Urteil des VG Düsseldorf vom 19.02.2003

VG Düsseldorf: hundesteuer, satzung, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, bestimmtheit von normen, öffentliche sicherheit, gefahr, rasse, landwirtschaftliches produkt, zucht, anknüpfung

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 25 K 1546/02
Datum:
19.02.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
25 Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
25 K 1546/02
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger bzw. die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger bzw.
die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor
der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Der Kläger ist Halter zweier Hunde der Rasse Kuvaz.
2
Der Beklagte zog den Kläger mit Hundesteuerheranziehungsbescheid vom 3. Januar
2002 wegen der von ihm gehaltenen Hunde zur für so genannte Kampfhunde erhöhten
Hundesteuer für das Jahr 2002 in Höhe von 1.800,00 Euro heran.
3
Grundlage für diese Heranziehung war die seit dem 1. Oktober 2000 in Kraft gesetzte
geänderte Hundesteuersatzung der Stadt E vom 21. September 2000, die u.a. folgende
Regelungen enthielt:
4
㤠2
5
Steuermaßstab und Steuersatz
6
(1) Die Steuer beträgt jährlich, wenn von einer Hundehalterin/einem Hundehalter oder
von mehreren Personen gemeinsam
7
ab ab ab
8
01.01.2000 01.01.2001 01.01.2002
9
1. ein Hund gehalten wird 276 DM 240 DM 120 Euro
10
2. zwei Hunde gehalten werden, je Hund 336 DM 300 DM 150 Euro
11
3. drei oder mehr Hunde gehalten werden, 396 DM 360 DM 180 Euro
12
je Hund
13
(2) Die Steuer beträgt jährlich, wenn von einer Hundehalterin/einem Hundehalter oder
von mehreren Personen gemeinsam
14
ab 01.10.2001 ab 01.01.2002
15
1. ein Kampfhund gehalten wird 1.200 DM 600 Euro
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2. zwei oder mehr Kampfhunde gehalten 1.800 DM 900 Euro
17
werden, je Hund
18
(3) Kampfhunde sind solche Hunde, bei denen nach ihrer besonderen Veranlagung,
Erziehung und/oder Charaktereigenschaft die erhöhte Gefahr einer Verletzung von
Personen besteht oder von denen eine Gefahr der öffentlichen Sicherheit ausgehen
kann. Kampfhunde im Sinne dieser Vorschrift sind jedenfalls folgende in den Anlagen 1
und 2 zur Landeshundeverordnung - LHV NRW aufgeführten Rassen:
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Hunderassen nach Anlage 1
20
American Staffordshire Terrier Kangal
21
Pittbul Terrier Kaukasischer Owtscharka Staffordshire Bullterrier Mittelasiatischer
Owtscharka Bullterrier Südrussischer Owtscharka Mastino Napoletano Karakatschan
Mastino Espanol Karshund Bordeaux Dogge Komondor Dogo Argentino Kraski Ovcar
Fila Brasileiro Kuvasz Römischer Kampfhund Liptak (Goralenhund) Chinesischer
Kampfhund Maremmaner Hirtenhund Bandog Mastiff Tosa Inu Mastin de los Pirineos
Mioritic Hunderrassen nach Anlage 2 Polski Owczarek Podhalanski Akbas
Pyrenäenberghund Berger de Brie (Briard) Raffeiro do Alentejo Berger de Beauce
(Beauceorn) Rottweiler Bullmastif Slovensky Cuvac Carpatin Sarplaniac Dobermann
Tibetanischer Mastiff Estrela-Berghund Tornjak
22
Kreuzungen dieser Hunde untereinander und mit anderen Hunden gelten als
Kampfhunde. Kampfhundehalterinnen/Kampfhundehaltern wird keine Befreiung und
Ermäßigung gewährt, auch nicht für Hunde im Sinne des Absatzes 1.
23
(4) Sollten Hundehalter von Hunden der in Anlage 2 LHV NRW genannten Rassen,
Kreuzungen dieser Hunde untereinander und mit anderen Hunden, nachweisen, dass
eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht zu befürchten ist, so kann auf Antrag ab
dem Ersten auf die Antragstellung folgenden Monat die Einordnung als Kampfhund für
einen solchen Hund mit steuerlicher Wirkung unterbleiben. Der Nachweis ist gegenüber
der zuständigen Ordnungsbehörde zu erbringen. Eine Bescheinigung der zuständigen
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Ordnungsbehörde über den erbrachten Nachweis ist dem Steueramt vorzulegen.
§ 9
25
Sicherung und Überwachung der Steuer
26
(1) Die Hundehalterin/Der Hundehalter ist verpflichtet, einen Hund innerhalb von zwei
Wochen nach der Aufnahme oder - wenn der Hund ihr/ihm durch Geburt von einer von
ihr/ihm gehaltenen Hündin zugewachsen ist - innerhalb von zwei Wochen, nachdem der
Hund drei Monate alt geworden ist, beim Steueramt anzumelden. In den Fällen des § 1
Abs. 3 Satz 2 muss die Anmeldung innerhalb von zwei Wochen nach dem Tage, an
dem der Zeitraum von zwei Monaten überschritten worden ist, und in den Fällen des § 7
Abs. 3 Satz 1 innerhalb der ersten zwei Wochen des auf den Zuzug folgenden Monats
erfolgen.
27
(2) Die Hundehalterin/Der Hundehalter hat den Hund innerhalb von zwei Wochen,
nachdem sie/er ihn veräußert oder sonst abgeschafft hat, nachdem der Hund abhanden
gekommen oder eingegangen ist oder nachdem die Halterin/der Halter aus der Stadt
weggezogen ist, beim Steueramt abzumelden. Im Falle der Abgabe des Hundes an eine
andere Person sind bei der Abmeldung der Name und die Anschrift dieser Person
anzugeben.
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(3) Das Steueramt übersendet mit dem Steuerbescheid oder mit der Bescheinigung über
die Steuerbefreiung für jeden Hund eine Hundesteuermarke. Die Hundehalterin/Der
Hundehalter darf Hunde außerhalb ihrer/seiner Wohnung oder ihres/seines umfriedeten
Grundbesitzes nur mit der sichtbar befestigten gültigen Steuermarke umherlaufen
lassen. Die Vorschriften über den Maulkorb- und Leinenzwang der Eer Straßenordnung
bleiben unberührt. Die Hundehalterin/Der Hundehalter ist verpflichtet, die
Beauftragte/den Beauftragten der Stadt die gültige Steuermarke auf Verlangen
vorzuzeigen.
29
Bis zur Übersendung einer neuen Steuermarke ist die bisherige Steuermarke zu
befestigen oder vorzuzeigen. Andere Gegenstände, die der Steuermarke ähnlich sehen,
dürfen dem Hund nicht angelegt werden. Bei Verlust der gültigen Steuermarke wird der
Hundehalterin/dem Hundehalter auf Antrag eine Steuermarke gegen Ersatz der Kosten
ausgehändigt."
30
Gegen diesen Hundesteuerheranziehungsbescheid legte der Kläger Widerspruch ein.
31
Mit Schreiben vom 21. Januar 2002 beantragte der Kläger, ihm die Hundesteuer bis zu
einem Betrag von 300,00 Euro zu erlassen. Zur Begründung verwies er auf die
Begründung seines Widerspruchs gegen die Heranziehung zur Hundesteuer, mit der er
im Einzelnen ausführte, dass und aus welchen Gründen die Erhebung einer sog.
Kampfhundesteuer aus seiner Sicht rechtswidrig sei.
32
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2002 wies der Beklagte den Widerspruch
des Klägers gegen die Heranziehung zur erhöhten Hundesteuer als unbegründet
zurück. Zur Begründung bezog sich der Beklagte auf die Gründe der Urteile der
erkennenden Kammer vom 5. Oktober 2001, mit denen die Kammer entsprechende
Klagen von Haltern so genannter Kampfhunde abgewiesen hatte.
33
Mit weiterem Bescheid vom 14. Februar 2002 lehnte er den beantragten teilweisen
Erlass der Hundesteuer mit der Begründung ab, der Kläger habe weder sachliche noch
persönliche Billigkeitsgründe geltend gemacht.
34
Am 11. März 2002 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sich sowohl gegen die
Heranziehung zur erhöhten Hundesteuer wendet, als auch den teilweisen Erlasses der
Steuer begehrt.
35
Mit Schreiben vom 11. März 2002 hat der Kläger gegen den den teilweisen Erlass der
Hundesteuer ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 14. Februar 2002 Widerspruch
eingelegt.
36
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. April 2002 hat der Beklagte den Widerspruch des
Klägers gegen die Ablehnung des teilweisen Erlasses der Hundesteuer im
Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, die Rechtswidrigkeit einer
Steuerfestsetzung können einen Erlass der Steuer regelmäßig nicht rechtfertigen. Im
Übrigen seien Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Heranziehung zur sog.
Kampfhundesteuer auch gar nicht gegeben. Sonstige Billigkeitsgründe habe der Kläger
nicht geltend gemacht.
37
Zur Begründung seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend: Die
Bescheide seien rechtswidrig, weil die ihnen zu Grunde liegende Hundesteuersatzung
der Stadt E nichtig sei. Sie verstoße gegen das Gebot der Bestimmtheit und der
Vollständigkeit einer Norm, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, widerspreche der
Landeshundeverordnung, verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG sowie Art. 28, 30 und 90 des
EG-Vertrages und die Richtlinie 91/174 des Rates der EG vom 25. März 1991.
38
Dass die Satzung, die die Grundlage für die Heranziehung zur so genannten
Kampfhundesteuer bilde, mit ihrer Bezugnahme auf die in der Anlage zur LHV NRW
aufgelisteten Hunderassen nichtig sei, habe das BVerwG seiner Entscheidung zur
niedersächsischen Gefahrtierverordnung entschieden. Die dortigen Ausführungen
müssten für die LHV NRW entsprechend gelten. Danach bedürften die dortigen
Regelungen einer gesetzlichen Grundlage, die fehle. Sei die LHV, auf die die Satzung
sich beziehe aber nichtig, müsse die Satzung selbst auch dieses Schicksal teilen.
Zudem bedürften die in der Satzung getroffenen Regelungen wegen ihrer weit
reichenden Auswirkungen nach den Ausführungen des BVerwG einer gesetzlichen
Grundlage und könnten nicht durch bloßen Satzungserlass in die Welt gesetzt werden.
39
Die Satzung sei aber letztlich auch deswegen nichtig, weil der von dem BVerwG
zuerkannte Experimentierzeitraum zwischenzeitlich abgelaufen sei, nachdem
mittlerweile alle wissenschaftlichen Erkenntnisse dahin gingen, dass es keine
gefährlichen Hunderassen gebe.
40
Der Kläger beantragt,
41
den Hundesteuerbescheid des Beklagten vom 3. Januar 2002 sowie seinen
Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2002 insoweit aufzuheben, als eine 300,00
Euro übersteigende Hundesteuer festgesetzt ist,
42
hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 14.
Februar 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2002 zu verpflichten, die
43
Hundesteuer in dem vorgenannten Umfang zu erlassen.
Der Beklagte beantragt,
44
die Klage abzuweisen.
45
Er vertritt die Auffassung, sein Hundesteuerbescheid sei aus den im
Widerspruchsbescheid genannten Gründen rechtmäßig.
46
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den
Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug
genommen.
47
Entscheidungsgründe:
48
Die Klage hat keinen Erfolg.
49
Sie ist mit ihrem Hauptantrag zwar zulässig, aber nicht begründet.
50
Der angefochtene Hundesteuerbescheid des Beklagten vom 3. Januar 2002 und sein
Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2002 sind rechtmäßig und verletzten den
Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
51
Die Festsetzung der Hundesteuer für das Jahr 2002 beruht auf einer gültigen
Rechtsgrundlage.
52
Die Hundesteuersatzung (HStS) der Stadt E vom 21. September 2000, auf die die
Bescheide gestützt sind, ist - soweit es die hier anzuwendenden Vorschriften betrifft -
gültiges Ortsrecht.
53
Formelle Mängel der Satzung werden nicht geltend gemacht und sind auch nicht
ersichtlich.
54
Die Hundesteuersatzung ist - jedenfalls soweit es die hier anzuwendenden Vorschriften
betrifft - auch materiell gültig, da sie inhaltlich nicht gegen höherrangiges Recht verstößt.
55
Dies hat die Kammer bereits in dem den Beteiligten bekannten Urteil vom 5. Oktober
2001 - 25 K 1221/01 - dargelegt, mit dem sie die gegen die Festsetzung der erhöhten
Hundesteuer für die Jahre 2000 und 2001 gerichtete Klage des Klägers abgewiesen
hatte. Über den dagegen eingelegten Antrag auf Zulassung der Berufung hat das OVG
NRW bislang noch nicht entschieden.
56
In dem genannten Urteil hat die Kammer unter anderem ausgeführt:
57
„Bei der Hundesteuer handelt es sich um eine örtliche Aufwandsteuer i.S.d. Art. 105
Abs. 2 a GG, deren Erhebung den Gemeinden nach § 3 KAG übertragen ist.
58
Aufwandsteuern sind Steuern auf die in der Einkommensverwendung für den
persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
Maßgebend für den Charakter einer Steuer als Aufwandsteuer ist es, dass die in der
Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
59
getroffen werden soll,
vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR
1275/79 -, BVerfGE 65, 325 (346); Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-
Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 23. Januar 1997 - 22 A 2455/96 -, NVwZ 1999, 318
(319).
60
Gleichwohl durfte die Gemeinde neben der mit der Steuer verbundenen
Einnahmeerzielung auch andere Zwecke, nämlich die Eindämmung der Hundehaltung,
verfolgen, ohne dass dadurch der Charakter der Steuer grundsätzlich in Frage steht. Für
eine steuerliche Regelung, die Lenkungswirkungen in einem nicht steuerlichen
Kompetenzbereich entfaltet, ist nach der Rechtsprechung des BVerfG auch keine zur
Steuergesetzgebungskompetenz hinzutretende Sachkompetenz erforderlich. Vielmehr
ist der Steuergesetzgeber - hier also die Stadt E als Satzungsgeber - zur Regelung von
Lenkungssteuern zuständig, und zwar unabhängig davon, ob die Lenkung Haupt- oder
Nebenzweck ist,
61
vgl. BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991, 2001/95 -, BVerfGE 98, 106 (118);
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 19. Januar 2000 - 11 C 8.99 -,
Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 6.
62
Unschädlich ist sogar, wenn die Absicht, Einnahmen für die Bereitstellung allgemeiner
Aufgaben zu erzielen, völlig in den Hintergrund tritt,
63
vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 19. Februar 1997 - 13 L 521/95 -.
64
Die Gemeinde darf daher mit der Steuererhebung neben der Einnahmeerzielung darauf
abzielen, wenigstens einige Hundehalter wegen der mit der Haltung der Hunde
verbundenen Steuer dazu zu bewegen, ihre Hunde abzuschaffen. An diesem seit je her
mit der Erhebung der Hundesteuer verbundenen Lenkungszweck ändert auch der
Umstand nichts, dass die Gemeinde nunmehr mit der geänderten Hundesteuersatzung
die Haltung bestimmter im Einzelnen aufgeführter Hunde, der sog. Kampfhunde, einer
fünf- bis sechsfach höheren Steuer unterwirft. Auch insoweit handelt es sich um ein mit
der Steuererhebung zulässigerweise verbundenes Ziel der mittelbaren
Verhaltenssteuerung. In der Satzung wird nämlich nur das Steuerrechtsverhältnis
rechtsverbindlich geregelt. Zu einem bestimmten weiteren Verhalten wird der Halter
eines Kampfhundes mit der Satzung nicht rechtsverbindlich verpflichtet, vielmehr bleibt
insbesondere die Frage, ob an der Kampfhundehaltung festgehalten werden soll, oder
der Hund - wie mit der Hundesteuererhebung bezweckt - abgegeben wird, abhängig von
dem Willen des Steuerpflichtigen.
65
Entgegen der klägerseits vorgetragenen Auffassung liegt auch kein Fall vor, in welchem
die Finanzfunktion der Steuer durch eine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter
verdrängt wird, mit der Folge, dass die Besteuerungskompetenz keine ausreichende
Rechtsgrundlage für diese Satzungsregelungen mehr wäre,
66
vgl. dazu BVerfG, 7. Mai 1998, a.a.O.
67
Die Gemeinde hat ihre Zuständigkeit als Steuergesetzgeber nicht überschritten. Denn
diese Satzungsregelungen stellen weder in Steuerbestimmungen gefasste
Verbotsnormen dar, noch kommt der erhobenen Steuer erdrosselnde Wirkung zu. Denn
68
der Erhöhung der Hundesteuer für sog. Kampfhunde kommt nicht ein solches Gewicht
zu, dass die Halter dieser Hunde praktisch dazu gezwungen sind, ihre Hunde
abzuschaffen, weil sie wirtschaftlich nicht in der Lage sind, diese erhöhte Steuer zu
tragen. Vielmehr ist der in der Satzung vorgesehene Betrag von jährlich 1.200,00 DM für
einen Kampfhund bzw. 1.800,00 DM für zwei Kampfhunde in seiner Höhe für den
Hundehalter in der Regel nicht unbezahlbar. Es kommt nämlich in diesem
Zusammenhang nicht, wie vorgetragen wurde, auf die wirtschaftlichen Verhältnisse
einzelner Steuerzahler an, sondern darauf, ob der „normale" Steuerpflichtige die Steuer
tragen kann,
vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 19. September 2000 - 6 A 10789/00 -, NVwZ 2001
228(229).
69
Bei einem monatlichen Steuersatz von 100,00 DM bzw. 150,00 DM ist dies ohne Zweifel
zu bejahen, der Unterschied zu Haltern der übrigen Hunde beträgt monatlich lediglich
80,00 DM bzw. 117,00 DM bis 122,00 DM, die Finanzfunktion der Steuer ist daher
durchaus noch gegeben,
70
so bereits Urteil der Kammer vom 22. August 2000 - 25 K 3220/98 -, so auch BVerwG für
eine monatliche Steuerbelastung von 60,00 DM, BVerwG; Urteil vom 19. Januar 2000.
a.a.O.
71
Dies ergibt sich schon daraus, dass es sich bei den meisten der in der Satzung
aufgeführten Kampfhunde um relativ große Hunde handelt, deren Unterhaltung (Futter)
ohnehin mit einem höheren finanziellen Aufwand verbunden ist, als dies bei kleineren
Hunden der Fall ist. Bereits darin kommt die besondere wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit dieser Hundehalter zum Ausdruck.
72
Aber auch und gerade unter Berücksichtigung der gesamten Kosten, die für den
Tierhalter mit der Haltung dieser Hunde verbunden sind, wie etwa diejenigen für Futter,
den Tierarzt, die nach der LHV NRW nunmehr zwingend vorgeschriebene
Haftpflichtversicherung sowie die Gebühren für die Erteilung ordnungsbehördlicher
Erlaubnisse nach der LHV NRW, kann nicht davon gesprochen werden, dass gerade
die von dem Beklagten geforderte erhöhte Hundesteuer die Haltung dieser Hunde
wirtschaftlich unmöglich macht.
73
Entgegen der vorgetragenen Auffassung kommt der erhöhten Hundesteuer für sog.
Kampfhunde nämlich nicht deshalb erdrosselnde Wirkung zu, weil die Halter dieser
Hunde infolge der Regelungen in der LHV NRW gezwungen sind, zusätzlich zahlreiche
Gebühren für dort vorgeschriebene Amtshandlungen zu bezahlen. Denn diese
Gebühren bleiben für die Frage der Erdrosselung durch die Hundesteuer außer
Betracht. Im Gegenteil spricht die Tatsache, dass sich diese Hundehalter solche Hunde
trotz der mit ihrer Haltung verbundenen höheren finanziellen Aufwendungen (u.a. für
Gebühren für die Erteilung ordnungsbehördlicher Erlaubnisse) leisten können, für ihre
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, an die die Steuer anknüpft. Wenn sich im Einzelfall
Halter wegen der mit der Haltung dieser Hunde verbundenen erhöhten Kosten zur
Abschaffung ihrer Hunde entschließen, entspricht dies gerade dem zulässigen
Lenkungszweck der Abgabe. Wenn im Übrigen mit der Erhöhung der Kosten auch
erreicht würde, dass lediglich solche Personen diese Hunde halten, die auch über die
wirtschaftlichen Mittel verfügen, diese Tiere artgerecht halten zu können, wäre dies ein
zusätzlich zu begrüßender Nebeneffekt.
74
Auch der Umstand, dass den Gemeinden mit den nach der LHV NRW zu entrichtenden
Gebühren neue Einnahmen zukommen, ändert nichts an der Berechtigung des
Beklagten zur Erhebung der (erhöhten) Hundesteuer, insbesondere ist diese nicht, wie
vorgetragen wurde, nach § 3 Abs. 2 Satz 1 KAG ausgeschlossen, wonach Steuern nur
erhoben werden sollen, soweit die Deckung der Ausgaben durch andere Einnahmen,
insbesondere Gebühren und Beiträge, nicht in Betracht kommt. Zum einen sind nämlich
auf die Gemeinden mit der LHV NRW auch neue Aufgaben zugekommen, deren
Verwaltungsaufwand mit den vorgesehenen Gebühren abgegolten werden soll, zum
anderen nimmt § 3 Abs. 2 Satz 2 KAG die Hundesteuer ausdrücklich aus dem
Anwendungsbereich der einschränkenden Vorschrift aus, und lässt die Erhebung der
Hundesteuer unabhängig davon zu, ob Einnahmen auch anders erzielt werden könnten.
75
Bei der erhöhten Steuer für sog. Kampfhunde handelt es sich ferner um eine örtliche
Aufwandsteuer. Der klägerseits vorgetragenen Auffassung, bei dem von dem Beklagten
verfolgten Lenkungszweck handele es sich nicht um eine Angelegenheit der örtlichen
Gemeinschaft, weil es ansonsten der Erhebung einer örtlichen Beißstatistik bedurft
hätte, ist nicht zu folgen. Die Steuer knüpft gemäß § 1 Abs. 1 HStS an das Halten von
Hunden im Stadtgebiet an und wird damit unzweifelhaft nur örtlich erhoben. Dass die
Stadt E in ihre Satzung die Aufzählung der Hunderassen aus der LHV NRW
übernommen hat, ändert an der örtlichen Erhebung der Steuer nichts. Auch der
Lenkungszweck ist schon deshalb allein auf den örtlichen Bereich der Gemeinde
beschränkt, weil nur hier die mit der Steuererhebung verbundene Lenkungswirkung
erzielt werden kann. Ziel ist daher nur, die Haltung der in der Satzung aufgeführten
Hunde so unattraktiv zu machen, dass diese Hunde letztlich aus dem (örtlichen)
Stadtgebiet verdrängt werden.
76
Soweit vorgetragen worden ist, mit der erhöhten Steuer für sog. Kampfhunde greife der
Steuergesetzgeber lenkend in einen anderweitig geregelten Sachbereich ein, nämlich
den durch die LHV NRW geregelten Bereich der Gefahrenabwehr, was zur
Widersprüchlichkeit der Rechtsordnung führe,
77
vgl. dazu im Einzelnen BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998, a.a.O.
78
kann sich die Kammer dieser Auffassung ebenfalls nicht anschließen. Nach der
Rechtsprechung des BVerfG darf der Gesetzgeber auf Grund einer Steuerkompetenz
nur insoweit lenkend in den Kompetenzbereich eines Sachgesetzgebers übergreifen,
als die Lenkung weder der Gesamtkonzeption der sachlichen Regelung noch der
konkreten Einzelregelung zuwiderläuft. Diesen Vorgaben entspricht die angegriffene
Hundesteuersatzung. Sie verstößt mit ihren Regelungen über die Heranziehung zur
erhöhten Hundesteuer für sog. Kampfhunde nicht gegen die Gesamtkonzeption oder
konkrete Einzelregelungen der LHV NRW. Die von dem Verordnungsgeber getroffenen
Entscheidungen werden durch die Lenkungsregelungen der Steuersatzung nicht
verfälscht, ihre verhaltensbestimmenden Wirkungen laufen dem Regelungskonzept des
Verordnungsgebers nicht zuwider. Vielmehr ergänzen sich beide Regelungen. Die
Hundesteuersatzung ist mit ihrem erhöhten Steuersatz neben der Einnahmeerzielung
darauf ausgerichtet, die Kampfhundehaltung in dem Stadtgebiet einzudämmen. Diesem
Ziel dient auf Landesebene letztlich insbesondere auch § 4 LHV NRW. Zudem wird in
der LHV NRW, insbesondere bzgl. der dort geregelten Anforderungen an die Zucht und
die Erlaubnis zum Halten von Hunden zwischen den Hunden der Anlage 1 und solchen
der Anlage 2 unterschieden. Während die Zucht mit Hunden unter anderem der Anlage
79
1 verboten ist, § 4 Abs. 5 LHV NRW, gilt dieses Verbot nicht für Hunde der Anlage 2.
Auch die verschärften Anforderungen an die Erteilung einer Erlaubnis etwa zum Halten
von Hunden nach § 4 Abs. 3 LHV gilt nur für die Hunde der Anlage 1. Diese
Differenzierung zwischen den unterschiedlich strengen Anforderungen an die Haltung
von Hunden der Anlage 1 und solchen der Anlage 2 findet sich in der Steuersatzung
insofern wieder, als dort für Hunde der Anlage 2 in § 2 Abs. 4 vorgesehen ist, dass die
Einordnung als Kampfhund mit steuerlicher Wirkung unterbleiben kann, wenn
nachgewiesen ist, dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht zu befürchten ist.
Darüber hinaus enthält die primär der Gefahrenabwehr dienende LHV NRW
Vorschriften über den Umgang mit gefährlichen Hunden, sodass sich die beiden
Regelungen gegenseitig ergänzen,
vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 19. September 2000, a.a.O. und VG Gelsenkirchen,
Beschluss vom 8. März 2001 - 16 L 41/01 -.
80
Ein Widerspruch zwischen den beiden Regelungen besteht darüber hinaus auch nicht
deshalb, weil - wie vorgetragen wird - die LHV NRW ein abgestuftes System enthält und
unbeanstandete Hundehaltungen nach den Verwaltungsvorschriften zur LHV NRW
ohne wesentliche Änderungen fortgeführt werden können sollen, bzw. in der
Übergangsregelung des § 12 Abs. 4 LHV NRW für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens
der Verordnung bereits gehaltenen Hunde der Anlage 1 eine Ausnahme von dem
Erfordernis des Nachweises eines überwiegenden öffentlichen Interesses für die
Erteilung einer Erlaubnis für das Halten dieser Hunde gemacht wird. Denn diese
Regelungen dienen nicht der Sicherung und Förderung des Bestandes solcher Hunde -
wie sich gerade auch aus dem Zuchtverbot ergibt -, sondern nur deren Verschonung von
den wesentlichen ordnungsrechtlichen Restriktionen, die die LHV NRW vorsieht,
81
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Mai 2001 - 14 B 472/01 -.
82
Die angegriffene Hundesteuersatzung widerspricht auch nicht dem aus dem
Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abgeleiteten Gebot hinreichender Bestimmtheit
von Normen. Danach müssen steuerbegründende Tatbestände so bestimmt sein, dass
der Steuerpflichtige die auf ihn entfallende Steuerlast erkennen kann,
83
vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000, a.a.O.
84
Das Gebot hinreichender Bestimmtheit zwingt den Gesetzgeber allerdings nicht dazu,
den Tatbestand mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Er ist jedoch
gehalten, seine Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu
ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf dem Normzweck möglich ist,
85
vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 19. September 2000, a.a.O.
86
Auch die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen, die bei der Anwendung der
Normen noch der Konkretisierung bedürfen, wird durch das Rechtsstaatsgebot nicht
untersagt. Ebenso wenig nimmt die Notwendigkeit der Auslegung einer gesetzlichen
Vorschrift ihr die Bestimmtheit, die der Rechtsstaat von einem Gesetz fordert. Insoweit ist
es Aufgabe der Rechtsanwendungsorgane, die Zweifelsfragen zu klären, die sich aus
einer komplexe Sachverhalte umfassenden Regelung ergeben,
87
vgl. OVG Frankfurt(Oder), Beschluss vom 20. Oktober 2000 - 4 B 155/00.NE, NVwZ
88
2001, 223 (225); OVG Koblenz, Urteil vom 19. September 2000, a.a.O.
Diesen Anforderungen genügt die angegriffene Hundesteuersatzung sowohl hinsichtlich
der in § 2 Abs. 3 HStS genannten abstrakten Definition der Kampfhunde als auch
hinsichtlich der im Folgenden aufgeführten Listen, in der Hunde mit ihrem
handelsüblichen Namen aufgeführt sind, und der Einbeziehung von Mischlingen dieser
Hunde untereinander oder mit anderen Hunden.
89
Die abstrakte Beschreibung mit den Begriffsmerkmalen „besondere Veranlagung,
Erziehung, Charaktereigenschaft" entspricht noch den Anforderungen an eine
ausreichende Normklarheit,
90
vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000, a.a.O.,
91
weil es sich dabei um zulässigerweise verwandte unbestimmte Rechtsbegriffe handelt.
Auch wenn damit gewisse Anforderungen an die Steuerehrlichkeit gestellt werden,
können die Halter der entsprechenden Hunde unschwer erkennen, dass die Haltung
ihres Hundes einer erhöhten Steuer unterliegt.
92
Es kommt auch nicht darauf an, ob die Bezeichnung als Kampfhund kynologisch-
fachwissenschaftlich korrekt ist. Ebenso wenig steht die inhaltlich hinreichende
Bestimmtheit deswegen in Frage, weil die Satzung keine Rassedefinitionen enthält.
Dem Gesetzgeber steht die Wahl seiner Terminologie frei, er kann sich den
handelsüblichen Bezeichnungen anschließen,
93
BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000, a.a.O., OVG Koblenz, Urteil vom 19. September
2000 a.a.O.
94
Dementsprechend reicht es mit Blick auf das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit
von Normen aus, wenn der Gesetzgeber handelsübliche Bezeichnungen übernimmt,
ohne diese (erneut) zu definieren.
95
Ob es einen chinesischen Kampfhund tatsächlich gibt, kann aus diesen Gründen offen
bleiben, weil auch insoweit für die Betroffenen erkennbar ist, ob sie der erhöhten Steuer
unterliegen. Der Satzungsgeber, der wie erwähnt, in der Wahl seiner Terminologie frei
ist, hat nämlich die in den Listen der LHV NRW verwandten Bezeichnungen
übernommen. Der Verordnungsgeber hat den Shar Pei als chinesischen Kampfhund
bezeichnet, was sich aus der Beschriftung der der LHV beigefügten Fotos ergibt. Dort
hat der Verordnungsgeber den Begriff des chinesischen Kampfhundes und den des Pei
synonym verwandt. Auch die Klägerin des Verfahrens 25 K 3927/01 konnte daher
erkennen, dass sie mit ihrem Hund, einem Shar Pei, der erhöhten Hundesteuer
unterliegt.
96
Ob darüber hinaus in den Listen Hunderassen aufgeführt werden, zu denen sich keine
Hunde zuordnen lassen, weil auch schon dem Verordnungsgeber bzw. dem Ministerium
für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes
Nordrhein-Westfalen das äußere Erscheinungsbild dieser Tiere nicht bekannt ist und er
nicht in der Lage war, ein Foto dieser Tiere der von ihm herausgegebenen Broschüre
„Landeshundeverordnung LHV NRW" zuzufügen, kann ebenso dahinstehen, wie die
Frage, ob in der Aufzählung auch Bezeichnungen enthalten sind, die keine international
anerkannte Hunderassen darstellen, weil dies allenfalls eine Teilnichtigkeit der Satzung
97
zur Folge hätte, auf die sich die Halter von Hunden anderer Rassen nicht berufen
können,
vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 19. September 2000, a.a.O. und OVG Lüneburg, Urteil
vom 19. Februar 1997, a.a.O.
98
Der Umstand, dass die Zuordnung eines Hundes zu einer bestimmten Rasse oder die
Feststellung, ob es sich bei einem Mischling um eine Kreuzung mit einem der
aufgelisteten Hunde handelt, oftmals mit Schwierigkeiten verbunden ist, ändert an der
inhaltlich hinreichenden Bestimmtheit dieser Normen nichts. Diese Frage muss
nötigenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen geklärt werden.
99
ebenso zum Jagdsteuerrecht bei einem auf den Pachtpreis „gleich gearteter"
Jagdbezirke abstellenden Maßstab OVG NRW, Urteil vom 17. Mai 1995 - 22 A 2968/93 -
und Beweisbeschluss vom 17. Mai 1995 - 22 A 2950/93 -.
100
Die Hinzuziehung von Sachverständigen stellt entgegen der vorgetragenen Ansicht
keine unzulässige Beleihung eines Privaten mit hoheitlichen Aufgaben dar, weil diese
lediglich bei der Sachverhaltsaufklärung der Behörde mitwirken, jedoch keine eigenen
hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen. Die Entscheidung, wie der Sachverhalt
letztendlich zu werten ist, ob etwa dem Sachverständigengutachten gefolgt werden kann
und welche Schlüsse sich daraus für die Gesetzesanwendung ergeben, verbleibt bei
der Behörde,
101
vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 8. März 2001, a.a.O.
102
Allein der Beklagte ist berechtigt, die hoheitliche Aufgabe der Steuerfestsetzung
vorzunehmen und hat dabei in eigener Zuständigkeit zu prüfen, ob eine für Kampfhunde
erhöhte Steuer oder der einfache Hundesteuersatz zu zahlen ist.
103
Weiter stellt die Satzungsregelung, mit der auch solche Hundehalter einer erhöhten
Hundesteuer unterliegen, die ihren Kampfhund schon vor deren Erlass gehalten haben,
keine unzulässige Rückwirkung dar. Insoweit handelt es sich nämlich um eine
tatbestandliche Rückanknüpfung für zukünftig beabsichtigte Rechtsfolgen, bzw. um
einen Fall der sog. unechten Rückwirkung. Diese sind aber grundsätzlich zulässig, weil
nicht nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende
Tatbestände eingegriffen wird. Überwiegende Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes,
die im vorliegenden Einzelfall ausnahmsweise zur Unzulässigkeit der unechten
Rückwirkung führen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber hat einen weit
gehenden Gestaltungsspielraum, bestehende Gesetze zu ändern und neue Pflichten zu
begründen. Dementsprechend darf der Bürger nur bei besonderen
Vertrauenstatbeständen erwarten, dass die Gesetzeslage unverändert bestehen bleibt.
Dies gilt auch für die Schaffung einer zusätzlichen Steuer und die Änderung eines
Steuertarifs,
104
vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000, a.a.O., m.w.N.
105
Solche besonderen Vertrauenstatbestände sind nicht ersichtlich. Insbesondere
begründete nicht der Erlass der LHV NRW bei den betroffenen Hundehaltern ein
schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass sie von einer erhöhten Hundesteuer verschont
bleiben könnten. Wie dargelegt, bestehen die Regelungen der LHV NRW und
106
diejenigen einer erhöhten Hundesteuer für sog. Kampfhunde unabhängig voneinander.
Sie ergänzen sich zum Teil und schließen sich jedenfalls nicht aus. Ebenso wenig ist
der vorgetragenen Auffassung zu folgen, dass eine erhöhte Hundesteuer für sog.
Kampfhunde rechtswidrig ist und die Hundehalter deshalb nicht mehr mit ihrer
Einführung zu rechnen brauchten. Die Frage der Rechtmäßigkeit der sog.
Kampfhundesteuer wird nämlich nach wie vor kontrovers diskutiert, sodass ein
schutzwürdiges Vertrauen darauf, der örtliche Satzungsgeber werde diese Regelungen
für rechtswidrig halten und deshalb von ihrer Einführung absehen, schon nicht
entstehen konnte. Auch die Erwartung, der Satzungsgeber werde jedenfalls bereits
vorhandene Hundehaltungen von der erhöhten Steuer ausnehmen, ist aus den oben
genannten Gründen ebenfalls nicht schutzwürdig. Ebenso wenig wird und muss auch
bei der Anhebung anderer Steuern, etwa der Kfz-Steuer danach unterschieden werden,
ob der Betroffene vor der Steueranhebung bereits im Besitz eines Fahrzeugs war. Die
Schaffung einer Übergangsregelung war daher verfassungsrechtlich nicht geboten. Der
Steuersatz erreicht - wie dargelegt - nicht eine solche Höhe, dass die Abschaffung des
Hundes erzwungen würde. Im Übrigen enthält die über § 12 Abs. 1 Nr. 5 a KAG
anwendbare Abgabenordnung für besondere Einzelfälle Billigkeitsmaßnahmen, wie
z.B. die Stundung (§ 222 AO), den Zahlungsaufschub (§ 223 AO) oder den Erlass der
Steuerschuld aus Billigkeitsgründen (§ 227 AO). Insbesondere die Möglichkeit des
Steuererlasses gibt dem Beklagten, worauf das BVerwG bereits hingewiesen hatte, das
Recht und die Pflicht, unter besonderen Umständen sich aus dem Fehlen einer
Übergangsregelung ergebende Härten auszugleichen. Folglich bietet das Steuerrecht
durchaus eine Handhabe, im besonderen Einzelfall eine Situation zu vermeiden, in der
ein seit Jahren sich friedlich verhaltender Kampfhund in ein Tierheim gegeben oder gar
getötet werden müsste, weil sein Halter die erhöhte Steuerlast objektiv nicht tragen
kann,
vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000, a.a.O.
107
Die erhöhte Steuer für sog. Kampfhunde verstößt weiter nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Der Gleichheitssatz bedeutet für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, Gleiches
gleich und Ungleiches nach seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln.
Dies gilt nicht ausnahmslos, sondern nur, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit der
Sachverhalte so bedeutsam sind, dass ihre Beachtung unter
Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheint. Dabei ist dem Gesetzgeber weit
gehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen. Dies gilt auch für die das Steuerrecht
beherrschende Ausprägung des Art. 3 Abs. 1 GG als Grundsatz der Steuergerechtigkeit.
Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen
können - insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen - durch
Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt sein,
solange die durch die typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in
einem angemessenen Verhältnis zu den steuerlichen Vorteilen der Typisierung steht.
Die mit der Typisierung einhergehende Gestaltungsfreiheit muss der Gesetzgeber
allerdings sachgerecht ausüben. Eine vom Gesetz vorgenommene Ungleichbehandlung
muss sich im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs auf einen
vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund zurückführen lassen. Was dabei in
Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich
nicht allgemein und abstrakt feststellen, sondern nur in Bezug auf die Eigenart des
konkreten Sachbereichs, der geregelt wird,
108
vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000, a.a.O.
109
Die Gerichte haben dabei jedoch infolge des dem Gesetzgeber eingeräumten
Gestaltungsspielraums nicht zu prüfen, ob die zweckmäßigste, vernünftigste oder
gerechteste Lösung gewählt worden ist,
110
BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000, a.a.O.; OVG Lüneburg, Urteil vom 19. Februar
1997. a.a.O.
111
In Anwendung dieser Grundsätze ist eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG nicht
festzustellen. Der Satzungsgeber hat durch die Verwendung von Rasselisten und die
daran anknüpfende, für die Hunde der Anlage 1 unwiderlegliche Vermutung der
Kampfhundeeigenschaft seinen ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum nicht
überschritten und den Gleichheitssatz nicht verletzt. Der Anknüpfung an Rassen liegen
vernünftige Gründe zu Grunde. Dem steht nicht entgegen, dass - wie vorgetragen wird -
die Gefährlichkeit eines konkreten Hunde entscheidend von weiteren Faktoren abhängt,
wie etwa seiner Erziehung oder seiner Haltung. Der Satzungsgeber hat nämlich
zulässigerweise nicht auf die Gefährlichkeit eines konkreten Tieres abgestellt, sondern
an die abstrakte Gefahr im Sinne eines durch Züchtung herbeigeführten Potentials des
gefährlichen Hundes angeknüpft, weil er mit seiner Satzung nicht in erster Linie oder gar
ausschließlich einen im engeren Sinn „polizeilichen" Zweck der aktuellen und
konkreten Gefahrenabwehr verfolgt, sondern sein verfolgtes Ziel ist, ganz generell und
langfristig in seinem Gebiet solche Hunde zurückzudrängen, die auf Grund ihres
Züchtungspotentials in besonderer Weise die Eignung aufweisen, ein gefährliches
Verhalten zu entwickeln, sei es auch erst nach dem Hinzutreten weiterer Faktoren,
112
vgl. BVerwG; Urteil vom 19. Januar 2000, a.a.O.
113
Die Differenzierung in der Satzung knüpft daher in Kenntnis der Tatsache, dass dies für
die Gefährlichkeit eines Hundes nicht allein aussagefähig ist, an die genetisch
vorhandenen Möglichkeiten eines Hundes in charakterlicher und/oder körperlicher
Hinsicht an, die diesen besonders gefährlich werden lassen können.
114
Es liegen auch keine durchgreifenden zwischenzeitlich neu gewonnenen Erfahrungen
und Erkenntnisse vor, die die seinerzeitigen Überlegungen des BVerwG zur
Zulässigkeit einer an die Zugehörigkeit zu einer Rasse anknüpfende Differenzierung
und die damit verbundene Typisierung und Pauschalierung als völlig überholt
erscheinen lassen.
115
Die an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse anknüpfende Differenzierung
beruht letztlich auf der Überlegung, dass auch genetische Faktoren für die Gefährlichkeit
eines Hundes bestimmend sind. Diese Differenzierung wäre daher mit Blick auf den
dem Satzungsgeber zustehenden Gestaltungsspielraum nur dann unzulässig, wenn aus
heutiger Sicht feststünde, dass Veranlagungen in diesem Zusammenhang überhaupt
keine Rolle spielen. Davon kann aber auch unter Berücksichtigung der im
Klageverfahren vorgelegten Erkenntnisse nach wie vor nicht gesprochen werden.
Vielmehr wird die Tatsache, dass auch die genetischen Anlagen für die Gefährlichkeit
eines Hundes eine, wenn auch untergeordnete Rolle spielen, durch die im
Klageverfahren vorgelegten Veröffentlichungen nicht in Abrede gestellt (Feddersen-
Petersen, Gutachten zur Frage der gesteigerten Agressivität und Gefährlichkeit
bestimmter Rassen: „Verhalten ist ja stets das Ergebnis einer differenzierten
Wechselwirkung zwischen Erbanlagen und Umweltreizen" ; Eichelberg, Kampfhunde -
116
Gefährliche Hunde: „Bestimmte Hunderassen sind auf Grund ihrer morphologischen
Eigenschaften und ihrer angeborenen Talente geeigneter für bestimmte Aufgaben als
andere, sie sind aber nicht a priori „gebrauchsfertig"...";ders., Gutachten zur Frage der
Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen:" ...das Verhalten eines Hundes (ist) eine
Kombination aus angeborenen Verhaltensbereitschaften und erlernter
Verhaltensweise...". Colette Pillonel, Aggression und Gefährlichkeit:
„Aggressionsverhalten ist das Ergebnis von Erbgut und Umwelt."). Dementsprechend
sollen etwa die Hunde, die sich als besonders aggressiv erwiesen haben, von der Zucht
ausgenommen werden (vgl. dazu Prof. Dr. Irene Stur, Zur Frage der besonderen
Gefährlichkeit von Hunden auf Grund der Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen), was
die Annahme rechtfertigt, dass auch von Seiten der Züchter von einer Vererbbarkeit
dieses Verhaltens ausgegangen wird, oder dies jedenfalls nicht ausgeschlossen
werden kann, mag auch eine gezielte Zucht aggressiven Verhaltens mit einigen
Schwierigkeiten verbunden sein. Die Gutachter kommen zwar alle zu dem Schluss,
dass nicht nachgewiesen ist, dass bestimmte Rassen gefährlicher sind als andere, weil
die dieser Annahme zu Grunde liegenden Experimente nur unzureichend seien. Da sie
jedoch andererseits nicht in Abrede stellen, dass auch genetische Faktoren die
Gefährlichkeit eines Hundes mit bestimmen, wird die Annahme, dass gewisse Rassen
ein größeres Gefahrenpotential aufweisen, nach Auffassung der Kammer nicht
zwingend widerlegt. Schon mit Blick auf den dem Gesetzgeber zustehenden
Gestaltungsspielraum ist die Differenzierung anhand von Rassen daher auch heute
noch nicht als unvernünftig i.S.v. Art. 3 Abs. 1 GG zu bezeichnen, mag es auch durchaus
sinnvollere und gerechtere Möglichkeiten geben, anhand derer eine Differenzierung von
gefährlicheren und weniger gefährlichen Hunden vorgenommen werden kann und mit
denen der Schutz der Bevölkerung erreicht werden könnte.
Die Auswahl der Hunderassen, deren Haltung einer erhöhten Steuer unterliegen soll,
verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Dies folgt hinsichtlich der Hunde der Anlage 1
daraus, dass sie in der Vergangenheit überwiegend für die Verwendung zu
Hundekämpfen gezüchtet worden sind,
117
vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000, a.a.O. und im Einzelnen OVG Lüneburg, Urteil
vom 19. Februar 1997, a.a.O.
118
Dementsprechend war ihre Zuchtauswahl darauf gerichtet, besondere
Angriffsbereitschaft, Beschädigungswillen ohne Hemmung und herabgesetzte
Empfindlichkeit gegen Angriffe des Gegners zu stärken, ohne dass es nach obigen
Ausführungen darauf ankommt, ob dies tatsächlich immer nachweislich gelungen ist.
119
Die abstrakte Gefahr der Hunde der Anlage 2 konnte der Satzungsgeber deshalb
annehmen, weil es sich bei den dort aufgeführten Hunden um große und zum Teil
massige Hunde handelt und die Gefahr von Verletzungen und sonstigen Schäden nicht
nur bei bissigen Hunden im Sinne einer Bösartigkeit, sondern auch bei großen Hunden
besteht, wenn sie die Eigenart haben, Menschen anzuspringen, ohne sie verletzen zu
wollen,
120
vgl. dazu auch OVG Koblenz, Urteil vom 19. September 2000, a.a.O.
121
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist weiter nicht darin zu sehen, dass andere
vergleichbar gefährliche Hunde, wie etwa der deutsche Schäferhund, nicht in die Liste
der als Kampfhund bezeichneten Hunde aufgenommen worden sind. Zum einen werden
122
diese Hunde von der abstrakten Beschreibung in § 2 Abs. 3 Satz 1 HStS erfasst. Zum
anderen hat das BVerwG, dem sich die erkennende Kammer auch insoweit anschließt,
dazu bereits ausgeführt, dass diese Privilegierung auf sachlichen Gründen beruht, weil
sich zu Gunsten der Halter dieser Hunde eine größere soziale Akzeptanz auswirke, die
sog. Wach- und Gebrauchshunde in der Bevölkerung genössen. Die Bevölkerung sei
mit diesen Hunden vertraut und billige deren Verwendung bei der Polizei und anderen
Ordnungsdiensten sowie als Wach-, Such- und Blindenhunde. Bei Züchtern und Haltern
dieser Hunde bestünde zudem eine größere Erfahrung bezüglich der Eigenschaften
dieser Hunde, deren Gefährlichkeit dadurch eher beherrschbar erscheine,
vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000, a.a.O.
123
Die zur Klagebegründung vorgelegten Statistiken belegen schon deshalb nichts
Gegenteiliges, weil diese lediglich Aussagen über Fälle machen, in denen sich die
Gefahr von einzelnen Tieren konkretisiert hat. Über die abstrakte Gefahr, die von
bestimmten Tieren ausgeht, sind sie daher nicht ohne weiteres aussagefähig,
124
vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 8. März 2001.
125
Unabhängig von obigen Ausführungen ist die Anknüpfung an Hunderassen selbst und
die Aufzählung der in der Satzung genannten Hunderassen unter
Gleichheitsgesichtspunkten aber auch deswegen nicht zu beanstanden, weil nicht ohne
weitere Prüfung offensichtlich ist, dass die Aufnahme der Hunde in die
landesrechtlichen Listen, die die Hundesteuersatzung lediglich übernommen hat,
willkürlich ist. Schließt sich der örtliche Steuersatzungsgeber aber, der sich mit
Lenkungsabsicht entscheidet, erhöhte Steuersätze für solche Hunde einzuführen, die
nach dem Landesrecht wegen ihrer Gefährlichkeit nicht gezüchtet werden dürfen oder
anderen ordnungsrechtlichen Restriktionen (wie etwa eine Haltererlaubnis u.ä.)
unterliegen, einer vom Landesrecht vorgegebenen Typisierung an, so ist er nicht
gehalten, um dem Gleichheitssatz zu genügen, von sich aus weitere, eigene
Untersuchungen darüber anzustellen, ob die durch die landesrechtliche Regelung
vorgenommene Typisierung sachgerecht ist, sondern kann sich für die Abgrenzung, der
Haltung welcher Hunderassen er mit erhöhter Besteuerung entgegenwirken will, dieser
rechtlichen Vorgabe anschließen.
126
so OVG NRW, Beschluss vom 15. Mai 2001, 14 B 472/01, für Hunde der Anlage 1.
127
Lediglich dann, wenn ohne weitere Prüfung offensichtlich wäre, dass die Aufnahme der
Hunde in die landesrechtlichen Listen willkürlich ist, könnte der kommunale
Satzungsgeber gehalten sein, insoweit eigene Untersuchungen anzustellen. Für eine
solche Situation, d.h. dass die Aufnahme in die Listen offensichtlich willkürlich ist, ist
schon im Hinblick auf die zahlreichen zur Klagebegründung vorgelegten Gutachten
nichts ersichtlich.
128
vgl. OVG NRW; Beschluss vom 15. Mai 2001, a.a.O.
129
Insbesondere ist nach obigen Ausführungen auch die Aufnahme der Hunde Kuvaz nicht
offensichtlich willkürlich, weil es sich auch dabei um relativ große Hunde handelt.
130
Eine offensichtliche Willkür der Listen ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass in der
E Straßenordnung zum Teil andere Hunderassen aufgeführt sind, weil diese insoweit
131
wegen Verstoßes gegen die höherrangige LHV NRW nichtig ist.
Auch der Umstand, dass für die Hunde der Anlage 1 kein Gegenbeweis zugelassen ist,
mit der Folge, dass im Einzelfall auch unauffällige Hunde der erhöhten Steuer
unterliegen, verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Da es dem Satzungsgeber - wie
dargelegt - nicht auf die Verfolgung in erster Linie polizeilicher Zwecke der
Gefahrenabwehr, sondern auf die langfristige Verdrängung bestimmter Hunderassen
aus dem Stadtgebiet ankommt, ist die unwiderlegliche Vermutung in besonderer Weise
geeignet, dieses Ziel zu erreichen,
132
BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000, a.a.O.
133
Das BVerwG hat in dem genannte Urteil zu einer vergleichbaren Satzungsregelung
weiter ausgeführt:
134
„Müssten nämlich in bestimmten Einzelfällen Ausnahmen von der höheren Besteuerung
gewährt werden, so würde das dem steuerlichen Lenkungszweck, den Bestand an
potentiell gefährlichen Hunden möglichst gering zu halten, zuwiderlaufen. Da aus der
nur potentiellen Gefährlichkeit - wie ausgeführt - bei Hinzutreten anderer Faktoren
jederzeit eine akute Gefahr erwachsen kann, ist es sachgerecht, bereits an dem
abstrakten Gefahrenpotential anzuknüpfen. Unabhängig davon ist die in § 4 III 2 HStS
verankerte unwiderlegliche Vermutung und die darin liegende Typisierung durch
Praktikabilitätsgesichtspunkte gedeckt. Eine Untersuchung, ob Kampfhunde im
Einzelfall so gehalten werden, dass sich die potentielle Gefährlichkeit nicht auswirkt,
stößt wegen der teilweisen Unberechenbarkeit des tierischen Verhaltens (vgl. BGHZ 67,
129 (132 f.)) schon objektiv auf Schwierigkeiten. Zumindest kann es nicht als
Überschreitung des bestehenden Gestaltungsspielraums angesehen werden, wenn der
Satzungsgeber wegen der erheblichen Anforderungen an die von ihm erwartete
Zuverlässigkeit des „Entlastungsnachweises" und wegen des damit verbundenen
Aufwands zu dem gesetzestechnisch gebräuchlichen Mittel einer unwiderleglichen
Vermutung greift."
135
Auch der dagegen erhobene Einwand greift nicht durch, der mit der Einzelüberprüfung
der Hunde verbundene Verwaltungsaufwand entstehe bereits bei Anwendung der LHV
NRW, weshalb der Nachweis der Ungefährlichkeit des einzelnen Tieres gegenüber der
Steuerbehörde mit keinem zusätzlichen Aufwand verbunden sei, mit der Folge, dass
Gründe der Verwaltungsvereinfachung nicht mehr zur Rechtfertigung der
Unwiderleglichkeit der Vermutung betreffend die Hunde der Anlage 1 herangezogen
werden könnten. Denn zum einen entsteht auch dann, wenn die Einzelprüfung bereits
im Rahmen der Anwendung der LHV NRW vorgenommen wird, für den Beklagten im
Rahmen der Steuerfestsetzung bei der Überprüfung der von den Hundehaltern
vorgelegten ordnungsrechtlichen Bescheinigungen über die Ungefährlichkeit ihres
Hundes ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand, mag dieser auch wesentlich geringer
sein. Zum anderen verkennt diese Auffassung, dass das BVerwG die unwiderlegliche
Vermutung bei Hunden der Anlage 1 in erster Linie im Hinblick auf das mit der Satzung
verfolgte Lenkungsziel der Verdrängung dieser Hunderassen aus dem Gebiet des
Beklagten für zulässig erachtet hat. Dieses Anliegen würde vereitelt oder jedenfalls
wesentlich erschwert, ließe man im Einzelfall den Nachweis der Ungefährlichkeit des
Tieres zu,
136
BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000, a.a.O.
137
Es stellt sich zudem nicht als eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende
Ungleichbehandlung dar, wenn ein solcher Gegenbeweis im Gegensatz zu den Hunden
der Anlage 1 bei Hunden der Anlage 2 zugelassen wird.
138
Dies folgt schon daraus, dass der Satzungsgeber sich auch insoweit der Typisierung in
der LHV NRW angeschlossen hat, in der von einer geringeren Gefährlichkeit der in der
Anlage 2 aufgeführten Hunde ausgegangen wird, was sich insbesondere daran zeigt,
dass ein Zuchtverbot für Hunde der Anlage 2 nicht existiert.
139
Die erhöhte Steuer für sog. Kampfhunde verstößt weiter nicht - wie zur
Klagebegründung vorgetragen - deswegen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil mit ihr nur
ehrliche Hundehalter einer höheren Steuer unterworfen werden könnten, nicht jedoch
diejenigen, die unzuverlässig sind und von deren Hundehaltung daher eine
unvergleichlich viel größere Gefahr ausgeht.
140
Der Gleichheitssatz wäre nur dann verletzt, wenn die Steuerpflichtigen durch die
Steuerbestimmungen rechtlich und tatsächlich nicht gleich belastet würden. Dies kann
der Fall sein, wenn die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung
des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt wäre. So trifft eine Steuerbelastung, die
nahezu allein auf der Erklärungsbereitschaft des Steuerpflichtigen beruht, weil die
Erhebungsregelungen Kontrollen der Steuererklärungen weit gehend ausschließen,
nicht mehr alle und verfehlt damit die steuerliche Lastengleichheit,
141
vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 BvR 1493/89 -, BVerfGE 84, 239 ff. (268 ff.).
142
Davon kann bei der erhöhten Steuer für sog Kampfhunde nicht die Rede sein. So
enthält die Hundesteuersatzung der Stadt E in § 9 zunächst die Pflicht des
Hundehalters, die Hundehaltung anzumelden. Darüber hinaus sieht die Satzung vor,
dass der Hundehalter eine Steuermarke bekommt, ohne die der Hund nicht außerhalb
der Wohnung oder des befriedeten Besitztums herumlaufen darf. Diese muss zudem
sichtbar befestigt sein und ist auf Verlangen den Beauftragten der Stadt vorzuzeigen, § 9
Abs. 3 HStS. Bereits diese Regelungen sollen sicherstellen, dass die Besteuerung auch
gegen den Willen der betroffenen Hundehalter durchgeführt werden kann. Darüber
hinaus sehen die über § 12 Abs. 1 Nr. 3 a KAG anwendbaren Vorschriften der AO
weitere Möglichkeiten zur Feststellung der Steuerpflicht vor, wie etwa die Einnahme des
Augenscheins, § 98 AO, welche das Recht der betrauten Amtsträger umfasst, mit den
zugezogenen Sachverständigen Grundstücke, Räume u.s.w. zu betreten. Dies
ermöglicht neben der Feststellung, ob überhaupt ein Hund gehalten wird, auch, mit Hilfe
eines Sachverständigen in Zweifelsfällen die Zugehörigkeit eines Hundes zu einer
bestimmten Rasse oder die Gefährlichkeit des Tieres im Einzelfall zu klären. Allein
durch diese Vorschriften ist der tatsächliche Erfolg der Gleichheit der Besteuerung
prinzipiell Gewähr leistet. Mit diesen Regelungen wird daher vermieden, dass es
nahezu allein auf die Erklärungsbereitschaft des Steuerpflichtigen ankommt. Prinzipielle
Schwierigkeiten, wie sie bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften gegeben waren,
bestehen bei der Erhebung der sog. Kampfhundesteuer dagegen nicht. Dass es auch zu
sog. Vollzugsmängeln bei der Erhebung der erhöhten Hundesteuer kommen kann und
tatsächlich wohl auch kommt, führt noch nicht zu einer Art. 3 Abs. 1 GG verletzenden
Belastungsungleichheit,
143
vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27. Juni 1991, a.a.O.
144
Art. 3 Abs. 1 GG bzw. das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip aus Art. 20 GG verlangt
schließlich entgegen der zur Klagebegründung vertretenen Ansicht nicht ein
Parlamentsgesetz für die in der Satzung vorgenommenen Differenzierungen. Das für
den Erlass von Steuersatzungen nach § 3 KAG zuständige „Parlament" ist der Stadtrat,
der die im vorliegenden Verfahren angegriffene Satzung beschlossen hat. Zudem
bewegt sich jede Steuersatzung notwendig im Rahmen von Art. 3 GG, weil jede
Satzung eine Differenzierung zwischen den von dem Steuertatbestand erfassten
Personenkreis, die die Steuer zu zahlen haben, und denjenigen treffen muss, die dem
Tatbestand nicht unterfallen, ohne dass deswegen die Rechtssetzungskompetenz des
Satzungsgebers in Frage stünde.
145
Die Regelungen der Steuersatzung sind, soweit es die erhöhte Besteuerung der
Kampfhundehaltung betrifft, verhältnismäßig. So weit zur Klagebegründung die
Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mit dem Argument gerügt wird, der
Schutz der Bevölkerung könne nicht wirksam durch die an die Rassezugehörigkeit
anknüpfende erhöhte Besteuerung erreicht werden, wird verkannt, dass der
Nebenzweck der Satzung - wie dargelegt - nicht der polizeiliche Zweck der
Gefahrenabwehr ist, sondern mit der erhöhten Kampfhundesteuer das Ziel verfolgt wird,
bestimmte Rassen aus dem Stadtgebiet zu entfernen. Dass die erhöhte
Kampfhundesteuer geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen, ergibt sich daraus, dass es
nach wie vor nicht ausgeschlossen ist, den Hund etwa in ein anderes Bundesland
abzugeben. Sofern dies im Einzelfall ausgeschlossen ist, tritt der Hauptzweck der
Steuererhebung, die Einnahmeerzielung wieder in den Vordergrund,
146
vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000, a.a.O.
147
Die erhöhte Steuer für die Haltung bestimmter Hunderassen ist auch erforderlich,
insbesondere ist ein milderes Mittel zur Erreichung dieses Ziels nicht ersichtlich.
Schließlich ist die erhöhte Kampfhundesteuer auch angemessen. Eventuell im Einzelfall
auftretenden Härten kann - wie dargelegt - mit Mitteln des allgemeinen Steuerrechts
nach §§ 222, 223, 227 AO begegnet werden.
148
Die Regelungen verstoßen weiter auch nicht gegen das Tierschutzgesetz, etwa
dadurch, dass sie die betroffenen Hundehalter - wie behauptet - dazu zwingen, ihren
Hund in überfüllte Tierheime abzugeben, in denen diese nicht mehr artgemäß gehalten
und versorgt werden, oder das Tier gar zu töten. Denn zum einen wird den
Hundehaltern dieses Verhalten durch die Satzung nicht vorgeschrieben. Die
Hundesteuer ist - wie dargelegt - für den durchschnittlichen Hundehalter durchaus noch
zahlbar. Im Übrigen bietet das Steuerrecht - worauf bereits mehrfach hingewiesen
worden ist - mit den Regelungen etwa über den Steuererlass durchaus eine Handhabe,
solche Härten zu vermeiden.
149
Soweit mit der Klagebegründung auf rechtliche Bedenken gegen neu eingeführte
bundesrechtliche Strafvorschriften hingewiesen wird - § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur
Bekämpfung gefährlicher Hunde vom 12. April 2001 (BGBl. I, 530) lässt nach seinem
Wortlaut die Rückkehr mit bestimmten Hunden aus einem Auslandsurlaub nicht zu, §
143 StGB n.F. begründet bundesgesetzlich eine Strafbarkeit unter Verweis auf 16
verschiedene Landesrechte, was mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG bedenklich
erscheinen mag -, ist dies im Verfahren vor dem Amtsgericht zu klären und hindert die
Steuererhebung nicht.
150
Schließlich verstoßen die Regelungen der Hundesteuersatzung über die erhöhte Steuer
für sog. Kampfhunde nicht gegen Vorschriften des EG-Vertrages (EGV).
151
Ein Verstoß gegen Art. 90 EGV liegt schon deswegen nicht vor, weil dieser lediglich
eine Regelung für die sog. indirekten Steuern trifft,
152
vgl. Voß in „Das Recht der Europäischen Union", Stand Januar 2001, Art. 90 Rdn. 19
153
bei denen Steuerzahler und derjenige, der die Steuern letztlich zu tragen hat,
auseinander fallen. Bei der Hundesteuer handelt es sich jedoch um eine direkte Steuer,
d.h. sie wird bei demjenigen erhoben, bei dem sie letztlich wirtschaftlich auch verbleibt.
Im Übrigen ist in der Satzung die gleiche Besteuerung unterschiedslos für eingeführte
und inländische Kampfhunde vorgesehen. Auch, wenn es wegen der landesrechtlichen
Zuchtverbote dazu kommen sollte, dass es einzelne Rassen in Deutschland nicht mehr
gibt, führt dies zu keinem Verstoß gegen Art. 90 EGV, weil dieser im Falle des Fehlens
gleichartiger inländischer Waren keine Schranken setzt,
154
so VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 8. März 2001.
155
Auch ein Verstoß gegen Art. 28 EGV lässt sich nicht feststellen. Danach sind
mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung
zwischen den Mitgliedstaaten verboten.
156
Von einer Maßnahme gleicher Wirkung kann vorliegend aber nicht die Rede sein, weil
die von der erhöhten Steuer für Kampfhunde ausgehenden Wirkungen zu ungewiss und
von zu mittelbarer Bedeutung sind, um den Handel zwischen den Mitgliedstaaten
tatsächlich behindern zu können,
157
vgl. dazu Leible in „Das Recht der Europäischen Union", Stand Januar 2001, Art. 28
Rdn 15,
158
zumal die erhöhte Steuer - wie dargelegt - durchaus für den durchschnittlichen
Hundehalter bezahlbar ist. Die Regelungen der Hundesteuer haben zudem in Wahrheit
überhaupt keine Beziehung zur Einfuhr, weder bezwecken noch bewirken sie, den
Handel mit den Mitgliedstaaten zu regeln,
159
vgl. näher zu diesem Erfordernis Leible, a.a.O., Rdn. 27.
160
Insbesondere enthält die Hundesteuersatzung des Beklagten weder Regelungen der
Verkaufsmodalitäten von sog. Kampfhunden noch Produktvorschriften. Letztlich wären
die Vorschriften aber auch über Art. 30 EGV gedeckt, da sie im weitesten Sinne dem
Schutz von Leben und Gesundheit dienen sollen.
161
Dem steht auch nicht entgegen, dass die EU-Kommission nach einer im Termin zur
mündlichen Verhandlung überreichten Mitteilung in dem Spiegel von 7/2001 in dem in
dem Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde vorgesehenen strengen Importverbot
für bestimmte Hunderassen einen Eingriff in den freien Warenverkehr sieht und von der
Bundesregierung eine Erklärung verlangt haben soll. Denn bei einem Importverbot
handelt es sich im Gegensatz zu den Regelungen der Hundesteuersatzung
unzweifelhaft um eine Einfuhrbeschränkung. Davon abgesehen lässt sich aus der
162
überreichten Kopie aus dem Spiegel nicht entnehmen, dass diese Beschränkung von
der EU-Kommission für vertragswidrig gehalten wird."
In einem weiteren Urteil vom 13. Mai 2002 (25 K 6538/01) zu einer gleichgelagerten
satzungsrechtlichen Regelung hat die Kammer zudem noch Folgendes ausgeführt:
163
„Ergänzend ist im Hinblick auf die Ausführungen der Klägerin weiter auszuführen, dass
das Bestimmtheitsgebot der Satzung wegen der Anknüpfung an bestimmte Rassen
auch nicht unter dem Gesichtspunkt verletzt ist, dass das genetische Potenzial bei
Hunden außerordentlich hoch ist und deshalb weder anhand des Aussehens noch
anhand des Erbgutes eine Rassezuordnung erfolgen könne. Sowohl Hundezüchter als
auch der Markt orientieren sich beim Kauf und bei der Zucht nach der Rasse eines
Hundes, es muss also Möglichkeiten geben, die Rasse eines Hundes zu bestimmen,
sonst hätte sich ein derartiges Verhalten nicht eingebürgert. Ob diese Zuordnung
strengen erbbiologischen Anforderungen genügt, ist dabei unerheblich. Für eine
Satzung, in der sich der Satzungsgeber wie bereits dargelegt an den üblichen Kriterien
orientieren darf, kommt es nicht darauf an, ob die Bezeichnung oder Zuordnung
wissenschaftlich korrekt ist, sondern allein darauf, ob Steuerpflichtiger und Verwaltung -
notfalls mit Hilfe eines Sachverständigen - ermitteln können, welche Hundehalter mit
einer erhöhten Steuer belegt werden.
164
Der Vortrag, dass bestimmte Rasselisten ungeeignet seien, potenziell gefährliche
Hunderassen zu erfassen, führt ebenfalls nicht zu einer anderen Bewertung. Es geht,
wie bereits in dem zitierten Urteil dargelegt, nicht um die Frage, ob der einzelne Hund
gefährlich ist, sondern darum, ob bestimmte Hunderassen potenziell gefährlich werden
können. Anknüpfungspunkt für die erhöhte Hundesteuer ist das genetische Potenzial,
welches bei dem Hinzutreten weiterer Umstände die aufgelisteten Hunde zu einer
Gefahr werden lassen. Dass das genetische Potenzial bei der Gefährlichkeit von
Hunden möglicherweise nur eine untergeordnete Rolle spielt, hindert den
Satzungsgeber aber nicht daran, hier eine erhöhte Steuer zu verlangen, schon um
deutlich zu machen, dass das genetische Potenzial des Tieres bei Hinzutreten
besonderer Umstände zu Gefahren führt und damit eine artgerechte Haltung in
besonderem Maße erforderlich ist.
165
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2001 - 9 BN 2/01 -, DVBl. 2002, S. 67-69.
166
Wenn vorgetragen wird, die Rasselisten seien von Seiten des Ministeriums nicht mit der
nötigen Sachkunde erstellt worden, so vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Zwar
haben offenbar zwei Kynologen aus Enttäuschung über die getroffene Regelung ihre
Teilnahme an dem Verfahren zum Erlass eines Landeshundegesetzes abgesagt,
zahlreiche andere haben aber an der Anhörung im Landtag zu diesem Thema
teilgenommen.
167
Vgl. Landtag intern, 5/2002, S. 9
168
Dass Rasselisten zur Eindämmung der mit der Hundehaltung verbundenen Gefahren
ungeeignet seien, ergibt sich auch nicht am Beispiel der Stadt Frankfurt. Wenn
vorgetragen wird, dort hätten die Beißvorfälle nach Einführung einer Hundeverordnung
mit einer Liste gefährlicher Hunderassen um 12% zugenommen, obwohl die Zahl der
Hunde, die in der Liste aufgeführt gewesen seien, zurückgegangen sei, so ergibt sich
daraus nicht, ob die Beißvorfälle nicht noch stärker zugenommen hätten, wenn diese
169
Listen nicht eingeführt worden wären. Außerdem ist zu bedenken, dass allein der Erlass
einer derartigen Verordnung dazu führen könnte, dass sich auch das Anzeigeverhalten
der Betroffenen ändert, die eine Bissverletzung öfter anzeigen, wenn durch eine
derartige Verordnung signalisiert wird, dass ihre Beschwerde ernst genommen wird.
Auch die Frage, ob die Landeshundeverordnung mit ihren sämtlichen Regelungen
rechtmäßig ist, ist für die Hundesteuersatzung der Stadt O nicht erheblich. Selbst wenn
das Züchtungs- oder Einfuhrverbot wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht
unwirksam sein sollten, bleiben die übrigen Regelungen der Landeshundeverordnung,
insbesondere die Listen der Anhänge 1 und 2 der Landeshundeverordnung, davon
unberührt. Die Verweisung auf diese Listen, wie sie in der Hundesteuersatzung
vorgenommen wird, läuft damit ungeachtet der Wirksamkeit einzelner Regelungen der
Landeshundeverordnung nicht ins Leere.
170
Die Hundesteuersatzung verstößt auch nicht gegen die Landeshundeverordnung und
damit gegen höherrangiges Recht. Die Hundesteuersatzung greift die Einteilung der
Landeshundeverordnung in mehr oder weniger gefährliche Hunderassen auf und folgt
ihr, indem sie drei Steuertarife für die Hundesteuer bildet. Dass mit der
Hundesteuersatzung die Ausrottung auch von Hunderassen der Anlage 2 im Gegensatz
zur Landeshundeverordnung bezweckt werden soll, ergibt sich aus der Satzung nicht.
Die Besteuerung dieser Hunde ist nicht so hoch, dass die Befürchtung gerechtfertigt
wäre, Hunde dieser Rassen würden gänzlich aus dem Straßenbild verschwinden.
Vielmehr dürfte die höhere Besteuerung das Bewusstsein der Hundehalter dafür
schärfen, dass es sich um große Tiere handelt, die nicht ganz einfach zu halten und zu
versorgen sind und die gegenüber anderen Hunden höhere Anforderungen an den
Tierhalter stellen. Damit wird der Zweck schon teilweise erreicht, die Gefahren, die von
Hunden dieser Rassen ausgehen können, einzudämmen, . Wie bei anderen
Aufwandssteuern auch, ist jedoch nicht davon auszugehen, dass der höher besteuerte
Aufwand gänzlich unterbleibt. So streben trotz der Jagdsteuer weiterhin viele Menschen
danach, eine Jagd zu pachten und trotz Vergnügungssteuer frönen viele Menschen dem
Glücksspiel.
171
Im Gegensatz zu dem Vortrag der Kläger in einigen Verfahren ermitteln die
Steuerbehörden sehr wohl die Hunde, die zwar keiner der in Anhang 1 und 2 der
Landeshundeverordnung aufgeführten Hunderassen angehören, aber gleichwohl
auffällig geworden sind. Bei entsprechenden Anzeigen gehen offenbar inzwischen
regelmäßig Durchschläge vom Ordnungsamt an die Steuerbehörde, wie die Kammer
auch anhand entsprechender Verfahren betreffend die Festsetzung einer erhöhten
Hundesteuer für auffällig gewordene Hunde erkennt.
172
Die Satzung verstößt auch nicht deshalb gegen Art. 3 GG, weil damit Kreuzungen oder
Mischlinge von den in Anhang 1 oder 2 zur Landeshundeverordnung aufgeführten
Rassen mit einer Rasse der gleichen Liste von der Satzung nicht erfasst werden. Wie
die Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung erläuterten, sollen derartige
Mischlinge auch erfasst sein. Dass der Wortlaut der Satzung insoweit unklar ist und
deshalb diese Tiere nicht mit einer erhöhten Steuer belegt, bedeutet daher, dass der
Satzungsgeber insoweit die Satzung noch einmal überarbeiten und eine entsprechende
Regelung rückwirkend in Kraft setzen muss, wenn er seine Absichten umsetzen will.
Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass der Satzungsgeber nach nicht
sachgerechten Gesichtspunkten differenzieren wollte.
173
Die Hundesteuersatzung verstößt auch nicht gegen Recht der europäischen
Gemeinschaft, insbesondere Art. 90 EG-Vertrag wird nicht verletzt. Im Gegensatz zu der
von klägerseite im Verfahren vorgetragenen Meinung werden direkte Steuern durch
diese Vorschrift nicht erfasst.
174
Nach Art. 90 EG-Vertrag erheben die Mitgliedsstaaten auf Waren aus anderen
Mitgliedstaaten weder unmittelbar noch mittelbar höhere inländische Abgaben gleich
welcher Art, als gleichartige inländische Waren unmittelbar oder mittelbar zu tragen
haben. Die Mitgliedsstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten keine
inländischen Abgaben, die geeignet sind , andere Produktionen mittelbar zu schützen.
175
Der Wortlaut dieser Vorschrift bezieht sich nur auf indirekte Steuern oder sonstige
Abgaben, nicht aber auf direkte Steuern wie hier die Hundesteuer.
176
Vgl. Stumpf, in Schwarze, EU-Kommentar, Anm. 14 und 34 zu Art. 90 EG- Vertrag
177
Den steuerlichen Regelungen des EG-Vertrages kommt vor allem eine Hilfs- und
Ergänzungsfunktion im Hinblick auf die übrigen Vertragspolitiken zu. Dieser funktionelle
Rahmen begrenzt den Anwendungsbereich der Vorschrift. Die Gemeinschaft will durch
die Regelung verhindern, dass sich Waren aus anderen Ländern durch die
diskriminierende Erhebung von Abgaben gegenüber inländischen Waren verteuern.
Direkte Steuern, die jedenfalls zu einer Verteuerung inländischer Waren führen, werden
durch diese Vorschrift nicht erfasst und sollen nach dem Gemeinschaftsrecht im
Regelungsbereich der Mitgliedsstaaten verbleiben. Ziel der Vorschrift ist es, den freien
Warenverkehr zu schützen, d. h. zu verhindern, dass der Abgabepreis ausländischer
Waren an den Verbraucher durch die Erhebung von Abgaben gegenüber inländischen
Produkten künstlich verteuert wird. Direkte Steuern, die wie die kommunale
Aufwandsteuer den besonderen Aufwand der Lebensführung besteuern sollen, werden
davon nicht erfasst, auch dann nicht, wenn sie tatsächlich nur ausländische Produkte
betreffen sollten.
178
Auch Art. 12 des EG-Vertrages wird durch die angefochtene Hundesteuerregelung nicht
verletzt. Nach dieser Vorschrift ist unbeschadet der besonderen Bestimmungen des EG-
Vertrages jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Es ist
nicht ersichtlich, dass ausländische Züchter durch die Hundesteuererhebung des
Beklagten gegenüber deutschen Hundezüchtern diskriminiert werden. Vielmehr treffen
die erhöhten Hundesteuern auch deutsche Züchter, wenn sie die Rassen anbieten, die
im Anhang I und II der Landeshundeverordnung aufgeführt werden. Dass Hunde dieser
Rassen typischerweise nur von ausländischen Züchtern angeboten werden, ist nicht
ersichtlich, zumal sich insoweit auch in Deutschland entsprechende Zuchtvereine
gebildet haben. So ist von klägerischer Seite im Verfahren auch darauf hingewiesen
worden, dass die Mastiffs in Deutschland bereits seit 1886 gezüchtet werden.
179
Schließlich verstößt die Hundesteuersatzung des Beklagten auch nicht gegen die auf
Grund von Art. 37 (ex-Art. 43) des EG-Vertrages erlassene Richtlinie 91/174/EWG des
Rates vom 25. März 1991. Diese regelt allein den Handel mit landwirtschaftlichen
Produkten, nicht aber den Handel mit anderen Tieren wie z.B. Hunden, wie sich aus der
Ermächtigungsgrundlage ergibt, die die Landwirtschaft und den Handel mit
landwirtschaftlichen Erzeugnissen betrifft, wobei Erzeugnisse Produkte des Bodens und
deren erste Verarbeitungsstufe sind. Hunde sind kein landwirtschaftliches Produkt, weil
ihre Zucht völlig unabhängig von einem landwirtschaftlichen Betrieb erfolgen kann. Sie
180
werden auch in der Regel nicht in einem landwirtschaftlichen Betrieb gezüchtet, selbst
gewerbsmäßige Züchter kommen im Hinblick auf die Eigenart der Tiere mit
verhältnismäßig kleinen Flächen aus. Außerdem wird für die Zucht keine
landwirtschaftliche Futtergrundlage benötigt. „
An diesen Erwägungen hält die Kammer allein aus Gründen der Rechtssicherheit fest,
nachdem das OVG NRW gleichlautende Urteile der Kammer bislang nicht aufgehoben
oder die Berufung dagegen zugelassen, sondern die dagegen eingelegten Anträge auf
Zulassung der Berufung - soweit über diese bislang entschieden worden ist - abgelehnt
hat (vgl. etwa Beschlüsse vom 24. Januar 2002 14 A 4748/01 und vom 29. Januar 2002
14 A 4747/01) und sich auch weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht der zu
beurteilende Sachverhalt in entscheidungserheblicher Weise verändert hat.
181
Insbesondere folgt aus dem Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht in seiner
Entscheidung vom 3. Juli 2002 (- 6 CN 8/01 -, NVwZ 2003, 95 ff.) die niedersächsische
Gefahrtierverordnung für nichtig erklärt hat, nicht, dass auch die Regelungen der
Hundesteuersatzungen nichtig sind, die erhöhte Sätze für die Haltung sog. gefährlicher
Hunderassen vorsehen. Denn das BVerwG hat in dieser Entscheidung nicht die
Aufstellung von Rasselisten als solche beanstandet, sondern dass die
Gefahrtierverordnung, die auf einer Ermächtigungsnorm in dem niedersächsischen
Gefahrenabwehrgesetz beruht, mit der Anknüpfung an Hunderassen Eingriffe auf Grund
eines bloßen Gefahrenverdachtes erlaubt, obwohl die zu Grunde liegende
Ermächtigungsnorm - ebenso wie dies in Nordrhein- Westfalen der Fall ist, vgl. §§ 25 ff.
OBG - ein Recht zum Einschreiten nur bei Vorliegen einer tatsächlich bestehenden
abstrakten Gefahr bietet. Die niedersächsische Gefahrtierverordnung war daher nicht
durch die gem. Art. 80 GG Inhalt, Zweck und Ausmaß vorgebende Ermächtigungsnorm
gedeckt. Das BVerwG hat in der besagten Entscheidung aber zugleich darauf
hingewiesen, dass diese engen Vorgaben für die Hundesteuersatzungen, die
hinsichtlich der Steuersätze nach Hunderassen differenzieren, gerade nicht gelten, u.a.
deshalb weil der Satzungsgeber anders als der Verordnungsgeber über einen anderen
und größeren normativen Gestaltungsspielraum verfügt und die der Satzung zu Grunde
liegende Ermächtigungsnorm gerade nicht an die Vorgaben des Art. 80 GG gebunden
ist. Dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der
Steuergesetzgebungskompetenz auch dann keine weitere Sachkompetenz hinzutreten
muss, wenn mit der steuerlichen Regelung andere nicht in den steuerlichen
Kompetenzbereich fallende Lenkungswirkungen erzielt werden sollen, hat die Kammer
in dem bereits zitierten Urteil vom 5. Oktober 2001 ausgeführt. Die Wirksamkeit der
Hundesteuersatzung bleibt daher selbst dann unberührt, wenn auf der Grundlage der
Ausführungen des BVerwG seinem Urteil vom 3. Juli 2002 auch von der Nichtigkeit der
LHV NRW auszugehen ist. Denn das BVerwG hat in diesem Urteil nicht festgestellt,
dass die Anknüpfung der Regelungen an die Hunderassen an sich verfassungswidrig
ist, sondern ausgeführt, dass auch nach dem gegenwärtigen Wissensstand bestimmte
Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können und diese daher
keine Gefahr sondern lediglich einen Gefahrenverdacht zu begründen vermögen, was
zwar nicht Eingriffe zum Zwecke der Gefahrenabwehr zu rechtfertigen vermag, als
Grundlage für eine steuerliche Differenzierung jedoch genügt. Zweifel an der in der
Landeshundeverordnung aufgeführten Liste der Hunderassen werden durch dieses
Urteil daher nicht begründet. Es gibt auch keine sonstigen durchgreifenden neuen
Erkenntnisse, die den Satzungsgeber bereits im Jahr 2001 bzw. 2002 dazu veranlasst
haben könnten, Korrekturen hinsichtlich der aufgelisteten Hunderassen vorzunehmen.
Zwar gibt es immer wieder neue kontroverse wissenschaftliche Abhandlungen zu
182
diesem Thema, die überwiegend zu dem Ergebnis gelangen, dass die Zugehörigkeit zu
einer Rasse nichts Entscheidendes über die Gefährlichkeit des einzelnen
Hundeindividuums aussagt. Ob und gegebenenfalls welche Hunderassen über ein das
„normale" Maß übersteigende Gefahrenpotential verfügen, das sich erst durch das
Hinzutreten einer entsprechenden Erziehung bei dem entsprechenden Hund tatsächlich
zu einer Gefahr entwickelt, kann aber, worauf das BVerwG in seiner Entscheidung vom
3. Juli 2002 hingewiesen hatte, nach wie vor nicht eindeutig beantwortet werden. Aus
diesem Grund ist daher nach Auffassung der Kammer im Sinne der Rechtsprechung des
OVG NRW in dem Beschluss vom 15. Mai 2001 (14 B 472/01) nach wie vor nicht
offensichtlich, dass die Liste der in der - wenn auch wegen Fehlens einer
ausreichenden Verordnungsermächtigung nichtigen - LHV NRW aufgeführten
Hunderassen willkürlich ist. Soweit der Landesgesetzgeber in dem seit dem 1. Januar
2003 geltenden Landeshundegesetz nunmehr zahlreiche Hunderassen nicht mehr
aufführt, werden die Satzungsgeber, die sich entsprechend der Rechtsprechung des
OVG NRW diesen landesrechtlichen Vorgaben angeschlossen haben, zu prüfen haben,
ob und inwieweit sie ihre Satzungen diesen neuen landesrechtlichen Regelungen
anpassen und/oder eigene Untersuchungen anstellen wollen. Bis zum Ablauf des
Jahres 2002 existierten jedoch keine gegenteiligen landesrechtlichen Vorgaben, an die
der Satzungsgeber seine Satzung hätte anpassen können oder müssen. Hinzu kommt
noch, dass der Landesgesetzgeber mit der Fassung des Landeshundegesetzes und der
dortigen Auflistung von Hunderassen zeigt, dass er die Anknüpfung an Rassen nach
wie vor für sachgerecht hält und auch die neueren Abhandlungen zu diesem Thema -
wie dargelegt - nicht dazu führen, dass diese Annahme ohne weitere Prüfung als
offensichtlich falsch anzusehen ist. Dementsprechend waren die in der mündlichen
Verhandlung gestellten Beweisanträge zur Gefährlichkeit von Hunderassen und im
Einzelnen aufgeführter Hunderassen aus den in dem Sitzungsprotokoll genannten
Gründen und deshalb abzulehnen, weil diese Frage für die Entscheidung des
Rechtsstreits unerheblich ist. Denn den Satzungsgeber trifft nach der zitierten
Rechtsprechung des OVG NRW über den hier nicht gegebenen Fall der
Offensichtlichkeit hinaus keine eigene Prüfungspflicht.
Nach der in dem oben zitierten Urteil der Kammer im Einzelnen dargelegten Auffassung
der Kammer werden europarechtliche Regelungen nicht verletzt, zumal die Steuer
entgegen Art. 90 EG nicht auf die Ware „Hund" erhoben wird, sondern an eine
menschliche Handlung, nämlich die Hundehaltung anknüpft. Dementsprechend hatte
das BVerwG in seiner grundlegenden Entscheidung zur sog. Kampfhundesteuer vom
19. Januar 2000 europarechtliche Zweifelsfragen auch gar nicht aufgezeigt. Letztlich
folgt auch aus dem Beschluss des BVerwG vom 27. Juni 2002 - 9 BN 2.02 - nichts
Gegenteiliges, weil das BVerwG die Frage, ob die erhöhte Besteuerung als verdeckte
Diskriminierung gegen europarechtliche Vorschriften verstößt, gerade offen gelassen
hat.
183
Schließlich führt auch - wie bereits in dem Urteil vom 5. Oktober 2001 dargelegt - eine
Ungleichbehandlung beim Vollzug der satzungsrechtlichen Regelungen nicht zur
Nichtigkeit der Satzungsbestimmungen selbst, weil diese nicht in der rechtlichen
Ausgestaltung des Erhebungsverfahrens selbst begründet ist und reine Vollzugsmängel
nicht zu einer Art. 3 Abs. 1 GG verletzenden Belastungsungleichheit führen.
184
Auch mit dem Hilfsantrag hat die Klage keinen Erfolg.
185
Zwar ist die Klage zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zulässig
186
geworden, obwohl der Kläger sie entgegen § 75 VwGO schon vor Ablauf von drei
Monaten nach Erhebung des Widerspruchs erhoben hatte und damit zu einem
Zeitpunkt, zu dem der Beklagte über den von ihm eingelegten Widerspruch noch gar
nicht entscheiden haben konnte, da der Kläger erst gleichzeitig mit der Erhebung der
Klage seinen Widerspruch verfasst hat. Der Beklagte hat den Widerspruch des Klägers
aber mit Widerspruchsbescheid vom 19. April 2002 als unbegründet zurückgewiesen,
diesen durfte der Kläger nunmehr in das Verfahren mit einbeziehen und sein
Verpflichtungsbegehren weiterverfolgen.
Die Klage ist aber auch mit dem Hilfsantrag unbegründet.
187
Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 14. Februar 2002 und sein
Widerspruchsbescheid vom 19. April 2002 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger
nicht in seinen Rechten; dem Kläger steht ein Anspruch auf teilweisen Erlass der
Hundesteuer nicht zu, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
188
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erlass der Hundesteuer aus der einzig in Betracht
kommenden Norm des § 227 AO. Danach können Ansprüche aus dem Steuerverhältnis
ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen
Falles unbillig wäre.
189
Das ist bei dem Kläger nicht der Fall. Er hat keine Gründe dafür vorgetragen, aus denen
sich eine sachliche oder persönliche Unbilligkeit der Erhebung der erhöhten
Hundesteuer in seinem Fall ergibt. Sachliche Billigkeitsgründe stehen ihm nicht zur
Seite. Eine sachliche Unbilligkeit liegt nämlich nur dann vor, wenn die Besteuerung
eines Sachverhaltes, der unter einen gesetzlichen Steuertatbestand fällt, im Einzelfall
mit dem Sinn und Zweck des Steuergesetzes nicht vereinbar ist, also den Wertungen
des Gesetzes zuwiderläuft, d.h. wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des
Gesetzgebers dieser die im Billigkeitswege begehrt Entscheidung - hätte er die Frage
geregelt - im Sinne des Erlasses getroffen haben würde. Hat dagegen der Gesetzgeber
bei der Anordnung der Besteuerung Härten in Kauf genommen, ist nur zu prüfen, ob die
getroffene Regelung in ihren Härten Bedenken begegnet. Ein Billigkeitserlass darf nicht
gewährt werden, um ein vom Gesetzgeber zulässigerweise gewolltes oder in Kauf
genommenes Ergebnis abzuwenden,
190
vgl. BVerwG, Urteil vom 29. September 1982 - 8 C 48.82, Buchholz, Sammel- und
Nachschlagewerk der Rechtsprechung des BVerwG 401.0 § 227 AO Nr. 6.
191
In Anwendung dieser Grundsätze rechtfertigt das Vorbringen des Klägers zur
Begründung seines Erlassantrages einen Steuererlass aus sachlichen
Billigkeitsgründen nicht. Der Kläger hat sich zur Begründung allein auf die aus seiner
Sicht gegebene Rechtswidrigkeit der Erhebung der erhöhten Steuer für sog.
Kampfhunde berufen. Mit diesem Argument kann ein Erlass aber nicht gewährt werden.
Die Frage der Rechtswidrigkeit der Steuerfestsetzung selbst ist mit Rechtsmitteln gegen
den betreffenden Heranziehungsbescheid geltend zu machen und kann - von dem hier
nicht gegebenen Ausnahmefall abgesehen, in dem die Steuerfestsetzung offensichtlich
rechtswidrig ist und es dem Betroffenen nicht möglich und zumutbar war, sich gegen die
Fehlerhaftigkeit rechtzeitig zu wehren - einen Erlass im Grundsatz nicht rechtfertigen,
192
vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 1984 - 8 C 43.82 -, Buchholz a.a.O., „ 227 AO Nr. 9 und
Urteil vom 23. August 1990 - 8 C 42.88 -, Buchholz a.a.O., § 22 AO Nr. 1.
193
Andere Erlassgründe hat der Kläger nicht vorgetragen, sie sind auch sonst nicht
ersichtlich. Insbesondere bedeutet die Tatsache, dass die Satzung der Stadt E keine
Übergangsregelung für solche Hundehalter enthält, die ihre Hunde schon vor der
Einführung der erhöhten Steuersätze gehalten haben auch unter Berücksichtigung der
Ausführungen des BVerwG in seinem Urteil vom 19. Januar 2000 nicht, dass in diesen
Fällen automatisch ein Steuererlass gewährt werden muss. Vielmehr hat das BVerwG
einen Steuererlass als Korrektiv nur bei Vorliegen besonderer Umstände in besonderen
Einzelfällen angesprochen, in denen etwa ein seit Jahren sich friedlich verhaltender
Kampfhund in ein Tierheim abgegeben oder gar getötet werden müsste, weil sein Halter
die erhöhte Steuerlast objektiv nicht tragen kann. Dass der Kläger infolge der erhöhten
Steuersätze seine Hunde abgeben muss, da er wirtschaftlich nicht in der Lage ist, die
erhöhten Steuersätze zu tragen, hat er nicht substantiiert dargetan.
194
Andere Erlassgründe sind weder vom Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich.
195
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO:
196
Die Berufung war gem. §124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der
Rechtssache zuzulassen, um eine Klärung der sich in diesem Verfahren stellenden
Rechtsfragen herbeizuführen, die auch in zahlreichen anderen Verfahren von
Bedeutung sind, nachdem sich das OVG NW nach dem Erkenntnisstand der Kammer
mit diesen in einem Hauptsacheverfahren bislang nicht befasst hat.
197
198