Urteil des VG Düsseldorf vom 04.12.2009

VG Düsseldorf (anspruch auf bewilligung, kündigung, höhe, grab, einkommen, verwertung, begründung, bewilligung, härte, geld)

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 21 K 3740/09
Datum:
04.12.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
21. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
21 K 3740/09
Schlagworte:
Pflegewohngeld Klagebefugnis Dauergrabpflegevertrag
Schonvermögen Zumutbarkeit Härte
Normen:
PfG NW § 12 Abs 3 SGB XII § 90 Abs 3 S 1
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten
nicht erhoben werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe
des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Be¬klagte
zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Die am 00.00.1924 geborene, verwitwete Klägerin wurde am 21.08.2008 mit Zuordnung
in die Pflegestufe I in das Seniorenhaus des Kreises O - L (im Folgenden: Einrichtung)
aufgenommen. Vor ihrer Heimaufnahme lebte die Klägerin in L.
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Unter dem 05.09.2008 hatte die Einrichtung für den Pflegeplatz der Klägerin die
Bewilligung von Pflegewohngeld ab dem Tag der Heimaufnahme beantragt. Zum
Nachweis der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin waren neben
Rentennachweisen Ablichtungen der Girokontoauszüge und dreier Sparbücher
vorgelegt worden. Das Girokonto wies zum 08.09.2008 einen Stand von 2.760,17 Euro
aus; unter Berücksichtigung der in der Zeit zwischen der Heimaufnahme am 21.08.2008
und dem 08.09.2008 vorgenommenen Überweisungen ist ein Kontostand am
21.08.2009 von 3.407,96 Euro festzustellen. Die Sparbücher wiesen jeweils
Kontostände zum 09.01.2006 mit 1.335,70 und zum 10.07.2006 mit 2.520,68 Euro sowie
zum 10.07.2006 mit 10.479,27 Euro aus. Darüber hinaus wurde nach Kündigung einer
Lebensversicherung zum 01.09.2008 ein Auszahlungsbetrag von 1.689,05 Euro
nachgewiesen.
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Nach Anhörung hatte der Beklagte mit an die Einrichtung gerichtetem Bescheid vom
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06.10.2008 die Bewilligung von Pflegewohngeld abgelehnt im wesentlichen mit der
Begründung, die Klägerin könne die Kosten aus ihrem Einkommen und Vermögen
aufbringen, da anzurechnendes Vermögen von 6.024,70 Euro oberhalb des
Schonvermögens von 10.000,00 Euro vorhanden sei. Der Bescheid wurde
bestandskräftig.
Unter dem 05.01.2009 beantragte die Einrichtung für den Pflegeplatz der Klägerin ab
dem 01.10.2008 erneut Pflegewohngeld. Aus den vorgelegten Ablichtungen des
Girokontos der Klägerin ist zum 01.10.2008 ein Kontostand von 2.325,66 Euro zu
ersehen. Zuvor war am 16.09.2009 der Auszahlungsbetrag der gekündigten
Lebensversicherung von 1.689,05 Euro verbucht worden. Des weiteren erfolgte zuvor
nach Umbuchung eines Betrages von 8.023,05 Euro von einem der drei Sparbücher auf
das Girokonto am 22.09.2008 eine Überweisung eines Betrages in derselben Höhe am
23.09.2008 an die Rheinische Treuhandstelle mit dem Vermerk "Dauergrabpflege L1,
Ehel.". Die drei Sparbücher der Klägerin wiesen folgende Kontostände aus: 1.349,00
Euro, 2.545,95 Euro (zum 09.01.2006 bzw. 10.07.2006 sowie jeweils mit
Zinsverbuchungen für 2006 und 2007 vom 18.12.2008) und 3.075,46 Euro (zum
22.09.2008).
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Die Klägerin hatte am 08.09.2008 einen Dauergrabpflegevertrag für die Zeit vom
01.01.2009 bis 31.12.2038 mit Gesamtkosten von 8.023,05 Euro sowie mit der
Möglichkeit der Kündigung abgeschlossen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf
die Vertragsvereinbarungen verwiesen.
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Mit Schreiben vom 12.01.2009 hörte der Beklagte die Einrichtung zur beabsichtigten
Ablehnung des Antrages an mit der Begründung, die Klägerin könne die Kosten aus
ihrem Einkommen und Vermögen aufbringen, da unter Einrechnung der Zahlungen für
den Grabpflegevertrag anzurechnendes Vermögen von 4.993,63 Euro oberhalb des
Schonvermögens von 10.000,00 Euro vorhanden sei.
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Auf weiteres Schreiben des Beklagten vom 26.01.2009 an die Betreuerin der Klägerin
ließ diese anwaltlich vortragen, ihr Ehemann sei am 23.10.2005 verstorben und in einer
Doppelgrabstätte beigesetzt worden. Der weitere Platz sei für ihre Beisetzung
vorgesehen. Aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit könne sie das Grab nicht mehr selbst
pflegen und deshalb habe sie den Dauergrabpflegevertrag abgeschlossen. Damit erfülle
sie im übrigen die gesetzlichen Verpflichtungen wie sie auch die Friedhofssatzung der
Stadt L vorsehe. Sie habe keine Kinder; ihre beiden Geschwister lebten in einem
anderen Bundesland, wobei so gut wie kein Kontakt bestehe. Aus diesen Gründen sei
der Grabpflegevertrag bei der Ermittlung des einzusetzenden Vermögens außer
Betracht zu bleiben.
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Mit an die Einrichtung gerichtetem Bescheid vom 19.05.2009 lehnte der Beklage das
beantragte Pflegewohngeld unter Wiederholung der Begründung im
Anhörungsschreiben vom 12.01. 2009 ab.
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Dagegen hat die Klägerin am 03.06.2009 Klage erhoben. Unter Vertiefung ihrer
Ausführungen im Verwaltungsverfahren trägt sie vor, der Dauergrabpflegevertrag
beinhalte nicht nur Kosten für ihr späteres Grab sondern beinhalteten gerade auch
Kosten für die – von ihr aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zu leistende Pflege
des Grabes ihres verstorbenen Ehemannes.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 19.05.2009 zu
verpflichten, dem Seniorenhaus des Kreises O - L für den Pflegeplatz der Klägerin
ab dem 01.10.2008 für einen Zeitraum von 12 Monaten Pflegewohngeld zu
bewilligen in der Zeit ab Oktober 2008 in Höhe von monatlich 245,67 Euro und in
der Zeit ab Januar 2009 monatlich 255,14 Euro.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung trägt der Beklagte vor, der Grabpflegevertrag sei als Werkvertrag ohne
Rechtsnachteile durch die Klägerin gemäß § 8 der Vereinbarungen kündbar mit der
Folge, dass über die Vertragssumme verfügt werden könne. Sie sei dem Vermögen
hinzuzurechnen, da die Klägerin im Falle der Kündigung die Rückgewähr der bereits
erbrachten Leistungen verlangen könne. Der Grabpflegevertrag könne nicht
unberücksichtigt bleiben, da er erst am 17.09.2008 nach Aufnahme der Heimpflege
abgeschlossen worden sei und damit das Vermögen unter die Freigrenze gebracht
worden sei. Des weiteren greife auch keine Härteregelung, zumal es zur Begleichung
der Heimpflegekosten nicht zwingend erforderlich sei, den Vertrag zu kündigen, da
weitere frei verfügbare Mittel in den Sparguthaben vorhanden seien. Derartige
Positionen seien im Rahmen des Schonbetrages zu tätigen, nicht über den Schonbetrag
hinaus. Weitere Schutztatbestände über den Schonbetrag bestünden nicht. Im übrigen
seien die am 14.01.2009 auf den Sparbüchern gutgeschriebenen Zinsen für 2006 bis
2008 noch dem Vermögen der Klägerin hinzuzurechnen. Eine Schlechterstellung mit
Sozialhilfeempfängern bestehe nicht, da die einschlägige Vermögensfreigrenze mit
10.000,00 Euro deutlich höher sei als die sozialhilferechtliche Freigrenze von 2.600,00
Euro.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des
Beklagten.
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Entscheidungsgründe:
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1. a) Die Klage ist zulässig. Sie erweist sich nicht wegen fehlender Klagebefugnis als
unzulässig. Die pflegebedürftige Klägerin hatte ihre Rechtsposition zwar zunächst
nichts selbst im Verwaltungsverfahren geltend gemacht – der Antrag war von der
Einrichtung gestellt worden . Sie kann i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO aber im Klageverfahren
geltend machen, dass ihr rechtlich geschützter Lebenskreis durch die Versagung des
Pflegewohngeldes betroffen ist.
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Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 09.05.2003 16 A 2789/02 , NWVBl 2003, 440-443, juris;
Urteile der Kammer vom 17.05.2002 21 K 4235/01 , juris; vom 17.10.2008
– 21 K 1546/08 – und vom 19.12.2008 – 21 K 3876/08 .
19
b) Die Klage ist aber nicht begründet.
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Der Bescheid vom 19.05.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren
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Rechten. Diese hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Pflegewohngeld für ihren
Pflegeplatz im Seniorenhaus des Kreises O - L für die Zeit ab dem 01.10.2008 (§ 113
Abs. 5 VwGO).
Gemäß § 12 Abs. 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Pflege-Versicherungsgesetzes
(Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen - PfG NRW) erhalten vollstationäre
Dauerpflegeeinrichtungen Pflegewohngeld für solche Heimbewohner, deren
Einkommen und Vermögen nicht ausreicht, um die Aufwendungen für Investitionskosten
selbst zu finanzieren. Nach Satz 4 der Vorschrift darf die Gewährung von
Pflegewohngeld nicht abhängig gemacht werden von dem Einsatz oder der Verwertung
kleinerer Barbeträge und sonstiger Geldwerte in Höhe von bis zu 10.000,00 Euro.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Pflegewohngeld für ihren
Heimpflegeplatz. Es kann nicht festgestellt werden, dass diese gemessen an ihrem
Einkommen und Vermögen außer Stande war, die Investitionskosten ihrer
Heimunterbringung selbst zu zahlen.
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Zwar reichte hierfür das Einkommen nicht aus. Sie erhielt eine Witwenrente von netto
588,46 Euro und eine eigene Altersrente von monatlich netto 828,94 Euro sowie
Leistungen der Pflegeversicherung (Pflegestufe I) in Höhe von 1.023,00 Euro monatlich.
Aufgrund der monatlichen Heim- und Pflegekosten von 2.440,40 Euro ohne
Berücksichtigung eines wohl zu belassenden Barbetrages nach § 35 Abs. 2 Satz 1
SGB XII entsteht dadurch während ihres Heimaufenthaltes eine monatliche
Deckungslücke von mindestens 137,70 Euro.
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Die Klägerin besitzt aber verwertbares Vermögen. Nach § 90 Abs. 1 SGB XII ist das
gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Hierzu zählt jeder Vermögensgegenstand,
durch dessen Verwertung der Notlage oder dem Bedarf abgeholfen werden kann, der
nicht als Schonvermögen (gemäß § 90 Abs. 2 SGB XII) oder weil sein Einsatz eine
Härte bedeuten würde (vgl. § 90 Abs. 3 SGB XII) von einer Verwertung ausgenommen
ist. Verwertbarkeit ist im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen und muss für den
Einstandspflichtigen tatsächlich wie rechtlich innerhalb eines Zeitraums gegeben sein,
innerhalb dessen der sozialhilferechtliche bzw. pflegewohngeldrechtliche Bedarf
besteht, so dass für einen Einsatz nach § 90 Abs. 1 SGB XII nur dasjenige Vermögen in
Betracht kommt, durch dessen Verwertung der Notlage oder dem Bedarf abgeholfen und
das dafür rechtzeitig verwertet werden kann.
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Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom
13. Dezember 2007 - 16 A 3391/06 -, m.w.N.; Urteil vom 14. Oktober 2008 – 16 A
1409/07 -, jeweils juris und NRWE.
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Die Klägerin besitzt über die Schonvermögensfreigrenze von 10.000,00 Euro
hinausgehendes verwertbares Vermögen. Die Pflegebedürftige verfügte zum Zeitpunkt
des geltend gemachten Anspruches ab 01.10.2008 über ein Bargeld- bzw.
Kontovermögen
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Girokonto 2.325,66 Euro; Sparbücher über insgesamt 6.970,41 Euro
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in Höhe von insgesamt 9.296,07 Euro.
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Zum Vermögen einer Person gehören aber auch Forderungen, d.h. Ansprüche gegen
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Dritte. Dazu ist der von der Klägerin am 08.09.2008 abgeschlossene
Dauergrabpflegevertrag für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2038 mit einem Wert von
8.023,05 Euro zu rechnen. Er ist als einzusetzendes Vermögen nach § 90 SGB XII zu
betrachten.
Auf der Grundlage Rechtsprechung des Bundessozialgerichts,
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vgl. BSG, Urteil vom 18.03.2008 – B 8/9b SO 9/06 R , juris (zur Verwertbarkeit von
Bestattungsvorsorgeverträgen im Zusammenhang mit dem Vermögenseinsatz bei
Beantragung von Sozialhilfe),
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auf die sich auch das Oberverwaltungsgericht für das Land NordrheinWestfalen (OVG
NRW) stützt,
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vgl. Beschluss vom 07.10.2008 – 16 E 1043/08 ,
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ist zunächst davon auszugehen, dass der von der Klägerin abgeschlossene
Dauergrabpflegevertrag werthaltiges Vermögen darstellt. Vermögen sind alle
beweglichen und unbeweglichen Güter und Rechte in Geld oder Geldeswert; umfasst
werden auch Forderungen bzw. Ansprüche gegen Dritte. Vermögen der Klägerin ist
damit zum einen deren Hauptleistungsanspruch gegen dem Unternehmer aus dem
Dauergrabpflegevertrag, zum anderen sind Vermögen aber auch alle aus dieser
vertraglichen Beziehung resultierenden Rückabwicklungsansprüche nach Auflösung
dieses Vertrags bzw. Ansprüche der Klägerin gegen denjenigen, bei dem die 8.023,05
Euro treuhänderisch hinterlegt sind. Ob diese Ansprüche im Sinne der gesetzlichen
Regelung verwertbar sind, beurteilt sich unter rechtlichen und tatsächlichen
Gesichtspunkten; der Vermögensinhaber muss über das Vermögen verfügen dürfen,
aber auch verfügen können.
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Soweit es den vertraglichen Hauptleistungsanspruch der Klägerin gegen den
Unternehmer aus dem Dauergrabpflegevertrag betrifft, dürfte davon auszugehen sein,
dass dieser Anspruch, selbst wenn die Klägerin darüber verfügen darf, jedenfalls
faktisch nicht verwertbar ist. In Betracht käme ohnedies allenfalls ein Verkauf dieses
Rechts an einen Dritten. Eine dritte Person dürfte aber an der Übernahme des zwischen
Klägerin und der Friedhofsgärtnerei begründeten Rechts schon deshalb keinerlei
Interesse haben, da insbesondere der Hauptanteil der Kosten der gärtnerischen
Instandhaltung, die Bepflanzung sowie die gärtnerischen Arbeiten im Zusammenhang
mit einer Beisetzung an einem bestimmten genau bezeichneten Familiengrab des
Ehemannes der Klägerin und ihr eigenes Grab (vgl. Kostenaufstellung zum
Dauergrabpflegevertrag vom 08.09.2008) umfasst. Unabhängig von der rein rechtlichen
Verwertung lassen sich derartige Ansprüche nicht auf ein anderes Grab übertragen, da
der Verwendungszweck beschränkt ist. Ein Anspruch, der auf eine bestimmte Grabstätte
bezogen und damit für Dritte nicht von Interesse ist, kann am Markt nicht zu Geld
verwertet werden.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 – 5 C 84/02 , juris.
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Allerdings bestehen Rückabwicklungsansprüche der Klägerin, insbesondere nach
(noch auszusprechender) Kündigung des geschlossenen Dauergrabpflegevertrages.
Die Klägerin könnte das hinterlegte Geld oder Teile des hinterlegten Geldes nach einer
Kündigung des Dauergrabpflegevertrages ohne weiteres herausverlangen. Der
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abgeschlossene Dauergrabpflegevertrag ist ein sog gemischter, überwiegend dem
Werkvertragsrecht unterliegender Vertragstyp Hieraus ergibt sich ein grundsätzliches
Kündigungsrecht des Bestellers (§ 649 BGB), wonach dieser bis zur Vollendung des
Werkes jederzeit den Vertrag kündigen kann, der Unternehmer jedoch dann berechtigt
ist, die vereinbarte Vergütung unter Anrechnung der ersparten Aufwendungen und des
durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft Erlangten zu verlangen. Die
gesetzliche Regelung ist allerdings vertraglich abdingbar. Dies ist hier gerade nicht
geschehen. Der Klägerin ist eine entsprechende Kündigungsmöglichkeit nach § 8 des
Dauergrabpflegevertrages eingeräumt, von dem sie persönlich zu Lebzeiten Gebrauch
machen kann, nicht jedoch ihre Rechtsnachfolger nach ihrem Ableben. Es steht ihr frei,
gleich zu kündigen, oder einen späteren Zeitpunkt abzuwarten. Eine andere
Möglichkeit, die Zahlung der Investitionskosten für ihren Pflegeplatz sicherzustellen,
wäre eine Kündigung verbunden mit einer vertraglichen Änderung im Sinne eine
Reduzierung der Leistungen oder der Laufzeit.
Die Klägerin kann sich nicht erfolgreich darauf berufen, eine Kündigung sei ihr schon
aus persönlichen Gründen
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aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit könne sie das Grab ihres vorverstorbenen
Ehemannes nicht selbst pflegen; sie sei kinderlos; zu ihren beiden Geschwister habe
sie so gut wie keinen Kontakt
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unzumutbar. Die Durchsetzung eines damit verbundenen Anspruchs stellt keine Härte
im Sinne von § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII dar.
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Denn obwohl gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 PfG NW auch auf die sozialhilferechtliche
Härtefallregelung verwiesen wird, verbietet sich angesichts des deutlich erhöhten
allgemeinen Schonbetrages (für eine Einzelperson 10.000,00 Euro anstelle des im
Sozialhilferecht gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b der VO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9
SGB XII geltenden Betrages von 2.600,00 Euro) eine undifferenzierte Übertragung der
im sozialhilferechtlichen Kontext entwickelten Grundsätze zum Begriff der Härte. Auf der
Grundlage der Rechtsprechung des OVG NRW,
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OVG NRW, Beschluss vom 08.10.2004 –16 B 1664/04 – (noch zu § 88 Abs. 3 BSHG),
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kann davon ausgegangen werden, dass dem Hilfeempfänger bei Berücksichtigung
eines Schonvermögens von 10.000,00 Euro ohne weiteres die Mittel verbleiben, um
eine gegebenenfalls auch deutlich über dem einfachsten Standard liegende Bestattung
vornehmen lassen zu können, während dies bei der deutlich niedrigeren
sozialhilferechtlichen Schonvermögensgrenze nicht angenommen werden kann. Diese
Rechtsprechung hat das OVG NRW mit
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Beschluss vom 28.08.2008 – 16 E 1247/07 –; anders VG Münster, Urteile vom
21.01.2009 6 K 2136/07 – und vom 09.06.2009 – 21 K 2159/07 ,
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bestätigt. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Einzelrichter an. Danach
verbleibt es bei dem Grundsatz, dass bei einem Schonvermögen von 10.000,00 Euro
dem Heimbewohner ohne Weiteres die Mittel verbleiben, um eine angemessene
Bestattung vornehmen zu lassen. Gleiches gilt für die Rücklagen zur Sicherstellung
einer angemessenen Dauergrabpflege.
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2. Kosten: § 154 Abs. 1; § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO
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Vgl. zur Gerichtskostenfreiheit bei Pflegewohngeldverfahren: OVG NRW, Urteil vom
13.12.2007 16 A 3391/06 , juris und NRWE.
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3. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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