Urteil des VG Düsseldorf vom 02.08.2006

VG Düsseldorf: beförderung, verwaltung, erstellung, beamter, billigkeit, erkenntnis, begriff, gespräch, urlaub, unterliegen

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 2 L 1266/06
Datum:
02.08.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 L 1266/06
Tenor:
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung
aufgegeben, eine der dem Polizeipräsidium E zum 1. Juni 2006
zugewiesenen Stellen der Besoldungsgruppe A 8 BBesO nicht mit dem
Beigeladenen zu besetzen, bis über die Besetzung der Stelle unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden
worden ist.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme
außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Gründe:
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Der dem Tenor sinngemäß entsprechende Antrag vom 26. Juni 2006 hat Erfolg.
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Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines
Rechts des Antragstellers nur getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch
eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts
vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3
VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO das Bestehen eines zu sichernden Rechts
(Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft
zu machen.
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Für das von der Antragstellerin verfolgte Begehren besteht ein Anordnungsgrund. Der
Antragsgegner hat nämlich die Absicht, die in Streit stehende Stelle alsbald mit dem
Beigeladenen zu besetzen. Dessen Ernennung zum Polizeiobermeister und
Einweisung in eine freie Planstelle der Besoldungsgruppe A 8 BBesO würde das von
der Antragstellerin geltend gemachte Recht auf diese Stelle endgültig vereiteln,
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vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss
vom 28. Juni 2006 - 6 B 618/06 -, www.nrwe.de.
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Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ihre der
Auswahlentscheidung zu Grunde gelegte dienstliche Beurteilung ist rechtswidrig, weil
EPHK T1 als Erstbeurteiler nicht in Betracht kam.
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Ein Beamter hat zwar keinen Anspruch auf Übertragung eines Beförderungsamtes. Er
hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr bzw. der für diesen handelnde
Dienstvorgesetzte eine rechts-, insbesondere ermessensfehlerfreie Entscheidung über
die Vergabe des Beförderungsamtes trifft. Materiell-rechtlich hat der Dienstherr bei
seiner Entscheidung darüber, wem von mehreren für eine Beförderung in Betracht
kommenden Beamten er die Stelle übertragen will, das Prinzip der Bestenauslese zu
beachten (Art. 33 Abs. 2 GG, §§ 7 Abs. 1, 25 Abs. 6 Satz 1 LBG). Der Anspruch auf
Beachtung dieser Grundsätze ist nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO sicherungsfähig. Will
hiernach ein Antragsteller die vorläufige Nichtbesetzung einer Beförderungsstelle
erreichen, so muss er glaubhaft machen, dass deren Vergabe an den Mitbewerber sich
mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als zu Lasten des Antragstellers rechtsfehlerhaft
erweist und dass im Falle der fehlerfreien Durchführung des Auswahlverfahrens die
Beförderung des Antragstellers jedenfalls möglich erscheint. Im Hinblick auf das Gebot
effektiven Rechtsschutzes ist dabei auch im Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes bei der Prüfung des geltend gemachten
Bewerbungsverfahrensanspruchs (erforderlichenfalls) derselbe Maßstab wie im
Hauptsacheverfahren anzulegen,
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vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR
857/02 -, NVwZ 2003, 200; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 21. August
2003 - 2 C 14/02 -, NJW 2004, 870; OVG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2006 - 1 B 41/06 -
, www.nrwe.de; Beschluss der Kammer vom 23. Mai 2006 - 2 L 782/06 -, www.nrwe.de.
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Diese Voraussetzungen hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht.
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Über die Auswahlkriterien des § 7 LBG verlässlich Auskunft zu geben, ist in erster Linie
Sache einer aktuellen dienstlichen Beurteilung. Die Auswahlentscheidung wurde auf
der Grundlage der Regelbeurteilung des Beigeladenen für den Zeitraum vom 1. August
2004 bis zum 31. Dezember 2005 und der Anlassbeurteilung der Antragstellerin für den
Zeitraum vom 11. Januar 2004 bis zum 30. November 2005 getroffen, die beide nach
den Beurteilungsrichtlinien im Bereich der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen -
BRL Pol-,
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vgl. Runderlass des Innenministeriums vom 25. Januar 1996, MBl. NRW 1996, 278,
geändert durch Runderlass des Ministeriums für Inneres und Justiz vom 19. Januar
1999, MBl. NRW 1999, 96,
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erstellt wurden. Hiernach ist zwar der Beigeladene besser qualifiziert, weil er das
Gesamturteil „Die Leistung und Befähigung (...) übertreffen die Anforderungen" (4
Punkte) erhielt, während die Antragstellerin lediglich mit dem Gesamturteil „Die Leistung
und Befähigung (...) entsprechen voll den Anforderungen" (3 Punkte) und damit eine
Notenstufe schlechter beurteilt wurde.
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Jedoch kann sich der Antragsgegner nicht auf die Anlassbeurteilung der Antragstellerin
stützen. Sie bildet keine ausreichende Entscheidungsgrundlage, da sie im Hinblick auf
die Person des Erstbeurteilers unter Verstoß gegen die BRL Pol zustande gekommen
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ist.
Jeder Fehler im Auswahlverfahren, einschließlich etwaiger Fehler der dabei zugrunde
gelegten dienstlichen Beurteilungen, vermag den Erlass einer einstweiligen Anordnung
zu rechtfertigen, sofern dieser Fehler berücksichtigungsfähig und potenziell kausal für
das Auswahlergebnis ist,
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vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. September 2001 - 6 B 1776/00 -, NWVBl. 2002, 111.
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Allerdings unterliegen dienstliche Beurteilungen nach ständiger Rechtsprechung,
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vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2005 - 2 C 34/04 -, NVwZ 2006, 465, vom 2.
März 2000 - 2 C 7/99 -, NVwZ-RR 2000, 621, vom 26. Juni 1980 - 2 C 8.78 -, BVerwGE
60, 245, und vom 13. Mai 1965 - II C 146.62 -, BVerwGE 21, 127; OVG NRW, Urteil vom
4. Oktober 1989 - 6 A 1905/87 -, Beschlüsse vom 13. Dezember 1999 - 6 A 3599/98 -
und - 6 A 3593/98 -, DÖD 2000, 161 und 266, und Beschluss vom 26. Oktober 2000 - 6
B 1281/00 -, DÖD 2001, 261,
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nur der eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die Entscheidung des Dienstherrn
darüber, ob und in welchem Grade ein Beamter die für sein Amt und für seine Laufbahn
erforderliche Befähigung und fachliche Leistung aufweist, ist ein dem Dienstherrn von
der Rechtsordnung vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Die
verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob die
Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie
sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt
ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde
Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Der
Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es ferner, dass der
Dienstherr, wenn er für einen Verwaltungsbereich Beurteilungsrichtlinien geschaffen
hat, diese gleichmäßig auf alle zu beurteilenden Beamten anwendet. Dabei obliegt es
zunächst der Verwaltung selbst, ihre Richtlinien auszulegen und für den einzelnen Fall
zu konkretisieren.
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Andererseits kommt es wegen der eingeschränkten Prüfungskompetenz des Gerichtes
gerade auf die Einhaltung des in den BRL Pol vorgegebenen Verfahrens an, weil nur
ein ordnungsgemäß durchgeführtes Beurteilungsverfahren eine gewisse Gewähr für
eine auch in der Sache zutreffende Beurteilung bieten kann.
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Das Beurteilungsverfahren ist in Nr. 9 BRL Pol geregelt. Dort ist ein zweistufiges
Verfahren mit einem Erst- und einem Endbeurteiler vorgesehen. Zunächst erstellt ein
Vorgesetzter (der sog. Erstbeurteiler) des zu beurteilenden Beamten einen
Beurteilungsvorschlag (Nr. 9.1 BRL Pol). Er hat zu Beginn des Beurteilungsverfahrens
mit dem zu Beurteilenden ein Gespräch zu führen, in dem dieser die Möglichkeit haben
soll, die aus seiner Sicht für die Beurteilung wichtigen Punkte darzulegen (Nr. 9.1 Abs. 1
und 2 BRL Pol). Nach Nr. 9.1 Abs. 3 Satz 2 BRL Pol muss der Erstbeurteiler in der Lage
sein, sich aus eigener Anschauung ein Urteil über die zu Beurteilenden zu bilden;
einzelne Arbeitskontakte reichen hierfür nicht aus. Hinreichende eigene Erkenntnisse
haben nach den Erläuterungen des Innenministeriums zu dieser Bestimmung der BRL
Pol in der Regel die unmittelbaren Vorgesetzten. Allerdings muss nach der
Rechtsprechung der Erstbeurteiler nicht zwingend der unmittelbare Vorgesetzte des zu
Beurteilenden sein. Auch müssen sich die Kenntnisse über Eignung, Befähigung und
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fachliche Leistung nicht ausschließlich aus unmittelbaren persönlichen Arbeitskontakten
zu dem Beurteilten ergeben. Vielmehr kann sich der Erstbeurteiler derartige Kenntnisse
daneben in sonst geeigneter Weise, etwa durch Berichte von dritter Seite, verschaffen.
Nach der Intention des Richtliniengebers der BRL Pol muss der Erstbeurteiler aber sein
Urteil auf eine in zeitlicher und quantitativer Hinsicht ausreichende Anzahl eigener
Arbeitskontakte stützen können und dürfen die durch Dritte vermittelten Kenntnisse nicht
die prägende Grundlage für die Erstbeurteilung bilden.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. März 1999 - 6 A 1153 und 1154/98 - sowie Urteil
vom 29. August 2001 - 6 A 3374/00 -, IÖD 2001, 254; Urteile der Kammer vom 6. April
2004 - 2 K 1445/03 -, vom 23. März 1999 - 2 K 4720/97 - und vom 23. November 2004 -
2 K 1931/03 -; Willems, Die dienstliche Beurteilung der Polizeibeamten im Land NRW,
NWVBl. 2001, 121, 126.
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Durch die Einbindung des Erstbeurteilers, der den zu Beurteilenden aus eigener
Anschauung kennt, soll eine vollständige und richtige Tatsachengrundlage für die
Beurteilung geschaffen werden,
22
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Dezember 1999 - 6 A 3593/98 -, ZBR 2001, 338;
Willems, a.a.O., S. 126.
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In Anwendung dieser Grundsätze hätte EPHK T1 vorliegend nicht als Erstbeurteiler
eingesetzt werden dürfen.
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Auszugehen ist hierbei vom Regelfall, wonach die unmittelbaren Vorgesetzten die
Erstbeurteilung erstellen. Nach den bereits genannten Erläuterungen des
Innenministeriums zu den BRL Pol sind nämlich im Bereich des mittleren Dienstes in
der Regel die unmittelbaren Vorgesetzten in der Lage, sich aus eigener Anschauung ein
Urteil über den zu Beurteilenden zu bilden und deshalb als Erstbeurteiler
heranzuziehen. Maßgeblich ist insoweit der Beurteilungsstichtag. Hiernach wäre als
Erstbeurteiler in erster Linie der Vorgesetzte der Antragstellerin beim Führungsstab der
PI Mitte in Betracht gekommen. Dort war sie zuletzt zwischen dem 14. März 2005 und
dem Ende des Beurteilungszeitraumes (30. November 2005) eingesetzt. Berücksichtigt
man ihre Mutterschutzzeit und den anschließenden Urlaub, hat sie dort immerhin vom
14. März 2005 bis zum 15. Juli 2005 tatsächlich ihren Dienst verrichtet, mithin vier
Monate. Es hätte sich deshalb aufgedrängt, die Aufgabe des Erstbeurteilers im Einklang
mit den BRL Pol dem Vorgesetzten der Antragstellerin beim Führungsstab zuzuweisen.
Gründe, die dem entgegenstehen, sind weder vorgetragen noch sonst den Akten zu
entnehmen. Insbesondere kann ein Zeitraum von vier Monaten für einen Erstbeurteiler
genügen, um sich aus eigener Anschauung ein hinreichendes Bild über den zu
Beurteilenden zu machen,
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vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. September 2001 - 6 B 1069/01 -.
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Doch selbst, wenn es derartige Gründe gäbe, hätte anstelle des Vorgesetzten beim
Führungsstab nicht EPHK T1, der Leiter der Hauptwache, die Funktion des
Erstbeurteilers ausüben dürfen. Vielmehr wäre in dem Fall ein anderer unmittelbarer
Vorgesetzter der Antragstellerin mit dieser Aufgabe zu betrauen gewesen. Dabei lässt
das Gericht offen, ob deren früherer Vorgesetzter beim Verkehrskommissariat
heranzuziehen gewesen wäre, wo sie freilich nur ca. sechs Wochen (1. Februar 2005 -
14. März 2005) ihren Dienst verrichtet hat, oder ihr Vorgesetzter beim Einsatztrupp (11.
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Januar 2004 - 31. Januar 2005). Soweit hiernach PHK H vom Einsatztrupp in Betracht
kam, steht dem jedenfalls nicht entgegen, dass dieser im Mai 2005 innerhalb des
Polizeipräsidiums E eine andere Aufgabe (ET PRIOS) übernommen hat. Es ist nicht
ersichtlich und vom Antragsgegner auch nicht begründet worden, weshalb ihn diese
neue Aufgabe daran hätte hindern sollen, im Einzelfall auch für eine Beamtin einen
Beurteilungsvorschlag zu erstellen, die ihm seit zehn Monaten nicht mehr untersteht.
Bei alledem verkennt die Kammer nicht, dass dem Behördenleiter bei der Auswahl
zwischen mehreren in Betracht kommenden Erstbeurteilern aufgrund seines
organisatorischen Ermessens ein Entscheidungsspielraum zusteht.
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Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. März 1999 - 6 A 1153/98 und 6 A 1154/98 -; hierzu
auch die Erläuterungen des Innenministeriums zu den BRL Pol: „Es ist Sache der
Behörden- oder Einrichtungsleitung, geeignete Vorgesetzte des gehobenen oder
höheren Dienstes mit der Erstellung der Beurteilungsvorschläge für die Beamtinnen und
Beamten des mittleren und gehobenen Dienstes zu beauftragen."
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Dennoch hat er sich hierbei zunächst an den Vorgaben der BRL Pol - ggf. in Verbindung
mit den hierzu ergangenen Erläuterungen - zu orientieren. Abweichende
Entscheidungen sind zwar mit sachlich einleuchtenden Erwägungen möglich,
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vgl. Willems, a.a.O, S. 126,
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doch sind solche Erwägungen im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Im Gegenteil ist
zumindest zweifelhaft, ob EPHK T1 die oben genannten Anforderungen an einen
Erstbeurteiler („muss in der Lage sein, sich aus eigener Anschauung ein Urteil über den
zu Beurteilenden zu bilden; einzelne Arbeitskontakte oder kurzfristige Einblicke in die
Arbeit reichen hierfür nicht aus") erfüllt. Den Ausführungen in der Antragsbegründung
vom 26. Juni 2006, EPHK T1 habe nicht einmal einzelne Arbeitskontakte zur
Antragstellerin gehabt, hat der Antragsgegner nicht widersprochen. Vielmehr wurde
lediglich auf die dem Erstbeurteiler über PHK H vermittelten Informationen verwiesen
sowie darauf, dass EPHK T1 „über die gefertigten Vorgänge der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter des Einsatztrupps einen Einblick in die Arbeit sowie in den jeweiligen
Leistungsstand" bekommen habe. Indes reichen mittelbare Informationen allein nicht
aus. Auch soweit auf „gefertigte Vorgänge" verwiesen wird, erfüllt dies nicht die
Vorgaben der Nr. 9.1 Abs. 3 Satz 2 BRL Pol. Der Hinweis auf die Vorgänge ist nämlich
lediglich allgemein und ohne Bezugnahme auf den Fall der Antragstellerin formuliert.
Insbesondere werden konkrete schriftliche Arbeitsergebnisse der Antragstellerin, die
EPHK T1 eingesehen und zur Grundlage seines Beurteilungsvorschlages gemacht hat,
nicht benannt. Im übrigen dürften schriftliche Arbeitsergebnisse einer Polizeimeisterin in
einem Einsatztrupp nicht den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit bilden. Sie wären außerdem
für den Gesichtspunkt „Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern", mit dem
der Erstbeurteiler seine von der Einschätzung des PHK H abweichende Einschätzung
unter anderem begründet, kaum verwertbar.
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Nach alledem ist die der Auswahlentscheidung zu Grunde gelegte dienstliche
Beurteilung der Antragstellerin rechtswidrig, weil EPHK T1 nicht als Erstbeurteiler hätte
tätig werden dürfen.
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Dieser Verstoß gegen die BRL Pol führt auch zu einer stattgebenden Entscheidung,
weil bei einer neuen, rechtsfehlerfreien Erstellung der dienstlichen Beurteilung eine
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Beförderung der Antragstellerin jedenfalls möglich erscheint. Wäre ein anderer
Vorgesetzter der Antragstellerin als Erstbeurteiler tätig geworden, ist nicht
auszuschließen, dass sie mit einem besseren Gesamtergebnis als mit 3 Punkten
vorgeschlagen worden wäre. Dies zeigt sich deutlich an der Einstufung durch ihren
früheren Vorgesetzten, PHK H, der ihr unstreitig in einem verloren gegangenen
Beurteilungsbeitrag in allen Submerkmalen 4 Punkte zuerkannt hat. Es ist nicht
auszuschließen, dass der Schlusszeichnende dies akzeptiert hätte. Mit einer aktuellen
Beurteilung von 4 Punkten hätte sie die Mindestanforderungen für eine der
ausgeschriebenen Stellen erfüllt, da sie auch im Hinblick auf die Vorbeurteilung
(Gesamturteil 3 P., Hauptmerkmale 3 P., 3 P. und 4 P.) zu berücksichtigen gewesen
wäre. Gegenüber dem Beigeladenen wäre ihr dann möglicherweise unter dem
Gesichtspunkt der Frauenförderung der Vorrang einzuräumen gewesen.
Zur Klarstellung weist die Kammer darauf hin, dass es nach dem Vorstehenden auf die
weiteren Einwendungen der Antragstellerin nicht mehr ankommt. Von der Bestimmung
des Erstbeurteilers hängen die im Zusammenhang mit der Einholung/Nichteinholung
von Beurteilungsbeiträgen aufgeworfenen Fragen ab. Soweit EPHK T1 sachfremde
Erwägungen vorgeworfen werden, erledigt sich dieser Einwand ebenfalls bei Bestellung
eines anderen Erstbeurteilers.
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Ergänzend und ohne dass es für die Entscheidung darauf ankommt wird schließlich
darauf hingewiesen, dass ein Beurteilungsbeitrag gemäß Nr. 3.6 Abs. 3 BRL Pol unter
Verwendung des hierfür vorgesehenen Formblattes - mithin schriftlich - sowie unter
Verwendung des Beschreibungskataloges erstellt werden muss. Geht ein solcher
schriftlicher Beurteilungsbeitrag verloren, reicht es nicht aus, dem Erstbeurteiler
mündlich die Punktwerte der einzelnen Submerkmale mitzuteilen. Das ergibt sich schon
daraus, dass bei einer solchen Übermittlung die im Beurteilungsbeitrag verwendeten
schriftlichen Formulierungen aus dem Beschreibungskatalog verloren gehen und vom
Erstbeurteiler nicht mehr berücksichtigt werden können.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da der
Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich somit einem Kostenrisiko nicht ausgesetzt
hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass er etwaige eigene
außergerichtliche Kosten selbst trägt.
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Die Festsetzung des Streitwerts auf die Hälfte des Auffangwertes beruht auf § 53 Abs. 3
Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.
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Das Gericht lässt die Streitwertbeschwerde nicht gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 GKG zu,
weil es die gesetzlichen Voraussetzungen nicht für gegeben erachtet.
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