Urteil des VG Düsseldorf vom 17.05.2001
VG Düsseldorf: politische verfolgung, politische tätigkeit, demokratische republik kongo, anerkennung, ausländer, asylbewerber, voller beweis, freie wahlen, amnesty international, bevölkerung
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 23 K 8230/96.A
17.05.2001
Verwaltungsgericht Düsseldorf
23. Kammer
Urteil
23 K 8230/96.A
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht
erhoben werden.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Der Kläger ist nach eigenen Angaben Staatsangehöriger der Demokratischen Republik
Kongo (DR Kongo). Er stellte am 28. Mai 2001 einen Antrag auf Anerkennung als
Asylberechtigter.
Am 29. Mai 2001 hörte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge
(Bundesamt) den Kläger im Rahmen der Vorprüfung an. Dabei trug der Kläger zur
Begründung seines Asylbegehrens im Wesentlichen vor:
Er sei schon lange Sympathisant der UDPS. Schon 1992 sei er deshalb observiert und für
drei Wochen inhaftiert worden. Seit Juli 1995 habe er für seinen Schwager gearbeitet, der
Arzt im Camp Koloko gewesen sei. Sein Schwager habe Kontakt zur Opposition gehabt
und diese mit Waffen versorgt. Letzteres sei ihm jedoch nicht bekannt gewesen. Am 25.
März 1996 habe bei ihm eine Hausdurchsuchung stattgefunden und man habe zwei
Gewehre und leere Munitionskartons gefunden. Deshalb habe man ihn inhaftiert und bis
zum 6. Mai 1996 fest gehalten. Im Rahmen seiner Verhaftung habe man auch seine
Ehefrau misshandelt und vergewaltigt. Diese sei an den Folgen gestorben. Durch die Hilfe
eines Bekannten seiner Schwester sei er freigekommen und noch am selben Tag nach
Brazzaville gegangen. Von da sei er am 17. Mai über Luanda und Paris nach Köln
geflogen, wo er am 18. Mai 1995 angekommen sei.
Mit Bescheid vom 21. Juni 1996 lehnte das Bundesamt den Asylantrag ab und stellte fest,
dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes (AuslG) sowie
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dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes (AuslG) sowie
Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Gleichzeitig forderte das
Bundesamt den Kläger unter Androhung der Abschiebung nach Zaire (jetzt Demokratische
Republik Kongo) auf, das Gebiet der Bundesrepublik innerhalb eines Monats nach
unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen.
Der Bescheid wurde dem Kläger am 5. Juli 1996 zugestellt.
Am 15. Juli 1996 hat der Kläger gegen den Bescheid des Bundesamtes Klage erhoben, mit
der er sein Anerkennungsbegehren weiterverfolgt. Zur Begründung wiederholt er auf sein
Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend trägt er unter Vorlage einer
Bescheinigung vom 16. Juni 1998 vor: Wie bereits in Zaire sei er auch in Deutschland
Mitglied der UDPS.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 21. Juni 1996 zu
verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen sowie festzustellen, dass er die
Voraussetzungen der §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG erfüllt.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung beruft sie sich auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte,
die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes und der Ausländerbehörde
sowie die Erkenntnisse, auf die hingewiesen worden ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 21. Juni
1996 ist rechtmäßig, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter.
Ein Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigter besteht nach Art. 16a des
Grundgesetzes (GG), wenn der Asylbewerber die auf Tatsachen gegründete Furcht hegen
muss, in dem Land, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, in Anknüpfung an seine
politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare
Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielten Rechtsverletzungen ausgesetzt zu sein,
die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden staatlichen Einheit ausgrenzen.
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 23. Januar 1991 - 2 BvR 902/85 u.a. -, BVerfGE 83, 216 (230
ff.), und vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, DVBl 1990, 101.
Da das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asylgrundrecht grundsätzlich den
Kausalzusammenhang Verfolgung - Flucht - Asyl voraussetzt, muss sich die Ausreise bei
objektiver Betrachtung nach ihrem Erscheinungsbild als eine unter dem Druck erlittener
oder drohender Verfolgung stattfindende Flucht darstellen,
vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juli 1991 - 9 C 154.90 -, DVBl 1991, 1090; BVerfG, Beschluss
vom 20. Februar 1992 - 2 BvR 633/91 -, NVwZ 1992, 659.
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Daher können nach Sinn und Zweck des durch den Zufluchtsgedanken geprägten
Asylgrundrechts vom Asylbewerber nach Verlassen seines Heimatstaates aus eigenem
Entschluss geschaffene, so genannte subjektive Nachfluchtgründe in der Regel nur dann
zur Asylanerkennung führen, wenn sie sich als Ausdruck und Fortführung einer schon
während des Aufenthaltes im Heimatland vorhandenen und erkennbar betätigten festen
Überzeugung darstellen. Entsprechendes gilt, wenn sich der Ausländer bei Verlassen
seines Heimatlandes in einer latenten Gefährdungslage befunden hat.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. November 1988, BVerfGE 74, 51; BVerwG, Urteile vom 6.
April 1992, - 9 C 143.90 -, BVerwGE 90, 127, und vom 17. Januar 1989, - 9 C 56.88 -,
BVerwGE 81, 170.
Begründete Furcht vor politischer Verfolgung ist gegeben, wenn dem Asylbewerber bei
verständiger, nämlich objektiver Würdigung der gesamten Umstände seines Falles nicht
zuzumuten ist, in seinem Heimatland zu bleiben oder dorthin zurückzukehren. Einem
Asylbewerber, der sein Heimatland auf der Flucht vor erlittener oder drohender Verfolgung
verlassen hat, ist danach Asyl zu gewähren, wenn er vor erneuter Verfolgung nicht
hinreichend sicher sein kann (herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab). Ist der
Asylsuchende dagegen unverfolgt ausgereist, kommt seine Anerkennung nur in Betracht,
wenn ihm auf Grund von asylrelevanten Nachfluchtgründen politische Verfolgung mit
beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10. Juli 1998, DVBl 1990, 101 (105), vom 26. November
1986, - 2 BvR 1058/85 -, BVerfGE 74, 51 (64 ff.), und vom 15. März 1990, - 2 BvR 1196/89 -,
InfAuslR 1990, 197.
Eine bereits erlittene Verfolgung führt allerdings nur dann zu dem herabgestuften
Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wenn die bei einer Rückkehr in das Heimatland befürchtete
Verfolgung als Wiederholung der bereits erlittenen Verfolgung angesehen werden kann
und daher mit dieser im Zusammenhang steht,
vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 1982 - 9 C 308.81 -, BVerwGE 62, 250; Urteil vom 18.
Februar 1997 - 9 C 9.96 -, BVerwGE 104, 97; OVG NW, Beschluss vom 14. Mai 1999 - 4 A
2327/98.A.
Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für drohende staatliche Verfolgungsmaßnahmen kann
nur angenommen werden, wenn die für eine Verfolgung sprechenden Umstände bei
qualifizierender Betrachtungsweise ein größeres Gewicht als die gegen eine Verfolgung
sprechenden Tatsachen besitzen und deshalb für den Ausländer nach den
Gesamtumständen des Falles die reale Möglichkeit einer politischen Verfolgung bei
Rückkehr in sein Heimatland besteht,
vgl. BVerwG, Urteil vom 5. November 1991 - 9 C 118.90 -, BVerwGE 89, 162 (169 f.).
Die Anerkennung als Asylberechtigter setzt grundsätzlich voraus, dass die
asylbegründenden Tatsachen zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen sind. Da sich
der Asylbewerber insoweit häufig in einem sachtypischen Beweisnotstand befindet, genügt
für den Nachweis derjenigen Fluchtgründe, die ihren Ursprung außerhalb der
Bundesrepublik Deutschland - insbesondere im Heimatland des Asylbewerbers - haben, in
der Regel die Glaubhaftmachung; ein voller Beweis ist insoweit nicht zu fordern.
Vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1989 - 9 B 239/89 -, NVwZ 1990, 171.
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Dabei kommt dem persönlichen Vorbringen des Asylbewerbers besondere Bedeutung zu.
Zur Anerkennung kann schon allein der Tatsachenvortrag des Asylsuchenden führen,
sofern seine Behauptungen unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände in dem Sinn
glaubhaft sind, dass sich das Gericht von ihrer Wahrheit überzeugen kann. Der
Asylbewerber ist gehalten, seine Gründe für das Vorliegen einer politischen Verfolgung
schlüssig mit genauen Einzelheiten vorzutragen.
Vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. November 1985 - 9 C 27.85 -, InfAuslR 1986, S. 79.
Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann einem
Asylsuchenden nur geglaubt werden, wenn die Unstimmigkeiten überzeugend aufgelöst
werden.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1989 - 9 B 239/89 -, NVwZ 1990, 171.
Diese Voraussetzungen für eine Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter sind nicht
erfüllt.
Die vom Kläger behauptete Verfolgung sowie die Stellung des Asylantrages während der
Herrschaft des im Mai 1997 gestürzten Präsidenten Mobutu führen schon deshalb nicht zur
Asylanerkennung, weil eine Verfolgung aus diesen Gründen bei einer Rückkehr in die DR
Kongo mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist.
Dem Gericht liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Behörden der Regierung
Kabila Aktivitäten im Heimatland oder im Ausland gegen das von Laurent Desire Kabila
gestürzte Regime Mobutu oder die Stellung eines Asylantrages während dessen Herrschaft
zum Anlass nehmen könnten, gegen Rückkehrer in asylrechtlich relevanter Weise
vorzugehen. Vielmehr verstand sich die Regierung von Laurent Desire Kabila als völliger
Bruch des alten Herrschaftssystems. Sie hat die alten Strukturen zerschlagen und durch
neue ersetzt, auch wenn teilweise auf unterer und mittlerer Ebene Mitarbeiter des alten
Systems übernommen wurden, soweit sie sich gegenüber der neuen Regierung loyal
verhalten.
Vgl. Auswärtiges Amt (AA), Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der
Demokratischen Republik Kongo (Lagebericht) vom 18.9.1997, S. 2; vom 7. Mai 1999, S. 4
ff. und S. 28 f.; vom 23.3.200 S. 8; Institut für Afrika- Kunde, Stellungnahme vom 14. Juli
1997 gegenüber VG Sigmaringen.
Dafür dass sich diese Verhältnisse unter Joseph Kabila, der nach dem Tod Laurent Desire
Kabilas am 16. bzw. 17. Januar 2001 erst am 26. Januar 2001 als neuer Präsident der DR
Kongo vereidigt wurde, verändert haben, sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.
Eine politische Verfolgung des Kläger wegen oppositioneller Aktivitäten gegen das Regime
Mobutus ist daher mit hinreichender Sicherheit auszuschließen,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. November 1999 - 4 A 3240/95.A -, S. 4 f. des Abdrucks,
Urteil vom 18. Oktober 2000 - 11 A 1307/95.A -, S. 10f des Abdrucks; Niedersächsisches
OVG, Urteil vom 8. Mai 1998, - 1 L 1690/96 -, S. 8 f. des Abdrucks; OVG Rheinland-Pfalz,
Urteil vom 3. April 1998 - 10 A 10902/97.OVG - S. 6 ff. des Abdrucks; VG Düsseldorf, Urteil
vom 30. April 1998 -8 K 11701/96.A-, S. 5 f. des Abdrucks; Urteil vom 2. August 1999 - 23 K
7384/96.A -, S. 9 des Abdrucks.
Die vom Kläger vorgetragene politische Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland
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gegen die Regierung Kabila begründet ebenfalls keinen Anspruch auf die Anerkennung als
Asylberechtigter.
Dabei geht das Gericht nach Würdigung des Vorbringens des Klägers davon aus, dass ihm
hinsichtlich der von ihm befürchteten Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung
gegen die Regierung Kabila nicht der für Vorverfolgte geltende herabgestufte
Wahrscheinlichkeitsmaßstab zugute kommt, sodass eine Anerkennung nur erfolgen kann,
wenn die befürchtete Verfolgung beachtlich wahrscheinlich ist. Denn die befürchtete
Verfolgung wegen exilpolitischer Betätigung gegen die Regierung Kabila kann nicht als
Wiederholung der nach Darstellung des Klägers bereits erlittenen Verfolgung angesehen
werden.
Eine erlittene Verfolgung rechtfertigt nur dann die Anwendung des herabgestuften
Maßstabs der hinreichenden Sicherheit vor einer Verfolgung, wenn sie Indizwirkung für
eine künftige Verfolgung hat. Dafür ist wiederum der Grund entscheidend, der zu der
vergangenen Verfolgung geführt hat,
vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 1982 - 9 C 308.81 -, BVerwGE 65, 250; OVG NW,
Beschluss vom 14. Mai 1999 - 4 A 2327/98.A.
Ein den herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab rechtfertigendes fortdauerndes
Wiederholungsrisiko besteht im Rahmen einer Verfolgung wegen politischer Aktivitäten
dann nicht, wenn die befürchtete künftige Verfolgung gegen eine neue, auf andere
politische Ziele oder Inhalte gerichtete politische Betätigung zielt,
vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Februar 1997 - 9 C 9.96 -, BVerwGE 104, 97; OVG NW,
Beschluss vom 14. Mai 1999 - 4 A 2327/98.A.
Ob eine politische Tätigkeit, die möglicherweise zu einer Verfolgung führt, als auf andere
Ziele und Inhalte gerichtet anzusehen ist, muss im Einzelfall nach dem objektiven Grund für
die behauptete Vorverfolgung einerseits und die im Falle der Rückkehr ins Heimatland
befürchtete Verfolgung andererseits beurteilt werden und nicht nach den inneren Motiven,
die den Asylantragsteller zum politischen Handeln veranlasst haben. War der Grund für die
erlittene Verfolgung die Opposition gegen eine bestimmte Regierung, die durch eine neue
ersetzt worden ist, so kommt es darauf an, ob für die neue Regierungsgewalt eine
oppositionelle Tätigkeit gegen das alte Regime im Rahmen der befürchteten Verfolgung
von Bedeutung ist. Denn nur dann, wenn die Tätigkeit gegen das alte Regime die
Verfolgungswahrscheinlichkeit durch die neue Regierung erhöht, kann davon
ausgegangen werden, dass die erlittene Verfolgung Indizwirkung für die befürchtete
künftige Verfolgung hat.
Anhaltspunkte dafür, dass die Regierung Kabila, die sich gegenüber der Regierung des
Präsidenten Mobutus als völliger Neuanfang versteht (siehe oben), eine oppositionelle
Haltung gegen das von ihr mit Waffengewalt gestürzte alte Regime zum Anlass nehmen
könnte, auf gegen sich selbst gerichtete politische Aktivitäten eher oder härter zu reagieren,
bestehen grundsätzlich nicht. Vielmehr sprach schon das bisherige Verhalten von Laurent
Desire Kabila gegenüber den oppositionellen Kräften der Mobutu-Ära gegen die
Einschätzung, eine oppositionelle Haltung gegen das Mobuturegime erhöhe das Risiko
einer Verfolgung durch Präsident Kabila und dessen Sicherheitsapparat. So hat Laurent
Desire Kabila alle im Ausland lebenden ehemaligen Gegner des Mobuturegimes
aufgefordert, in die DR Kongo zurückzukehren, um am Wiederaufbau des Landes
teilzunehmen. Außerdem hat er Mitglieder einer Reihe von Parteien, die sich sowohl im
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ehemaligen Zaire als auch im Ausland gegen Mobutu engagiert haben, in seine Regierung
aufgenommen (z.B. aus der UDPS, dem MNC/L, der FP).
Vgl. AA, Lagebericht vom 7. Mai 1999, S. 28 f.; Auskunft vom 27. Februar 1998, 514-
516.80/30476; Institut für Afrika- Kunde, Stellungnahmen an VG Düsseldorf vom 12.
November 1997 und 13. Januar 1999.
Auf diesem Hintergrund spricht auch der Umstand, dass andererseits Mitglieder derselben
Parteien im Zusammenhang mit Protestbekundungen gegen die Regierung Kabila
Übergriffen seitens der Sicherheitskräfte ausgesetzt waren,
Vgl. AA, Lageberichte vom 29. Mai 1998, S. 11 ff., 4. Dezember 1998, S. 13 ff, 7. Mai 1999,
S. 11 ff. und 23.3.2000, S. 12 ff.,
nicht etwa für ein erhöhtes Verfolgungsrisiko von Mitgliedern der alten - und zum Teil
zugleich auch neuen - Oppositionsparteien. Es macht vielmehr deutlich, dass Grund für
Verfolgungsmaßnahmen durch das Regime von Laurent Desire Kabila weder die in der
Vergangenheit gegenüber dem Regime Mobutos eingenommene oppositionelle Haltung
oder die am Regierungsstil bzw. der Person Mobutos geäußerte Kritik noch die von
einzelnen Personen oder konkreten Verhältnissen unabhängige politische
Grundüberzeugung einer Person ist, sondern vielmehr die nach außen mit Nachdruck
kundgegebene Ablehnung der Verhaltens- und Regierungsweise Kabilas. Insofern muss
auch die Gefahr einer Verfolgung von Rückkehrern als ausschließlich von ihrer Haltung
gegenüber der Person und dem Regime Kabilas abhängig angesehen werden. Die vom
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen aufgeworfene Frage, ob der
Einsatz für Demokratie und Menschenrechte unter der Herrschaft Mobutus angesichts der
Politik Kabilas ein erhöhtes Wiederholungsrisiko indiziert,
vgl. OVG NW, Beschluss vom 14. Mai 1999 - 4 A 2327/98.A -
ist daher in der Regel zu verneinen.
so im Ergebnis auch VGH BaWü, Urteil vom 17. November 1999 - A 13 S 2844/95 - S. 8 ff
des Abdrucks; VG Aachen, Urteil vom 18. Februar 1998 - 3 K 188/94.A -, VG Düsseldorf,
Urteil vom 30. April 1998 - 8 K 11701/96.A -.
Ob eine andere Bewertung zu erfolgen hat, wenn ein aktiver Gegner des Mobuturegimes
als kämpferische Persönlichkeit allgemein bekannt und deshalb aus Sicht der Regierung
Kabila entweder zur Kooperation zu veranlassen oder zu neutralisieren ist,
vgl. VG Düsseldorf, a.a.O.,
kann dahinstehen, da der Kläger eine derartig herausgehobene politische Tätigkeit in
ihrem Heimatland nicht behauptet hat. Ebenso wenig sind dem Vortrag des Klägers
sonstige Besonderheiten zu entnehmen, die Ansatzpunkt dafür sein könnten, abweichend
von den obigen Ausführungen einen inneren Zusammenhang zwischen der vom Kläger
behaupteten Vorverfolgung und der von ihm bei Rückkehr in die DR Kongo befürchteten
Verfolgung anzunehmen.
Diese Einschätzung hat auch nach dem Tod Laurent Desire Kabilas und der Ernennung
seines Sohnes Joseph Kabila zum neuen Präsidenten weiterhin Bestand. Denn es sind
bisher keinerlei Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass sich Joseph Kabila dem von seinem
Vater gestürzten Regime Mobutu in besonderer Weise verbunden fühlt und er deshalb eine
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oppositionelle Haltung zu diesem Regime zum Anlass für Verfolgungsmaßnahmen
nehmen würde oder zumindest daraus auf eine Gegnerschaft zu seiner Regierung
schließen würde.
Eine politische Verfolgung des Klägers auf Grund seiner exilpolitischen Tätigkeit gegen die
Regierung Kabila ist nicht beachtlich wahrscheinlich. Die vom Kläger vorgetragenen
exilpolitischen Aktivitäten begründen nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr
einer politischen Verfolgung bei einer Rückkehr in die DR Kongo.
Über die Behandlung von Asylbewerbern, die im Ausland gegen die Regierung Kabila tätig
sind, liegen der Kammer keine unmittelbaren Erkenntnisse vor. Insbesondere gibt es
nahezu keine Erkenntnisse über Personen, die nach oppositionellen Aktivitäten gegen die
Regierung Kabila in die DR Kongo zurückgekehrt sind,
vgl. AA, Lagebericht vom 29. Mai 1998, S. 19; Auskunft vom 7. Dezember 1998, 514-
516.80/31770; Institut für Afrika- Kunde, Stellungnahme vom 13. Januar 1999 gegenüber
VG Düsseldorf; amnesty international (ai), Stellungnahme vom 21. Januar 1998, AFR 62-
97.222, S. 5.
Bekannt geworden sind Berichte über die Verhaftung von zwei Mitgliedern der MNC/L-
Coholico nach ihrer Rückkehr aus dem Exil am 1. Juli 1997,
vgl. Stefan Keßler, Die aktuelle Lage in der Demokratischen Republik Kongo, Stand: 27.
November 1997; ai, Stellungnahme vom 21. Januar 1998, AFR 62-97. 222; Institut für
Afrika-Kunde, Stellungnahme vom 12. November 1997 gegenüber VG Düsseldorf.
Dieser Vorfall ist aber schon deshalb nicht verallgemeinerungsfähig, weil es sich zum
einen um Führungsmitglieder dieser Partei und zum anderen um alte Kampfgefährten
Kabilas gehandelt haben soll, die die AFDL seit langem unterstützt, dann aber kurz vor
ihrer Einreise Kabila scharf kritisiert haben sollen,
vgl. Stefan Keßler, a.a.O.
Ähnlich dürfte die Verhaftung des stellvertretenden Vorsitzenden der kleineren und bisher
mit der AFDL verbündeten Partei 'Alliance nationale des democrates pour la reconstruction'
(ANADER), Kumbu Kumbel, einzustufen sein, der Mitte Mai 1997 aus seinem Schweizer
Exil nach Lubumbashi zurückkehrte, um dort die zukünftigen Beziehungen seiner Partei zur
neuen Regierung zu besprechen,
vgl. ai, Stellungnahme vom 4. September 1997, AFR 62- 97.182; Institut für Afrika-Kunde,
Stellungnahme vom 12. November 1997 gegenüber VG Düsseldorf.
Auch die vorübergehende Verhaftung von Teilnehmern einer von einer
Nichtregierungsorganisation organisierten 'Konferenz für den Frieden' in Südafrika bei ihrer
Rückkehr am Flughafen N'Dijli am 14. März 1999 dürfte wenig aussagekräftig für die
Prognose der Behandlung aus Europa zurückkehrender, exilpolitisch tätiger Asylbewerber
sein. Denn bei den Verhafteten (ein Mitglied der Partei 'Front Patriotique' (FP), die
Vorsitzende einer kongolesischen Frauenvereinigung sowie die Herausgeber zweier
kongolesischer Tageszeitungen) handelte es sich zum einen um Personen, die bereits in
der DR Kongo lebten und das Land lediglich zur Teilnahme an dieser Konferenz verlassen
hatten, und zum anderen waren diese auf dem afrikanischen Kontinent stattfindende
Veranstaltung von der Regierung bereits im Vorfeld als 'Verschwörung' und deren
kongolesische Teilnehmer als 'Verräter an der Nation' bezeichnet worden.
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Vgl. ai, Stellungnahme vom 22.4.1999, AFR 62-98.200; AA, Lagebericht vom 7. Mai 1999,
S. 14.
Wie diese Reaktionen der kongolesischen Regierung bereits im Vorfeld der Veranstaltung
zeigen, dürfte dieser Veranstaltung zudem schon auf Grund der räumlichen Nähe ihres
Veranstaltungsortes zur DR Kongo sowie auf Grund des direkten Zusammenhangs mit den
im August 1998 in der DR Kongo ausgebrochenen kriegerischen Auseinandersetzungen
unter Beteiligung verschiedener weiterer afrikanischer Staaten und den Bemühungen auch
anderer afrikanischer Staaten um Beilegung des Konflikts eine mit gewöhnlichen
exilpolitischen Veranstaltungen in Europa nicht vergleichbare, unmittelbar in der DR Kongo
spürbare Außenwirkung zugekommen sein.
Fehlt es damit an aussagekräftigen Referenzfällen über die Behandlung aus Europa
abgeschobener Asylbewerber, kann die Einschätzung der Verfolgungsgefahr wegen
exilpolitischer Aktivitäten daher nur auf Grund der sonstigen Erkenntnisse über die Politik
der Regierung Kabila und ihr Verhalten gegenüber der Opposition in der DR Kongo
erfolgen.
Das Gericht geht davon aus, dass die Regierung Kabila bisher das Verbot einer politischen
Betätigung außerhalb der wenigen, nach dem neuen Parteiengesetz zugelassenen
Parteien in ihrem Machtbereich durchgesetzt, insbesondere öffentliche Veranstaltungen,
Demonstrationen und sonstige Protestaktionen gewaltsam verhindert oder aufgelöst und
Teilnehmer verhaftet oder misshandelt hat. Weiterhin wurden Führungsmitglieder, die sich
nicht an das Verbot politischer Betätigung gehalten haben, sowie Mitglieder von
Menschenrechtsorganisationen in erheblichem Umfang in Haft genommen und zum Teil
misshandelt. Darüber hinaus ist es trotz des Bestehens weit gehender Pressefreiheit, auf
Grund derer in den früher als Oppositionszeitungen bekannten Zeitungen
Oppositionsparteien, Kirchen, Gewerkschaften und andere gesellschaftliche Gruppen ihre
politischen und gesellschaftlichen Vorstellungen sowie ihre Kritik an der AFDL sowie der
Regierung einschließlich der Person Kabilas in breitem Rahmen artikulieren, auch in nicht
unerheblichem Umfang zu Verhaftungen und Einschüchterungen von Herausgebern und
Redakteuren regimekritischer Zeitungen gekommen. Verfolgungsmaßnahmen gegen
Mitglieder oppositioneller politischer Parteien, die selbst keine Aktivitäten gegen die
Regierung Kabila entfalten, sind aber nicht bekannt geworden.
Vgl. AA, Lagebericht vom 7. Mai 1999, S. 11 ff; vom 23.3.2000, S. 12 ff.; vom 5.5.2001, S.
11 ff.; ai, Stellungnahmen vom 22. April 1999, AFR 62-98.200, und vom 21. Januar 1998,
AFR 62-97.222; Institut für Afrika-Kunde, Stellungnahme vom 13. Januar 1999 gegenüber
VG Düsseldorf.
Das Vorgehen der Regierung Kabila gegen die im Inland tätige Opposition kann allerdings
nicht ohne weiteres auf exilpolitische Aktivitäten übertragen werden. Es ist vielmehr zu
berücksichtigen, dass es der Kabila-Administration darum geht, ihren alleinigen
Machtanspruch in der DR Kongo durchzusetzen, der allerdings nicht nur von der
politischen Opposition, sondern insbesondere durch den im August 1998 ausgebrochenen
bewaffneten Konflikt mit den Rebellenorganisationen in Frage gestellt wird. Kommt es auf
Grund dessen im Zusammenhang von Demonstrationen oder Kundgebungen zu
Übergriffen auch auf einfache Parteimitglieder und Veranstaltungsteilnehmer, zeigt
dennoch das wiederholte Vorgehen gegen politische Persönlichkeiten wie etwa Etienne
Tshisekedi, Zahidi Ngoma und Josef Olenghankoy,
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vgl. AA, Lagebericht vom 29.5.1998, S. 13 ff, vom 4.12.1998, S. 15 ff. und vom 23.3.2000 S.
13; Auskunft der Dt. Botschaft Kinshasa vom 17.2.2000, RK 516.80 SE 35541,
ein differenziertes, an der Bedeutung und Gefährlichkeit der einzelnen Personen
orientiertes Vorgehen.
Auf diesem Hintergrund lässt sich schlussfolgern, dass eine oppositionelle Betätigung im
Ausland, die nicht unter dem Druck einer unmittelbar drohenden Verfolgung, sondern im
zumindest vorläufig sicheren Exil ausgeübt wird, und die auch asyltaktisch motiviert sein
kann, aus der Sicht der Regierung wenig relevant ist. Sie ist nämlich - anders als die
Tätigkeit im Heimatland - regelmäßig nicht Ausdruck einer kämpferischen, mit großem
persönlichen Einsatz verfochtenen Haltung, für die auch schwere Nachteile in Kauf
genommen werden. Einfache oppositionelle Handlungen wie die Mitgliedschaft in einer
Exilorganisation einschließlich der Leitungsfunktionen auf unteren Ebenen, Teilnahme an
internen und öffentlichen Veranstaltungen sowie Demonstrationen, das Verfassen kritischer
Schreiben an Präsident Kabila bzw. sonstige kongolesische oder deutsche staatliche oder
politische Institutionen, listenmäßige Unterschriften bei Aufrufen, Petitionen und offenen
Briefen stellen weder den Herrschaftsanspruch Kabilas ernsthaft gefährdende Aktivitäten
dar noch dokumentieren sie eine aus der Sicht der Regierung Kabila gefährliche Haltung,
die bei der Rückkehr bekämpft werden muss.
Vgl. AA, Auskunft vom 4. Januar 1999, 514-516.80/ 31976; Lageberichte vom 7. Mai 1999,
S. 23, vom 23. März 2000, S. 21 f. und vom 5.5.2001, S. 18.
Vgl. hinsichtlich der rechtlichen Würdigung auch:
OVG NRW, Urteil vom 10. Oktober 2000 - 11 A 1307/95.A - S. 11 ff. des Abdrucks; OVG
Lüneburg, Urteil vom 8. Mai 1998 -1 L 1690/96-, S. 13 ff. des Abdrucks; VGH BaWü, Urteil
vom 17. November 1999 - A 13 S 2844/95 -, S. 25 ff. des Abdrucks; VG Düsseldorf, Urteil
vom 30. April 1998 - 8 K 11701/96.A -, S. 7 ff. des Abdrucks; Urteil vom 2. August 1999 - 23
K 7384/96.A, S. 16 des Abdrucks; VG Aachen, Urteil vom 18. Februar 1998, - 3 K 188/94.A
-, S. 9 ff. des Abdrucks.
Anhaltspunkte dafür, dass auf Grund des Tods von Laurent Desire Kabila und der
Übernahme des Präsidentenamtes durch seinen Sohn Joseph Kabila mit einem
verschärften Vorgehen gegen exilpolitisch tätige Kongolesen zu rechnen ist, sind nicht
erkennbar. Wie sich aus der allgemeinen Presseberichterstattung ergibt, hat Joseph Kabila
vielmehr anlässlich seiner Vereidigung sowie verschiedener Auslandsbesuche den Willen
bekundet, die Beendigung der kämpferischen Auseinandersetzungen mit den Rebellen
durch Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen anzustreben und nach
Wiederherstellung der territorialen Einheit das Gespräch mit allen politischen Kräften zu
suchen und freie Wahlen abzuhalten. Er hat sowohl gegenüber OAU als auch anlässlich
eines Besuchs in den Vereinigten Staaten von Amerika gegenüber der UNO
Kooperationsbereitschaft signalisiert. Auch wenn diese bloßen Ankündigungen zunächst
keine hinreichende Grundlage für die Annahme einer Rückkehr zu annähernd
rechtsstaatlichen Verhältnissen in der DR Kongo sein kann, lassen dennoch weder das
bisherige Verhalten Joseph Kabilas noch die im Wesentlichen unveränderte allgemeine
Lage in der DR Kongo Anzeichen für ein verschärftes Vorgehen gegen die exilpolitische
Szene bzw. gegen Rückkehrer erkennen, die sich in Europa exilpolitisch betätigt haben.
Da sich der Vortrag des Klägers hinsichtlich seiner exilpolitischen Aktivitäten auf den
Hinweis aus seine Mitgliedschaft im UDPS-Ortsverband xxxxxxxxxxxxxxx beschränkt, sind
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Anhaltspunkte dafür, dass sein Engagement den Rahmen einfacher oppositioneller
Handlungen in dem oben dargelegten Sinn überschreitet, nicht erkennbar. Es kann von
daher nicht festgestellt werden, dass ihm im Falle seiner Rückkehr mit beachtlicher
Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung
des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG.
Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in
dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit,
seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen
Überzeugung bedroht ist.
Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebeverbotes im
Sinne dieser Vorschrift sind denjenigen für eine Anerkennung als Asylberechtigter gemäß
Art. 16a GG hinsichtlich der erforderlichen Verfolgungshandlung, des geschützten
Rechtsgutes und des politischen Charakters der Verfolgung deckungsgleich. Auch gelten
für die Beurteilung der Verfolgungsgefahr dieselben Prognosemaßstäbe wie für die
Asylanerkennung.
Der Kläger hat daher aus den oben dargelegten Gründen auch keinen Anspruch auf die
Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.
Schließlich ist auch die auf Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung der
Voraussetzungen des § 53 AuslG gerichtete Klage nicht begründet. Abschiebehindernisse
nach § 53 AuslG bestehen nicht.
Ein Ausländer darf gemäß § 53 Abs. 1, 2 und 4 AuslG nicht in einen Staat abgeschoben
werden, in dem ihm Folter, Todesstrafe oder die Verletzung seiner Menschenrechte mit
beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Ferner kann von einer Abschiebung abgesehen
werden, wenn dem Ausländer einer erhebliche (individuelle) Gefahr für Leib, Leben oder
Freiheit droht (§ 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG).
Aus den vorstehenden Ausführungen zu § 51 Abs. 1 AuslG folgt, dass auch
Abschiebehindernisse nach § 53 Abs. 1, 3, 4 AuslG nicht vorliegen.
Der Kläger kann sich auch nicht auf ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1
AuslG berufen.
Gemäß § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG kann von der Abschiebung eines Ausländers in einen
anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für den Ausländer eine erhebliche konkrete
Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht, wobei allerdings Gefahren, denen die
Bevölkerung allgemein ausgesetzt ist, gemäß § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG in der Regel nicht
zu berücksichtigen sind. Nur dann, wenn Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1 bis 4
und dem Wortlaut des Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht bestehen, der Ausländer aber gleichwohl
nicht ohne Verletzung höherrangigen Verfassungsrechts abgeschoben werden kann, ist
durch verfassungskonforme (erweiternde) Auslegung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG wegen
allgemeiner Gefahren Abschiebungsschutz zu gewähren. Dies setzt allerdings voraus,
dass im Zielstaat eine extreme allgemeine Gefahrenlage besteht, die jeden einzelnen
Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod
oder schwersten Verletzungen ausliefern würde.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1995 - 9 C 15.95 - NVwZ 1996, 476.
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Bezüglich des Wahrscheinlichkeitsmaßstabes der drohenden schweren Gefahren ist daher
nicht der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, sondern ein erhöhter
Maßstab anzuwenden,
vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 1996, - 1 C 6.95 -, InfAuslR 1997, 193 (197).
Bei Anwendung dieser Grundsätze kann ein Abschiebehindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1
AuslG nicht festgestellt werden.
Eine konkrete erhebliche individuelle Gefahr besteht aus den oben dargelegten Gründen
nicht.
Ebenso wenig kann das Vorliegen einer extremen allgemeinen Gefahrenlage in dem oben
dargestellten Sinn festgestellt werden.
Zwar hat sich die schon vor der Machtübernahme durch Kabila schlechte wirtschaftliche
Situation in der DR Kongo/Zaire jedenfalls seit dem Ausbruch der kriegerischen
Auseinandersetzungen mit den Rebellenverbänden zunehmend verschlechtert. Durch die
Besetzung großer Teile des Landes im Osten von den Rebellenverbänden sind auch
wichtige inländische Handelsverbindungen unterbrochen worden. Demgemäß wird die
Versorgungslage auf Grund bestehender Lebensmittelknappheit insbesondere in der
Hauptstadt Kinshasa als sehr angespannt bezeichnet, sodass dort auch zunehmend Fälle
von Unterernährung zu verzeichnen sind. Ebenso hat sich die soziale Lage der
Bevölkerung auch infolge der hohen Arbeitslosigkeit und der fortlaufenden
Preissteigerungen erheblich verschlechtert.
Vgl. AA, Lageberichte vom 7. Mai 1999, S. 1 und 31; vom 23. März 2000, S. 28f.; vom
5.5.2001 S. 6 und 22; Auskunft vom 28. Mai 1999, 514-516.80/33635; Institut für Afrika-
Kunde, Stellungnahme vom 13. Januar 1999 gegenüber VG Düsseldorf.
Muss daher eine fortschreitende Verschlechterung der allgemeinen und sozialen Lage in
Kinshasa festgestellt werden, so vermag das Gericht dennoch angesichts der in der DR
Kongo gegenwärtig bestehenden namentlich wegen der kriegerischen
Auseinandersetzungen sich verschärfenden allgemeinen Lebensumstände, denen die
Bevölkerung in ihrer Gesamtheit unterliegt, keine so extreme allgemeine und konkrete
Gefahr zu erkennen, dass der Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland gleichsam
sehenden Auges dem sicheren Tod oder einer schweren Gefahr für seine Gesundheit
ausgeliefert würde.
Zwar ist auch nach der aktuellen Einschätzung des Auswärtigen Amtes mittlerweile selbst
die Grundversorgung der Bevölkerung gefährdet. Jedoch wird zugleich auf die
Bemühungen der Bevölkerung verwiesen, durch individuellen Initiativen, etwa auch von
Frauen und Kindern betriebener Kleinsthandel und eine Art urbaner Mikroagrarwirtschaft -
dies selbst auf fremden Grundstücken und Grünflächen innerhalb der Stadt -, und
wechselseitige Unterstützung innerhalb der (Groß-)Familie die Grundversorgung mit
Lebensmitteln zu sichern. Wenn auch dies nicht immer das Ausbleiben individueller Härten
garantieren kann,
vgl. AA, Lagebericht vom 5.5.2001, a.a.O.,
vermag das Gericht auf diesem Hintergrund dennoch eine konkrete Lebens- oder
schwerste Leibesgefahr für jeden Rückkehrer nicht zu erkennen.
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Auch aus den kriegerischen Auseinandersetzungen im Osten der DR Kongo erwachsen
keine extremen Gefahren für den Kläger.
Nachdem die Angriffe der durch Militäreinheiten verbündeter afrikanischer Staaten
unterstützten Rebellenverbände faktisch zu einer Teilung des Landes geführt haben,
konnte auch durch die Waffenstillstandsvereinbarung von Lusaka vom 10. Juli 1999 keine
dauerhafte Befriedung des Landes erreicht werden. In verschiedenen Provinzen ist es auch
nach dem Waffenstillstandsabkommen wiederholt zu kleineren Kampfhandlungen
zwischen den kongolesischen Streitkräften und deren Verbündeten einerseits und den
Soldaten der beiden Rebellenbewegungen und den sie unterstützenden ausländischen
Verbänden andererseits als auch zu kriegerischen Auseinandersetzungen etwa mit Milizen
der Mai-Mai oder der im Land verbliebenen Hutu gekommen.
Vgl. AA, Auskunft vom 28. Mai 1999, 514-516.80/33635; Lagebericht vom 23. März 2000, S.
19 f.; Institut für Afrika- Kunde, Stellungnahme vom 13. Januar 1999 gegenüber VG
Düsseldorf.
Darüber hinaus sind insbesondere aus den von den Rebellen besetzten Gebieten des
Landes wiederholt zum Teil ethnisch motivierte Übergriffe auf die Bevölkerung bekannt
geworden,
vgl. AA, Lageberichte vom 7. Mai 1999, S. 9 f., 18 f., 28; vom 4. Dezember 1998 S. 31 f.;
vom 23. März 2000, S. 20 f.; ai, Stellungnahme vom 22. April 1999, AFR 62-98.200, S. 3.
Ob die insbesondere seit dem Tod von Laurent Desire Kabila und der Einsetzung von
Joseph Kabila als neuen Präsidenten erkennbaren Ansätze für eine Umsetzung der
Vereinbarungen des Abkommen von Lusaka und verschiedener UN-Resolutionen,
vgl. AA, Lagebericht vom 5.5.2001, S. 6,
zu einer realen Verbesserung der Sicherheitslage für die Bevölkerung führen werden, ist
zum augenblicklich noch nicht abzusehen.
Ungeachtet dessen lässt sich allerdings eine für das gesamte Land geltende, konkrete und
gravierende Gefährdung der Bevölkerung der DR Kongo, Opfer der kriegerischen
Auseinandersetzungen zu werden, nicht feststellen.
So im Ergebnis aus: OVG NW, a.a.O., S. 6 des Abdrucks.
Die Androhung der Abschiebung ist somit rechtmäßig. Sie entspricht den in §§ 34 Abs. 1
AsylVfG, 50 AuslG getroffenen Regelungen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO
i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.