Urteil des VG Düsseldorf vom 13.08.2002

VG Düsseldorf: stadt, gebühr, minderung, datum, hygiene, verkehrssicherheit, amtsblatt, gemeinde, satzung, vollstreckung

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 16 K 8476/00
Datum:
13.08.2002
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
16. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 K 8476/00
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
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Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Hstraße 0/Lallee 00 in E, das mit 16 m
an die Lallee, 54 m an die Hstraße und 43 m an die Istraße grenzt. Durch Bescheid vom
12. Januar 2000 zog der Beklagte die Klägerin auf der Grundlage dieser Frontmeter zu
Straßenreinigungsgebühren für das Jahr 2000 in Höhe von insgesamt 7.912,80 DM
heran, und zwar für die 12-malige wöchentliche Reinigung der Lallee, die 7-malige
wöchentliche Reinigung der Hstraße und die 5-malige wöchentliche Reinigung der
Istraße bei einem Gebührensatz von 10,08 DM pro laufende Frontmeter multipliziert mit
der jeweiligen Anzahl der wöchentlichen Reinigungen.
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Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte durch Bescheid
vom 13. November 2000 als unbegründet zurück.
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Die Klägerin hat am 13. Dezember 2000 Klage erhoben. Sie trägt vor: Die
Heranziehung sei teilweise rechtswidrig, weil die Straßenreinigung im Jahr 2000 nicht
satzungsgemäß durchgeführt worden sei. Die Lallee sei nur sieben Mal wöchentlich,
nämlich einmal täglich zwischen 6.00 und 7.00 Uhr morgens (gleichzeitig mit der
Papierkorbleerung) gereinigt worden, die Hstraße und die Istraße jeweils in der Zeit vom
1. Januar bis 31. Oktober 2000 nur einmal wöchentlich und in der Zeit von November bis
Dezember 2000 nur drei Mal wöchentlich. Dies könne ihr Hausmeister, Herr T, als
Zeuge bestätigen. Der Beklagte könne deshalb nur Straßenreinigungsgebühren in
Höhe von insgesamt 2.432,64 DM verlangen.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
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den Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 12. Januar 2000 und dessen
Widerspruchsbescheid vom 13. November 2000 aufzuheben, soweit darin
Straßenreinigungsgebühren in Höhe von mehr als 2.432,64 DM festgesetzt worden
sind.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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In der mündlichen Verhandlung ist Beweis über die im Jahr 2000 durchgeführte
öffentliche Reinigung der Lallee, der Hstraße und der Istraße durch Vernehmung des
Zeugen T erhoben worden. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll
verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der
Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unbegründet.
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Der Heranziehungsbescheid des Beklagten ist im Umfang seiner Anfechtung
rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
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Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zu Straßenreinigungsgebühren für
das Jahr 2000 ist die Satzung über die Reinigung der öffentlichen Straßen in der Stadt E
vom 13. Dezember 1991 (E Amtsblatt Nr. 51 vom 21. Dezember 1991) in der Fassung
der 7. Änderungssatzung vom 21. Dezember 1999 (E Amtsblatt Nr. 51/52 vom 31.
Dezember 1999) - SRS -.
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Rechtliche Bedenken gegen die formelle und materielle Wirksamkeit dieser Satzung in
der genannten Fassung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere
entspricht der Gebührenmaßstab des § 6 SRS - Frontlänge des Grundstücks und Zahl
der wöchentlichen Reinigungen - den Anforderungen des § 3 des
Straßenreinigungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 1975
- GV NW S. 706 - mit späteren Änderungen (StrReinG) i.V.m. den Vorschriften des
Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG).
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Auf der Grundlage der SRS ist die Klägerin zu Recht zu den
Straßenreinigungsgebühren in der festgesetzten Höhe herangezogen worden.
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Die Klägerin kann auch keine Minderung der Gebühr wegen mangelhafter Erfüllung der
Reinigungspflicht der Stadt verlangen, wobei hier dahinstehen kann, ob ein solcher
Anspruch nicht nur im Wege einer Verpflichtungsklage - nach vorangegangenem
Verwaltungsverfahren - verfolgt werden könnte.
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Bei der Beurteilung, ob die satzungsgemäße und die Gebühr rechtfertigende
Reinigungsleistung erbracht ist, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen. Nicht jede
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Minderleistung der Gemeinde zieht einen Anspruch auf Gebührenermäßigung nach
sich, vielmehr muss eine Leistungsstörung von einem gewissen Gewicht vorliegen,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Mai 1994 - 9 A 199/94 -.
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Von einer die Gebührenerhebung ausschließenden oder zur Minderung der Gebühr
führenden Nicht- oder Schlechterfüllung der Reinigungspflicht der Gemeinde kann nur
gesprochen werden, wenn nach Art und Umfang erhebliche Mängel der Reinigung der
betreffenden Straße feststellbar sind,
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vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. März 1990 - 9 A 299/88 -
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einzelne Reinigungsausfälle in einem längeren Zeitraum reichen dazu nicht aus.
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Im vorliegenden Fall kann ein derartiger erheblicher Mangel der Straßenreinigung in
dem maßgeblichen Zeitraum nicht festgestellt werden.
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Der Beklagte hat für das gesamte Jahr 2000 sog. Kehrpläne vorgelegt. Diese enthalten
zum einen den für jedes Revier des jeweiligen städtischen Betriebshofes aufgestellten
Kehrplan im engeren Sinne, nämlich eine Aufstellung, an welchen Wochentagen
welche Straßen wie oft gereinigt werden sollen. Zum anderen wird in ihnen aber auch
die tatsächliche Durchführung der vorgesehenen Straßenreinigung dokumentiert: der
Leiter der jeweils eingesetzten Reinigungskolonne trägt darin handschriftlich das
jeweilige Datum und die Uhrzeiten der auf den einzelnen Straßen vorgenommenen
Reinigung sowie die Nummer des jeweils benutzten Reinigungsfahrzeugs und
gegebenenfalls die Reinigungsausfälle ein. Diesen Aufzeichnungen zufolge sind die
Lallee, die Hstraße und die Istraße im Jahr 2000 - abgesehen von sehr wenigen
Ausfällen - satzungsgemäß zwölf Mal bzw. sieben Mal bzw. fünf Mal wöchentlich
gereinigt worden, nämlich die Lallee jeweils von Montag bis Freitag zwei Mal täglich,
einmal zwischen 7.00 und 9.00 Uhr morgens und ein weiteres Mal zwischen 13.00 und
14.00 Uhr mittags, und je einmal samstags und sonntags zwischen 7.00 und 9.15 Uhr;
die Hstraße von Montag bis Sonntag je einmal täglich, und zwar montags bis freitags
zwischen 4.00 und 5.30 Uhr morgens und samstags und sonntags zwischen 7.00 und
9.30 Uhr morgens; die Istraße von montags bis freitags jeweils einmal täglich zeitlich
unmittelbar vor der Hstraße. Diese Kehrpläne mit ihren detaillierten und in sich
schlüssigen Aufzeichnungen sind grundsätzlich geeignet, dem Gericht die
Überzeugung von ihrer Richtigkeit zu vermitteln. Sie dienen der verwaltungsinternen
Kontrolle zum einen der geleisteten Arbeit des eingesetzten Reinigungspersonals und
zum anderen der Erfüllung der Reinigungsverpflichtung der Stadt, und sie sind von der
Wahrheit verpflichteten städtischen Bediensteten zeitnah erstellt, sodass
Manipulationen regelmäßig ausgeschlossen erscheinen. Für vernünftige Zweifel an
ihrer Richtigkeit bedarf es konkreter Anhaltspunkte. Solche bestehen im vorliegenden
Fall nicht. Die Aussage des als Zeuge vernommenen Herrn T, der u.a. im Jahr 2000 als
Hausmeister auf dem Grundstück der Klägerin tätig war, hat hierzu nichts erbracht. Er
hat bekundet, dass die Lallee im Jahr 2000 montags bis samstags jeweils einmal täglich
zwischen etwa 7.00 und 8.00 Uhr morgens von der Stadt gereinigt worden sei. Seine
Angaben stehen damit insoweit in Einklang mit den Eintragungen in den Kehrplänen.
Die nach den Kehrplänen durchgeführte zweite tägliche Reinigung von Montag bis
Freitag zwischen 13.00 und 14.00 Uhr hat der Zeuge nicht wahrnehmen können, weil er
zu dieser Zeit seine von 12.30 bis 14.30 Uhr dauernde Mittagspause hatte. Seine
Erklärung, diese zweite Reinigung könne nicht oder nur ganz selten stattgefunden
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haben, weil die Straßenpapierkörbe bei seiner Rückkehr aus der Mittagspause - noch -
voll gewesen seien, ist eine nicht gerechtfertigte Vermutung. Die Straßenpapierkörbe
wurden nämlich nur jeweils im Zuge der am Morgen durchgeführten Reinigung der
Lallee geleert, wie die Klägerin auch selbst vorgetragen hat, und konnten angesichts
des starken Fußgängerverkehrs auf dieser Straße mittags durchaus wieder gefüllt sein.
Die sonntägliche Reinigung der Lallee konnte der Zeuge nach eigenem Bekunden nicht
beobachten, weil er sonntags nicht gearbeitet hat. Hinsichtlich der Hstraße ist die
Aussage des Zeugen glaubhaft, soweit er mit ihr ausdrücken will, dass er eine
Reinigung nur samstags festgestellt hat, nicht aber, soweit er daraus den Schluss
gezogen hat, an den übrigen Wochentagen sei dort nicht gereinigt worden. Die nach
den Kehrplänen von montags bis freitags jeweils zwischen 4.00 und 5.30 Uhr morgens
vorgenommenen Reinigungen der Hstraße konnte der Zeuge nämlich gar nicht
beobachtet haben, weil seine Arbeitszeit an diesen Tagen erst um 6.30 Uhr begonnen
hatte. Zu der sonntäglichen Reinigung der Hstraße konnte der Zeuge aus eigener
Kenntnis aus den oben genannten Gründen ebenfalls nichts sagen. Seine Angabe, eine
solche Reinigung könne nicht stattgefunden haben, weil er am Montag (zu
Arbeitsbeginn) die Hstraße völlig verschmutzt angetroffen habe, ist lediglich eine
Vermutung, die nicht gerechtfertigt ist. Die Hstraße ist den Kehrplänen zufolge sonntags
zwischen 7.00 und 9.30 Uhr morgens gereinigt worden. Es ist angesichts des starken
Publikumsverkehrs auch auf dieser Straße anzunehmen, dass sie bis zum nächsten
Morgen wieder verschmutzt war. Die Aussage des Zeugen schließlich, die Istraße sei -
wie die Hstraße - jeweils am Samstag gereinigt worden, kann nur auf einem Irrtum
beruhen. Die Istraße ist nämlich satzungsgemäß und den Kehrplänen zufolge nicht nur
sonntags sondern auch samstags nie gereinigt worden. Was die Reinigungen dieser
Straße von montags bis freitags angeht, gilt das insoweit zu der Hstraße Gesagte
entsprechend; denn die Istraße ist nach den Kehrplänen an diesen Tagen jeweils
zeitlich vor der Hstraße gereinigt worden. Die allgemeine Aussage des Zeugen
schließlich, die Straßen könnten gar nicht so oft wie satzungsgemäß vorgesehen
gereinigt worden sein, weil sie oft unsauber gewesen seien, gibt ebenfalls keinen
Anlass, die in den Kehrplänen dokumentierte Reinigungshäufigkeit in Zweifel zu ziehen.
Die Vorstellung von Anliegern oder deren Bediensteten über die Sauberkeit der Straße
vor ihren Grundstücken weicht nämlich oftmals von dem ab, was die Stadt im Rahmen
ihrer Reinigungsverpflichtung zu leisten hat. Die öffentlich-rechtliche Pflicht zur
Straßenreinigung dient der Aufrechterhaltung von Verkehrssicherheit und Hygiene.
Unvollkommenheiten der Reinigung können erst dann nicht mehr hingenommen werden
- und zu Gebührenminderungen führen - wenn die Verunreinigung der Straße ein
solches Ausmaß erreicht, dass sie unter Gesichtspunkten der Verkehrssicherheit oder
Hygiene bedenklich wird.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Februar 1995 - 9 B 1969/94 -.
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Hierzu ist aber nichts vorgetragen.
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Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen
nicht vor.
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