Urteil des VG Düsseldorf vom 07.01.2005
VG Düsseldorf: aufenthaltserlaubnis, besitz, ausländer, duldung, abschiebung, ermessen, unterliegen, anschluss, erfüllung, asylverfahren
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 24 L 13/05
07.01.2005
Verwaltungsgericht Düsseldorf
24. Kammer
Beschluss
24 L 13/05
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.
Gründe:
Der am 04. Januar 2005 bei Gericht eingegangene sinngemäße Antrag,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, den
Antragsteller am 13. Januar 2005 abzuschieben,
hat keinen Erfolg.
Der Antragsteller, dessen Asylverfahren nach eigenen Angaben 1997 negativ
bestandskräftig abgeschlossen wurde und der nach seinen Angaben seitdem Duldungen
erhielt, hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, §§ 123 Abs. 3 VwGO
i.V.m. 920 Abs. 2, 294 ZPO.
1. Zur Begründung seines Antrages beruft der Antragsteller sich darauf, dass er einen
Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubis nach §§ 26 Abs. 4 i.V.m. 102 Abs. 2
Aufenthaltsgesetz (AufenthG) habe.
Ein solcher Anspruch stünde, wäre er gegeben, der Abschiebung jedoch zum einen nicht
entgegen, denn er würde keinen Anspruch auf Duldung (§ 60a AufenthG) während der
Dauer des Aufenthaltsgenehmigungsverfahrens begründen. Dies folgt aus der Systematik
des Gesetzes, das nur in den Fällen der Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 3, 4 AufenthG ein
vorläufiges Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Antrag vorsieht, das im Verfahren
nach § 80 Abs. 5 VwGO nach der Ablehnung des Antrags ggf. weiter gesichert werden
kann. In allen anderen Fällen kann ein auf einen Aufenthaltsgenehmigungsanspruch
gestütztes vorläufiges Bleiberecht grundsätzlich auch nicht über einen Antrag nach § 123
VwGO erreicht werden,
vgl. zum Ganzen OVG NRW, Beschluss vom 30. August 1995, 18 B 660/94; Beschluss
vom 26. März 1998, 18 B 2195/96.
Zum anderen steht dem Antragsteller der geltend gemachte Anspruch aber auch nicht zu.
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Zum anderen steht dem Antragsteller der geltend gemachte Anspruch aber auch nicht zu.
Abgesehen davon, dass § 26 Abs. 4 Satz 1 und 4 AufenthG keine gebundenen Ansprüche
begründet, sondern der Behörde Ermessen einräumt, fehlt es mangels Erfüllung der
Tatbestandsvoraussetzungen schon an der Eröffnung eines Ermessens.
§ 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, wonach einem Ausländer, der seit sieben Jahren eine
Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt (= Abschnitt 5, Aufenthalt aus
völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen) besitzt, unter den in § 9 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 bis 9 AufenthG bezeichneten Voraussetzungen eine Niederlassungserlaubnis
erteilt werden kann, setzt nach seinem eindeutigen Wortlaut voraus, dass der die Erteilung
einer Niederlassungserlaubnis Begehrende bereits im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist.
Dies ist bei dem Antragsteller, der lediglich geduldet ist, jedoch nicht der Fall.
Aus § 102 Abs. 2 AufenthG folgt insoweit entgegen der Auffassung des Antragstellers
nichts anderes. Diese Regelung ergänzt lediglich die des § 26 Abs. 4 Satz 3 AufenthG, die
die Anrechnung der Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis (!)
vorangegangenen Asylverfahrens auf die Sieben-Jahres-Frist vorsieht. Nach § 102 Abs. 2
AufenthG wird auf diese Frist außerdem die Zeit des Besitzes einer Aufenthaltsbefugnis
oder einer Duldung vor dem 01. Januar 2005 angerechnet. Am Erfordernis des Besitzes
einer Aufenthaltserlaubnis vor Erteilung der Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4
Satz 1 AufenthG ändert dies jedoch nichts.
Eine andere Auslegung der §§ 26 Abs. 4 Satz 1, 102 Abs. 2 AufenthG ergibt sich auch
nicht, wie der Antragsteller geltend macht, unter Berücksichtigung des § 104 Abs. 2
AufenthG. Diese Vorschrift ist bei dem vorstehend dargelegten Verständnis der §§ 26 Abs.
4, 102 Abs. 2 AufenthG weder überflüssig noch steht sie im Widerspruch zu § 26 Abs. 4
AufenthG. Vielmehr handelt es sich - vgl. schon die Überschrift - um eine
Übergangsregelung, die der teilweisen Verschärfung der Anforderungen für die Erteilung
eines unbefristeten Aufenthaltstitels durch das AufenthG
- betreffend Sprachkenntnisse, Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der
Lebensverhältnisse sowie Altersversorgung -
dahingehend Rechnung trägt, dass das diesbezüglich neue Recht noch nicht für solche
Ausländer voll zur Anwendung kommt, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechtes schon
im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis waren. Diese unterliegen
hinsichtlich der Erteilungsvoraussetzungen für die Niederlassungserlaubnis teilweise noch
altem (günstigeren) Recht. Warum diese Übergangsregelung für die Erteilung einer
Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG, wie der Antragsteller meint, nicht
gelten soll, ist nicht ersichtlich.
Das Gesagte gilt entsprechend für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26
Abs. 4 Satz 4 AufenthG, der für vor Vollendung des 18. Lebensjahres eingereiste Kinder
die entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 35 AufenthG
- über die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis für minderjährige Ausländer, die im
Besitz einer Aufenthaltserlaubnis (!) nach dem 6. Abschnitt (Aufenthalt aus familiären
Gründen) sind -
ermöglicht. Auch hier ist zunächst der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis erforderlich.
Schließlich sei noch angemerkt, dass die vom Antragsteller zur Begründung seiner
Auffassung, der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sei für die Erteilung der
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Niederlassungserlaubnis nicht erforderlich, angeführten Nachweise (Marx, ZAR 2004, 403,
405; BT-Drs. 15/420, S. 79/80) diese nicht tragen.
Aber selbst wenn man der Auffassung folgen wollte, dass §§ 26 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4
i.V.m. 35 AufenthG über § 102 Abs. 2 AufenthG die Erteilung einer
Niederlassungserlaubnis unmittelbar im Anschluss an den Besitz einer Duldung ohne
vorherigen Besitz einer Aufenthaltserlaubnis erlauben würden, müssten dabei zumindest
die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt
des AufenthG vorliegen,
vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/420, (S. 100), wonach die Regelung den Zweck
verfolgt, die Ausländer nicht zu benachteiligen, die nach dem AufenthG eine
Aufenthaltserlaubnis bekommen, jedoch nach dem AuslG - zum Teil seit vielen Jahren -
lediglich eine Duldung erhielten".
Dass eine Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt erteilt werden könnte, ist vorliegend
jedoch nicht ersichtlich. Insbesondere sind auch keine Abschiebungsverbote oder
sonstigen rechtlichen oder tatsächlichen Ausreisehindernisse geltend gemacht (§ 25 Abs.
1-3 und 5 AufenthG).
Darüber hinaus ist die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG
nicht von der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG -
Visumserfordernis - ausgenommen. Insoweit besteht, anders als in den Fällen der §§ 24,25
Abs. 1-3 und § 26 Abs. 3 AufenthG lediglich ein Ermessen der Ausländerbehörde, hiervon
abzusehen (§ 5 Abs. 3 Halbsatz 2 AufenthG; daneben ggf. § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG).
2. Sonstige der Abschiebung entgegenstehende Gründe sind nicht geltend gemacht oder
sonst ersichtlich.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ist nach
§§ 53 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. 52 Abs. 2 GKG i.d.F. des KostRMoG vom 05. Mai 2004 erfolgt.