Urteil des VG Düsseldorf vom 20.05.2005

VG Düsseldorf: ausbildung, staatsprüfung, befangenheit, rüge, voreingenommenheit, prüfer, geschichte, behinderung, kritik, unterricht

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 15 K 7999/02
Datum:
20.05.2005
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
15. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 K 7999/02
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Die Klägerin wendet sich gegen das endgültige Nichtbestehen der Zweiten
Staatprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II und für das Lehramt für die
Sekundarstufe I.
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Sie leidet an einer cerebralen Bewegungsstörung, ist zu 100% schwerbehindert (aG, B),
stark gehbehindert und auf einen Rollstuhl angewiesen.
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Im Februar 1999 nahm sie den Vorbereitungsdienst auf und legte Ende 2000 den ersten
Prüfungsversuch ab, der mit „nicht bestanden" bewertet wurde.
4
Anschließend wurde ihr Vorbereitungsdienst um 18 Monate verlängert. Die Klägerin
wurde für die weitere Ausbildung dem Studienseminar für das Lehramt für die
Sekundarstufe II in P und der Ausbildungsschule „Gesamtschule E" zugewiesen. Von
der Durchführung bedarfdeckenden Unterrichts wurde sie ab Juni 2001 und von der
Verpflichtung zur Erstellung eines Tafelbildes ab Mitte Juli 2001 befreit.
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Im Rahmen der Wiederholungsprüfung wurde am 15. Mai 2002 die unterrichtspraktische
Prüfung im Fach Deutsch unter Einsatz einer Schreibhilfe durchgeführt. Die Prüfung
wurde mit „ausreichend" bewertet. Der Prüfungsausschuss bestand aus StD W
(Hauptseminarleiter), dem Fachleiter StD L1 und der Ausbildungskoordinatorin A.
Anwesend war weiterhin Frau U1 als Vertrauensperson der schwerbehinderten
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Lehrerinnen und Lehrer an den Gesamtschulen bei der Bezirksregierung E1.
Die unterrichtspraktische Prüfung im Fach Geschichte, die am 28. Mai 2002 ebenfalls
unter Einsatz einer Schreibkraft und in Anwesenheit von Frau U1 durchgeführt wurde,
wurde mit „mangelhaft" bewertet.
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Der Schulleiter LGED L2 bewertete in seiner Beurteilung vom 28. Mai 2002 wie
nachfolgend auch der Hauptseminarleiter StD W in der ebenfalls vom 28. Mai 2002
datierenden Beurteilung die Leistungen der Klägerin in der Ausbildung mit „mangelhaft"
(5,0). Der Beurteilung des Hauptseminarleiters lagen Beurteilungen des Fachleiters StD
L1 (Deutsch) mit der Note „mangelhaft" (5,0) und des Fachleiters StD V (Geschichte) mit
der Note „mangelhaft" (5,0) jeweils vom 15. Mai 2002 zu Grunde. Weiterhin hatten die
Ausbildungslehrer jeweils Beurteilungen ohne Endnote gefertigt. Unter dem 11. April
2002 gab Frau U1 eine Stellungnahme im Beteiligungsverfahren ab, die den
Beurteilenden zugeleitet wurde.
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Ein Kolloquium wurde nicht mehr durchgeführt und am 13. Juni 2002 das endgültige
Nichtbestehen der Zweiten Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II und
für das Lehramt für die Sekundarstufe I durch den Prüfungsausschuss festgestellt.
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Durch Bescheid vom 17. Juni 2002 lehnte der Beklagte die Durchführung der von der
Klägerin beantragten dritten unterrichtspraktischen Prüfung ab, da diese das
Prüfungsergebnis nicht mehr entscheidungserheblich verbessern könne, und teilte der
Klägerin mit, dass sie die Zweite Staatsprüfung endgültig nicht bestanden habe.
10
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 27. Juni 2002
Widerspruch ein, ohne diesen näher zu begründen. Sie legte weiterhin verschiedene,
bereits zuvor dem Beklagten eingereichte Stellungnahmen zu den Gutachten und
Beurteilungen aus der Ausbildung vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 9 ff. Bd. 3
BA verwiesen.
11
Der Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 22. Oktober 2002
zurück. Die Prüfung sei aufgrund der Prüfungsergebnisse wegen § 62 Abs. 2 lit. b OVP
zu Recht mit endgültig nicht bestanden bewertet worden, da kein Verfahrensfehler
vorliege.
12
Am 14. November 2002 hat die Klägerin unter Bezugnahme auf die bereits genannten
Stellungnahmen - hinsichtlich derer auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen wird -
Klage erhoben. Sie trägt vor, sie sei während der gesamten Ausbildungszeit auf Grund
ihrer Behinderung benachteiligt und diskriminiert worden.
13
Insbesondere der Schulleiter der Ausbildungsschule, LGED L2, sei ihr gegenüber von
Anfang an voreingenommen gewesen. Er habe ihr sinngemäß mitgeteilt, dass sie (nach
der Ausbildung) auf keinen Fall an dieser Schule bleiben werde, da sie aufgrund ihrer
Behinderung den vielfältigen Anforderungen des schulischen Alltags nicht gewachsen
sei. Er sei seiner Verantwortung als Schulleiter nicht gerecht geworden und mit der von
ihm als neu eingeräumten Situation, für die Ausbildung einer körperbehinderte
Referendarin verantwortlich zu sein und deren Leistung bewerten zu müssen,
überfordert und insoweit inkompetent gewesen. Die Beurteilung sei daher
rechtsfehlerhaft. Aufgrund der Gesamtsituation habe sie außerdem eine - insbesondere
an ihren konkreten Bedürfnissen gemessen - unzulängliche Ausbildung erhalten.
14
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
Weiterhin sei auch Frau N, eine der Ausbildungslehrerinnen im Fach Deutsch, ihr
gegenüber voreingenommen gewesen. Dies ergebe sich aus verschiedenen
Äußerungen bzw. Verhaltensweisen ihr gegenüber sowie aus der Beurteilung,
hinsichtlich derer die Klägerin eine Stellungnahme vorgelegt hat, auf die wegen der
Einzelheiten Bezug genommen wird.
15
Auch die Bewertung der unterrichtspraktischen Prüfung im Fach Deutsch vom 15. Mai
2002 mit der Note „ausreichend" sei rechtsfehlerhaft, da die Prüfungskommission
voreingenommen gewesen und die Bewertung nicht schlüssig begründet worden sei.
Weiterhin leide die Bewertung selbst an verschiedenen - näher dargelegten - Fehlern,
da die Kritik der Prüfer hinsichtlich Planung und Durchführung der Unterrichtsstunde
unzutreffend sei.
16
Gleiches gelte für die unterrichtspraktische Prüfung im Fach Geschichte vom 28. Mai
2002.
17
Die Klägerin beantragt
18
den Beklagten unter Aufhebung seiner Prüfungsentscheidung vom 13. Juni 2002,
seines Bescheides vom 17. Juni 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 22.
Oktober 2002 zu verpflichten, sie - die Klägerin - nach erneuter Bewertung der
Ausbildungsleistungen an Ausbildungsschule und Studienseminar sowie der
unterrichtspraktischen Prüfungen in den Fächern Deutsch und Geschichte über das
Ergebnis der Wiederholung der Zweiten Staatsprüfung für das Lehramt für die
Sekundarstufe I und II unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu
bescheiden,
19
hilfsweise,
20
den Beklagten unter Aufhebung seiner Prüfungsentscheidung vom 13. Juni 2002,
seines Bescheides vom 17. Juni 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 22.
Oktober 2002 zu verpflichten, sie - die Klägerin - nach Wiederholung des
Vorbereitungsdienstes an einer anderen Ausbildungsschule und einem anderen
Studienseminar sowie der erneuten Durchführung der unterrichtspraktischen Prüfungen
in den Fächern Deutsch und Geschichte über das Ergebnis der Wiederholung der
Zweiten Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe I und II unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
21
Der Beklagte beantragt,
22
die Klage abzuweisen.
23
Er ist nach Einholung einer Stellungnahme des Schulleiters LGED L2 (vom 31. März
2003), der Mitglieder der Prüfungsausschüsse beider unterrichtspraktischen Prüfungen
und unter Ergänzung der Gründe des Widerspruchsbescheids der Auffassung, die
Prüfungsentscheidung sei rechtmäßig. Der Schulleiter sei - ohne dass dies für die
Entscheidung über das Nichtbestehen überhaupt kausal sei - nicht voreingenommen
gewesen und habe der Klägerin verschiedene Hilfs- und Unterstützungsangebote
gemacht. Äußerungen von Herrn X über das allgemeine - und nicht nur gegenüber der
24
Klägerin - bestimmt wirkende Auftreten von Frau N seien von der Klägerin unzutreffend
wiedergegeben worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug
genommen.
Hinsichtlich der unterrichtspraktischen Prüfung habe die Klägerin irrtümlicher Weise
wohl Anmerkungen im Rahmen der Vorbesprechung (§ 59 Abs. 5 Satz 3 OVP 1997) als
allein bewertungstragend verstanden, obwohl diese von untergeordneter Bedeutung
gewesen seien. Wie sich aus dem Protokoll jedoch ergebe, habe die Unterrichtsstunde
an - näher dargelegten - fachlichen Mängeln und Schwächen in der
Unterrichtsgestaltung gelitten.
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Der Prüfungsausschuss, insbesondere der Ausschussvorsitzende, StD W, sei auch
nicht voreingenommen gewesen. Das Telefonat mit dem Arbeitsamt F im Januar 2002,
über das die Klägerin kurze Zeit später in Gegenwart von Frau U1 informiert worden sei,
habe dessen Information gedient, da ihm gegenüber mehrfach geäußert worden sei, die
Klägerin habe im Falle des endgültigen Nichtbestehens keine berufliche Perspektive
und keine Hilfe durch das Arbeitsamt zu erwarten. Hinsichtlich der Einzelheiten der
Stellungnahme des Prüfungsausschusses vom 18. März 2003 wird auf Bl 120 ff. der
Gerichtsakten verwiesen.
26
Entscheidungsgründe:
27
Die Klage bleibt insgesamt ohne Erfolg.
28
Der Hauptantrag ist unbegründet.
29
Die angefochtene Prüfungsentscheidung vom 13. Juni 2002 und der darauf beruhende
Bescheid des Beklagten vom 17. Juni 2002 sowie der Widerspruchsbescheid vom 22.
Oktober 2002 sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ihre
Zweite Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II und für das Lehramt für
die Sekundarstufe I ist zu Recht mit „endgültig nicht bestanden" bewertet worden; die
geltend gemachten Klageansprüche stehen ihr nicht zu, §§ 113 Abs. 1 Satz 1, 113 Abs.
5 Satz 1 i.V.m. Satz 2 VwGO.
30
Die Ermächtigungsgrundlage für die Entscheidung über das endgültige Nichtbestehen
ergibt sich aus §§ 62 Abs. 2 lit. b, 61 Abs. 1 i.V.m. § 66 Abs. 1 der Ordnung des
Vorbereitungsdienstes und der Zweiten Staatsprüfung für Lehrämter an Schulen vom
12. Dezember 1997 (GV.NW 1998 S. 2) (weiterhin OVP 1997), die auf die Klägerin
gemäß § 71 Abs. 1 lit. b OVP und Art. II der Verordnung zur Änderung der Ordnung des
Vorbereitungsdienstes und der Zweiten Staatsprüfung für Lehrämter an Schulen vom
19. Dezember 2001 (GV. NW 2002 S. 2) Anwendung findet, da sie am 1. Februar 1999
den Vorbereitungsdienst aufgenommen hat.
31
Danach ist die Zweite Staatsprüfung für die Lehrämter an Schulen schon dann
(endgültig) nicht bestanden, wenn die Note in einem Fach im Sinne des § 61 Abs. 1
OVP - gegeben-enfalls nach Durchführung einer dritten unterrichtspraktischen Prüfung
gemäß § 59 Abs. 1 Satz 2 OVP - nicht mindestens „ausreichend" (4,0) ist. Dabei ergibt
sich gemäß § 61 Abs. 1 OVP die Note für jedes Fach aus der durch zwei geteilten
Summe der einfach gewichteten Noten der zu berücksichtigenden
unterrichtspraktischen Prüfung und der abschließenden Beurteilung der Fachleiterin
oder des Fachleiters gemäß § 17 Abs. 3 OVP 1997.
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Im Fach „Deutsch" wurde die unterrichtspraktische Prüfung der Klägerin mit
„ausreichend" bewertet und die Fachleiterbeurteilung endet mit der Note „mangelhaft".
Damit liegt die Note für das Fach „Deutsch" gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 OVP 1997 bei
4,5, also über 4,0. Da die streitgegenständliche Prüfung für die Klägerin bereits die
Wiederholungsprüfung war, ergibt sich schon daraus, dass die Staatsprüfung gemäß §
66 Abs.1 Satz 1 OVP „endgültig nicht bestanden" ist.
33
Auf die Rügen der Klägerin hinsichtlich der Rechtsfehlerhaftigkeit der
Abschlussbeurteilung des Schulleiters LGED L2 kommt es daher - ungeachtet der
tatsächlichen Richtigkeit des Vorbringens - bereits deswegen nicht an, weil diese
Beurteilung (vgl. § 17 Abs. 2 OVP 1997) nach dem Vorstehenden nicht zu den
entscheidungserheblichen Prüfungsteilen gehört. Die Entscheidung über das
Nichtbestehen erfolgte ohne Berücksichtigung der Schulleiterbeurteilung.
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Auch die Rügen der Klägerin hinsichtlich der Bewertung der unterrichtspraktischen
Prüfung im Fach Geschichte sind rechtlich unbeachtlich, da schon die Fachnote
„Deutsch" die Entscheidung über das Nichtbestehen trägt.
35
Da die Fachnote „Deutsch" einer Rechtskontrolle stand hält und allein
entscheidungserheblich ist, war auch die Entscheidung des Beklagten, die nach § 59
Abs. 1 Satz 4 OVP allein im Fach Geschichte mögliche Durchführung der beantragten
dritten unterrichtspraktischen Prüfung abzulehnen, rechtmäßig, ohne dass es auf das
Vorliegen der weiteren Voraussetzungen ankäme. Selbst durch eine Verbesserung des
Prüfungsergebnisses im Fach Geschichte, hätte die Klägerin ihre Staatsprüfung nicht
mehr bestehen können.
36
Der Feststellung der beiden Prüfungsteilsergebnisse haften keine Verfahrensfehler an.
Die Note im Fach Deutsch muss die Klägerin ferner gegen sich gelten lassen, da sie
rechtserhebliche (Bewertungs-)Fehler weder hinsichtlich der Fachleiterbeurteilung des
StD L1 vom 15. Mai 2002 noch hinsichtlich der Beurteilung der unterrichtspraktischen
Leistungen in diesem Fach vom selben Tage dargetan hat.
37
Im Einzelnen ergibt sich dies aus Folgendem:
38
a) Die Fachleiterbeurteilung des StD L1 hält der gerichtlichen Überprüfung stand, denn
soweit die Klägerin Mängel ihrer Ausbildung an der Ausbildungsschule rügt, ergibt sich
daraus in Bezug auf diese Beurteilung kein Rechtsfehler.
39
Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe während gesamter Zeit unter Diskriminierungen
gelitten, sei wegen ihrer Behinderung benachteiligt worden und habe nicht die Fürsorge
erfahren, die sie aufgrund ihrer besonderen Situation als körperbehinderte
Lehramtsanwärterin habe erwarten können, ist dies rechtlich unerheblich. Das gleiche
gilt soweit sie vorträgt, vom Ausbildungskoordinator X der Ausbildungslehrerin Frau N
zugewiesen worden zu sein, obwohl sich diese im Vorfeld der Zusammenarbeit
„negativ" über ihre Person geäußert habe. Frau N sei nicht kooperationsbereit gewesen,
sondern habe ihr gesagt: „Ich bin zu keiner Diskussion bereit, entweder du richtest dich
ausnahmslos nach meinen Spielregeln oder du brauchst gar nicht bei mir anzufangen.
Haben wir uns verstanden?" Dadurch sei sie unter enormen Druck gesetzt worden, was
zu schlechten Rahmenbedingungen hinsichtlich der Ausbildung bei Frau N geführt
habe. Diese wiederum habe sie mehrfach abgekanzelt und sei zu keinerlei
40
Rücksichtnahme auf ihre persönliche Situation bereit gewesen. Frau N habe sie
mehrfach „stehen lassen" und sei „nicht einmal mehr bereit [gewesen], eine
Gegendarstellung zu ihrem Gutachten zur Kenntnis zu nehmen."
Aus diesem gesamten Vortrag resultieren keine im vorliegenden Verfahren erheblichen
Mängel hinsichtlich des Verfahrens zur Erbringung der Ausbildungsleistung, die die
Fachleiterbeurteilung bewertet.
41
aa) Dies gilt zunächst, soweit der Vortrag als Rüge der Mangelhaftigkeit der Ausbildung
in im Fach Deutsch generell - und gemessen an ihren besonderen Bedürfnissen
speziell - zu verstehen ist.
42
(1) Ausbildungsmängel können die Rechtswidrigkeit einer Prüfungsentscheidung über
die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt nach der OVP 1997 nicht begründen.
43
Aufgrund der Modifizierung der Zweiten Staatsprüfung durch die OVP 1997 im Vergleich
zu den Vorläuferregelungen ist zwar eine Berücksichtigung von Ausbildungsmängeln
nicht bereits deswegen ausgeschlossen, weil die Bewertung der Ausbildungsleistung
nicht der Bestandteil der Prüfungsentscheidung bzw. nicht ergebnisrelevant ist. Denn
die Fachleiterbeurteilung, die die während der Ausbildung erbrachten Leistungen
bewertet, vgl. § 17 Abs. 3 Satz 3 OVP 1997, ist nunmehr entscheidungserheblicher
Bestandteil der Entscheidung über das Nichtbestehen der Prüfung nach §§ 62 Abs. 2 lit.
b), 61 Abs. 1 OVP 1997.
44
Zur Einbeziehung grundlegend BVerwG, Beschluss vom 12. November 1992 - 6 B
36/92 - NVwZ-RR 1993, 188; Urteil der Kammer vom 24. Oktober 2003 - 15 K 2194/01 -.
45
Auch beschränkt § 17 Abs. 5 Satz 3 OVP 1997 die Anfechtbarkeit dieser Bewertung auf
die abschließende Prüfungsentscheidung und damit auf den Rechtsschutz gegen den
hiesigen Beklagten.
46
Vgl. zur abweichenden Rechtslage nach der OVP 1994, Urteil der Kammer vom 5. Juli
2002 - 15 K 1538/01 -.
47
Die rechtliche Kontrolle im hiesigen Verfahren scheidet auch nicht deswegen aus, weil
es sich etwa bei der Fachleiterbeurteilung um eine dienstliche Beurteilungen im
engeren Sinne handeln würde. Die Annahme einer dienstlichen Beurteilung scheitert
daran, dass der Lehramtsanwärter die Befähigung zur Ausübung der Berufstätigkeit erst
durch den Vorbereitungsdienst und die Zweite Staatsprüfung erlangt.
48
Vgl. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Auflage, Rn. 431 zur
Abschlussbeurteilung.
49
Auch handelt es sich bei der Fachleiterbeurteilung um die Prüfungsleistung, die die
Ausbildungsleistung in das Prüfungsverfahren implementiert. Die Rechtserheblichkeit
von Ausbildungsmängel für die gerichtliche Überprüfung ist nämlich überhaupt nur
hinsichtlich solcher in das Prüfungsverfahren einbezogener Prüfungsleistungen
denkbar.
50
Vgl. bereits den Beschluss des Gerichts vom 24. Februar 2005 - 15 K 9215/02- .
51
Denn es besteht erstens eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen Ausbildung und
Prüfung,
52
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. November 1992 - 6 B 36/92 -, Buchholz 421.0
Prüfungswesen Nr. 305; vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts Köln, vom 2. Juni 1993 - 10
K 3921/90-.
53
mit entsprechenden Konsequenzen für deren jeweilige Überprüfbarkeit.
54
Zum zweiten wird jedenfalls im wissenschaftlichen Bereich - und damit auch im
streitgegenständlichen Vorbereitungsdienst -
55
vgl., § 6 Satz 1 OVP 1997, § 3 Abs. 2 Satz 1 LABG 1998; Bay. VGH, Urteil vom 25.
September 1985 - 7 B 82 A.2336 -, DÖV 1986, 486.
56
der Prüfungsstoff und das zu überprüfende Leistungsvermögen nicht rechtserheblich
durch das konkrete Lehrangebot oder gar die Qualität der einzelnen
Lehrveranstaltungen und damit durch die Ausbildung bestimmt.
57
Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Bd. 2 Prüfungsrecht, 4. Aufl. 2004, Rn. 315.
58
In diesem Bereich gibt es keinen allgemeinen prüfungsrechtlichen Grundsatz, wonach
der Prüfungsstoff zwingend dem Lehrstoff folgen müsste, so dass jedenfalls
Prüfungsstoff und Ausbildung nicht von einander abhängen, wie etwa auch das
Ermessen der zuständigen Prüfungsbehörde hinsichtlich der Auswahl der konkreten
Prüfungsthemen,
59
Niehues, a.a.O., Rn. 306,
60
und die Trennung der Zuständigkeiten für Ausbildung und Prüfung belegen. Denn der
Beklagte - als Prüfungsbehörde - zeichnet lediglich für die Abnahme und Bewertung der
Leistungen im Rahmen der Zweiten Staatsprüfung, vgl. § 56 Abs. 1 OVP 1997, nicht
aber für die - von der Ausbildungsschule (§ 41 OVP 1997) und dem Studienseminar zu
gewährleistende (§ 40 OVP 1997) - Ausbildung verantwortlich und kann auch lediglich
in diesem Zuständigkeitsbereich für Abhilfe bei evtl. Mängeln sorgen.
61
Dem widersprechen auch nicht die Regelungen der §§ 17 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. 62 Abs. 3
VwGO. Denn sie beschränken lediglich den förmlichen Rechtsschutz gegen das
Ergebnis der Ausbildungsbeurteilungen auf den Widerspruch gegen die abschließende
Prüfungsentscheidung mit dem hiesigen Beklagten als Verfahrensgegner. Rügen, die
die Qualität der Ausbildung betreffen, also die eigentlichen Ausbildungsmängel, sind
weiterhin gegenüber der Ausbildungsbehörde geltend zu machen.
62
(2) Trotz der Einbeziehung der Bewertung der Ausbildungsleistung durch die
Fachleiterbeurteilung in die Prüfungsentscheidung und in deren gerichtliche
Überprüfung, ist im Ergebnis das Durchschlagen von Ausbildungsmängeln auf die
Rechtmäßigkeit der vorliegenden Prüfungsentscheidung ausgeschlossen. Denn selbst
dann, wenn die Ausbildungsleistung in die Prüfungsentscheidung implementiert ist,
können Ausbildungsmängel die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsentscheidung im
Regelfall nicht in Frage stellen.
63
BVerwG, Beschluss vom 12. November 1992 - 6 B 36/92 - Buchholz 421.0
Prüfungswesen Nr. 305 für die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt; Beschuss vom 18.
Mai 1982- 1 WB 148.78 - BverwGE73, 376; vgl. auch VG Köln, Urteil vom 2. Juni 1993 -
10 K 3921/90-; Bay. VGH, Urteil vom 25. September 1985 - 7 B 82 A.2336- DÖV 1986,
486 und Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, Rn. 131 für universitäre Ausbildungen; das
Oberverwaltungsgericht hält dies für die Erste juristische Staatsprüfung für gänzlich
ausgeschlossen, Urteil vom 13. Oktober 1998 - 1 BA 46/96 - NVwZ -RR 1999, 747.
64
Ausbildungsmängel sind keine Verfahrensfehler im herkömmlichen Sinne. Die
Einhaltung von Verfahrensregeln, die erst die Entstehung einer der Bewertung
zugänglichen Leistung ermöglichen, zielen unter Berücksichtigung des Gebots der
Chancengleichheit darauf, dem Prüfling eine faire Chance zu geben, seine wahren
Leistungen und Befähigungen in der Prüfung zu beweisen.
65
Niehues, a.a.O. Rn. 106, 464.
66
Damit hat eine Verfahrenrüge immer den Inhalt, die gerügten Umstände hätten den
Prüfling daran gehindert, seine an sich vorhandenen Kenntnisse und Fähigkeiten unter
Beweis zu stellen. Von dieser Zielrichtung unterscheidet sich eine Ausbildungsrüge in
wesentlicher Hinsicht: Diese hat zum Gegenstand, man habe prüfungsrelevante
Kenntnisse und Fähigkeiten gar nicht erst erwerben können. Diese starke Knüpfung an
den subjektiven Fähigkeitserwerb und an Umstände, die der Prüfung in der Regel weit
vorgelagert sind, schließen es regelmäßig aus, dass Ausbildungsmängel die
Rechtswidrigkeit einer Prüfungsentscheidung begründen können.
67
Insoweit sei auf die Geringfügigkeitsgrenze bei Verfahrensabweichungen und die
Unmöglichkeit der Gewährleistung einer absoluten Chancengleichheit verwiesen, vgl.
Klenke, NWVBl. 1988, 202; Niehues, a.a.O. Rn.107; zur Unzulässigkeit der Bewertung
fiktiver Leistungen, Rn. 639.
68
Zudem lässt sich die Qualität der Ausbildung nur schwer an objektiven Maßstäben
messen, da insoweit vieles von den subjektiven Erwartungen und Vorlieben des
späteren Prüflings abhängen wird bzw. von Lehrkonzept und Persönlichkeit des
Unterrichtenden. Letzteres jedenfalls führt zu einer Einschränkung der gerichtlichen
Kontrolle. Denn hinsichtlich der Gestaltung der Ausbildung ist von der Existenz
komplexer prüfungsspezifischer Wertungen auszugehen, die die gerichtliche
Überprüfung einschränken.
69
BVerwG 1. Wehrdienstsenat, Beschluss vom 18. Mai 1982, - 1 WB 148/78 -, zitiert nach
JURIS.
70
Insgesamt können Ausbildungsmängel damit nur in Ausnahmefällen zur Rechtwidrigkeit
einer Prüfungsentscheidung führen. Eine solche Ausnahme kann nur dann
anzunehmen sein, wenn durch die konkrete Prüfungsordnung die Ausbildung eine
derartig enge Anknüpfung an den Prüfungsvorgang erfahren hat, dass sie „integrierter
Bestandteil des Prüfungsvorgangs" geworden ist.
71
In diesem Sinne unter Bezugnahme auf die konkrete Ausgestaltung des betreffenden
Lehrgangs BVerwG 1. Wehrdienstsenat, Beschluss vom 18. Mai 1982, - 1 WB 148/78 -,
zitiert nach JURIS. Doch selbst in diesem Fall kann lediglich ein „Mindestanforderungen
genügender Unterricht" gefordert werden, denn im Übrigen kann erwartet werden, dass
72
Prüflinge sich [.... ] selbst aktiv an der Erarbeitung des erforderlichen Wissens beteiligen
[und] sich auf diese Weise selbst einen fundierten Überblick verschaffen."
Von einer solchen Verknüpfung - und damit von einem Ausnahmefall - ist im Falle der
zweiten Staatsprüfung für Lehrämter nach der OVP 1997, die auf den (in der Regel) 24-
monatigen Vorbereitungsdienst folgt, § 7 OVP 1997, nicht auszugehen. Denn der
Vorbereitungsdienst, der explizit auf ein wissenschaftliches Studium aufbaut, § 6 Satz 1
OVP 1997 - also ein solches voraussetzt -, erfordert in erheblichen Umfang eigene
Initiative und Verantwortung des Lehramtsanwärters, wie sich beispielsweise aus § 6
Satz 4 ergibt. Danach „entwickeln die Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter
teils angeleitet teils selbständig und eigenverantwortlich die erforderlichen
Qualifikationen in den miteinander verbundenen beruflichen Handlungsfeldern."
73
Vgl. auch Bay. VGH, Urteil vom 25. September 1985 - 7 B 82 A.2336 - DÖV 1986, 486
für den Fall, dass der Studierende sich die erforderliche Ausbildung nicht verschaffen
konnte und gleichzeitig die Prüfung nicht verschieben durfte. Ein solcher Fall liegt hier
erkennbar nicht vor.
74
Es liegt damit bei der OVP 1997 der Regelfall vor. Die Klägerin kann sich somit im
vorliegenden Verfahren nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe keine angemessene
Ausbildung im Allgemeinen und konkret durch Frau N erhalten.
75
bb) Ebenfalls keinen Rechtsfehler der Fachleiterbeurteilung hat die Klägerin dargelegt,
soweit der genannte Vortrag als Rüge der Voreingenommen- und Befangenheit der
Ausbildungslehrerin Frau N zu verstehen ist, deren Beurteilung dem Fachleiter StD L1
bei der Erstellung seiner Beurteilung vorlag.
76
(1) Zunächst hat die Klägerin weder im Klageverfahren noch in ihrer Stellungnahme zur
Fachleiterbeurteilung tatsächliche Anhaltspunkte dafür dargetan, dass die von ihr
geltend gemachte Befangenheit der Frau N auch dazu geführt haben könnte, dass StD
L1 selbst befangen gewesen wäre. Die sachlich formulierte Beurteilung selbst bietet
keine Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit und die von der Klägerin gefertigte
Stellungnahme richtet sich allein gegen die Schlüssigkeit der Begründung der
gefundenen Bewertung und die fachliche Richtigkeit der geäußerten Kritik.
77
Anlass für eine weitere Sachverhaltsermittlung besteht für das Gericht nicht, da eine
geltend gemachte Befangenheit vom Prüfling substantiiert darzulegen ist.
78
So Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.
November 2002 - 19 A 3885/02 -; Urteil des Gerichts vom 6. April 2005 - 15 K 1875/03 -.
79
(2) Damit ist ein Rechtsfehler der Fachleiterbeurteilung nur noch im Wege einer
„vermittelten" Befangenheit wegen der Berücksichtigung der Beurteilung der von der
Klägerin als befangen gerügten Fachlehrerin Frau N denkbar.
80
Eine prüfungsrechtlich relevante „Vermittlung" der Befangenheit durch die
Kenntnisnahme der Beurteilung des Ausbildungslehrers ist hier jedoch ausgeschlossen.
81
§ 17 Abs. 3 Satz 2 OVP 1997 sieht nämlich lediglich vor, dass „Fachleiterinnen und
Fachleiter [...] ihre Beurteilungen in Kenntnis der Beurteilungen der
Ausbildungslehrerinnen und Ausbildungslehrer erstellen". Es fehlt damit bereits nach
82
der gesetzlichen Grundlage an der erforderlichen „Berücksichtigung" und an einem
bestimmenden Einfluss der Beurteilung des Ausbildungslehrers auf das
Fachleitergutachten. Gegen einen bestimmenden Einfluss spricht auch die Tatsache,
dass die Beurteilungen verschiedener Ausbildungslehrer - im Falle der Klägerin, die von
fünf Ausbildungslehrern - durch den Fachleiter zur Kenntnis zu nehmen sind und damit
die Gewichtung des Einzelbeitrags in den Hintergrund treten lässt. Dies umso mehr,
wenn - wie hier - die Einzelbeiträge im Ergebnis übereinstimmen. Zudem führen der der
Beurteilungserstellung zu Grunde liegende Bewertungsprozess, der zwingend eine
eigenverantwortliche Erfassung und Bewertung der Leistung durch den Prüfer
voraussetzt,
Niehues, a.a.O. Rn. 176; Zimmerling/Brehm - Prüfungsrecht, 2. Auflage, 2001, Rn. 380.
83
und die - auch nach der Formulierung der OVP 1997 - von der „Kenntnisnahme"
abgesehen vollständig eigenständige Bewertungsgrundlage des Fachleiters, der mit
seiner Funktion in Studienseminar, vgl. § 10 OVP 1997, Hospitationen bei
verschiedenen Lehramtswärtern einen anderen Blickwinkel und umfassendere
Erfahrung hat, ebenfalls zu einer rechtlich unabhängigen Existenz der
Fachleiterbeurteilung.
84
Dessen ungeachtet, ist jedoch der genannte Vortrag der Klägerin auch in der Sache
nicht geeignet, den Vorwurf einer Befangenheit der Ausbildungslehrerin Frau N im
Rechtssinne zu tragen.
85
Das Vorliegen eines in § 20 Abs. 1 VwVfG NW, der gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG NW
auch in Prüfungsverfahren gilt,
86
Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 20 Rn. 1, 6
87
genannten Ausschlussgrundes oder aber ein Verhalten, das über die dort genannten
zwingenden Gründe hinaus objektiv feststellbare Tatsachen dafür beinhalten könnte,
dass die Ausbildungslehrerin Frau N, sich nicht unbefangen gezeigt hat, hat die
Klägerin nicht dargelegt.
88
Insoweit sei klargestellt, dass die nur subjektive Befangenheit oder
Voreingenommenheit des Amtswalters für sich genommen ebenso wenig rechtlich von
Belang ist wie allein persönliche Befindlichkeiten der Verfahrensbeteiligten.
89
Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 1998 - 6 C 8/97 -, Niehues, a.a.O. Rn. 196.
90
Zunächst trägt der Inhalt der Beurteilung der Ausbildungslehrerin Frau N vom 9. April
2002 selbst nicht den Vorwurf einer Befangenheit. Die Beurteilung beinhaltet zwar
deutliche Kritik an den Unterrichtsleistungen der Klägerin, in dem sie ihr „in der Regel
keine stringente methodische, lernzielorientierte Strukturierung", ein Interesse daran „die
45 Minuten ohne größere Katastrophen hinter sich zu bringen", und eine sehr
eingeschränkte Selbst- und Fremdwahrnehmung vorhält. Kritik an Prüfungsleistungen
ist jedoch erst dann rechtlich zu beanstanden, wenn sie in der Form grob unsachlich,
sarkastisch, spöttisch, höhnisch oder in ähnlich herabsetzender Form auf
Fehlleistungen eingeht, wenn sie also die Grenze zur sog. Schmähkritik überschreitet.
91
vgl. BVerwG, Urteile vom 28. April 1978 - 7 C 50.75 -, BVerwGE 55, 355 und vom 20.
92
September 1984 - 7 C 57.83 - BVerwGE 70, 143 (151 f.), ebenfalls Hessischer
Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 28. September 1988, - 6 TG 4081/87 -, NVwZ
1989, 890; Urteil der Kammer vom 15. Juli 2002 - 15 K 1538/01 - .
Selbst gelegentliche verbale "Ausrutscher" können für sich den Vorwurf der
Voreingenommenheit noch nicht rechtfertigen.
93
BVerwG, Urteil vom 20. September 1984 a.a.O.; Hessischer Verwaltungsgerichtshof,
Beschluss vom 28. September 1988, - 6 TG 4081/87 -, NVwZ 1989, 890.
94
Die Beurteilung von Frau N ist jedoch sachlich gehalten und stimmt in hinsichtlich der
Kritikpunkte im Übrigen im wesentlichen mit solchen überein, die auch von anderen
Ausbildungslehrern, wie z.B. Herrn Q, geltend gemacht wurden.
95
Auch der weitere Vortrag der Klägerin über das Verhalten der Ausbildungslehrerin trägt
den Vorwurf der Befangenheit nicht.
96
Das Vorbringen der Klägerin, Frau Mackenthun sei insgesamt „nicht kooperationsbereit"
gewesen, sondern habe ihr sinngemäß gesagt, sie sei zu keiner Diskussion bereit und
erwarte eine Einhaltung ihrer „Spielregeln", legt keine Voreingenommenheit ihrer
Person im Rechtssinne dar. Denn die Klägerin hat damit lediglich allgemeine
persönliche Eigenschaften der Ausbildungslehrerin gerügt. Der Vortrag lässt zwar
möglicher Weise einen strengen Ausbildungsstil oder, wie der Beklagte formuliert, ein
bestimmt wirkendes Auftreten erkennen, jedoch gerade nicht, dass bezogen auf die
Klägerin von vornherein eine Festlegung auf eine bestimmte negative Bewertung
vorliegen würde, was jedoch gerade Spezifikum der Voreingenommenheit oder
Befangenheit wäre.
97
vgl. Niehues, a.a.O., Rn. 198.
98
Wie die Klägerin selbst durch ihre Bezugnahme auf - behauptete - Beschwerden von
Schülern zum Ausdruck bringt, und wie sich auch aus der Stellungnahme des Beklagten
ergibt, handelt es sich bei dem Auftreten der Ausbildungslehrerin gerade nicht um eines,
das nur ihr gegenüber zu Tage getreten ist. Sie hat danach gerade dargelegt, dass sie
wie alle anderen behandelt worden ist, was eine Voreingenommenheit widerlegt.
99
Auch das Fehlen der von der Klägerin postulierten gleichgeordneten Kooperation ist
kein Merkmal einer Unvorgenommenheit, sondern des so charakterisierten
Ausbildungsverhältnisses. Denn die Klägerin verkennt mit ihrer Forderung nach einer
Kooperation im Sinne der von ihr erwarteten Gleichordnung - wie sich aus dem von ihr
selbst dargestellten Ereignis, in dem sie geäußert hatte, sie sehe sich der
Ausbildungslehrerin als fachlich prinzipiell gleichgestellt an -, das von der OVP 1997
vorgegebene Verhältnis von Ausbildungslehrer zum Lehramtsanwärter. Der
Lehramtsanwärter wird der Ausbildungsschule zugewiesen (§ 11 Abs. 2 OVP), die
schulische Verantwortung für den Unterricht des Lehramtsanwärters trägt der Schulleiter
(§ 9 Abs. 3 OVP), seine Ausbildung umfasst Hospitationen und Ausbildungsunterricht
(Unterricht unter Anleitung und selbständiger Unterricht, der teilweise zur Deckung des
Unterrichtsbedarfs dient) (§ 11 Abs. 3 Satz 1 OVP 1997) und seine Leistung wird vom
Ausbildungslehrer nach § 15 OVP 1997 beurteilt. Danach besteht zwischen dem
Ausbildungslehrer und dem Lehramtsanwärter ein „Ausbildungsverhältnis", das ein
gewisses Maß an Überordnung des Ausbilders voraussetzt und diesem durch das
100
formale Erfordernis einer Beurteilung eine herausgehobene Position zuweist.
Soweit die Klägerin ferner darlegt, Frau N habe sich über sie negativ geäußert bzw. sie
„mehrfach abgekanzelt", ist, abgesehen davon, dass es sich dabei - besonders wegen
des unklaren und damit nicht überprüfbaren Tatsachenkerns - um subjektive Wertungen
der Klägerin handelt, erneut darauf hinzuweisen, dass kritische Äußerungen über die
Leistung keine Ansatzpunkte für eine Befangenheit bieten.
101
Auch der Vorwurf, Frau N sei zu keinerlei Rücksichtnahme auf die persönliche, durch
ihre Behinderung geprägte Situation bereit gewesen, begründet hier keine
Voreingenommenheit. Als Ausbildungslehrerin durfte Frau N von der Klägerin zunächst
die Erbringung der ihr obliegenden Ausbildungsleistungen erwarten. Aufgrund ihrer
körperlichen Behinderung durfte die Klägerin nur solches Entgegenkommen, Rücksicht
und Hilfsmittel zum Ausgleich der Behinderung erwarten, wie sie notwendig sind, um
den Nachweis der vorhandenen Befähigungen zu ermöglichen und die in dem mit der
Prüfung angestrebten Beruf durch Hilfsmittel ausgeglichen werden können.
102
Niehues, a.a.O. Rn. 122, vgl. § 70 OVP 1997; z.B. der ihr gewährte Verzicht auf das
Tafelbild oder die Bereitstellung einer Schreibhilfe für die unterrichtspraktische Prüfung.
103
Im Übrigen muss aber auch sie sich an den Anforderungen der Ausbildung und der
Staatsprüfung messen lassen, die sich aus dem Ziel der Prüfung, nämlich einer
selbständigen Ausfüllung der verschiedenen Lehrerfunktion nach §§ 52 i.V.m. 6 OVP
1997 ergeben und zwar mit ihrem durch die Behinderung geprägten
Leistungsvermögen.
104
Denn der Grundsatz der Chancengleichheit verbietet eine Rücksichtnahme auf
konstitutionelle Leiden, da der Prüfling mit der Prüfung auch erweisen soll, dass er mit
„solchen Schwierigkeiten fertig wird" und die Grundvoraussetzungen der durch die
Prüfung zu ermittelnden Eignung für einen bestimmten Beruf besitzt, so Niehues, a.a.O.
Rn. 121.
105
Eine darüber hinausgehende Rücksichtnahme auf persönliche Belange kann die
Klägerin dagegen nicht fordern. Im Gegenteil, eine weitere Rücksichtnahme - die
anderen Lehramtsanwärtern nicht zu Teil würde - würde ihrerseits die Befangenheit des
Ausbildungslehrers begründen bzw. gegen den Grundsatz der Chancengleichheit
verstoßen.
106
Letztlich ist auch der Vortrag, wonach Frau N nicht einmal mehr bereit gewesen sei, die
Gegendarstellung zu ihrer Beurteilung „zur Kenntnis zu nehmen", nicht geeignet, deren
Befangenheit zu begründen. Denn es handelt sich bei dem gerügten Verhalten um
eines, das nach Erstellung der Beurteilung stattgefunden haben muss und daher
hinsichtlich dieser nicht kausal werden konnte.
107
Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 28. September 1988, - 6 TG
4081/87-, NVwZ 1989, 890.
108
b) Auch die Beurteilung der im Rahmen der unterrichtspraktischen Prüfung im Fach
Deutsch erbrachten Prüfungsleistung hält einer gerichtlichen Überprüfung stand. Die
Klägerin hat mit ihren verschiedenen Einwänden hinsichtlich der Voreingenommenheit
der Prüfer bei der Bewertung, der Begründung der gefundenen Note und der Bewertung
109
im engeren Sinne keine entscheidungserhebliche Rechtsfehler dargelegt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der die
Verwaltungsgerichte folgen,
110
BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81 - und - 1 BvR 213/83 - sowie
Beschluss vom gleichen Tage - 1 BvR 138/87 -, NJW 1991, 2005 und 2008; BVerwG,
Urteil vom 9. Dezember 1992 - 9 C 3.92 -, DVBl. 1993, 503; OVG Nordrhein-Westfalen,
Urteil vom 23. Januar 1995, - 22 A 1834/90 -, S. 9 des Urteilsabdrucks und Urteil vom
21. April 1998 - 22 A 669/96 -,
111
verpflichtet Art. 19 Abs. 4 GG die Gerichte, auch Prüfungsentscheidungen in rechtlicher
und tatsächlicher Hinsicht grundsätzlich vollständig nachzuprüfen. Lediglich bei
"prüfungsspezifischen Wertungen",
112
zur Abgrenzung vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 1997 - 6 B 55.97 -, DVBl.
1998, 404 f.,
113
verbleibt der Prüfungsbehörde ein die gerichtliche Kontrolle einschränkender
Beurteilungsspielraum, soweit komplexe prüfungsspezifische Bewertungen - z. B. bei
der Gewichtung verschiedener Aufgaben untereinander, bei der Einordnung des
Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung oder bei der Würdigung der Qualität der
Darstellung - im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden
müssen und sich nicht ohne Weiteres in nachfolgenden Verwaltungsstreitverfahren
einzelner Prüflinge isoliert nachvollziehen lassen.
114
Fachliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfling und Prüfer sind der
gerichtlichen Überprüfung und Entscheidung hingegen nicht entzogen. Eine
diesbezügliche Kontrolle durch das Gericht setzt insoweit allerdings eine schlüssige
und hinreichend substantiierte Rüge des Prüflings im gerichtlichen Verfahren voraus. Es
genügt nicht, dass sich der Prüfling generell gegen eine bestimmte Bewertung wendet
und pauschal etwa eine zu strenge Korrektur bemängelt,
115
BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1993 - 6 C 35.92 -, KMK-HSchR, 21C.1 Nr. 12, S. 6.
116
Erforderlich ist vielmehr, dass sich der Prüfling mit den fachlichen Einwendungen gegen
die Prüfungsleistung inhaltlich auseinandersetzt. Macht der Prüfling dabei geltend, er
habe eine fachwissenschaftlich vertretbare und vertretene Lösung der Prüfungsaufgabe
gewählt, hat er dies unter Hinweis auf seiner Ansicht nach einschlägige Fundstellen
näher darzulegen; der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende
Amtsermittlungsgrundsatz ist insoweit durch die Mitwirkungspflicht des Prüflings
begrenzt,
117
vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. September 1993 - 22 A 1931/91 - S. 9 des
Urteilsabdrucks unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1993 - 6 C 35.92 - S.
19 des dortigen Urteilsabdrucks.
118
Einwände des Prüflings gegen Fachfragen betreffende Prüferkritik, die im vorstehenden
Sinne unschlüssig oder unsubstantiiert sind, bleiben im gerichtlichen Verfahren ebenso
wie solche, die - lediglich - unbegründet sind, ohne Erfolg. Für die Abgrenzung gelten
folgende Maßstäbe: Unschlüssig ist eine Rüge, wenn sie die Beanstandung des Prüfers
119
nicht trifft, somit die Argumentation des Prüflings an der Prüferkritik vorbeigeht und diese
damit schon nicht entkräften kann. Unsubstantiiert ist eine Rüge, wenn sie zwar die
Prüferkritik zutreffend erfasst, es aber an hinreichenden fachlichen Argumenten etwa zu
der Vertretbarkeit oder Richtigkeit einer Lösung fehlt und/oder die Argumentation nicht
durch Angabe einschlägiger Fundstellen zu der streitigen Fachfrage belegt wird. Dies
gilt auch im Bereich von Prüfungen, die ausschließlich oder zum Teil juristische
Problemstellungen zum Gegenstand haben, in dem das Gericht regelmäßig selbst die
erforderliche Qualifikation zur Klärung der Frage der Vertretbarkeit der juristischen
Ausführung hat.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Februar 1993 - 6 C 38/92 -, NVwZ 1993, S. 686 (687) und
- 6 C 35/92 -, KMK-HSchR Nr. 21 C.1 Nr. 12, S. 6; vgl. auch Urteil der Kammer vom 17.
September 1999, a.a.O., S. 5 f.
120
Unbegründet ist schließlich eine Rüge, wenn die Argumentation des Prüflings die
Prüferkritik nicht zu entkräften vermag, weil sie fachlich unzutreffend ist.
121
Vgl. Urteil der Kammer vom 11. Juni 1999 - 15 K 4530/98, S. 6.
122
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze lässt die Bewertung der Unterrichtsprobe vom
19. Juni 1998 keine Fehler erkennen.
123
Gemessen daran hält die Bewertung der Unterrichtsprobe im Fach Deutsch einer
Rechtskontrolle stand.
124
(1) Zunächst kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, die Mitglieder der
Prüfungskommission seien befangen gewesen.
125
Soweit sie ihre Auffassung damit begründet, „dass die Beurteilenden die angeführten
Beispiele als gravierende fachliche Mängel klassifizierten und derart stark negativ
gewichteten", ein „deutliches Indiz dafür [sei], dass die Ausbilder [sie] in jedem Fall
durchfallen lassen wollten", ist dieser Vortrag bereits deswegen nicht geeignet, die
Befangenheit einzelner Mitglieder des Prüfungsausschusses zu belegen, weil die Frage
der Klassifizierung und Gewichtung von Mängeln notwendiger Bestandteil des
Bewertungsvorgangs durch die Prüfer ist und damit in der Regel nicht als Ansatzpunkt
für deren Voreingenommenheit dienen kann. Dies gilt genauso für eine kritische
Bewertung der Leistung, die, wie bereits dargelegt, soweit sie sich in dem durch das
Verbot der Schmähkritik gezogenen Rahmen hält, den Vorwurf einer
Voreingenommenheit nicht tragen kann. Die Gewichtung der positiven Elemente einer
Leistung sowie deren Mängel ist im Übrigen eine Frage der prüfungsspezifischen
Wertung der Prüfer, die nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt.
126
Soweit die Klägerin vorträgt, es sei geäußert worden, „sie haben mitgearbeitet und sie
haben alles getan für eine gute Note, dass sie nur eine 4 bekommen haben, hat nicht mit
ihrem Unterricht zu tun, sondern liegt an einer höheren Macht", handelt es sich um eine
nicht zu verifizierende und damit rechtlich unbeachtliche Behauptung, weil bereits nicht
zu erkennen ist, wer diese Äußerung getätigt haben soll.
127
Die von der Klägerin vorgetragene - von diesem bestrittene - Äußerung des StD W: „Das
Ergebnis der Lehrprobe ist weder ihrer Behinderung noch ihrer Unterrichtspraxis noch
der mangelnden Schülerbezogenheit geschuldet, sondern ausschließlich ihren
128
fachlichen Defiziten", beinhaltet offensichtlich eine zulässige Kritik eines Prüfers an der
Prüfungsleistung, die jedenfalls die Grenze zur Schmähkritik nicht überschreitet.
Ihr weiterer Vortrag, der Prüfungsausschussvorsitzende, StD W, habe sich ohne ihr
Wissen beim Arbeitsamt F telefonisch nach alternativen Berufsmöglichkeiten für sie
erkundigt, ist jedenfalls im hiesigen Verfahren unbeachtlich, weil sie sich in Kenntnis
des Monate zurückliegenden Umstandes der mündlichen Prüfung gestellt hat.
129
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Februar 1993
- 15 A 1163/91-, NWVBl. 1993, 293.
130
Denn mit dem Prinzip der Chancengleichheit ist es nicht zu vereinbaren, wenn ein
Prüfling in Kenntnis möglicher Befangenheitsgründe erst das Prüfungsergebnis
abwartet, bevor er seine Bedenken hinsichtlich der Unbefangenheiten des Prüfers
äußert, und sich auf diese Weise im Falle des Misserfolges eine weitere
Prüfungschance verschafft.
131
(2) Die Klägerin hat mit dem Vortrag, Bewertungsmaßstäbe und Beurteilungskriterien
seien völlig nebulös und unverständlich geblieben, die vorgenommene
Leistungsbewertung sei völlig abwegig, inakzeptabel und erscheine willkürlich ebenfalls
keinen Rechtsfehler dargelegt. Insbesondere liegt, anders als sie meint, eine schlüssige
Begründung der gefundenen Bewertung vor.
132
Die Begründung erfüllt nicht nur die Anforderungen des § 59 Abs. 7 OVP 1997. Danach
ist „über jede unterrichtspraktische Prüfung von einem Mitglied des
Prüfungsausschusses eine Niederschrift anzufertigen, die [...] die wesentlichen
Begründungen enthält".
133
Es sind auch die von der Rechtsprechung geforderten „maßgeblichen Gründe"
erkennbar, die die Prüfer zu der abschließenden Bewertung mit der Note „ausreichend"
veranlasst haben.
134
BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1992 - 6 C 3.92-, NVwZ 1993, 677; Niehues, a.a.O.,
Rn. 713.
135
Denn die am 15. Mai 2002 gefertigte Niederschrift enthält unter dem Punkt „Bewertung"
Folgendes: „Der Entwurf zeigte eine prinzipiell strukturierte Planung. Das geplante
Tafelbild fördert allerdings einen sehr punktuellen und ausschließlich inhaltlich
orientierten Zugriff auf den Text. Die Durchführung des Unterrichts verstärkte diese
Tendenz durch unnötig engschrittige Fragestellungen, so dass weiterführende Aspekte
der Schüler oft nicht angemessen berücksichtigt wurden. Auch schienen manche
Einzelstellen in ihrer sprachlichen Bedeutung den Schülern nicht klar zu sein, weil
genaue sprachliche Erklärungen versäumt wurden. So kam es zwar zu manchen
brauchbaren Schülerbeiträgen, jedoch fehlte eine entsprechende Einbeziehung und
Akzentuierung durch die Unterrichtende, was besonders gegen Ende zur
Ergebnissicherung wünschenswert gewesen wäre."
136
Damit ist trotz der sprachlich relativ zurückhaltend formulierten Begründung in der
Sache nachvollziehbar, dass und warum die Prüfer davon ausgegangen sind, dass es
sich um eine Leistung handelt, die zwar Mängel aufweist, aber im ganzen den
Anforderungen noch entspricht, § 54 Abs. 1 OVP 1997. Denn nach § 59 Abs. 2 Satz 2
137
OVP 1997 sind die unterrichtspraktischen Prüfungen „so anzulegen, dass in der
methodischen und didaktischen Planung und Durchführung des Unterrichts auch die
Fähigkeit deutlich wird, komplexere unterrichtliche Situationen eigenständig und
sachangemessen auf dem Stand der jeweiligen Fachdiskussion zu gestalten"; und
bezogen auf diesen Maßstab wies die Leistung der Klägerin nach dem Inhalt der
Begründung eine Vielfalt nicht unerheblicher Mängel auf. Dass die zurückhaltende
Formulierung keineswegs positiv zu verstehen ist, ergibt sich jedenfalls aus der
Stellungnahme vom 18. März 2003 im Überdenkungsverfahren. Danach sind die
unnötig engschrittige Fragestellung, fehlende Einbindung und Akzentuierung von
Schülerbeiträgen sowie „besonders" die fehlende Ergebnissicherung am Schluss der
Stunde als „allgemeine Schwächen der Unterrichtsführung" anzusehen.
Die Schlüssigkeit der Begründung hat die Klägerin auch nicht dadurch in Frage gestellt,
dass sie rügt, ein im Unterrichtsentwurf enthaltener Grammatikfehler habe nur als
Vorwand für die schlechte Benotung gedient, da der Ausschuss sich im
Erklärungsnotstand befunden habe. Die Bewertung des Prüfungsausschusses stützt
sich nach dem Vorstehenden nicht auf diesen Punkt.
138
(3) Die Klägerin hat auch keine Bewertungsfehler im engeren Sinne dargelegt.
139
Soweit die Klägerin geltend macht: „Diese angelasteten gravierenden fachlichen
Mängel werden allerdings klägerseits bestritten" ist die Rüge unsubstantiiert, weil sie
nicht dargetan und belegt hat, warum die fachliche Kritik unzutreffend ist.
140
Soweit die Klägerin vorträgt, die auf ein Fehlen solider Textarbeit gerichtete Prüferkritik
sei unzutreffend, da die von ihr unterlassene Erläuterung des Begriffs „Felsenschlüfte"
im Gedicht „Sehnsucht" von Eichendorff
141
Im Protokoll Ziffer 3): „Möglichkeiten der Erklärung unbekannter Ausdrücke/ sprachliche
Vorentlastung" und „auch schienen manche Einzelstellen in ihrer sprachlichen
Bedeutung den Schülern nicht klar zu sein, weil genaue sprachliche Erklärungen
versäumt wurden".
142
das Unterrichtsgeschehen nicht beeinträchtigt habe, ist die Rüge unsubstantiiert. Nach
Auffassung der Klägerin sei ihr Vorgehen korrekt, weil es zu keinen
„Verständigungsschwierigkeiten auf Schülerebene" gekommen und der Begriff nicht
einmal im begleitenden Tafelanschrieb aufgeführt worden sei. Dies entkräftet die
Prüferkritik nicht, weil die Klägerin nicht dargelegt hat, dass der Verzicht auf die
geforderte Textarbeit fachlich vertretbar gewesen ist.
143
Auch soweit die Klägerin rügt, ihr sei zu Unrecht ein fachlicher Mangel hinsichtlich der
von ihr gewählten Interpretation des Gedichts vorgeworfen worden, weil sie sich auf
„gängige Interpretationen in der Fachliteratur gestützt" habe, ist ihre Rüge
unsubstantiiert. Denn sie hat es auf die - jedenfalls im Überdenkungsverfahren dezidiert
dargelegte Prüferkritik - unterlassen, unter Angabe entsprechender Fundstellen
nachzuweisen, dass ihr Interpretationsansatz tatsächlich vertretbar ist und vertreten
wird. Insoweit kommt - es anders als die Klägerin meint - durchaus auf einen
Theorienstreit an, vgl. § 59 Abs. Abs. 2 Satz 2 OVP 1997.
144
Damit geht zugleich ihr Einwand, sie habe eine nahezu 100-prozentige Umsetzung des
Tafelbildes erreicht, an der Prüferkritik vorbei, wonach dies infolge der gewählten
145
Interpretation ein unzureichendes Lernziel gewesen sei, und ist unschlüssig. Die Prüfer
haben insoweit klargestellt, dass die „Tafelbilderreichung" nur dann als positiv bewertet
werden kann, wenn zuvor klar und zutreffend formulierte Ziele gesetzt wurden.
Die weitere Rüge der Klägerin, es habe sich aus ihren Unterrichtsunterlagen ergeben,
dass sie auf die Unterscheidung zwischen „lyrischem Ich" und dem Autor „allergrößten
Wert" gelegt habe, ist ebenfalls unschlüssig. Sie geht hier auf die Prüferkritik nicht ein,
wonach sie im Anschluss an das Vorspielen der von einem männlichen Sprecher
vorgetragenen Gedichtaufnahme im Hinblick auf Schülerbeiträge nicht klargestellt habe,
dass es sich nicht um eine persönliche Erfahrung des Autors, sondern um ein
epochenthypisches Motiv gehandelt habe. Denn nicht ihre Unterrichtsunterlagen,
sondern der konkrete Unterrichtsverlauf und das tatsächliche Unterrichtsergebnis waren
Gegenstand der Kritik.
146
(4) Soweit die Klägerin darüber hinaus der Meinung ist, die - näher dargelegten
Kritikpunkte - hätten das Unterrichtsgeschehen nicht beeinträchtigt, ist die Rüge bereits
unschlüssig, da sie inhaltlich die Prüferkritik zugesteht. Im Übrigen handelt es sich um
den, der gerichtlichen Nachprüfung entzogenen Beurteilungsspielraum.
147
Dem Hilfsantrag bleibt gleichfalls der Erfolg versagt, weil weder rechtlich relevante
Mängel der Ausbildung noch eine Befangenheit der Prüfer dargetan ist.
148
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
149
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 1
und 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
150
151