Urteil des VG Düsseldorf vom 06.11.2008

VG Düsseldorf: grundstück, auskunft, gebühr, datum, verkehrswert, kostenvoranschlag, stadt, teilung, berechnungsgrundlage, begünstigung

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 4 K 3970/08
Datum:
06.11.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 3970/08
Tenor:
Der Gebührenbescheid des Beklagen vom 29. April 2008 wird insoweit
aufgehoben, als darin ein höherer Betrag als 5152,70 Euro festgesetzt
ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 90%, der Beklagte zu
10%.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die
Vollstreckungsschuldner dürfen die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubiger vorher
Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand:
1
Die Klägerin erbat von dem Beklagten unter dem 17. März eine Auskunft über die
Kosten der Teilung des Grundstücks U Str. 000 in E, G1, Flur 20, Flurstück (seinerzeit)
192. Der Beklagte gab in einer Auskunft vom 29. März 2007 die Vermessungskosten für
eine Teilungsvermessung einschließlich Mehrwertsteuer mit 3332,00 Euro an. Obwohl
die Klägerin die Berechnung monierte, weil der Beklagte einen Bodenrichtwert von ca.
250,- Euro angenommen hatte, den sie für überhöht hielt, bekam der Beklagte den
Auftrag am 24. April 2007 ("Teilungsantrag L").
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Der Beklagte fertigte am 24. April 2007 einen amtlichen Lageplan, beantragte namens
der Klägerin und ihres Ehemannes unter dem gleichen Datum die
Teilungsgenehmigung nach § 8 BauO NRW für das Grundstück bei dem Amt für
Baurecht und Bauberatung der Stadt E, beendete die örtlichen Vermessungsarbeiten
am 25. April 2007 und führte am 4. Mai 2007 den Grenztermin durch.
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Die Teilungsgenehmigung war der Klägerin und ihrem Ehemann schon mit Bescheid
vom 27. April 2007 erteilt worden. Am 5. Juli 2007 (bekannt gegeben durch Bescheid
vom 10. Juli 2007) wurde das geteilte Grundstück in das Liegenschaftskataster
übernommen. Die beiden neu entstandenen Parzellen erhielten die Flurstücksnummern
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974 und 975.
Mit Gebührenbescheid Nr. 8262 vom 29. April 2008 zog der Beklagte die Klägerin zu
Vermessungsgebühren in Höhe von insgesamt, einschließlich Mehrwertsteuer, 5420,45
Euro heran. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf die Aufstellung der
Einzelbeträge in dem Gebührenbescheid verwiesen.
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Die Klägerin bat wegen der Abweichung von der ihr zuvor gegebenen Kostenauskunft
unter dem 6. Mai 2008 um Aufklärung, am 29. Mai 2008 hat sie Klage erhoben.
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Der Beklagte hat wegen einer aus seiner Sicht unrichtigen Berechnung der Gebühr mit
Gebührenbescheid vom 18. Juni 2008 einen Betrag von brutto 476,- Euro
nachveranlagt. Dagegen hat die Klägerin am 18. Juli 2008 Klage erhoben (vormals 4 K
5164/08).
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Die Klägerin beantragt,
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die Gebührenbescheide des Beklagten vom 29. April 2008 (Nr. 8262, 5420,45
Euro) und vom 18. Juni 2008 (Nr. 8309, 476,00 Euro) insoweit aufzuheben, als
darin insgesamt mehr als 3332,00 Euro festgesetzt worden sind.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
von dem Beklagten vorgelegten Vermessungs- und Veranlagungsakte, im Übrigen auf
den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist zum Teil begründet.
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1. Der Beklagte hat die Klägerin durch die beiden angefochtenen Gebührenbescheide
vom 29. April 2008 und 18. Juni 2008 insgesamt zu Vermessungsgebühren von
(5420,45 Euro plus 476,00 Euro=) 5896,45 Euro (einschließlich Mehrwertsteuer und
verauslagter Kosten für Katasterunterlagen) herangezogen.
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2. Berechtigt ist die Gebührenforderung für die Teilungsvermessung auf dem
Grundstück U Str. 117 in E, G1, Flur 20, Flurstück (seinerzeit) 192 in folgender Höhe:
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Tarifstelle Gebührentatbestand
Berechnung
Gebührenhöhe
3.1.1
Amtlicher Lageplan, Grundbetrag 500x0.75 x2
750,00 €
3.1.2.3
Aufmaß des Gebäudebestandes
(500 Euro
x0,75x2)x40/100
300,00 €
4.2.1
Teilungsvermessung, erste
Grenze
(750 Euro x2)x80/100
1.200,00 €
Teilungsvermessung, zweite
17
4.2.1
Grenze
(750 Euro x2)x80/100
1.200,00 €
4.2.1
Teilungsvermessung,
Flächenanteil
600 Euro x2
1.200,00 €
Summe:
4.650,00 €
plus Auslagen
80,00 €
4.730,00 €
zuzüglich Mehrwertsteuer 19%
898,70 €
5.628,70 €
3. Zu Tarifstellen 3.1.1 und 3.1.2.3 (amtlicher Lageplan):
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3.1 Die Anfertigung eines amtlichen Lageplanes war für den Antrag auf
Grundstücksteilung nach § 8 BauO notwendig, weil der im Zeitpunkt des Antrags
vorhandene Flurkartenauszug den Gebäudebestand auf dem zu teilenden Flurstück 192
(alt) nicht korrekt wiedergab. Der Vergleich zwischen dem ursprünglichen
Katasterauszug und dem von der Klägerin nicht bestrittenen Vermessungsergebnis, wie
es aus dem amtlichen Lageplan zu ersehen ist, belegt das. Ein korrekter Lageplan ist für
die Genehmigung der Grundstücksteilung erforderlich, damit überprüft werden kann, ob
die Grundstücksteilung Verhältnisse schafft, die mit den bauordnungsrechtlichen
Bestimmungen vereinbar sind (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauO).
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3.2 Der Grundbetrag nach der Tarifstelle 3.1.1 des Vermessungsgebührentarifs
errechnet sich nach den Umringgrenzen des zu teilenden Antragsgrundstücks,
vervielfacht mit einem Schwierigkeits- und einem Wertfaktor. Der Kläger hat die
Umringsgrenzen des alten Flurstücks 192 in einer Länge von 250 bis 300 Meter
angesetzt. Das ist jedenfalls nicht zu viel. Dementsprechend werden bis zu einer Länge
von 50 Metern 100,00 Euro angesetzt, darüber hinaus je weitere angefangene 50 Meter
80,00 Euro (Tarifstellen 3.1.1.1, 3.1.1.2). Das ergibt 100,00 Euro plus (5x80=) 400,00
Euro, also 500,00 Euro. Der Beklagten hat den Schwierigkeitsgrad mit der geringsten
Stufe bemessen (0,75) und den Wertfaktor mit 2,0 nach einem Bodenrichtwert von bis zu
250,00 Euro. Letzteres entspricht dem Wert, den das Gericht durch Anfrage bei dem
Gutachterausschuss für Grundstückswerte in der Stadt E für das Vermessungsgebiet
ermittelt hat (240,00 Euro). Der Bodenrichtwert ist einheitlich für das gesamte
Grundstück anzusetzen. Es handelt sich um einen pauschalen Wert für das
Vermessungsgebiet, hier also das Grundstück der Klägerin in der vollen Tiefe. Die
"Ergänzenden Regelungen" zur Tarifstelle Nr. 4.1.4 enthalten nur für Waldflächen und
landwirtschaftliche Grundstücke Ausnahmen. Die Klägerin ist Eigentümerin eines
bebauten Wohngrundstücks. Ob der Verkehrswert im hinteren Gartenteil niedriger als für
den vorderen bebauten Bereich zu bestimmen wäre, kann offen bleiben. Der
Gebührentarif stellt nicht auf den Verkehrswert ab.
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3.3 Für die durch bauliche Veränderungen auf dem Grundstück notwendig gewordene
Aufmessung des Gebäudebestandes sind zusätzlich 40% des Grundbetrages in Ansatz
zu bringen.
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3.4 Die Gebührenveranlagung für die Eintragung von bauplanungs- und
bauordnungsrechtlichen Gegebenheiten in den amtlichen Lageplan ist nicht
gerechtfertigt. Zwar gibt Nr. 3.1.2.4 grundsätzlich die Möglichkeit, diese Kosten zu
erheben. Der Beklagte macht sie jedoch für die Eintragung "Bereich nach § 34 BauGB"
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in dem von ihm gefertigten amtlichen Lageplan geltend. Dieser rein planungsrechtliche
Hinweis ist in einem bauordnungsrechtlichen Teilungsverfahren nach § 8 BauO nicht
erheblich. Die bauordnungsrechtliche Teilungsgenehmigung nimmt nur auf
bauordnungsrechtliche Hindernisse Bedacht. Dafür ist die allgemeine
bauplanungsrechtliche Situation, jedenfalls ohne nähere Hinweise auf die Verzahnung
mit konkreten bauordnungsrechtliche Tatbeständen, ohne Bedeutung.
4. Zur Tarifstelle 4.2.1 (Teilungsvermessung):
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4.1. Die Gebührenberechnung erfolgt in einem ersten Schritt nach den Grenzlängen
derjenigen Grenzen, die für die Flurstücksteilung vermessen werden müssen. Das ist
die Ostgrenze des Grundstücks (auf der sich bereits ein abgemarkter Grenzpunkt
befand, mit einer Länge von (27,40 Metern + 72,77 Metern=) 100,17 Metern und die
Nordgrenze mit einer Länge von (92,22 Metern + 70,89 Metern=) 163,11 Metern. Die
Maße entstammen dem amtlichen Lageplan, der mit dem Teilungsantrag eingereicht
worden ist. Ihre Richtigkeit ist nicht zweifelhaft. Für die Grenzlänge von 100,17 Metern
ergibt sich aus der Tarifstelle 4.1.1.1 der dreifache Betrag von 250,00 Euro, also 750,00
Euro, denn das Maß lässt sich in drei angefangene Teillängen von je 50 Metern
aufteilen. Für die ununterbrochene Grenzlänge von 163,11 Metern ergibt sich aus der
gleichen Berechnung ebenfalls der Betrag von 750,00 Euro, denn nach Nr. 1 Satz 2 der
"Ergänzenden Regelungen" zur Tarifstelle 4.1.1 bleibt es bei einer Grenzlänge von 150
Metern, wenn der Abstand zwischen zwei benachbarten Grenzpunkten größer ist als
150 Meter. Die Ergebnisse sind mit dem Wertfaktor 2,0 zu vervielfältigen und zu 80% in
die Gebührenrechnung einzustellen.
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4.2 Die Nacherhebung der Gebühr durch Bescheid des Beklagten vom 18. Juni 2008 ist
rechtmäßig. Die ursprünglich niedrigere Gebührenfestsetzung (sie ging bei dem auf die
Teilungsvermessung entfallenden Anteil von einer der zu teilenden
Grundstücksgrenzen in einer Länge von nur bis zu 100,00 Metern aus) in dem Bescheid
vom 29. April 2008 enthält keine Begünstigung im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG,
die nur unter erschwerten Voraussetzungen zurück genommen werden könnte.
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4.3. Hinzukommt der Gebührenanteil für die Fläche jedes neu entstehenden
Grundstücks (Tarifstelle 4.1.2). Berechnungsgrundlage ist das kleinere der beiden durch
die Teilung entstandenen Flurstücke (vgl. Nr. 2 der Ergänzenden Regelungen zu
Tarifstelle 4.2.1). Das ist das neu entstandene Flurstück Nr. 975 mit 1146 qm Fläche.
Nach der Tarifstelle 4.1.2.4 beträgt der Berechnungswert für ein Grundstück mit einer
Fläche zwischen 1000 und 5000 qm 600,00 Euro, mit dem Bodenrichtwertfaktor von 2,0
vervielfältigt ergeben sich 1200,00 Euro. Der Betrag ist voll anzusetzen (vgl. Tarifstelle
4.2.1).
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5. Berechnung des im Urteilstenor ausgebrachten Betrages:
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Der Abzugsbetrag (Gebühr für die Eintragung der bauplanungsrechtlichen
Gegebenheiten in den amtlichen Lageplan) entfällt auf den Gebührenbescheid vom 29.
April 2008, so dass dieser teilweise aufgehoben werden muss. Es ergibt sich:
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Tarifstelle Gebührentatbestand
Berechnung
Gebührenhöhe
3.1.1
Amtlicher Lageplan, Grundbetrag 500x0.75x2
750,00 €
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3.1.2.3
Aufmaß des Gebäudebestandes
(500
Eurox0,75x2)x40/100
300,00 €
4.2.1
Teilungsvermessung, erste
Grenze
(750 Eurox2)x80/100
1.200,00 €
4.2.1
Teilungsvermessung, zweite
Grenze
(500 Eurox2)x80/100
800,00 €
4.2.1
Teilungsvermessung,
Flächenanteil
600 Eurox2
1.200,00 €
Summe:
4.250,00 €
plus Auslagen
80,00 €
4.330,00 €
zuzüglich Mehrwertsteuer, 19%
822,70 €
5.152,70 €
Zählt man der bestätigten Gebührenerhebung (5152,70 Euro) durch Bescheid vom
29. April 2008 die Festsetzung aus dem Bescheid vom 18. Juni 2008 (476,00 Euro)
hinzu, ergibt sich die rechtmäßige Gesamtgebühr von 5628,70 Euro (siehe oben 2).
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Der von dem Beklagten unter dem 29. März 2007 erstellte und der Klägerin zugesandte
Kostenvoranschlag, der die entstehenden Kosten der Teilungsvermessung mit
3332,00 Euro bezifferte, ist für die Rechtmäßigkeit der Heranziehung ohne Belang.
Gebühren müssen erhoben werden, soweit die beantragten Amtshandlungen notwendig
waren. Die Höhe der Gebühren ergibt sich aus dem Gesetz, hier dem einschlägigen
Gebührentarif. Ob der Beklagte mit dem "Kostenvoranschlag" eine fehlerhafte Auskunft
(§ 25 Satz 2 VwVfG) erteilt hat, kann dahin stehen. Eine Aufrechnung mit einem
Schadenersatzanspruch ist, abgesehen vom Problem des Rechtsweges, gegen eine
hoheitliche Gebührenforderung allenfalls möglich, wenn die Forderung, mit der
aufgerechnet wird, rechtskräftig festgestellt oder unbestritten ist. Diese Voraussetzungen
liegen nicht vor. Die Klägerin hat zudem nach dem gegenwärtigen Streitstand keinen
Schaden. Hätte sie die Grundstücksteilung in jedem Falle durchführen lassen, wären
unter allen Umständen und bei der Beauftragung jeder Vermessungsstelle die gleichen
Gebühren entstanden, wie sie der Beklagte festgesetzt hat. Dass die Klägerin, hätte sie
die wahre Höhe der Gebühren gekannt, von der Grundstücksteilung ganz Abstand
genommen hätte, ist weder vorgetragen noch erst recht bewiesen.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO.
32
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 709, 711
ZPO.
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