Urteil des VG Düsseldorf vom 29.11.2006

VG Düsseldorf: versetzung, erstellung, beförderung, ausnahme, energie, verkehr, mittelstand, behörde, beamter, datum

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 13 L 1805/06
Datum:
29.11.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
13. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
13 L 1805/06
Tenor:
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung
untersagt, die Beigeladene in eine der sieben zur Verfügung stehenden
Planstellen der Besoldungsgruppe A 16 BBesO im Bereich des
Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie zu befördern,
solange über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts nicht erneut entschieden ist.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Gründe:
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Der am 12. September 2006 bei Gericht eingegangene sinngemäß dem Tenor
entsprechende Antrag hat Erfolg. Er ist zulässig und begründet.
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Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann eine einstweilige
Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers nur getroffen werden, wenn
die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die
Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.
Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294
Zivilprozessordnung (ZPO) das Bestehen eines zu sichernden Rechts
(Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft
zu machen.
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Für das vom Antragsteller verfolgte Begehren besteht ein Anordnungsgrund. Der
Antragsgegner hat nämlich die Absicht, die Stelle, die hier Verfahrensgegenstand ist, so
bald wie möglich mit der Beigeladenen zu besetzen. Durch deren Ernennung und
Einweisung in die freie Beförderungsplanstelle würde das vom Antragsteller geltend
gemachte Recht auf diese Stelle endgültig vereitelt.
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Dem Antragsteller steht auch ein Anordnungsanspruch zur Seite.
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Ein Beamter hat zwar keinen Anspruch auf Übertragung eines Beförderungsamtes. Er
hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr bzw. der für diesen handelnde
Dienstvorgesetzte eine rechts-, insbesondere ermessensfehlerfreie Entscheidung über
die Vergabe des Beförderungsamtes trifft. Materiell-rechtlich hat der Dienstherr bei
seiner Entscheidung darüber, wem er von mehreren für eine Beförderung in Betracht
kommenden Beamten die Stelle übertragen will, das Prinzip der Bestenauslese zu
beachten (Art. 33 Abs. 2 GG, §§ 7 Abs. 1, 25 Abs. 6 Satz 1 LBG). Es ist damit eine
Entscheidung zu treffen, die sich nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der
Bewerber richtet.
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Die Ausrichtung der Auswahlentscheidung an diesen Grundsätzen schließt es ein, dass
sie auch verfahrensrechtlich richtig ergeht, also (in aller Regel) maßgeblich an Regel-
oder Bedarfsbeurteilungen anknüpft, ggf. in Wahrnehmung des insoweit bestehenden
Organisationsermessens aufgestellte Qualifikationsmerkmale (Anforderungsprofile)
berücksichtigt und nachvollziehbar in Beachtung des Grundsatzes der Bestenauslese
getroffen wird.
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Der Anspruch auf Beachtung dieser Grundsätze ist nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO
sicherungsfähig. Will hiernach der Antragsteller die vorläufige Nichtbesetzung einer
Beförderungsstelle erreichen, so muss er glaubhaft machen, dass deren Vergabe an
den Mitbewerber sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als zu Lasten des
Antragstellers rechtsfehlerhaft erweist und dass im Falle der fehlerfreien Durchführung
des Auswahlverfahrens die Beförderung des Antragstellers jedenfalls möglich erscheint.
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Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
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Es ist überwiegend wahrscheinlich, dass die Auswahlentscheidung zu Lasten des
Antragstellers rechtswidrig zu Stande gekommen ist.
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Über die Auswahlkriterien des § 7 Abs. 1 LBG verlässlich Auskunft zu geben, ist in aller
Regel Sache der aktuellen dienstlichen Beurteilungen. Der Antragsteller ist in seiner
dienstlichen (Regel-)Beurteilung für den Zeitraum vom 1. Juni 2003 bis zum 31. Mai
2006 am 16. August 2006 mit „3 Punkte" (= entspricht voll den Anforderungen) beurteilt
worden. Demgegenüber hat die Beigeladene in ihrer dienstlichen Beurteilung unter dem
gleichen Datum die Gesamtnote „5 Punkte" (= übertrifft die Anforderungen in
besonderem Maße) erhalten. Beide Beurteilungen beruhen auf den „Richtlinien für die
dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten im Geschäftsbereich des
Ministeriums für Verkehr, Energie und Landesplanung des Landes Nordrhein-Westfalen
zur Vorbereitung von Personalmaßnahmen, insbesondere
Beförderungsentscheidungen" (BRL), Runderlass vom 27. Oktober 2003 - I B 2-40-07-
10/03 -, MBl. NRW. 2003 S. 1410.
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1. Auf diese Notendifferenz durfte der Antragsgegner jedoch die Auswahlentscheidung
nicht stützen. Denn die dienstliche Beurteilung des Antragstellers hält einer
Rechtskontrolle nicht stand, sodass durch die darauf gestützte Auswahlentscheidung
dessen Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt ist.
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a) Die Rechtswidrigkeit der Beurteilung folgt allerdings nicht bereits daraus, dass
hinsichtlich des Antragstellers ein Beurteilungsverbot bzw. ein Ausschlussgrund in
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Bezug auf die Regelbeurteilungsrunde zum Stichtag 1. Juni 2006 bestehen würde. Dies
wäre im Hinblick darauf, dass er erst mit Wirkung vom 1. September 2005 zum
Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr versetzt wurde,
denkbar. Denn Ziffer 3.2 BRL sieht vor, dass solche Beamte von der Regelbeurteilung
ausgenommen sind, die am Beurteilungsstichtag weniger als zwölf Monate im
Zuständigkeitsbereich eines zur Endbeurteilung Befugten - und damit gemäß Ziffer
12.1.1 BRL im Bereich des Leiters der Beschäftigungsbehörde - Dienst geleistet haben.
Die der Versetzung des Antragstellers zu Grunde liegende Neuressortierung und der
damit verbundene Übergang einer gesamten Abteilung in den Geschäftsbereich des
Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr führte nach dem
dokumentierten Willen des Ministeriums und nach Beteiligung des Personalrates zu
einer Änderung der maßgeblichen Verwaltungspraxis. In dem Fall, dass im Rahmen
einer Neuressortierung eine Versetzung von „Personal unter Einbettung in seine
bisherige Organisationsstruktur" erfolgt, wird danach die Zwölf-Monatsfrist in Ziffer 3.2
BRL nicht angewandt. Folglich bestand aufgrund dieser geänderten Verwaltungspraxis
bezüglich des Antragstellers kein Ausschlussgrund für die Teilnahme an der
Regelbeurteilungsrunde.
b) Die zu Grunde gelegte Beurteilung des Antragstellers ist jedoch deswegen
rechtswidrig, weil sie unvollständig ist. Ihr fehlt eine rechtswirksame Aussage über die
Befähigung des Antragstellers und damit die nach Ziffer 7 BRL erforderliche
Befähigungsbeurteilung. Ohne auf die insoweit teilweise abweichenden
Beurteilungsvorschläge der Zwischenbeurteiler einzugehen, hat der Endbeurteiler,
Staatssekretär C, in seiner Endbeurteilung vom 16. August 2006 dem
Beurteilungsverschlag des Erstbeurteilers, des Referantsleiters Herr Q1, vom 2. Juni
2006 hinsichtlich der vorgeschlagenen Befähigungsbeurteilung nicht zugestimmt. Damit
war dieser ursprüngliche Beurteilungsvorschlag über die Befähigung nicht mehr
Bestandteil der Endbeurteilung. An der dementsprechend erforderlich gewordenen
eigenen Befähigungsbeurteilung unter Festlegung des konkreten Ausprägungsgrades
der einzelnen Befähigungsmerkmale durch den Endbeurteiler fehlt es jedoch. Der
Endbeurteiler hat nämlich den Vorschlag des Erstbeurteilers nicht durch eine eigene
abschließende Beurteilung der Befähigung ersetzt, sondern lediglich die Gründe
dargelegt, warum er dem ursprünglichen Beurteilungsvorschlag nicht folgt.
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c) Die Beurteilung des Antragstellers ist jedoch auch deswegen rechtswidrig, weil sie
den zwingenden rechtlichen Rahmen, der durch § 104 Abs. 1 Satz 2 LBG gezogen wird,
verletzt. Anstatt die erforderliche Versetzungsbeurteilung über den in die
Regelbeurteilung einbezogenen Zeitraum vor der Versetzung zum Ministerium für
Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr zum 1. September 2005 einzuholen und
in der gebotenen Weise zu berücksichtigen, wurden vorliegend für diesen Zeitraum
lediglich Beurteilungsbeiträge einbezogen.
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Dass für den Antragsteller für den Zeitraum von 27 Monaten der insgesamt umfassten
36 Monate eine Versetzungsbeurteilung hätte eingeholt werden müssen, folgt
unmittelbar aus dem Gesetz.
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§ 104 Abs. 1 Satz 2 LBG sieht vor, dass Beamte neben der in Satz 1 vorgesehenen
zwingenden Beurteilung vor Ablauf der Probezeit, in regelmäßigen Abständen und
anlässlich einer Versetzung beurteilt werden sollen; die obersten Dienstbehörden
bestimmen die Zeitabstände und können Ausnahmen für Gruppen von Beamten
erlassen.
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Danach ist davon auszugehen, dass außer in dem Fall, dass besondere Umstände eine
Ausnahme rechtfertigen, anlässlich einer Versetzung zwingend eine (Anlass- oder
Bedarfs-) Beurteilung zu erstellen ist.
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Eine solche Ausnahme liegt hier nicht vor.
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Zunächst sehen die BRL keine hier anwendbare Ausnahme vom gesetzlichen
Grundsatz vor.
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Es ist bereits fraglich, ob der 2. HS des § 104 Abs. 1 Satz 2 LBG hinsichtlich der
Versetzungsbeurteilung überhaupt die Möglichkeit einer Ausnahmeregelung „für
Gruppen von Beamten" zulässt, da wegen des Wortlauts bzw. des grammatischen
Bezugs bereits zweifelhaft ist, ob nicht nur hinsichtlich der Einbeziehung in die
Regelbeurteilungen Ausnahmeregelungen für Gruppen geschaffen werden können.
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Jedenfalls enthalten die BRL keine für den Fall des Antragstellers einschlägige
Regelung.
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Nach Ziffer 4.3.2 BRL kommt eine Beurteilung bei einem Wechsel der Dienstbehörde
(Versetzung) „in Betracht". Nach Ziffer 4.3.2.1 BRL gilt die letzte Regelbeurteilung als
Versetzungsbeurteilung, soweit der Beurteilungsstichtag im Zeitpunkt der Versetzung
nicht länger als 18 Monate zurückliegt. Andernfalls ist die letzte Regelbeurteilung um
eine Feststellung zu ergänzen, ob sich zwischenzeitlich Abweichungen von den
Bewertungen dieser Regelbeurteilung ergeben haben. Für den Antragsteller wurde
jedoch zuletzt eine (Regel-)Beurteilung für den Zeitraum vom 15. Dezember 1998 bis
zum 14. Dezember 2000 (vor seinen letzten beiden Beförderungen und Versetzungen) -
wohl zum Stichtag 15. Dezember 2000 - erstellt, so dass keine nach Ziffer 4.3.2.1 BRL
verwertbare Beurteilung vorliegt.
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Die Regelung der vom Antragsgegner angewandten Ziffer 12.3.2.2 BRL betrifft lediglich
die Fälle einer behördeninternen Umsetzung oder des Wechsels des Beurteilers und
nicht den der hier vorliegenden Versetzung. Denn danach hat sich der Erstbeurteiler nur
insoweit, als ein Beamter während des Beurteilungszeitraums den Arbeitsplatz
innerhalb der Behörde gewechselt hat und der Beurteiler die auf dem früheren
Arbeitsplatz erbrachten Leistungen nicht aus eigener Kenntnis beurteilen kann, die
erforderlichen Kenntnisse bis zum Zeitpunkt des Beurteilungsgesprächs z.B. durch
Heranziehung sachkundiger ehemaliger Vorgesetzter zu verschaffen, wenn der Einsatz
auf dem früheren Arbeitsplatz weniger als 6 Monate betragen hat. Dies gilt
entsprechend, wenn der Vorgesetzte den Arbeitsplatz gewechselt hat.
24
Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Umstände, die das Absehen von der
Erstellung einer Versetzungsbeurteilung gerade im Einzelfall des Antragstellers
rechtmäßig erscheinen lassen, sind ebenfalls weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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Vielmehr spricht der Umstand, dass die letzte ihm erteilte Beurteilung den Zeitraum von
15. Dezember 1998 bis zum 14. Dezember 2000 umfasst, so dass beim Antragsteller
(vermutlich aufgrund der weiteren früheren Versetzung) eine Beurteilungslücke besteht,
dafür, dass gerade in seinem Fall ein Absehen von der Erstellung einer
Versetzungsbeurteilung rechtlich bedenklich ist.
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Es hätte damit für den Antragsteller anlässlich seiner Versetzung zum Antragsgegner
eine Versetzungsbeurteilung erstellt und bei der Erstellung der Regelbeurteilung zum 1.
Juni 2006 berücksichtigt werden müssen.
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Die Einholung einer solchen Anlassbeurteilung stellt die Erstellung einer
Regelbeurteilung und Einhaltung des Regelbeurteilungszeitraums durch die aktuell
beurteilende Behörde nicht in Frage. Denn die vorangehende Anlassbeurteilung hindert
den Dienstherren weder rechtlich noch tatsächlich, bei der nachfolgenden
Regelbeurteilung auch den Zeitraum einzubeziehen, der bereits von der
Anlassbeurteilung erfasst ist.
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Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. Juli 2001 - 2 C 41/00 -, NVwZ- RR 2002, 201
für den Fall einer Anlassbeurteilung vor einem Auslandseinsatz und einer späteren
Versetzung; ebenfalls für die Einbeziehung einer Probezeitbeurteilung von Richtern,
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 7. August 1984 - 2 C 52/82 -, DVBl. 1984, 1221.
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Die unterlassene Erstellung der Versetzungsbeurteilung und damit die fehlende
Einbeziehung in die streitgegenständliche Regelbeurteilung stellt auch nicht lediglich
einen unbeachtlichen formalen Verstoß dar, da tatsächlich für die betreffenden
Zeiträume Beurteilungsbeiträge der ehemaligen Staatssekretäre eingeholt wurden.
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Ein (formaler) Fehler ist entsprechend des in § 46 VwVfG zum Ausdruck kommenden
Gedankens unerheblich, wenn auszuschließen ist, dass er sich auf das Ergebnis der
dienstlichen Beurteilung ausgewirkt hat, Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht,
Urteil vom 28. November 2000 - 2 L 3264/00 -, RiA 2001, 94.
31
Die inhaltliche Berücksichtigung einer Anlass- bzw. Versetzungsbeurteilung unterliegt
bei der Erstellung einer Regelbeurteilung anderen Anforderungen als die eines bloßen
Beurteilungsbeitrags. Ihr kommt ein größeres Gewicht zu.
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Denn bei der gebotenen Gesamtbetrachtung im Rahmen der Erstellung der
Regelbeurteilung sind die alte Anlassbeurteilung und die neue Beurteilung zueinander
in Beziehung zu setzen. Hierauf beschränkt sich freilich die Ermächtigung des
Beurteilenden; er ist nicht befugt, die in der vorangehenden Anlassbeurteilung erfassten
Eignungs- und Leistungsmerkmale abzuändern und damit die Anlassbeurteilung zu
ersetzen. Deshalb bedeutet die volle Ausschöpfung des für die Regelbeurteilung zu
Grunde zu legenden Beurteilungszeitraums nicht, dass die vorangehende
Anlassbeurteilung ihren Wert als eigenständige Beurteilung verliert und der Sache nach
nur noch als Beurteilungsbeitrag weiterbesteht.
33
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. Juli 2001 - 2 C 41/00 -, NVwZ- RR 2002, 201.
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Demgegenüber ist ein Beurteilungsbeitrag bei der Erstellung eine Beurteilung lediglich
„zur Kenntnis zu nehmen" und „zu bedenken". Sie ist zwar unverzichtbare Grundlage
der Regelbeurteilung, muss jedoch nicht „fortschreibend" übernommen werden.
35
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 5. November 1998 - 2 A 3/97 -, BverwGE 107,
360; Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung, Rn. 312, zu den Anforderungen einer
angemessenen Berücksichtigung eines Beurteilungsbeitrags, a.a.O., Rn. 249 mit
Fn.126b.
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Insoweit sei vorsorglich klargestellt, dass im Hinblick auf den großen zeitlichen Anteil,
den die einzuholende Versetzungsbeurteilung bei der neu zu erstellenden
Regelbeurteilung umfasst, hohe Anforderungen an eine für den Beamten
nachvollziehbare und im Rechtsinne plausible Begründung für eine Abweichung in der
Gesamtnote der Regelbeurteilung von der der Versetzungbeurteilung zu stellen sein
werden. Denn eine nachvollziehbare Begründung ist nach Ziffer 12.6.2 BRL bereits bei
einer Abweichung von einem Beurteilungsvorschlag erforderlich. Bei einer annähernd
als abschließend anzusehenden Bewertung eines erheblichen Anteils des umfassten
Zeitraums durch eine Versetzungsbeurteilung werden die an eine solche Begründung
anzulegenden Anforderungen noch deutlich erhöht sein. Eine Bezugnahme auf
Richtsatzvorgaben dürfte jedenfalls nicht genügen.
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d) Im Hinblick auf die entsprechende Rüge des Antragstellers sei abschließend
klargestellt, dass hinsichtlich des gewählten Zeitraums der Regelbeurteilung keine
durchgreifenden rechtlichen Bedenken bestehen. Dies gilt zum einen in Bezug auf die
zum 1. September 2005 erfolgte Versetzung und zum anderen im Hinblick auf die bei
dem Antragsteller bestehende Beurteilungslücke, die sich daraus ergibt, dass die ihm
zuletzt erteilte Beurteilung lediglich den Zeitraum vom 15. Dezember 1998 bis zum 14.
Dezember 2000 umfasst.
38
Der Zeitraum einer Regelbeurteilung erstreckt sich in aller Regel auf den Zeitraum
zwischen zwei Beurteilungsstichtagen.
39
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. August 1993 - 2 C 37/91 -, Buchholz Nr. 232.1
§ 40 BLV.
40
Eine Abweichung von diesem Regelbeurteilungszeitraum ist nur aus zwingenden
Gründen hinzunehmen.
41
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. Juli 2001 - 2 C 41/00 -, NVwZ- RR 2002, 201.
42
Denn das Ziel der Regelbeurteilung, wesentliche [und damit vergleichbare] Grundlage
für die am Leistungsprinzip orientierte Auswahl bei Personalentscheidungen zu sein,
kann nur dann optimal erreicht werden, wenn die für die Vergleichbarkeit maßgeblichen
äußeren Kriterien so weit wie irgend möglich eingehalten werden. Höchstmögliche
Vergleichbarkeit wird grundsätzlich durch den gemeinsamen Stichtag und den gleichen
Beurteilungszeitraum erreicht. Der gemeinsame Stichtag dient vorrangig dazu, durch
Fixierung auf einen bestimmten Zeitpunkt Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit
herzustellen. Die Einheitlichkeit des Beurteilungszeitraumes soll gewährleisten, dass
die Beurteilung für alle Beamten gleichmäßig die zu beurteilenden Merkmale nicht nur
punktuell, sondern in ihrer zeitlichen Entwicklung unabhängig von einer konkreten
Verwendungsentscheidung erfasst.
43
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. Juli 2001, a.a.O.
44
Dementsprechend sind hohe Anforderungen an die Anerkennung eines zwingenden
Grundes zu stellen.
45
Ein solcher besteht zunächst nicht in der zum 1. September 2005 erfolgten Versetzung
des Antragstellers.
46
Zwar kann möglicherweise ein zwingender Grund in einer Beförderung im
Beurteilungszeitraum liegen. Denn Maßstab für die Beurteilung ist das Amt im
statusrechtlichen Sinne. D.h. die konkrete Aufgabenerfüllung muss zu den
Anforderungen des statusrechtlichen Amtes und zu den Leistungen aller Beamten
derselben Laufbahn und Besoldungsgruppe in Beziehung gesetzt werden.
47
Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung, Rn. 292 mit Nachweisen aus der
Rechtsprechung und Rn. 352.
48
Insoweit ergeben sich aus der Beförderung und damit aus der Veränderung des
statusrechtlichen Amtes im Beurteilungszeitraum Schwierigkeiten, da die Leistungen
des gesamten Zeitraums an den Maßstäben des neuen (Beförderungs-)Amtes
gemessen werden müssen,
49
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. August 1993 - 2 C 37/91 -, Buchholz Nr. 232.1
§ 40 BLV,
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und dieser Bezugsrahmen als Maßstab auf die vor der Beförderung erbrachten
Leistungen möglicherweise nicht sinnvoll angewandt werden kann.
51
Vgl. dazu Willems, Die dienstliche Beurteilung der Polizeibeamten im Land NRW,
NWBl. 2001, 123; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. Februar 2000
- 10 A 11245/99 -, IÖD 2000, 276; Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung, Rn. 352;
vgl. auch Ziffer 4.3.2.2. BRL; auch Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-
Westfalen, Beschluss vom 8. Juni 2006 - 1 B 195/06 - hinsichtlich der Vergleichbarkeit;
demgegenüber aber Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. August 1993 - 2 C 37/91
-, Buchholz Nr. 232.1 § 40 BLV und Urteil vom 18. Juli 2001 - 2 C 41/00 -, NVwZ-RR
2001, 201; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom15. Februar 2002 - 10 A
11751/01 -, IÖD 2002, 134.
52
Vergleichbare Schwierigkeiten oder andere ersichtliche zwingende Gründe bestehen
bei einer Versetzung nicht, da das statusrechtliche Amt des Beamten grundsätzlich nicht
berührt wird. Eine Versetzung ist daher an sich nicht als zwingender Hinderungsgrund
anzusehen, wenn nicht ausnahmsweise wegen der Kürze der Zeitspanne in der neuen
Behörde keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine sachgerechte Einstufung innerhalb
der Gruppe zur Verfügung stehen und der Beurteilende deshalb eine Einstufung nicht
anhand gesicherter Erkenntnisse vornehmen kann.
53
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 30. Januar 1986, - 3 B 85.A.1620 -,
Schütz ES/D I 2 Nr. 22 für einen späteren (Neu-)Eintritt in eine Behörde.
54
Demnach stellt hier die Versetzung zum 1. September 2005 keinen zwingenden
Hinderungsgrund dar, weil die danach liegenden Zeitspanne von 9 Monaten
ausreichend lang ist.
55
Auch aus dem Bestehen einer Beurteilungslücke in dem Zeitraum vor dem 1. Juni 2003
(ab dem 15. Dezember 2000) ergibt sich vorliegend kein zwingender Grund für eine
Veränderung - in diesem Fall für eine Ausdehnung des Regelbeurteilungszeitraums.
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Grundsätzlich hat ein Beamter einen Anspruch auf die Vermeidung von
Beurteilungslücken.
57
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom15. Februar 2002 - 10 A 11751/01 -,
IÖD 2002, 134; zur Ausnahme vgl. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil
vom 28. November 2000 - 2 L 3264/00 -, RiA 2001, 94.
58
Dieser Anspruch kann einen zwingenden Grund für eine Abweichung vom
Regelbeurteilungszeitraum darstellen. Vorliegend greift dieser Anspruch jedoch nicht
durch. Denn zur Schließung der vorgenannten Beurteilungslücke besteht - aus den
vorstehend dargelegten Gründen - vorrangig die Möglichkeit und Notwendigkeit, eine
Versetzungsbeurteilung einzuholen.
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2. Die vorgenannten Rechtsfehler sind auch im Sinne der dargestellten Anforderungen
kausal, da es bei einer erneuten Auswahlentscheidung auf Basis einer
ordnungsgemäßen Beurteilung trotz des bisherigen Notenunterschieds nicht unmöglich
erscheint, dass diese zu Gunsten des Antragstellers ausfällt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da die
Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich somit einem Kostenrisiko nicht ausgesetzt
hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass sie etwaige eigene
außergerichtliche Kosten selbst trägt.
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Die Festsetzung des Streitwertes richtet sich nach § 52 Abs. 2 i.V.m. § 53 Abs. 3 Nr. 1
GKG. Die Kammer hat im Hinblick auf die Vorläufigkeit des Begehrens den halben
Auffangwert angesetzt und folgt der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für
das Land Nordrhein-Westfalen, wonach dieser auch anzulegen ist, wenn mehrere
Stellen frei gehalten werden.
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