Urteil des VG Düsseldorf vom 23.11.2004

VG Düsseldorf: bebauungsplan, grundstück, datum, nutzungsänderung, genehmigung, interessenabwägung, betriebsgebäude, lagerplatz, bauarbeiten, ermessen

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 4 L 2331/04
23.11.2004
Verwaltungsgericht Düsseldorf
4. Kammer
Beschluss
4 L 2331/04
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung
verpflichtet, der Beigeladenen die gewerbliche Nutzung des Grundstücks
in I, Gemarkung G1, für ihren Betrieb des Garten- und Landschaftsbaus
durch eine sofort für vollziehbar zu erklärende Ordnungsverfügung
vorläufig zu untersagen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beigeladene und der
Antragsgegner je zur Hälfte.
Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beigeladene betreibt auf der O Straße 30 in I, Gemarkung G1 einen Betrieb des
Garten- und Landschaftsbaus. Dieses Gewerbe meldete sie zum 1. Januar 1998 an. Unter
der gleichen Adresse führt ihr Ehemann einen Betrieb, der den Verkauf von Pflanzen,
Floristik und Zubehör zum Gegenstand hat; dieser Betrieb ist seit dem 2. Oktober 1995
angemeldet. Beide Betriebe sind räumlich nicht getrennt. Der Ehemann der Beigeladenen
erhielt mit Bescheiden vom 15. Februar 1995 und 23. Januar 1997 jeweils eine
Baugenehmigung für die Errichtung eines Gartencenters; eine Baugenehmigung für den
Betrieb des Garten- und Landschaftsbaus besteht nicht.
Die Betriebsstätte liegt in einem durch Bebauungsplan Nr. BM 6 der Stadt I ​Ortskern östlich
der B 473" in der Fassung der 5. Änderung - bekannt gemacht am 19. Mai 2003 -
festgesetzten Mischgebiet. Nach Norden grenzt das Grundstück an ein durch den
Bebauungsplan Nr. BM 6 in der 3. Änderung aus dem Jahre 1977 festgesetztes
allgemeines Wohngebiet mit dem Flurstück 83. Dort wohnt die Antragstellerin, die
Eigentümerin dieses Flurstücks ist.
Auf einen Hinweis der Antragstellerin wurde im Mai 2000 die Beigeladene zu dem Betrieb
des Garten- und Landschaftsbaus angehört; Mitarbeiter des Beklagten führten zudem eine
Ortsbesichtigung durch. Es wurde entschieden, dass ein Jahr abgewartet werden solle, ob
Nachbarbeschwerden aufträten.
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Später legte die Beigeladene ein schallimmissionstechnisches Prognosegutachten des
Ingenieurbüros H und Partner vom 9. Dezember 2000 vor. Es betrifft die Erweiterung des
Betriebshofs und kommt zu dem Ergebnis, dass diese unbedenklich ist.
Unter dem 12. Oktober 2001 wandten die Antragstellerin und ihr Ehemann sich gegenüber
dem Antragsgegner schriftlich gegen die Nutzung des Betriebsgrundstücks für den Garten-
und Landschaftsbau, besonders den damit verbundenen Einsatz eines Radladers. Mit
Schreiben vom 27. Februar 2002 bestellten sich die Prozessbevollmächtigten der
Antragstellerin und forderten den Antragsgegner auf, die Nutzung zu untersagen. Dies
lehnte der Antragsgegner zunächst ab. In der Folge fanden zwischen den Beteiligten
mehrere Erörterungsgespräche, verbunden mit dem Austausch von Schriftsätzen, statt,
ohne dass eine Einigung erzielt wurde. Ein von der Beigeladenen mit Datum vom 30. Juli
2002 gestellter Bauantrag für die Nutzungsänderung der ehemals landwirtschaftlich
genutzten Flächen in Lagerräume für einen Garten- und Landschaftsbaubetrieb wurde
bisher nicht beschieden. Der Antragsgegner hörte die Beigeladene mit Schreiben vom 4.
Februar 2004 dazu an, dass er beabsichtige, die Baugenehmigung zu versagen; ein
Großteil der zur Umnutzung vorgesehenen bzw. bereits umgenutzten Gebäude liege
innerhalb der nach dem Bebauungsplan nicht überbaubaren Grundstücksfläche. Zugleich
hörte er zu seiner Absicht an, die ungenehmigte gewerbliche Nutzung zu untersagen.
Mit Datum vom 30. Juni 2004 erließ der Antragsgegner eine Ordnungsverfügung. Mit ihr
forderte er die Beigeladene auf, den Zwischentrakt zwischen dem nördlichen
Wirtschaftsgebäude und dem Wohn- und Wirtschaftsgebäude zu beseitigen und den
Fahrweg für die betrieblichen Fahrzeuge zwischen diese Gebäude zu verlagern, außerdem
eine lärmmindernde Abschirmung mit einer Höhe von mindestens 2,0 m entsprechend dem
beigefügten Lageplan zu errichten, alles bis zum 31. August 2004. Die sofortige
Vollziehung wurde angeordnet; Zwangsmittel wurden nicht angedroht.
Die Beigeladene ließ unter dem 29. Juli 2004 mitteilen, sie habe nicht nur den
Zwischentrakt, sondern auch das angrenzende Gebäude abgerissen.
Am 30. Juli 2004 hat die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
Sie beantragt,
dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO
aufzugeben, die gewerbliche Nutzung des Grundstücks der Beigeladenen in I, Gemarkung
G1 einschließlich der Nutzung der aufstehenden Gebäude als Lagerplatz und Bauhof für
den dort betriebenen Garten- und Landschaftsbaubetrieb einschließlich des Betriebes
eines Radladers durch eine sofort für vollziehbar zu erklärende Ordnungsverfügung
vorläufig zu untersagen.
Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen,
den Antrag abzulehnen.
Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens stellte der Ehemann der Beigeladenen einen
Bauantrag zur Errichtung einer Maschinen- und Lagerhalle mit Büro und Wohnung für die
dem Grundstück der Antragstellerin zugewandte nördlichen Seite des Flurstücks 618, beim
Antragsgegner eingehend am 6. Oktober 2004. Für die Einzelheiten wird auf die dem
Gericht vorliegende Ausfertigung des Bauantrages (Beiakte H. 4) verwiesen.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die
beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin hat Anordnungsanspruch und
Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, § 123 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO. Abschließende
Feststellungen zum Bestehen des geltend gemachten Anspruchs sind allerdings im
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht möglich; die danach anzustellende
Interessenabwägung fällt aber zugunsten der Antragstellerin aus.
1. Vieles spricht dafür, dass der geltend gemachte Anordnungsanspruch auf
ordnungsbehördliches Einschreiten als Gebietswahrungsanspruch besteht.
1.1. Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Wahrung der Gebietsart ​Mischgebiet", wenn
der - formell illegale - Betrieb der Beigeladenen das Wohnen wesentlich stört.
1.1.1. Ein solcher Gebietswahrungsanspruch wird grundsätzlich bereits durch die
Zulassung eines mit der Gebietsfestsetzung unvereinbaren Vorhabens ausgelöst, weil
durch sie das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des
Gebietes eingeleitet wird. Der Anspruch besteht auch dann, wenn das baugebietswidrige
Vorhaben im jeweiligen Einzelfall noch nicht zu einer tatsächlich spürbaren und
nachweisbaren Beeinträchtigung des Nachbarn führt,
vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 - 4 C 28.91 -, BRS 55 Nr. 110.
1.1.2. Die Festsetzung des Mischgebietes durch den Bebauungsplan Nr. BM6 in der
gegenwärtig geltenden Fassung der 5. Änderung ist für die Art der Bebauung über seine
Grenzen hinaus nachbarschützend. Sie dient der Legalisierung des Betriebes der
Beigeladenen und enthält dabei zugleich ein Schutzkonzept für die benachbarte
Wohnbebauung. Dies ergibt sich zum einen aus der Regelung der Zufahrt zum
Betriebsgrundstück der Beigeladenen. Sie folgt aus der textlichen Festsetzung Nr. 1, nach
der das Geh-, Fahr- und Leitungsrecht auf den Flurstücken 86 und 540 zugunsten des
Betreibers des Gartenbaubetriebes festgesetzt wird und die Erschließung der
Betriebsfläche über diese Flurstücke zu erfolgen hat. Die Flurstücke liegen in einiger
Entfernung östlich vom Grundstück der Antragstellerin. Die Flächen zwischen ihrem
Wohngebäude und dem Betrieb der Beigeladenen sind dagegen als ​Bereich ohne Ein- und
Ausfahrt" festgesetzt worden. Bestandteil des angesprochenen Schutzkonzepts ist zum
anderen das im Bebauungsplan festgesetzte ausgedehnte Baufenster auf dem der
Antragstellerin zugewandten Teil des Grundstücks der Beigeladenen. Dort kann eine
betriebliche Halle mit entsprechender Abschirmwirkung errichtet werden.
1.2. Sowohl bei einer typisierenden als auch bei konkreter Betrachtungsweise liegt es
nahe, dass der Betrieb der Beigeladenen den Rahmen eines Mischgebietes sprengt.
1.2.1. Es ist zweifelhaft, ob der Betrieb der Beigeladenen als Gartenbaubetrieb im Sinne
von § 6 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO im Mischgebiet zulässig ist. Verneinendenfalls kommt eine
bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nur nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO in Betracht.
Mit Gartenbaubetrieben meint die BauNVO (auch in § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 5 Abs. 2 Nr. 8) nur
solche Betriebe, deren betrieblicher Schwerpunkt im Anbau und der Züchtung von
Kulturpflanzen und deren Verkauf besteht. Betriebe zur Landschafts- und Gartengestaltung
und ​Gartencenter", soweit sie schwerpunktmäßig den Verkauf von Geräten und Material
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zum Gegenstand haben, gehören nicht hierhin,
vgl. Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, 6. Aufl., Rdnrn. 1549, 1643; Fickert/Fieseler,
BauNVO, 10. Aufl., § 2 Rdnrn. 8 ff.
Die Betriebsbeschreibung der Beigeladenen in ihrem Bauantrag vom 30. Juli 2002 ist
wenig detailliert, geht aber jedenfalls in die Richtung des Landschaftsbaus. Als Art des
Betriebes ist ausdrücklich ​Garten-/Landschaftsbau" angegeben. Die von der Antragstellerin
vorgelegten Fotos und ihr im Kern unwidersprochener Vortrag sprechen ebenfalls für einen
Betrieb, der jedenfalls in nicht geringem Umfang Baumaßnahmen durchführt.
1.2.2. Unabhängig von der Frage einer Einordnung des Betriebes der Beigeladenen nach §
6 Abs. 2 Nr. 6 oder Nr. 4 BauNVO ist Voraussetzung für die materielle Zulässigkeit, dass
der Betrieb das Wohnen nicht wesentlich stört (§ 6 Abs. 1 BauNVO). Es ist zweifelhaft, ob
diese Voraussetzung erfüllt ist.
Dass das Einlagern und Umlagern von (Garten-)Baumaterialien auf dem an der
Grundstücksgrenze zu den Antragstellern gelegenen Lagerplatz mittels schwerem Gerät
(Hublader) die Wohnruhe wesentlich stören kann, erscheint plausibel. Bei der Lage des
Grundstücks der Antragstellerin im allgemeinen Wohngebiet an der Grenze zum
Mischgebiet sind insoweit Richtwerte heranzuziehen, die sich aus einer Mittelung der nach
den technischen Regelwerken (TA Lärm) einschlägigen Werten für allgemeines
Wohngebiet und Mischgebiet ergeben. Ob diese Werte eingehalten werden, ist offen.
Aussagekräftige Lärmgutachten sind weder von der Antragstellerin noch von der
Beigeladenen vorgelegt worden. Die in den Akten befindlichen Gutachten sind wenig
aussagekräftig. Die schalltechnische Bearbeitung vom 9. Dezember 2000 (H und Partner)
bezieht sich ausweislich der Markierungen in der Anlage 1 wohl auf den Betriebshof vor
den Gebäuden O Straße 30 in westlicher Richtung, nicht auf Betriebsvorgänge im
nördlichen Bereich an der Grenze zum Grundstück der Antragsteller. Daran ändert die
ergänzende Stellungnahme der Ingenieure vom 17. Dezember 2003 nichts. Die im
Verfahren der Bebauungsplanänderung eingeholte Stellungnahme des Staatlichen
Umweltamtes E vom 24. Januar 2000 (Beiakte H. 2, Bl. 97) ist inhaltsarm; das gleiche gilt
für dessen Schreiben vom 9. Oktober 2002. In der Stellungnahme des Staatlichen
Umweltamtes E vom 14. Mai 2002 wird zunächst ausgeführt, dass nicht gemessen wurde,
weil der Betrieb der Beigeladenen baurechtlich nicht genehmigt ist; die am 2. Februar 2002
durchgeführte Messung wird ausdrücklich als überschlägig bezeichnet. Sie ist nach beiden
Seiten nicht hinreichend verlässlich.
1.3. Erwiese sich der Betrieb der Beigeladenen als materiell rechtswidrig, so wäre der
Antragsgegner zum Einschreiten verpflichtet. Verletzt ein formell illegaler Betrieb
nachbarliche Belange, so hat die Bauaufsicht ihr Ermessen (§ 61 Abs. 1 BauO NRW)
nämlich regelmäßig im Interesse des Nachbarschutzes auszuüben. Einer solchen
Ermessensverdichtung steht nicht entgegen, dass der Ehemann der Beigeladenen mit der
Stellung eines Bauantrages zur Errichtung einer Maschinen- und Lagerhalle eine
Entwicklung eingeleitet hat, die möglicherweise zu einer besseren Lärmabschirmung und
einer Wahrung der Belange der Antragstellerin führen wird. Ob es hierzu kommt, ist noch
ungewiss. Der Bauantrag ist noch nicht genehmigt; der Antragsgegner hat auch nicht zu
erkennen gegeben, dass die Baugenehmigung alsbald erteilt wird. Für die Bearbeitung des
Bauantrages muss mit einem Zeitraum von bis zu drei Monaten gerechnet werden. Vor
allem aber würde die Erteilung der Baugenehmigung nicht zu einer Pflicht des Ehemannes
der Beigeladenen führen, der Genehmigung entsprechend zu bauen. Er könnte sich hiermit
drei Jahre Zeit lassen, ohne dass die Baugenehmigung erlösche (§ 77 Abs. 1 BauO NRW);
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die Verlängerung um ein weiteres Jahr wäre möglich (§ 77 Abs. 2 BauO NRW). Die
Erklärung der Beigeladenen im Schreiben vom 25. Juni 2004, es werde spätestens drei
Monate nach Erteilung der Baugenehmigung mit dem Bauvorhaben begonnen, ist nicht
verbindlich und enthält zudem keine Angabe, wann die Bauarbeiten abgeschlossen sein
sollen.
2. Ein Anordnungsgrund ist vor diesem Hintergrund glaubhaft gemacht. Der Antragstellerin
entstehen - gesetzt den Fall, der Betrieb der Beigeladenen erwiese sich als materiell illegal
- unzumutbare Nachteile, wenn der Antragsgegner zunächst abwartet, ob die von der
Beigeladenen geplante Baumaßnahme zu einer Verbesserung der nachbarlichen Situation
der Antragstellerin führt. Die in dem in Betracht kommenden Zeitraum von mehreren Jahren
eintretenden Belästigungen braucht die Antragstellerin nicht hinzunehmen.
3. Angesichts der offenen Frage, ob der Betrieb der Beigeladenen bauplanungsrechtlich
unzulässig ist und damit ein Anspruch der Antragsteller auf ordnungsbehördliches
Einschreiten besteht, hat eine Interessenabwägung stattzufinden. Diese geht zugunsten
der Antragstellerin aus. Hierfür sind vor allem folgende Gesichtspunkte maßgeblich:
Der Betrieb der Beigeladenen ist formell illegal. Geschützes Vertrauen auf die Möglichkeit,
den Betrieb fortführen zu können, ist nicht entstanden.
Der Umstand, dass die Übereinstimmung des Betriebes der Beigeladenen mit materiellem
Baurecht nicht verlässlich beurteilt werden kann, ist der Beigeladenen zuzurechnen. Sie
hätte für Errichtung und Betrieb der in Streit stehenden baulichen Anlagen einer
Baugenehmigung bedurft. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wäre die Frage der
Geräuschimmissionen auf das allgemeine Wohngebiet der Antragstellerin aufzuklären
gewesen. Der unter dem 30. Juli 2002 gestellte Bauantrag deckt den ausgeübten Betrieb
nicht ab, da er sich lediglich auf die Nutzungsänderung bestehender Innenräume in
Lagerräume, nicht aber auf die Lager außerhalb von Gebäuden und die dortigen potentiell
störenden Betriebsabläufe (Anlieferverkehr, Einsatz des Radladers usw.) bezieht. Zudem
wird ein Schallgutachten zwar in der Betriebsbeschreibung erwähnt, liegt aber nicht bei.
Sofern die schalltechnische Bearbeitung vom 9. Dezember 2000 (H und Partner) gemeint
sein sollte, ist diese nicht aussagekräftig (oben 1.2.2.). Dem Umstand, dass das Staatliche
Umweltamt E keine immissionsschutzrechtlichen Bedenken geäußert hat (Stellungnahme
vom 9. Oktober 2002), kommt deshalb keine Bedeutung zu.
Selbst der Antragsgegner hat, obwohl er in diesem Verfahren die Abweisung des Antrages
beantragt hat, bereits Anlass zu ordnungsbehördlichem Einschreiten gesehen. Von der
Stillegung des Betriebes der Beigeladenen hat er ausdrücklich nur im Hinblick auf sein mit
der Ordnungsverfügung vom 30. Juni 2004 verfolgtes Lärmschutzkonzept abgesehen. Dies
spricht dafür, dass der Betrieb der Beigeladenen nach der ortskundigen und fachlich
angeleiteten Einschätzung des Antragsgegners mit dem Wohnen nicht verträglich war. Die
Situation hat sich seit Erlass der Ordnungsverfügung, soweit es den Lärmschutz betrifft,
noch verschlechtert: Zum einen ist das von dem Antragsgegner verfolgte
Schallschutzkonzept nach der weiteren Entwicklung nicht mehr zu realisieren. Es beruhte
auf der Abschirmwirkung durch das nördliche Wirtschaftsgebäude, der Verlagerung des
Fahrweges für betriebliche Fahrzeuge zwischen die Gebäude und der Errichtung einer
lärmmindernden Abschirmung westlich an das nördliche Betriebsgebäude angrenzend.
Diesem Betriebsgebäude kam in diesem Konzept ebenfalls schallabschirmende Wirkung
zu. Die Beigeladene hat es indessen abgerissen. Zum anderen ist durch die Beseitigung
dieses Gebäudes der als Lager nutzbare Raum größer geworden. Damit ist potentiell eine
noch größere Zahl von Fahrzeugbewegungen und anderen lästigen Betriebsgeräuschen
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verbunden.
Der Beigeladenen entstehen durch die vorläufige Untersagung ihres Betriebs keine
unzumutbaren Nachteile. Sie hat es in der Hand, durch Realisierung des nunmehr von
ihrem Ehemann zur Genehmigung gestellten Vorhabens - Errichtung einer Maschinen- und
Lagerhalle -, soweit dieses insoweit geeignet ist, den Beschwerden der Antragstellerin den
Boden zu entziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, Abs. 3 VwGO.
Der Streitwert ergibt sich aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Bei Nachbarklagen wegen
der Beeinträchtigung eines Wohngrundstücks werden regelmäßig 10.000,- Euro
zugrundegelegt; dieser Betrag wurde halbiert, um dem vorläufigen Charakter des
Verfahrens Rechnung zu tragen.