Urteil des VG Düsseldorf vom 27.04.2005

VG Düsseldorf: satzung, kreis, sozialhilfe, unterbringung, unterkunftskosten, gesetzesänderung, vollstreckung, pflege, beratung, gewalt

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 20 K 6034/03
27.04.2005
Verwaltungsgericht Düsseldorf
20. Kammer
Urteil
20 K 6034/03
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird
nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn
nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Erstattung von Sozialhilfeleistungen, die der Klägerin für Frau
A sowie ihre minderjährige Tochter A1 entstanden sind.
Frau A, die mit ihrer Tochter und ihrem damaligen Ehemann Leistungen vom Sozialamt der
Beklagten erhielt, begab sich wegen häuslicher Gewalt mit ihrer Tochter am 19. Juni 2001
in das Frauenhaus in F, wo sie bis zum 30. September 2001 verblieben. In dieser Zeit
erhielten sie ununterbrochen laufende Hilfe zum Lebensunterhalt vom Sozialamt der
Klägerin. Dann verzogen sie nach F1.
Mit Schreiben vom 21. Juni 2001 teilte die Klägerin der Beklagten die Aufnahme der
Hilfeempfängerinnen ins Frauenhaus mit und bat um Erteilung eines
Kostenanerkenntnisses nach § 107 BSHG. Nach verschiedenen weiteren Schreiben
erkannte die Beklagte mit Schreiben vom 31. Juli 2002 ihre Verpflichtung zur
Kostenerstattung gemäß § 107 BSHG dem Grunde nach an und bat um genaue Aufstellung
der Aufwendungen und der anrechnungsfähigen Einnahmen. Unter dem 28. August 2002
übersandte die Klägerin der Beklagten eine Aufstellung ihrer Aufwendungen und bat um
Erstattung der nach dieser Aufstellung getätigten Aufwendungen in Höhe von 3.027,56
Euro (5.921,39 DM).
Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die in der Aufstellung enthaltenen
Unterkunftskosten für sie in keiner Weise nachvollziehbar seien und bat um konkrete
Angaben zur Finanzierung, Auslastung und zum Hilfeangebot des Frauenhauses. In der
sich daran anschließenden Korrespondenz ermäßigte die Klägerin wegen eines
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Rechenfehlers den geforderten Betrag auf 5.881,39 DM und machte im übrigen geltend, der
Trägerverein des Frauenhauses F habe für jede untergebrachte Person in der fraglichen
Zeit Unterkunfts- und Nutzungskosten in Höhe von 26,33 DM täglich erhoben. Diese
Kosten seien auch im Falle der Frau A und ihrer Tochter tatsächlich angefallen. Selbst
wenn die Kosten unangemessen sein sollten, sei eine Senkung für Frau A und ihre Tochter
nicht möglich gewesen, so dass sie auch in tatsächlicher Höhe hätten übernommen
worden müssen. Mit Schreiben vom 13. Januar 2003 hatte der Kreis F der Beklagten
geschrieben, dass das Frauenhaus vom Verein ​G" betrieben werde. Da dieses Objekt von
der öffentlichen Hand unterstützt werde, obliege es dem Kreis, jährlich das
Betriebsergebnis zu prüfen, um in der Folge sowohl die Unterkunfts- als auch die
Nutzungskosten zu ermitteln und festzustellen. Die Stadt F lasse dann diese Zahlen in die
Hilfeberechnung einfließen. Die Beklagte verblieb bei ihrer Auffassung, dass ohne die
erbetenen Angaben die Unterkunftskosten nicht nachvollziehbar und im übrigen
unangemessen hoch seien, und lehnte die Erstattung ab.
Darauf hat die Klägerin am 10. September 2003 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie
unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ihre Erstattungsforderung
weiterverfolgt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die in der Zeit vom 19. Juni 2001 bis
einschließlich 30. September 2001 für Frau A, geb. am 0. Juli 0000, und ihre Tochter A1,
geb. am 00. November 0000, aufgewendeten Sozialhilfekosten in Höhe von 3.007,11 Euro
(5.881,39 DM) gemäß § 107 BSHG zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung beruft sie sich auf ihr bisheriges Vorbringen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie
die Verwaltungsvorgänge der Parteien ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage, die auf Verurteilung der Beklagten zur Erstattung eines Betrages von 3.007,11
Euro für an Frau A und ihre Tochter in der Zeit vom 19. Juni 2001 bis einschließlich 30.
September 20021 geleistete Sozialhilfezahlungen gerichtet ist, ist als allgemeine
Leistungsklage zulässig, aber unbegründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte
Anspruch gegen die Beklagte nicht zu.
Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 107 des
Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. März
1994 (BGBl. I S. 646, ber. 2975). Durch Art. 68 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 des Gesetzes zur
Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch (BGBl. I S. 3022) wird das
Bundessozialhilfegesetz - mit Ausnahme weniger hier nicht einschlägiger Vorschriften -
aufgehoben. Zwar ist gemäß Art. 70 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 des vorgenannten Gesetzes zum 1.
Januar 2005 das Zwölfte Buch des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - (SGB XII) in Kraft
getreten. Dieses enthält jedoch keine § 107 BSHG entsprechende Regelung mehr. Indes
lässt diese Gesetzesänderung einen nach § 107 BSHG einmal begründeten Anspruch
unberührt.
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Weder das vorgenannte Gesetz noch das SGB XII enthält eine Übergangsregelung. Bei
fehlender Übergangsregelung sind für die Ermittlung des jeweiligen Geltungsbereichs
einer Norm die Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts heranzuziehen.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 8. März 2001 - 16 A 1909/00 - , FEVS 53, 185; OVG Weimar,
Beschluss vom 29. Januar 2004 - 3 ZKO 219/01 -, FEVS 56, 23, OVG Rheinland-Pfalz,
Urteil vom 11. März 1997 - 6 A 10700/96 -, juris.
Danach gelten Rechtsänderungen im Regelfall mit sofortiger Wirkung ab deren In-Kraft-
Treten und unabhängig davon, wie die Materie bisher geregelt war, für die Zukunft. Dieser
Grundsatz der Sofort-Wirkung und Nicht-Rückwirkung wird allerdings durch den Grundsatz
ergänzt, dass bereits verwirklichte Tatbestände von Rechtsänderungen nicht berührt
werden, nach dem also die Beurteilung eines Sachverhalts sich grundsätzlich immer,
insbesondere auch für in der Vergangenheit liegende oder eingetretene Tatsachen, nach
dem Recht richtet, das im entsprechenden Zeitpunkt in Geltung war. Aufgehobene
(materiell-rechtliche) Rechtsvorschriften bleiben dementsprechend auf bei In-Kraft-Treten
der Rechtsänderung bereits geregelte, abgeschlossene Tatbestände bzw. bereits
abgewickelte Rechtsverhältnisse anwendbar,
Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O. - m.w.N.; OVG NRW a.a.O..
Abgeschlossen sind einmal alle Erstattungsverhältnisse, in denen über den
Erstattungsanspruch endgültig entschieden oder dieser definitiv festgestellt oder
abgewickelt ist. Das ist hier nicht Fall. Abgeschlossen sind aber auch solche
Erstattungsverhältnisse, in denen - bezogen auf den vorliegenden Fall - vor dem 1. Januar
2005 die Leistungserbringung geendet hat und zugleich wegen der früher geltenden
Rechtslage feststand, ob ein Erstattungsanspruch gegeben war, d.h. ob die gesetzlichen
Tatbestandsmerkmale des § 107 BSHG bereits erfüllt waren. Vorliegend war das
Leistungsverhältnis beendet. Die Beklagte hatte ihre Erstattungspflicht dem Grunde nach
auch bereits anerkannt. Streit besteht nur hinsichtlich der Höhe der Unterkunftskosten.
Auch insoweit lagen aber alle Tatbestandsmerkmale vor, unabhängig davon, ob die
Parteien darüber streiten.
Auch aus Sinn und Zweck der Gesetzesänderung kann nicht entnommen werden, dass
ausnahmsweise etwas anderes gelten soll. Das SGB XII übernimmt im wesentlichen die
Kostenerstattungsreglungen des bisherigen Abschnitts 9 des BSHG. Für die bisherige
Regelung der Kostenerstattung bei Umzug, § 107 BSHG, wurde jedoch im Hinblick auf den
in der Hilfe zum Lebensunterhalt verbleibenden kleinen Kreis der Nichterwerbsfähigen
keine Notwendigkeit mehr gesehen,
vgl. hierzu Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 106 Rz 11.
Gemäß § 107 Abs. 1 BSHG ist, wenn eine Person vom Ort ihres bisherigen gewöhnlichen
Aufenthalts verzieht, der Träger der Sozialhilfe des bisherigen Aufenthaltsortes verpflichtet,
dem nunmehr zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe die dort erforderlich werdende
Hilfe außerhalb von Einrichtungen im Sinne des § 97 Abs. 2 Satz 1 zu erstatten, wenn die
Person innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel der Hilfe bedarf.
Frau A hat sich mit ihrer Tochter von X, dem Ort ihres bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts
am 19. Juni 2001 in das Frauenhaus in F begeben, wo beide bis zum 30. September 2001
blieben und dort ihren neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründeten. Dies ist zwischen den
Parteien auch nicht streitig, vielmehr hat die Beklagte - als örtlicher Träger der Sozialhilfe -
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ihre Kostenerstattungspflicht gemäß § 107 BSHG dem Grunde nach auch anerkannt. An
ihrem neuen Aufenthaltsort bedurften Frau A und ihre Tochter sofort der Hilfe, die ihnen
auch gewährt wurde. Auch das ist zwischen den Parteien unstreitig.
Die Hilfe ist zudem - auch soweit es sich um die Kosten für die Unterbringung im
Frauenhaus handelt - außerhalb von Einrichtungen im Sinne von § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG
erbracht worden. Nach § 97 Abs. 4 BSHG sind Anstalten, Heime oder gleichartige
Einrichtungen im Sinne des Absatzes 2 alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung
oder sonstigen in diesem Gesetz vorgesehenen Maßnahmen oder der Erziehung dienen.
Frauenhäuser können (nur dann) im Einzelfall Einrichtungen im Sinne von § 97 Abs. 4
BSHG sein, wenn sie eine intensive Gesamtbetreuung durch Fachkräfte bieten, d.h. wenn
Pflege, Behandlung oder sonstige im Bundessozialhilfegesetz vorgesehene Maßnahmen
im Rahmen eines Volltagsaufenthalts bei ständig präsentem, fachlich qualifizierten
Betreuungspersonal dargeboten werden. Konzeptionell bieten aber in der Regel
Frauenhäuser den Aufgenommenen lediglich zeitlich begrenzt Unterkunft, Schutz und -
soweit gewünscht - persönliche Hilfe und Beratung unter absoluter Wahrung der
Selbstständigkeit der Frauen an, die sich innerhalb des Hauses selbst versorgen und auch
eventuell mitgebrachte Kinder eigenverantwortlich erziehen und betreuen,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. März 2000 - 16 A 3189/99,
d.h. dass neben der Bereitstellung einer Unterkunft persönliche Hilfe und unterstützende
Beratung in einer besonderen Lebenslage - bei ansonsten ​freier" Lebensführung -
angeboten wird. Dabei handelt es sich üblicherweise um ein Angebot, dass freiwillig
angenommen werden kann und nicht rund um die Uhr verfügbar ist. Dies reicht für die
Bejahung des Anstaltscharakters nicht aus; solche Maßnahmen könnten auch durch
ambulante Betreuung sichergestellt werden,
vgl. hierzu W.Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl. 2002, § 97 Rz. 103.
Hier liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor und es wird von den Parteien auch nichts
dafür geltend gemacht, dass es im Frauenhaus F anders gewesen wäre als üblich.
Die erforderlich werdende Hilfe ist dem nunmehr zuständigen örtlichen Träger zu erstatten.
Dies ist hinsichtlich der Hilfe für die Unterbringung im Frauenhaus jedoch nicht die
Klägerin. Örtlicher Träger der Sozialhilfe für den Ort der geleisteten Hilfe ist der Kreis F.
Allerdings hat dieser bestimmte Aufgaben durch Delegationssatzung gemäß § 96 BSHG
i.V.m. § 3 AG-BSHG auf die Gemeinden übertragen. Danach kann die Klägerin nur
zuständiger ​örtlicher Träger" sein, soweit es sich bei der geleisteten Hilfe um Hilfe zum
Lebensunterhalt handelt (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Satzung). Hingegen ist der Kreis
F zuständiger örtlicher Träger, soweit es sich um eine Hilfe nach § 27 Abs. 2 BSHG handelt
(§ 2 Nr. 2.6 der Satzung).
Soweit es die Kosten für die Unterbringung im Frauenhaus betrifft, ist aber Hilfe in
besonderen Lebenslagen im Sinne des § 27 Abs. 2 BSHG geleistet worden. Hilfe zum
Lebensunterhalt ist nur hinsichtlich der regelsatzmäßigen Leistungen gewährt worden.
Nach § 27 Abs. 2 BSHG kann Hilfe auch in anderen besonderen Lebenslagen gewährt
werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Geldleistungen können als
Beihilfe oder als Darlehen gewährt werden. Unter diese Vorschrift können auch individuelle
Hilfen für misshandelte Frauen und Kinder fallen, die sich in Frauenhäusern aufhalten,
soweit es sich nicht um einen Bedarf handelt, der im Rahmen der Hilfe zum
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Lebensunterhalt abgedeckt werden kann,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. März 2000 - 16 A 3189/99 -; W.Schellhorn/H. Schellhorn,
a.a.O., § 27 Rz. 16.
Wie vorstehend bereits ausgeführt sind Frauenhäuser im Regelfall keine Einrichtungen im
Sinne von § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG. Sie sind aber Zufluchtstätten für Frauen, die
psychischer oder physischer Gewalt durch ihren Ehemann oder Partner ausweichen und
neue Lebensorientierung suchen. Bei der Unterbringung im Frauenhaus geht es nicht
allein um die Sicherstellung des Lebensunterhaltes. Allein die Gewährung von Hilfe zum
Lebensunterhalt reicht deshalb zur Deckung des Bedarfs nicht aus. Vielmehr soll der Frau
in einer besonderen Lage persönliche Hilfe zukommen, es soll ihr Gelegenheit gegeben
werden, eine Zuflucht zu finden; ferner findet sie im Frauenhaus Ansprechpartner für ihre
besondere Lebenslage und ggf. auch Betreuung für sich und die Kinder.
Vgl. Urteil der Kammer vom 22. November 2000 - 20 k 211/98 -; Münder in LPK-BSHG, 5.
Auflage, § 27 RdNr. 9 f.
Hiervon ist mangels entgegenstehender Äußerungen der Beteiligten auch im vorliegenden
Falle auszugehen. Im übrigen spricht für eine derartige Ausgestaltung der Hilfe auch der
vom Frauenhaus in Rechnung gestellte Tagessatz.
Soweit die Klägerin aber für die Leistungsgewährung nicht zuständig war, kann sie auch
ihre Erstattung nicht in eigenem Namen geltend machen.
§ 3 der Satzung regelt für die Verfolgung der dort genannten Ansprüche, dass die
Delegationsgemeinden diese Ansprüche in eigenem Namen in dem Umfang verfolgen, in
dem ihnen die Durchführung der Sozialhilfeaufgaben durch Satzung übertragen ist. § 4 der
Satzung für Kostenerstattungsverfahren enthält eine gesonderte Regelung. Aus § 4 Absatz
1 Satz 1 der Satzung ergibt sich zunächst, dass Kostenerstattungsverfahren nach Abschnitt
9 des BSHG vom örtlichen Träger unter Beteiligung der Gemeinden durchgeführt werden.
Absatz 2 1. Hs. bestimmt, dass Absatz 1 Satz 1 nicht für die Städte F und N gilt. Das
bedeutet aber nicht, dass die Erstattungsansprüche bei diesen Städten vom Kreis
durchgeführt werden, sondern dass diese die Ansprüche selbst verfolgen. Das ergibt sich
aus dem 2. Halbsatz von Absatz 2, wonach die Richtlinienkompetenz und
Weisungsbefugnis des örtlichen Trägers hiervon unberührt bleibt. Eine Regelung aber des
Inhaltes, dass auch die von diesen Gemeinden unzuständigerweise erbrachten
Sozialhilfeleistungen von ihnen im Kostenerstattungsverfahren in eigenem Namen geltend
gemacht werden können, ist der Satzung nicht zu entnehmen. Vielmehr ist davon
auszugehen, dass entsprechend der Regelung in Satz 3 der Satzung eine Verfolgung von
Erstattungsansprüchen nach § 107 BSHG durch die Klägerin nur in dem Umfang in
Betracht kommt, in dem ihr auch die entsprechenden Aufgaben übertragen sind.
Mithin ist die Klägerin zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs für die Kosten der
Unterbringung im Frauenhaus nicht aktivlegitimiert. Soweit sie allerdings aktivlegitimiert ist,
die Kosten für die geleistete Hilfe zum Lebensunterhalt in Gestalt der Regelsätze, des
Mehrbedarfs und einmaliger Beihilfen geltend zu machen - Anhaltspunkte dafür, dass die
Hilfe insoweit nicht dem Gesetz entspricht, vgl. § 111 Abs. 1 BSHG, werden nicht geltend
gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich - scheitert der Anspruch an § 111 Abs. 2
BSHG. Nach Satz 1 dieser Vorschrift sind Kosten unter 2560 Euro bezogen auf einen
Zeitraum der Leistungsgewährung von bis zu zwölf Monaten, außer in dem hier nicht
vorliegenden Fall einer vorläufigen Leistungsgewährung nach § 97 Abs. 2 Satz 3, nicht zu
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erstatten. Satz 2 zufolge gilt die Begrenzung auf 2560 Euro, wenn - wie hier - die Kosten für
die Mitglieder eines Haushaltes im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz zu erstatten sind,
abweichend von Satz 1 für die Mitglieder des Haushaltes zusammen. Ausweislich der
Zahlungsaufstellung der Klägerin hatten Frau A und ihre Tochter in der fraglichen Zeit
einen Bedarf an Hilfe zum Lebensunterhalt (Regelsätze, Mehrbedarf, einmalige Beihilfen)
in Höhe von 2.800,20 DM, das sind 1431,72 Euro. Selbst wenn man von Erstattungen und
dem Kindergeld in Höhe von insgesamt 1.321,00 DM nichts hierauf anrechnet, bleiben die
Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt unterhalb der Bagatellgrenze und sind somit
nicht zu erstatten. Zwar hat die Klägerin mit insgesamt 5.881,39 DM (3.077,11 Euro) höhere
Leistungen erbracht. Das Erbringen von Leistungen, für deren Gewährung die Klägerin
nicht zuständig war, die sie mithin ohne Rechtsgrundlage geleistet hat, kann aber
ersichtlich nicht dazu führen, dass die Klägerin die die Bagatellgrenze nicht erreichenden
Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt erstattet bekommt.
Zuletzt sei noch angemerkt, dass die mit Schreiben vom 31. Juli 2002 durch die Beklagte
dem Grunde nach anerkannte Erstattungspflicht am Ergebnis nichts ändert. Eine Bindung
dergestalt, dass sie gleichwohl verpflichtet ist, die erbrachten Leistungen zu erstatten, ergibt
sich hieraus nicht. Vieles spricht dafür, dass ein solches gesetzlich nicht weiter geregeltes
Anerkenntnis schon nicht konstitutiv ist und jederzeit widerrufen werden kann.
W.Schellhorn/H.Schellhorn, a.a.O., § 112 Rz. 17; Zentrale Spruchstelle, Entscheidung vom
12. September 1973, B 107/69, Eug 27, 1.
Im übrigen kann eine wie auch immer geartete Bindung nicht weiter gehen als der objektiv
zum Ausdruck gekommene Erklärungswille. Hier handelt es sich um eine Erklärung dem
Grunde nach. Die Beklagte bestreitet ihre grundsätzliche Verpflichtung auch gar nicht.
Gestritten wird um die Höhe der zu erstattenden Leistungen. Hierzu wollte die Beklagte mit
ihrem Anerkenntnis ersichtlich nicht auf spätere Einwendungen verzichten.
Die Klage war demnach in vollem Umfang abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 2. Halbsatz VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m.
§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.