Urteil des VG Düsseldorf vom 26.08.2004

VG Düsseldorf: baum, gutachter, genehmigung, ausnahme, grundstück, gefahr, erhaltung, befreiung, aufwand, wahrscheinlichkeit

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 4 K 6143/03
Datum:
26.08.2004
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4 Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 6143/03
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger
dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte
vorher Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand:
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Die Kläger beantragten unter dem 6. Januar 2002 die Genehmigung, fünf auf ihrem
Grundstück in E, W Straße 213a, stehende Pappeln fällen zu dürfen. Mit Bescheid vom
17. Januar 2002 erteilte die Beklagte die Genehmigung zur Fällung von vier Pappeln.
Wegen der fünften, im Antrag mit Baum Nr. 21 bezeichneten Pappel wurden die Kläger
negativ beschieden. Wegen des Standortes dieses Baumes sowie seines Aussehens
und seines Zustandes wird auf den von den Klägern eingereichten Lageplan und auf
den Inhalt des von den Klägern in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtes vom
2. Oktober 2001 durch Dipl.-Ing. T (Gutachten T) verwiesen.
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Den Widerspruch der Kläger gegen die Versagung der Genehmigung zur Fällung der
Pappel Nr. 21 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. März 2002 zurück.
Der zeitnahe Zugang dieses Bescheides ist nicht nachweisbar. Die Beklagte
übersandte den Widerspruchsbescheid unter dem 28. August 2003 erneut. Den
Prozessbevollmächtigten ging er am 1. September 2003 zu.
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Die Kläger haben am 17. September 2003 Klage erhoben.
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Sie beantragen,
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die Beklagte unter entsprechend teilweiser Änderung ihres Bescheides vom 17. Januar
2002 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2002 zu verpflichten,
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ihnen eine Ausnahme, hilfsweise eine Befreiung von dem Verbot des Fällens der mit Nr.
21 bezeichneten Pappel auf ihrem Grundstück in E, W Str. 213a, zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch eine Ortsbesichtigung und durch Einholen eines
Sachverständigengutachtens. Wegen des Gegenstandes und des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf den Beweisbeschluss vom 17. Februar 2004, den Vermerk
über die Ortsbesichtigung vom 27. April 2004 und das Gutachten des Sachverständigen
T1 vom 25. Mai 2004 Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Kläger dürfen die auf ihrem Grundstück noch stehende Pappel (Baum Nr. 21) nicht
fällen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme oder Befreiung von
dem durch die Satzung zum Schutz des Baumbestandes der Stadt E vom 18. Dezember
1990 geregelten Verbot des Entfernens geschützter Bäume liegen nicht vor.
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1. Die Pappel der Kläger gehört mit einem Stammdurchmesser von 104 cm (das
entspricht einem Stammumfang von etwa 3,30 Metern) zu den durch § 3 Abs. 2 der
Baumschutzsatzung geschützten Bäume. Nach § 4 Abs. 1 der Baumschutzsatzung ist
es verboten, geschützte Bäume zu entfernen. § 4 Abs. 2 der Baumschutzsatzung greift
nicht ein. Gegenwärtige Gefahren gehen von der Pappel nicht aus. Darüber streiten die
Beteiligten nicht.
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2. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Verbot des § 4 Abs. 1 der
Baumschutzsatzung liegen nicht vor.
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2.1 Von dem geschützten Baum gehen keine Gefahren für Personen und Sachen von
bedeutendem Wert aus (vgl. § 6 Abs. 1 Buchst b) der Baumschutzsatzung). Das ist das
Ergebnis des durch das Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens. Der Baum ist
standsicher auch bei starkem Wind (Windstärke 12). Es gibt keine Hinweise auf eine
Einschränkung der Verkehrssicherheit, etwa durch die Gefahr des Abbruchs stärkerer
Äste. Das gilt auch für die von dem Gutachter Schlag erwähnten Unregelmäßigkeiten
bei zwei Ästen. Er schlägt dazu für einen der beiden Äste lediglich „höchst vorsorglich"
eine Abbruchsicherung in Form einer Schlinge vor. Die hinreichende
Wahrscheinlichkeit eines Astabbruchs in absehbarer Zeit selbst ohne diese
Sicherungsmaßnahme nimmt der Gutachter nicht an. Selbst wenn sie bestünde, wäre
die Gefahr, wie durch den Gutachter beschrieben, mit geringem Aufwand zu beseitigen.
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2.2 Der geschützte Baum ist trotz eines allerdings sehr geringen Befalls des
Stammfußes mit dem Pappelbock nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens
jedenfalls derzeit als gesund zu bezeichnen (vgl. § 6 Abs. 1 c) der Baumschutzsatzung).
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3. Das Verbot des Entfernens der Pappel führt nicht zu einer durch die
Baumschutzsatzung nicht beabsichtigten Härte für die Kläger. Die durch den Gutachter
beschriebenen Erhaltungs- und Pflegemaßnahmen und der dafür notwendige
Kostenaufwand sprengen den Rahmen dessen, was üblicherweise in Hausgärten von
der Größe desjenigen des Klägers jährlich an Gartenpflegeaufwand anfällt, nicht
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nennenswert. Es liegt gerade in der Absicht der Baumschutzsatzung, die
Grundstückseigentümer zur Pflege und Erhaltung geschützter Bäume heranzuziehen,
wenn erste Anzeichen von Schwäche erkennbar werden, die Erhaltung aber noch lohnt
(vgl. auch § 5 der Baumschutzsatzung). Der Sachverständige hält den Baum in einer
Gesamtbewertung trotz gewisser Schwachsymptome und Vitalitätseinbußen für
erhaltungsfähig und erhaltenswürdig. Er gibt ihm eine Lebenserwartung von noch fünf
bis fünfzehn Jahren. Diese günstige Prognose rechtfertigt ein Fällen des Baumes
gegenwärtig nicht.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 1, 167 VwGO, 708 Nr. 11, 709, 711
ZPO.
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