Urteil des VG Düsseldorf vom 09.12.2009

VG Düsseldorf (kläger, betrieb, verordnung, gebühr, höhe, lebensmittel, amtshandlung, teil, grund, anhang)

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 16 K 2405/08
Datum:
09.12.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
16. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 K 2405/08
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger die Klage
zurückgenommen hat.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand:
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Der Kläger ist Pächter des im Gebäude des W-Museums in X befindlichen Ncafés. Am
4. Dezember 2007 führte der Beklagte eine Betriebskontrolle durch, bei der u.a.
bemängelt wurde, dass im Schankbereich eine Handwaschgelegenheit mit fließendem
Kalt- und Warmwasser fehle. Bei einer Nachkontrolle am 7. Dezember 2007 wurde
festgestellt, dass die hygienischen Mängel zum größten Teil beseitigt gewesen seien;
hinsichtlich der Handwaschgelegenheit vertrat der Kläger allerdings die Auffassung,
dass die vorhandenen Möglichkeiten zum Händewaschen unter Berücksichtigung der
Betriebsart und -größe den gesetzlichen Anforderungen genügten; die nachträgliche
Anbringung einer Handwaschgelegenheit im Schankbereich sei räumlich nicht zu
ermöglichen und wegen der baulichen und betrieblichen Gegebenheiten
unverhältnismäßig. Daraufhin teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass das Reinigen der
Hände in der Küche oder in der Toilette nicht ausreichend sei; auf dem Weg von der
Küche oder der Toilette zum Ausgaberondell seien Türgriffe anzufassen; da die Türen
nicht automatisch öffneten, führe dies zwangsläufig zu einer Wiederverschmutzung der
Hände; deshalb sei die Errichtung eines separaten Handwaschbeckens mit fließendem
kalten und warmen Wasser unabdingbar. Mit Gebührenbescheid vom 3. Januar 2008
erhob der Beklagte für Amtshandlungen im Betrieb des Klägers am 7. Dezember 2007
eine Gebühr in Höhe von 52,25 Euro.
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Am 28. Mai 2008 erfolgte eine weitere Nachkontrolle durch den Beklagten, bei der
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neben einigen anderen Mängeln erneut festgestellt wurde, dass im Bereich der Theke
die Handwaschgelegenheit mit einer Warm- und Kaltwasserzufuhr fehle. Für
Amtshandlungen im klägerischen Betrieb am 28. Mai 2008 erhob der Beklagte mit
Bescheid vom 30. Mai 2008 eine Gebühr in Höhe von 75,-- Euro.
Mit Verfügung vom 12. Juni 2008 forderte der Beklagte den Kläger unter Androhung
eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.000,-- Euro auf, eine Handwaschgelegenheit mit
fließendem Kalt- und Warmwasser im Schankbereich in seinem Betrieb "Ncafé"
bereitzustellen. In der Begründung wies er darauf hin, dass der Kläger nicht verpflichtet
sei, das dort vorhandene Gläserspülbecken als Handwaschbecken umzufunktionieren;
es stehe ihm frei, ein weiteres Waschbecken installieren zu lassen.
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Der Kläger hat bereits am 26. März 2008 Klage erhoben mit dem Begehren,
festzustellen, 1. dass es sich bei dem Betrieb Ncafé nicht um ein
Lebensmittelunternehmen im Sinne der VO (EG) 178/2002 handele, 2.a) dass er nicht
verpflichtet sei, eine zusätzliche Handwaschgelegenheit mit fließendem Kalt- und
Warmwasser im Schankbereich zu installieren bzw. 2.b) dass der Betrieb des
Gläserspülbeckens in seiner Hauptfunktion erhalten bleiben könne und nicht in eine
ausschließliche Handwaschgelegenheit umfunktioniert werden müsse, und 3. dass die
insoweit angekündigte Ordnungsverfügung mit Androhung der sofortigen Vollziehung
unwirksam sei. Der Kläger hat am 19. Juni 2008 seine Klage zu Ziffer 3. geändert und
nunmehr gegen die Ordnungsverfügung und darüber hinaus auch gegen die
Gebührenbescheide gerichtet. Er macht geltend: In seinem Betrieb werde weder
gebacken, gekocht, frittiert noch gebraten. Bei dem ganz überwiegenden Teil der in
seinem Betrieb verwendeten Speisen und Getränken handele es sich um
Fertigprodukte, die Hauptverantwortung für diese Lebensmittel liege nicht bei ihm.
Daher sei sein Betrieb, wenn überhaupt, als Einzelhandel – mit den hierfür geltenden
Vorschriften – einzuordnen. Für eine nachträgliche Neuinstallation des
Handwaschbeckens müsste die gesamte Betondecke durchbrochen und die neuen Zu-
und Abflüsse sowie eine Starkstromleitung durch die Fußbodenheizung, für die es keine
Pläne mehr gebe, verlegt werden. Die künstlerische Gestaltung des Gastraumes sei als
Kunst am Bau einzustufen mit den hierfür geltenden Beschränkungen; die künstlerische
Gestaltung würde durch das geforderte Handwaschbecken zerstört. Das
Gläserspülbecken sei betriebstechnisch unverzichtbar. Es sei zudem mit einem
unverhältnismäßigen Aufwand verbunden, die Gläser in den benötigten Mengen über
den Aufzug in die Küche und zurück zu transportieren. Die benötigten Gläser würden
die Küchenspülmaschine mit einer Temperatur von 80° C verlassen, es wäre ein nicht
vorhandener Platz- und Personalbedarf erforderlich. Viel entscheidender aber sei, dass
Küchenspülmaschinen nur für Besteck und Geschirr aus Metall oder Porzellan geeignet
seien, Gläser würden bei einigen wenigen Durchläufen komplett unbrauchbar, da die
Oberfläche zerstört und die Gläser eine milchige Oberfläche aufweisen würden. Das im
Tresenbereich befindliche Gläserspülbecken werde mit einem sogenannten Spülboy
betrieben, der ausreichend Platz lasse, die Hände unter fließendem Wasser zu
waschen. Er habe nunmehr auch ein Untertischgerät mit Warmwasserzufuhr installieren
lassen. Damit genüge die Möglichkeit, die Hände im Gläserspülbecken zu waschen,
den rechtlichen Anforderungen.
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Der Kläger hat seine Feststellungsklage und die Klage gegen den Gebührenbescheid
vom 3. Januar 2008 zurückgenommen und beantragt nunmehr,
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die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 12. Juni 2008 sowie den
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Gebührenbescheid vom 30. Mai 2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er macht geltend: Die vom Kläger angesprochenen Probleme für eine bauliche
Erweiterung um ein weiteres Handwaschbecken - abgesehen von der Konzeption und
Enge im Thekenbereich - seien tatsächlich vorhanden. Eine Doppelnutzung des
Waschbeckens im Thekenbereich komme jedoch aus hygienischer Sicht nicht in Frage.
Die Verhältnisse seien hierfür zu beengt. Der Spülboy fülle den vorderen Bereich des
Waschbeckens vollständig aus. Der hintere Bereich des Beckens einschließlich der
Armaturen werde von der überlappenden Thekenabdeckung teilweise überragt. Das
jeweilige Herausnehmen des Spülboys wäre unpraktikabel und mit verschmutzten
Händen auch nicht sinnvoll. Selbst bei entsprechender Arbeitsanweisung sei nicht zu
erwarten, dass im täglichen Betrieb die Hände nicht über den Spülboy sondern seitlich
daran vorbei in den hinteren Bereich des Beckens geführt würden. Da sich seitlich eine
Abstellfläche befinde, wäre es, wenn diese gerade genutzt werde, gar nicht möglich, die
Hände seitlich am Spülboy vorbei zu führen. Unabhängig davon sei nicht zu vermeiden,
dass beim Händewaschen auftretendes Spritzwasser in den Topf des Spülboys und auf
die Klarspüleinrichtung spritzen würde und damit eine Keimverbreitung ohne weiteres
möglich sei. Außerdem reiche es nicht, die Hände kurz zu benässen, sie müssten nach
einer Verschmutzung etwa mit Essensresten, übergelaufenen Getränken u.ä. mit
Wasser und Seife gereinigt werden. Die Waschbecken in der Küche und den
Toilettenanlagen seien ebenfalls ungeeignet. Der Kläger könne ein geeignetes mobiles
Handwaschbecken als Tisch- oder Standgerät im Bereich der Theke aufstellen. Dass
ein solches Gerät nicht thekennah untergebracht werden könne, sei angesichts der
hierfür benötigten geringen Standfläche nicht plausibel. Da verschiedene Modelle
angeboten würden, dürfte sich auch eine ästhetisch verträgliche Lösung finden. Der
Händehygiene der im Café des Klägers Beschäftigten sei der Vorrang gegenüber einer
optimalen ästhetischen Gestaltung einzuräumen, zumal bei dieser Lösung baulich
nichts verändert werden müsse.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den
Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Das Verfahren ist einzustellen, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, § 92
Abs. 3 VwGO.
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Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
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Die Ordnungsverfügung vom 12. Juni 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht
in seinen Rechten, § 113 Abs. 1Satz 1 VwGO. Der Beklagte hat den Kläger zu Recht
aufgefordert, eine Handwaschgelegenheit mit fließendem Kalt- und Warmwasser im
Schankbereich des vom Kläger betriebenen "Ncafé" in X bereitzustellen.
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Gemäß § 39 Abs. 1 LFGB ist die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des
Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB), der auf seiner Grundlage
erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der
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erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der
Europäischen Gemeinschaft im Anwendungsbereich des Gesetzes Aufgabe der
zuständigen Behörden. Diese treffen gemäß § 39 Abs. 2 LFGB die notwendigen
Anordnungen, die u.a. zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung
künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor
Täuschung erforderlich sind.
Hier liegt ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II Kapitel I Nr. 4 der Verordnung
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über
Lebensmittelhygiene (VO (EG) Nr. 852/2004) vor. Nach Art. 4 Abs. 2
VO (EG) Nr. 852/2004 haben Lebensmittelunternehmer, die nicht in der
Primärproduktion tätig sind, die allgemeinen Hygienevorschriften gemäß Anhang II zu
erfüllen.
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Diese allgemeinen Hygienevorschriften, die für alle Produktions-, Verarbeitungs- und
Vertriebsstufen gelten, sind auf den Betrieb des Klägers anwendbar, da der Kläger
Lebensmittelunternehmer ist. Gemäß Art. 3 Ziffer 3 der Verordnung des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen
Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der
Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur
Lebensmittelsicherheit (VO (EG) Nr. 178/2002) sind Lebensmittelunternehmer die
natürlichen und juristischen Personen, die dafür verantwortlich sind, dass die
Anforderungen des Lebensmittelrechts in dem ihrer Kontrolle unterstehenden
Lebensmittelunternehmen erfüllt werden. Gemäß Art. 3 Ziffer 2 (VO (EG) Nr. 178/2002)
sind Lebensmittelunternehmen alle Unternehmen, gleichgültig, ob sie auf
Gewinnerzielung ausgerichtet sind oder nicht und ob sie öffentlich oder privat sind, die
eine mit der Produktion, der Verarbeitung und dem Vertrieb von Lebensmitteln
zusammenhängende Tätigkeit ausführen. Diese weite Definition erfasst auch
Gastronomiebetriebe, da dort Lebensmittel verarbeitet und in Verkehr gebracht, mithin
die genannten Tätigkeiten ausgeführt werden. Der klägerische Betrieb ist auch nicht,
wie etwa die häusliche Verarbeitung, Handhabung oder Lagerung von Lebensmitteln
zum häuslichen privaten Verbrauch, vom Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr.
852/2004 ausgenommen; die in Art. 1 Abs. 2 VO (EG) Nr. 852/2004 genannten
Fallkonstellationen treffen sämtlich auf Gastronomiebetriebe nicht zu. Es greift auch
sonst keine Ausnahmeregelung ein. Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich
eine solche Ausnahme insbesondere nicht aus § 4 Abs. 2 Ziffer 1 LFGB. Hiernach
können u.a. Gaststätten, soweit sie Lebensmittel zum Verbrauch innerhalb ihrer
Betriebsstätte beziehen, in Rechtsverordnungen nach diesem Gesetz der Verbraucherin
oder dem Verbraucher gleichgestellt werden. Diese Vorschrift enthält keine den Betrieb
des Klägers betreffende generelle Ausnahme von der Anwendbarkeit
lebensmittelrechtlicher Vorschriften; es handelt sich lediglich um eine nationale
Verordnungsermächtigung, in der dem Verordnungsgeber die Möglichkeit eingeräumt
wird, unter bestimmten Voraussetzungen die Gaststätten den Endverbrauchern
gleichzustellen, nämlich für den Bezug von Lebensmitteln. Die Verarbeitung und das
Inverkehrbringen von Lebensmitteln und die hierbei zu beachtenden
Hygieneanforderungen gehören nicht hierzu.
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Eine Gleichstellung der Gaststätten mit Endverbrauchern sehen auch die
übergeordneten europäischen Rechtsvorschriften nicht vor.
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Nach Anhang II Kapitel I Ziffer 4 der demnach auch im vorliegenden Fall geltenden
Verordnung (EG) Nr. 852/2004 müssen an geeigneten Standorten genügend
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Handwaschbecken vorhanden sein; diese müssen Warm- und Kaltwasserzufuhr haben;
darüber hinaus müssen Mittel zum Händewaschen und zum hygienischen
Händetrocknen vorhanden sein. Im Schankbereich des vom Kläger betriebenen Ncafés
ist ein Handwaschbecken erforderlich. Denn in dem Rondell werden Lebensmittel im
Sinne der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 behandelt und in Verkehr gebracht. Dort wird
mit Speisen und Getränken umgegangen; u.a. wird dort Sahne mittels einer
Sahnemaschine hergestellt, Eis portioniert, Kuchen aufgeschnitten und ausgeteilt, es
werden Getränke zubereitet und/oder ausgeschenkt, ferner werden die in der Küche
(überwiegend aus Fertigprodukten) zubereiteten Speisen mit dem Speisenaufzug, der
sich inmitten des Rondells befindet, in den Raum befördert und anschließend den
Gästen serviert. Das Personal kommt also an dieser Stelle mit einem Großteil der in der
Gaststätte konsumierten Lebensmittel in Berührung. Dass das Personal selbst dabei im
Regelfall nur mit den Gläsern, Tellern und Besteck unmittelbar in Berührung kommt,
kann die Anwendung der Hygienevorschriften nicht ernsthaft in Frage stellen.
Im Schankbereich des Cafés ist allein das sog. Gläserspülbecken vorhanden. Dieses
könnte nunmehr grundsätzlich auch als Handwaschbecken genutzt werden, da es
mittlerweile mit einer Warmwasserzufuhr ausgestattet worden ist. Auf Grund seiner
geringen Größe ist dieses Becken jedoch nicht geeignet, sowohl zum Gläserspülen als
auch zum Händewaschen benutzt zu werden und genügt daher nicht den
Anforderungen, die an ein geeignetes Handwaschbecken zu stellen sind. Wie auf den
vom Kläger vorgelegten Fotos (insbesondere den mit Schriftsatz vom 4. August 2008
überreichten Fotos Nr. 8 – 11 sowie den beiden mit Schriftsatz vom 2. April 2009
übersandten Fotos) ersichtlich, handelt es sich um ein relativ kleines Becken, in dessen
vorderen Teil der Spülboy, eine Vorrichtung zum Gläserspülen, untergebracht ist. Dieser
Spülboy nimmt einen großen Teil des Beckens ein. Da der Spülboy ein erhebliches
Gewicht hat und darüber hinaus mit Saugnäpfen festgeklemmt ist, wäre es
ausgesprochen unpraktikabel, ihn in jedem Einzelfall aus dem Becken herauszuheben,
um Platz für ein ungehindertes Händewaschen zu schaffen. Wenn der Spülboy im
Becken steht, ist ein gründliches Händewaschen hingegen praktisch nicht möglich.
Denn, um zur Armatur zu gelangen, müssen die Hände seitlich um den über den
Beckenrand hinausragenden, den direkten Weg zum hinteren Teil des Beckens
versperrenden Bürstentopf des Spülboys herum geführt werden. Der dahinter
vorhandene Platz ist durch die überstehende Thekenkante weiter eingeengt,
insbesondere die Absperrhähne sind dadurch nur schwer erreichbar. Hinzu kommt,
dass der nahezu bis zum Beckenrand herunterreichende Wasserhahn zur Seite gedreht
werden muss, um überhaupt etwas Platz zu schaffen, dieser dann aber den Weg zu dem
den Kaltwasserzufluss regelnden Absperrventil praktisch völlig versperrt. Der
vorhandene Bewegungsspielraum wird zusätzlich noch durch den Schlauchanschluss
und den Schlauch für den Spülboy verengt. Auch die zum Händewaschen notwendigen
Hilfsmittel wie Desinfektionsmittel, Seifenspender und Handtücher sind auf Grund der
beengten Verhältnisse nur auf Umwegen und damit nur mit ganz erheblichen
Schwierigkeiten mühsam erreichbar. Angesichts dessen teilt das Gericht die
Einschätzung des Beklagten, dass bei einer Doppelnutzung des Beckens eine
gründliche Reinigung der Hände nicht gewährleistet werden kann und dass unter den
vorhandenen Gegebenheiten eine durch Spritzwasser mögliche Keimverbreitung ohne
weiteres möglich ist, sodass eine Doppelnutzung auf Grund der Gegebenheiten aus
hygienischer Sicht nicht in Frage kommt. Dies gilt auch bei der in der mündlichen
Verhandlung erwogenen anderen Platzierung des Spülboys, da auch dann noch eine
deutliche Einengung durch den Bürstentopf gegeben wäre und neben Wasserhahn,
Schlauchanschluss und Schlauch nicht genügend Raum, der für die bei einer
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gründlichen Händereinigung erforderlichen Handbewegungen erforderlich ist, zur
Verfügung stünde. Zumindest könnte auch in diesem Fall unter den gegebenen
Umständen nicht davon ausgegangen werden, dass das im Thekenbereich tätige
Personal selbst bei entsprechender Arbeitsanweisung durchgängig eine den
hygienischen Anforderungen genügende Händereinigung durchführen wird.
Da die Verordnung zwingend vorschreibt, dass die Voraussetzungen für eine
Händereinigung mittels Warmwasser und Seife gegeben sein müssen, bedarf die
Auffassung des Klägers, dass beim Reinigen der Gläser mittels Spülboy gleichzeitig
eine ausreichende Händereinigung erfolge, keiner Erörterung.
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Die übrigen im klägerischen Betrieb vorhandenen Handwaschbecken befinden sich
nicht an Standorten, die auch für den Schankbereich als geeignet angesehen werden
können. Handwaschbecken gibt es in den in der Nähe zum Schankbereich gelegenen
Waschräumen sowie im ein Stockwerk tiefer gelegenen Küchenbereich. Um dorthin zu
gelangen und von dort zurück zu kommen, muss der Schankraum verlassen werden,
zudem müssen Türen geöffnet und wieder geschlossen werden; die vorhandenen
Handwaschbecken sind also nicht ohne weiteres erreichbar. Hinzu kommt, dass nach
dem Reinigen der Hände Türgriffe betätigt werden müssen, was unter hygienischen
Gesichtspunkten bedenklich ist, da dies zu einer Wiederverschmutzung der Hände führt.
Daher sind weder die Waschräume noch die Küche als geeigneter Standort für ein
Handwaschbecken für den Schankbereich anzusehen.
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Die Forderung, im Schankbereich eine Handwaschgelegenheit bereitzustellen, ist auch
nicht unverhältnismäßig, da andere Maßnahmen, die den Kläger weniger belasten, zur
Verhinderung von Verstößen gegen Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II Kapitel 1 Nr. 4 VO
(EG) Nr. 852/2004 nicht ersichtlich sind. Insoweit wird dem Kläger nichts Unmögliches
abverlangt. Der Beklagte hat ihm freigestellt, ein separates Handwaschbecken
installieren bzw. aufstellen zu lassen oder das Spülen der Gläser im vorhandenen
Becken aufzugeben. Er hat dem Kläger verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, die
auch verwirklicht werden können. Zwar ist die Neuinstallation eines
Handwaschbeckens unstreitig mit baulichen Schwierigkeiten verbunden, diese
Schwierigkeiten können aber durch das vom Beklagten ebenfalls für akzeptabel
gehaltene Aufstellen eines mobilen Handwaschbeckens als Tisch- oder Standgerät
umgangen werden. Die Behauptung des Klägers, für ein derartiges Gerät sei im
Thekenbereich kein Platz, ist angesichts des Platzbedarfs, den handelsübliche Geräte
haben, nicht nachvollziehbar. Dass derartige Geräte unter ästhetischen Aspekten nicht
optimal sind, ist gegebenenfalls hinzunehmen. Die Gläser könnten aber auch in der ein
Stockwerk tiefer befindlichen Küche gespült werden. Der Einwand des Klägers, in der
Küchenspülmaschine könnten die Gläser nicht gespült werden, da sie dann alsbald
milchig und damit unbrauchbar würden, überzeugt nicht. Diese Folge könnte durch
Verwendung eines milderen Spülmittels vermieden werden. Die durch die hohen
Temperaturen in der Spülmaschine verlängerte Abkühlzeit stellt ebenfalls kein
unüberwindliches Hindernis dar; durch entsprechende organisatorische Maßnahmen
kann erreicht werden, dass die Gläser so rechtzeitig gespült werden, dass sie zu dem
Zeitpunkt, zu dem sie benötigt werden, abgekühlt sind. Selbst wenn es hierfür
erforderlich sein sollte, die Anzahl der vorhandenen Gläser zu erhöhen, wäre der damit
verbundene finanzielle Aufwand überschaubar. Sollte es unmöglich sein, die
vorhandenen Geschirrkörbe mit Gläsern zu bestücken und sollten im Handel keine
Geschirrkörbe für Gläser erhältlich sein, müsste notfalls eine andere Spülmaschine
aufgestellt werden. Der finanzielle Aufwand hierfür ist ebenfalls nicht unzumutbar.
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Auch die in der angefochtenen Verfügung enthaltene Androhung von Zwangsgeld ist
nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 55, 57, 60 und 63 des
Verwaltungsvollstreckungsgesetzes NRW. Das angedrohte Zwangsgeld ist auch der
Höhe nach nicht unangemessen.
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Schließlich begegnet auch der Gebührenbescheid vom 30. Mai 2008 keinen rechtlichen
Bedenken. Der Beklagte ist berechtigt, für seine am 28. Mai 2008 durchgeführte
Überwachungstätigkeit eine Gebühr in Höhe von 75,-- Euro zu erheben. Die Erhebung
der nunmehr noch angefochtenen Verwaltungsgebühr des Beklagten findet ihre
Rechtsgrundlage in §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 und 2 des Gebührengesetzes für das
Land Nordrhein-Westfalen (GebG NRW) i.V.m. Tarifstellen 23.8.9 und 23.10.1 des
Allgemeinen Gebührentarifs zur Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung des
Landes NRW. Danach beträgt die Gebühr für die Durchführung zusätzlicher amtlicher
Kontrollen i.S.v. Artikel 28 Satz 1 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 vom
29.04.2004 in der jeweils geltenden Fassung im Bereich der Lebensmittel tierischer
Herkunft genauso wie im Bereich der Lebensmittel nicht tierischer Herkunft zwischen
50,-- und 5.000,-- Euro. Art. 28 der Verordnung (EG) 882/2004 regelt die Kostenpflicht
auf Grund zusätzlicher amtlicher Kontrollen, die über die normale Kontrolltätigkeit der
zuständigen Behörde hinausgehen. Der Gebührentatbestand ist erfüllt. Bei der mit dem
angefochtenen Bescheid abgerechneten Amtshandlung handelte es sich um eine
zusätzliche Kontrollmaßnahme im Sinne von Art. 28 der Verordnung (EG) 882/2004. Der
Beklagte hatte bei seinen vorherigen Kontrollen festgestellt, dass die
lebensmittelrechtlichen Hygienevorschriften nicht eingehalten wurden und zur
Überwachung, ob diese Verstöße abgestellt wurden, eine weitere Kontrolle durchführen
müssen. Die festgesetzte Gebühr verstößt auch nicht gegen § 9 Abs. 1 GebG NRW.
Danach sind, wenn Rahmensätze für Gebühren vorgesehen sind, bei der Festsetzung
der Gebühr im Einzelfall der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand
und die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen der Amtshandlung
für den Gebührenschuldner sowie auf Antrag dessen wirtschaftliche Verhältnisse zu
berücksichtigen. Ferner darf kein Missverhältnis zwischen der Höhe der Gebühr und der
Leistung der Behörde bestehen, § 3 GebG NRW. Begründet eine Amtshandlung für den
Kostenschuldner keinen Vorteil, ist für die Bemessung der Gebührensätze allein der für
die Amtshandlung im Wege der Pauschalierung und Typisierung zu veranschlagende
Verwaltungsaufwand maßgeblich,
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vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. Februar 2009 - 9 B 1788/08 -.
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Die festgesetzte Gebühr entspricht diesen Anforderungen. Sie berücksichtigt neben der
Wegstreckenentschädigung den mit der Amtshandlung verbundenen
Verwaltungsaufwand insoweit, als der von dem die Inspektion Durchführenden
genannte reine Zeitaufwand mit zu Grunde gelegt wurde. Da die Nachkontrolle nach
dem Vier-Augen-Prinzip durchgeführt wurde, ist es nicht zu beanstanden, dass der
Zeitaufwand für zwei Kontrolleure abgerechnet wurde.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Gründe für eine Zulassung der Berufung nach §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr.
4 VwGO liegen nicht vor.
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