Urteil des VG Düsseldorf vom 02.01.2008

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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 4 L 1766/07
Datum:
02.01.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 L 1766/07
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf bis zu 300, Euro festgesetzt.
Gründe:
1
I.
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Der Antragsteller ist Eigentümer des Wohn- und Geschäftshauses Cstraße
130/Estraße 73 in E-G, G1. Das Gebäude steht über Eck an beiden Straßen, der
Westflügel an der Cstraße, der Nordflügel an der Estraße. Es handelt sich um einen
unter Denkmalschutz stehenden Altbau, der Anfang des 20. Jahrhundert errichtet
worden ist.
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Der Antragsteller betreibt schon seit Jahren die Sanierung und den Umbau des Hauses.
Nach Auffassung des Antragsgegners unternimmt er einen Teil der Bauarbeiten ohne
die erforderlichen Baugenehmigungen. Zudem hält er den gegenwärtigen Zustand des
Gebäudes nicht für feuer- und nicht sämtliche Bauteile für standsicher.
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Schon in der Vergangenheit kam es verschiedentlich zum bauaufsichtlichen
Einschreiten bis hin zu Versiegelungen der in dem Gebäude betriebenen Baustellen. Im
Jahr 2007 entwickelten sich die Verhältnisse zuletzt wie folgt:
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Anlässlich einer Ortsbesichtigung vom 11. Mai 2007 hielt ein Bediensteter des
Antragsgegners fest, dass in dem Haus des Antragstellers diverse bauaufsichtlich nicht
genehmigte Arbeiten an tragenden Konstruktionsteilen stattfänden. Die Arbeiten wurden
mündlich stillgelegt, die Wohnung im ersten Obergeschoss rechts (vom Eingang
Cstraße 130 aus) wurde versiegelt. Bei einer zweiten Ortsbesichtigung vom
14. Mai 2007 musste das abhanden gekommene Siegel erneuert werden. Zusätzlich
wurde eine Dachgeschosswohnung (rechts vom Eingang Cstraße 130) versiegelt, in der
ebenfalls nach Auffassung des Antragsgegners ungenehmigte und die Standsicherheit
von Bauteilen gefährdende Arbeiten stattfanden. Die Wohnung links im Dachgeschoss
war bereits früher durch den Antragsgegner versiegelt worden (am 15. Januar 2003,
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wegen eines ungenehmigten Dachgeschossausbaus).
Gegen die Maßnahmen des Antragsgegners im ersten Obergeschoss und beiden
Wohnungen im Dachgeschoss rief der Antragsteller am 15. Mai 2007 bzw. 22. Mai 2007
das Verwaltungsgericht an und suchte um vorläufigen Rechtsschutz nach (4 L 770/07).
Der Berichterstatter unterbreitete in diesem Verfahren den Beteiligten einen
Einigungsvorschlag, der wie folgt lautete:
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"Erstens: ...
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Zweitens: Der Antragsteller erklärt gegenüber dem Antragsgegner schriftsätzlich, durch
eine von ihm beauftragte Architektin oder einen von ihm beauftragten Architekten in
Abstimmung mit dem Bauaufsichtsamt des Antragsgegners die für die von ihm
beabsichtigten Baumaßnahmen auf den Grundstücken Estraße 69 und Cstraße 130 in
E1 erforderlichen Bauanträge zu stellen und bis zur Stellung der Bauanträge die
baugenehmigungsbedürftigen Baumaßnahmen auf den beiden vorgenannten
Grundstücken zu unterlassen. Dem Gericht wird eine Abschrift der betreffenden
Erklärung zum Verbleib in der Gerichtsakte übersandt.
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Drittens: Der Antragsteller erklärt gegenüber dem Antragsgegner schriftsätzlich,
nach Stellung der erforderlichen Bauanträge vor Zugang der beantragten
Baugenehmigungen mit der Bauausführung soweit sie Gegenstand des jeweiligen
Bauantrages ist nicht zu beginnen (§ 75 Abs. 5 BauO NRW). Dem Gericht wird eine
Abschrift der betreffenden Erklärung zum Verbleib in der Gerichtsakte übersandt.
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Im Gegenzug erklärt der Antragsgegner nach Eingang der vorgenannten Erklärungen
des Antragstellers schriftsätzlich, sämtliche streitgegenständlichen Versiegelungen auf
den Grundstücken Estraße 69 und Cstraße 130 in E1 aufzuheben und die betreffenden
Versiegelungen unverzüglich zu entfernen, um den antragstellerseits beauftragten
Architekten und sonstigen Bausachverständigen ein Betreten dieser Grundstücke und
der dortigen baulichen Anlagen und die Erstellung der für die Prüfung der Bauanträge
erforderlichen Bauvorlagen zu ermöglichen. Der Antragsgegner geht im Hinblick auf die
unter 1. bis 3. abzugebenden Erklärungen des Antragstellers davon aus, dass dieser
sich erklärungsgemäß verhalten wird. Sollte der Antragsteller indessen
baugenehmigungsbedürftige Baumaßnahmen aufnehmen, ohne dass die dafür
erforderlichen Baugenehmigungen erteilt sind, behält sich der Antragsgegner vor, diese
Maßnahmen durch für sofort vollziehbar erklärte Stillegungsverfügung unter Androhung
der Versiegelung für den Fall der Zuwiderhandlung nach Zustellung der
Bauordnungsverfügung zu untersagen."
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Darauf gingen die Beteiligten ein. Der Antragsgegner hob am 19. Juli 2007 alle
Versiegelungen in dem Gebäude Cstraße 130 auf. Der Antragsteller nahm den
vorläufigen Rechtsschutzantrag mit Schriftsatz vom 20. Juli 2007 zurück.
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In der Folgezeit fand am 27. Juli 2007 eine Ortsbesichtigung mit dem Antragsteller,
seiner Architektin, einem Statiker, einer Bediensteten des Amtes für Denkmalschutz des
Antragsgegners und zweier Mitarbeiter des Bauaufsichtsamtes statt. Die
Ortsbesichtigung diente der Bestandsaufnahme und Dokumentation des Zustandes des
Gebäudes Cstraße 130. Wegen des Ergebnisses wird auf den Aktenvermerk vom
30. Juli 2007 (Bl. 261, Beiakte Heft 4) verwiesen.
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Bei einer Ortsbesichtigung am 20. August 2007 nahm ein Bediensteter des
Antragsgegners auf, dass in einer Wohnung im 1. Obergeschoss des Hauses des
Antragstellers tragende Deckenbalken abgesägt und durch eine Neukonstruktion (zwei
neue Balken an Stelle der entfernten Teile) ersetzt worden waren. Mit
Ordnungsverfügung vom 21. August 2007 untersagte der Antragsteller weitere
Baumaßnahmen an der Deckenkonstruktion im ersten Obergeschoss des Gebäudes
Cstraße 130. Die Ordnungsverfügung ist Gegenstand des Klageverfahrens 4 K 4379/07.
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Bei einer Ortsbesichtigung am 29. August 2007 unterstützt durch polizeiliche Amtshilfe
stellten Bedienstete des Antragsgegners fest, dass auf der Rückseite des Hauses des
Antragstellers im Bereich des Nordflügels Estraße 73 Arbeiten zur Herstellung einer
neuen Dachgaube im Gange waren. Die Bauarbeiten wurden stillgelegt, die Zugänge
zu der Baustelle wurden versiegelt. Bestätigt wurden die Maßnahmen durch
Ordungsverfügung vom 30. August 2007. Die Ordnungsverfügung war Gegenstand des
vorläufigen Rechtsschutzverfahrens 4 L 1501/07 VG Düsseldorf 10 B 1723/07
OVGNW . Die Rechtsschutzanträge des Antragstellers blieben darin ohne Erfolg.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschlüsse des VG Düsseldorf vom
11. September 2007 und des OVG NW vom 16. November 2007 verwiesen. Am
11. September 2007 mussten die angebrachten Siegel erneuert bzw. wieder festgeklebt
werden, weil sie entfernt oder abgelöst worden waren, um Zugang zu der Baustelle zu
erhalten. Der Antragsgegner bestätigte die Versiegelung mit Schreiben vom
13. September 2007 erneut.
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Bei einer Ortsbesichtigung vom 15. Oktober 2007 bemerkten Bedienstete des
Antragsgegners, dass Bauarbeiten im 2. Obergeschoss des Hauses im
Zwischengeschoss zum Dachgeschoss und damit in einem versiegelten Bereich
stattfanden. Die Bauarbeiten wurden mündlich stillgelegt; die Bediensteten des
Antragsgegners brachten ergänzende Siegel an. Der dabei hinzu kommende
Antragsteller riss eines der Siegel ab und machte aus Sicht der Bediensteten des
Antragsgegners Anstalten zu einem tätlichen Angriff, so dass der Ortstermin
abgebrochen wurde. Mit Ordnungsverfügung vom 16. Oktober 2007 forderte der
Antragsgegner den Antragsteller auf, sämtliche Bauarbeiten in den Gebäuden
Cstraße 130 und Estraße 73 zu unterlassen. Die sofortige Vollziehung des Bescheides
wurde angeordnet. Der Antragsgegner drohte für jeden Verstoß ein Zwangsgeld in
Höhe von 1000, Euro an. Auf die Möglichkeit der Ersatzzwangshaft wurde hingewiesen.
Anlässlich der Übergabe der Ordnungsverfügung an die Ehefrau und
Zustellungsbevollmächtigte des Antragstellers wurde festgestellt, dass die Bauarbeiten
nicht unterbrochen worden waren. Im ganzen Haus waren sämtliche Siegel entfernt
worden. Bei einer Ortsbesichtigung am 18. Oktober 2007 bestätigte sich der Eindruck,
die Bauarbeiten würden fortgeführt. Es waren Wände eingezogen und weitere
Deckenbalken eingebaut worden. Bei einer Kontrolle am 25. Oktober 2007 waren
Decken und Wände fertiggestellt.
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Mit Ordnungsverfügung vom 18. Oktober 2007 hatte der Antragsgegner wegen
Zuwiderhandlung gegen die durch Ordnungsverfügung vom 16. Oktober 2007
angeordnete Stilllegung der Bauarbeiten gegen den Antragsteller ein Zwangsgeld in
Höhe von 1000, Euro festgesetzt. Dagegen hat der Antragsteller am 19. Oktober 2007
Klage erhoben (4 K 4692/07) und am gleichen Tag um vorläufigen Rechtsschutz
nachgesucht.
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Der Antragsteller hat gegen die Ordnungsverfügung vom 16. Oktober 2007 am
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16. November 2007 Klage erhoben (4 K 5126/07) und am gleichen Tag um vorläufigen
Rechtsschutz nachgesucht (4 L 1912/07). Der vorläufige Rechtsschutzantrag ist durch
Beschluss des Einzelrichters vom heutigen Tag zurück gewiesen worden.
Der Antragsteller beantragt wegen der Zwangsgeldfestsetzung,
19
die aufschiebende Wirkung der Klage 4 K 4692/07 gegen die
Zwangsgeldfestsetzung durch Verfügung des Antragsgegners vom
18. Oktober 2007 anzuordnen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten der (teils abgeschlossenen)
Parallelverfahren 4 K 4015/07 und 4 L 1501/07, 4 K 3908/07 und 4 L 1488/07,
4 K 5271/07 und 4 L 1958/07, 4 K 5126/07 und 4 L 1912/07 sowie auf 4 K 4379/07, auf
die beigezogene Akte des abgeschlossenen Verfahrens 4 L 770/07, auf die
Verwaltungsakten und auf die Hausakten für das Grundstück Cstraße 130/ Estraße 73,
sowie auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des zugehörigen
Klageverfahrens 4 K 4692/07 verwiesen.
23
II.
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Der Antrag ist unbegründet.
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Die Zwangsgeldfestsetzung beruht auf §§ 55 Abs. 1, 60 Abs. 1, 63 VwVG. Die
Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung sind erfüllt.
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1. Die Grundverfügung vom 16. Oktober 2007 ist wirksam zugestellt worden. Die
Zustellungsbevollmächtigte des Antragstellers (§ 7 VwVG), die Ehefrau O, hat die
Annahme der Ordnungsverfügung bei einem Versuch der persönlichen Übergabe am
16. Oktober 2007 gegen 12.00 Uhr verweigert. Der zustellende Bedienstete des
Antragsgegners hat in den Akten Zeitpunkt und Ort der verweigerten Annahme vermerkt,
ferner wer die Annahme verweigert hat und dass und wie die Ordnungsverfügung am
Ort der Zustellung zurück gelassen wurde (letztlich in den Händen von Frau O). Mit der
Annahmeverweigerung galt die Ordnungsverfügung als zugestellt (§ 5 Abs. 2 VwZG in
Verbindung mit § 179 ZPO).
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2. Die Grundverfügung war vollstreckbar, denn der Antragsgegner hatte sie für sofort
vollziehbar erklärt (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Auf ihre Rechtmäßigkeit kommt es nicht an.
Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Rechtsmittels gegen
die Grundverfügung wieder herzustellen, ist ohne Erfolg geblieben (siehe Beschluss
vom heutigen Tage in 4 L 1912/07).
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3. Die Ordnungsverfügung enthielt eine der Höhe nach auf 1000, Euro bestimmte
Zwangsgeldandrohung (§ 63 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 5 VwVG). Eine Fristsetzung war nicht
erforderlich, weil dem Antragsteller ein Unterlassen aufgegeben worden war.
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4. Der Antragsteller hat dem Verbot weiterer Bauarbeiten zuwider gehandelt. Das haben
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die Feststellungen von Bediensteten des Antragsgegners am 18. Oktober 2007
ergeben. Der Antragsteller räumt die Fortführung der Bauarbeiten in dem Gebäude
Cstraße 130/ Estr. 73 mit der Antragsschrift seiner (früheren) Prozessbevollmächtigten
vom 19. Oktober 2007 ein.
5. Die Zuwiderhandlung löst die Festsetzung des Zwangsmittels in der angedrohten
Höhe aus. Die Zahlungsfrist von drei Tagen ist nicht zu beanstanden (§ 64 Satz 1, § 60
Abs. 2 VwVG).
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 VwGO, die Streitwertfestsetzung folgt aus
§§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG. Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren wird nur ein
Bruchteil des in der Hauptsache streitbefangenen Zwangsgeldes angesetzt.
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