Urteil des VG Düsseldorf vom 31.10.2008

VG Düsseldorf: eltern, stadt, einkünfte, versorgung, kapitalvermögen, vollstreckung, vertragsabschluss, aufwand, vollstreckbarkeit, gestaltung

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 24 K 4850/08
Datum:
31.10.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Kammer
Entscheidungsart:
Gerichtsbescheid
Aktenzeichen:
24 K 4850/08
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor
der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand:
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Die Kläger sind die Eltern des am 00.0.2005 geborenen Kindes D, der seit dem
1. August 2008 in der Städt. Tageseinrichtung für Kinder Istraße 102 in X betreut wird. In
der am 15. September 2005 unterzeichneten Anmeldung des Kindes kreuzten die
Kläger bei der gewünschten Betreuungsart "Kindergartenplatz" mit der
Regelbetreuungszeit von 7.30 Uhr bis 12.30 Uhr und von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr an. In
dem am 29. November 2007 mit der Einrichtung geschlossenen Betreuungsvertrag
wurde die Rubrik "die Betreuung schließt die Mittagszeit und die Inanspruchnahme
eines Verpflegungsangebotes des Trägers ein", mit nein angekreuzt.
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Ausweislich des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2007 erzielte der Kläger
zu 2. (Ehemann) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Bruttoarbeitslohn) in Höhe von
42.089,00 Euro sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 115,00 Euro. Als
Werbungskosten wurden 1.854,00 Euro bzw. 12,00 Euro festgesetzt. Die Klägerin zu 1.
(Ehefrau) erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Bruttoarbeitslohn) in Höhe
von 21.061,00 Euro sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 891,00 Euro. Als
Werbungskosten wurden 920,00 Euro bzw. 90,00 Euro festgesetzt. Dies ergibt nach
Abzug der Werbungskosten ein Gesamteinkommen von 61.280,00 Euro. In der
Gehaltsabrechnung des Klägers zu 2. ist für das Jahr 2007 ein Gesamtbruttobetrag von
45.991,32 Euro ausgewiesen.
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Durch Bescheid vom 25. Juni 2008 zog der Beklagte die Kläger ab dem 1. August 2008
zu einem monatlichen Elternbeitrag in Höhe von 152,00 Euro heran. Weiter heißt es, die
Beitragsfestsetzung erfolge aufgrund eines anrechenbaren Jahresbruttoeinkommens in
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Höhe von bis zu 71.000,00 Euro.
Am 4. Juli 2008 haben die Kläger Klage erhoben und machen geltend: Durch das
Kinderbildungsgesetz werde ihnen eine Auswahl für die Nutzung eines
Kindergartenplatzes von 25 Stunden, 35 Stunden und 45 Stunden wöchentlich
ermöglicht. Sie seien zu dem Entschluss gekommen, dass ein Kindergartenplatz von
25 Stunden wöchentlich für ihren Sohn ausreiche. Dass dies in der Tageseinsrichtung
nicht möglich sei, könne keine Rolle spielen. Denn es sei nicht erkennbar, dass X von
den Regelungen des Kinderbildungsgesetzes ausgenommen sei. Es sei zwar richtig,
dass im Betreuungsvertrag ein Betreuungsumfang von 35 Wochenstunden vereinbart
worden sei. Sie – die Kläger – seien jedoch nicht hinreichend über die verschiedenen
Möglichkeiten des Betreuungsumfanges und der daraus resultierenden Höhe der
Elternbeiträge aufgeklärt worden. Laut Auskunft einer Mitarbeiterin der Stadt X biete
keine städtische Kindertageseinrichtung in X einen Betreuungsumfang von 25 Stunden
an. Es sei daher nichts anderes übrig geblieben, als den Betreuungsvertrag zu
unterschreiben. Denn infolge Berufstätigkeit seien sie auf einen Kindergartenplatz
angewiesen. Außerdem sei es unzumutbar, einen Kindergartenplatz in umliegenden
Städten zu suchen. Es sei unrechtmäßig, die Eltern vor die Wahl stellen, entweder den
höheren Elternbeitrag für 35 Wochenstunden zu zahlen oder das Kind zu Hause zu
betreuen. Außerdem werde das Nachmittagsangebot von den meisten Eltern nicht
genutzt, weil damit ein Wechsel der Erzieher verbunden sei. Demgegenüber sei die
Umstellung des Betreuungsangebotes auf 25 Stunden pro Woche weder mit einer
Umstrukturierung der Kindergärten noch mit einem anderweitig hohen Aufwand
verbunden. Es würden sich lediglich die Beitragszahlungen ändern. Es sei
unverständlich, warum ein Betreuungsumfang von 25 Wochenstunden in der
Elternbeitragssatzung vorgesehen sei, obwohl es in der Stadt X dafür keine konkrete
Umsetzung gebe. Offenbar handele es sich lediglich um einen zusätzlichen Griff in ihre
Geldbörse.
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Die Kläger beantragen sinngemäß,
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den Elternbeitragsbescheid des Beklagten vom 25. Juni 2008 aufzuheben,
soweit ein 137,00 Euro monatlich übersteigender Elternbeitrag gefordert
werde.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er verweist auf den von den Klägern abgeschlossenen Betreuungsvertrag. Über die in
der Tageseinrichtung Istraße 102 bestehenden Betreuungsmöglichkeiten seien die
Kläger auch bei Vertragsabschluss unterrichtet worden. Ferner existiere dort ein
Aushang, mit dem die Erziehungsberechtigten über die angebotenen
Betreuungsmöglichkeiten nach Inkrafttreten des Kinderbildungsgesetzes informiert
worden seien. Der von den Klägern gewünschte Betreuungsumfang sei nicht
umsetzbar. Denn in der Tageseinrichtung Istraße 102 würden nur die
Betreuungsangebote über 25 Stunden bis unter 35 Stunden sowie über 35 Stunden
wöchentlich (d.h. einschließlich Übermittagsbetreuung) im Sinne einer
bedarfsgerechten Versorgung angeboten. Dass die Elternbeitragssatzung auch einen
geringeren Betreuungsumfang berücksichtige, beruhe darauf, dass sie nicht nur für die
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in der eigenen Trägerschaft der Stadt X geführten Einrichtungen, sondern für sämtliche
Tageseinrichtungen für Kinder in der Stadt X gelte. Die nichtstädtischen Träger von
Kindertageseinrichtungen seien in der Gestaltung ihrer Betreuungsangebote frei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Das Gericht kann durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Voraussetzungen des
§ 84 VwGO vorliegen und die Beteiligten hierzu gehört worden sind.
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Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Elternbeitragsbescheid des Beklagten
vom 25. Juni 2008 ist im angefochtenen Umfange rechtmäßig, § 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO.
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Er findet seine Ermächtigungsgrundlage in den Vorschriften des Gesetzes zur frühen
Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz – KiBiz -) i.V.m. den
Bestimmunen der seit dem 1. August 2008 geltenden Elternbeitragssatzung der Stadt X
(EBS). Gemäß § 23 KiBiz i.V.m. § 2 Abs. 1 EBS wird für die Betreuung von Kindern in
Kindertageseinrichtungen ein monatlicher Elternbeitrag erhoben und durch
Beitragsbescheid festgesetzt (§ 2 Abs. 2 EBS).
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Gemäß § 2 Abs. 3 EBS richtet sich der Elternbeitrag u.a. nach dem vertraglich
vereinbarten zeitlichen Betreuungsumfang. Dieser kann für noch nicht schulpflichtige
Kinder – wie den Sohn der Kläger – bis zu 25, 35 oder 45 Stunden wöchentlich
betragen.
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Ausweislich der von den Klägern am 15. September 2005 unterzeichneten Anmeldung
ihres Kindes D haben sie die Betreuungsart "Kindergartenplatz" mit der
Regelbetreuungszeit von 7.30 Uhr bis 12.30 Uhr und von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr
gewünscht. Danach beträgt der wöchentliche Betreuungsumfang 35 Stunden. Der von
den Klägern am 29. November 2007 unterzeichnete Betreuungsvertrag mit dem
Beklagten über die Betreuung von D in der Städt. Tageseinrichtung für Kinder
Istraße 102 umfasst die Betreuung in der Tageseinrichtung unter Ausschluss der
Mittagszeit.
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Die Kläger räumen selbst ein, im Betreuungsvertrag mit der Stadt X, der Trägerin der
Tageseinrichtung Istraße 102, den der Elternbeitragsfestsetzung zugrundeliegenden
Betreuungsumfang vereinbart zu haben. Sie wünschen aber eine geringere
Betreuungszeit.
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Eine Betreuung von 25 Stunden wöchentlich wird in der Tageseinrichtung Istraße 102
jedoch nicht angeboten. Dies ist rechtlich grundsätzlich auch nicht zu beanstanden.
Denn gemäß § 18 Abs. 2 Satz 5 KiBiz können Eltern beim Abschluss des Vertrages
zwischen den wöchentlichen Betreuungszeiten (25, 35 oder 45 Stunden, vgl. Anlage zu
§ 19 KiBiz) nur wählen, soweit diese als Ergebnis der kommunalen Jugendhilfeplanung
von der Einrichtung als bedarfsgerecht angeboten werden. Dies hat zur Folge, dass
Eltern gegebenenfalls auf eine andere Kindertageseinrichtung mit einem für sie
geeigneteren Betreuungsangebot zurückgreifen müssen. Dass es – anders als vom
Beklagten dargestellt ("im Sinne einer bedarfsgerechten Versorgung") - an einer
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wirksamen, die Tageseinrichtung Istraße 102 erfassenden, Bedarfsfeststellung fehlt,
haben die Kläger nicht behauptet. Deshalb bedarf es keines Eingehens auf die Frage,
ob dies für das Beitragserhebungsverfahren von Bedeutung wäre und ob überhaupt ein
subjektiver Rechtsanspruch der Eltern auf das Vorhalten eines bedarfsgerechten
Angebots an bestimmten Betreuungszeiten in Kindertageseinrichtungen besteht,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Juni 2008 – 12 B 799/08 –, zum Fehlen eines
solchen Rechtsanspruchs bei Plätzen für schulpflichtige Kinder in einer
Tageseinrichtung.
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Die Höhe des vom Beklagten auf der Grundlage des von den Klägern nachgewiesenen
Einkommens und des Betreuungsvertrags gemäß § 3 Satz 3 EBS i.V.m. der dazu
ergangenen Beitragstabelle festgesetzten monatlichen Elternbeitrags ist mit
152,00 Euro für die wöchentliche Betreuungszeit von 35 Stunden nicht zu beanstanden.
Die Festsetzung als solche wird von den Klägern auch nicht angegriffen. Ob der
Beklagte zu Recht – anders als das Finanzamt im Einkommenssteuerbescheid für 2007
– beim Kläger zu 2. von dem (höheren) Bruttojahreseinkommen von 45.991,32 Euro
ausgegangen ist, bedarf keiner Vertiefung, weil davon die Einkommensstufe ("über
60.000,00 Euro bis 71.000,00 Euro") unberührt bleibt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach §§ 84 Abs. 1 Satz 3, 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711
ZPO erfolgt.
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