Urteil des VG Düsseldorf vom 15.12.2009

VG Düsseldorf (kläger, juristische person, mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit, betrieb, tankstelle, boden, nachteilige veränderung, grundwasser, geschäftsführer, gutachten)

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 17 K 3537/08
Datum:
15.12.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
17. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
17 K 3537/08
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außer-
gerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher
Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Anordnung der Sanierung einer schädlichen
Bodenveränderung auf dem Grundstück C Straße 38 in O – C, G1, G2 und G3.
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Das ca. 5.000 qm große Gelände war der Betriebsstandort der am 1. Juni 1950
gegründeten Firma B mbH (im Folgenden: B). Gegenstand des Unternehmens war der
Handel mit Mineralölprodukten und die Vornahme aller sonstigen hiermit
zusammenhängenden Geschäfte wie Transport und Lagerung. Auf dem Gelände war
schon vor der Gründung der B die Firma B1 ansässig gewesen, die dort einen
Großhandel mit Mineralöl und Treibstoffen betrieb. Geschäftsführer und Gesellschafter
der Firma B waren neben dem Kläger dessen Bruder M sowie – bis zum Jahre 1985 –
deren Mutter M1. Mit Wirkung vom 1. August 1989 wurden die Gesellschaftsanteile des
Klägers und seines Bruders an der B auf die G GmbH übertragen, der Kläger und sein
Bruder schieden am 15. September 1989 als Geschäftsführer aus. Seitdem war auf dem
Betriebsgelände bis zur Räumung des Grundstücks zum 30. September 1997 die
Beigeladene als 100%ige Tochter der G GmbH tätig. Eigentümerin des Grundstücks war
ab April 1974 die M1 GbR, bestehend aus dem Kläger und seinem Bruder. Am 6.
November 1993 verkaufte die M1 GbR das Grundstück an die Firma Q Mineralöl GmbH.
Geschäftsführerinnen dieser Gesellschaft sind die Ehefrauen der beiden Brüder.
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Auf dem Betriebsgelände befand sich den Ergebnissen der Nutzungsrecherche von N
GmbH (N) von März 1996 sowie der Datenauswertung zufolge schon vor 1950 an der
zur C Straße hin gelegenen nördlichen Grundstücksseite eine Tankstelle. Im Jahre 1957
erfolgte eine Erweiterung der Tankstelle auf 3 Zapfsäulen für Dieselkraftstoff und
Vergaserkraftstoff. Im Bereich der Tankstelle existierten nach dem Lageplan von 1957 5
unterirdische Kraftstofftanks, die insgesamt 89.000 l fassten (2 x 27.000, 1 x 15.000, 2 x
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10.000). 1987 wurde die Tankstelle stillgelegt. Im südwestlichen Grundstücksbereich
gab es eine 1963 errichtete Abfüllstation für Petroleum. Der daneben befindliche,
einwandige Petroleum-Erdtank wurde 1975 stillgelegt. Die Wasch- und Pflegehalle mit
Abschmiergrube, wo bis zur endgültigen Betriebsschließung die Wartung der
Tankkraftfahrzeuge erfolgte, wurde 1955 errichtet; davor wurden in diesem Bereich
Fässer gespült und gereinigt. Die Entwässerung der Halle erfolgte über einen
Benzinabscheider. Im südlichen Grundstücksbereich befand sich von 1955 bis 1989 ein
Fasslagerplatz, wo Fässer zwischengelagert wurden. Von ca. 1954 bis Anfang der
1970er Jahre betrieb die B im südlich der Tankstelle gelegenen Lagerraum eine
Mischmaschine zur Herstellung von Formenöl und Rostschutzmittel. Der Lagerraum
wurde seit Betriebsgründung zur Lagerung von Schmierstoffen und bis September 1989
auch als Umfüllstation genutzt. Dort wurde aus Fässern in kleinere Gebinde umgefüllt.
Über eine Fassrampe wurden die Fässer hinein- und anschließend entleert wieder
hinaus gerollt. An den Lagerraum schloss sich eine Füllstation für Tankkraftwagen an,
die von 1955 bis 1983 betrieben wurde. Die Tankkraftwagen wurden mit Diesel- und
Vergaserkraftstoffen befüllt. Im südlichen Abschnitt des Grundstücks befand sich
schließlich das ehemalige Tanklager mit insgesamt 3 Heizöltanks, 3
Dieselkraftstofftanks sowie 2 Vergaserkraftstofftanks von je 50.000 l. Die einwandigen
Tanks wurden 1957 eingebaut und ca. 1983 stillgelegt.
Auf dem Grundstück liegt eine erhebliche Untergrundverunreinigung in Boden und
Grundwasser mit Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW), leichtflüchtigen aromatischen
Kohlenwasserstoffen (BTEX) und leichtflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen
(CKW) vor. Im Bereich der unterirdischen Diesel- und Vergaserkraftstofftanks der
Tankstelle, des Benzinabscheiders und im Bereich der unterirdischen Lagertanks im
südlichen Grundstücksbereichs wurden MKW im Feststoff in einer Größenordnung
zwischen 6.890 mg/kg bis zu 23.600 mg/kg festgestellt. Hinsichtlich BTEX sind im
Bereich der Vergaserkraftstofftanks im Süd- und Nordteil des Grundstücks und im
Bereich der Zapfinsel starke Kontaminationen des Bodens mit bis zu 5.350 mg/kg
nachgewiesen. In den Bodenluftproben lagen die BTEX-Gehalte dort bei bis 4.220
mg/m3. Im Bereich der ehemaligen Fassrampe ergaben die Bodenluftproben eine
LHKW-Konzentration von bis zu 32.000 mg/m3, in der Halle von bis zu 34.000 mg/m3.
Ferner wurde eine deutliche Kontamination des Grundwassers auf dem
Betriebsgelände mit BTEX (bis zu 472.900 (g/l), LCKW (bis zu 95.020,60 (g/l) und MKW
(bis zu 500.000 (g/l) festgestellt. Darüber hinaus hat sich eine vom Betriebsgrundstück
ausgehende, mehr als 1 km lange und bis zu 150 m breite Schadstofffahne ausgebreitet.
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Auf der Grundlage einer bestandskräftigen Ordnungsverfügung vom 11. Juli 2005
saniert die Beigeladene seit 2006 den Grundwasserschaden. Ferner nahm der Beklagte
die Eigentümerin des Grundstücks, die Fa. Q, mit Ordnungsverfügung vom 2. August
2005 für die Sanierung der schädlichen Bodenveränderung mittels Bodenluftabsaugung
in Anspruch. Über das Vermögen der Eigentümerin wurde mit Beschluss vom 22. März
2006 das Insolvenzverfahren eröffnet. Gegen den Insolvenzverwalter geht der Beklagte
ebenfalls ordnungsrechtlich vor.
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Mit Ordnungsverfügung vom 28. April 2008 forderte der Beklagte den Kläger auf, die
schädliche Bodenveränderung auf dem Grundstück C Straße 38 in O mittels
Bodenluftabsaugung und Versiegelung zu sanieren. Zugleich ordnete er die sofortige
Vollziehung der Sanierung an und drohte ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000 Euro an.
Zur Begründung heißt es: Die Schadstoffe seien durch den jahrzehntelangen Umgang
mit Heizöl, Diesel, Benzin und Trichlorethen (Tri) in einer sehr hohen Konzentration in
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den Untergrund versickert und hätten dadurch eine schädliche Bodenveränderung und
eine erhebliche Grundwasserverunreinigung verursacht, die jeweils sanierungsbedürftig
sei. In allen Bereichen des ehemaligen Betriebsgrundstücks seien CKW-Gehalte
vorgefunden worden, die für sich genommen sanierungsbedürftig seien. Der Schaden
sei durch die betriebliche Tätigkeit der B bzw. der Beigeladenen entstanden. Als
ehemaliger Geschäftsführer der B gehöre der Kläger zum sanierungspflichtigen
Personenkreis. Nach der Eintragsprognose des Büros O aus B vom 14. März 2007 sei
davon auszugehen, dass der Schadstoffeintrag in den Grundwasserleiter deutlich vor
1989, wahrscheinlich ab den 1960-er Jahren stattgefunden habe. Den
Zeitzeugenbefragungen zufolge seien Grundwasserverunreinigungen mindestens
billigend in Kauf genommen worden. Der Kläger habe durch sein Führungsverhalten in
erheblichem Maße zur Entstehung des Schadens beigetragen. Etwa 85% der
Gesamtsanierung werde durch die Beigeladene durchgeführt, so dass dem Kläger als
weiterem Störer die Sanierung des kleineren Teils der ungesättigten Bodenzone
zuzumuten sei.
Der Kläger hat am 14. Mai 2008 Klage erhoben. Er macht geltend: Er sei nicht für die
Kontaminationen verantwortlich und könne somit auch nicht Verhaltensstörer sein. Er
habe nie irgendwelche Maßnahmen angeordnet, die zu einer Boden- oder
Grundwasserkontamination hätten führen können. Ihm sei darüberhinaus zu keiner Zeit
seiner Geschäftsführertätigkeit von irgendeinem Angestellten ein Umweltschadensfall
oder Ölunfall angezeigt worden. Die zeitliche Bestimmung des Schadstoffeintrags sei
nicht möglich. In den zivilrechtlichen Auseinandersetzungen mit der Beigeladenen
hätten die Gutachter C2 und E festgestellt, dass eine zeitliche Einordnung des
Schadstoffeintrags nicht möglich bzw. dass es nur mittels eines "Tracer-Versuchs"
möglich sei, anhand der Fließgeschwindigkeiten den Schadensausbreitungszeitraum
zu ermitteln. Durch die laufende Grundwassersanierung werde auch diese Möglichkeit
zunichte gemacht. Nach dem weiteren vom LG L eingeholten Gutachten des
Sachverständigen I vom 10. August 2008 sei bezüglich der hier vorliegenden
Schadstoffe MKW, BTEX und LHKW im Boden und im Grundwasser nach dem
vorliegenden Stand von Forschung, Wissenschaft und Technik kein Verfahren bekannt,
das für derartige Kontaminationen eine Altersdatierung des Schadenseintritts
ermögliche. Das Gutachten O weise zahlreiche Mängel und Schwächen auf und sei
nicht geeignet, die Haftungsfrage zu klären. Ein Erklärungsdefizit ergebe sich
insbesondere aus dem Vorhandensein von Methyltertiärbutylether (MTBE), das erst seit
Mitte der 1980er Jahre den Vergaserkraftstoffen zugesetzt werde. Auch die Einstellung
der Verwendung der einzelnen Grundstücksteile zu bestimmten Zwecken z.B. als
Tankstelle führe nicht zu einer eindeutigen zeitlichen Zuordnung der vorhandenen
Kontaminationen. Die geltend gemachten Überfüllungen und Anlageschäden könnten
die vorhandenen Kontaminationen nicht plausibel machen. Vor dem 1. August 1989 sei
es nicht zu Kontaminationen des Grundstücks gekommen. Die Zeugenaussagen gäben
dafür nichts her oder seien unglaubhaft. Reinigungsarbeiten seien nicht mit Tri, sondern
mit einer Soda-Lauge namens I1 ausgeführt worden. Keiner der Zeugen habe
bestätigen können, dass er die Verwendung von Tri zu Reinigungszwecken angeordnet
oder auch nur davon gewusst hätte. Die Verwendung von Tri könne ihm jedenfalls nicht
vorgeworfen werden, weil die Schädlichkeit von Tri zum Zeitpunkt der Übertragung der
Geschäftsanteile unbekannt gewesen sei. Es sei aber bewiesen, dass nach
Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit in umfangreichem Maße Tri auf dem
Grundstück verwendet worden sei. Unter Beweis gestellt worden sei auch, dass sich
nach 1989 eine ganze Reihe von Ölunfällen ereignet hätten. Darüber hinaus sei nicht
nachzuvollziehen, warum der Beklagte, der den leistungsstarken und bestens
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geeigneten Verhaltensstörer, nämlich die Beigeladene, nicht auch für die Durchführung
der Bodenluftsanierung in Anspruch nehme. Seine Inanspruchnahme sei auch wegen
seiner verglichen mit der Beigeladenen eingeschränkten wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit ermessensfehlerhaft. Das Sanierungskonzept des Beklagten sei
ungeeignet. Die sicherste und preisgünstigste Form der Sanierung sei der von ihm
vorgeschlagene Bodenaustausch. Die bisher angeordneten Sanierungsmaßnahmen
seien ohne Erfolg geblieben. Die Vorgehensweise des Beklagten lasse deutliche
Mängel in der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens befürchten. Ein
Zusammenhang zwischen der Erstellung des Teilgutachtens der V GbR vom 1. März
1994 und dem Verkauf des Grundstücks an die Q GmbH, wie von der Beilgeladenen
behauptet, habe nicht bestanden. Anlass für die ab Mitte 1993 durchgeführten
Untersuchungen seien die erheblichen Ölverschmutzungen des Betriebsgrundstücks
durch die Beigeladene in der Zeit nach 1989 gewesen. Der Vortrag, der
Grundstückskaufvertrag sei sittenwidrig, sei deshalb abwegig.
Der Kläger beantragt,
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die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 24. April 2008 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt vor: Den Zeugenaussagen sei sehr wohl zu entnehmen, dass mit Tri gereinigt
worden sei. Den Kläger treffe zumindest eine Sorgfaltspflichtverletzung bei der
Überwachung der Betriebsvorgänge, die ihm als technischem Betriebsleiter und
Geschäftsführer oblegen hätten. Die vom Kläger gelieferten Gutachten hielten zwar eine
Bestimmung des Schadensalters für nicht möglich, jedoch die Bestimmung einer
ungefähren Spanne und sagten aus, dass wahrscheinlich auch ein Schadstoffeintrag
nach 1989 stattgefunden habe. Sowohl das Gutachten von E vom 13. Juli 2000 als auch
das des Ingenieurbüros I2 vom 28. April 2000 kämen zum Ergebnis, dass der Eintritt der
Untergrundverunreinigungen vermutlich deutlich länger als 10 Jahre zurückliege. Diese
These bestätige auch das Gutachten der O. Zu berücksichtigen sei weiter die Tatsache,
dass bereits vor Firmenübergang wesentliche Anlagenteile des Betriebes stillgelegt
worden seien. In diesen Bereichen sei der Boden und das Grundwasser massiv mit den
seinerzeit eingelagerten und verwendeten Betriebsmitteln wie z.B. Dieselkraftstoff,
Heizöl, Benzin und Tri belastet. Bereits im Jahre 1988 sei am etwa 1,5 km entfernten
Rsee eine Tri-Belastung festgestellt worden, die, wie sich später herausgestellt habe,
die Spitze der Belastungsfahne des B-Schadens darstelle. In der Gesamtschau
sprächen die Fakten eindeutig dafür, dass Schadstoffe bereits vor dem
Betriebsübergang in den Boden und das Grundwasser gelangt seien.
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Die Beigeladene beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie macht geltend: Der Kläger habe nicht allein als der zuständige Geschäftsführer,
sondern auch als Miteigentümer die tatsächliche Sachherrschaft an dem
Betriebsgrundstück innegehabt. Das gesamte Unternehmen sei im kaufmännischen und
technischen Bereich überwiegend vom Kläger geleitet worden. Bereits im Jahre 1993
habe er einen Gutachtenauftrag zur Untersuchung des Untergrundes erteilt. Der Verkauf
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habe er einen Gutachtenauftrag zur Untersuchung des Untergrundes erteilt. Der Verkauf
des Betriebsgrundstücks an die unterkapitalisierte Q GmbH sei evident durch das
Altlastenrisiko und das Bemühen des Klägers zu seiner Begrenzung motiviert gewesen.
Die Geschäftsführerinnen der Q GmbH hätten das Betriebsgrundstück in Kenntnis eines
gravierenden Altlastenverdachts erworben, weswegen der Grundstückskaufvertrag
sittenwidrig und nichtig sei. Der Kläger habe auch nach seiner Abberufung als
Geschäftsführer zu den Gebäuden Zutritt gehabt. De facto habe er die Vermieter-
funktionen ausgeübt. Die Organisation des Unternehmens sei offenkundig darauf
ausgerichtet gewesen, etwaige Unfälle und Umweltschäden zu verheimlichen. Nach
dem 1. August 1989 seien keine Boden- und Grundwasserverunreinigungen durch Tri
verursacht worden. Die Dauerbestellungen von 900 l Tri pro Semester entstammten der
Zeit vor dem Übergang der Geschäftsanteile. Zur Verwendung der gelieferten Mengen
sei es in dem Betrieb danach tatsächlich nicht gekommen. Bis 1989 sei Tri bei der
Beigeladenen Handelsware gewesen, Teilmengen seien als Reinigungsmittel
eingesetzt worden. Die Betriebsleitung habe nach der Übernahme einen sehr großen
Bestand an Lagerware übernommen. Nur einige wenige Kunden hätten weiterhin Tri
erhalten, die anderen seien auf Kaltreiniger der G1-Reihe umgestellt worden. Per Ende
1991 seien die Restmengen an den letzten verbliebenen Tri-Kunden verkauft worden.
Wegen der auf die Verunreinigungsfahne von dem Betriebsgelände ausgehenden, 1988
festgestellten Verunreinigung des Rsees stehe das Eintragsdatum Jahre vor 1989 mit
naturwissenschaftlicher Sicherheit fest. Die Verwendung von Tri vor 1989 stehe fest,
ebenso, dass die Schadensherde für die Verunreinigungen mit MKW insbesondere in
Bereichen lägen, deren Nutzung vor 1989 stillgelegt worden sei. Auf die Kenntnis des
Klägers von der Umweltschädlichkeit von Tri komme es nicht an. Nach dem 1. August
1989 habe es auch keine Boden- und Grundwasserverunreinigungen durch MKW
gegeben. Unfälle habe es nur mit Heizöl gegeben und seien jeweils dem zuständigen
Amt mitgeteilt worden. Umpumpvorgänge mit Benzin hätten nicht stattgefunden. MTBE
sei bereits Anfang der 80er Jahre von der Mineralölindustrie in Deutschland verwendet
worden; eine quantitative Konzentrationsangabe liege zudem nicht vor. Zur
Grundwassersanierung habe es wegen der akuten Gefahrenlage kein alternatives
Sanierungskonzept gegeben. Der Boden-austausch hätte in Bezug zu der
Schadstofffahne keine Sanierungswirkung entfalten können. Tracer-Versuche könnten
unabhängig von der hydraulischen und schadstoff-spezifischen Beeinflussung einer
Grundwassersanierung zu jedem Zeitpunkt ausgeführt werden. Der Kläger sei
Zustands- und Verhaltensstörer. Er habe stets als Eigentümer und Inhaber der
tatsächlichen Gewalt gehandelt. Die Gefahrenschwelle sei bereits vor dem 1. August
1989 überschritten worden. Ab 1989 hätten sich lediglich die Verwaltung und der
Fuhrpark auf dem Betriebsgelände befunden.
Das vom Kläger betriebene einstweilige Rechtsschutzverfahren (17 L 1103/08) hatte
keinen Erfolg. Die gegen den Beschluss der Kammer vom 28. Juli 2008 eingelegte
Beschwerde wurde mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land
NordrheinWestfalen vom 13. Juli 2009 zurückgewiesen (20 B 1228/08).
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 24. April 2008 ist rechtmäßig und
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verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Der Kläger ist zu der
angeordneten Sanierung der schädlichen Bodenveränderung auf dem ehemaligen
Betriebsgrundstück der Beigeladenen, G1, G2 und G3 mittels Bodenluftabsaugung und
Versiegelung verpflichtet.
Rechtsgrundlage ist § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG. Danach kann die zuständige
Behörde zur Erfüllung der sich aus § 4 BBodSchG ergebenden Pflichten die
notwendigen Maßnahmen ergreifen. Nach § 4 Abs. 3 BBodSchG ist unter anderem der
Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung verpflichtet, den Boden und Altlasten
sowie durch schädliche Bodenverunreinigungen oder Altlasten verursachte
Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren,
erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die
Allgemeinheit entstehen. Die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Klägers
liegen vor. Das ehemalige Betriebsgrundstück C Straße 38 stellt eine Altlast dar, die der
Kläger als Geschäftsführer zumindest mitverursacht hat.
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Nach § 2 Abs. 5 Nr. 2 BBodSchG sind Altlasten im Sinne dieses Gesetzes Grundstücke
stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden
Stoffen umgegangen worden ist, durch die schädliche Bodenveränderungen oder
sonstige Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit hervorgerufen werden. Das
Grundstück C Straße 38 in O wurde jahrzehntelang für die Lagerung, den Umschlag und
die Verwendung von Heizöl, Diesel, Benzin und Trichlorethen, für die Pflege und
Wartung von Fahrzeugen sowie für die kleinteilige Produktion von ölstämmigen
Produkten genutzt. Bei Mineral- und Teerölen sowie deren Produkte und chlorierten
Kohlenwasserstoffen handelt es sich um wasser- und damit auch umweltgefährdende
Stoffe, die in der Lage sind, die physikalische, chemische und biologische
Beschaffenheit des Wassers nachhaltig zu verändern (vgl. § 19 g Abs. 5 WHG). Durch
den lang andauernden Umgang mit Heizöl, Diesel, Benzin und Trichlorethen sind
spezifische Schadstoffe – aliphatische, aromatische und chlorierte Kohlenwasserstoffe –
in den Untergrund einschließlich Bodenluft und Grundwasser gelangt. Die Prüfwerte
nach Anhang 2 Ziffer 3.1 der Bundesbodenschutzverordnung zur Beurteilung des
Wirkungspfads Boden-Grundwasser, die für Mineralölkohlenwasserstoffe 200 (g/l, für
BTEX 20 (g/l und für LHKW 10 (g/l betragen, werden erheblich überschritten.
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Der Kläger kann als (Mit-)Verursacher der Altlast nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG auf
dem Grundstück C Straße 38 in O in Anspruch genommen werden. Verursacher einer
schädlichen Bodenveränderung ist jede natürliche oder juristische Person, die an einer
Bodenkontamination zumindest als Teilverantwortliche mitgewirkt hat. Diese Mitwirkung
kann gleichermaßen durch Handeln, Dulden oder Unterlassen bewirkt werden.
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Vgl. Versteyl, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, 2. Aufl., § 4 Rz. 42.
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Zu unterscheiden ist zwischen der Verursachung in tatsächlicher Hinsicht und der
Verursachung in rechtlicher Hinsicht. Die Feststellung der tatsächlichen (Mit-
)Verursachung ist eine Frage (auch) der Beweiswürdigung. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1
VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des
Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Dabei gilt allgemein, dass das Gericht keine
unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine absolute Gewissheit verlangen
darf, sondern sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben
brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen muss, der den Zweifeln Schweigen
gebietet, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind. Fälle der vorliegenden Art
25
sind im Besonderen dadurch gekennzeichnet, dass es typischerweise um die
Aufklärung von zum Teil lange zurückliegenden Vorgängen geht und Beweismittel, die
insofern eine in jeder Hinsicht lückenlose und zweifelsfreie Kenntnis von den
Kausalverläufen vermitteln können, vielfach fehlen. In diesen Fällen ist aber nicht
zwangsläufig allein der Grundstückseigentümer oder Inhaber der tatsächlichen Gewalt
zur Verantwortung zu ziehen. Dieser Ansatz würde angesichts der typischen
Nachweisproblematik bei Altlastenfällen der Konzeption des § 4 BBodSchG nicht
gerecht. Danach steht die Haftung des Verursachers gleichrangig neben der des
Zustandsstörers. Die Anforderungen an den Nachweis der Verursachung sind daher
nicht so hoch anzusetzen. Spekulative Erwägungen und bloße Mutmaßungen genügen
allerdings nicht. Regelmäßig ist auf objektive Indizien zurückzugreifen. Diese müssen
den Schluss auf den Ursachen-zusammenhang tragen.
Vgl. OVG Münster, Beschluss vom 13. Juli 2009 – 20 B 1228/08 -; VGH Mannheim,
Beschluss vom 3. September 2002 – 10 S 957/02 -, juris.
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In rechtlicher Hinsicht setzt die Sanierungsverantwortlichkeit voraus, dass die Gefahr
der handelnden Person zugerechnet werden kann.
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Der Kläger hat die schädliche Bodenveränderung auf dem Betriebsgrundstück der
Beigeladenen durch sein Verhalten zumindest in einem solchen Ausmaß mitverursacht,
dass er als Handlungsstörer in Anspruch genommen werden kann. Die eingetretenen
Bodenverschmutzungen sind jedenfalls auch in dem Zeitraum entstanden, in dem der
Antragsteller als Geschäftsführer der Fa. B tätig war. Zurückzuführen sind die
Kontaminationen auf die Beschaffenheit der Anlagen oder Anlagenteile sowie auf den
unkritischen Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und Materialien. Die eigene
Verantwortlichkeit des Antragstellers entfällt nicht wegen der Einstandspflicht der
juristischen Person, für die er tätig geworden ist. Zum Eintritt der Gefahr hat der Kläger
selbst aufgrund seiner Betriebsführung unmittelbar beigetragen.
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Die festgestellten Kontaminationen des Bodens und des Grundwassers sind nach allen
vorliegenden Erkenntnissen ausschließlich auf betriebliche Tätigkeiten der B/der
Beigeladenen zurückzuführen, die das Gelände seit 1950 bis 1997 zum Handel und zur
Lagerung von Mineralölprodukten nutzte. Der sichere Schluss auf den
Ursachenzusammenhang zwischen den Verunreinigungen und dem Betrieb der B/der
Beigeladenen ergibt sich schon daraus, dass nur dieser Betrieb als Verursacher in
Betracht kommt. Dies wird durch das vorhandene Schadensbild bestätigt. Insbesondere
die Bodenverunreinigungen (Feststoff, Bodenluft) der ungesättigten Bodenzone bilden
die vorhandenen betrieblichen Anlagen und Einrichtungen ab: MKW-Verunreinigungen
des Bodens liegen nach den Feststellungen des Instituts T e.V. in seinem Gutachten
vom 2. August 1995 sowie nach dem Umweltgeologischen Gutachten der V GbR (V)
vom 1. März 1994 vor allem im Bereich der unterirdischen Diesel- und
Vergaserkraftstofftanks der Tankstelle, des Benzinabscheiders sowie im Bereich der
unterirdischen Tanks im südlichen Grundstücksteil vor. Hinsichtlich BTEX haben beide
Gutachter sowohl in den Bereichen der Vergaserkraftstofftanks im Süd- und Nordteil des
Grundstücks als auch im Bereich der Zapfsäule starke Kontaminationen des Bodens
nachgewiesen. Bei den von N in ihrer Grundwasserfolgeuntersuchung vom 16. Februar
1998 vorgenommenen Bodenluftmessungen wurde der Schadensschwerpunkt der
aromatischen Kohlenwasserstoffverbindungen (BTEX) in der Bodenluft unterhalb der
Kellerräume des Schmierstofflagers festgestellt. Erhöhte BTEX- und LCKW-
Konzentrationen wies der Gutachter ferner im Umfeld der Erdtanks nach. Bei der
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Analytik der Bodenluft wurden im gesamten Bereich des Gebäudetraktes deutlich
erhöhte Gehalte an BTEX und LCKW gemessen, wobei die höchsten Werte im Bereich
des Lagerraums für Schmierstoffe und der dortigen Fassrampe lagen. Stark erhöhte
Gehalte an BTEX und LCKW wiesen die Gutachter auch unter dem Wasch- und
Pflegehallenteil nach.
Anhaltspunkte dafür, dass von den betrieblichen Tätigkeiten unabhängige einzelne
Schadensereignisse Ursache für das vorhandene Schadensbild gewesen sein könnten,
liegen nicht vor. Seit der Räumung des Grundstücks durch die Beigeladene im Jahre
1997 liegt das Gelände brach.
30
Einer Bestimmung des Schadensalters zum Zwecke der Unterscheidung zwischen
MKW-, BTEX- und LHKW-Kontaminationen im Zeitraum der Geschäftsführertätigkeit des
Klägers bis 15. September 1989 einerseits und des Betriebs der Beigeladenen
andererseits bedarf es nicht.
31
Sofern der Verursachungsbeitrag in tatsächlicher Hinsicht objektiv feststeht, steht es der
Heranziehung des Klägers als (Mit-)Verursacher nicht entgegen, wenn neben der
Lagerung und dem Handel mit Mineralölprodukten sowie dem Umgang mit CKW-
haltigen Reinigungsmitteln in der Zeit, als der Kläger Geschäftsführer war, auch
betriebliche Tätigkeiten der Beigeladenen nach dem 15. September 1989 als Quelle für
die eingetretenen schädlichen Bodenveränderungen in Betracht zu ziehen sein sollten.
Bei sogenannten Summationsschäden, die regelmäßig zur Folge haben, dass eine
Isolierbarkeit der Teilbeiträge mehrerer Handlungsverantwortlicher für die (Gesamt-
)Störung nachträglich unmöglich ist, kann jeder Verursacher für die vollständige
Beseitigung der Störung in Anspruch genommen werden.
32
Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 – 7 C 3/05 -, juris.
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Voraussetzung hierfür ist lediglich, dass sein Anteil an der Verunreinigung auch für sich
betrachtet ein Einschreiten der zuständigen Behörde unter dem Gesichtspunkt der
Verhältnismäßigkeit rechtfertigen würde, also erheblich ist. Das gilt, wenn verschiedene
Anlagenbetreiber nacheinander zu einer Verunreinigung des Bodens und des
Grundwassers des von ihnen betrieblich genutzten Grundstücks beigetragen haben,
aber auch, wenn zeitgleich oder aufeinander folgend das Handeln eines
Anlagenbetreibers und dasjenige eines sonstigen Grundstücksnutzers zu einer
Bodenverunreinigung geführt haben,
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vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 3. September 2002 – 10 S 957/02 -,
NuR 2003, 29-32 m.w.N.
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Nach den vorliegenden Erkenntnissen besteht kein Zweifel daran, dass auch die
betrieblichen Tätigkeiten auf dem Grundstück in der Zeit von 1950 bis 1989 ursächlich
für die dort eingetretenen Kontaminationen mit MKW, BTEX und CKW waren.
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Das Betriebsgrundstück war bereits vor dem Ausscheiden des Antragstellers als
Geschäftsführer erheblich kontaminiert. Für die Kontaminationen mit MKW und BTEX in
den vor 1989 stillgelegten Bereichen, also dem Bereich der Tankstelle einschließlich
der Diesel- und Vergaserkraftstofftanks (Betrieb von 1950 bis 1987), des Tanks und der
Zapfsäule für Petroleum (von 1955 bis 1975 in Betrieb) und des Tanklagers im
südlichen Geländebereich (Einbau Mitte der 1950er Jahre, Stilllegung ca. 1983) ist der
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konkrete Nachweis geführt, dass die Bodenverunreinigung im Zeitraum der
Geschäftsführertätigkeit des Antragstellers verursacht wurde. Der vergleichenden
Datenanalyse zufolge, die der Sachverständige im Beweissicherungsverfahren vor dem
LG L, C2, in seinem Gutachten vom 7. Juni 2002 aus den vorhandenen Gutachten
vorgenommen hat, lassen sich für Mineralölkohlenwasserstoffe drei
Hauptschadensbereiche auf dem ehemaligen Betriebsgrundstück festmachen: die
ehemalige Tankstelle, der Benzinabscheider sowie das ehemalige Tanklager im
hinteren Grundstücksteil. Starke Kontaminationen des Bodens mit BTEX sind in den
Bereichen der Vergaserkraftstofftanks der Tankstelle sowie des Tanklagers
nachgewiesen. Dasselbe trifft für das Grundwasser an diesen Stellen (südliche Tanks,
südwestliche Vergaserkraftstofftanks und nördliche Dieselkraftstofftanks) zu. Die
Beprobung der dort errichteten Grundwasserpegel ergab stark erhöhte MKW- und
BTEX-Konzentrationen. Die Verunreinigungen mit MKW gehen zurück auf Einträge von
Heizöl/Dieselkraftstoff bzw. Petroleum, die Verunreinigungen mit BTEX auf Einträge von
Vergaserkraftstoffen.
Bis auf den Benzinabscheider sind sämtliche Anlagen bereits vor dem
Betriebsübergang geschlossen worden. Die Tankstelle war nur bis 1987 in Betrieb,
nach Stilllegung der Tankstelle wurden auch die 5 unterirdischen Diesel- und
Vergaserkraftstofftanks nicht mehr benutzt. Die unterirdischen Lagertanks für Heizöl,
Dieselkraftstoff und Vergaserkraftstoff nahm die Fa. B bereits im Jahre 1983 außer
Betrieb, indem sie gereinigt, mit Wasser gefüllt und anschließend zugeschweißt wurden.
Nach der Aufgabe oder Schließung von Anlagen und Betriebsteilen auf dem
ehemaligen Betriebsgelände der Beigeladenen kann es nicht mehr zu einer aktiven
Kontamination durch den Betrieb der entsprechenden Anlage gekommen sein. Die
Kontaminationen durch MKW und BTEX im Bereich der Tankstelle und des Tanklagers
müssen daher in der Hauptsache in dem Zeitraum entstanden sein, in dem Tankstelle
und Tanklager betrieben wurden, nämlich von 1950 bis 1987. Dieselben Erwägungen
gelten für die Kontaminationen im Bereich des Tanks und der Zapfsäule für Petroleum,
die von 1955 bis 1975 in Betrieb waren. Das stimmt mit dem Ergebnis der
"Eintragsprognose und Emissionsabschätzung des CKW-Schadens C Straße 38, O-C1"
der Gutachter O vom 14. März 2007 (Seite 24) überein. Bedenken gegen dieses
Gutachten bestehen nicht. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des OVG
NRW in seinem Beschluss vom 13. Juli 2009 Bezug genommen.
38
Das Schadensbild im Tankstellenbereich belegt den ursächlichen Zusammenhang der
MKW-Konzentrationen mit dem nur während der Geschäftsführertätigkeit des Klägers
durchgeführten Tankstellenbetrieb zusätzlich. Wie C2 in seinem Gutachten (S. 56)
erläutert, machen die in einer Tiefe von 1 – 2 m vorgefundenen signifikanten MKW-
Konzentrationen als Schadensursache Verkleckerungen und Kraftstoffaustritt beim
Betanken von Kraftfahrzeugen wahrscheinlich. Die Ursache für die MKW-
Konzentrationen im Tiefenbereich von 3 – 3,5 m ist demgegenüber in
Tanküberfüllungen bei undichten Domschächten zu suchen, wobei der durch die
Domschächte austretende Kraftstoff an den Tankwandungen entlang bis zur Sohle
gelangen konnte. Diese Einschätzung stimmt mit der Bewertung von V (S. 22 des
Gutachtens) überein, wonach derart hohe Kohlenwasserstoff-Gehalte in unmittelbarem
Bereich der Domschächte und unterirdischen Tankanlagen keineswegs ungewöhnlich
und meistens auf Tropf- und/oder Schlabberverluste beim Betanken der Anlagen
zurückzuführen sind.
39
Die Beschaffenheit der Lagertanks ermöglichte den kontinuierlichen Austritt von
40
Schadstoffen. Die Lagerung von Heizöl sowie Diesel- und Vergaserkraftstoffen erfolgte
in unterirdischen Tanks, die sämtlich nur einwandig waren. Einwandige Lagertanks
schließen weder Außen- noch Innenkorrosion noch sonstige Leckagen beim Einbau
oder bei der Lagerung aus. Die Domschächte, in denen die Lagertanks standen, waren
gemauert und deshalb weitgehend nicht flüssigkeitsdicht. Im Falle von Undichtigkeiten
der Lagertanks konnten so nahezu ungehindert MKW und BTEX austreten.
Die Tanks verfügten darüber hinaus lange Zeit nicht über Überfüllsicherungen oder
sonstige Schutzvorkehrungen gegen das Auslaufen der wassergefährdenden
Flüssigkeiten bei Überfüllungen oder bei Undichtwerden der Lagerbehälter. Nach den
Angaben des Klägers wurden etwa 15 Jahre vor der Übergabe des Unternehmens an
die Beigeladene Grenzwertgeber in die Lagertanks eingebaut, die ein Nachtropfen
verhinderten. Daraus folgt aber zugleich, dass etwa 20 Jahre lang Tropfverluste und
Überfüllungen möglich und sogar üblich waren. Der Zeuge S bestätigt diesen Umstand
in seiner Aussage beim LG L. Danach kam Öl in die Schächte, weil beim Abklemmen
des Schlauchs unvermeidlich immer ein paar Tropfen Öl mit in die Grube gefallen sind.
Durch die undichten Domschächte konnte auslaufendes und abtropfendes Öl in den
Untergrund gelangen. Dass die damals praktizierte Methode, von Zeit zu Zeit das
verstropfte Öl mittels einer Konservendose abzuschöpfen, nicht geeignet war, das Öl
rückstandslos zu entfernen, liegt auf der Hand, zumal die in Ölen und Benzinen
enthaltenen stark wassergefährdenden wasserlöslichen Stoffe damit ohnehin nicht
gefasst werden konnten.
41
Schließlich ist in Rechnung zu stellen, dass das Umweltbewusstsein früher allgemein
noch nicht so ausgeprägt war wie heute und das konkret mit dem Umgang von
Mineralölprodukten verbundene Umweltrisiko jedenfalls in den Anfangsjahren des
Mineralölhandels der B noch nicht bekannt gewesen sein dürfte. Es ist daher nicht
anzunehmen, dass die handelnden Mitarbeiter besondere Vorsicht bei den Befüll- und
Umfüllvorgängen haben walten lassen. Zeugenaussagen weisen im Gegenteil auf
einen sorglosen und freizügigen Umgang mit den Mineralölprodukten hin. Den Zeugen
zufolge soll der südliche unbefestigte Geländebereich (Fasslager) mehrmals "unter Öl"
gestanden haben (Q1, Tankwart). Auf der Gesamtfläche seien immer wieder "Ölpfützen"
anzutreffen gewesen (G2, Betriebsschlosser bei der Nachbarfirma). Bei Rohrleitungs-
oder Pumpendefekten seien während der Reparaturarbeiten Pumpen- bzw.
Leitungsinhalt in den Keller geflossen. Bei Montagearbeiten an Tankpumpwagen
auslaufendes Öl sei in die Kanalisation gespült worden (I3, Betriebsschlosser). Es sei
öfter vorgekommen, dass beim Befüllen von Tankwagen Öl übergelaufen sei, wenn die
Zapfpistole nicht funktioniert habe (X, Tankwart).
42
Die nachgewiesenen Boden- und Grundwasserbelastungen mit CKW können mit
hinreichender Gewissheit zumindest auch auf Verunreinigungen mit Tri in der Zeit vor
1989 zurückgeführt werden. Im Bereich Fassrampe/Lager/Keller ist der gemessene
Anteil an cis-1,2-Dichlorethen, das durch den Abbau von Tri entsteht, sehr hoch, was
dem Gutachten C2 (S. 58 und 94) zufolge auf einen älteren Schaden schließen lässt. Zu
einem ähnlichen Ergebnis kommt das Gutachten von I2 vom 28. April 2000 zur
erweiterten Gefährdungsabschätzung zu Boden- und Grundwasser-verunreinigungen
auf dem streitgegenständlichen Grundstück. Ausgehend von einem mit ca. 30% bis ca.
70% relativ hohen Gesamtanteil an cis-1,2-Dichlorethen, das ein Abbauprodukt von Tri
ist und erst nach längeren Verweilzeiten im Untergrund entsteht, zieht der Gutachter den
Schluss, dass der Eintrag von LHKW in den Untergrund im Schwerpunkt vor deutlich
mehr als 10 Jahren erfolgte und vermutlich auch schon älter als 20 Jahre alt ist. Auch
43
der Sachverständige E geht in seiner Stellungnahme vom 13. Juli 2000 davon aus, dass
es sich, was die LCKW im Schadenzentrum betrifft, um einen lang anhaltenden
Schadstoffabbauprozess handeln muss.
Darüber hinaus ergibt sich ein maßgeblicher Verunreinigungszeitraum von deutlich über
10 Jahren nach der Beurteilung des Büros I2 der zwischenzeitlich vonstatten
gegangenen Ausbreitung der Schadstoffe mit dem Grundwasser, deren Spuren in Form
einer LHKW- /BTEX-Fahne festzustellen sind. Über die
Grundwasserfließgeschwindigkeit vom Kopf der LHKW-Fahne nördlich der Autobahn A
xx zurückgerechnet, ergibt sich ein Eintragszeitpunkt von mehr als 20 Jahren.
44
Einen eindeutigen Schluss auf einen Schadstoffeintrag auf dem Betriebsgrundstück in
den Boden vor 1989 lassen schließlich die Grundwasseruntersuchungen am Rsee zu.
Ausweislich der Analysenprotokolle des Staatlichen Umweltamtes E1 wurde dort bereits
bei einer Probenahme am 18. Oktober 1988 in 1 km Entfernung im direkten Abstrom
zum Betriebsgelände eine bedeutende Grundwasserbelastung mit Trichlorethen von
49,9 (g/l und am 13. November 1989 von 126 (g/l festgestellt. Der Prüfwert von LHKW
beträgt 10 (g/l. Die dort festgestellten Verunreinigungen sind nach gutachterlicher
Feststellung zweifelsfrei auf das streitgegenständliche Betriebsgrundstück
zurückzuführen. Wenn man neben der Entfernung zum Grundstück und der Fließzeit für
das Grundwasser berücksichtigt, dass vor dem Eintrag von Schadstoffen in den
Grundwasserleiter erst die ca. 4,5 m mächtige ungesättigte Bodenzone durchdrungen
werden muss, müssen die Einträge von Tri (auch) in den Zeitraum fallen, in denen der
Kläger Geschäftsführer war.
45
Neben dem entsprechenden Rückschluss, der aus den Grundwasser- und
Bodenanalysen gezogen werden kann, bestätigen die Nutzungsrecherche und die
Zeugenaussagen den Umgang mit Tri im Zeitraum der Betriebstätigkeit der B auf dem
Grundstück. Nach den Erkenntnissen von N, die der Kläger in der mündlichen
Verhandlung bestätigt hat, wurde im Betrieb der B mit Tri umgegangen, indem das
Reinigungsmittel gelagert, in 20 l Eimer umgefüllt und dann verkauft wurde. Daneben
setzte die Firma B das Mittel selbst zu Reinigungszwecken ein. Der Zeuge I3 nutzte
nach seiner Aussage vor dem LG L Tri zur Reinigung des Bodens der
Kraftfahrzeughalle und zur Reinigung der Grube. Nach Angaben des Lagerarbeiters S
konnte sich für den innerbetrieblichen Bedarf jeder Tri selbst holen. Als Tri noch ein
normales Mittel gewesen sei, habe es ein Fass mit einem Hahn daran gegeben, wo sich
jeder etwas habe abzapfen können, wenn er etwas gebraucht habe. Auch der Zeuge
Q1, Tankwart, hat Reinigungsarbeiten mit Tri in der Abschmiergrube in der Halle
durchgeführt. Das Mittel habe er sich aus einem in der Halle stehenden Kanister mit Tri
abgefüllt.
46
Der auf den Zeitraum der Geschäftsführertätigkeit des Klägers entfallende
Verursachungsbeitrag zum entstandenen Schaden ist sowohl in zeitlicher als auch in
mengenmäßiger Hinsicht erheblich. Die Lagerung und der Umschlag von
Mineralölprodukten der Fa. B dauerte knapp 40 Jahre an, während die Beigeladene nur
8 Jahre lang auf dem Grundstück tätig war. Auch der Umgang mit Tri fand, was die
Dauer anbelangt, schwerpunktmäßig vor dem Geschäftsübergang statt. Die Firma B
verwendete Tri mindestens seit 1978, also über zehn Jahre, während die Beigeladene
den Umgang mit Tri im Jahre 1991, also zwei Jahre nach Ausscheiden des Klägers,
einstellte. Der weitaus größte Teil der potentiell schadensursächlichen Anlagen und
tanktechnischen Einrichtungen, in denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen
47
wurde, nämlich die Tankstelle einschließlich der 5 unterirdischen Diesel- und
Vergaserkraftstofftanks, die Abfüllstation für Petroleum samt einwandigem Petroleum-
Erdtank, die Mischmaschine, der im südlichen Grundstücksbereich gelegene
Fasslagerplatz sowie das ehemalige Tanklager mit insgesamt 8 Tanks von je 50.000 l
nebst der Füllstation für Tankkraftwagen, wurden deutlich vor der Betriebsübernahme im
Jahre 1989 stillgelegt. Die Lagerkapazität für Petroleum, Heizöl sowie Diesel- und
Vergaserkraftstoffe wurde damit von insgesamt rund 500.000 l während der
Geschäftsführerzeit des Klägers auf einen Heizöltank mit einem Fassungsvermögen von
5.000 l in der Betriebszeit der Beigeladenen reduziert. Die Beigeladene nutzte nur noch
die Wasch- und Pflegehalle mit dem zugehörigen Ölabscheider und lagerte
Mineralölprodukte in Kleingebinden zwischen 20 und 200 l zum Verkauf.
Es mag sein, dass es mit dem Nachweis von MTBE, einer Substanz, die erst seit 1985
den Vergaserkraftstoffen zur Erhöhung der Klopffestigkeit zugesetzt wird, Erkenntnisse
gibt, die den Schluss zulassen, dass zumindest im hinteren Geländeteil auch nach
Außerbetriebnahme der Anlagen bzw. Anlagenteile Kontaminationen erfolgt sind. Es
kann auch unterstellt werden, dass sich nach dem 1. August 1989 eine ganze Reihe von
Ölunfällen ereignet haben. Die mögliche Mitverursachung des eingetretenen Schadens
durch die Beigeladene stellt den erheblichen tatsächlichen Verursachungsbeitrag des
Klägers zu den Kontaminationen mit MKW, BTEX und CKW nicht in Frage. Daher ist es
auch unerheblich, dass nach dem letzten Untersuchungsbericht/Gutachten des Sach-
verständigen E für das LG L vom 2. Oktober 2009 LHKW-Einträge in den
Grundwasserleiter für die Zeit nach 1989 nicht auszuschließen sind. Nicht weiter
nachgegangen werden muss ferner der Behauptung, gerade nach Beendigung der
Geschäftsführertätigkeit des Klägers sei in umfangreichem Maße Tri auf dem
Grundstück verwendet worden. Der Nachweis, in welchem Umfang jeder der
Verhaltensverantwortlichen zu der Verunreinigung beigetragen hat, ist nicht
Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Verursachers. Er muss auch nicht den
größten Verursachungsbeitrag geleistet haben.
48
Vgl. BayVGH, Beschluss vom 3. Juli 1996 – 22 CS 96.1305 -, NVwZ-RR 1997, 617.
49
Selbst wenn unterstellt wird, dass eine Verwendung von Tri in der Zeit der
Geschäftsführertätigkeit des Klägers in weit geringerem Umfang erfolgte als in der Zeit
nach 1989, und deshalb der Anteil an der CKW-Verunreinigung entsprechend gering
einzuschätzen ist, steht dies der Inanspruchnahme des Klägers für die vollständige
Beseitigung des Schadens nicht entgegen. Entscheidend ist, dass die Mitverursachung
des entstandenen Schadens, der hier in einer Untergrundverunreinigung von Boden
und Grundwasser mit MKW, BTEX und CKW besteht, durch den Umgang der B mit
Mineralölprodukten und Trichlorethen mit hinreichender Gewissheit feststeht und dieser
Teilbeitrag an der Gesamtstörung wesentlich ist. Allein schon der Beitrag, den der
Kläger zum Schaden vor 1989 durch die Kontamination des Bodens mit MKW und
BTEX geleistet hat, rechtfertigt ein Einschreiten der Behörde.
50
Offen bleiben kann, welche Geschehensabläufe im Betrieb der B im einzelnen
tatsächlich dazu geführt haben, dass Schadstoffe in den Boden und das Grundwasser
gelangen konnten, ob es also etwa die zum Teil von den Zeugen behaupteten und vom
Kläger bestrittenen Ölunfälle gab. Die bestehenden Wissenslücken hinsichtlich des
genauen Kausalverlaufs stehen der Verhaltensverantwortlichkeit nach § 4 Abs. 3 Satz 1
BBodSchG nicht entgegen. Soweit hinsichtlich des Nachweises der
Verhaltensverantwortlichkeit für erforderlich gehalten wird, dass die Verantwortlichkeit
51
des pflichtigen Handlungsstörers objektiv feststehen müsse und eine
Verhaltensverantwortlichkeit nicht auf die bloße Möglichkeit eines bestimmten
Geschehens gestützt werden könne,
vgl. OVG Münster, Urteil vom 30. Mai 1996 - 20 A 2640/94 -, DVBl 1997, 570; VGH
Mannheim, Beschluss vom 3. September 2002 - 10 S 957/02 -, juris,
52
betrifft das die Frage, ob die betreffende Person durch ihr Verhalten überhaupt einen
Verursachungsbeitrag gesetzt hat. Steht die Verantwortlichkeit der in Pflicht
genommenen Person dem Grunde nach aufgrund objektiver Indizien mit der
ausreichenden Gewissheit fest, kommt es auf die Feststellung des konkret störenden
Handlungsbeitrags nicht mehr an.
53
Für die schädliche Bodenveränderung auf dem Grundstück C Straße 38 und die davon
ausgehende Grundwasserverunreinigung ist der Kläger auch in rechtlicher Hinsicht als
Verursacher verantwortlich.
54
§ 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG knüpft an den polizeirechtlichen Verursacherbegriff an.
Nach der im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht herrschenden Theorie der
unmittelbaren Verursachung ist taugliches Zurechnungskriterium für die
Verhaltensverantwortlichkeit im allgemeinen die Feststellung, dass durch ein
bestimmtes Verhalten nach den Umständen des Einzelfalles die Gefahrenschwelle
überschritten und damit die unmittelbare Ursache für den Eintritt der Gefahr gesetzt
worden ist.
55
Vgl. OVG Münster, Urteil vom 30. Mai 1996 – 20 A 2640/94 -, DVBl 1997, 570.
56
Anerkannt ist aber auch, dass die Unmittelbarkeitslehre wegen der Unbestimmtheit des
Begriffs der "Unmittelbarkeit" nicht ohne wertende Beurteilung von Handlungsbeiträgen
auskommt. Die Rechtswidrigkeit der Verursachung kann dabei nicht allein maßgebend
sein für die Störerbestimmung. Zwar ist eine Verhaltensverantwortlichkeit eindeutig
immer dann anzunehmen, wenn die Person eine spezifische Rechtsnorm bzw. eine
konkrete Rechtspflicht verletzt hat. Spezielle Verhaltensnormen fehlen aber vielfach.
Gleichwohl besteht Einigkeit, dass nicht jedes ausdrücklich nicht verbotene und damit in
der Regel durch Art. 2 Abs. 1 GG gedeckte Verhalten aufgrund seiner Legalität eine
polizeiliche Inanspruchnahme ausschließt, falls hierdurch Gefahren verursacht werden.
Die polizeiliche Generalklausel ermöglicht vielmehr auch die Beseitigung der Folgen
legaler, aber gefährlicher Verhaltensweisen. Die Störerbestimmung ist daher in
Ergänzung des Unmittelbarkeitserfordernisses nach Pflichtwidrigkeit und
Risikozurechnung vorzunehmen. Maßgebend ist, in wessen Risiko- und Pflichtensphäre
die Verantwortung für einen gefährlichen Zustand fällt. Eine Verhaltenshaftung ist
danach immer dann anzunehmen, wenn ein an sich erlaubtes Verhalten in eine
pflichtwidrige Gefährdung umschlägt. Die nähere Bestimmung der an Gefahrensphären
orientierten Risikozurechnung ist im Einzelfall durch rechtliche Wertung
herauszuarbeiten.
57
Vgl. Kloepfer, Die Verantwortlichkeit für Altlasten im öffentlichen Recht, NuR 1987, 7
(9); Pietzcker, Polizeirechtliche Störerbestimmung nach Pflichtwidrigkeit und
Risikosphäre, DVBl 1984, 457 (458 f); Seibert, Altlasten in der
verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, DVBl 1992, 664 (670); Schink, Grenzen
der Störerhaftung bei der Sanierung von Altlasten, VerwArch 82, 357 (373); OVG
58
Koblenz, Urteil vom 26. November 2008 – 8 A 10933/08 -, juris.
Dabei ist der Kläger nicht schon deswegen von jeder eigenen Verantwortlichkeit frei,
weil er als Geschäftsführer für die Fa. B gehandelt hat. Anknüpfungspunkt für einen
Zugriff auf den für eine juristische Person des Privatrechts verantwortlich Handelnden
ist, dass er (auch) in seiner Person die Voraussetzungen der
Verhaltensverantwortlichkeit erfüllt. Sind diese Voraussetzungen gegeben, steht der
persönlichen Inanspruchnahme des Betreffenden nicht entgegen, dass sein Handeln
unter Umständen der juristischen Person zugerechnet werden kann mit der Folge, dass
die juristische Person ordnungsrechtlich für sein Handeln einzustehen hat. Eine
derartige Zurechnung ist nicht ausschließlich in dem Sinne, dass sie den Handelnden
von seiner eigenen Verantwortlichkeit befreit. Diese im allgemeinen Polizei- und
Ordnungsrecht geltenden Grundsätze finden auch im Rahmen des § 4 Abs. 3 Satz 1
BBodSchG Anwendung,
59
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2007 – 20 B 61/07 -, UPR 2007, 315.
60
Die Verunreinigungen mit betriebsspezifischen Schadstoffen wurden im Rahmen der
gewerblichen Nutzung des Grundstücks durch rechts- und pflichtwidrige betriebliche
Abläufe ausgelöst. Die Gefahrengrenze für den später eingetretenen Schaden ist
dadurch unmittelbar überschritten worden. Der Kläger war nach den vorliegenden
Erkenntnissen für die technischen Betriebsabläufe im Unternehmen verantwortlich und
hat die Firma auch sonst in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht gesteuert. Seine
beherrschende Stellung im Betrieb ist anhand der Akten sowie der Zeugenaussagen
belegt.
61
Während der Dauer der Geschäftsführertätigkeit des Klägers fand ein Betriebssystem
Anwendung, das den regelmäßigen Umgang mit Mineralölprodukten und Trichlorethen
zu Reinigungszwecken erforderte und in mehrfacher Hinsicht den Eintritt des Verlustes
kleinerer Mengen dieser Stoffe im täglichen Umgang ermöglichte. Nach dem jetzigen
Erkenntnisstand, wie er sich zusammengefasst aus dem Gutachten von C2 ergibt,
konnten produktionsspezifische Schadstoffe im wesentlichen aus zwei Gründen in den
Untergrund gelangen: zum einen waren mit hoher Wahrscheinlichkeit Schäden aus
Anlagen oder Anlagenteilen (Schäden im System Schlammfang/Ölabscheider, undichte,
da nur gemauerte Domschächte, defekte Zapfpistolen) partiell Ursache für die Boden-
und Grundwasserkontaminationen. Zum anderen beruhen die Verunreinigungen auf
dem unkritischen Umgang mit umweltsensiblen Stoffen und Materialien sowie dem nicht
fachgerechten Umgang mit Tankfahrzeugen. So lässt etwa die vertikale
Konzentrationsverteilung im Bereich der Tankstelle auf Verkleckerungen und Kraftstoff-
austritt beim Betanken von Kraftfahrzeugen schließen. Ferner sind aufgrund der MKW-
Konzentrationen in einer Tiefe von 3 bis 3,5 m Tanküberfüllungen bei undichten
Domschächten die wahrscheinliche Ursache. Die sehr hohe Trichlorethenbelastung des
Bodens im Bereich der Fassrampe ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
auf ein ein- oder mehrmaliges Abstürzen, Leckschlagen und Auslaufen von
Trichlorethen-fässern beim Verladevorgang zurückzuführen. Insbesondere die
Zeitzeugenaussagen bestätigen die Annahme, dass ein sorgloser und freizügiger
Umgang mit Mineralöl-produkten und Trichlorethen stattgefunden hat.
62
Diese Art der Betriebsführung war in mehrfacher Hinsicht pflichtwidrig. Die beiden
Tankfelder genügten seit dem 1. März 1960 – dem Inkrafttreten des
Wasserhaushaltsgesetzes - nicht den Anforderungen des § 34 Abs. 2 WHG. Nach
63
dieser Vorschrift dürfen Stoffe nur so gelagert oder abgelagert werden, dass eine
schädliche Verunreinigung des Grundwassers oder eine sonstige nachteilige
Veränderung seiner Eigenschaften nicht zu besorgen ist. Eine schädliche
Verunreinigung des Grundwassers ist zu besorgen, wenn die Möglichkeit ihres Eintritts
auf Grund der wasserwirtschaftlichen Erkenntnisse und Erfahrungen, sei es auch bei
ungewöhnlichen Umständen, nach menschlicher Erfahrung nicht als unwahrscheinlich
angesehen werden kann,
vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 1965 – IV C 54.65 -, ZfW 1965, 113.
64
Dem Regelungszweck des § 34 Abs. 2 WHG, schon möglichen Eventualitäten einer
Grundwasserverunreinigung vorzubeugen, liefen die oben dargestellten
Betriebsbedingungen im Tanklager der B schon hinsichtlich der Lagerbehälter
offenkundig zuwider, zumal es sich bei den gelagerten Mineralölprodukten um
wassergefährdende Stoffe handelt. Einwandige Stahlbehälter allein können die
Besorgnis einer Gewässerverunreinigung nicht beseitigen, da sie weder Außen- noch
Innenkorrosion noch sonstige Leckagen beim Einbau oder bei der Lagerung
ausschließen.
65
Vgl. Czychowski, Anm. zu BVerwG, Urteil vom 16. Juli 1965 – 16. Juli 1965 – IV C
54.65 -, ZfW 1965, 113.
66
Die Domschächte, in denen die Lagertanks standen, waren nur gemauert und damit
undicht. Sie waren nicht geeignet eine Gewässerverunreinigung zu verhindern. Nach
Einfügen des spezielleren § 19 g Abs. 1 WHG im Jahre 1976 durch das
IV. Änderungsgesetz in das WHG stellte der Betrieb einen Verstoß gegen diese
Vorschrift dar.
67
Besondere Verhaltenspflichten und technische Vorgaben bei der Lagerung
wassergefährdender Stoffe wie den Mineralölprodukten galten seit dem 1. Juni 1968 mit
dem Inkrafttreten der Verordnung über das Lagern wassergefährdender Flüssigkeiten
(Lagerbehälterverordnung – VLwF) vom 19. April 1968. Auch diese sind während der
Betriebszeit der B nicht oder nur unzureichend eingehalten worden. Nach § 3 Abs. 1
VLwF mussten Anlagen zum Lagern wassergefährdender Flüssigkeiten insbesondere
hinsichtlich Bauart, Werkstoff, Herstellung, Korrosionsschutz und betrieblicher
Ausstattung so beschaffen und so errichtet, eingebaut oder aufgestellt sein und so
betrieben, instand-gehalten, stillgelegt oder beseitigt werden, dass eine schädliche
Verunreinigung des Wassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner
Eigenschaften nicht zu besorgen ist und auslaufender Inhalt auch nicht in
Abwasserleitungen gelangen kann. Sämtliche sicherheitstechnischen Vorschriften
galten auch für bestehende Anlagen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 VLwF). Ferner konstituierte die
Lagerbehälterverordnung konkrete Prüfungs- und Überwachungspflichten (§ 6 VLwF)
und stellte detaillierte Anforderungen an das Befüllen und Entleeren der Lagerbehälter
(§ 8 VLwF). So durften etwa zum Befüllen und Entleeren nur Rohre und Schläuche mit
dichten, tropfsicheren Verbindungen verwendet werden.
68
Seit Anfang der 1980er Jahre galten aufgrund der Verordnung über Anlagen zum
Lagern, Abfüllen oder Umschlagen wassergefährdender Stoffe (VawS vom 31. Juli 1981
– GV NW S. 490-) besondere Verpflichtungen für den Betreiber solcher Anlagen. Damit
sollte das Austreten wassergefährdender Stoffe etwa beim Befüllen oder Umschlagen
verhindert werden. Ungeachtet dessen galt auch aufgrund der mit Bescheid des
69
Gewerbe-aufsichtsamts L vom 19. März 1957 aufgestellten Bedingungen für die
Errichtung von 3 Kraftstofftanks die Verpflichtung, die Zapfanlage so einzurichten und zu
betreiben, dass keine brennbare Flüssigkeit in Abwasserleitungen, Keller oder Brunnen
gelangen kann. Im Falle des Verlustes einer größeren Menge brennbarer Flüssigkeit
war durch den Eigentümer unverzüglich eine Überprüfung der Tankanlage
vorzunehmen. Im Falle einer Gefährdung von Personen oder benachbarten Anlagen
war die Gemeindeverwaltung zu benachrichtigen. Entsprechendes galt für die
Errichtung, die Lagerung und den Betrieb des "Lagerhofs zur Lagerung von brennbaren
Flüssigkeiten" gemäß der Bau- und Lager-erlaubnis vom 1. August 1957. Es liegt auf
der Hand, dass diesen polizeilichen Anfor-derungen offensichtlich nicht genügt worden
ist, wenn auf dem Betriebsgelände "immer wieder Ölpfützen" anzutreffen waren oder
wenn Öl übergelaufen ist. Für die Einhaltung der von der Ordnungsbehörde auferlegten
Pflichten war der Kläger (auch) als Eigentümer verantwortlich.
Der Kläger hat in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer das gesamte betriebliche
Geschehen zentral organisiert und geleitet. Zudem hatte er als Gesellschafter des
Betriebs ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Erfolg des Unternehmens, den es
sicherzustellen galt. Er war darüber hinaus Miteigentümer des Betriebsgrundstücks. In
seiner Hand liefen alle Fäden zusammen. Der Kläger ist dafür verantwortlich, dass der
Betrieb auf eine Weise geführt wurde, die die Verunreinigung des Bodens und des
Grundwassers ermöglichte. Für den ordnungsrechtlichen Zugriff auf ihn ist der
Nachweis einzelner konkreter Maßnahmen, die zu einer Boden- oder
Grundwasserkontamination geführt haben, nicht erforderlich,
70
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2007 – 20 B 61/07 -, a.a.O.
71
Der Kläger hat entgegen seiner Verantwortlichkeit als Geschäftsführer nicht durch eine
geeignete Organisation des Betriebs – Ausgestaltung der Sicherheitsvorkehrungen,
Anweisungen an das Personal, stichprobenhafte Kontrollen - dafür gesorgt, dass das
Risiko von Boden- oder Grundwasserverunreinigungen minimiert wurde. Die Führung
eines Unternehmens, in dem mit wassergefährdenden Stoffen umgegangen wird, stellt
besondere Anforderungen an die Auswahl-, Kontroll- und Überwachungspflichten. Den
Geschäftsführer persönlich trifft die Pflicht, für einen gefahrlosen Betriebsablauf zu
sorgen. Als technischer Betriebsleiter war der Kläger mit der Organisation und Leitung
des betrieblichen Geschehens betraut. Es oblag dem Kläger, die für die Erfüllung der
Anforderungen an Anlagen zum Lagern wassergefährdender Stoffe erforderlichen
Sicherheitseinrichtungen und Schutzvorkehrungen für die Tankbehälter nachträglich
fristgerecht einzubauen. Er hätte dafür sorgen müssen, dass die sonstigen
Anforderungen des § 8 VLwF eingehalten werden. Der Kläger war außerdem gehalten,
die Tankanlagen laufend auf ihre Dichtheit und Betriebssicherheit zu überwachen (§ 6
Abs. 6 Satz 1 VLwF) bzw. durch entsprechende Organisation für die Erfüllung dieser
Aufgabe zu sorgen. Diese Pflichten hat er offensichtlich nicht beachtet, denn sonst wäre
es nicht zu der vom Zeugen S praktizierten Methode (gelegentliches Abschöpfen von Öl
mittels Konservendose) gekommen und im Bereich der Lagerbehälter wären keine
derart massiven Verunreinigungen aufgetreten.
72
Dass Kontroll – und Überwachungspflichten vom Kläger nicht oder nur unzulänglich
wahrgenommen wurden, wird durch die Zeugenaussagen beim LG L bestätigt. Mehrere
Zeugen gaben an, sie seien von den Brüdern B nicht kontrolliert worden. Die Aussage
des Tankwarts X, er könne nicht sagen, ob beim Befüllen der Tankwagen tatsächlich
10-20 l daneben gelaufen sind, weil er die Zapfpistolen jeweils in mehrere Fahrzeuge
73
gesteckt habe und dann weggegangen sei, spricht für sich: wenn es offenbar häufiger
vorkam, dass die Zapfpistolen nicht automatisch abschalteten, hätte von der
Betriebsführung ein solches Verhalten unterbunden werden müssen. Dabei hatte der
Kläger nicht nur in rechtlicher, sondern auch in tatsächlicher Hinsicht einen direkten
Einfluss auf die Betriebsvorgänge. Sein Büro befand sich mitten im Betriebsgelände, die
Zahl der Mitarbeiter war überschaubar. Nach Angaben des Zeugen S gab es etwa
3 Mitarbeiter im Lager, 5 Fahrer, 2 Mitarbeiter an der Tankstelle und 2 Büroangestellte,
"jeder wusste, was in dem Betrieb passierte". Wenn es einmal mehr zu einem
Überlaufen von Öl gekommen war, muss das also auch der Kläger bemerkt haben.
Dasselbe gilt für die Verwendung von Trichlorethen. Auch wenn der Kläger den Einsatz
von Tri nicht angeordnet haben sollte, dann kann ihm die Verwendung dieses
unangenehm riechenden Reinigungsmittels jedenfalls nicht entgangen sein. Selbst der
benachbarte Betriebsschlosser G2 hat häufig einen "starken Tri-Geruch von dem
Gelände der Fa. B wahrgenommen". Dass er den Geruch mit dem von Benzin verwech-
selt hat, ist angesichts des signifikanten Geruchs beider Produkte unwahrscheinlich.
Untersagt hat der Kläger den Gebrauch von Tri nicht. Ebenso wenig gab es offenbar
besondere Sicherheitsvorkehrungen für die Verwendung des Mittels. Dazu hätte jedoch
Anlass bestanden. Es mag sein, dass die eindeutig krebserregende Wirkung von
Trichlorethen erst in den 1990er Jahren nachgewiesen wurde und auch die Fähigkeit
des Stoffes, durch Beton durchzudringen, lange nicht bekannt war. Auf eine
Erkennbarkeit der Gefahr kommt es aber nicht an. Grundsätzlich ist das Polizeirecht
verschuldens-unabhängig und hängt die Zurechnung ausschließlich von objektiven
Tatbeständen ab.
74
Vgl. Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl., § 12 Rz. 155.
75
Unabhängig davon trifft es nicht zu, dass zum Zeitpunkt der Übertragung der
Geschäftsanteile im Jahr 1989 die Schädlichkeit von Trichlorethen "schlichtweg
unbekannt" war. Im Gegenteil war u.a. Trichloräthylen (= Trichlorethen) schon in der
Verordnung über die Kennzeichnung gesundheitsschädlicher Lösemittel und lösemittel-
haltiger anderer Arbeitsstoffe (Lösemittelverordnung) vom 26. Februar 1954 in der Liste
der besonders gesundheitsschädlichen Flüssigkeiten aufgeführt (§ 1 Abs. 2). Die
Behälter, in denen Tri aufbewahrt wurde, müssen also entsprechend gekennzeichnet
gewesen sein. Zudem wird der Stoff bereits seit 1976 in der deutschen MAK-Liste als
"begründet krebsverdächtig" geführt. Damit gehörte Trichlorethen zu der sogenannten
"EG 129er Liste" derjenigen Stoffe, deren Einleitung in Gewässer vermindert oder
eingestellt werden sollte (Gewässerschutzrichtlinie RL 76/464/EWG). Seit Mitte der
1980er Jahre wird der Umgang mit den Stoffen Tri- und Perchlorethen intensiv reguliert.
Eine mit Trichlorethen verbundene Gesundheitsgefahr war damit schon vom Beginn
seines Einsatzes an im Betrieb des Klägers bekannt. Gleichwohl veranlasste der Kläger
als rechtlicher und tatsächlicher Leiter des Betriebs keinerlei Sicherheitsvorkehrungen.
Das Mittel konnte den Zeugenaussagen zufolge überall da eingesetzt werden, wo die
Mitarbeiter es für erforderlich hielten. Aus dem mit einem Hahn versehenen Fass konnte
sich jeder etwas abzapfen, wenn er etwas gebraucht hat. Den Angaben des Zeugen I3
zufolge – die zu denen von C2 passen, wonach sich die Berufsgenossenschaft erstmals
1982 mit der krebserzeugenden Wirkung des Mittels auseinander gesetzt hat – ließ der
Kläger etwa 1984 einen Warnhinweis der Berufsgenossenschaft, der im Büroraum im
Lager ausgehängt war, nach kurzer Zeit wieder entfernen, nachdem er "sich über diesen
Aushang maßlos erregt hatte".
76
Dass es generelle Verhaltensanordnungen oder sonstige Vorgaben an die Mitarbeiter
gegeben hat, die diese weisungswidrig nicht eingehalten haben, oder dass die
Mitarbeiter außerhalb des ihnen vom Kläger zugewiesenen Aufgabenbereichs
gehandelt haben, hat der Kläger nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.
77
Ob der Kläger außerdem als Zustandsstörer in Anspruch genommen werden kann, weil,
wie die Beigeladene meint, der Grundstückskaufvertrag mit der Fa. Q mbH sittenwidrig
und damit nichtig ist, kann wegen der Haftung des Klägers als Verhaltensstörer dahin
gestellt bleiben.
78
Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der im Ermessen des Beklagten stehenden
Störerauswahl bestehen gerade vor dem Hintergrund, dass für den weitaus größeren
Teil der Grundwassersanierung die Beigeladene als Mitverursacherin in Anspruch
genommen wird, und dass die als Zustandsstörerin ebenfalls in Anspruch genommene
Grundstücks-eigentümerin insolvent ist, nicht. Der Umstand, dass die Beigeladene
wirtschaftlich ungleich leistungsfähiger ist als der Kläger führt schon deshalb nicht zur
Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung, weil der Beklagte dem dadurch Rechnung
trägt, dass er der Beigeladenen rund 85% der Gesamtsanierungskosten auferlegt hat. Im
Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des OVG NRW in seinem Beschluss
vom 13. Juli 2009 Bezug genommen.
79
Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Klägers sind nicht gegeben. Es liegen keine
ausreichenden Tatsachen vor, die auf wirtschaftliche Schwierigkeiten schließen lassen.
Der Kläger hat zwar nachgewiesen, dass er neben Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung in nicht unerheblicher Höhe nur eine monatliche Rente von ca. 1.400,--
Euro bezieht. Seine Vermögensverhältnisse im Übrigen hat er jedoch im Unklaren
gelassen. Offensichtlich verfügt er – jedenfalls als Miteigentümer – über Grundbesitz.
Konkrete Angaben dazu hat der Kläger ebenso wenig gemacht wie zur Höhe und dem
Verbleib des Verkaufserlöses des im Jahre 1989 verkauften GmbH-Anteils.
80
Das Gericht hat keine Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Anordnung, die
schädliche Bodenverunreinigung mittels Bodenluftabsaugung und Versiegelung zu
sanieren. Soweit der Kläger Einwände gegen die Grundwassersanierung erhebt, dringt
er damit bereits deshalb nicht durch, weil die Grundwassersanierung nicht Gegenstand
der angefochtenen Ordnungsverfügung ist. Im Übrigen stellen die Bodenluftabsaugung
und Versiegelung nach Auffassung des Gutachters I2 neben der
Grundwasserbehandlung und –ableitung eine technisch geeignete und kostengünstige
Vorgehensweise zur Behebung bzw. Minderung der bestehenden Risiken und Schäden
dar. Durch die Bodenluftabsaugung wird ein weiterer Schadstoffeintrag aus der
ungesättigten Bodenzone in das Grundwasser unterbunden. Die vollständige
Dekontamination des Betriebsgeländes durch flächenhaften Bodenaushub, wie vom
Kläger bevorzugt, hält der Gutachter demgegenüber für nicht mit einem
verhältnismäßigen Aufwand durchführbar. In Bezug auf das kontaminierte Grundwasser
hätte der Bodenaushub zudem keine Sanierungswirkung gehabt. Im Übrigen ist der
flächenhafte Bodenaushub mit Blick auf die derzeit nur mögliche gewerbliche Nutzung
auch nicht erforderlich.
81
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3, 167 VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO. Es entsprach der Billigkeit, dem Kläger auch die
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese einen Antrag
gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
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