Urteil des VG Düsseldorf vom 04.10.2001

VG Düsseldorf: grundstück, anbau, brücke, bach, wohnhaus, vollstreckung, wohngebäude, öffentlich, vollstreckbarkeit, bebauungsplan

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 4 K 253/01
Datum:
04.10.2001
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 253/01
Tenor:
Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 6.
Dezember 1999 und des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung
E vom 21. Dezember 2000 verpflichtet, dem Kläger auf seinen
Bauantrag vom 2. Juni 1999 die Baugenehmigung zur Erweiterung des
Wohnhauses auf dem Grundstück H-Straße 00a in E (G1) zu erteilen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von
2.000,-- DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in
entsprechender Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
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Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstückes in
der H-Straße 00a in E, G1. Unter dem 2. Juni 1999 stellte der Kläger einen Antrag auf
Erteilung einer Baugenehmigung für einen Anbau an das bestehende Wohngebäude
zur Wohnraumerweiterung der Wohnung im Erdgeschoss.
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Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 6. Dezember 1999 den Antrag mit der
Begründung ab, das Grundstück liege im Außenbereich und im
Landschaftsschutzgebiet. Der Eindruck der Bebauung innerhalb des
Landschaftsschutzgebietes solle nicht noch verstärkt werden.
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Der hiergegen eingelegte Widerspruch der Kläger vom 17. Dezember 1999 wurde mit
Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung E vom 21. Dezember 2000
zurückgewiesen. Der B bilde eine natürliche Grenze zwischen der H-Straße östlich und
dem westlich gelegenen Außenbereich. Das Wohngebäude des Klägers und die
südlich gelegenen Häuser seien eine isolierte Wohnbebauung westlich des Baches.
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Der Kläger hat am 10. Januar 2001 Klage erhoben. Er macht geltend, das
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Baugrundstück sei integrierter Bestandteil des im Zusammenhang bebauten Ortsteils
B1. Die Bebauung an der H-Straße selbst reiche ins Hintergelände bis zum B und auf
dem G1 darüber hinaus. Der Außenbereich beginne westlich der Straße „B2".
Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 6. Dezember 1999 und des
Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung E vom 21. Dezember 2000 zu
verpflichten, ihm auf seinen Bauantrag vom 2. Juni 1999 die Baugenehmigung zur
Erweiterung des Wohnhauses auf dem Grundstück H-Straße 00a in E (G1) zu erteilen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Einzelrichterin hat die Örtlichkeit am 18. September 2001 in Augenschein
genommen. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll des Ortstermins verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne
mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist begründet. Die Ablehnung des
Bauantrages ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5
VwGO). Der Kläger hat Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für den von ihm
geplanten Anbau an sein Wohnhaus.
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Rechtsgrundlage ist § 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW. Dem Vorhaben stehen öffentlich-
rechtliche Vorschriften des Bauplanungsrechts nicht entgegen. Die Zulässigkeit des
Bauvorhabens richtet sich nach § 34 BauGB. Einen qualifizierten Bebauungsplan für
das Flurstück gibt es nicht. Das Grundstück des Klägers liegt noch innerhalb des im
Zusammenhang bebauten Ortsteils B1. Das hat die Ortsbesichtigung ergeben. Der zu
den Häusern H-Straße 00a und 00b führende Weg ist beidseitig lückenlos bebaut. Der
dazu quer verlaufende B unterbricht den Bebauungszusammenhang nicht. Der Bach ist
aus westlicher Blickrichtung optisch überhaupt nicht und aus östlicher Sicht erst kurz vor
der Brücke wahrnehmbar. Die Brücke selbst ist als solche schon nicht ohne weiteres
erkennbar, weil sie einfach den Weg weiterführt. Zudem gibt es auf der Höhe der
Wohnhäuser Nr. 00a und 00b auf beiden Seiten keine Uferbepflanzung, der Bach wird
hier von den Gebäudeaußenmauern begrenzt. Demgegenüber befinden sich sowohl
südlich als auch nördlich der Zuwegung entlang des Baches hohe Bäume und
Sträucher. Zu dem Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit der
Bebauung dies- und jenseits des B trägt das dem Wohnhaus des Klägers direkt
gegenüber liegende alte Gebäude bei, das teilweise über den B hinüber ragt. Es ist
nach wie vor erkennbar, dass die rings um die Brücke gelegenen Häuser früher einmal
Teil der ehemaligen Mühle waren und zusammen gehörten. Von der H-Straße aus
gesehen schließt erst die Straße „B2" den bebauten Bereich optisch klar ab. Dahinter
liegen Wiesen und Felder. Warum nicht der B, sondern der B2 an dieser Stelle das
trennende Element bildet, erschließt sich bei der Betrachtung aus einer anderen
Richtung: Südlich des Wohnhauses Nr. 00b verläuft der Weg „B2" parallel zum B. Dort
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bilden Weg und Gewässer zusammen mit den hohen Bäumen eine natürliche, eindeutig
erkennbare Grenze zum Außenbereich. Dann verschwindet der Bach auf der Höhe des
Hauses Nr. 00b aus dem Blickfeld, während der Weg, gesäumt von Bäumen und
Sträuchern, in nördlicher Richtung weiterläuft. Dadurch übernimmt der Weg an dieser
Stelle die Grenzfunktion und rahmt die vorhandene Bebauung ein. Dieser Eindruck wird
dadurch verstärkt, dass auch die Gärten der nördlich des Grundstücks des Klägers
gelegenen Wohnhäuser über den B hinaus bis zum B2 reichen. Die Gebäude H-Straße
00a und 00b bilden keine isoliert zu betrachtenden Siedlungssplitter.
Das Bauvorhaben des Klägers fügt sich in den Bebauungszusammenhang ein. Der
Anbau bleibt hinter der Bebauungstiefe des Nachbarwohnhauses Nr. 00b zurück.
Gegen Art und Maß der Bebauung ist nichts zu erinnern. Der Landschaftsplan steht dem
Anbau nicht entgegen, da die grundsätzliche Bebaubarkeit gemäß § 34 BauGB
gegeben ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711
ZPO.
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