Urteil des VG Düsseldorf vom 15.10.2008

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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 13 L 1033/08
Datum:
15.10.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
13. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
13 L 1033/08
Schlagworte:
Führungskraft verheiratet
Normen:
ZPO § 42 Abs 2
Tenor:
Die in der Anzeige vom 23. September 2008 mitgeteilten Tatsachen
rechtfertigen die Besorgnis der Befangenheit der Richterin am Ver-
waltungsgericht T.
Gründe:
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I.
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Richterin am Verwaltungsgericht T hat sich unter dem 23. September 2008 wie folgt
dienstlich geäußert: "Der vorliegende Rechtsstreit richtet sich gegen die C Universität X,
die hierin von ihrem Kanzler vertreten wird. Mein Ehemann, Professor Dr. T, ist seit 1.
September 2008 als Prorektor für Forschung, Drittmittel und Graduiertenförderung
Mitglied des Rektorats der C Universität X. Da der Kanzler ebenfalls dem Rektorat
angehört, arbeitet mein Ehemann in verschiedenen Bereichen der
Universitätsverwaltung mit ihm zusammen. Außerdem hat mein Mann in seiner Funktion
als Prorektor für Forschung, Drittmittel und Graduiertenförderung Kontakte zu
Mitgliedern der Verwaltung der C Universität X, die in diesem Bereich tätig sind.
Vorgesetzter dieser Personen ist wiederum der Kanzler. Vor diesem Hintergrund halte
ich es für möglich, dass die Tätigkeit meines Ehemannes im Rektorat der
Antragsgegnerin als Gründe angesehen werden, die meine Ablehnung im Verfahren
rechtfertigen könnten."
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Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
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II.
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Die in der Anzeige vom 23. September 2008 mitgeteilten Tatsachen rechtfertigen die
Besorgnis der Befangenheit der Richterin am Verwaltungsgericht T.
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Ein Richter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn er von
einem Verhältnis Anzeige macht, das geeignet ist, Misstrauen gegen seine
Unparteilichkeit zu rechtfertigen, § 54 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
i.V.m. §§ 48, 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Befangen im Sinne der genannten
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i.V.m. §§ 48, 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Befangen im Sinne der genannten
Bestimmung ist ein Richter dann, wenn vom Standpunkt eines Beteiligten aus gesehen
hinreichend objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände
Anlass geben, an seiner Unparteilichkeit zu zweifeln. Die rein subjektive Besorgnis, für
die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht zur
Ablehnung nicht aus. Auch ist nicht maßgebend, ob der Richter sich selbst für befangen
hält oder ob er tatsächlich befangen ist.
Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 9. Mai 2003 – 2 AV 1/03, 2 AV 2/03, 2
AV 3/03 –, Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 63, mit weiteren Nachweisen aus der
Rechtsprechung.
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Hier liegen Umstände vor, die die Besorgnis der Befangenheit als begründet erscheinen
lassen.
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Gründe, die Anlass geben, an der Unparteilichkeit des Richters zu zweifeln, sind nahe
persönliche oder geschäftliche Beziehungen oder Kontakte zu einer am
Gerichtsverfahren beteiligten Partei. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Richter
mit einer bei der Partei oder einem verbundenen Unternehmen tätigen Führungskraft
verheiratet ist.
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Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Dezember 1994 – I ZR 121/92 –, juris Rdnr. 31.
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Ähnlich liegt der Sachverhalt im vorliegenden Rechtsstreit, so dass im Ergebnis
dasselbe gilt.
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Der Ehemann von Richterin am Verwaltungsgericht T hat enge berufliche Kontakte zu
der Antragsgegnerin. Als Prorektor ist er zwar nicht für die Ernennung der beamteten
weiteren Mitarbeiter zuständig. Vielmehr ist das Sache des Kanzlers, der auch deren
Dienstvorgesetzter ist und den Rektor zudem in Rechts- und
Verwaltungsangelegenheiten vertritt, §§ 14 Abs. 2, 18 Abs. 1 Satz 2, 33 Abs. 2 Satz 2
und Abs. 3 Satz 3, 47 Abs. 2 Hochschulgesetz (HG). Die Prorektoren gehören jedoch
dem Rektorat an, das die Hochschule leitet, § 16 Abs. 1 Satz 1 HG. Damit stehen sie
auch in enger beruflicher Beziehung insbesondere zum Kanzler, der ebenfalls dem
Rektorat angehört, und sind sie Führungskräften in einem gewerblichen Unternehmen
vergleichbar.
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Da die in der Anzeige vom 23. September 2008 mitgeteilten Tatsachen die Besorgnis
der Befangenheit der Richterin am Verwaltungsgericht T rechtfertigen, ist sie von der
Mitwirkung am Verfahren ausgeschlossen.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 146 Abs. 2 VwGO.
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