Urteil des VG Düsseldorf vom 18.01.2011

VG Düsseldorf (auf probe, altersgrenze, einstellung, kläger, beamtenverhältnis, berufliche tätigkeit, wissenschaft und forschung, probe, ex nunc, zeitpunkt)

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 2 K 6101/09
Datum:
18.01.2011
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 K 6101/09
Schlagworte:
Klage eines im Angestelltenverhältnis stehenden Lehrers auf
Übernahme/Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe
Laufbahnrechtliche Höchstaltersgrenze Vereinbarkeit der einschlägigen
Bestimmungen der Laufbahnverordnung des Landes Nordrhein-
Westfalen in der Fassung vom 30.06.2009 mit höherrangigem Recht
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des beizutreibenden Betrages ab-
wenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
Der am 00.0.1966 geborene Kläger steht als Lehrer im Angestelltenverhältnis im
öffentlichen Schuldienst des beklagten Landes. Er begehrt die Einstellung in das
Beamtenverhältnis auf Probe.
1
Nach Erwerb der Fachoberschulreife im Jahr 1984 durchlief er eine Ausbildung als
Elektroinstallateur. Von August 1988 bis März 1990 leistete er Zivildienst. Im Juli 1991
erwarb er die Fachhochschulreife. Anschließend begann er ein Studium der
Nachrichtentechnik. Ab September 1997 studierte er das Fach "Allgemeine
Vermessung, Berg- und Ingenieurvermessung", das er im Oktober 2001 mit der Prüfung
zum Diplom-Ingenieur abschloss. Im selben Monat nahm er eine berufliche Tätigkeit in
dem Ingenieurbüro B auf. Durch Bescheid des Versorgungsamtes E vom 26. März 2002
wurde ihm für die Zeit vom 27. März 2003 bis 26. September 2002 für die Betreuung
seines am 27. September 2000 geborenen Sohnes Q Erziehungsgeld gewährt.
Ausweislich des von ihm im Einstellungsverfahren vorgelegten Lebenslaufs begann er
im Mai 2002 eine Tätigkeit als Vermessungsingenieur bei dem Ingenieur- und
Vermessungsbüro B1 GmbH. Aus Anlass der Geburt seines am 00.00.2004 geborenen
Sohnes M befand er sich in der Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 in Elternzeit, übte
aber zugleich eine Teilzeitbeschäftigung von 25,5 Wochenarbeitsstunden aus. Mit
Ablauf des Monats Juni 2005 endete seine Beschäftigung in dem Ingenieurbüro.
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Auf den Antrag des Klägers vom 28. Februar 2005 erkannte die Bezirksregierung L
dessen Diplomprüfung als Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und
Realschulen und den entsprechenden Jahrgangsstufen der Gesamtschulen in den
Fächern Geographie und Physik an. Auf seine schulscharfe Bewerbung vom
23. November 2005 hin wurde er aufgrund des Arbeitsvertrages vom 31. Januar 2006
zum Zwecke der Erprobung vom 1. Februar 2006 bis zum 31. Januar 2008 als
vollzeitbeschäftigte Lehrkraft im Angestelltenverhältnis beschäftigt und zugleich im
Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses in den
Vorbereitungsdienst für Lehrämter an Schulen nach der Ordnung des
berufsbegleitenden Vorbereitungsdienstes und der Zweiten Staatsprüfung für Lehrämter
an Schulen (OVP-B) aufgenommen. In § 5 des Vertrages ist geregelt, dass der Kläger
nach Feststellung der Bewährung im Schuldienst und Bestehen der Zweiten
Staatsprüfung in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis nach dem
Bundesangestelltentarifvertrag oder – sofern die beamtenrechtlichen Voraussetzungen
hierfür vorliegen – in ein Beamtenverhältnis auf Probe übernommen wird. Am 9.
November 2007 bestand der Kläger die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Grund-
, Haupt- und Realschulen und den entsprechenden Jahrgangsstufen der
Gesamtschulen in den Fächern Geographie und Physik. Daraufhin wurde er ab dem 1.
Februar 2008 auf unbestimmte Zeit als vollzeitbeschäftigte Lehrkraft im
Angestelltenverhältnis eingestellt und dem Schulamt der Stadt F zur Dienstleistung
zugewiesen.
3
Bereits mit Bescheid vom 8. Januar 2008 hatte die Bezirksregierung dem Kläger
mitgeteilt, dass eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe wegen
Überschreitens der Höchstaltersgrenze von 35 Jahren nicht möglich sei. Der Kläger
erhob hiergegen Klage, die durch Urteil des erkennenden Gerichts vom 15. August 2008
– 2 K 1651/08 – abgewiesen wurde.
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Mit Schreiben vom 28. Februar 2009 beantragte der Kläger erneut seine Übernahme in
das Beamtenverhältnis auf Probe. Er nahm hierbei Bezug auf die Urteile des
Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 - 2 C 18.07 - u.a. (BVerwGE 133,
143), in denen die Regelungen der Altersgrenze in § 52 Abs. 1, § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
der Verordnung über die Laufbahnen der Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen in der
Fassung der Bekanntmachung vom 23. November 1995 (GV. NRW. 1996 S. 1), zuletzt
geändert durch Gesetz vom 3. Mai 2005 (GV. NRW. S. 498 - nachfolgend: LVO a.F.), als
unwirksam angesehen worden waren.
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Nachdem durch die Verordnung zur Änderung der Laufbahnverordnung und anderer
dienstrechtlicher Vorschriften vom 30. Juni 2009 (GV. NRW. S. 381 – nachfolgend:
Änderungsverordnung) mit Wirkung vom 18. Juli 2009 unter anderem die
Bestimmungen der Laufbahnverordnung (nachfolgend: LVO n.F.) lehnte die
Bezirksregierung E1 (Bezirksregierung) den Antrag des Klägers nach vorheriger
Anhörung durch Bescheid vom 28. August 2009 mit folgender Begründung ab: Der
Kläger habe im Zeitpunkt der Antragstellung das 40. Lebensjahr überschritten gehabt.
Gründe, die eine Ausnahme von der Höchstaltersgrenze rechtfertigen könnten, lägen
ausweislich der Personalakte nicht vor.
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Der Kläger hat am 23. September 2009 die vorliegende Klage erhoben, zu deren
Begründung er vorträgt:
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Er habe einen Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Der
Umstand, dass der anlässlich seiner Einstellung in den Schuldienst ergangene
ablehnende Bescheid rechtkräftig geworden sei, stehe dem nicht entgegen, weil dessen
Regelungswirkung auf die damalige Rechtslage beschränkt sei.
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Eine Überschreitung der laufbahnrechtliche Altersgrenze könne ihm nicht entgegen
gehalten werden, weil die Vorschrift des § 52 LVO n.F. ebenso wie die entsprechende
Bestimmung der LVO a.F. unwirksam sei. Eine laufbahnrechtliche Altersgrenze für die
Einstellung in das Beamtenverhältnis sei durch das Allgemeine
Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ausgeschlossen, weil sie eine Diskriminierung wegen
des Alters enthalte und auch nicht gemäß § 10 AGG gerechtfertigt sei. Eine
unterschiedliche Behandlung wegen des Alters sei nur zulässig, wenn sie objektiv und
angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sei. Das sei bei der
laufbahnrechtlichen Altersgrenze nicht der Fall. Das Bundesverwaltungsgericht habe in
seinen Urteilen vom 19. Februar 2009 (a.a.O.) nicht überzeugend dargelegt, dass es ein
legitimes Ziel sei, dass die Dienstzeit eines Beamten mit dem Anspruch auf Versorgung
während des Ruhestandes in ein angemessenes Verhältnis gebracht werde. Auch der
Hinweis auf die Zielsetzung einer ausgewogenen Altersstruktur könne nicht
überzeugen. Zudem finde sich der vom Bundesverwaltungsgericht in seinen Urteilen
vom 19. Februar 2009 (a.a.O.) bezüglich der Bestimmungen der LVO a.F. zur
Altersgrenze festgestellte Mangel auch in der LVO n.F. wieder. Insbesondere lasse § 84
Abs. 2 Satz 1 LVO n.F. weiterhin Ausnahmen vom Höchstalter nach freiem Ermessen
zu. Ziffer 1 weise lediglich pauschal auf einzelne Fälle hin, ohne diese, wie es nach der
Wesentlichkeitstheorie geboten gewesen wäre, weiter durch Gruppenbildung zu
konkretisieren.
9
Jedenfalls stehe ihm bei Zugrundelegung der Vorschriften der LVO n.F. ein Anspruch
auf Verbeamtung zu, weil die Überschreitung der Altersgrenze von 40 Jahren nach § 6
Abs. 2 Satz 1 LVO n.F. wegen der Ableistung des Zivildienstes und der
Kinderbetreuungszeiten unschädlich sei. Er habe im Zeitpunkt der Antragstellung im
Februar 2009 die Altersgrenze von 40 Jahren um lediglich zwei Jahre und acht Monate
überschritten gehabt. Diesen Zeitraum könne er durch die 20 Monate Zivildienst sowie
die Elternzeit (insgesamt 12 Monate) ausgleichen. Er habe bei beiden Kindern zeitweise
die Betreuung übernommen. Soweit diese mit einer Erwerbstätigkeit gekoppelt gewesen
sei, sei das nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-
Westfalen (OVG NRW) vom 5. Januar 2007 – 6 A 2147/04 - unschädlich, da sich ihm
während dieser Erwerbstätigkeit eine Chance zur Einstellung in den öffentlichen
Schuldienst nicht geboten habe und ihm daher nicht vorgeworfen werden könne, eine
solche ausgeschlagen zu haben, um die Erwerbstätigkeit fortzusetzen. Vor diesem
Hintergrund sei bezüglich seines Sohnes M eine einjährige Verzögerung und bezüglich
seines Sohnes Q eine solche im Umfang von drei Jahren anzusetzen.
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Der Kläger beantragt,
11
das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung
Düsseldorf vom 28. August 2009 zu verpflichten, ihn in das
Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen,
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hilfsweise, das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides der
Bezirksregierung Düsseldorf vom 28. August 2009 zu verpflichten, über
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seinen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
15
Er verweist darauf, dass der Kläger die laufbahnrechtliche Altersgrenze überschritten
habe und beachtliche Verzögerungsgründe nicht anzuerkennen seien.
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Die Zeit des Wehrersatzdienstes könne nicht berücksichtigt werden, da diese
angesichts der nachfolgenden anderweitigen Berufstätigkeit nicht der entscheidende
Grund für die Überalterung gewesen sei. Gleiches gelte für die Betreuung des Kindes Q
im Jahr 2002.
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Die Kinderbetreuungszeiten für den Sohn M reichten in zeitlicher Hinsicht nicht aus.
Zum Zeitpunkt des weiteren Antrags des Klägers auf Verbeamtung im Februar 2009, auf
den nach dem Erlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung Nordrhein-
Westfalen vom 30. Juli 2009 abzustellen sei, sei die Altersgrenze von 40 Jahren um
rund zwei Jahre und sieben Monate überschritten gewesen, so dass auch die
Anrechnung einer Betreuungszeit von sechs Monaten nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe
c) LVO n.F. nicht ausreiche.
18
Es könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger ohne die geltend gemachten
Kinderbetreuungszeiten bereits ein Jahr früher - zum 1. Februar 2007 - unbefristet in den
Schuldienst hätte übernommen werden können. Denn da er seinerzeit über 40 Jahre alt
gewesen sei, hätte er auch bei Berücksichtigung von Kinderbetreuungszeiten die
Höchstaltersgrenze deutlich überschritten gehabt. Maßgebend sei insofern noch die
damalige Höchstaltersgrenze von 35 Jahren gewesen. Bei der Berechnung des
berücksichtigungsfähigen Umfangs der Kinderbetreuungszeiten sei auf die durch die
Kinderbetreuung individuell eingetretene tatsächliche Verzögerung der Einstellung
abzustellen. Unstreitig könne insoweit ein Jahr in Ansatz gebracht werden, da der
Kläger aufgrund der Kinderbetreuung nicht bereits zum 1. Februar 2005, sondern erst
zum 1. Februar 2006 (befristet) eingestellt worden sei. Hiervon ausgehend könnten
Kinderbetreuungszeiten auch nur im Umfang eines Jahres und nicht in dem nach § 6
Abs. 2 Satz 2 LVO n.F. höchstmöglichen Umfang von drei Jahren angerechnet werden.
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Die Kammer hat mit Beschluss vom 7. Dezember 2010 den Rechtsstreit dem
Vorsitzenden als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug
genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis auf
Probe noch darauf, dass der Beklagte über seinen Übernahmeantrag vom 28. Februar
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2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet (vgl. § 113
Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 VwGO).
Ein solcher Anspruch scheitert allerdings nicht bereits daran, dass der in seiner
Bewerbung um Einstellung in den öffentlichen Schuldienst aus November 2005
enthaltene Verbeamtungsantrag durch Bescheid vom 8. Januar 2008 abgelehnt worden
und dieser Bescheid nach rechtskräftiger Abweisung der hiergegen gerichteten Klage
durch Urteil des erkennenden Gerichts vom 15. August 2008 – 2 K 1651/08 -
bestandkräftig geworden ist. Denn der Antrag des Klägers vom 28. Februar 2009 konnte
ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen über das Wiederaufgreifen des
Verfahrens als Neuantrag behandelt und in der Sache beschieden werden, weil der
Regelungsgehalt der Entscheidung aus dem Jahr 2008 nur die damalige Rechtslage
betraf, dieser Bescheid insbesondere keinen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung enthielt.
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So zur abschlägigen Bescheidung eines Einstellungsantrags ausdrücklich:
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 10. Juli 1982 - 2 B 71.80 -, juris;
vgl. auch BVerwG, Urteile vom 14. März 1984 - 6 C 107.82 -, BVerwGE 69, 90, und
vom 3. Februar 1988 - 6 C 49.86 -, BVerwGE 79, 33; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli
2009 - 1 K 835/09 -, juris; VG Düsseldorf, Urteile vom 23. März 2010 – 2 K 7973/09 –
u.a., juris; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Auflage
2008, § 51 Rn. 47 und 49; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10.
Auflage 2008, § 51 Rn. 7a und 27.
26
Im Übrigen wäre der Weg über das Wiederaufgreifen des bestandskräftig
abgeschlossenen Verfahrens auch nicht erfolgversprechend gewesen, weil der Kläger
einen derartigen Antrag im Verwaltungsverfahren nicht gestellt hatte und
Wiederaufgreifensgründe gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG NRW auch nicht vorliegen.
Insbesondere war mit den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.
Februar 2009 (a.a.O.) ungeachtet dessen, dass hiermit zugleich die Feststellung der
Unwirksamkeit der dem Bescheid der Bezirksregierung vom 8. Januar 2008 zu Grunde
liegenden Rechtnormen einherging, lediglich eine Änderung der gerichtlichen
Spruchpraxis verbunden, die einer Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1
Nr. 1 VwVfG NRW nicht gleichzusetzen ist.
27
Vgl. BVerwG, EUGH-Vorlage vom 7. Juli 2007 - 6 C 24.03 -, BVerwGE 121, 226;
Sachs, a.a.O., § 51 Rn. 103 ff.; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 51 Rn. 30.
28
Eine beachtliche Änderung der Rechtslage ist auch nicht dadurch eingetreten, dass die
Vorschriften über die Höchstaltersgrenze durch die Änderungsverordnung neu gefasst
worden sind. Denn der Verordnungsgeber hat den Neuregelungen – insbesondere der
Anhebung der Altersgrenze auf 40 Jahre - keine Rückwirkung beigelegt, sondern
bewusst die zuvor bestandskräftig getroffenen Verwaltungsentscheidungen unberührt
gelassen.
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Der zur Entscheidung des Gerichts stehende Antrag, den Beklagten zur Einstellung
bzw. Übernahme des Klägers in das Beamtenverhältnis auf Probe zu verpflichten, hat
aber deshalb keinen Erfolg, weil dieser die laufbahnrechtliche Altersgrenze
überschritten hat und weder beachtliche Verzögerungstatbestände noch die
tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Höchstaltersgrenze
gegeben sind.
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Das erkennende Gericht hat über diesen Antrag nach den im Zeitpunkt der heutigen
gerichtlichen Entscheidung geltenden Bestimmungen der Laufbahnverordnung in der ab
dem 18. Juli 2009 geltenden Fassung zu befinden.
31
Ebenso OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Oktober 2010 – 6 A 1494/10 -, vom 26.
Oktober 2010 – 6 A 1690/10 - und vom 3. Dezember 2010 – 6 A 1698/10 –, jeweils
juris.
32
Aus § 113 Abs. 5 VwGO folgt, dass einer Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage nur
dann stattgegeben werden darf, wenn der Kläger im Zeitpunkt der gerichtlichen
Entscheidung einen Anspruch auf den mit der Klage begehrten Verwaltungsakt hat.
Allerdings ergibt sich nicht aus dem Prozessrecht, sondern ausschließlich aus dem
materiellen Recht, ob der vom Kläger mit der Verpflichtungsklage geltend gemachte
Anspruch besteht und welcher Beurteilungszeitpunkt maßgebend ist. Ändert sich
während des Verfahrens das materielle Recht, so ist auf der Grundlage dieser Änderung
zu entscheiden, ob das neue Recht einen durch das alte Recht begründeten Anspruch
beseitigt bzw. verändert oder unberührt lässt. Entscheidend ist, ob sich das geänderte
Recht nach seinem zeitlichen und inhaltlichen Geltungsanspruch auf den festgestellten
Sachverhalt erstreckt oder ob das alte Recht Anwendung findet.
33
Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Februar 1999 - 2 C 4.98 -, DokBer B 1999, 206, und vom
31. März 2004 - 8 C 5.03 -, BVerwGE 120, 246.
34
Letzteres ist dann der Fall, wenn das neue Recht eine Übergangsregelung enthält, die
bestimmt, dass eine frühere Rechtslage für in der Vergangenheit liegende Sachverhalte
weitergelten soll. Hiervon hat aber der Verordnungsgeber, wie näher auszuführen sein
wird, rechtsfehlerfrei abgesehen.
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Das Abstellen auf eine frühere Rechtslage ist auch nicht aus sonstigen Gründen
geboten. Es kommt zwar bei solchen begünstigenden Verwaltungsakten in Betracht, bei
denen das Gesetz
in der Vergangenheit liegenden) Zeitpunkt anknüpft, und wenn dem Gesetz nicht zu
entnehmen ist, dass ein solcher Anspruch wegen einer späteren Veränderung der Sach-
oder Rechtslage untergehen soll.
36
Vgl. Kopp, VwGO, Kommentar, 15. Auflage, § 113 Rn. 221; ferner Schnellenbach
a.a.O., S. 29.
37
Vorliegend schreibt das einschlägige Fachrecht derartiges aber nicht vor. Die
Einstellung in das Beamtenverhältnis ist nach den materiell-rechtlichen Bestimmungen
grundsätzlich nur dann möglich, wenn sämtliche beamten- und laufbahnrechtlichen
Voraussetzungen, zu denen neben (fachlicher, persönlicher und gesundheitlicher)
Eignung und Befähigung auch die Einhaltung der Altersgrenze gehört, im Zeitpunkt der
Begründung des Beamtenverhältnisses vorliegen. Insbesondere ist die Begründung
eines Beamtenverhältnisses nicht rückwirkend, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft
(ex nunc) möglich (§ 8 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG).
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Zwar kann die frühere Rechtslage zudem dann heranzuziehen sein, wenn die
Ermessensregelung es auch jetzt noch zulässt, dass dem Kläger die begehrte Leistung
bewilligt wird. So darf dem Kläger aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes allein
wegen der Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kein - jedenfalls kein
39
gesetzlich ausdrücklich gewollter - Nachteil erwachsen. Wäre das geltend gemachte
Begehren zu einem früheren Zeitpunkt als dem der Entscheidung des Gerichts
berechtigt gewesen, "könnte" (bzw. müsste) dies auch jetzt noch berücksichtigt werden.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1999 - 2 C 4.98 -, a.a.O.; vgl. ferner das eine
Klage auf Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe betreffende Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 1998 - 2 C 20.97 -, ZBR 1999, 22, in dem
die Berücksichtigung der früheren Rechtslage unter Hinweis auf die
Ausnahmemöglichkeit des § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LVO a.F. zugelassen wurde.
40
Auch in diesem Fall erfolgt zwar die Verbeamtung mit Wirkung ex nunc, maßgebend für
die Beantwortung der Frage, ob die Höchstaltersgrenze der Verbeamtung entgegen
steht, ist aber die in dem (in der Vergangenheit liegenden) Zeitpunkt der Begründung
des Dauerbeschäftigungsverhältnisses gültig gewesene Rechtslage.
41
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall hätten allerdings der
Einstellung des Klägers in das Beamtenverhältnis Altersgründe zunächst (bis zum
Inkrafttreten der LVO n.F.) nicht entgegen gestanden, wenn man der Ansicht des
Bundesverwaltungsgerichts folgt, dass nicht nur die auf § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LVO
a.F. gestützte Verwaltungspraxis bei der Einstellung von Lehrern mit Blick auf Art. 33
Abs. 2 GG durchgreifenden Bedenken begegnete, sondern auch die
Ausnahmebestimmung des § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LVO a.F. als solche und darüber
hinaus sogar die Bestimmung der Höchstaltersgrenze von 35 Jahren in § 52 Abs. 1 LVO
a.F. unwirksam waren.
Antragstellung Ende Februar 2009 überhaupt keine (wirksame) Altersgrenze gegeben.
Im hier zu entscheidenden Fall ist aber ein Abweichen von dem Grundsatz der
Maßgeblichkeit der derzeitigen Rechtslage aus den vorstehenden Gründen weder
gerechtfertigt noch gar geboten. Bei den zur Begründung der Anwendbarkeit alten
Rechts herangezogenen dogmatischen Ansätzen handelt es sich im weitesten Sinne
um mit der Dauer des Verwaltungs- bzw. Gerichtsverfahrens begründete
Billigkeitserwägungen sowie um die Beseitigung der Folgen rechtswidrigen
Verwaltungshandelns. Derartige Erwägungen gebieten vorliegend nicht das Abstellen
auf die Rechtslage vor Inkrafttreten der geänderten Laufbahnverordnung am 18. Juli
2009. Es begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass über den
erneuten Einstellungsantrag der Klägerin vom 28. Februar 2009 nicht vor dem
Inkrafttreten der LVO n.F. entschieden wurde. Nachdem die Urteile des
Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 den Beteiligten am bzw. ab dem 8.
April 2009 zugestellt und anhand der Urteilsgründe die Auswirkungen der
Entscheidungen auf die Wirksamkeit der einschlägigen Bestimmungen der
Laufbahnverordnung deutlich geworden waren, konnte zunächst dem
Verordnungsgeber Gelegenheit gegeben werden, die Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts umzusetzen. Das ist schließlich innerhalb eines
angemessenen Zeitraums von rund drei Monaten geschehen. Zu berücksichtigen ist
insoweit, dass nicht nur eine politische Grundsatzentscheidung über die Einführung
einer (neuen) Höchstaltersgrenze zu treffen war, sondern die nach den Vorgaben des
Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) hierbei zu beachtenden und abzuwägenden
Umstände den Erlass einer Änderungsverordnung nicht von heute auf morgen zuließen.
Das Abwarten der vom Beklagten angekündigten Neuregelung der Höchstaltersgrenze
durch den Verordnungsgeber war vor allem deshalb tunlich, weil das
Bundesverwaltungsgericht in seinen Urteilen vom 19. Februar 2009 nicht den
eigentlichen materiellen Gehalt der früheren laufbahnrechtlichen Regelung verworfen,
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vielmehr die Höchstaltersgrenze auch vor dem Hintergrund des in Art. 33 Abs. 2 GG mit
Verfassungsrang ausgestatteten Leistungsgrundsatzes als grundsätzlich zulässiges
Mittel zur Gewährleistung des beamtenrechtlichen Lebenszeitprinzips anerkannt hatte.
Ebenso Schnellenbach, a.a.O., S. 35 f., zum berechtigten Zuwarten mit der
Behördenentscheidung, sowie S. 31: "Sofern die Behörde dem (der Rechtswidrigkeit)
nicht durch eine (rückwirkende) Aufhebung des fraglichen Bescheides und eine
Neubescheidung unter Zugrundelegung des neuen
gewärtigen, dass sie in einem Verwaltungsstreitverfahren zu einer Neubescheidung
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts - d.h. (unter anderem) zu einer
Orientierung am neuen Laufbahnrecht - verpflichtet wird."
43
Ausgehend von der derzeitigen Rechtslage begegnet der die Einstellung des Klägers in
das Beamtenverhältnis auf Probe ablehnende Bescheid der Bezirksregierung vom
28. August 2009 keinen zu seiner Aufhebung führenden rechtlichen Bedenken.
44
Er ist zwar formell rechtwidrig, weil die Gleichstellungsbeauftragte nicht beteiligt worden
ist, nach § 17 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 1 LGG aber hätte einbezogen werden müssen, weil
es sich bei der Entscheidung über die Übernahme einer angestellten Lehrkraft in das
Beamtenverhältnis auf Probe auch dann um eine der Mitwirkung der
Gleichstellungsbeauftragten unterliegende personelle Maßnahme handelt, wenn ein
Mann betroffen ist.
45
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 27. Juli 2010 – 6 A 858/07 -, juris, - 6 A 282/08 – , juris,
und – 6 A 3302/08 -, IÖD 2010, 242, sowie Urteil vom 24. Februar 2010 – 6 A 1978/07
-, DVBl 2010, 981.
46
Dieser Verfahrensfehler ist aber gemäß § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Nach dieser
Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 VwVfG
NRW nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von
Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass
die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Diese
Voraussetzungen liegen vor. Die Nichtbeteiligung der Gleichstellungsbeauftragten
begründet keinen absoluten - die Anwendung des § 46 VwVfG NRW ausschließenden
– Verfahrensfehler. Es ist auch offensichtlich, dass die Nichtbeteiligung der
Gleichstellungsbeauftragten die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn
das materielle Recht eröffnet vorliegend – wie näher auszuführen sein wird – dem
beklagten Land keinen Entscheidungsspielraum. Die Entscheidung hätte daher auch
bei Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten nicht anders ausfallen dürfen.
47
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Oktober 2010 – 6 A 1494/10 -, vom 26. Oktober
2010 – 6 A 1690/10 - und vom 3. Dezember 2010 – 6 A 1698/10 –, jeweils juris.
48
Der die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe ablehnende Bescheid der
Bezirksregierung ist materiell rechtmäßig.
49
Art. 33 Abs. 2 GG und die zur Konkretisierung dieser Norm ergangenen
beamtenrechtlichen Vorschriften,
50
vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen
und Beamten in den Ländern vom 17. Juni 2008, BGBl. I S. 1010 - nachfolgend:
51
BeamtStG - i.V.m. § 9 und § 8 Abs. 1 Nr. 1 des mit Wirkung vom 1. April 2009 in Kraft
getretenen Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. April 2009,
GV. NRW. S. 224 - nachfolgend: LBG NRW -; inhaltsgleich: § 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1
Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der
Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981, GV. NRW. S. 234, zuletzt geändert
durch Gesetz vom 18. November 2008, GV. NRW. S. 706 - nachfolgend: LBG a.F. -,
gewähren keinen unmittelbaren Anspruch auf Einstellung oder Übernahme in ein
Beamtenverhältnis. Der Zugang zu einem solchen Amt ist vielmehr (zunächst) abhängig
von der Erfüllung bestimmter gesetzlicher Anforderungen, zu denen insbesondere auch
die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen gehören. Im Falle des Klägers fehlt es hieran
wegen Überschreitens der in der LVO n.F. festgelegten laufbahnrechtlichen
Altersgrenze.
52
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 LVO n.F. darf als Laufbahnbewerber nach § 5
Abs. 1 Buchstabe a LVO n.F. in das Beamtenverhältnis auf Probe nur eingestellt oder
übernommen werden, wer das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Diese
Höchstaltersgrenze hat der am 19. Juli 1966 geborene Kläger im Zeitpunkt der
gerichtlichen Entscheidung aber um rund 4 1/2 Jahre überschritten.
53
Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 1 LVO n.F., die eine Überschreitung der Altersgrenze
von 40 Jahren wegen zwingend zu beachtender Verzögerungsgründe ermöglicht, greift
nicht zu Gunsten des Klägers ein. Nach dieser Bestimmung darf dann, wenn sich die
Einstellung oder Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe u.a. wegen Ableistung
einer Dienstpflicht nach Art. 12 a GG (Buchstabe a), wegen der Teilnahme an einem
freiwilligen sozialen Jahr (Buchstabe b), der Geburt oder Betreuung eines Kindes unter
18 Jahren (Buchstabe c) oder wegen der tatsächlichen Pflege eines nach einem
Gutachten pflegebedürftigen nahen Angehörigen (Buchstabe d) verzögert hat, die
jeweilige Altersgrenze im Umfang der Verzögerung überschritten werden.
54
Dabei kann der Zeitverlust im Zusammenhang mit dem Erwerb der Vorbildung für die
Einstellung in den Vorbereitungsdienst für ein Lehramt, während des
Vorbereitungsdienstes selbst, anlässlich der Laufbahnprüfung oder in dem Zeitraum
danach eingetreten sein. Soweit Betreuungs- bzw. Pflegetätigkeiten in Rede stehen,
sind diese zunächst nur dann beachtlich, wenn sie den Tagesablauf der
Betreuungsperson geprägt, d.h. im Vergleich zu anderen Tätigkeiten in Ausbildung
und/oder Beruf deutlich überwogen haben. Aus der Verwendung des Wortes "wegen"
folgt zudem, dass eine beachtliche Verzögerung nur dann anzuerkennen ist, wenn der
Verzögerungstatbestand (Dienstverpflichtung, Betreuung minderjähriger Kinder, Pflege
Angehöriger) ursächlich dafür gewesen ist, dass die Einstellung in den öffentlichen
Dienst erst nach Vollendung der laufbahnrechtlichen Höchstaltersgrenze möglich
wurde.
55
Ständige Rechtsprechung zu der insoweit inhaltsgleichen Regelung des § 6 Abs. 1
Satz 3 und 4 LVO a.F., vgl. BVerwG, Urteile vom 18. Juni 1998 - 2 C 6.98 -, DÖD
1999, 140, und vom 25. Februar 2010 – 2 C 22.09 -, juris; Oberverwaltungsgericht für
das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom 16. März 2004 6 A 1524/02 ,
vom 28. Mai 2003 6 A 510/01 , DÖD 2004, 27, vom 7. September 1994 6 A 3377/93 ,
ZBR 1995, 113, und vom 6. Juli 1994 6 A 1725/94 ; Urteile des erkennenden Gerichts
vom 23. Mai 2007 2 K 5117/05 , vom 26. September 2006 - 2 K 3325/06 , vom
15. März 2005 2 K 422/03 und vom 18. November 2002 - 2 K 3829/00 .
56
An der Ursächlichkeit eines Verzögerungstatbestandes für die unbefristete Einstellung
in das Beamtenverhältnis fehlt es unter anderem dann, wenn es nach Ableistung des
Dienstes oder nach der Betreuungszeit zu vermeidbaren, von dem Bewerber zu
vertretenden Verzögerungen, etwa zu einer für die Einstellung nicht erforderlichen
Ausbildung oder Berufstätigkeit gekommen ist. Denn in diesem Fall ist der
Kausalzusammenhang unterbrochen und der Verzögerungstatbestand nicht mehr, wie
erforderlich, die entscheidende (unmittelbare) Ursache der verspäteten Einstellung.
57
OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Oktober 2010 – 6 A 1690/10 – und vom 3. Dezember
2010 – 6 A 1698/10 -, jeweils m.w.N., juris.
58
Das in § 6 Abs. 2 Satz 1 LVO n.F. enthaltende Kausalitätserfordernis schließt ein bzw.
verlangt darüber hinaus, dass die ohne den Verzögerungstatbestand mögliche frühere
Bewerbung um Einstellung Erfolg gehabt hätte.
59
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Oktober 2010 – 6 A 1690/10 -, juris Rn. 32, und
vom 3. Dezember 2010 – 6 A 1698/10 -, juris Rn. 36; ebenso bereits Urteil vom 28.
Mai 2003 – 6 A 510/01 -, juris Rn. 10.
60
An diesem – mit höherrangigem Recht in Einklang stehenden - Kausalitätserfordernis
hat sich durch die sprachlich im Wesentlichen unverändert gebliebene Neufassung der
Laufbahnverordnung nichts geändert.
61
Hiernach hat sich die Einstellung des Klägers zunächst nicht "wegen" des Zivildienstes
in den Jahren 1988 bis 1990 verzögert. Denn dieser Dienst war im vorstehend näher
dargelegten Sinne nicht ursächlich für die Überschreitung der Altersgrenze. Die
erforderliche Kausalität ist zu verneinen, weil nach dieser Dienstzeit von dem Kläger zu
vertretende Umstände beziehungsweise vermeidbare Verzögerungen die Einstellung
hinausgeschoben haben. Der erforderliche Ursachenzusammenhang ist durch nicht auf
den Lehrerberuf ausgerichtete Tätigkeiten unterbrochen worden. Im Juli 1991 erwarb
der Kläger die Fachhochschulreife, um die Aufnahme eines Ingenieurstudiums zu
ermöglichen. Anschließend durchlief er während eines Zeitraums von rund sechs
Jahren ein Studium der Nachrichtentechnik, ohne dieses mit einer Prüfung
abzuschließen. Ab September 1997 studierte er das Fach "Allgemeine Vermessung,
Berg- und Ingenieurvermessung". Er schloss dieses Studium im Oktober 2001 mit der
Prüfung zum Diplom-Ingenieur ab. Im selben Monat nahm er eine berufliche Tätigkeit in
einem Ingenieurbüro auf, die er – mit Unterbrechungen bzw. zeitweilig reduzierter
Arbeitszeit – bis Juni 2005 ausübte. Auf die vorgenannten Umstände und nicht auf den
Zivildienst ist es also vor allem zurückzuführen, dass der Kläger vor Erreichen der
Höchstaltersgrenze eine unbefristete Einstellung in den Schuldienst des beklagten
Landes nicht erreichen konnte.
62
Vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 16. April 2008 - 6 A 153/06 -, juris; VG Düsseldorf,
Urteil vom 7. Februar 2008 - 2 K 4767/07 -, jeweils zur Berücksichtigung von
Wehrdienstzeiten nach § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LVO a.F. in Verbindung mit dem
Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 18. September 1995 -
Z B 1 22/03 - 1157/95 -.
63
Auch die zeitweise Betreuung der beiden Kindern war nicht die entscheidende Ursache
für die verspätete Einstellung im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c) LVO n.F.
64
Das gilt zunächst für die Betreuung des Sohnes Q. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers
unterstellt wird, dass er sich während des Zeitraums, für den ihm durch Bescheid des
Versorgungsamtes E vom 26. März 2002 Erziehungsgeld für die Betreuung dieses
Kindes gewährt wurde (27. März bis 26. September 2002), tatsächlich überwiegend
dessen Betreuung und Erziehung gewidmet hat – was angesichts der Aufnahme der
neuen Berufstätigkeit in dem Ingenieur- und Vermessungsbüro B1 GmbH im Mai 2002
jedenfalls ab diesem Zeitpunkt zweifelhaft ist -, handelt es sich nicht um eine
berücksichtigungsfähige Verzögerung. Denn auch insoweit ist durch die nachfolgende
berufliche Tätigkeit als Ingenieur eine Unterbrechung des Kausalzusammenhangs
eingetreten. An der Kausalität fehlt es insoweit zudem deshalb, weil der Kläger mit
seinem Abschluss als Diplom-Ingenieur im Vermessungswesen seinerzeit als
"Seiteneinsteiger" die für eine Einstellung in den öffentlichen Schuldienst erforderliche
Lehramtsbefähigung gar nicht hätte erwerben können. Der Beklagte hat zutreffend
darauf hingewiesen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für den
berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst erst durch die im Jahr 2003 in Kraft getretene
OVP-B geschaffen wurden.
65
Auch die Betreuung des Sohnes M im Rahmen einer Elternzeit von Januar bis
Juni 2005 war nicht der entscheidende Grund dafür, dass der Kläger erst im Februar
2008 eine unbefristete Anstellung als Lehrer fand. Betreuungs- bzw. Pflegetätigkeiten
sind nur dann beachtlich, wenn sie den Tagesablauf der Betreuungsperson geprägt, d.h.
im Vergleich zu anderen Tätigkeiten in Ausbildung und/oder Beruf deutlich überwogen
haben. Daran fehlt es aber dann, wenn gleichzeitig einer Berufstätigkeit nachgegangen
wird, die einer Halbtagsstelle entspricht.
66
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juli 2000 – 2 C 21.99 -, ZBR 2001, 32; OVG NRW,
Beschluss vom 22. Februar 2005 – 6 A 4762/03 -, m.w.N., juris.
67
Das traf auf den Kläger zu. Er führte seinerzeit seine Berufstätigkeit bei dem Ingenieur-
und Vermessungsbüro B1 GmbH in Form einer Teilzeitbeschäftigung mit 25.5
Wochenarbeitsstunden fort. Da er hierdurch an drei vollen Arbeitstagen beruflich
gebunden war, war es ihm nicht möglich, sich vorwiegend um die Betreuung seines
Kindes zu kümmern, war vielmehr darauf angewiesen, dass während nicht
unbedeutender Zeiträume Dritte diese Aufgabe übernahmen.
68
Ist somit schon aus dem vorstehenden Grund eine im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1
Buchstabe c) LVO n.F. beachtliche Kinderbetreuung nicht gegeben, kann letztlich
dahinstehen, ob die Betreuung des Sohnes M auch nach ihrem zeitlichen Umfang nicht
ausreicht, um die Überschreitung der Altersgrenze auszugleichen, weil sie allenfalls
sechs Monate andauerte, oder ob dann, wenn wegen dieser Betreuungstätigkeit eine
Einstellungschance ein Jahr früher verpasst worden wäre, die Höchstaltersgrenze sich
unabhängig von der Gesamtdauer der tatsächlichen Betreuungstätigkeit um volle drei
Jahre (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 LVO n.F.) erhöht hätte.
69
Vgl. hierzu die gerichtlichen Hinweise vom 15. April 2010, bezugnehmend auf OVG
NRW, Beschluss vom 5. Januar 2007 - 6 A 2147/04 – und Urteile vom 18. Juli 2007 –
6 A 4769/04 – und – 6 A 1084/05 -, jeweils juris; ebenso VG Düsseldorf, Urteil vom 26.
Juni 2007 – 2 K 5618/06 , juris.
70
Zudem reichte vorliegend wohl selbst ein Zeitraum von drei Jahren nicht aus, um die
71
Überschreitung der Altersgrenze auszugleichen. Denn der Kläger hat im Zeitpunkt der
vorliegenden gerichtlichen Entscheidung die Altersgrenze von 40 Jahren um rund 4 ½
Jahre und somit um deutlich mehr als drei Jahre überschritten.
Der Kläger hat ferner keinen Anspruch auf Zulassung einer Ausnahme von der
Höchstaltersgrenze nach § 84 Abs. 2 Satz 1 LVO n.F.
72
Das gilt zunächst für den Ausnahmetatbestand der Nummer 1 dieser Bestimmung.
Hiernach können Ausnahmen zugelassen werden "für einzelne Fälle oder Gruppen von
Fällen, wenn der Dienstherr ein erhebliches dienstliches Interesse daran hat, Bewerber
als Fachkräfte zu gewinnen oder zu behalten". Nach Abs. 2 Satz 2 liegt ein solches
erhebliches dienstliches Interesse "insbesondere vor, wenn die Ausnahmeerteilung zur
Sicherstellung der Erledigung der öffentlichen Aufgaben erforderlich ist". Bezogen auf
die Lehrerlaufbahnen werden hiermit allgemein die Fallgestaltungen umschrieben, in
denen mangels ausreichender Zahl von Fachlehrern in bestimmten Fächern
Unterrichtsausfall droht oder gar bereits zu verzeichnen ist und dessen "Bekämpfung"
bislang mittels Verwaltungsvorschriften erfolgte.
73
Vgl. den Erlass des Ministeriums für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes
Nordrhein-Westfalen vom 22. Dezember 2000 (Az.: 121 - 22/03 Nr. 1050/00, sog.
Mangelfacherlass), Erlasse über Vorgriffseinstellungen und Weiterqualifizierungen
etc.; vgl. hierzu auch BVerwG, Urteile vom 19. Februar 2009 - 2 C 18.07 -, DokBer B
2009, 225, und – 2 C 33.07 -, juris.
74
Der Anwendung dieser Norm steht allerdings nicht entgegen, dass sich der Kläger
bereits in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis als Lehrkraft befindet. Insoweit
geht die Bestimmung des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVO n.F. über den Regelungsgehalt
des Mangelfacherlasses hinaus, der eine Ausnahme von der Altersgrenze lediglich für
neu einzustellende Bewerber ermöglichte. Denn sie sieht eine Ausnahme auch für den
Fall vor, dass Bewerber als Fachkräfte "behalten" werden sollen. Damit hat der
Verordnungsgeber offensichtlich den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im
Urteil vom 19. Februar 2009 ( 2 C 18.07 – Rn. 27) Rechnung tragen wollen, wonach es
sich verbiete, "Bewerber um Beamtenstellen bereits deshalb abzulehnen, weil sie
bereits als Tarifbeschäftigte im Schuldienst tätig sind". Die tatbestandlichen
Voraussetzungen der Nr. 1 sind aber im Übrigen nicht erfüllt. Der Beklagte hat dadurch,
dass er den Mangelfacherlass zu Beginn des Schuljahres 2006/2007 (sogar vorzeitig)
hat auslaufen lassen, zu erkennen gegeben, dass er ein "dienstliches Interesse" an der
Gewinnung bzw. dem Behalten von Lehrern mit den in dem Mangelfacherlass
aufgeführten Fächern und Fachrichtungen nicht mehr sieht, ein solches Interesse in
Abwägung mit den durch die Verbeamtung älterer Lehrer verbundenen
Versorgungslasten jedenfalls nicht mehr als "erheblich" betrachtet. Es gibt derzeit keine
Anzeichen dafür, dass das beklagte Land auf der Grundlage der Nr. 1 in absehbarer Zeit
erneut ähnliche Ausführungsbestimmungen erlassen wird, die eine Überschreitung
sogar der (auf 40 Jahre) angehobenen Altersgrenze ermöglichen sollen. Da sich der
Kreis der Lehrer, die für eine Verbeamtung in Betracht kommen, mit der neuen
Altersgrenze erweitert hat, dürfte sich im Übrigen auch das "Angebot" an Lehrern mit
bevorzugt benötigten Fakulten erhöht haben.
75
Die Voraussetzungen für eine Ausnahmeerteilung nach § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO
n.F. liegen gleichfalls nicht vor. Danach können Ausnahmen von dem Höchstalter für
einzelne Fälle zugelassen werden, wenn sich nachweislich der berufliche Werdegang
76
aus von dem Bewerber nicht zu vertretenden Gründen in einem Maße verzögert hat, das
die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erscheinen ließe. Im Falle des Klägers
liegen aber bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nicht vor. Der
wesentlicher Grund dafür, dass der Kläger "überaltert" ist, ist der, dass er zunächst eine
völlig andere Berufswahl getroffen hatte, lange Zeit für die Ausbildung benötigte und
anschließend längere Zeit in diesem Beruf tätig war. Nach dem Erwerb der
Fachoberschulreife im Jahr 1984 durchlief er zunächst eine Ausbildung als
Elektroinstallateur. Nachdem er im Jahr 1991 die Fachhochschulreife erworben hatte,
studierte er rund zehn Jahre, bevor er im Oktober 2001 die Diplomprüfung als
Vermessungsingenieur ablegte. Anschließend arbeitete er – mit kurzen
Unterbrechungen durch Erziehungsurlaub bzw. Elternzeit – in Ingenieurbüros. Erst
Anfang 2005 wandte er sich mit seinem Antrag auf Anerkennung der Diplomprüfung als
Erste Staatsprüfung für ein Lehramt dem Lehrerberuf zu.
Zwar können die Tatbestandsvoraussetzungen des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO n.F.
erfüllt sein, wenn der Beklagte einen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis
auf Probe unter Hinweis auf die - von Anfang an unwirksame - Höchstaltersgrenze alten
Rechts und somit rechtswidrig abgelehnt hat, der Bewerber hiergegen Rechtsmittel
eingelegt hat und zwischenzeitlich die neue Höchstaltersgrenze überschritten ist. Ein
solcher Geschehensablauf, bei dem sich der berufliche Werdegang des Bewerbers
durch die behördliche Behandlung seines Verbeamtungsantrags verzögert hat, dürfte im
Sinne der Laufbahnverordnung die Anwendung der Altersgrenze unbillig erscheinen
lassen und den Beklagten nach den Grundsätzen der sog. Folgenbeseitigungslast
verpflichten, eine Ausnahme vom Höchstalter zuzulassen.
77
So OVG NRW, Urteile vom 27. Juli 2010 – 6 A 858/07 u.a. -, juris.
78
Der Fall des Klägers liegt aber anders. Die Ablehnung der Einstellung in das
Beamtenverhältnis zum 1. Februar 2008 war zwar rechtswidrig, weil der Kläger mangels
Existenz einer Höchstaltersgrenze - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - in das
Beamtenverhältnis auf Probe hätte übernommen werden müssen. Diese Entscheidung
ist aber nach rechtskräftiger Abweisung seiner hiergegen gerichteten Klage
unanfechtbar geworden und deshalb bei der behördlichen Entscheidung im Rahmen
des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO n.F. nicht zu berücksichtigen. Die Bestandskraft ist
auch nicht durch ein Wiederaufgreifen gemäß § 51 VwVfG NRW oder nach Ermessen
des beklagten Landes durchbrochen worden. Der weitere, unter Ausnutzung der
Übergangszeit zwischen den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar
2009 (a.a.O.) und dem Inkrafttreten der Neuregelungen zur Höchstaltersgrenze am 18.
Juli 2009 gestellte Antrag vom 28. Februar 2009 wurde nicht - mit der Folge einer
Verzögerung des beruflichen Werdegangs der Klägerin - rechtswidrig unter Berufung
auf die LVO a.F. abgelehnt. Der Bescheid vom 28. August 2009 stützt sich vielmehr auf
die Neuregelungen, deren zeitnahes Inkrafttreten das beklagte Land, das am
laufbahnrechtlichen Institut einer Höchstaltersgrenze festhalten wollte, hier auch
abwarten durfte. Vor diesem Hintergrund lässt allein der Umstand, dass zur Zeit der
Antragstellung keine Höchstaltersgrenze bestand, die Anwendung der neuen
Altersgrenze nicht unbillig i.S.v. § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO n.F. erscheinen.
79
OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Oktober 2010 – 6 A 1494/10 -, vom 26. Oktober 2010
– 6 A 1690/10 - und vom 3. Dezember 2010 – 6 A 1698/10 –, jeweils juris.
80
Sind mithin bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausnahmevorschriften
81
des § 84 Abs. 2 LVO n.F. nicht gegeben, bestand auch keine Verpflichtung der
Bezirksregierung, das Einstellungsbegehren des Klägers zur Prüfung einer im
Ermessenswege zu erteilenden Ausnahme an die gemäß § 84 Abs. 3 Satz 3 LVO n.F.
zuständige oberste Dienstbehörde weiterzuleiten. Somit erweist sich die ablehnende
Entscheidung nach wie vor auch nicht wegen Ermessensnichtgebrauchs als
rechtswidrig.
So bereits in gleichartigen Fällen zu § 84 LVO a.F.: VG Düsseldorf, Urteil vom 3.
Februar 1998 2 K 7172/95 , m.w.N.; ebenso zur derzeitigen Rechtslage: OVG NRW,
Beschlüsse vom 20. Oktober 2010 – 6 A 1494/10 -, vom 26. Oktober 2010 – 6 A
,
82
Das erkennende Gericht hat auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die
Wirksamkeit der Neuregelung der Höchstaltersgrenze durch die §§ 52, 6 und 84 LVO in
der derzeit geltenden Fassung.
83
Ebenso OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Oktober 2010 – 6 A 1494/10 -, vom 26.
Oktober 2010 – 6 A 1690/10 - und vom 3. Dezember 2010 – 6 A 1698/10 –, jeweils
juris.
84
Das Gericht vermag zunächst keine beachtlichen Verfahrensfehler festzustellen. Selbst
wenn unterstellt wird, dass die Beteiligung der Spitzenorganisationen der zuständigen
Gewerkschaften und Berufsverbände bei der Vorbereitung der Änderungsverordnung
hinter den Anforderungen des § 94 LBG NRW zurückgeblieben ist, hätte dies nicht die
Nichtigkeit der Verordnung zur Folge, weil das Beteiligungsrecht lediglich im Vorfeld
des eigentlichen Rechtssetzungsverfahrens angesiedelt ist und nicht in das
Rechtsetzungsverfahren selbst hineinreicht.
85
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 1979 – 2 N 1/78 -, BVerwGE 59, 48; VG
Aachen, Urteil vom 8. Oktober 2009 - 1 K 1286/07 -, juris; Schnellenbach,
Rechtsgutachten von Juli 2009 für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, S.
17 (Fn. 1); ebenso zur LVO n.F.: OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Oktober 2010 – 6 A
1494/10 -, vom 26. Oktober 2010 – 6 A 1690/10 - und vom 3. Dezember 2010 – 6 A
1698/10 –, jeweils juris.
86
Die Neufassung der Laufbahnverordnung ist materiell rechtmäßig. Sie wird
insbesondere den vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 19. Februar
2009 (- 2 C 18.07 -, a.a.O.) aufgestellten Anforderungen gerecht, wonach dann keine
grundsätzlichen materiell-rechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung einer
Altersgrenze für die Einstellung in das Beamtenverhältnis bestehen, wenn die
Altersgrenze und ihre Ausnahmetatbestände normativ hinreichend geregelt sind. Das ist
vorliegend der Fall.
87
Zum einen bildet die Verordnungsermächtigung in § 5 Abs. 1 LBG NRW ungeachtet
dessen, dass sie die Bestimmung von Altersgrenzen nicht ausdrücklich erwähnt, eine
ausreichende gesetzliche Grundlage zur Regelung von laufbahnrechtlichen
Altersgrenzen durch den Verordnungsgeber, weil Altersgrenzen zu den Regelungen
gehören, durch die herkömmlicherweise das Laufbahnwesen der Beamten gestaltet
wird (BVerwG a.a.O., Rn. 11, zur gleichartigen Bestimmung des § 15 Abs. 1 Satz 1 LBG
a.F.).
88
Zum anderen erweisen sich die einschlägigen Bestimmungen der geänderten
Laufbahnverordnung als solche als rechtmäßig.
89
Der Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG) gebietet keinen Verzicht auf eine
Höchstaltersgrenze. Laufbahnrechtliche Altersgrenzen für Einstellung und Übernahme
in das Beamtenverhältnis werden zudem weder durch das Allgemeine
Gleichbehandlungsgesetz noch durch Gemeinschaftsrecht (Richtlinie 2000/79/EG)
ausgeschlossen. Das erkennende Gericht verweist insofern auf die gefestigte
höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung.
90
Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 19. Februar 2009 – 2 C 18.07 -, a.a.O., Rn. 9 und 10
bzw. Rn. 11 bis 23, und vom 24. September 2009 – 2 C 31.08 -, NVwZ 2010, 251;
OVG NRW, Urteil vom 15. März 2007 – 6 A 4625/04 -, ZBR 2008, 352.
91
Das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O., Rn. 16) hat u.a. ausgeführt:
92
Die unterschiedliche Behandlung der Laufbahnbewerber aufgrund ihres Alters verfolgt
ein legitimes Ziel im Sinne von § 10 Satz 1 AGG. Dazu zählen jedenfalls gesetzlich
gefasste oder aus dem Kontext der Maßnahme ableitbare Gemeinwohlinteressen,
denen die Maßnahme dienen soll (EuGH, Urteile vom 22. November 2005 ... und vom
16. Oktober 2007 ...). Die Ziele sind, wie bereits durch Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie
2000/78/EG klargestellt wird ("insbesondere"), nicht auf die Bereiche
Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung beschränkt. Die
Altersgrenzen für die Einstellung und Übernahme als Beamter sollen in erster Linie
gewährleisten, dass die Dienstzeit des Beamten mit dem Anspruch auf Versorgung
während des Ruhestandes in ein angemessenes Verhältnis gebracht wird. Sie sichert
zudem das Lebenszeitprinzip als ein wesentliches Strukturelement des
Berufsbeamtentums. Dadurch wird von Verfassungs wegen dem Umstand Rechnung
getragen, dass dem Beamtenverhältnis im Regelfall eine Dauerhaftigkeit
wesensgemäß ist ... . Das somit durch Altersgrenzen verfolgte Ziel einer sparsamen
Haushaltsführung ist legitim im Sinne des § 10 Satz 1 AGG (vgl. EuGH, Urteile vom
22. November 2005 ... und vom 16. Oktober 2007 ...). Entsprechendes kann für das
Interesse an ausgewogenen Altersstrukturen gelten. ...
93
Gerade auch die Neuregelungen zur Höchstaltersgrenze von jetzt 40 Jahren sind mit
den vorgenannten Vorschriften vereinbar.
94
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 27. Juli 2010 – 6 A 282/08 – u.a. sowie Beschlüsse vom
20. Oktober 2010 – 6 A 1494/10 -, vom 26. Oktober 2010 – 6 A 1690/10 - und vom 3.
Dezember 2010 – 6 A 1698/10 –, jeweils juris.
95
So hat das OVG NRW in seinem Urteil vom 27. Juli 2010 – 6 A 282/08 -, a.a.O.,
dargelegt:
96
In Anbetracht der Zielsetzung des Verordnungsgebers (vgl. S. 31 seiner Begründung
zum Entwurf der Verordnung zur Änderung der Laufbahnverordnung und anderer
dienstrechtlicher Vorschriften) ist die in den §§ 6 Abs. 1, 52 Abs. 1 LVO NRW n.F.
festgelegte Höchstaltersgrenze von 40 Jahren für die Einstellung oder Übernahme in
das Beamtenverhältnis auf Probe mit den Vorgaben des § 10 Satz 1 und 2 AGG
vereinbar. ...
97
Die Höchstaltersgrenze erfährt eine Abmilderung durch die Möglichkeiten,
verschiedene Verzögerungszeiten zu berücksichtigen, die auf den persönlichen
Lebensumständen des jeweiligen Laufbahnbewerbers beruhen (vgl. § 6 Abs.2 Satz 1
und 2 LVO NRW n.F.). Über die Ausnahmeregelung des § 84 LVO NRW n.F. können
weitere Fallgestaltungen Berücksichtigung finden.
98
Der Verordnungsgeber hat mit den Neuregelungen zur Höchstaltersgrenze den
Vorgaben und Bedenken des Bundesverwaltungsgerichts, ... hinreichend Rechnung
getragen. Er hat die Gemengelage der Fallgestaltungen, die unter § 84 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 LVO NRW a.F. gefasst worden sind, aufgelöst. Nunmehr ist die Ableistung einer
Dienstpflicht nach Art 12a GG, die das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) als
Ausnahmegrund in § 6Abs. 1 Satz 3 ff. LVO NRW a.F. vermisst hatte, sowie die
Teilnahme an einem freiwilligen sozialen Jahr in den Katalog der zwingend zu
beachtenden Verzögerungsgründe aufgenommen worden (vgl. § 6 Abs. 2 Buchst. a)
und b) LVO NRW n.F.). Alle weiteren möglichen Ausnahmen sind jetzt nicht mehr, wie
das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LVO NRW a.F.
beanstandet hatte, voraussetzungslos in das Ermessen der Verwaltung gestellt. § 84
Abs. 2 Satz 1 LVO NRW n.F. sieht zwei Ausnahmefälle mit benannten
Tatbestandsvoraussetzungen vor. § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NRW n.F. eröffnet die
Zulassung einer Ausnahme für einzelne Fälle oder Gruppen von Fällen und knüpft an
ein erhebliches dienstliches Interesse des Dienstherrn an, Bewerber als Fachkräfte zu
gewinnen oder zu behalten. Diese Regelung orientiert sich im Kern an den
Beweggründen, die etwa dem sogenannten Mangelfacherlass des Ministeriums für
Schule, Wissenschaft und Forschung vom 22. Dezember 2000 zu Grunde lagen. § 84
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW n.F. enthält daneben eine Härteklausel, die an die
persönliche Situation im Einzelfall anknüpft. Schließlich ist die in § 84 Abs. 1 Satz 2
LVO NRW a.F. für den Fall der Verzögerung des Verwaltungsverfahrens enthaltene
Ausnahmefiktion durch § 6 Abs. 2 Satz 5 n.F. ersetzt und damit unter
rechtssystematischen Aspekten folgerichtig - den besonders benannten
Ausnahmefällen in § 6 LVO NRW n.F. zugeordnet worden.
99
Das erkennende Gericht sieht sich angesichts dessen auch nicht veranlasst, die
Entscheidung des EuGH abzuwarten oder gar diese Frage selbst dem EuGH
vorzulegen.
100
Auch dass der Verordnungsgeber die Altersgrenze nunmehr gerade auf 40 Jahre
festgesetzt hat, ist nicht zu beanstanden. Das Bundesverwaltungsgericht hat insoweit
keine bestimmten Vorgaben gemacht. Es hat vielmehr betont, dass dem Normgeber bei
der Wahl der Mittel, mit denen er ein legitimes Ziel erreichen will, ein
Gestaltungsspielraum eingeräumt ist, bei dem politische, wirtschaftliche, soziale,
demografische und auch haushaltsbezogene Erwägungen Berücksichtigung finden
können (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2009 – 2 C 18.07 -, a.a.O., Rn. 18). Besondere
Bedeutung gewinnt hierbei das im Lebenszeitprinzip begründete Interesse an möglichst
langen aktiven Dienstzeiten und an der Vermeidung einer übermäßigen Belastung
durch Versorgungspflichten (BVerwG a.a.O., Rn. 16, 21). Zwar muss in die
Überlegungen einbezogen werden, dass Altersgrenzen eine empfindliche
Beeinträchtigung des Leistungsgrundsatzes darstellen; auch wird die Angemessenheit
der Altersgrenze davon abhängen, in welchem Umfang Ausnahmen vorgesehen
werden. Angesichts der in § 6 Abs. 2 und § 84 Abs. 2 LVO n.F. aufgeführten zahlreichen
Fallgruppen, in denen eine Überschreitung der Altersgrenze obligatorisch oder im
Ermessensweg zugelassen wird, sowie angesichts des Umstandes, dass nunmehr eine
101
Anhebung der Altersgrenze von 35 auf 40 Jahre erfolgt ist, hat der Verordnungsgeber
mit der Änderungsverordnung vom 30. Juni 2009 aber eine insgesamt ausgewogene,
jedenfalls von Rechts wegen nicht zu beanstandende Neuregelung der Altersgrenze
getroffen. Auch soweit das Bundesverwaltungsgericht den Zweck von Altersgrenzen
nicht nur in der Sicherstellung eines angemessenen Verhältnisses von Arbeitsleistung
und Versorgungsansprüchen sieht, sondern darauf verweist, dass "daneben" dem
Interesse des Dienstherrn an ausgewogenen Altersstrukturen Bedeutung beigemessen
werden "kann" (BVerwG a.a.O., Rn. 12) und die Berücksichtigung dieses Interesses "nur
auf der Grundlage einer plausiblen und nachvollziehbaren Planung" zulässig sei
(BVerwG a.a.O., Rn. 21), ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken gegen die
Wirksamkeit der Neuregelung der Höchstaltersgrenze. Es besteht keine Verpflichtung,
bei der Festlegung einer Altersgrenze in jedem Fall auch auf diesen Aspekt tragend
abzustellen und ihn eingehend zu prüfen. Beabsichtigt der Verordnungsgeber, wie hier,
eine Anhebung der Höchstaltersgrenze, tritt der Gesichtspunkt der "ausgewogenen
Altersstruktur" in den Hintergrund. Denn die Festlegung einer höheren Altersgrenze ist
nicht geeignet, zu einer Verjüngung eines eher überalterten Lehrkörpers, wie er
(gerichtsbekannt) in Nordrhein-Westfalen anzutreffen ist, und in diesem Sinne zu einer
ausgewogeneren Altersstruktur beizutragen. Demnach erscheint es als unschädlich,
dass sich sowohl in der allgemeinen Begründung zur Neuregelung der
Laufbahnverordnung als auch in der Einzelbegründung zu §§ 52 und 6 LVO n.F. keine
Ausführungen zur Bedeutung der Höchstaltersgrenze für die Altersstruktur in der
Lehrerschaft finden, hier vielmehr allein auf die Zielsetzung abgestellt wird, "ein
ausgewogenes Verhältnis von Arbeitsleistung und Versorgungsansprüchen
sicherzustellen".
Der Verordnungsgeber
mit 40 Jahren eine als solche unbedenkliche neue Altersgrenze festgelegt, sondern
auch die Sonder- und Ausnahmefälle nunmehr in ausreichendem Maße selbst
bestimmt:
102
Der Katalog des § 6 Abs. 2 Satz 1 Buchstaben a) bis d) LVO n.F. führt die zwingend -
also ohne ein behördliches Ermessen - zu beachtenden Überschreitungsgründe auf.
Waren dort bisher bereits die Betreuung minderjähriger Kinder und die Pflege naher
Angehöriger geregelt, sind nunmehr früher im Ermessensbereich (§ 84 Abs. 1 Satz 1 Nr.
1 LVO a.F.) angesiedelte weitere Verzögerungstatbestände hinzugetreten (Dienstpflicht
nach Art. 12a GG, freiwilliges soziales Jahr). Hier (in Satz 5) verortet worden ist nunmehr
auch die Bestimmung des § 84 Abs. 1 Satz 2 LVO a.F., wonach die für die Bearbeitung
der Bewerbung aufzuwendende Zeit nicht zu Lasten des Bewerbers gehen soll. Das in
§ 6 Abs. 2 Satz 1 LVO n.F. normierte Kausalitätserfordernis verstößt nicht gegen
höherrangiges Recht. Der Verordnungsgeber überschreitet nicht seinen
Gestaltungsspielraum und verletzt auch nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art.
3 Abs. 1 GG, wenn er den mit dieser Bestimmung angestrebten Nachteilsausgleich für
gesellschaftlich erwünschte Tätigkeiten nur dann vornimmt, wenn diese Tätigkeiten die
unmittelbare Ursache für eine Überschreitung der Höchstaltersgrenze sind. Dass damit
die Ausnahmeregelung, für die sich die Beweislastverteilung aus allgemeinen
Grundsätzen ergibt, nur noch in seltenen Fällen zum Tragen kommen mag, stellt ihre
rechtliche Zulässigkeit nicht entscheidend in Frage.
103
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Oktober 2010 – 6 A 1690/10 - und vom 3.
Dezember 2010 – 6 A 1698/10 -, jeweils juris, sowie vom 29. Dezember 2010 – 6 A
856/10 – und – 6 A 967/10 -, m.w.N.
104
Die Zulassung von Ausnahmen im Ermessenswege ist nun nicht mehr
voraussetzungslos möglich, sondern von dem Vorliegen der in § 84 Abs. 2 Nr. 1 und Nr.
2 LVO n.F. näher umschriebenen Voraussetzungen abhängig. Mit der hier erfolgten
Festlegung tatbestandlicher Voraussetzungen für die (im übrigen) in das Ermessen
gestellten Ausnahmen von der Altersgrenze ist der vom Bundesverwaltungsgericht
(a.a.O., Rn. 25 ff.) an den Verordnungsgeber gerichteten Aufforderung, die Bestimmung
von Ausnahmetatbeständen nicht der Verwaltung zu überlassen, diese vielmehr im
Wesentlichen selbst zu regeln, in ausreichendem Maße Rechnung getragen worden.
105
In Nr. 1 ist mit dem Abstellen auf das erforderliche (erhebliche) dienstliche Interesse zum
einen deutlich gemacht worden, dass eine solche Ausnahme nicht dem persönlichen,
etwa wirtschaftlichen Interesse des Bewerbers dient. Zugleich erfährt das zu fördernde
öffentliche Interesse dadurch eine weitere Präzisierung, dass es in Bezug gesetzt wird
zu dem Erfordernis der Gewinnung von Fachkräften. Der Umstand allein, dass die
Neuregelung inhaltlich an die bisher durch Erlasse bestimmten Ausnahmeregelungen
(Mangelfacherlass etc.) anknüpft, spricht als solcher jedenfalls nicht gegen die
Tragfähigkeit der Regelung. Maßgebend ist vielmehr, ob der Regelungsgehalt des
Ausnahmetatbestandes, gemessen an den vom Bundesverwaltungsgericht
aufgestellten Anforderungen, hinreichend bestimmt ist. Das ist durch die Aufstellung von
tatbestandlichen Voraussetzungen, welche die Zielrichtung der Norm zweifelsfrei
erkennen lassen, geschehen. Von dem Verordnungsgeber eine zusätzliche "Gruppen"-
Bildung, d.h. eine weitergehende Typisierung der angesprochenen Fallgruppen, zu
fordern
106
- so wohl Schnellenbach, a.a.O., S. 22 f., 49 f., der die inhaltliche Substanz als "zu
dürftig" kritisiert -,
107
bedeutete nach Ansicht der Kammer eine Überspannung der an eine abstrakt-generelle
Rechtnorm zu stellenden Anforderungen. Eine solche Rechtsnorm muss jedenfalls nicht
ins Detail gehen. Zu berücksichtigen ist namentlich, dass die fraglichen Bestimmungen
der Laufbahnverordnung Regelungen für sämtliche betroffenen Laufbahnen treffen
müssen, so dass regelmäßig nicht die Notwendigkeit besteht, in einer bestimmten
Laufbahn auftretende spezifische Fragestellungen einer eingehenden Regelung zu
unterziehen. Sofern das beklagte Land zur Umsetzung der Norm in der Praxis
Ausführungsbestimmungen erlassen wird, bleibt deren Bedeutung zudem hinter den
bisherigen Erlassregelungen zurück. Denn künftig wird sich der Dienstherr hierbei
angesichts der tatbestandlich festgelegten Ausnahmevoraussetzungen im Wesentlichen
lediglich im Bereich norminterpretierender und nicht ermessenlenkender
Verwaltungsvorschriften bewegen, so dass die verordnungsrechtliche Altersgrenze nicht
mehr "in weitem Umfang und für einen erheblichen Bewerberkreis durch
Behördenentscheidungen überlagert" (so zur früheren Rechtslage BVerwG a.a.O., Rn.
27) werden wird.
108
Mit dem Ausnahmetatbestand der Nr. 2 ist eine Härtefallregelung getroffen worden, die
gleichfalls durch die Bezeichnung bestimmter tatbestandlicher Voraussetzungen
("beruflicher Werdegang", "aus ... nicht zu vertretenden Gründen", "nachweislich",
"unbillig") die Zielrichtung selbst deutlich macht. Zwar mag die Verwendung mehrerer
unbestimmter Rechtsbegriffe die Handhabung dieser Ausnahmebestimmung
erschweren.
109
Vgl. Schnellenbach, a.a.O., S. 23.
110
Durchgreifende rechtliche Bedenken wären unter diesem Gesichtspunkt aber nur dann
zu erheben, wenn die Regelung völlig unpraktikabel wäre. Davon ist jedoch nicht
auszugehen, zumal sie sich auch ansonsten gebräuchlicher Rechtsbegriffe
als Auslegungshilfen die in der Rechtssprechung entwickelten Grundsätze
herangezogen werden können. So knüpft die Härtefallregelung erkennbar an die
bislang schon im Rahmen des § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LVO a.F. geübte und von der
Rechtsprechung
111
- vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 24. September 2008 – 6 A 1586/07 -, juris -
112
geforderte Praxis an, mit dem Instrument der Ausnahmebewilligung besonders
gelagerten Einzelfällen gerecht zu werden, insbesondere wenn der Bewerber aus einer
besonderen Ausnahmesituation herrührende Gesichtspunkte anführt, die nicht
offenkundig hinter dem öffentlichen Interesse an einer Begrenzung der
Versorgungslasten zurückstehen müssen.
113
Schließlich erweist sich die LVO n.F. nicht deshalb als unwirksam, weil die
Änderungsverordnung vom 30. Juni 2009 bezüglich der Höchstaltersgrenze keine
Übergangsregelungen enthält, insbesondere nicht die - angesichts des Verdikts der
bisherigen Regelung durch die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom
19. Februar 2009 (a.a.O.) ohnehin fern liegende - Bestimmung trifft, dass in den noch
nicht abgeschlossenen Antragsverfahren statt der Neuregelung eine abweichende (z.B.
die frühere) Regelung gelten soll. Soweit für den Fall des Fehlens entsprechender
Übergangsbestimmungen geltend gemacht wird, die Neufassung der Bestimmungen
über die Höchstaltersgrenze verstoße gegen das Verbot der Rückwirkung von
Gesetzen, folgt das erkennende Gericht dem nicht. Eine grundsätzlich unzulässige
echte Rückwirkung liegt nur dann vor, wenn ein bereits abgewickelter, in der
Vergangenheit abgeschlossener Tatbestand nachträglich neu geregelt wird. Erforderlich
ist, dass der von der Rückwirkung betroffene Tatbestand in der Vergangenheit nicht nur
begonnen hat, sondern im Zeitpunkt der Neuregelung bereits abgeschlossen war. Dem
gegenüber liegt eine grundsätzlich zulässige unechte Rückwirkung vor, wenn eine
Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und
Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene
Rechtsposition nachträglich entwertet.
114
Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2005 - 2 C 4.05 , DVBl 2006, 648.
115
Die Anwendung des neuen Laufbahnrechts begründet keinen Fall einer echten
Rückwirkung, da der betroffene Tatbestand vor Inkrafttreten der LVO n.F. am 18. Juli
2009 noch nicht abgeschlossen war. Die hierbei erfolgte – bei Annahme einer zuvor
"Altersgrenzen freien" Rechtslage erstmalige - Festlegung der Höchstaltersgrenze greift
nicht in einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt - d.h. hier: ein bestehendes
Beamtenverhältnis auf Probe – ein, wirkt sich vielmehr allenfalls für die Zukunft
(nachteilig) auf das derzeit im Klagewege verfolgte Einstellungsbegehren aus. Geht
man von einem Fall der unechten Rückwirkung aus, erweist sich diese als zulässig, weil
"Bestandsinteressen" nicht die Veränderungsgründe des Verordnungsgebers
überwiegen. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf Einstellung bzw.
Übernahme in das Beamtenverhältnis bestand im Zeitpunkt der Antragstellung Ende
Februar 2009 nicht. Insbesondere ist – wie bereits ausgeführt - ein schutzwürdiges
116
Vertrauen darauf, in den Genuss der durch die Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 kurzzeitig eröffneten Möglichkeit
einer von einer Höchstaltersgrenze unabhängigen Einstellung in das Beamtenverhältnis
zu kommen, nicht anzuerkennen. Jedenfalls müssen die insoweit bestehenden
Erwartungen des Klägers hinter das gewichtige Interesse des Dienstherrn zurücktreten,
in Anbetracht der Dauerhaftigkeit des Beamtenverhältnisses ein angemessenes
Verhältnis von Arbeitsleistung und Versorgungsansprüchen sicherzustellen.
Hat der Kläger nach allem keinen Anspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis
auf Probe bzw. auf erneute Entscheidung über seinen Antrag unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts, ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1
VwGO abzuweisen.
117
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m.
§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
118
Das Gericht lässt die Berufung nicht gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1VwGO zu, weil es die
Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht (mehr) als gegeben
ansieht, nachdem das OVG NRW die im vorliegenden Verfahren aufgeworfenen
Rechtsfragen zwischenzeitlich entschieden hat.
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