Urteil des VG Düsseldorf vom 05.07.2002

VG Düsseldorf: prüfer, schüler, kritik, mündliche prüfung, rüge, staatsprüfung, faires verfahren, befangenheit, abrede, prüfungskommission

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 15 K 3624/00
Datum:
05.07.2002
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
15. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 K 3624/00
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25,- Euro
abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Der am 28. März 1966 geborene Kläger wendet sich gegen das endgültige
Nichtbestehen seiner Zweiten Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II
und für das Lehramt für die Sekundarstufe I.
2
Der Kläger, der den Vorbereitungsdienst in den Fächern Latein und Evangelische
Religionslehre am 1. Februar 1997 aufgenommen hatte, unterzog sich der Prüfung
erstmals am 10. Dezember 1998 ohne Erfolg. Das beklagte Amt teilte ihm mit, dass die
in diesem Prüfungsversuch mit der Note "ausreichend" (3,7) bewertete schriftliche
Hausarbeit im Fach Latein in die Wiederholungsprüfung übernommen werde.
3
Während der bis zum 31. Oktober 1999 verlängerten Zeit des Vorbereitungsdienstes
gehörte der Kläger dem Studienseminar für das Lehramt der Sekundarstufe II in Kleve
an und unterrichtete am Gymnasium S in N. Das Endgutachten der Hauptseminarleiterin
vom 2. Oktober 1999 weist als Leistungsnote "ausreichend" (4,0) aus. Die Endgutachten
der jeweiligen Fachleiter der Fachseminare Latein und Evangelische Religionslehre
vom 2. September 1999 und 31. August 1999 schließen mit den Noten „befriedigend"
(3,3) bzw. "ausreichend" (3,7).
4
Die Unterrichtsproben, die der Kläger am 21. Oktober 1999 im Fach Latein zum Thema
"Die Unmenschlichkeit römischer Gladiatorenkämpfe - Erarbeitung anhand eines Texts
über einen Gladiatorenkampf (Cursus Novis Compactus, Lektion 10 V)" und im Fach
5
Evangelische Religionslehre zum Thema „Erarbeitung der Diskussion über Max
Plancks These von der Vereinbarkeit von Naturwissenschaft und Religion anhand eines
Textauszugs von Werner Heisenberg" absolvierte, bewertete der Prüfungsausschuss
jeweils mit der Note „mangelhaft" (5,0) bzw. (5,3), brach die Zweite Staatsprüfung ab
und erklärte sie für endgültig nicht bestanden.
Mit Schreiben vom 25. Oktober 1999 übersandte das beklagte Prüfungsamt dem Kläger
eine Bescheinigung über die nicht bestandene Zweite Staatsprüfung und teilte ihm mit,
eine weitere Wiederholung der Prüfung sei unzulässig.
6
Gegen die Prüfungsentscheidung legte der Kläger unter dem 28. Oktober 1999
Widerspruch ein, nahm Einsicht in die Prüfungsakte und begründete seinen
Widerspruch anschließend mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 3.
Februar 2000, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
7
Mit am 15. Mai 2000 zugestelltem Bescheid vom 12. Mai 2000 wies das beklagte
Prüfungsamt den Widerspruch des Klägers im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die
eingeholten Stellungnahmen der Prüfungskommission vom 1. und 12. März 2000 als
unbegründet zurück.
8
Der Kläger hat am 13. Juni 2000 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, die angefochtene
Prüfungsentscheidung sei aus den im Widerspruchsverfahren bereits dargelegten
Gründen rechtswidrig. Ergänzend hat der Kläger ein Dienstzeugnis für seine Tätigkeit
als Vertretungslehrer an der Dschule S1 vom 20. Juni 2000 sowie Stellungnahmen des
Schulleiters des L-Gymnasiums in S1 vom 29. Juni 2000 und des Herrn Dr. W vom
Landesinstitut für Schule und Ausbildung Mecklenburg- Vorpommern vom 15. Juli 2000
über seine unterrichtliche und pädagogische Arbeit eingereicht. Er trägt vor, nachdem er
seit Oktober 2000 einen Ausbildungslehrgang „Angewandte Informatik
Softwaretechnologie" für Akademiker absolviert habe, im März 2002 den
Berufsabschluss als „Staatlich geprüfter Informatiker Softwaretechnologie" erworben zu
haben.
9
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt des die Klage
begründenden Schriftsatzes vom 31. August 2000.
10
Der Kläger beantragt,
11
den Beklagten unter Aufhebung der Prüfungsentscheidung vom 21. Oktober 1999 und
der Bescheide vom 25. Oktober 1999 und 12. Mai 2000 zu verpflichten, über das
Ergebnis seiner Zweiten Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II und für
das Lehramt für die Sekundarstufe I nach Durchführung neuer Unterrichtsproben in den
Fächern Latein und Evangelische Religionslehre und gegebenenfalls einer
anschließenden mündlichen Prüfung unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts erneut zu entscheiden.
12
Der Beklagte beantragt,
13
die Klage abzuweisen.
14
Er ist der Auffassung, die angefochtene Prüfungsentscheidung sei rechtmäßig.
15
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug
genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens sowie den
Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten.
16
Entscheidungsgründe:
17
Die gegen das Nichtbestehen der Zweiten Staatsprüfung im Wiederholungsversuch
gerichtete Klage bleibt erfolglos; sie ist zulässig, aber nicht begründet.
18
Der Kläger hat gegen das beklagte Amt keinen Anspruch darauf, dass über das
Ergebnis seiner Prüfungsleistungen nach Maßgabe des Klageantrages erneut
entschieden wird. Denn mit der Bewertung der beiden Unterrichtproben in den Fächern
Latein und Evangelische Religionslehre ist der Prüfungsanspruch des Klägers erfüllt.
Die Prüfungsentscheidung des beklagten Amtes vom 21. Dezember 1999 und die
darauf beruhenden Bescheide vom 25. Dezember 1999 und 12. Mai 2000 lassen keine
Rechtsfehler erkennen (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).
19
Gemäß §§ 21 Abs. 2 lit. c), 25 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 der Ordnung des
Vorbereitungsdienstes und der Zweiten Staatsprüfung für Lehrämter an Schulen (OVP)
in der durch die Verordnung vom 2. Dezember 1996 (GV NRW S. 482) geänderten
Fassung vom 8. Juli 1994 (GV NRW S. 626), die auf den §§ 17 Abs. 5 und 19 Abs. 5 des
Lehrerausbildungsgesetzes in der Fassung der zuletzt durch Gesetz vom 3. Mai 1994
(GV NRW S. 220) geänderten Bekanntmachung vom 23. Juni 1989 (GV NRW S. 421)
beruht und die nach § 71 Abs. 2 Buchst. b) der OVP (OVP n. F.) vom 12. Dezember
1997 (GV NRW 1998 S. 2) noch auf Lehramtswärter Anwendung findet, die - wie der
Kläger - bis zum 1. Februar 1998 den Vorbereitungsdienst aufgenommen haben, ist die
Zweite Staatsprüfung, die aus einer schriftlichen Hausarbeit (1.), einer Unterrichtsprobe
im ersten Fach (2.), einer Unterrichtsprobe im zweiten Fach (3.) und einer mündlichen
Prüfung (4.) besteht (§ 12 OVP), unter anderem dann endgültig nicht bestanden, wenn
im Wiederholungsversuch die Note für jede der beiden Unterrichtsproben im Sinne des
§ 18 Abs. 7 OVP nicht mindestens „ausreichend" ist. Steht bereits anhand der ohne die
mündliche Prüfung festgelegten Noten fest, dass ein Prüfling die Zweite Staatsprüfung
gemäß § 21 Abs. 2 lit. b) oder c) OVP nicht mehr bestehen kann, ist die Prüfung gemäß
§ 21 Abs. 3 S. 1 OVP abzubrechen und die Zweite Staatsprüfung für nicht bestanden zu
erklären (§ 21 Abs. 3 S. 2, 1. Halbs. OVP). Wird die Zweite Staatsprüfung in der
Wiederholung nicht bestanden, ist das Nichtbestehen endgültig, da eine zweite
Wiederholung der Prüfung nicht zulässig ist (§ 25 Abs. 2 i.V.m. § 21 Abs. 3 S. 2, 2.
Halbs. OVP).
20
Der Prüfungsausschuss hat im Rahmen seiner am 21. Oktober 1999 getroffenen
Prüfungsentscheidung in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass der Kläger
die Zweite Staatsprüfung in der Wiederholung - und damit zugleich endgültig - nicht
bestanden hat, weil bereits ohne die mündliche Prüfung feststand, dass er die Zweite
Staatsprüfung nicht mehr bestehen konnte, da beide Unterrichtsproben in den Fächern
Latein und Evangelische Religionslehre mit „mangelhaft" (5,0) bzw. (5,3) und somit nicht
mit mindestens „ausreichend" (4,0) bewertet worden waren.
21
Die Bewertung der ihrerseits verfahrensfehlerfrei erbrachten Prüfungsleistung ist nicht
mit Rechtsfehlern behaftet, die sich auf das Ergebnis der Beurteilung ausgewirkt haben
können.
22
Vgl. Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2, Prüfungsrecht, 3. Aufl., 1994, Rdz. 284.
23
Verfahrensrechtlich ist die Abnahme der in beiden Fächern durch den Kläger als
Prüfungsleistung erbrachten Unterrichtsproben nicht zu beanstanden. Die angefertigten
Prüfungsprotokolle genügen den Anforderungen des § 18 Abs. 8 OVP und erfüllen den
prüfungsrechtlichen Anspruch des Klägers auf Bekanntgabe der Gründe, die für die
getroffene Bewertung jeweils maßgeblich waren. Auch der Anspruch auf ein
Überdenken der Prüfungsentscheidung durch die Mitglieder der Prüfungskommission ist
erfüllt, da sie sich ausweislich der auf ihrer erneuten Zusammenkunft vom 1. März 2000
beruhenden Stellungnahmen mit den vom Kläger im Widerspruchsverfahren
vorgebrachten Einwänden auseinander gesetzt haben.
24
Insbesondere begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, dass die Fachleiterin
Frau StD T als Mitglied des Prüfungsausschusses die Unterrichtsproben des Klägers
am 21. Oktober 1999 abgenommen hat, wie vom Kläger erstmals in der mündlichen
Verhandlung am 5. Juli 2002 gerügt.
25
Die Mitwirkung von Frau StD T im Prüfungsausschuss verstieß weder gegen § 21 Abs.
1 S. 1 VwVfG NRW noch verletzte sie das aus dem Grundsatz der Chancengleichheit
(Art. 3 Abs. 1 GG), dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und Artikel 12 Abs. 1 GG
(Freiheit der Berufswahl) folgende Recht des Klägers auf ein faires Verfahren bei
Abnahme seiner berufseröffnenden Prüfung.
26
Nach § 21 Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW, der bei Fehlen spezialgesetzlicher Regelungen
auch für die Tätigkeit von Behörden bei Leistungsprüfungen gilt (vgl. §§ 1 Abs. 1, 2 Abs.
2 Ziffer 2 VwVfG NRW) hat derjenige, der in einem Verwaltungsverfahren für eine
Behörde tätig werden soll, den Leiter der Behörde oder den von diesem Beauftragten zu
unterrichten und sich auf dessen Anordnung der Mitwirkung zu enthalten, wenn ein
Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die unparteiische Amtsausübung zu
rechtfertigen. Danach besteht die Besorgnis der Befangenheit zu Recht, wenn sie auf
objektiv feststellbare Tatsachen gegründet ist, die geeignet sind, subjektiv vernünftige
Zweifel an einer unparteiischen, unvoreingenommenen oder unbefangenen
Amtsführung zu begründen,
27
vgl. Kopp/Ramsauer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Auflage 2000,
zu § 21 Rdz. 5.
28
Rechtlich tragende Gründe für die Besorgnis der Befangenheit der Prüferin Frau StD T
im Vorfeld der Prüfung sind schon weder substantiiert vorgetragen noch sonst
ersichtlich.
29
Im Übrigen ist dem Kläger auch die Berufung auf die Besorgnis der Befangenheit der
Prüferin verwehrt.
30
Wenn der Kläger der Auffassung gewesen sein sollte, die Prüferin Frau StD T werde
nicht mehr ergebnisoffen in die Unterrichtsproben gehen, hätte er dies rechtzeitig vor der
Prüfung dem Beklagten gegenüber rügen müssen, um diesem Gelegenheit zu geben,
über eine mögliche Besorgnis der Befangenheit der Prüferin noch vor der Prüfung zu
befinden und diese gegebenenfalls durch einen anderen Prüfer zu ersetzen. Aus dem
das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit sowie aus den
dem Prüfling obliegenden Mitwirkungspflichten folgt nämlich, dass dieser etwaige ihm
31
bekannte Mängel im Prüfungsverfahren unverzüglich rügen muss, damit möglichst noch
rechtzeitig Abhilfe geschaffen werden kann (z.B. durch Auswechslung des Prüfers).
Für eine mögliche Besorgnis der Befangenheit findet dieser allgemeine Grundsatz in §
21 Abs. 1 VwVfG seine spezialgesetzliche Ausprägung. An einer „unverzüglichen"
Rüge fehlt es, wenn dem Prüfling ein „schuldhaftes Zögern" (§ 121 Abs. 1 BGB)
vorzuwerfen ist, d.h. wenn ihm eine Rüge bereits zu einem früheren Zeitpunkt
zuzumuten war. Von einem Prüfling, der bereits vor der Prüfung hinreichende
Veranlassung sieht, die Befangenheit eines Prüfers zu besorgen, kann erwartet werden,
dass er dies geltend macht, bevor er sich in die Prüfung begibt; es ist ihm insoweit
zuzumuten, sich der Prüfung unter dem Vorbehalt zu stellen, dass seinem
Befangenheitsantrag nicht entsprochen wird.
32
Vgl. OVG NW, Urt. v. 23. Februar 1993 - 15 A 1163/91 -, NWVBl 1993, 293; Niehues,
a.a.O., Rdz 195.
33
Begibt sich der Prüfling in Kenntnis der angeblichen Befangenheitsgründe vorbehaltlos
in die Prüfung, lässt dies den Schluss zu, dass er eine mögliche Voreingenommenheit
nicht ernstlich befürchtet und sich nicht der Chance begeben will, bei eben diesem
Prüfer eine zum Bestehen der Fachprüfung ausreichende Leistungsbeurteilung zu
erreichen.
34
OVG NW, Urt. v. 23. Februar 1993 - 15 A 1163/91 -, NWVBl 1993, 293.
35
Hat sich der Prüfling der Prüfung ohne Vorbehalt gestellt und erst nachträglich die
Befangenheitsrüge erhoben, ist eine Befangenheitsrüge unerheblich, weil die
Verpflichtung zur Gleichbehandlung aller Prüflinge der Gewährung einer weiteren,
zusätzlichen Prüfungschance entgegen steht.
36
OVG NW, Urt. v. 23. Februar 1993 - 15 A 1163/91 -, NWVBl 1993, 293; Niehues Rdz.
195, Fn 441; Zimmerling/Brehm, a.a.O., Rdz. 205.
37
Nach diesen Grundsätzen kann sich der Kläger nicht auf eine angebliche Befangenheit
der Prüferin Frau StD T berufen.
38
Die Bewertung der ihrerseits verfahrensfehlerfrei erbrachten Prüfungsleistungen ist aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
39
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der die
Verwaltungsgerichte folgen,
40
vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81, 213/83 -, NJW 1991, S. 2005
(2007 ff.), BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1992 - 6 C 3.92 -, DVBl 1993, S. 503;
BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 1993 - 6 C 12.92 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr.
320, S. 307; OVG NW, Urteil vom 23. Januar 1995 - 22 A 1834/90 -, S: 9; OVG NW,
Urteil vom 21. April 1998 - 22 A 669/96 -; Urteile der Kammer vom 11. Juni 1999 - 15 K
4530/98 -, S. 5 f. und vom 17. September 1999 - 15 K 1993/97 -, S. 5, beide m.w.N.,
41
verpflichtet Art. 19 Abs. 4 GG die Gerichte, auch Prüfungsentscheidungen in rechtlicher
und tatsächlicher Hinsicht grundsätzlich vollständig nachzuprüfen. Lediglich bei
„prüfungsspezifischen Wertungen",
42
vgl. zur Abgrenzung BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 1997 - 6 B 55.97 - , DVBl
1998, S. 404 f.,
43
verbleibt der Prüfungsbehörde ein die gerichtliche Kontrolle insofern einschränkender
Beurteilungsspielraum, als komplexe prüfungsspezifische Wertungen - z.B. bei der
Gewichtung verschiedener Aufgaben untereinander, bei der Einordnung des
Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung oder bei der Würdigung der Qualität der
Darstellung - im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden
müssen und sich deshalb im nachfolgenden Verwaltungsstreitverfahren nicht ohne
weiteres nachvollziehen lassen. Fachliche Meinungsverschiedenheiten zwischen
Prüfling und Prüfer sind der gerichtlichen Überprüfung demgegenüber nicht entzogen.
Eine wirksame gerichtliche Kontrolle setzt insoweit allerdings eine schlüssige und
hinreichend substantiierte Rüge im gerichtlichen Verfahren voraus, die sich mit den
fachlichen Einwendungen gegen die Prüfungsleistung inhaltlich auseinander setzt.
Macht der Prüfling dabei geltend, er habe eine fachwissenschaftlich vertretbare Lösung
gewählt, hat er dies unter Hinweis auf seiner Ansicht nach einschlägige Fundstellen
näher darzulegen; der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende
Amtsermittlungsgrundsatz ist insoweit durch die Mitwirkungspflicht des Prüflings
begrenzt,
44
vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1993 - 6 C 35.92 -, DVBl 1993, S. 842 (845).
45
Einwände des Prüflings gegen Fachfragen betreffende Prüferkritik, die im vorstehenden
Sinne unschlüssig oder unsubstantiiert sind, bleiben im gerichtlichen Verfahren ebenso
wie solche, die - lediglich - unbegründet sind, ohne Erfolg. Für die Abgrenzung gelten
folgende Maßstäbe: Unschlüssig ist eine Rüge, wenn sie die Beanstandung des Prüfers
nicht trifft, somit die Argumentation des Prüflings an der Prüferkritik vorbeigeht und diese
damit schon nicht entkräften kann. Unsubstantiiert ist eine Rüge, wenn sie zwar die
Prüferkritik zutreffend erfasst, es aber an hinreichenden fachlichen Argumenten etwa zu
der Vertretbarkeit oder Richtigkeit einer Lösung fehlt und/oder die Argumentation nicht
durch Angabe einschlägiger Fundstellen zu der streitigen Fachfrage belegt wird. Dies
gilt auch im Bereich von Prüfungen, die ausschließlich oder zum Teil juristische
Problemstellungen zum Gegenstand haben, in dem das Gericht regelmäßig selbst die
erforderliche Qualifikation zur Klärung der Frage der Vertretbarkeit der juristischen
Ausführung hat.
46
Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Februar 1993 - 6 C 38/92 -, NVwZ 1993, S. 686 (687) und
- 6 C 35/92 -, KMK-HSchR Nr. 21 C.1 Nr. 12, S. 6; vgl. auch Urteil der Kammer vom 17.
September 1999, a.a.O., S. 5 f.
47
Unbegründet ist schließlich eine Rüge, wenn die Argumentation des Prüflings die
Prüferkritik nicht zu entkräften vermag, weil sie fachlich unzutreffend ist.
48
Vgl. Urteil der Kammer vom 11. Juni 1999 - 15 K 4530/98, S. 6
49
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze lässt die Bewertung der Unterrichtsproben
vom 21. Oktober 1999 in den Fächern Latein und Evangelische Religionslehre keine
Fehler erkennen.
50
Zu Recht hat die Prüfungskommission als Grundlage der Bewertung der beiden
51
Unterrichtsproben jeweils auf die vom Kläger vorgelegte Planung der konkreten
Unterrichtsstunde und deren Durchführung abgestellt, da sich aus der Prüfungsordnung
ergibt, dass die Prüfungsleistung in der Durchführung der - in aller Regel eine
Unterrichtsstunde dauernden (§ 18 Abs. 2 OVP) - Unterrichtsprobe und der vorherigen
Vorlage einer auf den notwendigen Umfang beschränkten schriftlichen Planung dieser
Unterrichtsstunde besteht.
Die von den Prüfern herangezogenen Bewertungsgrundlagen lassen ebenfalls keine
Fehler erkennen. § 18 Abs. 7 OVP sieht lediglich vor, dass der Prüfungsausschuss vor
Beginn der mündlichen Prüfung jede der beiden Unterrichtsproben unter
Berücksichtigung der schriftlichen Unterrichtsplanung mit einer Note bewertet.
52
Die Zuordnung einer Note zu den Leistungen des Prüflings fällt grundsätzlich in den
Bereich der prüfungsspezifischen Wertungen, wobei die Prüfer sich an den
Notendefinitionen der Prüfungsordnung und den Anforderungen bzw. Prüfungszielen zu
orientieren haben, welche nach der Prüfungsordnung vom Prüfling bei der jeweiligen
Prüfungsleistung zu erfüllen sind. Für die Zweite Staatsprüfung für Lehrämter an
Schulen sind die Notendefinitionen in § 13 Abs. 1 OVP, die möglichen Bandbreiten in
Abs. 2 der Norm und die Anforderungen an die Unterrichtsproben in den Fächern in § 18
OVP definiert. Danach sind die einzelnen in § 12 OVP genannten Prüfungsleistungen
wie folgt zu bewerten:
53
I. mit der Note 1 (= sehr gut): eine Leistung, die den Anforderungen in besonderem
Maße entspricht;
54
II.
55
III. mit der Note 2 (= gut): eine Leistung, die den Anforderungen voll entspricht;
56
IV.
57
V. mit der Note 3 (= befriedigend): eine Leistung, die den Anforderungen im Allgemeinen
entspricht;
58
VI.
59
VII. mit der Note 4 (= ausreichend): eine Leistung, die zwar Mängel aufweist, aber im
Ganzen den Anforderungen noch entspricht;
60
VIII.
61
IX. mit der Note 5 (= mangelhaft): eine Leistung, die den Anforderungen nicht entspricht,
die jedoch erkennen lässt, dass die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und
die Mängel in absehbarer Zeit behoben werden könnten;
62
X.
63
XI. mit der Note 6 (= ungenügend): eine Leistung, die den Anforderungen nicht
entspricht und bei der selbst die Grundkenntnisse so lückenhaft sind, dass die Mängel in
absehbarer Zeit nicht behoben werden könnten.
64
XII.
65
§ 13 Abs. 1 S. 2 und 3 OVP regelt des Weiteren, dass zur differenzierten Bewertung
Zwischenwerte durch Erniedrigen oder Erhöhen der einzelnen Noten um 0,3 gebildet
werden können, wobei die Noten 0,7, 4,3, 4,7 und 6,3 dabei ausgeschlossen sind.
66
Soweit aus den Noten für die einzelnen Prüfungsleistungen Durchschnittsnoten gebildet
werden, entsprechen den Ergebnissen, bei denen nur die erste Dezimalstelle hinter
dem Komma berücksichtigt wird - alle weiteren Stellen werden ohne Rundung
gestrichen - gemäß § 13 Abs. 2 OVP folgende Noten:
67
I. bis 1,5 = sehr gut;
68
II.
69
III. über 1,5 bis 2,5 = gut,
70
IV.
71
V. über 2,5 bis 3,5 = befriedigend,
72
VI.
73
VII. über 3,5 bis 4,0 = ausreichend,
74
VIII.
75
IX. über 4,0 bis 5,0 = mangelhaft,
76
X.
77
XI. über 5,0 = ungenügend.
78
XII.
79
Die fachliche Beurteilung beider Unterrichtsproben durch den Prüfungsausschuss
erweist sich als rechtsfehlerfrei.
80
I. Die Niederschrift über die Unterrichtsprobe im Fach Latein enthält eine in sich
schlüssige, an den Bewertungskriterien des § 18 Abs. 7 OVP orientierte und angesichts
der darin enthaltenen Aussagen über die Unterrichtsplanung und die Abhandlung
unterrichtsrelevanter Fragen, die Methodenreflexion, die Strukturierung der
Unterrichtsstunde, die Verhaltensstrategien des Klägers im Unterricht, die gewählten
Arbeitsformen, die erreichte Kommunikation und den erzielten Lernerfolg eine die Note
„mangelhaft" (5,0) tragende Begründung. Dem steht nicht entgegen, dass in der
Leistungsbeurteilung auch Vorzüge genannt werden. Die Bewertung einer
Prüfungsleistung mit der Note „mangelhaft" setzt nämlich nicht voraus, dass es ihr an
jeglicher fachlichen Qualität fehlt. Gemäß § 13 Abs. 1 OVP genügt vielmehr, dass die
Leistung zwar den Anforderungen nicht entspricht, jedoch erkennen lässt, dass die
notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in absehbarer Zeit
behoben werden könnten.
81
Soweit der Kläger Einwendungen gegen die an seiner Unterrichtskonzeption im Fach
Latein geübte Kritik erhebt, sind diese weitgehend bereits unschlüssig, weil sie den
Kern der Prüferkritik verfehlen, jedenfalls aber unsubstantiiert.
82
Nach Auffassung der Prüfer benennt der vom Kläger vorgelegte Unterrichtsentwurf zwar
einige relevante Unterrichtskomponenten, lässt jedoch einen argumentierenden Zugriff
vermissen; viele unterrichtsrelevante Fragen blieben unbeachtet, die mit ihnen
verbundene Problematik gerate nicht in das Blickfeld. Der Kläger hat weder diese
grundsätzlichen kritischen Erwägungen noch die von den Prüfern insoweit beispielhaft
aufgezählten Gesichtspunkte, die zu ihrer Einschätzung geführt haben, durch einen
schlüssigen, substantiierten und begründeten Vortrag zu entkräften vermocht.
83
Die vom Kläger erhobene Rüge bezüglich der insoweit beispielhaft genannten Kritik an
seiner Textauswahl nach vier vorausgegangenen Lektionen zu dem Thema
Gladiatorenspiele trifft schon nicht die eigentliche Prüferkritik. Der Kläger hat im
Widerspruchsverfahren lediglich darauf abgestellt, die Prüferkritik übersehe, dass der in
der Unterrichtsprobe herangezogene Text den völlig neuen Aspekt der Sensationsgier
des Publikums thematisiere und zugleich die neue Grammatik vertiefe. Demgegenüber
haben die Prüfer im Rahmen ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 12. März 2000
ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, dass der ausgewählte Text für das vom
Kläger formulierte Ziel ungeeignet sei, weil er sich lediglich am Rande, an zwei wenig
bedeutsamen Stellen, überhaupt zur Frage der Sensationsgier des Publikums verhalte,
während der Schwerpunkt in der Schmährede eines barbarischen Gladiators auf einen
aus dem Mittelmeerraum stammenden Gegner zu sehen sei. Der Gesichtspunkt der
Publikumsreaktion sei überdies keineswegs „völlig neu", sondern werde erheblich
intensiver bereits in der Lektion 4, vor allem im Text 4 L abgehandelt, sodass es sich bei
dem Thema inhaltlich nur um eine Wiederholung handele, ohne dass sich der Entwurf
mit dieser Problematik auseinander setze. Der gewählte Text „Lektion 10 V" sei zudem
wie alle V-Texte nach den Vorstellungen der Autoren in erster Linie zur grammatischen
Vertiefung und nicht zur inhaltlichen Information und Kommunikation gedacht, da es sich
nicht um einen kohärenten Text, sondern um eine Aneinanderreihung nummerierter
Einzelsätze handele. Vorliegend habe die Verwendung der Präpositionen „in" und
„cum" + Ablativ geübt und vertieft werden sollen, wie sich aus dem diesbezüglichen
hervorgehobenen Kursivdruck ergebe. Dieser detaillierten Prüferkritik hat der Kläger
keinen substantiierten, sich widerlegenden Vortrag entgegengesetzt.
84
Ebenfalls teilweise, da die Zielrichtung der Prüferkritik verkennend, unschlüssig und
teilweise unsubstantiiert sind die Einwände des Klägers bezogen auf den weiter
beispielhaft im Rahmen der Prüferkritik angeführten fehlenden Lehrbuchvergleich. Der
Kläger macht pauschal geltend - ohne dies näher zu begründen oder zu belegen -, ein
Lehrbuchvergleich sei weder methodisch noch didaktisch notwendig gewesen;
ergänzend führt er aus, ein Wechsel des Lehrbuchs sei pädagogisch nicht sinnvoll
gewesen. Letztere Rüge geht an dem Vorhalt der Prüfer ersichtlich vorbei, worauf diese
im Rahmen ihrer erneuten Stellungnahme vom 12. März 2000 zutreffend hingewiesen
haben, da der Umstand, dass der Kläger keinen Wechsel zu einem anderen Lehrbuch
vorgenommen hat, in der schriftlich fixierten Beurteilung keine Erwähnung gefunden hat
und somit für die Bewertung der Prüfungsleistung offenkundig nicht kausal gewesen ist.
Dagegen ist der Einwand des Klägers hinsichtlich des als fehlend bemängelten
Lehrbuchvergleichs nicht hinreichend substantiiert, nachdem der Prüfungsausschuss in
seiner Stellungnahme vom 12. März 2000 nicht nur allgemein angeführt hat, dass ein
85
Lehrbuchvergleich generell geboten sei, um das didaktische Bewusstsein sowie den
methodischen Horizont zu erweitern, sondern überdies gerade für die konkret
behandelte Gladiatorenthematik im Einzelnen dargelegt hat, dass ein
Lehrbuchvergleich Veranlassung dazu gegeben hätte, sich (nach der bereits erfolgten
längeren Beschäftigung mit dem Thema Gladiatorenspiele) bei erneuter Befassung mit
diesem Thema kritisch auseinander zu setzen. Denn modernere Lateinlehrbücher, die
bereits auf den neuen Lehrplänen basieren, insbesondere auch das Nachfolgewerk
desselben Verlages, Cursus Continuus, sähen eine intensive Behandlung dieses
blutrünstigen Themas im Anfängerunterricht bewusst nicht mehr vor - anders als das
vom Kläger verwendete Lateinbuch Cursus Novus Compactus mit seiner
außerordentlich breit angelegten Gladiatorenthematik, das insoweit didaktisch nicht
mehr dem neuesten Stand entspreche. Auch hätte ein Lehrbuchvergleich Anlass
geboten, sich die Frage zu stellen, inwieweit die Präsentation in Form des
Gladiatorenmosaiks der Villa Borghese vom heutigen Standpunkt als
Gewaltverherrlichung aufzufassen sei. Diese konkrete und plausible Erläuterung der
Prüferkritik hat der Kläger nicht substantiiert angegriffen.
Auch die Einwendungen des Klägers gegen die weiter beispielhaft seitens der Prüfer
kritisierte mangelnde Reduktion des Textes bei dem von ihm gewählten
satzübergreifenden Verfahren greifen nicht durch. Diese Argumentation verfehlt den
Kern der Prüferkritik: Beanstandet haben die Prüfer nämlich ausweislich ihrer
ergänzenden Stellungnahme vom 12. März 2000, nicht nur den Umfang, sondern auch
den Sinn und Zweck der vom Kläger eingesetzten Methode der transphrastischen
Vorerschließung im konkreten Fall. Der Kläger habe verkannt, dass das Verfahren der
satzübergreifenden Vorerschließung gerade nicht ausschließlich als - grammatische -
Vorentlastung bei der Übersetzung dienen solle, sondern vielmehr auch ganz
wesentlich - inhaltlich - eine Motivationsförderung der Schüler bezwecke und einen
speziellen Beitrag zum Fortschreiten des Erkenntnisprozesses leisten solle. Dieses Ziel,
einen Fortschritt bei der Sinnerfassung - als Vorbereitung der Interpretation - zu
bewirken, habe der Kläger weder in seiner Konzeption bedacht noch im Unterricht
erreicht. Einer Vorbereitung der Interpretation wäre es dagegen nach Auffassung der
Prüfer förderlich gewesen, wenn der Kläger mit erheblich geringerem Zeitaufwand auf
alternative satzübergreifende Vorgehensweisen zurückgegriffen hätte wie z.B. eine
mündliche Paraphrase oder Inhaltsangabe des Textes statt einer Übersetzung. Dies hat
der Kläger nicht substantiiert in Abrede gestellt, namentlich nicht durch das von ihm
angeführte Argument, diese Art der Arbeit mit dem Text sei im Rahmen seiner
Ausbildung von dem Fachleiter, Herrn T1, vorgegeben worden. Die weiter vom Kläger
vorgetragene Begründung für seine methodische Vorgehensweise, allein eine nur
bedingte Reduktion des Textes an der Tafel gebe den Schülern eine Übersetzungs- und
auch Interpretationshilfe an die Hand, ergibt nicht auch den didaktischen Ausführungen
in seinem Unterrichtskonzept (S. 6 ff des Unterrichtsentwurfs - Bl. 54 ff BA Heft 1);
etwaige erstmals im Rahmen des Widerspruchs- oder Klageverfahrens nachgelegte
Erläuterungen oder Unterfütterungen für eine bestimmte im Rahmen der Prüfung
gewählte Vorgehensweise stellen keine der Bewertung unterliegende Prüfungsleistung
dar und sind mithin schon aus diesem Grunde unbeachtlich.
86
Ebenfalls teilweise unschlüssig, da bereits die Zielrichtung der Prüferkritik verkennend,
und teilweise unsubstantiiert sind die Einwände des Klägers gegenüber dem Vorhalt
der Prüfer, die langwierige Erstellung eines Folienbildes habe sich negativ auf die
Motivation der Schüler ausgewirkt. Das Argument des Klägers, das Erstellen eines
Folienbildes entspreche der Arbeit am Ausbildungsseminar, ist rechtlich unbeachtlich,
87
weil es den Kern der Prüferkritik verfehlt. Denn von den Prüfern wurde nicht die vom
Kläger eingesetzte Methode der Fertigung eines Folienbildes als solche, sondern die
Langwierigkeit dieses Prozesses und der damit bei den Schreibern einhergehende
Motivationsverlust bemängelt. Die Langwierigkeit seiner konkreten Vorgehensweise -
wie auch die kritisierten Auswirkungen auf die Motivation der Schüler, da der Unterricht
nach Auffassung der Prüfer auf der Stelle trat - hat der Kläger jedoch nicht mit fachlichen
Argumenten angegriffen, wenn er lediglich erläuternd ausführt, er habe das Folienbild
auf der Grundlage der Antworten der Schüler erstellt, dabei sei der Text sehr schnell
übersetzt und jede Meldung aufgenommen worden, die Beteiligung der Mädchen dabei
sei generell - wie auch in der Unterrichtsprobe - ruhig gewesen. Allein der pauschale
Hinweis auf eine „sehr schnelle" Übersetzung geht nämlich an der Prüferkritik vorbei,
die entscheidend die Langwierigkeit des Gesamtprozesses der Umsetzung der
transphrastischen Arbeit in das Folienbild bemängelt, zumal die Prüfer im Rahmen ihres
Protokolls eine „außer der wörtlichen Rede zügig(e)" Texterschließung zu Grunde
gelegt haben. Für die Phase der Erstellung des Folienbildes haben die Prüfer
demgegenüber - unwidersprochen - eine nur geringe Mitarbeit der Schüler konstatiert.
Das weitere vom Kläger vorgebrachte Argument, das selbständige Bearbeiten des
Arbeitsauftrages sei mit deutlichen Vorteilen für die anschließende Übersetzung und
Interpretation des Textes verbunden gewesen, trifft ebenfalls nicht den Kern der
Prüferkritik. Auch insoweit werden Langwierigkeit und Motivationseinbuße schon nicht
in Abrede gestellt. Überdies hat der Beklagte unter Bezugnahme auf die erneute
Stellungnahme der Prüfer bestritten, dass in dieser Arbeitsphase von einer
Selbstständigkeit der Schüler die Rede sein konnte, und hat hierzu näher ausgeführt
und anhand von Beispielen belegt, der Kläger habe nur „enge stereotype Impulse"
gesetzt, sodass die Schüler lediglich Bruchstücke hätten liefern können; zaghafte
Ansätze einer selbstständigen Lösung seien gerade nicht vom Kläger aufgegriffen
worden. Außerdem haben die Prüfer ausdrücklich in Abrede gestellt, dass die intensive
Vorarbeit tatsächlich zu einer Entlastung bei der Übersetzung bzw. einer Vorbereitung
der Interpretation geführt habe, und haben insoweit im Einzelnen ausgeführt, die
Beteiligung der Schüler während der Übersetzungsphase sei deutlich hinter den
Erwartungen zurückgeblieben, die Vorarbeit sei nicht am Mitteilungscharakter orientiert,
sondern zu schematisch und grammatikorientiert verlaufen. Diese nachvollziehbaren
Erwägungen hat der Kläger nicht widerlegt. Insbesondere ist er dem von den Prüfern als
Beleg (für ihre Auffassung der fehlenden selbstständigen Arbeit der Schüler)
angeführten Beispiel der Reaktion auf die Frage eines Schülers zum dritten Satz nicht
substantiiert entgegen getreten; allein der Hinweis des Klägers darauf, die genannte
Situation anders in Erinnerung zu haben, ohne eine konkrete Gegendarstellung zu
geben, genügt der ihm obliegenden Darlegungspflicht nicht.
88
Ebenso erfolglos bleiben die Rügen des Klägers, mit denen er sich gegen den Vorhalt
der Prüfungskommission wendet, vor allem die Interpretation sei zu wenig tief gehend
und weit reichend gewesen. Erneut hat der Kläger den Ansatz der Kritik, nämlich die
Oberflächlichkeit der vorgenommenen Interpretation, schon gar nicht bestritten, sondern
lediglich im Sinne eines Rechtfertigungsversuchs pauschal geltend gemacht, die
Interpretation sei auf das Niveau und die Bedürfnisse von Siebtklässlern und die
zeitlichen Vorgaben zugeschnitten gewesen, eine weiter gehende Interpretation des
Textinhalts sei in die Hausaufgaben verlegt worden. Zudem haben die Prüfer im
Rahmen ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 12. März 2000 im Einzelnen anhand
verschiedener Beispiele dargelegt, dass bei den Schülern durchaus weiter gehende
reflektorische Ansätze vorhanden gewesen seien, die den vorgegebenen Zeitrahmen
89
nicht gesprengt hätten, aber vom Kläger nicht genutzt worden seien. Außerdem haben
sie - unwidersprochen - darauf hingewiesen, dass selbst wenn weiterführende
Interpretationswege aus Zeitgründen nicht mehr hätten eingeschlagen werden können,
dies jedoch zumindest im Unterrichtsentwurf hätte angesprochen werden können. Eine
weiter gehende Interpretation sei auch keineswegs erfolgreich in die Hausaufgabe
verlagert worden. Die gestellte Aufgabe „Titus erzählt zu Hause vom Ausgang des
Kampfes" sei vielmehr im Hinblick auf Titus unkritische Konsumhaltung schon
ungeeignet gewesen, die Schüler zu einer Missbilligung des Fehlverhaltens des
Publikums zu veranlassen.
Unschlüssig ist ferner der Einwand des Klägers gegenüber der die Durchführung der
Unterrichtsstunde betreffenden Prüferkritik, es seien Defizite im Frage- und
Impulsverhalten, insbesondere begriffliche Mängel, festzustellen gewesen. Allein die
Bemerkung, es sei für den Kläger nicht erkennbar, worin diese liegen sollten, verfehlt
die an eine Rüge zu stellenden Anforderungen, die schlüssig ist, jedenfalls nachdem
die Prüfer im Rahmen ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 12. März 2000 anhand
von fünf näher geschilderten - unbestritten gebliebenen - Beispielen ihre Einschätzung
plausibel begründet haben.
90
Gleiches gilt, soweit der Kläger die Prüferkritik bezüglich seiner Präsentation als
Lehrerpersönlichkeit, insbesondere seiner durchgehend gleichförmigen Sprache und
geringen stimmlichen Modulation, angreift. Der Kläger hat wiederum lediglich allgemein
beanstandet, diese Kritik an seiner Person sei für ihn nicht nachvollziehbar, da die
Hospitationsstunde als Unterricht im eigentlichen Sinne des Wortes und nicht als eine
schauspielerische Leistung konzipiert worden sei. Diese Rüge ist unsubstantiiert. Nicht
zu beanstanden ist es, dass die Prüfer im Rahmen der didaktischen Fähigkeiten auch
die Art und Weise der sprachlichen Unterrichtspräsentation durch den Kläger gewürdigt
haben. Anhand der ergänzenden Stellungnahme vom 12. März 2000 lassen sich auch
beispielhafte Belege für die geschilderte Auffassung der Prüfungskommission finden,
mit denen sich der Kläger schon nicht ansatzweise auseinander gesetzt hat. So haben
die Prüfer in ihrer Stellungnahme zu der transphrastischen Arbeit bemängelt, dass der
Kläger „enge stereotype Impulse" gesetzt und Satz für Satz die Fragen gestellt habe,
welches der Handlungsträger, welches die Handlung sei und was der so
zusammengesetzte Satz „auf Deutsch heiße". Sie haben zugleich darauf hingewiesen,
dass die engen Fragestellungen eine Schülerentfaltung nicht zuließen.
91
Rechtlich Beachtliches hat der Kläger auch der Prüferkritik, die eine geringe
Schülerbeteiligung in der Erarbeitungsphase betrifft, nicht entgegengesetzt. Die Prüfer
haben in ihrer Stellungnahme vom 12. März 2000 nochmals im Einzelnen für die
verschiedenen Arbeitsphasen aufgeschlüsselt, wie stark die Beteiligung der Schüler
jeweils war, ohne dass der Kläger dem substantiiert entgegengetreten wäre. Mit seinem
Vorbringen, die geringe Schülerbeteiligung habe mit der entsprechenden Arbeitsweise
zusammengehangen, die Kräfte der Schüler seien gebunden gewesen, als sie sich
erstmals mit einem Textteil hätten auseinander setzen müssen, weshalb sie sich nur
eingeschränkt am Unterrichtsgespräch hätten beteiligen können, hat der Kläger die von
den Prüfern gerade für die Erarbeitungsphase geübte Kritik vielmehr sogar selbst
eingeräumt. Soweit er sich darauf beruft, eine Beteiligung am Unterrichtsgespräch sei in
dieser Phase auch gar nicht beabsichtigt gewesen, haben die Prüfer zu Recht darauf
hingewiesen, dass das Unterrichtskonzept des Klägers auch für die Erarbeitungsphasen
I und II als Unterrichtsform sehr wohl das Unterrichtsgespräch vorgesehen habe. Mit
ihrer Kritik haben sie ausweislich ihrer ergänzenden Stellungnahme bewusst auf die
92
„Erschließungsphasen im Anschluss an die Partnerarbeit" abgestellt; für die darüber
hinaus im Rahmen der Erarbeitungsphase geplante und durchgeführte Partnerarbeit ist
Kritik bezüglich einer zu geringen Schülerbeteiligung seitens der Prüfer nicht erhoben
worden. Soweit sich der Kläger mit seiner Behauptung einer sehr regen Wortmeldung
gerade der schwächeren Schüler in dem sich anschließenden Unterrichtsgespräch auf
die in die Kritik geratene Erarbeitungsphase im Anschluss an die Partnerarbeit beziehen
sollte, fehlt es jedenfalls an einer hinreichenden Substantiierung dieser Aussage. Einer
solchen substantiierten Gegendarstellung hätte es bedurft, nachdem die
Prüfungskommission in der Stellungnahme vom 12. März 2000 im Einzelnen aufgelistet
hat, dass die Mitarbeit in allen auf die Partnerarbeit folgenden Phasen (Erstellen des
Folienbildes, Erschließung der wörtlichen Rede, Übersetzung und auch Interpretation)
gering gewesen sei, bzw. zuweilen, z.B. während der Erschließung der wörtlichen
Rede, gegen Null tendiert habe; in der Übersetzungsphase hätten sich bei jedem Satz
nur 1 bis höchstens 3 Schüler gemeldet, 1 Schüler (Timo) habe sich ständig gemeldet,
während sich die Mädchen überhaupt nicht an der Übersetzungsarbeit beteiligt hätten.
Zu diesen konkreten Ausführungen hat sich der Kläger schon nicht näher eingelassen,
abgesehen davon, dass er eine generell schlechte Beteiligung der Mädchen der Klasse
eingestanden hat.
Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge des Klägers, mit der er sich gegen die Kritik wendet,
seine Unterrichtsdurchführung habe einen konsequenten Lernfortschritt vermissen
lassen. Damit haben die Prüfer ausweislich ihrer Stellungnahme vom 12. März 2000
sowohl den zu geringen Lernfortschritt gegenüber den vorausgegangenen
Unterrichtseinheiten als auch in der als Examenslehrprobe dienenden Unterrichtsstunde
selbst bemängelt. Die Einschätzung der erzielten Lernprogression betrifft den
prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum, der nur beschränkt gerichtlich überprüfbar
ist, wobei eine Überschreiten der rechtlichen Grenzen z. B. im Sinne einer willkürlichen
Einschätzung im konkreten Fall nicht ersichtlich ist. Die einzelnen Kritikpunkte, die die
Beurteilung des Lernfortschrittes tragen, hat der Kläger schon nicht hinreichend in
Abrede gestellt. Allein mit seinem Vorbringen, der Umstand, dass der gesamte Text
übersetzt worden sei, verdeutliche, dass es zu nicht unerheblichen Lernfortschritten
gekommen sei, zumal eine weiter gehende Interpretation auf der im Unterricht
erarbeiteten Basis als Hausaufgabe aufgegeben worden sei, hat der Kläger diese
Prüferkritik nicht zu entkräften vermocht. Die Prüfer haben nämlich nachvollziehbar
dargelegt, dass die Übersetzung nur ein Lernziel von mehreren gewesen sei. Der
Kläger habe zu wenig zwischen einer Phase des inhaltlichen Verstehens und der
differenzierten (grammatikalisch und sinngemäß exakten) Übersetzung unterschieden.
Die als Stundenschwerpunkt geplante Erkenntnis der Sensationsgier des Publikums
lasse keinen Lernfortschritt gegenüber den bereits zu diesem Thema absolvierten vier
Lektionen erkennen. Die vom Kläger ins Feld geführte Hausaufgabe sei ebenfalls für
eine weiterreichende Interpretation ungeeignet, weil sich die Erzählperspektive des
Titus, der in früheren Lektionen des Lehrbuchs als unkritischer Konsument der
Gladiatorenspiele eingeführt worden sei, nicht für eine kritische missbilligende Haltung
gegenüber dem sensationslüsternen Verhalten des antiken Publikums eigne.
93
Mit der Begründung, der Unterrichtsentwurf weise verschiedene Planungsmängel auf
(u.a. das Außerachtlassen vieler unterrichtsrelevanter Fragen, eine mangelnde
Differenzierung und Methodenreflexion, das Fehlen einer überzeugenden
Zielorientierung, eines entschiedenen Lernfortschritts und sachlicher Substanz), die sich
durchgehend auf die Durchführung ausgewirkt hätten, hinzu kämen Defizite im Frage-
und Impulsverhalten und der Präsentation der Lehrerpersönlichkeit, haben die Prüfer
94
schließlich plausibel begründet, dass die Leistung des Klägers als nicht mehr den
Anforderungen entsprechend eingestuft werden konnte, jedoch erkennen ließ, dass die
notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in absehbarer Zeit
behoben werden könnten. Mit dieser in ihrem Beurteilungsspielraum liegenden
Einschätzung haben sie sich im Rahmen der gesetzlichen Definition einer mangelhaften
Leistung nach § 13 OVP bewegt. Der Kläger hat eine Verletzung der rechtlichen
Grenzen insoweit nicht aufgezeigt. Dies gilt insbesondere, weil er sich gegen die
zahlreichen im Protokoll und der ergänzenden Stellungnahme aufgezeigten inhaltlichen
Mängel seiner Unterrichtsprobe bereits nicht rechtlich beachtlich gewandt hat. Wenn er
dennoch der Auffassung ist, seine Unterrichtsprobe im Fach Latein weise zwar Mängel
auf, entspreche aber im Ganzen noch den Anforderungen und sei mit der Note
„ausreichend" zu bewerten, ersetzt er lediglich die Bewertung der Prüfer durch seine
eigene Wertung.
II. Gemessen an den oben dargelegten maßgeblichen Grundsätzen für die gerichtliche
Überprüfung von Prüfungsleistungen hält auch die angegriffene Bewertung der
Unterrichtsprobe im Fach Evangelische Religionslehre einer Rechtskontrolle Stand. Die
Niederschrift über eine Unterrichtsprobe enthält eine in sich schlüssige, an den
Bewertungskriterien des § 18 Abs. 7 OVP orientierte und angesichts der darin
enthaltenen Aussagen über die Planung, insbesondere die Schwerpunktsetzung und
die didaktische Reflexion und Reduktion des komplexen Themas sowie die
Methodenwahl, die Strukturierung der Unterrichtsstunde, die Verhaltensstrategien des
Klägers im Unterricht, die erreichte Texterschließung und die Sicherung des
Lernerfolges eine die Note „mangelhaft" (5,3) tragende Begründung.
95
Die fachliche Beurteilung der Unterrichtsprobe erweist sich als rechtsfehlerfrei. Die
Rüge des Klägers an der Kritik der Prüfer, im Unterrichtsplan werde kein deutlicher
Schwerpunkt formuliert, sondern es stünden mehrere Ziele nebeneinander, die in der
Stunde vom Umfang her nicht zu bewältigen seien, ist bereits unschlüssig, jedenfalls
aber unsubstantiiert. Soweit der Kläger geltend macht, es sei ihm darum gegangen, die
These von Max Planck über die Vereinbarkeit von Religion und Naturwissenschaft mit
den Schülern zu diskutieren und erarbeiten, verfehlt dies die Prüferkritik, denn dieses
Vorbringen stellt lediglich eine nahezu wörtliche Wiederholung des allgemeinen
Themas der Unterrichtsprobe („Erarbeitung der Diskussion über Max Plancks These von
der Vereinbarkeit von Naturwissenschaften und Religion anhand eines Textauszugs
von W. Heisenberg") dar, ohne irgendwelche konkreten Schwerpunkte bei dessen
Abhandlung in der geplanten Unterrichtsstunde zu benennen. Mit seiner pauschale
Behauptung, es werde übersehen, dass sich der Schwerpunkt des Unterrichts aus dem
Unterrichtsentwurf ergebe, verkennt der Kläger, dass die Kritik der Prüfer gerade auf die
fehlende Schwerpunktsetzung im Unterrichtsplan abzielte; er legt lediglich seine
gegenteilige Auffassung dar, ohne diese jedoch auch nur im Ansatz zu substantiieren
oder zu belegen.
96
Keinen Erfolg hat auch die pauschale Rüge des Klägers, die Prüferkritik, in der
Durchführung sei deutlich geworden, dass er der Komplexität des Themas und des
Textes nicht gewachsen sei, entbehre der Grundlage; dies stellt lediglich ein bloßes
unsubstantiiertes Bestreiten der Einschätzung der Prüfer dar. Demgegenüber haben die
Prüfer im Rahmen ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 1. März 2000 nochmals
ausdrücklich hervorgehoben, dass es an einer hinreichenden Begründung für die
Textauswahl fehle, der Kläger die doppelte Kodierung des Textes und die so
entstehenden „Missdeutungen" nicht reflektiert sowie den Unterrichtsgegenstand nur
97
unzureichend aufbereitet habe - insbesondere auch im Hinblick auf die vom Physiker
Heisenberg entwickelte sog. Unschärferelation, anhand derer die Kernaussage der
begrenzten Objektivierbarkeit der Wirklichkeit besser und einsichtiger hätte vermittelt
werden können. Diesen nachvollziehbar begründeten Kritikpunkten der Prüfer hat der
Kläger schon nichts entgegengesetzt.
Zudem haben die Prüfer ihren Vorwurf, der Kläger sei der Komplexität des Themas
sowie des Textes nicht gewachsen gewesen, auf konkrete, von ihnen bemängelte
Verhaltensweisen des Klägers im Unterricht gestützt, die dieser ebenfalls nicht
substantiiert in Abrede gestellt hat: Zum einen haben die Prüfer beanstandet, dass der
Kläger auf Antworten und neu aufgeworfene Fragen der Schüler nicht adäquat
eingegangen sei, sondern diese zu Gunsten seines eigenen Unterrichtskonzeptes
zurückgestellt habe. Wenn der Kläger hierzu ausführt, er habe weiterführende
Schülerfragen mit dem Ziel zurückgestellt, die aktuellen Diskussionsbeiträge
abzuschließen, und danach die neu aufgeworfenen Fragen aufgenommen, um eine
sinnvolle Reihenfolge im Ablauf der Stunde zu ermöglichen, hat er eingeräumt, auf
Schülerantworten und -fragen nicht sogleich - flexibel - eingegangen zu sein, sondern
seinem Unterrichtskonzept oberste Priorität eingeräumt zu haben. Die in den Worten
„nicht adäquat" liegende fachliche Wertung hat der Kläger schon nicht konkret
angegriffen; die darin zugleich liegende Bewertung unterfällt dem den Prüfern
obliegenden prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum, der nur in sehr
eingeschränktem Maße einer gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Eine Verletzung von
dessen rechtlichen Grenzen hat der Kläger mit seiner ganz allgemein gehaltenen Rüge
nicht aufgezeigt.
98
Zum anderen haben die Prüfer bemängelt, die fehlende Durchdringung des komplexen
Themas seitens des Klägers habe sich auch daran gezeigt, dass er unsaubere, z.T.
fehlerhafte Formulierungen in der Texterarbeitungsphase und im Tafelbild
(Ergebnissicherung) gebraucht habe. Dem ist der Kläger ebenfalls nicht substantiiert
entgegengetreten. Seine pauschale Rüge, es sei für ihn nicht nachvollziehbar, welche
„unsauberen Formulierungen" gemeint sein sollen, genügt nicht den Anforderungen an
eine schlüssig und substantiiert zu erhebende Bewertungsrüge, insbesondere nachdem
die Prüfer mit ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 1. März 2000 anhand vom Kläger
gestellter Lehrerfragen beispielhaft die beanstandeten Formulierungen benannt sowie
deren fehlende Präzision erläutert haben und der Kläger sich mit diesen konkret
erhobenen Vorwürfen nicht auseinander gesetzt hat.
99
Den Vorhalt, fehlerhafte Formulierungen im Tafelbild verwendet zu haben, hat der
Kläger ebenfalls nicht auszuräumen vermocht. Wenn er vorträgt, das fehlerhafte
Tafelbild sei dadurch zu Stande gekommen, dass er zu Gunsten der Schülerorientierung
bestimmte Äußerungen der Schüler übernommen und in das Tafelbild übertragen habe,
hat er den Vorwurf, unzutreffende Formulierungen in das Tafelbild aufgenommen und
diese auch später nicht korrigiert zu haben, schon gar nicht bestritten, sondern seine
Vorgehensweise lediglich zu erklären versucht. Diese „Erklärung" kann die Prüferkritik
jedoch bereits deshalb nicht entkräften, weil die Kritik der Prüfer im Wesentlichen daran
ansetzt, dass der Kläger auf diese Weise fehlerhafte Äußerungen nicht nur zunächst in
das Tafelbild übernommen, sondern sich vor allem auch später in der Phase der
Ergebnissicherung nicht korrigiert hat, sodass die Schüler letztlich als Ergebnis der
Stunde teilweise nicht zutreffende Ergebnisse festgehalten haben. Dies haben die
Prüfer anhand eines plausiblen - unwidersprochen gebliebenen - Beispiels untermauert.
Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass das Tafelbild nur die Aufgabe gehabt habe,
100
das Ergebnis der Diskussion visuell festzuhalten, während die eigentliche schriftliche
Ergebnissicherung erst in den folgenden Stunden etwa als Folie vorgesehen gewesen
sei, korrespondiert dies nicht mit dem von ihm vorgelegten Unterrichtsentwurf, der zum
geplanten Unterrichtsverlauf ausdrücklich drei Sicherungsphasen anhand des zu
erstellenden Tafelbildes vorsieht (S. 4 des Unterrichtsentwurfs, Bl. 35 Beiakte Heft 1)
und eine erst später erfolgende Ergebnissicherung in den Folgestunden nicht vorsieht.
Auch soweit der Kläger rügt, die Kritik der Prüfer, äußerlich werde eine Struktur und
Phrasierung im Unterricht sichtbar, die jedoch inhaltlich nicht erfüllt sei, gehe ins Leere,
verfehlt dies den Kern der Prüferkritik. Der Kläger stellt zur Begründung pauschal darauf
ab, es sei gerade Aufgabe der Stillarbeit gewesen, den Inhalt zu erarbeiten und das
Ergebnis dieser Schülerarbeit sodann an der Tafel zu sichern und zu diskutieren. Dem
haben die Prüfer entgegengehalten, es gehe nicht darum, ob die vorgegebenen
Aufgaben - im Sinne einer äußeren Unterrichtsstruktur - erfüllt worden seien, sondern ob
die aufgezeigten Strukturen mit Inhalt gefüllt worden seien - im Sinne einer
Durchdringung des Textes. Letzteres sei jedoch gerade nicht der Fall gewesen, weil
Textteile nicht umformuliert, sondern nur reproduziert bzw. zitiert worden seien. Dies hat
der Kläger nicht in Abrede gestellt.
101
Gegen das weiter seitens der Prüfer als Beleg für eine fehlende inhaltliche
Durchdringung angeführte Argument, Begriffe seien weder erläutert noch durch
konkretisierende Beispiele in den Horizont der Schüler gerückt worden, hat sich der
Kläger ebenfalls nicht gewandt. Sein Einwand, die für das Textverständnis wichtigen
Begriffe hätten sich bereits aus dem Unterrichtsgespräch ergeben, zumal es sich um
einen Kurs der Jahrgangsstufe 11 gehandelt habe, trifft die Zielrichtung der Prüferkritik
nicht. Bemängelt wurde nämlich wiederum, dass im Unterrichtsgespräch nur Textstellen
zitiert, nicht aber die zu Grunde liegenden Begriffe - inhaltlich - abgeklärt wurden. Die
Prüfer haben insoweit im Rahmen ihrer ergänzenden Stellungnahme anhand
verschiedener Beispiele im Einzelnen dargelegt, dass gerade in der Jahrgangsstufe 11
neue komplizierte Begriffe keineswegs vorausgesetzt werden könnten, sondern sehr gut
und ausführlich erklärt werden müssten, und im Einzelnen spezifiziert, welche Fragen
sie als durchaus erörterungsbedürftig angesehen haben, ohne dass der Kläger sich mit
diesem Vorbringen auch nur ansatzweise auseinander gesetzt hat.
102
Die Prüferkritik, die grundlegenden Begriffe seien auch nicht anhand von auf den
Schülerhorizont zugeschnittenen Beispielen konkretisiert worden, hat der Kläger
ebenfalls nicht zu erschüttern vermocht. Soweit der Kläger geltend macht, dies sehr
wohl durch den Hinweis auf das Beispiel der Gentechnik geleistet zu haben, haben die
Prüfer in sich schlüssig ausgeführt, dass eine Konkretisierung des Inhalts des Textes
diesem Beispiel gerade nicht möglich gewesen sei. Sie haben an dieser wie auch an
anderen Stellen als einen der Kernaspekte ihrer Kritik nachvollziehbar herausgestellt,
dass dem Kläger anscheinend insoweit das erforderliche Hintergrundwissen bzw. die
eigene Texterkenntnis gefehlt habe. Teilweise zugestanden hat der Kläger dies auch
selbst mit seiner eher „hilflosen" Bemerkung im Konzeptionsteil seiner
Unterrichtsplanung, der Naturwissenschaftler präzisiere seinen Gedanken nicht
(gemeint sind Heisenbergs Zweifel daran, dass menschliche Gemeinschaften auf Dauer
mit dieser scharfen Spaltung zwischen Wissen und Glauben leben könnten); der
Lehrerkommentar sei hier wohl auch ratlos und gebe keine Erläuterung. Insoweit haben
die Prüfer nachvollziehbar kritisiert, dass der wissenschaftliche Hintergrund des
Physikers Heisenberg als Grundlage seiner im Text dargelegten Auffassung vom Kläger
nicht berücksichtigt worden sei, obwohl er zur Durchdringung der inhaltlichen Aussagen
103
nachhaltig hätte beitragen können.
Heisenberg hatte als Entdecker der Unschärferelation im Jahre 1927, in dem auch die
„Erste(n) Gespräche über das Verhältnis von Naturwissenschaften und Religion"
stattfanden bzw. veröffentlicht wurden, aus denen der zu bearbeitende Text stammt, aus
der Quanten- und Wellenmechanik eine Beziehung abgeleitet, die zum Ausdruck bringt,
dass Ort „q" und Impuls „p" eines Teilchens nicht zugleich mit beliebiger Genauigkeit
bestimmt werden können, mit der Folge, dass diese unvermeidbare Unbestimmtheit des
Anfangszustandes auch eine exakte Vorausberechnung künftiger Bewegung des
Teilchens unmöglich macht (vgl. Brockhaus-Lexikon, 1988, Stichwort:
„Unschärfebeziehung, Unschärferelation, Unbestimmtheitsrelation"). Indem Heisenberg
festgestellt hat, dass bestimmte wissenschaftliche Erkenntnisse gerade nicht möglich
sind, er also an die Grenze dessen gestoßen ist, was sich von unserer Wirklichkeit auch
objektiv wissenschaftlich erfassen lässt, folgt zugleich, dass die Grenzen zu dem - von
vornherein - nicht objektiv messbaren Bereich der Religion aufgeweicht werden.
Demgegenüber ist das Beispiel der Gentechnologie zu Recht von den Prüfern als
ungeeignet eingestuft worden, weil dieser Bereich allein die ethischen Grenzen dessen
berührt, was wissenschaftlich durchaus als machbar und möglich erscheint, und nicht
die Grenzen der wissenschaftlichen Machbarkeit bzw. Erfassung der Wirklichkeit als
solche aufzeigt, sodass dies allenfalls als ein Beispiel für die - fortbestehende -
Gegensätzlichkeit von Religion (Ethik) einerseits und Naturwissenschaft (Technik) hätte
dienen können.
104
Soweit sich der Kläger gegen die Kritik der Prüfer wendet, ein Lernfortschritt sei nicht
erkennbar, bleibt dies ebenfalls erfolglos. Die Einschätzung der erreichten
Lernprogression ist dem prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum zuzuordnen, der
nur einer begrenzten gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Eine Verletzung dessen
rechtlicher Grenzen ist vorliegend nicht erkennbar. Die seitens der Prüfer im Einzelnen
zur Begründung ihrer Beurteilung angeführten Gesichtspunkte hat der Kläger schon
nicht substantiiert bestritten. Die Prüfer stützen ihre Einschätzung darauf, dass das
Tafelbild quasi zwischen Lehrer und Schülern gestanden und eine dem Thema
angemessene Diskussion verhindert habe. Das Vorbringen des Klägers, die Schüler
hätten die Stillarbeit am Text sehr schnell und leicht bewältigt und durch die Sicherung
am Tafelbild sei ein deutlicher nachweisbarer Lernfortschritt erzielt worden, verfehlt
schon deshalb die Kritik, weil die Prüfer die vom Kläger als Lernfortschritt ins Feld
geführte Stillarbeit und Sicherung am Tafelbild sowohl zuvor in entscheidenden
Punkten fachlich bemängelt haben, indem sie ausgeführt haben, dass in der
Erarbeitungsphase eine inhaltliche Durchdringung des Textes gerade unterblieben sei
und die Sicherung des Ergebnisses durch das Tafelbild teils unzutreffende
Formulierungen enthalte, als auch ihre Kritik noch weiter konkretisiert haben (das
Tafelbild sei auf Grund sehr enger, z.T. suggestiver Fragen zu Stande gekommen, gebe
den Text nicht in seiner Kernproblematik wieder und eigne sich nicht als Grundlage für
eine weiterführende Diskussion), ohne dass der Kläger diese inhaltliche Kritik
substantiiert in Abrede gestellt hat. Seine pauschal auf die Erarbeitungsphase und
Sicherung der Ergebnisse im Tafelbild abstellende Gegenbehauptung eines sehr wohl
erzielten Lernfortschrittes genügt nicht den Anforderungen, die an eine schlüssige und
substantiierte Bewertungsrüge zu stellen sind.
105
Das weitere Vorbringen des Klägers, er habe entgegen der Kritik der Prüfer durch
Einbeziehung des Beispiels der Gentechnik den aktuellen Stand der Wissenschaft
hinreichend beachtet, verkennt völlig die Zielrichtung der Prüferkritik. Die Prüfer haben
106
im Rahmen der Bewertung ausgeführt, dass eine angemessene Diskussion über das
Thema von der Sache her gerade nicht darauf angelegt sein konnte, auf dem aktuellen
Stand der Wissenschaft geführt zu werden. Diesen Standpunkt haben sie mit ihrer
ergänzenden Stellungnahme nochmals erläutert, indem sie auf den bereits im Jahre
1976 erfolgten Tod von Heisenberg hingewiesen haben, weshalb seine Ausführungen
nicht auf den erst später erforschten Bereich der Gentechnik bezogen gewesen sein
konnten. Hinsichtlich der weiter von den Prüfern vorgebrachten Kritik an der fehlenden
Eignung des Beispiels Gentechnologie, um die Grenzen einer objektivierbaren
Wirklichkeit zu verdeutlichen, wird auf die obigen Ausführungen zu den Erkenntnissen
Heisenbergs Bezug genommen.
Schließlich bleibt auch die Rüge des Klägers bezüglich der methodischen Anmerkung
der Prüfer erfolglos. Der Beanstandung der Prüfer, eine Anleitung zur Texterschließung
habe weder in der Stunde noch vorher stattgefunden, hat der Kläger lediglich
entgegengesetzt, dass die Schüler in vorangehenden Unterrichtsstunden gelernt hätten,
Kernaussagen im Text durch Unterstreichen kenntlich zu machen und den
Argumentationsgang eines Textes in Stichworten nachzuzeichnen, sodass es nicht
notwendig gewesen sei, das Mittel der Texterschließung in der Hospitationsstunde
selbst einzuführen. Dieses Vorbringen verfehlt bereits die Prüferkritik, die zwischen der
Erbringung von Vorarbeiten zur Texterschließung und der Texterschließung selbst (im
Sinne einer Durchdringung der Aussagen des Textes) differenziert. Ausweislich des
Wortlauts ihrer Bewertung vom 21. Oktober 1999 sowie der ergänzenden
Stellungnahme vom 1. März 2000 haben die Prüfer gerade die nicht erfolgte Anleitung
zur Texterschließung bemängelt - unter Hinweis darauf, dass das nach Angaben des
Klägers bereits den Schülern zuvor vermittelte Vorgehen mittels Unterstreichen von
Kernaussagen im Text und stichwortartiger Wiedergabe des Argumentationsganges
eines Textes lediglich als vorbereitende Vorarbeit zur Texterschließung, nicht aber
bereits als unmittelbare Form der Texterschließung selbst (im Sinne eines
Erkenntnisprozesses) anzusehen sei. Dem ist der Kläger nicht substantiiert
entgegengetreten. Er hat weder belegt, dass die Texterschließung als solche mittels
Unterstreichen und Herausschreiben der Hauptaussagen erfolgt - wie von ihm im
Rahmen seines Unterrichtsentwurfs schriftlich formuliert -, noch hat er dargelegt, die
Schüler zu einer über die Vorarbeiten hinausgehenden Texterarbeitung angeleitet zu
haben.
107
Mit ihrer Bewertung, gegen die sich der Kläger im Einzelnen nicht mit Erfolg gewandt
hat und die zusammengefasst darauf abstellt, dass die Stunde eine Ziel- und
Schülerorientierung vermissen ließ, haben die Prüfer nachvollziehbar begründet, dass
die an erheblichen Mängeln leidende Leistung des Klägers insgesamt nicht den
Anforderungen entspricht, jedoch erkennen lässt, dass die notwendigen
Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in absehbarer Zeit behoben werden
könnten. Mit dieser in ihrem Beurteilungsspielraum liegenden Einschätzung bleiben sie
im Rahmen der gesetzlichen Definition einer mangelhaften Leistung nach § 13 Abs. 1
OVP; eine Verletzung der rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums hat der
Kläger nicht kenntlich gemacht. Soweit der Kläger dennoch der Auffassung ist, die von
ihm absolvierte Unterrichtsprobe erfülle trotz der Defizite die Erfordernisse einer
durchaus ausreichenden Leistung, hat er erneut lediglich seine eigene Wertung an die
Stelle der Bewertung durch die Prüfer gesetzt. Gerade die Gewichtung der festgestellten
Mängel der Prüfungsleistung stellt aber den Inbegriff der spezifisch den Prüfer
obliegenden Beurteilung dar, die nur sehr eingeschränkt der gerichtlichen Überprüfung
unterliegt und im Fall der Unterrichtsprobe des Klägers im Fach Evangelische
108
Religionslehre nicht zu beanstanden ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 VwGO und den §§ 708
Ziffer 11, 711 ZPO.
109