Urteil des VG Düsseldorf vom 24.03.2005

VG Düsseldorf: aufschiebende wirkung, gleichbehandlung im unrecht, öffentliche sicherheit, öffentliches interesse, veranstaltung, ordnungswidrigkeit, ermessen, datum, gefahr, ruhe

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 3 L 585/05
24.03.2005
Verwaltungsgericht Düsseldorf
3. Kammer
Beschluss
3 L 585/05
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt.
Gründe:
Der sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers,
im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die Aufführung des
Theaterstücks G am 25. März 2005 nicht gegen § 6 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Nr. 1 des
Feiertagsgesetzes NRW verstößt
und
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Ordnungsverfügung des
Antragsgegners vom 23. März 2005 hinsichtlich der Untersagung wiederherzustellen und
hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung anzuordnen,
ist nicht begründet.
Nach § 123 Abs. 1 S.2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines
vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese
Regelung um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern
oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Streitiges Rechtsverhältnis ist die Anwendbarkeit des Verbots nach § 6 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3
Nr. 1 FeiertagsG auf die beabsichtigte Theateraufführung des Antragstellers; dieses
Rechtsverhältnis bedarf auch der vorherigen Klärung zwischen den Beteiligten, da der
nachträgliche Rechtsschutz im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens nur unter
dem Risiko der Begehung einer Ordnungswidrigkeit nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 FeiertagsG zu
erlangen ist. Der Antragsteller hat jedoch nicht, wie es die §§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2
ZPO fordern, den behaupteten Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es ist nicht
überwiegend wahrscheinlich, dass er befugt ist, die geplante Theateraufführung
durchzuführen. Insoweit wird auf die Begründung des Schreibens des Antragsgegners vom
11. März 2005 Bezug genommen, der das Gericht folgt. Die hiergegen geführten Angriffe
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11. März 2005 Bezug genommen, der das Gericht folgt. Die hiergegen geführten Angriffe
des Anragstellers gehen fehl. Die Auslegung des § 6 Abs. 1 FeiertagsG, dass er nur
Veranstaltungen meine, die die Christen in ihrem Gedanken an den Tod Christi
beeinträchtigen oder stören könnten, es gehe darum, dass in der Öffentlichkeit und auf den
Straßen und Plätzen Ruhe herrschen solle, findet im Gesetz keine Stütze. Die
Verbotstatbestände verlangen weder eine Eignung zur Störung der Ruhe in der
Öffentlichkeit noch eine Eignung zur Beeinträchtigung des Gedenkens; dem
Feiertagsschutz läuft vielmehr bereits die schlichte Verwirklichung des Verbots zuwider.
Aus der Nennung von Theateraufführungen in § 6 Abs. 3 Nr. 4 FeiertagsG folgt nicht etwa,
dass die Aufführung einer Komödie nicht unter § 6 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Nr. 1 FeiertagsG
fällt. Die Bestimmung gewährt vielmehr einen zusätzlichen Schutz während der Hauptzeit
des Gottesdienstes, nämlich auch dann, wenn die Veranstaltung, zum Beispiel eine
Theateraufführung, nicht im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 5 FeiertagsG der Unterhaltung dient.
Schließlich wird ein Verstoß gegen Art. 2 und 5 Abs. 3 GG und damit eine
Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung nicht bereits dadurch dargelegt, dass
sich die Bedeutung von Feiertagen in der Auffassung der Gesellschaft grundlegend
geändert habe, vielmehr findet die wirtschaftliche und künstlerische Betätigung eine
Begrenzung unmittelbar durch Art. 140 GG, 139 WRV (vgl. BVerwGE 79, 263 (243)).
Nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs, wenn
die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, die sofortige Vollziehung im öffentlichen
Interesse angeordnet hat. Nach § 8 S. 1 AG VwGO haben Rechtsbehelfe, die sich gegen
Maßnahmen der Vollzugsbehörden in der Verwaltungsvollstreckung richten, keine
aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann gemäß den §§ 80 Abs. 5 VwGO, 8 S. 2 AG
VwGO auf Antrag des Betroffenen die aufschiebende Wirkung wiederherstellen
beziehungsweise anordnen. Ein solcher Antrag hat Erfolg, wenn die angegriffene
Maßnahme offensichtlich rechtswidrig ist und demnach ein öffentliches
Vollziehungsinteresse nicht bestehen kann oder wenn das private Interesse des
Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs das öffentliche
Vollziehungsinteresse aus sonstigen Gründen überwiegt. Diese Voraussetzungen sind
nicht erfüllt.
Die Ordnungsverfügung vom 23. März 2005 ist nicht offensichtlich rechtswidrig. Vielmehr
spricht alles für ihre Rechtmäßigkeit. Insoweit wird auf die Begründung des
Verwaltungsaktes Bezug genommen, der das Gericht folgt. Die angegriffene Verfügung ist
im Ergebnis auch ermessensfehlerfrei. Nach § 40 VwVfG NRW hat eine Behröde, die
ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck
der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
Der Antragsgegner hat sein Ermessen entsprechend dem Zweck des § 14 Abs. 1 und Abs.
2 S.2 OBG, nämlich zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, ausgeübt; eine
solche Gefahr besteht wegen des drohenden Verstoßes gegen das Feiertagsrecht. Zu den
gesetzlichen Grenzen des Ermessens zählen insbesondere der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit und der Gleichheitssatz. Die Untersagung ist nicht etwa deswegen
unverhältnismäßig, weil sie in eine bestehende Planung der Veranstaltung eingreift und
weil bisher gleichartige Veranstaltungen nicht behördlich verhindert worden seien. Ein
Vertrauensschutz des Anragstellers kommt nämlich in Betracht, weil die Veranstaltung
nicht auf Grund des Eingreifens des Antragsgegners unerlaubt geworden ist, sondern von
vornherein gegen das gesetzliche Verbot des § 6 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Nr. 1 FeiertagsG
verstieß, so dass bereits die Vorbereitungen einem gesetzwidrigen Vorhaben dienten und
damit nicht schutzwürdig sind. Eine Unverhältnismäßigkeit ist auch nicht unter dem
Gesichtspunkt anzunehmen, dass mit einer alsbaldigen Legalisierung der Veranstaltung im
Wege der Ausnahme zu rechnen wäre. Die Zulassung einer Ausnahme setzt nach § 10
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Abs. 1 S.1 FeiertagsG - unter Anderem - das Vorliegen eines dringenden Bedürfnisses
voraus. Ein wirtschaftlicher Bedarf reicht insoweit nicht aus, sondern es muss aus Gründen,
die dem Schutz des Feiertags mindestens gleichwertig sind, die Durchführung der
Veranstaltung gerade in dem gesetzlich nicht zulässigen Zeitraum geboten sein.
Demgegenüber ist die geplante Theateraufführung, ihrer Art nach nicht an ein bestimmtes
Datum gebunden, sondern kann an beliebigen Tagen auf den Spielplan gesetzt werden.-
Der Gleichheitssatz gebietet es, dass eine Behörde in ihrem Zuständigkeitsbereich
(abzustellen ist daher auf den Antragsgegner und nicht etwa auf die Bezirksregierung E)
nicht willkürlich vorgeht. Erfordert allerdings nicht ein schlagartiges gleichzeitiges
Eingreifen in allen gleichgelagerten Fällen. Zugunsten des Antragsgegners ist dabei zu
berücksichtigen, dass es sich bei dem in Rede stehenden Feiertagsschutz um ein
gesetzliches Verbot handelt, das ohnehin zu beachten ist und bei Verstößen mit Bußgeld
bewehrt ist. Zutreffend weist der Antragsgegner auch darauf hin, dass der Antragsteller
durch seine Ankündigung, er werde auf jeden Fall das Theaterstück am Karfreitag
aufführen, einen Anlass gesetzt hat, dem gesetzlichen Verbot zusätzlich - im Wege der
Ordnungsverfügung - Geltung zu verschaffen. Allerdings sind andere Veranstaltungen
unterhaltender Art ebenfalls öffentlich angekündigt und beworben worden, sodass der
Antragsgegner nicht ernstlich davon ausgehen darf, sie würden wegen Bestehen des
gesetzlichen Verbotes ohne behördliches Zutun abgesagt werden. Die insoweit sich
möglicherweise aufdrängende Ungleichbehandlung bedeutet aber kein willkürliches
Verhalten gegenüber dem Antragsteller, willkürlich könnte allenfalls das Absehen von
präventiven Schritten zur Verhinderung einer Ordnungswidrigkeit im Verhältnis zu jenen
Unternehmen sein. Auf eine derartige Gleichbehandlung im Unrecht besteht kein
Anspruch. In der Sache darf der Antragsgegner in Bezug auf gleichartige Veranstaltungen
nicht von einem vorherigen Einschreiten absehen, wenn zu Tage liegt, dass der Verstoß
gegen das Feiertagsrecht unter Begehung einer Ordnungswidrigkeit sicher bevorsteht und
anders als durch ein vorheriges Eingreifen nicht verhindert werden kann. Zwar besteht bei
der Abwehr von Gesetzesverstößen, die nicht die Strafgesetze betreffen, ein
Eingriffsermessen. Das Unterlassen des Einschreitens erfordert aber ebenfalls einen
zureichenden Grund, der in der angegriffenen Verfügung nicht dargelegt ist und auch sonst
nicht erkennbar ist. Im Ergebnis besteht für den Antragsgegner zu der getroffenen
Anordnung keine andere, rechtlich statthafte Alternative.
Bei diesen Gegebenheiten geht die Interessenabwägung im Übrigen zum Nachteil des
Antragstellers aus. An der Vollziehung der Untersagung besteht ein erhebliches
öffentliches Interesse. Es ist zu befürchten, dass der Antragsteller sich unter Begehung
einer Ordnungswidrigkeit über das gesetzliche Verbot hinwegsetzen wird,, wenn der
Antragsgegner nicht sofort und wirksam rechtliche Folgerungen aus der Untersagung
ziehen könnte. Gegenüber diesem öffentlichen Vollziehungsinteresse tritt das private
Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs zurück. Ein
Interesse, wirtschaftliche Ziele unter Gesetzesverstoß verfolgen zu können, ist rechtlich
nicht schutzwürdig.- In Anbetracht der Vollziehbarkeit der Untersagung besteht kein Anlass,
hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung vom gesetzlichen Regelvorrang des
Vollziehungsinteresses (vgl. § 8 S. 1 AG VwGO) abzuweichen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 3 Nrn. 1 und 2, 52 Abs. 1 und 2
GKG. Das Interesse des Antragstellers an der Befugnis zur Durchführung der Veranstaltung
am Karfreitag wird mit dem gesetzlichen Auffangswert von 5.000,-- Euro berechnet. Dieser,
für ein Klageverfahren maßgebliche Betrag, ermäßigt sich im Verfahren des vorläufigen
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Rechtsschutzes auf die Hälfte.