Urteil des VG Düsseldorf vom 27.08.2007

VG Düsseldorf: aufschiebende wirkung, steuersatz, stadt, vergnügungssteuer, rechtsgrundlage, vollziehung, apparat, berechnungsgrundlage, bemessungsgrundlage, aussetzung

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 25 L 1171/07
Datum:
27.08.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
25. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
25 L 1171/07
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 4.333,69 Euro festgesetzt.
Gründe:
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Der am 13. Juli 2007 gestellte Antrag der Antragstellerin,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Vergnügungssteuerbescheid
des Antragsgegners vom 24. Mai 2007 betreffend den Zeitraum vom 1. Januar bis 31.
Dezember 2006 und 1. Januar bis 28. Februar 2007 anzuordnen,
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hat keinen Erfolg.
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Nach § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich
aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO bei
der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten; bei der Vergnügungssteuer
handelt es sich um öffentliche Abgaben in diesem Sinn.
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Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht in diesen Fällen auf Antrag die
aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anordnen. Der Antrag ist zulässig, da die
Voraussetzungen des § 80 Abs. 6 VwGO erfüllt sind, denn der Antragsgegner hat durch
Bescheid vom 20. Juni 2007 den Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der
Vollziehung abgelehnt.
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Der Antrag ist jedoch unbegründet. Eine Aussetzung der Vollziehung kommt in analoger
Anwendung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO nur in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an
der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen, d.h. wenn ein
Obsiegen in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen oder wenn die
Vollziehung für die Antragstellerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche
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Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der angegriffene Vergnügungsteuerbescheid
des Antragsgegners vom 24. Mai 2007, der die Vergnügungssteuer für den Zeitraum 1.
Januar bis 31. Dezember 2006 sowie Januar und Februar 2007 festsetzt und für jeden
Monat auf der Berechnung des Steuersatzes vom 12 v.H. des Einspielergebnisses als
Berechnungsgrundlage beruht, ist bei der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes gebotenen summarischen Überprüfung rechtmäßig und verletzt die
Antragstellerin nicht in ihren Rechten.
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Die Rechtsgrundlage für diesen Vergnügungssteuerbescheid bildet nunmehr die
Vergnügungssteuersatzung der Stadt X vom 22. Dezember 2005 in der Fassung der
Ersten Änderungssatzung vom 14. September 2006, die rückwirkend zum 1. Januar
2006 in Kraft getreten ist und mithin die Veranlagungszeiträume umfasst.
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Die Regelungen dieser Vergnügungssteuersatzung bilden sowohl formell wie materiell
für die Heranziehung zu Vergnügungssteuer eine wirksame Rechtsgrundlage.
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Bemessungsgrundlage und Steuersatz bildet für Spielapparate mit Gewinnmöglichkeit §
8 Vergnügungssteuersatzung. § 8 Abs. 1 Vergnügungssteuersatzung bestimmt, dass die
Steuer für das Halten von Apparaten nach § 1 Nr. 4 mit Gewinnmöglichkeit nach der
Höhe des Einspielergebnisses erhoben wird, wobei die Satzungsbestimmung eine
rechtlich nicht zu beanstandende Definition des Einspielergebnisses enthält und auf
den Betrag der Nettokasse abstellt. Der Steuersatz beträgt gemäß § 8 Abs. 2
Vergnügungssteuersatzung 12 v.H. des Einspielergebnisses.
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Durch das den Beteiligten bekannte Urteil vom 25. September 2006 in dem Verfahren
25 K 4289/06 hat die Kammer mit ausführlicher Begründung zu einer in den
wesentlichen Punkten gleichartigen Vergnügungssteuersatzung dargelegt, dass eine
solche Vergnügungssteuersatzung kompetenzgemäß nach Art. 105 Abs. 2 a GG
erlassen worden ist, dass ein Verstoß gegen Europarecht nicht vorliegt, weil die
Kriterien einer Umsatzsteuer nicht erfüllt sind, dass die gewählte Bemessungsgrundlage
des Einspielergebnisses einen zulässigen sowie sachgerechten Maßstab der
Besteuerung darstellt und dass eine Vergnügungssteuer dieser Höhe auf den Benutzer
der Veranstaltung abwälzbar ist. Die Rechtsprechung der Kammer ist durch das
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen bestätigt worden; das OVG
NRW hat durch Urteil vom 6. März 2007 - 14 A 608/05 - eine Vergnügungssteuersatzung
im Wesentlichen gleicher Art ebenfalls als rechtmäßig erachtet. Hieran ist festzuhalten.
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In Ansehung obiger Urteile, denen ein Steuersatz von 13 v.H. des Einspielergebnisses
zugrunde lag, begegnet der von der Stadt X für Apparate mit Gewinnmöglichkeit
gewählte Steuersatz von 12 v.H. des Einspielergebnisses keinen Bedenken, wobei zu
unterstreichen ist, dass weder in diesem Verfahren noch in Parallelverfahren
substantiiert erdrosselnde Wirkung des Steuersatzes gerügt worden ist.
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Der Rat der Stadt X hat den in § 8 Vergnügungssteuersatzung normierten Steuersatz in
Höhe von 12 v.H. ferner zutreffend ermittelt. Es ist die Aufgabe eines Rates, unter
sorgfältiger Feststellung der tatsächlichen Grundlagen, unter Beachtung der
Bruttoeinnahmen und unter Abwägung der Interessen aller Betroffenen zu
angemessenen Steuersätzen zu finden. Ohne eine hinreichende Ermittlung der
Tatsachengrundlagen ist eine Festlegung der Sätze von Steuern, die ihre Grundlage in
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der erhöhten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerschuldner haben, letztlich
willkürlich,
vgl. auch VG Göttingen, Urteil vom 1. Februar 2005 - 3 A 228/03 -; VG Köln, Urteil vom
5. März 2007 - 23 K 1704/03 -.
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Aus den Beratungsunterlagen und Beschlussvorlagen, die dem Erlass der ab 1. Januar
2006 geltenden Vergnügungssteuersatzung zugrunde liegen, lässt sich entnehmen,
dass der Rat der Stadt X hinreichende Erwägungen dazu angestellt hat, in welcher
Höhe der Steuersatz festzusetzen ist und wie er sich für die Steuerpflichtigen auswirkt.
Die vorliegenden Einspielergebnisse für die Jahre 2005 sowie 2006 aus Spielhallen
und aus Gaststätten in der Stadt X sind ausgewertet worden, daneben sind fremde
Erhebungen berücksichtigt worden. Weniger als die Hälfte der Aufsteller war der Bitte
nachgekommen, die Einspielergebnisse mitzuteilen, wobei die fehlenden
Einspielergebnisse überwiegend von den großen Aufstellern mit mehreren Spielhallen
nicht beigebracht wurden. Der Rat der Stadt X hielt es daher für angemessen, den
Durchschnitt der fremden Erhebungen mit den eigenen Erhebungen für das Jahr 2005
zu mitteln, da die Daten allesamt den Zeitraum der bis zum Jahresende 2005 geltenden
alten Spielverordnung betrafen. Danach ergab sich ein durchschnittliches
Einspielergebnis für X für den Zeitraum vor Änderung der Spielverordnung in Höhe von
1.344,00 Euro. Für das Jahr 2006 ist der sich bei Auswertung der vorliegenden
Einspielergebnisse ergebende Betrag prozentual um den Betrag erhöht worden, um den
auch das eigene Ermittlungsergebnis für das Jahr 2005 unter Mitberücksichtigung der
externen Erhebungen nach oben zu korrigieren war. Für das Jahr 2006 wurde danach
von einem durchschnittlichen Einspielergebnis in X in Höhe von 1.245,00 Euro je
Apparat und Kalendermonat ausgegangen. Der Rat der Stadt X hat sodann eingehende
Erwägungen zu einer möglichen erdrosselnden Wirkung angestellt, indem ausgeführt
wurde, bezogen auf den früheren Steuersatz (Stückzahlmaßstab) von 215,00 Euro pro
Apparat und Kalendermonat in Spielhallen müsste ein Steuersatz von etwa 16 v.H. für
den Zeitraum bis 2005 und von etwa 22,5 v.H. ab dem Jahr 2006 gewählt werden, um
den geplanten Haushaltsansatz zu erreichen. Bei einem Steuersatz in dieser Höhe
könne erdrosselnde Wirkung nicht ausgeschlossen werden. Anhand dieser
Überlegungen ergab sich der einheitliche Steuersatz für Geldspielgeräte in Spielhallen
und Gaststätten in Höhe von 12 v.H., der sich zudem im Rahmen der Steuersätze
anderer Großstädte bewegt. Damit hat eine angemessene Tatsachenfeststellung und
Interessenabwägung stattgefunden.
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Die Vergnügungssteuersatzung durfte sich auch rückwirkend zum 1. Januar 2006
Wirkung beilegen. Zuvor war am 1. Januar 2006 in Kraft getreten die
Vergnügungssteuersatzung der Stadt X vom 22. Dezember 2005, die die Veranlagung
nach dem Stückzahlmaßstab ablöste und stattdessen als Berechnungsgrundlage die
Gesamtsumme der von den Benutzern/Benutzerinnen aufgewendeten Geldbeträge
(Einwurf) vorsah. Durch Urteil vom 15. Mai 2006 hat die Kammer in dem Verfahren 25 K
1074/06 ausgeführt, dass diese Vergnügungssteuersatzung vom 22. Dezember 2005 für
die Heranziehung zu Vergnügungssteuer keine wirksame Rechtsgrundlage bildet; auf
die diesbezüglichen Urteilsgründe wird Bezug genommen. Die ab 1. Januar 2006
geltende ungültige Steuersatzung durfte durch eine neue Satzungsregelung ersetzt
werden; ein überwiegendes Vertrauen der Antragstellerin, dass die ungültige Norm
beibehalten würde, ist nicht schutzwürdig,
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vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2007 - 14 A 608/05 -.
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Im Rahmen der allein gebotenen summarischen Überprüfung ist schließlich der
geforderte Betrag nicht zu beanstanden. Die Berechnung beruht auf den Zahlen der
Antragstellerin, die den satzungsmäßigen Erfordernissen genügende Steuererklärungen
nicht eingereicht hat und mit der Antragsschrift keine substantiierten Rügen hinsichtlich
der festgesetzten Höhe vorgetragen hat.
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Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die
Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG und entspricht einem Viertel
der streitigen Vergnügungssteuer.
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