Urteil des VG Düsseldorf vom 16.09.2010
VG Düsseldorf (niederlassung, antragsteller, arbeitgeber, ausbildung, verfügung, arbeitsverhältnis, architektur, dauer, geschäftsführer, vertretung)
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 34 K 3876/10.PVL
Datum:
16.09.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
34. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
34 K 3876/10.PVL
Tenor:
Das mit der Beteiligten zu 1. im Anschluss an ihre Ausbildung zur
Bauzeichnerin der Fachrichtung Architektur zustande gekommene
Arbeitsverhältnis mit dem Antragsteller wird aufgelöst.
I.
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Die Beteiligte zu 1. begann nach dem Schulabschluss am 1. August 2007 eine
Ausbildung zur Bauzeichnerin der Fachrichtung Architektur bei dem Bau und
Liegenschaftsbetrieb NRW, Niederlassung L. Wegen Auflösung dieser Niederlassung
wurde sie zum 1. Januar 2008 zu der Niederlassung E versetzt und auf Antrag mit
Wirkung vom 15. Februar 2008 zu der Niederlassung E1. Tatsächlich ging sie
unmittelbar von der Niederlassung L in die Niederlassung E1 über. Das
Ausbildungsverhältnis hat am 25. Juni 2010 mit dem Bestehen der Abschlussprüfung
geendet.
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Die Beteiligte zu 1. war am 5. Juni 2008 erstmals in die Jugend und
Auszubildendenvertretung der Niederlassung E1 des BLB gewählt worden. Ihre
Wiederwahl erfolgte im Mai 2010. Mit Schreiben vom 19. April 2010 hatte sie gemäß § 7
Abs. 3 LPVG die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach Abschluss der
Ausbildung beantragt.
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Der Antragsteller hat am 17. Juni 2010 die Fachkammer angerufen.
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Er beantragt,
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das mit der Beteiligten zu 1. im Anschluss an ihre Ausbildung zur
Bauzeichnerin in der Fachrichtung Architektur zustande gekommene
Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit aufzulösen.
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Die Beteiligten beantragen,
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den Antrag abzulehnen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte Bezug genommen.
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II.
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Die Voraussetzungen für eine Auflösung des zwischen dem Antragsteller und der
Beteiligten zu 1. gemäß § 7 Abs. 3 LPVG kraft Gesetzes entstandene
Arbeitsverhältnisses liegen vor.
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1. Der Antragsteller hat rechtzeitig und ordnungsgemäß vertreten den auf § 7 Abs. 5
Satz 1 Buchst. b) LPVG gestützten Auflösungsantrag gestellt.
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In dem Verfahren nach § 7 Abs. 5 LPVG ist antragsberechtigt der Arbeitgeber. Das ist
der Bau und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB), der kraft Gesetzes berechtigt, ist
Arbeitnehmer und damit auch Auszubildende zu beschäftigen (§ 5 Abs. 1 BLBG). Dass
der Ausbildungsvertrag mit der Beteiligten zu 1. nach seinem Wortlaut mit der (früheren)
Niederlassung L geschlossen und der vorliegende Antrag in der Regie der
Niederlassung E1 gestellt worden ist, ist unschädlich. Die Niederlassungen des BLB
sind nicht rechtsfähig. Ihre Bezeichnung im Ausbildungsvertrag und in der Antragsschrift
weist lediglich auf die sachbearbeitende Stelle hin. Das ist in Personalangelegenheiten
die jeweilige Niederlassung (Nr. I, 1, 2.3 des Erlasses des Finanzministeriums über die
Zuständigkeit für die Bearbeitung von Personalangelegenheiten der Angestellten,
Arbeiterinnen und Arbeiter im Geschäftsbereich des Bau und Liegenschaftsbetriebes
NRW vom 1. Februar 2001).
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Für den Arbeitgeber handelt im Prozess derjenige, der ihn gerichtlich zu vertreten hat.
Nur wer zur gerichtlichen Vertretungen befugt ist, kann bei der Fachkammer Anträge
nach § 7 Abs. 5 LPVG stellen (für die früher in NRW geltende Rechtslage auf der
Grundlage von § 9 Abs. 4 BPersVG: BVerwG, Beschluss vom 2. November 1994,
6 P 48.93, Buchholz 250, § 9 BPersVG Nr. 11, Seite 12 f.). Eine Befugnis zur
gerichtlichen Vertretung des BLB durch die Niederlassung oder den
Niederlassungsleiter ergibt sich aus dem Erlass vom 1. Februar 2001 nicht. Die
gerichtliche Vertretung des Antragstellers ist den Anweisungen über die Verwaltung und
Organisation des Bau und Liegenschaftsbetriebes NRW vom
20. Dezember 2000/30. Oktober 2002 (RdErl. des FM VV 44306III C 2/VV44306.1VI 5)
zu entnehmen. Danach wird der Bau und Liegenschaftsbetrieb von der Betriebsleitung
geführt (2.1), die aus Geschäftsführern besteht. Die Geschäftsführer führen ihren
jeweiligen Geschäftsbereich eigenverantwortlich (2.6). Aus diesen Regeln lässt sich
eine Einzelvertretungsmacht der Geschäftsführer des Antragstellers innerhalb ihres
Zuständigkeitsbereichs für den BLB ableiten.
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Den Auflösungsantrag hat am 15. Juni 2010 der Leiter der Niederlassung E1 des BLB
gestellt. Er bedarf einer fristgerecht vorgelegten Vollmacht einer der
vertretungsberechtigten Geschäftsführer des BLB. Die Ausschlussfrist von zwei Wochen
nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses wird gewahrt, wenn bis zu ihrem
Ablauf eine Vollmacht bei Gericht eingereicht wird, die von der zur Vertretung des
Arbeitgebers befugten Person ausgestellt ist (BVerwG, Beschluss vom
1. Dezember 2003, 6 P 11.02, PersR 2004, 60; OVG NRW, Beschluss vom
30. Juni 2005, 1 A 1979/04.PVL; Beschluss vom 21. September 2006, 1 A 342/06.PVL).
Die auf den Niederlassungsleiter C ausgestellte Vollmacht des Geschäftsführers U vom
24. Juni 2010 ist bei Gericht am 29. Juni 2010 eingegangen. Da das
Ausbildungsverhältnis erst am 25. Juni 2010 beendet war, ist die Vollmachtvorlage
rechtzeitig innerhalb der Zweiwochenfrist geschehen.
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2. Es ist dem Antragsteller nicht zuzumuten, die Beteiligte zu 1. in einem unbefristeten
Arbeitsverhältnis weiter zu beschäftigen. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist
unzumutbar, wenn der Arbeitgeber dem Jugend- und Auszubildendenvertreter zum
Zeitpunkt der Beendigung der Berufsausbildung keinen auf Dauer angelegten
Arbeitsplatz bereitstellen kann, der dessen Ausbildung entspricht und ihn sowohl
hinsichtlich der rechtlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses als auch der
Vergütung und der beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten einem Beschäftigten
gleichstellt, der vom Arbeitgeber für eine vergleichbare Tätigkeit ausgewählt und
eingestellt worden ist. Dabei ist die Weiterbeschäftigungspflicht des öffentlichen
Arbeitgebers an das Vorhandensein einer freien Planstelle nicht notwendig gebunden;
entscheidend ist vielmehr, ob ein ausbildungsadäquater, auf Dauer angelegter und
gesicherter Arbeitsplatz zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.9.1999 BVerwG
6 P 5.98 , BVerwGE 109, 295). Für die Frage, ob ein ausbildungsadäquater
Dauerarbeitsplatz für den Jugendvertreter zur Verfügung steht, kommt es grundsätzlich
nur auf den Bereich der Ausbildungsdienststelle hier die Niederlassung Düsseldorf des
BLB an.
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3. Primär hat der Haushaltsgesetzgeber darüber zu entscheiden, ob in der
Ausbildungsdienststelle ein geeigneter und besetzbarer Arbeitsplatz zur Verfügung
steht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.11.2005 6 P 3/05 , a.a.O., Beschl. v. 02.11.1994
6 P 39.93 , BVerwGE 97, 68). Für Bereiche eines Systems dezentraler
Finanzverantwortung von Organisationseinheiten wie etwa bei Globalbudgetierungen
oder ansonsten gegenüber einer Anstellungskörperschaft mit eigenständiger
Wirtschaftsführung ist auf die selbständige Verwaltungseinheit abzustellen (vgl. für den
Hochschulbereich: BVerwG, Beschl. v. 01.11.2005, 6 P 3/05 , a.a.O.). So gilt es auch für
den Bau und Liegenschaftsbetrieb, der teilrechtsfähig, in seiner Wirtschaftsführung
selbstständig ist und Personalhoheit besitzt (§ 1, § 5 Abs. 1 BLBG). Auf der Ebene der
Stellenschaffung beschränkt sich die Wirkung von § 7 LPVG in diesen Fällen auf eine
Missbrauchskontrolle: Die Weiterbeschäftigung ist nur dann zumutbar, wenn die
Entscheidung über die Zweckbestimmung der Mittelverwendung erkennbar das Ziel
verfolgte, die Weiterbeschäftigung des Jugendvertreters zu verhindern (vgl. zu § 78 a
BetrVG: BAG, Beschl. v. 12.11.1997 7 ABR 73/96 , BAGE 87, 105; für § 9 BPersVG im
Hochschulbereich: BVerwG, Beschl. v. 01.11.2005, 6 P 3/05 , a.a.O.). Ist das nicht der
Fall, werden aus allgemeinen haushaltsrechtlichen oder haushaltspolitischen
Beweggründen die in Frage kommenden Arbeitsplätze nicht geschaffen oder nicht
besetzt, stehen sie auch für den Jugend- und Auszubildendenvertreter nicht zur
Verfügung.
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4. Der BLB verfügt nicht über freie Stellen zur Beschäftigung von ausgebildeten
Bauzeichnern in der Fachrichtung Architektur, auf denen er die Beteiligte zu 1.
einsetzen könnte. Er hat eine Liste derjenigen Arbeitsplätze vorgelegt, die im Zeitpunkt
der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses und der Monate davor für Bauzeichner in
Frage kommen und die Stelleninhaber namentlich benannt, die ausnahmslos schon seit
Jahren diese Arbeitsplätze einnehmen. Er hat weiter unwiderlegt ausgeführt, dass auch
dann, wenn eine dieser Stellen frei würde, die Beteiligte zu 1. nicht beschäftigt werden
könnte, weil der BLB Bauzeichner nicht mehr einstelle und entsprechend frei werdende
Stellen nicht besetze; der BLB sei im Rahmen haushaltsrechtlicher Vorgaben gehalten,
bis 2016 insgesamt 320 kwVermerke zur Haushaltskonsolidierung zu erwirtschaften, 27
davon im Haushaltsjahr 2010.
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Die Entscheidung, ausscheidende Bauzeichner nicht zu ersetzen, um auf diese Weise
die haushaltsrechtliche Pflicht zur Stelleneinsparung erfüllen zu können, verfolgt
offensichtlich und erkennbar nicht das Ziel, die Weiterbeschäftigung von
Jugendvertretern zu verhindern. Sie ist frei von Missbrauch. Sie dient dem objektiven
Zweck der Erfüllung des haushälterischen Ziels der Personaleinsparung. Sie trifft alle
Stellenbewerber gleichmäßig. Eine Benachteiligung gerade der Jugendvertreterin liegt
darin nicht.
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Der Vortrag der Beteiligten zu 1. und 2., der Antragsteller spare Dauerarbeitsplätze ein,
beschäftige aber in zunehmendem Maße Arbeitnehmer im Rahmen von
Arbeitnehmerüberlassungsverträgen, führt zu Gunsten der Beteiligten zu 1. nicht weiter.
Es ist Sache des jeweiligen Arbeitgebers, darüber zu entscheiden, ob und in welchem
Ausmaß Arbeitsplätze eingerichtet werden, die mit auf Dauer eingestelltem
Eigenpersonal besetzt werden. Entscheidet sich der Arbeitgeber dafür, Aufgaben seiner
Dienststelle durch Fremdvergabe oder auch durch Leiharbeitnehmer zu erledigen, muss
diese organisatorische Entscheidung hingenommen werden. Die Umwandlung externer
Beschäftigungsmöglichkeiten in interne Dauerarbeitsplätze kann über § 7 Abs. 3 LPVG
nicht erzwungen werden (vgl. VG Frankfurt, Beschluss vom 5. September 2005,
23 L 1926/05, juris). Auch in dieser Hinsicht trifft den Jugendvertreter keine
missbräuchliche Praxis, die darauf abzielt, gerade seine Weiterbeschäftigung unmöglich
zu machen.
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