Oktober 2006 bei Gericht eingegangene sinngemäße Antrag,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die
Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 19. Oktober 2006
wiederherzustellen beziehungsweise anzuordnen,
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ist nicht begründet.
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Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vorzunehmende
Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus.
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Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs kommt nur
dann in Betracht, wenn die angefochtene Maßnahme offensichtlich rechtswidrig ist oder
wenn auf Grund einer Abwägung das Interesse des Antragstellers an der
Suspendierung der angefochtenen Maßnahme gegenüber der sofortigen Vollziehung
aus anderen Gründen vorrangig zu bewerten ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht
vor.
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Nach der im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO nur gebotenen summarischen Prüfung
vermag die Kammer zunächst allerdings weder die offensichtliche Rechtmäßigkeit noch
die offensichtliche Rechtswidrigkeit der Anordnung, eine Erlaubnis zur Haltung des
Hundes der Rasse "Bullterrier" des Antragstellers bis zum 27. Oktober 2006 zu
beantragen sowie die näher bezeichneten Unterlagen einzureichen, festzustellen.
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Ob es sich bei dem Hund des Antragstellers um einen solchen handelt, der unter § 3
Abs. 2 des Hundesgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LHundG) fällt, lässt sich
im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend
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beurteilen, sondern ist vielmehr im Hauptsacheverfahren zu klären. In diesem
Zusammenhang kommt es darauf an, ob ein "Miniatur-Bullterrier" - um einen solchen
handelt es sich bei dem hier in Rede stehenden Tier jedenfalls nach Auffassung des
Antragstellers, bestätigt durch die Angaben des Amtstierarztes Dr. T in dessen E-Mail
vom 4. Oktober 2006 (Blatt 10 der Gerichtsakte) - als "Bullterrier" im Sinne der
genannten Vorschrift einzustufen ist, oder ob es sich um eine eigenständige, nicht von
der abschließenden Aufzählung in § 3 Abs. 2 LHundG erfasste Rasse handelt. Den vom
Antragsgegner überlassenen umfänglichen Unterlagen lassen sich Hinweise in beide
Richtungen entnehmen. Das Gericht geht davon aus, dass diese Frage bislang noch
nicht abschließend geklärt ist, was insbesondere auch die verschiedenen von den
Beteiligten angesprochenen, in den Unterlagen des Antragsgegners befindlichen
Erlasse des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen belegen. Gerade im vorliegenden
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes besteht für die Beantwortung dieser Frage
indes, wie bereits ausgeführt, kein Raum. Damit lässt sich letztlich auch nicht
abschließend beurteilen, ob die Aufforderung an den Antragsteller, eine Erlaubnis für
seinen Hund nach § 4 Abs. 1 LHundG zu beantragen, rechtmäßig oder rechtswidrig ist.
Lässt sich weder die offensichtliche Rechtswidrigkeit noch die offensichtliche
Rechtmäßigkeit der bezeichneten Anordnung feststellen, ist die Kammer gehalten, eine
Interessenabwägung im engeren Sinne vorzunehmen. Dabei sind die für die
widerstreitenden Rechtsgüter drohenden Gefahren zu bewerten und gegeneinander
abzuwägen.
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Nach diesem Maßstab überwiegt hier das Interesse der Allgemeinheit daran, den Hund
des Antragstellers (zumindest vorläufig) dem ordnungsrechtlichen Instrumentarium der
§§ 3 ff. LHundG zu unterwerfen. Im Hinblick auf ein auch von Miniatur-Bullterriern
ausgehendes Gefahrenpotential ist zu berücksichtigen, dass sich diese von
herkömmlichen Bullterriern, wie schon die Bezeichnung verdeutlicht, lediglich durch
abweichende Körpermaße unterscheiden, wobei die Übergänge insoweit fließend sind.
So heißt es in der im Verwaltungsvorgang des Antragsgegners befindlichen
Klassifizierung (FCIStandard Nr. 11/02.02.1998/D), dass der Standard des Miniatur-
Bullterriers dem des Bullterriers gleich sei mit der Ausnahme, dass die Widerristhöhe
35,5 cm nicht überschreiten und ein Eindruck von Substanz im Verhältnis zur Größe des
Hundes vorhanden sein sollte. Eine Gewichtsgrenze gebe es nicht (Blatt 147 des
Verwaltungsvorgangs). Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass auch
"Miniatur-Bullterrier" über eine erhebliche Beißkraft verfügen. Ferner ist anzunehmen,
dass auch die sonstigen rassespezifischen Verhaltensweisen denen eines (Standard-)
Bullterriers gleichen oder zumindest ähneln. Ausgehend hiervon überwiegt das
öffentliche Interesse an der sofortigen Umsetzung des - präventiven Zwecken
dienenden - Erlaubniserfordernisses nach § 4 Abs. 1 LHundG gegenüber dem privaten
Interesse des Antragstellers, seinen Hund (vorläufig) ohne entsprechende Erlaubnis
halten zu dürfen, da jedenfalls die (abstrakte) Gefährlichkeit eines Miniatur-Bullterriers
nach den vorangegangenen Ausführungen zumindest ähnlich zu bewerten ist wie die
eines explizit von § 3 Abs. 2 LHundG erfassten (Standard-) Bullterriers. Sonstige
Gesichtspunkte, die ein besonders schützenswertes privates Interesse des
Antragstellers begründen könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich.
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Im Hinblick auf die zugleich erfolgte Androhung eines Zwangsgeldes für den Fall der
Zuwiderhandlung gegen die verfügte Maßnahme in Höhe von 2.000,00 Euro gelten die
vorstehenden Ausführungen zur Interessenabwägung im engeren Sinne entsprechend.
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Soweit in der Ordnungsverfügung vom 19. Oktober 2006 noch auf die mit Ablauf des
20. November 2006 bestehende Maulkorbpflicht verwiesen wird, handelt es sich um
einen bloßen Hinweis auf die Rechtslage nach § 5 Abs. 2 Satz 3 und 4 LHundG, dem
kein gesonderter Regelungscharakter zukommt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf
§§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Auffangstreitwert in Höhe von
5.000,-- Euro ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.
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