Urteil des VG Düsseldorf vom 25.01.2006
VG Düsseldorf: arzneimittel, versandhandel, abholung, apotheke, gemeinschaftsrechtskonforme auslegung, abgabe, besteller, aushändigung, inverkehrbringen, zustellung
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 16 K 5720/04
Datum:
25.01.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
16. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 K 5720/04
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden
Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Aufgrund einer entsprechenden Kooperationsvereinbarung mit der F B.V. (im
Folgenden: F) richtete die Klägerin im Juni 2004 in einigen ihrer Filialen in Nordrhein-
Westfalen, darunter drei in Düsseldorf, versuchsweise einen Bestell- und Abholservice
für Arzneimittel ein nach folgendem System:
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In den Filialen wurden Stehtische aufgestellt mit einem Einwurfschacht in der Mitte,
ähnlich denen, die für die Beauftragung von Fotoarbeiten in E-Märkten verwendet
werden. Durch Werbeplakate der F wurde auf diese Stände aufmerksam gemacht. An
jedem Stand lag ein Produktkatalog mit zahlreichen apothekenpflichtigen, nicht
verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus, außerdem Bestellscheine sowie
Bestelltaschen. Zur Bestellung sowohl der verschreibungspflichtigen als auch der nicht
verschreibungspflichtigen Arzneimittel sollte der Kunde einen Bestellschein ausfüllen,
den er dann, nach Abtrennung des Abholscheines, gegebenenfalls zusammen mit dem
Rezept in eine der Bestelltaschen stecken, diese zukleben und in die Bestellbox
einwerfen konnte.
3
Abends wurden die Bestellungen einem Kurierfahrer übergeben, der diese in die
Apotheke nach W/Niederlande brachte. Dort wurden die Arzneimittel zusammengestellt
und verpackt. Anschließend wurden die Pakete durch ein Logistik- Unternehmen wieder
zum Drogeriemarkt gebracht, wo sie getrennt von den sonstigen Waren im Lager zur
Abholung bereitgestellt wurden. Der Kunde sollte die von ihm bestellten Arzneimittel
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spätestens nach 72 Stunden gegen Vorlage des Abholscheines und seines
Personalausweises in der E-Filiale, in der die Bestellung aufgegeben wurde, abholen
können. Alternativ konnte er sie sich bei der Bestellung durch Ankreuzen eines
entsprechenden Kästchens auf dem Bestellschein gegen Aufpreis für eine unmittelbare
Lieferung an seine Hausanschrift entscheiden. Eine Beratung zu pharmazeutischen
Fragen sollte in den E-Filialen nicht stattfinden. Der Kunde wurde jedoch auf eine
Service-Telefonnummer der F hingewiesen, unter der er für 0,06 Euro pro Gespräch
Beratung erhalten konnte. Diese Hotline sollte er von der Filiale aus kostenfrei anrufen
können.
Die Bezahlung sollte per Überweisung oder Bankeinzug unmittelbar an die F erfolgen.
Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sollte der Preisnachlass bei 3% des
empfohlenen Apothekenverkaufspreises liegen und mindestens 2,50 Euro und maximal
15 Euro pro Arzneimittel betragen. Der Rabatt bei nicht verschreibungspflichtigen, aber
apothekenpflichtigen Arzneimitteln sollte bis zu 15%, maximal 15 Euro betragen.
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Mit Verfügung vom 11. August 2004 untersagte der Beklagte der Klägerin unter
Anordnung des Sofortvollzuges u.a.,
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1. apothekenpflichtige Arzneimittel für den Endverbrauch entgegen § 43 Abs. 1
Arzneimittelgesetz (AMG) in ihren Filialen in den Verkehr zu bringen,
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2.
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3. sich in ihren Filialen durch Kooperation mit der F an einem rechtswidrigen Verbringen
zulassungspflichtiger Arzneimittel entgegen § 73 Abs. 1 AMG in die Bundesrepublik
Deutschland zu beteiligen, und
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4.
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5. am Verkehr mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln für den Endverbrauch
teilzunehmen, indem sie in ihren Filialen berufs- und gewerbsmäßig Verschreibungen
entgegen den Bestimmungen des siebenten Abschnitts des AMG sammelt.
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6.
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Ferner drohte er der Klägerin unter Ziffer 7 des Bescheides für den Fall, dass sie die
untersagten Handlungen nicht unverzüglich einstelle, folgende Zwangsgelder an: zu
Ziffer 1) 10.000,-- Euro, zu Ziffer 2) 2.000,-- Euro und zu Ziffer 3) 5.000,-- Euro.
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Gegen diese Verfügung legte die Klägerin am 26. August 2004 Widerspruch ein, den
die Bezirksregierung E1 mit Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2004 zurückwies.
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Die Klägerin macht mit ihrer bereits am 28. August 2004 erhobenen Klage geltend:
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Ihr Verhalten kollidiere nicht mit den gesetzlichen Vorschriften des Arzneimittelgesetzes.
Der Versandhandel mit Arzneimitteln sei zulässig. Wie der Versand erfolge, lasse das
Gesetz offen. Es ergebe sich keinesfalls zwingend, dass nur der traditionelle
Versandhandel gemeint sei, dem Gesetzgeber sei es darum gegangen, einen modernen
Vertriebsweg zu etablieren. Im konkreten Fall sei sie als Logistikunternehmen in den
logistischen Ablauf des Versandhandels der F eingebunden.
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"Versandhandel" sei aus Gründen der Konformität mit dem Gemeinschaftsrecht -
Fernabsatzrichtlinie - im Sinne von "Fernabsatz" zu verstehen und der Sachverhalt
hierunter zu subsumieren. Die neuen Bestellmöglichkeiten von Waren aus der
gesamten Welt z.B. über Internet wie auch die Veränderung sozialer Gegebenheiten
hätten den Versandhandel so verändert, dass das, was früher das typische
Versandgeschäft dargestellt habe, heute keine Gültigkeit mehr besitze. Heute sei zu den
normalen Arbeitszeiten in den Haushalten kaum mehr jemand anzutreffen, für den Fall
der Zustellung von Paketen könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass
während der normalen Arbeitszeit in den Haushalten Personen angetroffen werden
könnten, denen Pakete übergeben werden könnten.
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Im Versandhandel verfügten daher sämtliche relevanten Logistiker über entsprechende
Abholstellen. Die Funktion der Abholstellen nähmen dabei Gewerbebetriebe
unterschiedlichster Sparten wahr, z.B. Abholstellen der in Einzelhandelsgeschäften
betriebenen Poststationen -Postpartner- oder auch Packstationen und Paketshops, bei
denen ein Zustellversuch gar nicht mehr unternommen werde oder das bei der
österreichischen Post angebotene System der sog. "pick-up Pakete", bei denen die
Abholung in einer Wunschfiliale möglich sei. Damit werde deutlich, dass der Umstand,
dass der Endverbraucher das Päckchen in einem vom Versender angebotenen
Ladenlokal abholen könne, kein Umstand sei, der seine Empfängereigenschaft in Frage
stelle.
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Für das hier durchgeführte Vertriebssystem lasse sich kein hinreichendes
Gefährdungspotential aufzeigen, das die zur Begründung der sehr restriktiven
Reglementierungen im Arzneimittelhandel ins Feld geführten Gemeinwohlbelange des
Gesundheitsschutzes als tragfähig und gerechtfertigt erscheinen lasse. Diese Belange
seien bei einem gelernten Drogisten in weit besseren Händen als bei dem nicht so
geschulten Personal in sonstigen Abholstellen. Während der gesamten
Ladenöffnungszeit seien Mitarbeiter anwesend, die den Sachkundenachweis für
freiverkäufliche Arzneimittel hätten.
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Es gebe durch das hier verbotene Modell weder Gefahren für den Gesundheitsschutz
und die Arzneimittelsicherheit, die nicht auch bei anderen Formen des Versandhandels
gegeben seien, noch beabsichtige sie etwas, was anderswo nicht längst hingenommen
werde.
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Die angefochtene Verfügung sei auch viel zu allgemein gehalten, es hätte vielmehr
konkret angegeben und begründet werden müssen, welche konkreten
Handlungsweisen als gesetzwidrig zu verbieten seien.
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Im Fall von Bestellungen im Versandhandelsweg finde das Verbot,
Rezeptsammelstellen ohne besondere Erlaubnis zu betreiben, keine Anwendung. Auch
der Briefkasten der Post sei in diesem Zusammenhang nichts anderes als eine
Rezeptsammelstelle. Auf ein Sammeln von Rezepten zum Transport könne beim
Versandhandel nur verzichtet werden, wenn die Rezepte praktisch einzeln per Boten
überbracht würden, was der Gesetzgeber unstreitig nicht verlange. Eine
gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung führe ebenfalls zu diesem Ergebnis.
Rezeptsammelstellen komme eine die Abwicklung des Versandhandels beschränkende
Wirkung zu, da es diesen erschwere, was sich auf die Tätigkeit von außerhalb des
deutschen Hoheitsgebietes liegenden Apotheken stärker auswirken könnte als auf
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inländische. Das Verbot von Rezeptsammelstellen zwinge den Besteller, das Rezept
einzeln per Briefpost an die Apotheke zu senden. Hierdurch würden die zu
übermittelnden Rezepte mit zusätzlichen Mehrkosten belastet; der Versandhandel
werde künstlich verteuert. Eine Rechtfertigung für diese Mehrkosten wäre nach dem EG-
Vertrag allein dann möglich, wenn das Verbot der Rezeptsammelstellen für den Schutz
von Leben und Gesundheit notwendig wäre. Hierfür sei nach der ausdrücklichen
Zulassung des Versandhandels kein Grund ersichtlich. Bei verschreibungspflichtigen
Arzneimitteln gestehe der EuGH den nationalen Gesetzgebern zwar ein generelles
Versandhandelsverbot zu, welches aus Gründen des Gesundheitsschutzes
gerechtfertigt sein könne. Hierauf könne sich der Beklagte allerdings nicht berufen,
wenn er daraus folgern wolle, dass eine Beschränkung des Versandhandels durch ein
hier praktiziertes Verbot von Rezeptsammelstellen als Minus zu einem gänzlichen
Verbot gerechtfertigt sein müsse. Lasse ein Mitgliedsstaat den Versandhandel mit
verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu, bedürfe es für Beschränkungen innerhalb
des zugelassenen Systems wiederum einer Rechtfertigung aus Gründen des
Gesundheitsschutzes, an der es hier jedoch fehle. Eine willkürliche Normierung aus
sachwidrigen Gründen zur Einschränkung des Versandhandels wäre
europarechtswidrig.
Noch strenger sei der Maßstab bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln
anzulegen. Zumindest wäre bei dem Verbot der Rezeptsammelstelle zwischen
rezeptpflichtigen und nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln zu differenzieren. Sie habe
sich entschieden, in Zukunft lediglich die Bestellungen für nicht verschreibungspflichtige
Arzneimittel in eigens bei ihr aufgestellten Kästen vom Kunden entgegen zu nehmen;
hinsichtlich rezeptpflichtiger Arzneimittel werde der Kunde auf den Postweg verwiesen.
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Die Klägerin beantragt
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Den Bescheid vom 11. August 2004 zu 1., 2., 3. und 7., letzteres hinsichtlich der
Anordnungen zu Ziffer 1., 2. und 3., im vorbezeichneten Umfang auch den
Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2004 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
27
Er macht geltend:
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Bei dem Vertriebskonzept der Klägerin liege kein Versand an den Endverbraucher bzw.
Versandhandel im Sinne der arzneimittelrechtlichen und apothekenrechtlichen
Vorschriften vor. Versand sei die Übermittlung von Waren auf Veranlassung des
Versenders an den Besteller durch ein vom Versender beauftragtes Unternehmen
mittels dazu geeigneter Transportsysteme, während die Abholung der Ware kein
typisches Element des Versandes darstelle. Im vorliegenden Fall sei der Regelfall die
Versendung der Arzneimittel zunächst an die E-Filialen und die Abholung dort. Der
Versandhandel solle den Personengruppen entgegen kommen, die aus
unterschiedlichen Gründen den Weg zur Apotheke nur schwer bewältigen könnten und
deshalb von einer Lieferung direkt nach Hause profitierten. Die E-Filiale müsse aber
sogar zweimal aufgesucht werden, für die Bestellung und die Abholung. Hier erfolge
keine Beförderung der Arzneimittel auf direktem Weg zum Endverbraucher und die E-
Filiale nehme zusätzlich organisatorische Aufgaben wie Lagerung, Zuordnung und
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Austeilung wahr. Die F bediene sich bei diesem Vertriebskonzept fremder
Betriebsräume zur Aushändigung von Arzneimitteln. Die Gefahrensituation bei der
Ausgabe von Arzneimitteln über eine Abgabestelle sei eine völlig andere als beim
klassischen Versand.
Im Unterschied zu einem Logistikunternehmen trete die Klägerin auch mit einem
konkreten Angebot zur Beschaffung von Arzneimitteln an, mache Preis- und
Rabattangebote und werbe mit Bestellkatalogen, aus denen sich der Kunde
apothekenpflichtige Arzneimittel aussuchen könne. Damit beschränke sich die Klägerin
nicht auf die Funktion eines Spediteurs, sondern nehme aktiv am Arzneimittelverkehr
teil. Durch das mit der F vereinbarte Vertriebskonzept wolle die Klägerin neue Kunden
akquirieren und dadurch den Umsatz steigern, während das primäre Ziel eines
herkömmlichen Speditionsunternehmens nicht die Akquisition von Neukunden, sondern
die Lieferung als solche sei.
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Das Einwerfen in eine Sammelbox in einer Drogerie und das Abholen in einer Filiale
stelle kein neuzeitiges Kommunikations- oder Transportmittel dar, sodass hier keine
neue bzw. zeitgemäße Definition des "Versandes" erfolgen müsse. Zudem handele es
sich nicht um irgendwelche Waren, sondern um Arzneimittel, die bei der Zustellung der
besonderen Kontrolle und Sicherheit bedürften.
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Durch diese Vertriebsform würden Abholstellen für apothekenpflichtige Arzneimittel
außerhalb der Apotheke eingerichtet. Dies sei nach §§ 43 Abs. 1 AMG, 17 ApBetrO
sowohl im Inland als auch im Ausland nicht gestattet. Daher seien in- und ausländische
Marktteilnehmer gleichermaßen betroffen.
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Der Verstoß der Klägerin gegen deutsches Arzneimittel- und Apothekenrecht habe
keinen grenzüberschreitenden Bezug und betreffe nur die auch europarechtlich nicht zu
beanstandende Apothekenpflicht für die Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel.
Zuletzt sei die negative Vorbildwirkung dieses Falles zu beachten. Nachahmer würden
bei Zulassung dieser Vertriebsform dazu veranlasst, ebenfalls ein eigenes neues
Vertriebskonzept im Arzneimittelbereich in die Tat umzusetzen, ohne sich an den
Anforderungen des § 11a ApoG zu orientieren, was sicher nicht der Intention des
Gesetzgebers entspreche. Dies könnte eine Gefahr für die Arzneimittelsicherheit und
den Gesundheitsschutz zur Folge haben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den
Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens und des vorausgegangenen vorläufigen
Rechtsschutzverfahrens 16 L 3117/04 sowie auf die Verwaltungsvorgänge des
Beklagten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unbegründet.
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Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren
Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
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Gemäß § 69 Abs. 1 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) treffen die zuständigen
Behörden - das ist hier der Beklagte (vgl. § 1 Abs. 1 der Verordnung über
Zuständigkeiten im Arzneimittelwesen und nach dem Medizinproduktegesetz - SGV
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NRW 2121) - die zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße
notwendigen Anordnungen. Zu den Normen, deren Einhaltung auf dieser Grundlage
durch ordnungsrechtliche Maßnahmen durchgesetzt werden können, gehören neben
den Vorschriften des AMG auch die apothekenrechtlichen Bestimmungen,
vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1998 - 3 C 6.97 - BVerwGE 106, 141, 143.
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Der Beklagte hat der Klägerin in Ziffer 1) der Ordnungsverfügung zu Recht das
Inverkehrbringen apothekenpflichtiger Arzneimittel untersagt, da die Durchführung des
mit der F vereinbarten Vertriebskonzepts einen Verstoß gegen § 43 Abs. 1 AMG
darstellt.
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Nach § 43 Abs. 1 AMG dürfen Arzneimittel, die nicht für den Verkehr außerhalb von
Apotheken freigegeben sind, außer in den besonderen - hier nicht einschlägigen -
Fällen des § 47 AMG, berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in
Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den
Verkehr gebracht werden; das Nähere ist im Apothekengesetz (ApoG) geregelt.
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Da ein zulässiges Inverkehrbringen in einer Apotheke ohnehin nicht vorliegt,
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vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2005 - 13 B 426/05 -,
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kommt es maßgeblich darauf an, ob es sich bei dem genannten Konzept um ein
Inverkehrbringen im Wege des Versandhandels handelt. Dies ist zu verneinen. Was
unter Versand bzw. Versandhandel im Sinne der arzneimittelrechtlichen Vorschriften zu
verstehen ist, wird im Gesetz selbst nicht definiert. Auch in der Begründung zum Entwurf
des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-
Modernisierungsgesetz), auf den die jetzige Fassung des § 43 Abs. 1 AMG zurückgeht,
heißt es lediglich, dass der Versandhandel und elektronische Handel mit dem
Endverbraucher ermöglicht werden solle, ferner werden Bestellungen von Arzneimitteln
über das Internet erwähnt, nähere Begriffsbestimmungen finden sich auch dort nicht,
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vgl. Bundestags-Drucksache 15/1525 zu Art. 23, S. 165.
45
Zwar sind mittlerweile neben den klassischen Versandhandel eine Vielzahl anderer
Vertriebsformen des Fernabsatzes getreten, dennoch ist davon auszugehen, dass der
Gesetzgeber nicht jede Form von Fernabsatz gemeint hat sondern nur den
Versandhandel im herkömmlichen Sinne, für den gerade nicht prägend ist, dass sich ein
Kunde in eine Betriebsstätte begibt, dort eine Bestellung aufgibt und schließlich in
derselben Betriebsstätte die Ware abholt. Dass unter Versandhandel die nach wie vor
übliche Form der Lieferung an eine vom Besteller angegebene Anschrift zu verstehen
ist, legt bereits die o.g. Begründung zu § 43 AMG im Entwurf des GKV-
Modernisierungsgesetzes nahe. Denn soweit in dieser darauf abgestellt wird, dass die
Zulassung des Versandhandels einschließlich des elektronischen Handels bestimmten
Personengruppen entgegen komme, handelt es sich im Wesentlichen um solche, für die
aus unterschiedlichen Gründen (Alter, Krankheit, Entfernung) der Weg zur Apotheke
zwecks Beschaffung von Arzneimitteln mit Umständen verbunden ist und die
dementsprechend von einer Hausanlieferung profitieren. Dieser Vorstellung des
Gesetzgebers entspricht das hier streitige Vertriebskonzept nicht, weil die Gründe, die
bei den genannten Personengruppen gegen das Aufsuchen einer Apotheke sprechen,
in gleicher Weise der Abholung bestellter Arzneimittel an einem anderen Ort
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entgegenstehen.
Auch in § 11a ApoG kommt zum Ausdruck, dass als Versand im Sinne der
arzneimittelrechtlichen Vorschriften nur der Direktversand an den Endverbraucher
anzusehen ist. Dort wird als Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis zum Versand
von apothekenpflichtigen Arzneimitteln u.a. die Sicherstellung einer kostenfreien
Zweitzustellung gefordert. Dies beinhaltet denknotwendig den fehlgeschlagenen
Versuch einer (Erst-)Zustellung, d.h. der Gesetzgeber geht davon aus, dass im
Versandhandel die Ware an den Endverbraucher unmittelbar zugestellt wird. Derartiges
findet hier, soweit die Klägerin bei der Auslieferung der Arzneimittel eingeschaltet wird,
gerade nicht statt. In diesen Fällen ist nur die Abholung durch den Besteller vorgesehen.
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Der Umstand, dass sich nach dem Vertriebskonzept der Kunde selbst mit seinen
Erklärungen auf dem Bestellschein zwischen postalischer Zustellung oder Abholung
entscheidet, rechtfertigt selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass auch im
herkömmlichen Versand- und Internethandel die Möglichkeit besteht, die Waren an eine
andere als die eigene Anschrift liefern zu lassen, kein anderes Ergebnis. Der
Unterschied liegt darin, dass der Besteller im herkömmlichen Versand- und
Internethandel frei ist in seiner Entscheidung, welche andere Lieferadresse er angibt.
Die Angabe derartiger Lieferadressen kann unter anderem dann interessant sein, wenn
der Kunde die Lieferung unter dieser Adresse selbst entgegen nehmen will, weil er dort
arbeitet oder sich aus anderen Gründen dort aufhält oder wenn es sich um die Adresse
eines Verwandten oder Bekannten handelt, der die Ware für ihn entgegen nehmen soll.
Vergleichbare Möglichkeiten bestehen nach dem Vertriebskonzept der Klägerin
allenfalls ausnahmsweise und verbunden mit zusätzlichen Kosten, zudem nur bezüglich
einer Anschrift, unter der sich der Kunde selbst aufhält. In der Regel steht dagegen von
vornherein als Lieferadresse die eines ganz bestimmten Drogeriemarktes fest. Im
Vordergrund stehen hierbei nicht die Interessen des Kunden, vielmehr soll durch den
über Bestellung und Abholung der Arzneimittel gebotenen Anreiz, Portokosten
einzusparen, eine verstärkte Kundenpräsenz in den Märkten der Klägerin erzielt
werden. Bei dieser Konstellation wird die Klägerin bei der Auslieferung der Arzneimittel
zusätzlich zu dem für den Transport zuständigen, von der F beauftragten Unternehmen
in den Verkehr mit Arzneimitteln eingebunden. Die Zustellung erfolgt damit nicht an den
Endverbraucher direkt (oder eine von diesem autonom bestimmte Lieferadresse)
sondern an die Klägerin. Der Versand findet lediglich zwischen der Apotheke und der E-
Filiale statt, nicht aber zwischen Versandhändler und Endverbraucher. Da mit der
Übergabe der Arzneimittel an die Bediensteten der Klägerin der Arzneimittelversand
abgeschlossen ist, liegt die zu einem späteren Zeitpunkt in den Geschäftsräumen der
Klägerin erfolgende Aushändigung der Arzneimittel an den jeweiligen Besteller
(Endverbraucher) außerhalb des Transportvorganges und kann nicht mehr dem
Versandvorgang zugeordnet werden.
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Die Anwendung der den Arzneimittelversand an den Endverbraucher zulassenden
Bestimmungen auf den vorliegenden, von einem Versandhandel deutlich zu
unterscheidenden Vertriebsweg ist auch im Hinblick auf verfassungsrechtliche und
europarechtliche Prämissen nicht geboten.
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Die Gemeinwohlbelange des Gesundheitsschutzes, insbesondere die
Arzneimittelsicherheit und Versorgungssicherheit, die grundsätzlich die restriktiven
Reglementierungen im Arzneimittelhandel rechtfertigen, rechtfertigen auch hier eine
unterschiedliche Behandlung des Versandhandels und des zwischen der Klägerin und
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der F vereinbarten Konzepts. Anders als beim Versandhandel wird bei der hier
vorliegenden Vertriebsform das Apothekenmonopol durchbrochen, da die Abgabe nicht
mehr in oder von Apotheken erfolgt, sondern in einer anderen Betriebsstätte, die keine
Apotheke oder zugelassene Apotheken-Filiale ist und die damit den vor allem dem
Gesundheitsschutz dienenden strengen Anforderungen an die personelle und räumliche
Ausstattung nicht unterliegt und auch nicht entsprechend zu kontrollieren ist. Die hier
streitige Vertriebsform beinhaltet regelmäßig die Lagerung der an die Klägerin
gelieferten Arzneimittel in deren Räumlichkeiten. Dabei ist anders als in einem
Postlager bei dem von der Klägerin gemeinsam mit der F unterhaltenen Lager auch für
Dritte ohne weiteres erkennbar, dass dort ausschließlich Arzneimittel lagern, darunter
auch verschreibungspflichtige. Dass derartige öffentlich bekannte Lager
Missbrauchsgefahren in einem deutlich stärkeren Maß ausgesetzt sind als dies bei einer
vereinzelten Aufbewahrung von zunächst nicht zustellbaren Päckchen in der Postfiliale
der Fall ist, liegt auf der Hand.
Im Hinblick auf Art. 28, 30 des EG-Vertrages ist eine Erstreckung der Begriffe Versand
und Versandhandel auf die hier streitige Vertriebsform ebenfalls nicht geboten.
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Das Verbot der Vertriebsform der Klägerin beinhaltet keine Maßnahme mit gleicher
Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung. Mit der Zulassung des
Versandhandels durch §§ 43, 73 AMG ist der deutsche Markt auch für ausländische
Apotheken zugänglich - mit Ausnahme der wegen besonderer Risiken vom erlaubten
Versandhandel generell ausgenommenen Mittel (z.B. Betäubungsmittel) -. Das andere
Vertriebsformen als diesen Versandhandel betreffende Vertriebsverbot ist nicht
produktbezogen. Es gilt für den Absatz in- und ausländischer Produkte gleichermaßen.
Es bezieht sich ausschließlich auf den Vertrieb und betrifft insoweit alle Marktteilnehmer
in gleicher Weise.
52
Hinzu kommt, dass die hier zu beurteilende maßgebliche Tätigkeit durch die
Inanspruchnahme der Drogeriefilialen ins Inland verlagert ist. Insoweit lässt sich kein
Unterschied und keine Benachteiligung gegenüber inländischen Konkurrenten
feststellen, denen es ebenfalls nicht gestattet ist, ein bundesweites Filialnetz zur
Auslieferung von Arzneimitteln aufzubauen.
53
Die Untersagungsverfügung wurde auch zu Recht an die Klägerin gerichtet, da diese
die Arzneimittel in ihren Filialen in Verkehr bringt bzw. bringen lässt. Inverkehrbringen
ist nach § 4 Abs. 17 AMG das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe,
das Feilhalten, das Feilbieten und die Abgabe an andere. Unter dem Begriff Abgabe ist
die Einräumung der tatsächlichen Verfügungsgewalt an einen anderen durch
körperliche Überlassung des Arzneimittels zu verstehen, d.h. die Besitzeinräumung im
Sinne einer Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt,
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vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, Ziffer 57 zu § 4 AMG.
55
Durch die Aushändigung der Arzneimittel wird dem Empfänger die tatsächliche
Verfügungsgewalt übertragen, die Aushändigung ist demnach eine Abgabe im o.g.
Sinne. Diese Aushändigung erfolgt in den Geschäftsräumen der jeweiligen Filialen der
Klägerin und stellt sich damit als Inverkehrbringen durch die Klägerin dar.
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Auch wenn in der zwischen der F und der Klägerin getroffenen Vereinbarung (§ 1) die
Funktion der Klägerin als die eines von der F beauftragten Logistikunternehmens
57
bezeichnet wird, geht diese Tätigkeit der Klägerin tatsächlich über die bloße -
botenähnliche - Einbindung in den Arzneimittelvertrieb der F hinaus. Die Klägerin ist im
Zeitpunkt der Aushändigung der von der F gelieferten Arzneimittel an den
Endverbraucher nicht bloßer Besitzdiener i.S.d. § 855 BGB. Charakteristisch für den
Besitzdiener ist eine nach außen erkennbare Weisungsabhängigkeit. Eine solche ist nur
zu bejahen, wenn der Besitzdiener in einen Haushalt oder ein Erwerbsgeschäft eines
anderen oder ein ähnliches Verhältnis eingeordnet ist und der sog. Besitzherr jederzeit
selbst eingreifen kann. Dagegen fehlt bei nur vertraglichen Verpflichtungen,
insbesondere bei schuldrechtlichen Aufbewahrungs-, Bearbeitungs- oder
Verwaltungspflichten eines Unternehmens gegenüber einem anderen Unternehmen an
der besitzrechtlichen Weisungsabhängigkeit und an der Eingliederung in eine fremde
Organisation. Derartige schuldrechtliche Verpflichtungen sind vielmehr charakteristisch
für den sog. Besitzmittler, der selbst unmittelbarer Besitzer ist.
Die Klägerin ist gegenüber der F vertraglich nur verpflichtet, die Arzneimittel so lange
aufzubewahren, bis sie der Kunde abholt, sie ist auch nicht in die Organisation der F
eingegliedert. Die Bestellannahme und die Abholung der Arzneimittel ist nur während
der Öffnungszeiten der E-Filiale möglich. Auf die Öffnungszeiten hat die F aber keinen
Einfluss. Auch über das Hausrecht und damit die Zugangsmöglichkeiten der
Verbraucher entscheidet die Klägerin allein. Darüber hinaus werden sämtliche, für den
Endverbraucher erkennbaren Tätigkeiten von E-Mitarbeitern ausgeübt. Diese
Tätigkeiten sind auch nicht auf rein mechanische Dienste beschränkt, vielmehr prüfen
die E-Mitarbeiter bei der Abholung, ob die Kunden zur Entgegennahme des
Arzneimittels berechtigt sind. Zu diesem Zwecke müssen die Kunden sowohl ihren
Abholschein als auch ihren Personalausweis dem Mitarbeiter vorzeigen. Soweit
überhaupt Sicherheitsvorkehrungen zur Vermeidung eines Zugriffs Unbefugter auf die
Arzneimittelsendungen ergriffen werden, werden diese Vorkehrungen vom Personal der
Klägerin getroffen und überwacht. Auf all diese Vorgänge hat die F unmittelbar keinen
Einfluss.
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Die Klägerin wird daher mit der Auslieferung der Arzneimittel durch das den Transport
durchführende Logistikunternehmen unmittelbarer Besitzer. Die Arzneimittel werden
deshalb durch die Klägerin selbst an die Endverbraucher abgegeben.
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Dasselbe ergibt sich auch aus der Verkehrsanschauung. Die Klägerin übernimmt in
Zusammenhang mit dem Arzneimittelabgabeservice aus Sicht des Endverbrauchers
eine aktive Rolle. Aus dessen Sicht findet in den Filialen der Klägerin keine Post- oder
Paketausgabe statt, vielmehr entsteht der Eindruck, dass es sich um eine spezielle
Arzneimittel-Abholstelle handelt. Darüber hinaus liegt es auch für den Verbraucher auf
der Hand, dass die Klägerin mit der Einrichtung dieses Services völlig andere
Interessen verfolgt als die eines Logistikunternehmens.
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Ebenfalls hat der Beklagte der Klägerin zu Recht untersagt, sich durch Kooperation mit
der F an einem rechtswidrigen Verbringen zulassungspflichtiger Arzneimittel entgegen §
73 Abs. 1 AMG in die Bundesrepublik Deutschland zu beteiligen (Ziffer 2 der
Ordnungsverfügung).
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Nach § 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG dürfen zulassungspflichtige Arzneimittel nur in den
Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes verbracht werden, wenn sie im Falle des
Versandes an den Endverbraucher von einer Apotheke eines Mitgliedstaates der EU
entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel versandt werden. Da
62
aber, wie bereits oben ausgeführt, die Weiterleitung der Arzneimittel von der F an die
Filialen der Antragstellerin nicht als Versand an den Endverbraucher zu qualifizieren ist
und auch die weitere Ausnahme des Abs. 1 Nr. 1 nicht eingreift, wonach der Empfänger
im Fall des Verbringens von Arzneimitteln aus einem Mitgliedstaat der EU
pharmazeutischer Unternehmer, Großhändler oder Tierarzt sein oder eine Apotheke
betreiben muss, gilt das generelle Verbringungsverbot des § 73 AMG, sodass es
geboten ist, der am unzulässigen Verbringen der Arzneimittel mitbeteiligten
Antragstellerin ein solches Vorgehen zu untersagen.
Die Anordnung ist hinreichend bestimmt, auch wenn der Tenor eher einen
Gesetzesverstoß beschreibt als konkret von der Klägerin vorzunehmende oder zu
unterlassende Handlungen. Sowohl aus der Begründung der angegriffenen Verfügung
als auch aus der des Widerspruchsbescheides ergibt sich hinreichend deutlich, dass
sich die Verfügung auf Einrichtung und Betrieb der Abholstellen in Drogeriemärkten in
der von der Klägerin konkret praktizierten Weise bezieht.
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Auch in Bezug auf Ziffer 3 der angefochtenen Verfügung, mit der der Klägerin untersagt
wird, am Verkehr mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln für den Endverbrauch
teilzunehmen, indem sie berufs- und gewerbsmäßig Verschreibungen entgegen den
Bestimmungen des 7. Abschnitts des Arzneimittelgesetzes sammelt, erweist sich die
angefochtene Verfügung als rechtmäßig.
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Die Abgabe von Arzneimitteln ist im 7. Abschnitt des Arzneimittelgesetzes (§§ 43 ff)
geregelt; außer den dort genannten Verkehrskreisen ist es keinem anderen erlaubt, am
Verkehr mit Arzneimitteln teilzunehmen.
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Das berufs- oder gewerbsmäßige Sammeln von ärztlichen Verschreibungen ist eine
Teilnahme am Verkehr mit Arzneimitteln. Derartiges fand bis zum Erlass der
Untersagungsverfügung in den Geschäftsräumen der Klägerin statt. Aufgrund der
Kooperationsvereinbarung mit der F erstreckte sich die Tätigkeit der Klägerin u.a. auch
darauf, die in eine verschließbare, gegen unautorisierte Entnahme gesicherte Box
eingelegten Bestellungen und Rezepte gesammelt an die F weiter zu leiten. Ein solches
berufs- oder gewerbsmäßiges Sammeln von ärztlichen Verschreibungen ist mit den
Vorschriften des 7. Abschnitts des Arzneimittelgesetzes und den diese Regelungen
weiter konkretisierenden Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) nicht
vereinbar. Hiernach dürfen Einrichtungen zum Sammeln von Verschreibungen
(Rezeptsammelstellen) nur von Apotheken unterhalten werden und auch dies nur unter
den engen Voraussetzungen des § 24 ApBetrO. So dürfen nach § 24 Abs. 2 ApBetrO
Rezeptsammelstellen nicht in Gewerbebetrieben unterhalten werden. Als Betreiberin
von Drogeriemärkten ist es der Klägerin demnach nicht gestattet, selbst
Verschreibungen zu sammeln.
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Diese Regelungen über die Rezeptsammelstellen sind auch trotz der zwischenzeitlich
erfolgten gesetzlichen Zulassung des Versandhandels weiterhin anwendbar, zumal sie
dadurch keinesfalls überflüssig geworden sind; vielmehr dienen sie auch weiterhin der
Sicherstellung der Arzneimittelversorgung, insbesondere im Hinblick auf die vom
Versandhandel ausgenommenen und die zum Versand ungeeigneten Arzneimittel
sowie zur Komplett- und Akutversorgung der Menschen gerade in abgelegenen
Ortschaften oder Ortsteilen.
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Ziffer 3 der angegriffenen Verfügung ist auch nicht inzwischen dadurch gegenstandslos
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geworden, dass die Klägerin mitgeteilt hat, nunmehr nur noch die Bestellungen für nicht
rezeptpflichtige Arzneimittel für die F zu sammeln und im Übrigen ihre Kunden auf den
Postweg zu verweisen. Da nach dem mit der F vereinbarten Konzept die Bestellungen
in verschlossenen Umschlägen in die in den Filialen aufgestellten Behälter geworfen
werden, kann die Klägerin praktisch gar nicht beeinflussen, welche Bestellungen bei ihr
gesammelt werden. Im Übrigen bezieht sich das gesetzliche Verbot,
Rezeptsammelstellen zu unterhalten, allgemein auf das Sammeln von
Verschreibungen, da sich Rezepte sowohl auf verschreibungspflichtige als auch auf
lediglich apothekenpflichtige Arzneimittel beziehen können und der Patient häufig nicht
weiß, in welche Kategorie das ihm verschriebene Medikament gehört.
Ermessensfehler sind ebenfalls nicht ersichtlich. Vor dem Hintergrund einer effektiven
Gefahrenabwehr begegnet es insbesondere keinen Bedenken, dass der Beklagte die
Klägerin in Anspruch genommen hat.
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Rechtliche Bedenken gegen die in der angefochtenen Verfügung enthaltene Androhung
von Zwangsgeldern bestehen ebenfalls nicht. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 55,
57, 60 und 63 VwVG. Die für die einzelnen Verstöße angedrohten Zwangsgelder sind
auch der Höhe nach nicht unangemessen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO , die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Berufung nach §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4
VwGO liegen nicht vor.
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