Urteil des VG Düsseldorf vom 28.09.2010

VG Düsseldorf (anlage, kläger, stand der technik, standort der anlage, zulassung, mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit, rohrleitung, betrieb, inbetriebnahme, leben)

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 17 K 3996/09
Datum:
28.09.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
17. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
17 K 3996/09
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden
Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger
vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Kläger wenden sich gegen die der Beigeladenen erteilten Zulassung des
Hauptbetriebsplans für die Gewinnung von Grubengas im Grubengasfeld C-C1.
1
Der Kläger zu 1. ist Eigentümer des Grundstücks E, G1 mit der postalischen Adresse
Tstraße 36b in E. Die Kläger zu 2. und zu 3. sind jeweils zur Hälfte Eigentümer des
Grundstücks E, G2 mit der postalischen Adresse Tstraße 54i in E.
2
Mit Schreiben vom 30. Mai 2008 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die
Zulassung des bergrechtlichen Hauptbetriebsplans für eine Grubengasförderstation in
E-C.
3
Zur Gewinnung des Grubengases aus dem C1er Feld soll unmittelbar neben dem
Blindschacht a ein Bohrloch bis zu einer Tiefe von rund 640 m abgeteuft und eine
stationäre Grubengasgewinnungsanlage errichtet und betrieben werden. Die
Grubengasgewinnungsanlage fördert das Grubengas zur Grubengasverwertungsanlage
und erzeugt den für die Verwertung benötigten Gasvordruck. Als Standort der
Verdichterstation ist das Grundstück G3 am C2weg vorgesehen, das Bohrloch soll auf
dem hinteren Teil des an der Tstraße gelegenen G4 errichtet werden.
4
Der geplante Standort des Bohrlochs ist von der Grenze zum Grundstück des Klägers
zu 1. etwa 50 m und vom Grundstück der Kläger zu 2. und 3. etwa 120 Meter entfernt.
Die Verdichterstation soll nordöstlich des geplanten Bohrlochs am selben Standort wie
das von der Beigeladenen geplante Grubengaskraftwerk errichtet werden. Der geplante
Standort der Verdichterstation liegt in einem Abstand von 220 m von der Grenze des
5
Grundstücks des Klägers zu 1. und in einem Abstand von 210 m vom Grundstück der
Klägerin zu 2. und des Klägers zu 3. entfernt.
Der Hauptbetriebsplan für die Gewinnung von Grubengas im Grubengasfeld C-C1 in E-
C der Beigeladenen wurde mit Bescheid vom 13. Mai 2009 zugelassen. Die Zulassung
wurde im Wesentlichen damit begründet, die zur Errichtung und zum Betrieb beantragte
Anlage halte die in den Grubengasgewinnungs-Richtlinien normierten Anforderungen
ein. Es handele sich um eine Gewinnungseinrichtung in Modulbauweise, wie sie
bauartgleich an vielen Standorten im Ruhrgebiet eingesetzt werde. Bei keiner dieser
Anlagen sei es bisher im langjährigen Betrieb zu sicherheitlich bedeutsamen
Ereignissen gekommen. Insbesondere seien keine Explosionen aufgetreten. Unter
anderem durch die Festsetzung der Nebenbestimmung Nr. 1 sei sichergestellt, dass die
Anlage nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik ohne Gefahren für die
öffentliche Sicherheit und Ordnung errichtet und betrieben werden könne. Zum Schutz
der Anwohner vor Lärm seien in Nebenbestimmung Nr. 2 Immissionswerte festgesetzt
worden. Nach der für die Grubengasverwertung erstellten Umweltverträglichkeitsstudie
könne die Gewinnungsanlage ohne Gefahr für die Anwohner, die Beschäftigten und die
Umwelt errichtet und betrieben werden.
6
Im Juni 2009 wurde auf Seite 11 der Zulassung der Abstand des Verdichters zur
Wohnbebauung von 250 Meter in 170 Meter geändert.
7
Nach Angaben der Kläger ist ihnen der Bescheid vom 13. Mai 2009 am 15. Mai 2009
zugegangen.
8
Die Kläger haben am 15. Juni 2009 Klage erhoben. Sie sind der Ansicht, der
angefochtene Bescheid sei bereits formell rechtswidrig. Die Antragsunterlagen seien
unvollständig gewesen, da ihnen nicht zu entnehmen sei, welches Vorhaben die
Beigeladene zu realisieren beabsichtige. Auch fehle in der Beschreibung der geplanten
Gewinnungsanlage der Teil zwischen dem Bohrlochmund (dem oberen Ende) und dem
Bohrlochtiefsten (dem unteren Ende des Bohrlochs). Nach den Anforderungen zum
Brand- und Explosionsschutz für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur
Gewinnung von Grubengas auf der Grundlage eigenständiger Bergbauberechtigungen
auf Kohlenwasserstoffe (Grubengasgewinnungs-Richtlinien) vom 13. März 2002
umfasse eine Grubengasgewinnungsanlage jedoch auch diesen Teil, so dass er in den
Unterlagen hätte dargestellt werden müssen. Auch sei der für die Beurteilung der
Sicherheitsbelange relevante Höhenverlauf der Grubengasleitung nicht dargestellt. Dies
sei jedoch erforderlich, weil in der Tiefbohrverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen
(BVOT) Anforderungen auch an die Leitungstrasse gestellt würden. Ohne hinreichend
konkrete Darstellung des geplanten Vorhabens könne nicht geprüft werden, ob die
Bestimmungen der BVOT eingehalten seien. Die Antragsunterlagen hätten zudem keine
prüffähige Beschreibung einer Anlage, sondern lediglich eine Beschreibung einer
denkbaren Anlagenkonfiguration enthalten. Der Hauptbetriebsplan beinhalte nur einen
skizzenhaften Lageplan. Der fehlende Maschinenaufstellplan werde weder durch das
von der Beklagten angesprochene Rohrleitungs- und Instrumentenfließbild (R&I-
Fließbild) noch durch die Ansicht der Containeranlage ersetzt, da auf der Grundlage
derart unscharfer Angaben die Auswirkungen des Vorhabens nicht beurteilt werden
könnten. Wesentliche planbedingte Auswirkungen auf Dritte seien aus den
eingereichten Unterlagen nicht erkennbar. Insbesondere fehle es an einer
nachvollziehbaren Lärmimmissionsprognose für die geplante
Grubengasverwertungsanlage. Die von der Beklagten in Bezug genommene
9
Schallimmissionsprognose der DEKRA für das Gesamtvorhaben sei nach dem
Ergebnis des Erörterungstermins methodisch fehlerhaft, z.B. wegen der mangelnden
Berücksichtigung tieffrequenter Geräusche. Daher bilde sie keine taugliche Grundlage
für die Beurteilung der aufgrund des Gesamtvorhabens zu erwartenden
Schallimmissionen. Die Beklagte habe sich in ihrer Funktion als
immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörde für die von der Beigeladenen
geplanten Errichtung und den Betrieb eines Grubengaskraftwerkes in E-C von dem dem
immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag beigefügten
Schallimmissionsgutachten der DEKRA deutlich distanziert. Hinzu komme, dass die
erforderliche Schornsteinhöhe des Kraftwerkes fehlerhaft berechnet worden sei. Diese
Änderung des Vorhabens führe zu einer Verdopplung der Höhe dieser Emissionspunkte
über dem Niveau des geplanten Standortes der Grubengasverwertungsanlage und der
Verdichterstation. Die Zulassung sei auch nicht hinreichend bestimmt. Zudem habe ein
Sonderbetriebsplan wegen zu erwartender Bergschäden aufgestellt werden müssen.
Unzulässig sei darüber hinaus die Berichtigung der Entfernung zur benachbarten
Wohnbebauung von etwa 250 m in "etwa 170 m" gewesen.
Die angefochtene Hauptbetriebsplanzulassung sei auch materiell rechtswidrig. Es fehle
an der erforderlichen Vorsorge gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und Sachgüter
der Kläger gem. § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BBergG. Grubengas sei ein potentiell
hochexplosives Gas bzw. Gasgemisch. Bei der Förderung von Grubengas aus
stillgelegten Schächten bestünden zahlreiche Gefahrenquellen. Die notwendige
Vorsorge gegen Explosionsgefahren sei nicht getroffen worden. Statt zu prüfen, ob die
Beigeladene im Hinblick auf die geplante Errichtung der Grubengasgewinnungsanlage
die erforderliche Vorsorge zum Schutz der Kläger und anderer Anwohner vor den
vorhabenbedingten Explosionsgefahren getroffen habe, habe sich die Beklagte lediglich
auf die Feststellung beschränkt, dass es "bisher" in möglicherweise vergleichbaren
Anlagen nicht zu Explosionen oder anderen sicherheitsrelevanten Vorfällen gekommen
sei. Eine konkrete Prüfung sei jedoch insbesondere deswegen erforderlich gewesen,
weil die Grubengasgewinnung nicht auf einem Bergwerksgelände, sondern inmitten
eines Wohngebiets liege. Zudem sei nicht berücksichtigt worden, dass die
Grubengasgewinnung an einem Standort geplant sei, der von aktiven Störungszonen
durchzogen sei. Die Gebäude der Kläger seien durch Bergschäden vorgeschädigt, so
dass die Widerstandskraft dieser Gebäude gegenüber den von Explosionen
ausgehenden Druckwellen geringer sei als bei einem nicht vorgeschädigten Gebäude.
Der zugelassene Hauptbetriebsplan enthalte keinen Sicherheitsnachweis für die
geplanten Anlagen, sondern lediglich einen mehr als 5 Jahre alten Bericht über eine
sicherheitstechnische Überprüfung einer Grubengasanlage in H. Soweit die Beklagte
vortrage, weitere sicherheitstechnische Festlegungen über die in der angefochtenen
Hauptbetriebsplanzulassung enthaltenen hinaus seien nicht erforderlich, weil die
Grubengasgewinnungs-Richtlinien ausreichende Bestimmungen enthielten, sei dem
entgegenzuhalten, dass nach dem von der Beigeladenen eingereichten
Hauptbetriebsplan nicht erkennbar sei, wie diese Bestimmungen eingehalten werden
könnten. Aufgrund der Topographie sei die Verlegung der Grubengasleitung mit dem
nach Ziffer 4 Abs. 5 und Anlage 4 Nr. 2 der Grubengasgewinnungs-Richtlinie
erforderliche Gefälle von mindestens 5 % unmöglich. Nach Ziffer 10 Abs. 2 der
Grubengasgewinnungs-Richtlinien müssten Anlagenteile von
Grubengasgewinnungsanlagen, von denen bei Betriebsstörungen oder in
Schadensfällen Gefahren für die Umgebung ausgehen könnten, von Gebäuden,
öffentlichen Verkehrsanlagen und ähnlichen zu schätzenden Gegenständen so weit
entfernt errichtet werden, dass Gefahren für das Leben und die Gesundheit von
10
Personen vermieden werden und eine ungehinderte Bekämpfung der Gefahren möglich
sei. Diese Frage betreffe die grundlegende Eignung des vom Vorhabenträger in den
Blick genommenen Standortes und müsse von der Bergbehörde geprüft und
entschieden werden. Hätte die Beklagte diese Prüfung durchgeführt, hätte sie zu dem
Ergebnis gelangen müssen, dass der zum Schutz der Rechtsgüter Leben und
Gesundheit erforderliche Mindestabstand zu Wohngrundstücken und – gebäuden auf
dem von der Beigeladenen vorgesehenen Standort wegen der unmittelbaren Nähe zu
intensiv zu Wohnzwecken genutzten Grundstücken nicht gewährleistet werden könne.
Der Abstand vom Bohrloch zum nächstgelegenen Wohngrundstück (Verlängerung des
Grundstücks Tstraße 44) betrage lediglich etwa 10 Meter. Dieses Grundstück werde
derzeit als Gartenland und Abstellfläche genutzt. Der Abstand des geplanten
Bohrlochstandortes zur Verlängerung des Grundstückes Tstraße 28 betrage 15,5 Meter.
Dieses Grundstück werde von der Familie T1 zu Erholungszwecken, das am Ende der
Stichstraße Tstraße 36 gelegene Grundstück werde als Spielplatz genutzt. Nach Ziffer
9, Tabelle 2 der Grubengas-Gewinnungsrichtlinie sei ein Mindestabstand von brand-
und explosionsgefährdeten Bereichen von 20 Meter um die Entgasungseinrichtung
einzuhalten. Der Schutz von Leib und Leben der Wohnnachbarn sei nicht allein über
technische Einrichtungen anzustreben, sondern auch durch die Wahl eines Standortes,
der schon nach seinem Abstand zur benachbarten Wohnbebauung und zu den zu
Wohnzwecken genutzten Außenbereichen von Grundstücken eine Gefährdung von Leib
und Leben von Wohnnachbarn ausschließt. Bei einem unterstellten Zündereignis sei
davon auszugehen, dass Anwohner zu Schaden kommen. Das Volumen der
Brunnenstube betrage etwa 5,3 m³. Wenn sich in diesem Volumen Methangas
ansammele, sei zu erwarten, dass bei einer Explosion in der Brunnenstube wesentliche
Teile der Betonabdeckung abgesprengt würden. Der oberirdisch verlegte Teil der
Rohrleitung sei nicht hinreichend gegen Beschädigungen durch Fahrzeugverkehr
geschützt. Auch fehle ein Brandschutzkonzept.
Im Übrigen sei mit Gefährdungen von Leib und Leben der Kläger deshalb zu rechnen,
weil das streitbefangene Vorhaben aufgrund der Beseitigung der bisherigen
Gasdichtigkeit des Deckgebirges zu einem diffusen Austritt von Grubengas in der
Umgebung des Bohrlochs führen werde.
11
Darüber hinaus sei nicht berücksichtigt worden, dass der Vorhabenstandort in einem
erdbebengefährdeten Gebiet liege. Aufgrund des erhöhten Gefährdungspotentials der
Anlage müssten die Anforderungen entsprechend der Erdbebenzone 1 zugrunde gelegt
werden. Zudem sei mit bergbaubedingten Erderschütterungen zu rechnen. Die
Hauptbetriebsplanzulassung sei im Übrigen im Hinblick auf die erdbebenbedingten
Gefahren verfahrensfehlerhaft, da die Beklagte gemäß § 15 BBergG wegen der Lage
des Vorhabenstandortes innerhalb eines Gebietes mit häufigen seismischen
Bewegungen dem Geologischen Dienst Nordrhein-Westfalen Gelegenheit zur
Stellungnahme zum Antrag der Beigeladenen hätte geben müssen. Von der
Verdichterstation und der Grubengasleitung würden zudem bei einem Hochwasser
besondere Gefahren ausgehen.
12
Die Realisierung der geplanten Grubengasgewinnung lasse darüber hinaus
Bergschäden von einigem Gewicht erwarten, durch die die im Eigentum der Kläger
stehenden Gebäude voraussichtlich beschädigt oder sogar zerstört würden. Die
Grundstücke der Kläger würden in einem Bereich vorhandener Unstetigkeiten liegen.
Die Tagesoberfläche in E-C sei weiter in Bewegung. Auch sei zu erwarten, dass es auf
den klägerischen Grundstücken infolge des Grubenwasseranstiegs zu erheblichen und
13
ungleichmäßigen Berghebungen kommen werde. Da das Deckgebirge in E-C von
zahlreichen Störungszonen durchzogen sei, sei damit zu rechnen, dass die durch den
Grundwasseranstieg nach Einstellung der Wasserhaltung im Bergwerk X bedingten
Berghebungen schon während der streitgegenständlichen Grubengasgewinnung
auftreten. Zudem seien Gesamtschieflagen von mind. 30 mm/m zu erwarten. In dem
angefochtenen Bescheid werde verkannt, dass die Absaugung des Grubengases zu
Veränderungen der Druckverhältnisse im Untergrund und damit zu Bewegungen der
Tagesoberfläche führen werde. Die entzogenen Massen seien erheblich, weil die
Beigeladene einen Abbau von Grubengas in einer Größenordnung von etwa 12 Mill.
Nm³/a reinem Methangas plant. Dies entspreche einem Grubengasaufkommen von 30
Mill. Nm³/a mit einer Gesamtmasse von 30.000 t/a. Die vorhandene Gasmenge werde
auch nicht in geologischen Zeiträumen, sondern innerhalb weniger Jahre abgebaut.
Von dem diffusen Austritt von Grubengas in geologischen Zeiträumen könne daher nicht
auf das Verhalten der Tagesoberfläche an dem vorgesehenen Standort in E-C
geschlossen werden.
Die Grubengasgewinnungsanlage liege zudem vollständig im Geltungsbereich des
Wasserschutzgebietes C1er Feld, und zwar in dessen Zone III A. In der geplanten
Grubengasgewinnungsanlage sollten in erheblichem Umfang Schmierstoffe und andere
wassergefährdende Stoffe eingesetzt werden. Es liege jedoch keine Befreiung gemäß §
9 Abs. 1 der Wasserschutzgebietsverordnung vor, ohne die die
Hauptbetriebsplanzulassung nicht habe erteilt werden dürfen. Die Beklagte hätte
zumindest prüfen müssen, ob der Erteilung einer Befreiung rechtliche oder tatsächliche
Hindernisse entgegenstehen, was der Fall sei. Es sei nicht erkennbar, dass Gründe des
Wohls der Allgemeinheit die Abweichung erfordern würden.
14
Es mangele darüber hinaus an dem gemäß § 22 BImSchG erforderlichen Schutz vor
unzumutbaren Lärmimmissionen. Als reine Zielvorgabe sei die Nebenbestimmung Nr. 2
nicht geeignet, einen ausreichenden Nachbarschutz sicherzustellen, da durch sie nicht
gewährleistet werde, dass die vorgegebenen Immissionsgrenzwerte bei Inbetriebnahme
tatsächlich eingehalten würden. Die Beigeladene müsse die Einhaltung der
Immissionswerte erst vier Wochen nach Inbetriebnahme nachweisen. Auch sei in der
bislang von der Beigeladenen vorgelegten Lärmimmissionsprognose der tieffrequente
Anteil der Schallemissionen nicht berücksichtigt worden. Zudem sei die
Schutzwürdigkeit in Bezug auf den Immissionspunkt (IP) 4 fehlerhaft bestimmt worden.
Das Gebiet entspreche einem reinen Wohngebiet im Sinne des § 3 BauNVO. Bei einer
Prüfung, ob die festgesetzten Immissionswerte eingehalten werden können, hätte die
Beklagte zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass dies nicht der Fall sei da der
Vorhabenstandort sowie dessen Umgebung einer erheblichen immissionsrelevanten
gewerblichen Vorbelastung unterliege. Eine Berücksichtigung der planerischen
Vorbelastung durch das bereits genehmigte und voraussichtlich im Jahr 2010 in Betrieb
gehende Steinkohlekraftwerk in X sei gemäß Ziff. 4.2 Buchst. c) TA-Lärm erforderlich.
Selbst nach der fehlerhaften Schallimmissionsprognose vom 9. März 2009 würden die
betriebsbedingten Immissionen den maßgeblichen Immissionsrichtwert für nächtliche
Immissionen im reinen Wohngebiet von 35 db(A) nur um 3,3 bzw. 2,9 dB(A)
unterschreiten. Diese Lärmzusatzbelastungen seien somit im Sinne von Nr. 4.2 c) in
Verbindung mit Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 1 TA-Lärm relevant. Darüber hinaus sei gemäß Nr.
4.2 c) TA-Lärm aufgrund konkreter Anhaltspunkte absehbar, dass die relevanten
betriebsbedingten Immissionen und die für die Vorbelastung ursächlichen Immissionen
zu einer Gesamtbelastung und einem Summenpegel führen werden, der die
einschlägigen Immissionsrichtwerte überschreite. Schon nach der fehlerhaften
15
Schallimmissionsprognose der DEKRA sei am IP 4 mit einer Überschreitung der für
reine Wohngebiete geltenden Immissionsrichtwerte zu rechnen. Berücksichtige man die
Fehlerhaftigkeit der DEKRA-Prognose, die dazu führe, dass die tatsächliche
Lärmbelastung erheblich über der von der DEKRA errechneten liegen werde, sei sogar
zu erwarten, dass auch an den übrigen Immissionspunkten die in der
Nebenbestimmung Nr. 2 der angegriffenen Hauptbetriebsplanzulassung festgelegten
Lärmimmissionsrichtwerte nicht eingehalten werden könnten.
Die Hauptbetriebsplanzulassung sei auch deshalb rechtswidrig, weil die Bauvorhaben
baurechtswidrig seien. Die beabsichtigte Errichtung der Verdichterstation, der geplanten
Rohrleitung und des verrohrten Bohrlochs seien Vorhaben im Sinne des § 29 Abs. 1
BauGB. Sie seien in einem faktischen reinen Wohngebiet nicht zulässig. Auch sei die
Privilegierung nach § 38 BauGB nicht einschlägig. Die geplante Verdichterstation sei
gemäß § 35 BauGB unzulässig.
16
Der Vorhabenstandort sei zudem aufgrund der Bitte der Beigeladenen aus der Meldung
der Erweiterungsfläche des Vogelschutzgebietes "V" ausgenommen worden, wozu der
Mitgliedstaat nicht befugt gewesen sei.
17
Die Kläger beantragen,
18
1.
Die von der Beklagten erteilte bergrechtliche Zulassung des
Hauptbetriebsplans der Beigeladenen vom 13. Mai 2009 – Az.
xxxxxxxxxxxxxxxx - in der Fassung der "Berichtigung" vom Juni 2009
aufzuheben,
2.
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, der Beigeladenen durch Änderung
des angefochtenen Bescheides die zum Schutz der Kläger vor
planbedingten Rechtsverletzungen erforderlichen Schutzvorkehrungen
aufzuerlegen,
3.
äußerst hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, über das Erfordernis von
Schutzauflagen zu Gunsten der Kläger unter Beachtung der
Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts erneut zu entscheiden.
19
20
Die Beklagte beantragt,
21
die Klage abzuweisen.
22
Sie ist der Ansicht, die angefochtene Betriebsplanzulassung sei rechtmäßig. Dem
Hauptbetriebsplan sei als Anlage 3 ein Übersichtslageplan beigefügt, in welchem
entgegen der Ansicht der Klägerin der Verlauf der Gasleitung enthalten sei. Lediglich
weitere Details der Rohrleitung müsse die Beigeladene gem. Nebenstimmung Nr. 22
vor Aufnahme der Arbeiten an der Grubengasabsaugeleitung vorlegen. Auch etwaige
sicherheitliche Auswirkungen der Gasleitung hätten beurteilt werden können. Weiterer
sicherheitlicher Festlegungen habe es auch deshalb nicht bedurft, weil die
Tiefbohrverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen in den §§ 33 bis 39 zu der
23
Förderbohrung und in den §§ 49 bis 55 zu der Rohrleitung ausreichende Bestimmungen
enthalte. In den Anlagen 5 und 6 seien das Rohrleitungs- und Instrumentenfließbild und
die Bauausführung vergleichbarer Verdichterstationen dargestellt. Wenn die
Beigeladene mit der tatsächlich zum Einsatz kommenden Verdichterstation hiervon
abweichen wolle, müsse sie eine Änderung des Hauptbetriebsplans beantragen.
Die berichtigte Entfernungsangabe sei der Beklagten durch die zur Errichtung und zum
Betrieb einer Grubengasverwertungsanlage in E-C vorgelegte
Umweltverträglichkeitsuntersuchung des Büros P vom April 2009 bekannt gewesen. Da
keine Erschütterungen vom Drehkolbenverdichter ausgingen, sei es in diesem
Zusammenhang zudem völlig irrelevant, ob die Verdichterstation in 250 oder 170 Meter
Abstand zur Wohnbebauung stehe.
24
Die Einhaltung der sicherheitlichen Anforderungen werde durch die Nebenbestimmung
Nr. 1 der Zulassung sichergestellt. Bei Einhaltung dieser Anforderungen genüge die
Anlage den explosionsschutztechnischen Anforderungen für einen sicheren Betrieb. In
der Grubengasleitung vom Bohrloch zur Verdichteranlage bestehe Unterdruck.
Undichtigkeiten würden daher dazu führen, dass Luft in die Leitung ein- und nicht Gas
aus der Leitung austrete. Da das Grubengas messtechnisch überwacht werde, würde
der Zutritt von Luft nicht unbemerkt bleiben. Bei einer Unterschreitung von 25 Vol.-%
CH4 bei beliebigem Sauerstoffgehalt bzw. bei Überschreitung von 6 Vol.-% O2 bei
beliebigem Methangehalt würde die Anlage selbsttätig abschalten und sich
automatisch, insbesondere durch Schließen der Schnellschlussventile in den sicheren
Zustand überführen. Aufgrund der konstruktiven Auslegung, dass die
Grubengasleitungen und insbesondere auch die Grubengasabsaugeleitung mindestens
der Nenndruckstufe PN 6 entsprechen müssten, könnten die Gasleitungen eine
Methanexplosion in ihrem Inneren schadlos überstehen. Ein Zündfunke könne nur im
Verdichter entstehen, der jedoch von der Grubengasabsaugeleitung und der
Gasmotorenanlage durch die Schnellschlussventile bzw. Flammensperren abgeschirmt
sei. Diese Sicherungseinrichtungen würden verhindern, dass sich ein Zündereignis auf
die Grubengasleitungen auswirken könne. Zudem würde sich ein Zündereignis im
Bohrloch auf die nähere Umgebung des Bohrlochs bzw. den Bohrkeller beschränken.
25
Eine seismisch aktive Verwerfung sei nach den aktuellen Erkenntnissen des
Geologischen Dienstes NRW in der Gemarkung E-C nicht vorhanden. Bei den seitens
der Kläger aufgezeigten Störungslinien handele es sich um Unstetigkeiten des ehemals
umgegangenen Steinkohlenabbaus. Da nach Stilllegung des Bergwerks X keine neuen
Abbaubetriebe auf diesen Bereich einwirkten, sei eine Vergrößerung der Unstetigkeiten
oder eine Neubildung von Unstetigkeiten nicht zu erwarten. Nach allgemeiner
markscheiderischer Lehrmeinung seien Bodenbewegungen spätestens ca. 3 bis 5
Jahre nach Einstellung des letzten einwirkenden Abbaubetriebs abgeklungen. Der
letzte auf diesen Bereich einwirkende Abbaubetrieb liege mehr als 5 Jahre zurück. Auch
aus der Grubengasgewinnung seien keine Bodenbewegungen zu erwarten. Während
der Grubenwasseranstiegsphase im Karbon sei mit schädigenden Hebungen an der
Tagesoberfläche nicht zu rechnen. Nach den bisherigen Erfahrungen würden erst bei
Einstau des Grubenwassers in das Deckgebirge signifikante Hebungen auftreten, die
sich überwiegend gleichmäßig einstellen würden. In der Phase, in der das
Grubenwasser das Deckgebirge erreiche, werde das im Karbon sitzende Grubengas
vom Grubenwasser bereits überstaut sein. Die Bohrung werde versiegen und eingestellt
werden müssen. Die Gemarkung E-C liege nach der Karte der Erdbebenzonen und
geologischen Untergrundklassen in der Erdbebenzone 0, der in der DIN 4149 kein
26
Beschleunigungswert zugeordnet sei. Da für die Errichtung der Verdichterstation ein
eigenständiges Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden müsse, habe die DIN
4149 in der Zulassung nicht verbindlich gemacht zu werden brauchen.
Grubengasleistungen müssten gemäß den Grubengas-Gewinnungsrichtlinien nach den
allgemeinen Regeln der Technik ausgeführt sein, zu denen insbesondere die DIN EN
1998-4 "Eurocode 8: Auslegung von Bauwerken gegen Erdbeben – Teil 4: Silos,
Tankbauwerke und Rohrleitungen" gehörten.
Der Hauptbetriebsplan könne keinen aktuellen sicherheitstechnischen Prüfnachweis
eines Sachverständigen enthalten, da die Anlage noch nicht errichtet sei. Die
Grubengasgewinnungsanlage sei vor der Inbetriebnahme und nach wesentlichen
Änderungen durch einen hierfür benannten oder für Grubengas-Absaugeanlagen
anerkannten Sachverständigen gemäß den einschlägigen Bestimmungen und unter
Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Sicherheitstechnik zu prüfen. Die bei
diesen Prüfungen zu erstellenden Protokolle seien der Beklagten gemäß
Nebenbestimmung Nr. 10 der Zulassung vorzulegen.
27
Die Beigeladene habe bei der Planung, Einrichtung, Ausrüstung, Inbetriebnahme, dem
Betreiben und der Instandhaltung von Arbeitsstätten nach § 11 Nr. 1 i.V.m. Ziffer 1.4
Anhang I der Allgemeinen Bundesbergverordnung – ABBergV einen Plan für den
Brandschutz aufzustellen. Dabei habe die Beigeladene nach Maßgabe des
Ergebnisses einer Gefährdungsbeurteilung geeignete Sicherheitsvorkehrungen zum
Schutz gegen den Ausbruch und die Ausbreitung von Bränden sowie zu deren
Erkennung und Bekämpfung zu treffen. Wesentlicher Teil des Plans sei das
Brandschutzkonzept. Zur Abnahme werde eine Prüfung durch einen Sachverständigen
für Brandschutz erfolgen. Erst nach positivem Testat, dass der vorbeugende und
abwehrende Brandschutz sichergestellt sei, dürfe die Anlage in Betrieb gehen.
28
Entsprechend der Nebenbestimmung Nr. 22 der Betriebsplanzulassung habe die
Beigeladene der Beklagten mit Datum vom 21. September 2009 ergänzende Unterlagen
vorgelegt, die erkennen lassen, dass – sollte das Grubengas tatsächlich Kondensat
führend sein – das geforderte Gefälle von 5 % nicht eingehalten werden könne. Sollte
sich erweisen, dass das Grubengas Kondensat führe, werde die Beklagte von der
Beigeladenen die Vorlage eines Sonderbetriebsplans oder einer
Hauptbetriebsplanänderung verlangen. Dort werde darzulegen sein, wie die Abführung
des Kondensats vorgenommen werden solle.
29
Mit Bergschäden von einigem Gewicht, die die Vorlage eines Sonderbetriebsplans
erforderlich gemacht hätten, sei nicht zu rechnen. Es handele sich nicht um Gas,
welches unter hohem Druck stehe. Das Gas sei adsorptiv an die Steinkohle gebunden
und der Gebirgskörper durch den umgegangenen Steinkohlenbergbau aufgelockert.
Daher könne dem Gas keine Stützwirkung wie z.B. bei gespannten Gaslagerstätten
zugeschrieben werden. Das Ausmaß einer durch Absaugung von Grubengas
verursachten Bodenbewegung werde so gering sein, dass es messtechnisch nicht
nachweisbar sein werde.
30
Für die Verdichterstation sei keine eigenständige Immissionsprognose gefordert, da die
Verdichterstation nur in Verbindung mit der Verwertungsanlage betrieben werde. Im
Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens sei eine
Umweltverträglichkeitsstudie mit einer Lärmprognose erstellt worden, die die
Verdichterstation einbeziehe. Wie sich aus der Berechnung der DEKRA Industrial
31
GmbH vom 18. November 2009 ergebe, seien die Schallbeiträge der Verdichterstation
nicht geeignet, einen rechnerischen Beitrag zur Erhöhung der vorhandenen Belastung
zu leisten, so dass diese Schallbeiträge gemäß TA Lärm irrelevant seien. Über die
zulässigen Immissionswerte und deren Überwachung sei der Schutz vor unzumutbaren
Lärmimmissionen sichergestellt. Nach den Erfahrungen der Beklagten seien die
Lärmemissionen der Grubengasgewinnungsanlage nicht geeignet, entsprechende
Beiträge auf der Immissionsseite zu liefern. Eine Berücksichtigung der Vorbelastung sei
wegen der Irrelevanz der Immissionsbeiträge nicht erforderlich gewesen. Der
Betriebsplanzulassung lägen die Erkenntnisse der Beklagten zu Grunde, dass
tieffrequente Geräusche im vorliegenden Fall (Grubengasgewinnung mit zugehöriger
Verdichterstation) keine relevante Rolle spielten. Entsprechende Erfahrungen lägen aus
der behördlichen Überwachung der zur Zeit ca. 36 von der Beklagten zugelassenen
Anlagen vor.
Die Betriebsplanzulassung umfasse keine Baugenehmigung. Bezüglich der
Verdichterstation habe die Beigeladene einen Bauantrag zu stellen. Hinsichtlich der
erdverlegten Grubengasabsaugeleitung sei § 1 Abs. 2 Nr. 2 BauO NRW zu beachten.
Wenn man annehme, dass es sich bei der Rohrleitung um eine bauliche Anlage im
Sinne der Landesbauordnung handele, sei über § 48 Abs. 2 BBergG die
bauplanungsrechtliche Zulässigkeit im Betriebsplanverfahren zu prüfen. Die
Grubengasabsaugeleitung diene einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb und sei
daher gem. § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauGB an dem vorgesehenen Standort privilegiert
zulässig.
32
Die Beigeladene beantragt,
33
die Klage abzuweisen.
34
Sie ist der Ansicht, die Zulassung des Hauptbetriebsplans sei formell rechtmäßig. Die
Berichtigung der Entfernungsbezeichnung sei rechtmäßig erfolgt. Die Kläger hätten
keinen Anspruch auf Aufstellung eines Sonderbetriebsplans, da keine
Eigentumsbeeinträchtigungen an der Oberfläche von einigem Gewicht zu erwarten
seien. Die Antragsunterlagen seien vollständig gewesen. Da es sich insgesamt um eine
in Modulbauweise herzustellende Anlage handele, habe auf baugleiche Anlagen
verwiesen werden können, denn in der Art ihrer Errichtung und der Art ihres Betriebes
gebe es keinen Unterschied. Zudem habe der Beklagten die für das
immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren gefertigte
Umweltverträglichkeitsuntersuchung vorgelegen, in der auch die Auswirkungen der
Grubengasgewinnung untersucht und bewertet werden.
35
Die Zulassung sei auch materiell rechtmäßig. Durch die beigefügten
Nebenbestimmungen sei abgesichert, dass von der Anlage keine Explosionsgefahren
ausgingen. Das Sicherheitskonzept der Beigeladenen sehe vor, überhaupt erst keinen
explosionsfähigen Stoff entstehen zu lassen, weder in den Rohrleitungen, noch in
Räumen, in denen mit Gas umgegangen werde. Das aus den Rohrleitungen
entnommene Gas werde kontinuierlich überwacht. Sobald die Konzentration auch nur in
die Nähe eines explosionsfähigen Gemisches komme, werde die Anlage automatisch
abgeschaltet. Das Bohrloch sei außerdem gasdicht, so dass Methan nicht diffus
austreten könne. Auch die Verdichterstation sei gegen Gasaustritte geschützt. Im Raum
der Verdichterstation befinde sich ein Lüfter, der diesen so belüfte, dass sich dort erst
gar kein Methangas in einer explosionsfähigen Konzentration sammeln könne. Zudem
36
werde die Raumluft mit einem Methangassensor überwacht. Bei Erreichen einer
Methangaskonzentration von 10 % der unteren Explosionsgrenze (0,48 %
Methankonzentration in Luft) erfolge die Abschaltung. Ergänzt werde das
Explosionsschutzkonzept durch Vorkehrungen, mit denen Zündquellen vermieden
werden. In der Rohrleitung sowie der Brunnenstube würden sich grundsätzlich keine
Zündquellen befinden. Mögliche Zündquellen im Verdichterraum würden bei Detektion
von Methan in diesem Raum entweder abgeschaltet oder gekapselt, wie etwa der
exgeschützte Lüfter. Zum Schutz vor einer Ausbreitung einer Explosion aus dem
Inneren des Verdichters würden sich in der Rohrleitung Flammsperren vor und nach
dem Verdichter befinden. Käme es zu einem unwahrscheinlichen Bruch der
Rohrleitungen, würde die Anlage sofort in einen sicheren Betriebszustand überführt
werden. Die rechnergeförderte Gasförderstation sei an ein Fernwirksystem gekoppelt,
das eine Fernsteuerung sowie eine Meldungs- und Messdatenabfrage ermögliche. Das
Fernwirksystem sei in eine 24-Stunden-Bereitschaft des Betreibers eingebunden. In
Ziffer 4.2.2.2 der Anlage 4 der Antragsunterlagen werde beschrieben, welche Störung
zu welcher Sicherungsmaßnahme führe, also in der Regel zu einer Alarmmeldung, zu
einer Abschaltung des Verdichters und zu einem Auslösen der Schnellschlussklappen,
die die Gaszufuhr sperrten. Da die Schnellschlussklappen federschließend seien,
würden sie sofort schließen, sobald die Stromzufuhr unterbrochen sei. Für den
unerwarteten Fall, dass Kondensat am Tiefpunkt der Anlage anfallen würde, würde ein
Kondensatabscheider eingebaut werden. Das beschriebene Sicherheitskonzept
entspreche den Vorgaben der Grubengasgewinnungs-Richtlinien. Ergänzt werde das
Sicherheitskonzept durch ein Brandschutzkonzept, das die DMT unter dem 26. Mai
2008 vorgelegt habe.
Da der Standort der Grubengasgewinnungsanlage in der Erdbebenzone 0 liege, gebe
es keine Anhaltspunkte für Erdstöße, die so wahrscheinlich und so schwer seien, dass
mit Explosionen zu rechnen sei. Aktive Störungszonen seien nicht vorhanden,
Bodenbewegungen aufgrund der Stilllegung des Bergwerks X nicht mehr zu erwarten.
Die Rohrleitungen würden in einem Sandbett verlegt. Zudem könne selbst bei einem
durch ein von außen kommendes Ereignis verursachten Bruch der Grubengasleitung
aufgrund der Betriebsweise im Unterdruck grundsätzlich kein Gasaustritt erfolgen. Durch
die Sicherheitsüberwachung würde das Eindringen von Umgebungsluft erkannt und die
Anlage automatisch abgeschaltet.
37
Die Kläger würden auch nicht in ihrem Recht auf Gesundheit durch
Geräuschimmissionen verletzt. Aufgrund der Festsetzung der Immissionswerte in der
Nebenbestimmung Nr. 2 und ihrer Überwachung könne es aufgrund des Betriebs der
Anlage nicht zu einer Überschreitung der gemäß Nr. 6 TA Lärm festgelegten
Immissionsrichtwerte kommen. Auch die von den Klägern gerügte Einordnung des
Immissionsortes IP 4 als allgemeines Wohngebiet sei zutreffend.
38
Es liege kein Verstoß gegen § 48 Abs. 2 BBergG vor. Bei den von den Klägern
vorgetragenen Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum handele es sich nicht um
solche, die nach allgemeiner Lebenserfahrung wahrscheinlich und ihrer Natur nach
vorhersehbar seien. Die Beklagte habe auf Grundlage ihrer umfassenden Erfahrung mit
Grubengasanlagen und der Tatsache, dass die von den Klägerin befürchteten
Explosionsgefahren noch niemals aufgetreten seien, den Sachverhalt ermittelt und
prognostiziert, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine
Explosionsgefahr bestehe und Bergschäden von einigem Gewicht nicht zu erwarten
seien.
39
Aus dem Umstand, dass die Anlage innerhalb eines Wasserschutzgebiets liege,
könnten die Kläger keinerlei Abwehrrechte ableiten. § 51 WHG i.V.m. § 14 LWG und der
Wasserschutzgebietsverordnung C1erfeld seien nicht drittschützend. Auch sei die Stadt
E beteiligt worden. Diese habe auf der Grundlage des Zulassungsentwurfs bestätigt,
dass alle Anforderungen in Bezug auf Arbeiten innerhalb des Wasserschutzgebietes
umgesetzt seien.
40
Im Übrigen seien keine bauplanungsrechtlichen Vorschriften verletzt. Bei der
Grubengasgewinnungsanlage handele es sich um eine nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB
privilegierte Anlage. Das Bohrloch und die Rohrleitung seien im Außenbereich
angesiedelt. Zudem handele sich weder bei dem Bohrloch noch bei den Rohrleitungen
um bauliche Vorhaben im Sinne der §§ 29 ff. BauGB. Es sei nicht ersichtlich, weshalb
das verrohrte Bohrloch und die Rohrleitungen eine bodenrechtliche Relevanz haben
sollten. Entgegen der Äußerung der Kläger sei kein zusätzlicher Kfz-Verkehr zu
erwarten, da dieser über den C2weg geführt werde, soweit dies überhaupt erforderlich
sei.
41
In der mündlichen Verhandlung am 28. September 2010 hat die Beklagte die
Nebenbestimmung Nr. 2 der Zulassung dahingehend ergänzt, dass die durch den
Betrieb der Anlage hervorgerufenen tieffrequenten Geräuschimmissionen in
benachbarten Aufenthaltsräumen, die Wohnzwecken dienen und in benachbarten
Räumen mit vergleichbarer Schutzwürdigkeit die in DIN 45680 Beiblatt 1 genannten
Anhaltswerte nicht überschreiten.
42
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte
und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
43
Entscheidungsgründe:
44
Die Klage ist zulässig, insbesondere sind die Kläger als in der Umgebung der Anlage
wohnende Anwohner aus §§ 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 48 Abs. 2 Bundesberggesetz
(BBergG) klagebefugt.
45
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Betriebsplanzulassung verletzt die Kläger nicht in
ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
46
Die Kläger sind nicht aufgrund formeller Mängel der Betriebsplanzulassung in
subjektiven Rechten verletzt.
47
Die Antragsunterlagen der Beigeladenen waren zur Beurteilung des Vorhabens
ausreichend. Notwendiger Inhalt eines Betriebsplans sind die Darstellung von Umfang,
technischer Durchführung, Dauer des Vorhabens und der Zulassungsvoraussetzungen
des § 55 mit Ausnahme der Tatsachen des § 55 Abs. 1 Nr. 2 BBergG,
48
vgl. Piens/Schulte/Graf Vitzthum, Bundesberggesetz, 1983, § 52, Rn. 14.
49
Die Zulassungsbehörde muss in die Lage versetzt werden, das Vorliegen der
Zulassungsvoraussetzungen zu prüfen.
50
Die Unterlagen müssen eine Gesamtbeurteilung des Vorhabens und seiner
51
Auswirkungen ermöglichen,
vgl. zum Planfeststellungsverfahren Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rn. 18.
52
Die eingereichten Antragsunterlagen der Beigeladenen erfüllen diese
Voraussetzungen. In der Anlage 4 zum Antrag auf Zulassung des Hauptbetriebsplans
wird die Grubengasförderstation beschrieben. Anlage 5 enthält ein R&I-Fließbild. Nach
der Beschreibung in Anlage 4 handelt es sich zwar lediglich um das R&I-Fließbild einer
vergleichbaren Gasförderstation. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass
bei der Ausführung Abweichungen von dem in Anlage 5 zum Antrag beigefügten R&I-
Fließbild möglich sind. Vielmehr ist die in den Unterlagen dargestellte
Anlagenausführung zugelassen worden. Änderungen würden eine Änderung der
Zulassung erfordern. Dies gilt gleichermaßen für den Maschinenaufstellungsplan in
Anlage 6 zum Antrag auf Zulassung des Hauptbetriebsplans.
53
Die Zulassung ist auch hinreichend bestimmt, da ihr entnommen werden kann, welche
Anlage gebaut werden darf.
54
Entgegen der Ansicht der Kläger kann eine formelle Rechtswidrigkeit des
Hauptbetriebsplans nicht aus einer fehlenden Durchführung eines
Sonderbetriebsplanverfahrens resultieren. Der Sonderbetriebsplan
"Abbaueinwirkungen auf das Oberflächeneigentum" wurde aufgrund des N-L-Urteils
entwickelt. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat es als zulässig
angesehen, die Prüfung der Beschränkung oder Untersagung des Abbaus zu Gunsten
betroffener Grundeigentümer wegen schwerer Bergschäden von der Zulassung eines
Rahmenbetriebsplans auszuklammern und auf nachfolgende Sonderbetriebspläne zu
verweisen. Es sei zulässig, bei der Zulassung eines Rahmenbetriebsplans solche
Fragen auszuklammern, die sich sachgerecht erst beantworten lassen, wenn räumlich
und zeitlich beschränkte Abschnitte genauer betrachtet werden könnten,
55
vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 15. Dezember 2006 – 7 C 6/06 -,
NVwZ 2007, 704, 705.
56
Daraus folgt jedoch nur, dass eine solche Ausklammerung möglich, nicht jedoch, dass
sie zwingend geboten ist. In dem vorliegenden Hauptbetriebsplan ist eine derartige
Ausklammerung der Prüfung der Beeinträchtigung der Oberflächeneigentümer nicht
erfolgt. Die Kläger könnten daher allenfalls durch eine im Rahmen des
Hauptbetriebsplans fehlende Berücksichtigung der von ihnen befürchteten schweren
Bergschäden in ihren Rechten verletzt sein, nicht jedoch durch die fehlende
Durchführung des Sonderbetriebsplanverfahrens. Die Frage, ob Bergschäden von
einigem Gewicht zu erwarten sind, ist jedoch eine materielle und keine formelle Frage.
57
Dahinstehen kann, ob die Berichtigung der Entfernung des Drehkolbenverdichters in der
Begründung der angefochtenen Hauptbetriebsplanzulassung von etwa 250 m auf etwa
170 m nach § 42 VwVfG NRW zulässig war.
58
Unrichtigkeit i.S.v. § 42 VwVfG bedeutet, dass der mit der Entscheidung erklärte Wille
vom wahren Willen abweicht,
59
vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 42, Rn. 1.
60
Nicht hierunter fallen Irrtümer bei der Willensbildung,
61
vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 42, Rn. 8.
62
Ein Zahlendreher dürfte bei einer Änderung von 250 in 170 ausgeschlossen sein. Selbst
wenn man jedoch annehmen wollte, dass die falsche Entfernung die Willensbildung
betraf, würde dies lediglich bedeuten, dass die Begründung der Betriebsplanzulassung
in diesem Punkt fehlerhaft wäre. Da es sich bei der Betriebsplanzulassung jedoch nach
§ 55 BBergG um eine gebundene Entscheidung handelt, würde dies nicht zur
Rechtswidrigkeit des Zulassungsbescheides führen,
63
vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 45, Rn. 46.
64
§ 15 BBergG, dessen Verletzung von den Klägern gerügt wurde, betrifft das Verfahren
der Erteilung der Bewilligung und Erlaubnis.
65
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass ein etwaiger Verfahrensfehler für sich gesehen
nach § 46 VwVfG NRW, der über § 5 BBergG anwendbar ist, unbeachtlich wäre,
66
vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil
vom 27. Oktober 2005 – 11 A 1751/04 -, Rn. 104 (juris).
67
Die Hauptbetriebsplanzulassung verletzt keine drittschützenden materiell-rechtlichen
Zulassungsvoraussetzungen.
68
Eine Hauptbetriebsplanzulassung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 55
Abs. 1 Nr. 1 bis 9 BBergG vorliegen und Verbote und Beschränkungen aus § 48
BBergG nicht entgegenstehen.
69
Als drittschützende Normen kommen allein §§ 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und § 48 Abs. 2
Satz 1 BBergG in Betracht,
70
vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. August 2009 – 11 A 656/06 -, Rn. 40 (juris).
71
Hinsichtlich der Rechtsgüter der Kläger liegt keine Verletzung von § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr.
3 BBergG vor.
72
Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG darf ein Betriebsplan nur zugelassen werden,
wenn die erforderliche Vorsorge gegen Gefahren unter anderem für Leben und
Gesundheit getroffen ist.
73
Die Vorschrift dient auch dem Schutz von Dritten außerhalb des Betriebes gegen
Gefahren für Leben und Gesundheit,
74
vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 2010 – 7 C 18/09 -, Rn. 18 (juris).
75
Eine entsprechende Vorsorge ist erforderlich, wenn eine gewisse (überwiegende)
Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass es ohne entgegensteuernde Maßnahmen zu
Gefahren kommen würde,
76
vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. August 2009 – 11 A 656/06 -, Rn. 58 (juris).
77
Ob der tatsächliche Betrieb der Anlage den Anforderungen der Zulassung entspricht,
haben die zuständigen Behörden (erst) im Rahmen der ihnen obliegenden
Überwachungsaufgaben zu überprüfen,
78
vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2008 – 8 D 22/07.AK – Rn. 154-156 (juris).
79
Die erforderliche Vorsorge gegen Gefahren für Leben und Gesundheit, die von
Explosionen und Bränden ausgehen könnten, ist in der Hauptbetriebsplanzulassung
getroffen.
80
Bei Grubengas handelt es sich um ein in der Steinkohlenlagerstätte natürlich
vorkommendes Gasgemisch, das überwiegend aus Methan, Kohlendioxid und Stickstoff
besteht und mit Sauerstoff eine explosionsfähige Mischung bilden kann,
81
vgl. die Begriffsbestimmung in Ziffer 2.1 der Grubengasgewinnungs-Richtlinien.
82
Aus diesem Grund sind grundsätzlich Maßnahmen zum Schutz vor Explosionen und
explosionsbedingten Gefahren zu treffen. Ziel der Sicherheitsvorkehrungen muss sein,
zunächst die Entstehung von Explosionen zu verhindern. Zudem muss sichergestellt
sein, dass selbst bei Versagen dieser Schutzvorkehrungen die Auswirkungen einer
Explosion durch geeignete Maßnahmen beschränkt werden.
83
Aufgrund der in der Nebenbestimmung Nr. 1 der Hauptbetriebsplanzulassung
vorgeschriebenen Einhaltung der Grubengasgewinnungs-Richtlinien vom 13. März
2002 ist die erforderliche Vorsorge getroffen. Die Nebenbestimmung, die Anlage nach
dem Stand der Technik unter Einhaltung der Grubengasgewinnungs-Richtlinien zu
errichten und zu betreiben, ist hinreichend bestimmt. Dies erfordert nicht die Vorgabe
einer konkreten Maßnahme. Vielmehr kann auch ausreichen, wenn die zu erfüllende
Vorgabe eindeutig bestimmt und dem Betreiber lediglich freigestellt ist, mit welchem
Mittel diese Vorgabe erfüllt werden soll,
84
vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2008 – 8 D 22/07.AK -, Rn. 164 (juris).
85
Die Grubengasgewinnungs-Richtlinien enthalten hinreichend konkrete Vorgaben zum
Brand- und Explosionsschutz, die einen sicheren Betrieb der Anlage gewährleisten.
86
Nach Ziffer 3 der Grubengasgewinnungs-Richtlinien gehört zu den allgemeinen
Anforderungen, dass die Anlage bei Abschaltungen sofort in einen sicheren Zustand
überführt werden muss, der im Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument nach § 3
Abs. 1 ABBergV zu beschreiben ist. Das Anfahren der Anlage oder das Wiederanfahren
nach dem Ansprechen von in den Richtlinien genannten Sicherheitseinrichtungen darf
nur manuell und unter Aufsicht einer verantwortlichen Person erfolgen.
Gasgewinnungsanlagen müssen durch Gasmesseinrichtungen mit Warn- und
Schaltfunktionen kontinuierlich überwacht sein. Alle Teile einer
Grubengasgewinnungsanlage müssen so ausgeführt sein, dass gefährliche
explosionsfähige Atmosphäre in Anlagenteilen nicht entstehen kann oder die
Auswirkungen einer Explosion auf ein unbedenkliches Maß beschränkt werden.
87
Um zu verhindern, dass gefährliche explosionsfähige Atmosphäre in den
Grubengasleitungen oder den Verdichtern entstehen kann, ist nach den
88
Grubengasgewinnungs-Richtlinien – und somit auch für die streitgegenständliche
Anlage – der Gewinnungsvorgang zu unterbrechen, wenn durch die
Gasmesseinrichtungen festgestellt wird, dass bei Methan-Überwachung 25 Vol.-% CH4
bei beliebigem Sauerstoffgehalt unterschritten oder bei Sauerstoff-Überwachung 6 Vol.-
% O2 bei beliebigem Methangehalt überschritten wird.
Bezüglich der Grubengasleitungen fordern die Grubengasgewinnungs-Richtlinien, dass
alle gasbeaufschlagten Rohrleitungs- und Ausrüstungsteile von Grubengasleitungen
entsprechend den Erläuterungen in Anlage 4 auszuführen und gegen unbefugte
Manipulation zu sichern sind. Grubengasleitungen müssen entsprechend den
allgemeinen Regeln der Technik ausgeführt und beständig in Bezug auf die zu
erwartenden chemischen, thermischen und mechanischen Einflüsse sein. Sie müssen
so verlegt sein, dass Beschädigungen durch Setzungen und den Fahrzeugverkehr
sowie Kondenswasseransammlungen vermieden werden. Absperreinrichtungen sind in
Grubengasleitungen so vorzusehen, dass jeder Leitungszweig getrennt absperrbar ist.
Über Flur verlegte Grubengasleitungen müssen aus Stahl sein. Grubengasleitungen
einschließlich deren Bestandteile müssen mindestens der Nenndruckstufe PN 6
entsprechen. Vor der Prüfung zur Inbetriebnahme der Anlage ist von einem
Sachverständigen eine Eignungsfeststellung hinsichtlich der verwendeten Werkstoffe zu
treffen. Nach Anlage 4 Ziffer 2 müssen kondensatführende Grubengasleitungen in
setzungsempfindlichen Bereichen unter Flur mit einem Gefälle von mindestens 5 %
bzw. über Flur von mind. 2,5 % verlegt sein. Die Forderung nach Gefälle ist auch erfüllt,
wenn das Kondensat entgegen der Strömungsrichtung des Gases abfließt.
89
Nach Ziffer 5 der Grubengasgewinnungs-Richtlinien muss der Konstruktionsdruck von
Druckbehältern in Grubengasgewinnungsanlagen mindestens 6 bar betragen
(drucktechnische Auslegung), soweit der Betriebsdruck auf 0,3 bar Überdruck begrenzt
ist.
90
Für jeden Verdichter muss nach Ziffer 6 der Grubengasgewinnungs-Richtlinien eine
Herstellerbescheinigung vorliegen, aus der hervorgeht, dass sein Gehäuse eine
Druckprobe entsprechend PN 6 bestanden hat. Verdichter müssen mit einer
Temperaturbegrenzung an der Gasaustrittsseite ausgerüstet sein, soweit nicht durch
andere technische Maßnahmen ein Überschreiten der zulässigen Betriebstemperaturen
verhindert wird. Die Temperaturbegrenzung muss so eingestellt werden, dass die vom
Hersteller angegebene, ggfls. niedrigere Verdichtungsendtemperatur nicht überschritten
werden kann. Bei Überschreitung der Grenztemperatur muss der Verdichter selbsttätig
und unverzögert abgeschaltet werden.
91
Gemäß Ziffer 7 der Grubengasgewinnungs-Richtlinien müssen Grubengasausblase-
und Grubengassaugeleitungen mit Explosionssperren versehen sein. Zusätzlich muss
grundsätzlich eine weitere Sperre die Fortpflanzung einer Explosion in der
Verbraucherleitung verhindern. Die Schnellabsperrvorrichtung muss als selbsttätige und
bei Energieausfall schließende Armatur ausgeführt sein, die bei bestimmten
Ereignissen geschlossen wird. Es muss sichergestellt sein, dass sich eine Flamme nicht
über Zuleitungen von Grubengasmessgeräten in das Rohrleitungssystem der
Grubengasgewinnungseinrichtung fortpflanzen kann.
92
Die zugelassene Anlage kann diese Anforderungen auch erfüllen. Entgegen der Ansicht
der Kläger ist das Sicherheitskonzept der Beigeladenen Bestandteil der
Hauptbetriebsplanzulassung. Nach der Begründung der Maßnahme in Anlage 1 zum
93
Zulassungsantrag entspricht die technische Ausführung der Gasgewinnungsanlage den
in der Grubengasgewinnungs-Richtlinie aufgeführten sicherheitstechnischen
Anforderungen. Alle eingesetzten Armaturen und Rohrleitungen sind nach der
Anlagebeschreibung in Anlage 4 zum Zulassungsantrag gemäß den
Grubengasgewinnungs-Richtlinien ausgeführt. Die Anbindung der ca. 200 Meter langen
Gaszuleitung (Stahl verzinkt, DN 300, PN 6) erfolgt direkt an die
Bohrlochentgasungsleitung. Alle gasführenden Rohrleitungen werden in der
Nenndruckstufe mindestens PN 6 ausgeführt, ebenso wie die in den gasführenden
Leitungen integrierten Armaturen und Anlagenteile wie
Flammendurchschlagssicherung. Notwendige Flanschverbindungen werden in
technisch dichter Ausführung hergestellt. Bezüglich der Grubengasförderstation ist
ausgeführt, dass Maschinen- und Schaltanlagenraum durch eine gasdichte Wand
getrennt sind. Die Kabeldurchführungen und die Durchführung der Messgasleitungen
durch diese Wand sind gasdicht ausgeführt. Die Anlage wird mit einem maximalen
Überdruck von 95 mbar betrieben. Die CH4- Konzentration und der Volumenstrom des
geförderten Gases werden in der Verdichteranlage kontinuierlich gemessen. Die
rechnergesteuerte Gasförderstation ist an ein Fernwirksystem gekoppelt, das eine
Fernsteuerung sowie eine Meldungs- und Messdatenabfrage ermöglicht. Das
Fernwirksystem ist in eine 24-Stunden-Bereitschaft eingebunden. Der Saugdruck vor
Verdichter muss mindestens -300 mbar gegen Umgebung betragen, die Gastemperatur
max. 90 °C. Die Methankonzentration im Container darf max. 1,0 Vol.-% betragen. Der
Spezialcontainer wird mit einer Gaswarnanlage überwacht. Bei Meldung eines
Gasaustritts wird ein explosionsgeschützter Lüfter eingeschaltet und alle anderen
Betriebseinrichtungen spannungsfrei geschaltet. Eine Warnung erfolgt bei einer
Konzentration von größer als 0,5 %Vol. CH4, eine Störung bei mehr als 1,0 %Vol. CH4.
Bei einer Störung wird die Anlage sofort abgeschaltet und direkt eine Meldung über das
Fernwirksystem an den zuständigen Bereitschaftsdienst gesendet. Bei der Abschaltung
fährt die Anlage automatisch in einen sicheren Zustand. Die Schnellschlussklappen
(federschließend) sind alle geschlossen. Das Unterschreiten der min.-CH4-
Konzentration führt zu einer Alarmmeldung, der Abschaltung der Verdichter und der
Auslösung des Schnellschlusses. Die Überschreitung der max. Gastemperatur führt
ebenfalls zu diesen Folgen. Das Ansprechen der Gaswarnanlage im Verdichterraum hat
eine Alarmmeldung, die Einschaltung der explosionsgeschützten Raumbelüftung, die
Abschaltung der Verdichter und das Auslösung des Schnellschlusses zur Folge. Ein
Hand-Not-Aus bewirkt eine Alarmmeldung, die Abschaltung des Verdichters und das
Auslösen des Schnellschlusses. Die Unterschreitung des Saugdruckes vor Verdichter
sowie die Überschreitung des Gasdruckes nach Verdichter führt zu einer Alarmmeldung
und der Abschaltung der Verdichter. Die Anlage wird im Rahmen der Inbetriebnahme
durch einen zugelassenen Sachverständigen abgenommen, wobei das
Abnahmeprotokoll nachgereicht wird.
Der Methangehalt des zu fördernden Grubengases liegt bei 40 % und somit außerhalb
der explosionsfähigen Konzentration. Ein explosionsfähiges Methan-/Luftgemisch ist
lediglich in den Grenzen von 4,8 – 16,5 % Methan bei Vorhandensein von mindestens
13 – 21 % Sauerstoff explosionsfähig. Um das Entstehen eines explosionsfähigen
Gemisches zu vermeiden, wird das aus den Rohrleitungen entnommene Gas überwacht
und die Anlage bei bestimmten Konzentrationen abgeschaltet. Die Verdichterstation ist
gegen Gasaustritte geschützt. Im Raum der Verdichterstation befindet sich ein Lüfter.
Wird über den Methangassensor eine Methangaskonzentration von 10 % der unteren
Explosionsgrenze im Raum der Verdichterstation festgestellt, wird die Anlage
abgeschaltet. Bei Detektion von Methan in dem Raum der Verdichterstation werden
94
mögliche Zündquellen entweder abgeschaltet oder gekapselt. Zum Schutz vor der
Ausbreitung einer Explosion befinden sich in der Rohrleitung Flammsperren vor und
nach dem Verdichter. Da die Rohrleitung der Druckstufe PN 6 entspricht, würde sie
selbst eine Explosion in ihrem Innern unbeschadet überstehen.
Auch für die Umgebung droht keine Bildung eines explosionsfähigen Gemisches
aufgrund eines Austritts und anschließenden Vermischung von Grubengas mit
Umgebungsluft. In der Grubengasleitung sowie dem Bohrloch und dem abgesaugten
untertägigen Grubengebäude besteht ein Unterdruck, so dass im Fall von
Undichtigkeiten Umgebungsluft in die Leitung ein – und nicht Gas aus der Leitung
austreten wird. Aufgrund der messtechnischen Überwachung wird im Fall des Zutritts
von Luft bei Über- bzw. Unterschreitung bestimmter Grenzwerte die Anlage selbsttätig
abgeschaltet und schließen die Schnellschlussventile.
95
Aufgrund dieser Vorkehrungen ist auch bezüglich des oberirdisch verlegten Teils der
Gasleitung eine hinreichende Vorsorge zu bejahen. Nach Nebenbestimmung Ziffer 4
der Hauptbetriebsplanzulassung ist die Anlage so zu betreiben, dass evtl. frei
werdendes Gas gefahrlos abgeführt wird und das Ansaugen von Luft in die Gasleitung
sowie eine Zündung von außen ausgeschlossen ist. Nach Nebenbestimmung Ziffer 17
ist das Betriebsgelände dauerhaft gegen unbefugten Zugang zu sichern. Ein besonderer
Schutz gegen Fahrzeugverkehr war nicht erforderlich, da im Bereich der Leitung kein
Fahrzeugverkehr stattfinden wird.
96
Auch die Tatsache, dass das in Anlage 4 der Grubengasgewinnungs-Richtlinien
geforderte Gefälle von 5 % für kondensatführende Grubengasleitungen vorliegend nicht
erfüllt werden kann, führt nicht zu einer Aufhebung der Hauptbetriebsplanzulassung. Die
Beklagte selbst hat vorgetragen, dass sie die Vorlage eines Sonderbetriebsplans oder
einer Hauptbetriebsplanänderung verlangen wird, falls das Grubengas Kondensat führt.
In der streitgegenständlichen Zulassung ist aufgrund der Forderung nach Einhaltung der
Grubengasgewinnungs-Richtlinien für kondensatführende Grubengasleitungen ein
Gefälle von 5 % erforderlich. Die Frage, ob diese Forderung schließlich eingehalten
wird, ist nicht Gegenstand der Überprüfung der Hauptbetriebsplanzulassung. Aus
diesem Grund kann dahinstehen, ob die Forderung nach der Einhaltung des Gefälles
von 5 % für kondensatführende Leitungen dem Explosionsschutz dient.
97
Aus dem konkreten Standort der Anlage folgt kein Bedürfnis nach weitergehenden
Sicherheitsmaßnahmen. Die von den Klägern geltend gemachten Gefahren durch
Bodenbewegungen, Erdbeben, bergbaubedingten Erschütterungen sowie Hochwasser
führen nicht zur Rechtswidrigkeit der Hauptbetriebsplanzulassung.
98
Offen bleiben kann, ob es im Bereich des Anlagenstandortes auch nach Stilllegung des
Bergwerks X noch immer zu Bewegungen der Tagesoberfläche kommt. Nach
allgemeiner markscheiderischer Lehrmeinung müssten mittlerweile die
Bodenbewegungen abgeklungen sein, nachdem die Beendigung des
Steinkohlenabbaus im Bergwerk X in diesem Bereich mehr als 5 Jahre zurück liegt.
Auch die von den Klägern vorgetragenen Bergschäden aus neuerer Zeit belegen nicht
zwingend, dass es tatsächlich noch zu Bewegungen der Tagesoberfläche kommt.
Schäden können auch erst später auftreten oder bemerkt werden. Letztlich kann dies
jedoch dahinstehen, da auch beim Auftreten von weiteren Bodenbewegungen keine
über die Sicherheitsvorkehrungen der Anlage hinausgehende Vorsorge gegen
Gefahren für Leben und Gesundheit der Kläger erforderlich ist. Bodenbewegungen wie
99
Pressungen und Zerrungen könnten allenfalls – falls sie nicht durch das Sandbett, in
welchem die Rohrleitung verlegt ist, aufgefangen werden – zu Undichtigkeiten der
Rohrleitung führen. In diesem Fall würden jedoch die dargestellten
Sicherheitsvorkehrungen der Anlage eingreifen, so dass keine Gefahr für Leben und
Gesundheit der Kläger droht.
Dies gilt auch hinsichtlich möglicher durch die Einstellung der Grubenwasserhaltung im
Bergwerk X bedingten Hebungen der Tagesoberfläche. Selbst wenn es bereits
entgegen der Erfahrungen der Beklagten vor dem Einstau des Grubenwassers in das
Deckgebirge zu signifikanten Hebungen kommen würde, wäre aufgrund der
Schutzvorkehrungen auch bei hierdurch bedingten Undichtigkeiten der Leitung keine
Gefahr für die Kläger zu besorgen.
100
Hinsichtlich der von den Klägern geltend gemachten Gefahren durch Erdbeben und
bergbaubedingten Erderschütterungen gehen von der Anlage unter Berücksichtigung
der Schutzvorkehrungen keine Gefahren für Leben und Gesundheit aus, die eine
weitergehende Vorsorge erforderten.
101
Der vorgesehene Standort der Grubengasgewinnungsanlage liegt nach der DIN 4149 in
der Erdbebenzone 0. Nach § 1 Abs. 3 der DIN 4149 ist der Grad der
Erdbebengefährdung außerhalb der Erdbebenzonen 1 bis 3 als so gering
einzuschätzen, dass die Norm dort nicht angewendet werden muss. Einen gewissen
Schutz der Rohrleitung gegen Bodenbewegungen bietet bereits das Sandbett, in
welchem die Leitung verlegt wird. Entgegen der Ansicht der Kläger findet sich das
Sandbett auch in den Antragsunterlagen, sowohl in der Darstellung der Brunnenstube in
Anlage 4 als auch in der Beschreibung der Anlage auf Seite 4 der
Umweltverträglichkeitsuntersuchung von April 2009. Unter Berücksichtigung der
vorgesehenen Sicherheitsvorkehrungen gehen von der Anlage auch im Übrigen im Fall
von durch Erdbeben bedingten Undichtigkeiten keine weitergehenden Gefahren aus.
Dies gilt ebenso für erdbaubedingte Erdschütterungen, so dass der Frage, ob von den
von dem noch andauernden Steinkohleabbau im Bergwerk X1 ausgehenden
Erderschütterungen am Standort der Anlage derartige Schwinggeschwindigkeiten
erreicht werden können, dass Schäden zu erwarten sind, nicht weiter nachgegangen
werden musste.
102
Auch aufgrund von Hochwassergefahren waren für die Anlage keine weitergehenden
Schutzvorkehrungen zu treffen. Der Schutz vor einem Rheinhochwasser wird durch die
Deiche sichergestellt. Im Übrigen greifen auch bei einem Hochwasser die von der
Beigeladenen ergriffenen Sicherheitsvorkehrungen der Anlage.
103
Der Einwand der Kläger, die in Ziffer 9 der Grubengasgewinnungs-Richtlinien
vorgegebenen Sicherheitsabstände würden nicht eingehalten, greift nicht durch. Das
Bohrloch ist von dem Grundstück des Klägers zu 1. etwa 50 Meter und vom Grundstück
der Kläger zu 2. und 3. etwa 120 Meter entfernt. Der Standort der Verdichterstation liegt
etwa 220 Meter von der Grenze des Grundstücks des Klägers zu 1. und etwa 210 Meter
vom Grundstück der Kläger zu 2. und 3. entfernt. Auf die Entfernung zu Grundstücken,
die anderen Personen gehören und von diesen genutzt werden, können sich die Kläger
nicht berufen.
104
Nach Ziffer 10 der Grubengasgewinnungs-Richtlinien ist die Eignung des Baugrunds für
die Aufstellung und den Betrieb der Anlage zu prüfen. Anlagenteile von
105
Grubengasgewinnungsanlagen, von denen bei Betriebsstörungen oder in
Schadensfällen Gefahren für die Umgebung ausgehen können, müssen von Gebäuden,
öffentlichen Verkehrsanlagen und ähnlichen zu schützenden Gegenständen soweit
entfernt errichtet werden, dass Gefahren für das Leben und die Gesundheit von
Personen vermieden werden und eine ungehinderte Bekämpfung der Gefahren möglich
ist. Dies beschreibt lediglich die bereits aus § 55 Abs. 1 Nr. 3 BBergG folgende
Zulassungsvoraussetzung der erforderlichen Vorsorge gegen Gefahren für Leben und
Gesundheit näher. Da der Standort mit der Zulassung bereits festgelegt ist, handelt es
sich hierbei trotz des Verweises in den Nebenbestimmungen der
Hauptbetriebsplanzulassung auf die Grubengasgewinnungs-Richtlinien nicht lediglich
um eine durch Nebenbestimmung sicherzustellende Anforderung. Vorliegend ist jedoch
zu den Grundstücken der Kläger ein hinreichender Abstand insbesondere zu der
Verdichterstation eingehalten.
Durch die Grubengasgewinnungsanlage wird zur Überzeugung des Gerichts nicht die
Gefahr eines diffusen Gasaustrittes begründet. Grundsätzlich gehört E-C nicht zu den
Gebieten, in welchen mit Gasaustritten zu rechnen ist. Das Gas, welches sich in dem
durch die Bohrung erschlossenen Feld befindet, wird kontrolliert durch die Rohrleitung
abgesaugt. Die Absaugung von Grubengas dient in Gebieten, welche durch
Grubengasaustritte gefährdet sind, sogar der Gefahrenabwehr. Die Frage, ob die
Bohrung, welche möglicherweise durch aufgrund des Bergbaus zerklüftete Schichten
führt, gasdicht ausgeführt werden kann, bleibt der Zulassung des entsprechend
Betriebsplans für die Bohrung überlassen.
106
Das von den Klägern gerügte Fehlen eines Sicherheitsnachweises kann nicht zur
Aufhebung der streitgegenständlichen Hauptbetriebsplanzulassung führen. Da die
Anlage noch nicht besteht, kann für diese konkrete Anlage noch kein
Sicherheitsnachweis vorgelegt werden. Nach den Vorgaben der
Grubengasgewinnungs-Richtlinien ist jedoch vor Inbetriebnahme eine Prüfung durch
einen Sachverständigen vorgesehen. Nach Ziffer 11 der Grubengasgewinnungs-
Richtlinien sind Grubengasgewinnungsanlagen vor der Inbetriebnahme und nach
wesentlichen Änderungen durch hierfür benannte oder für Grubengas-Absaugeanlagen
anerkannte Sachverständige gemäß den einschlägigen Bestimmungen und unter
Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Sicherheitstechnik zu prüfen. In
Abständen von längstens drei Monaten sind Grubengasgewinnungsanlagen zur
Feststellung äußerlich erkennbarer Schäden oder Mängel von sachkundigen Personen
zu prüfen.
107
Der Einwand eines fehlenden Brandschutzkonzeptes führt ebenfalls nicht zur
Verletzung subjektiver Rechte der Kläger. Nach Ziffer 3 der Grubengasgewinnungs-
Richtlinien ist für den Brand- und Explosionsschutz nach § 11 ABBergV in der Fassung
vom 10. August 1998 i.V.m. Anhang 1 Nr. 1.2.2 und Nr. 1.4.5 ABBergV ein Plan
aufzustellen.
108
Es liegt auch kein Verstoß gegen § 48 Abs. 2 BBergG vor.
109
§ 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG verlangt die Berücksichtigung des Bergbaus auf geschützte
Rechtsgüter Dritter bereits im Betriebsplanverfahren. Die Bergbehörde ist über § 48 Abs.
2 Satz 1 BBergG gehalten, die beabsichtigte Gewinnung des Bodenschatzes zu
beschränken oder zu untersagen, wenn nur dadurch eine unverhältnismäßige
Beeinträchtigung des Oberflächeneigentums vermieden werden kann,
110
vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 2010 – 7 C 18/09 -, Rn. 35 (juris).
111
Es ist nicht zu erwarten, dass von der mit dem angefochtenen Hauptbetriebsplan
zugelassenen Grubengasgewinnung Bergschäden von einigem Gewicht an den
Gebäuden der Kläger verursacht werden.
112
Nach den Hinweisen des Länderausschusses Bergbau vom 23. Oktober 1992 können
Eigentumsbeeinträchtigungen an der Oberfläche von einigem Gewicht, d.h. solche, die
über kleinere und mittlere Schäden im üblichen Umfang hinausgehen, vor allem im
Steinkohlenbergbau mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit insbesondere eintreten 1) in
Bereichen vorhandener oder zu erwartender Unstetigkeitszonen, 2) in Bereichen, in
denen bei baulichen Anlagen unter Berücksichtigung der Vorbelastungen eine
maximale Gesamtschieflage von mindestens 30 mm/m zu erwarten ist (liegen der
Behörde Messergebnisse vor, aus denen sich ganz oder teilweise die bisher
eingetretene mittlerweile Schieflage ergibt, so kann es zweckmäßig sein, bei der
Prüfung der Beteiligungspflicht anstelle der maximalen die mittlere Schieflage
zugrundezulegen; in diesen Fällen ist der Mindestschieflagenwert von 30 mm/m
angemessen herabzusetzen), 3) darüber hinaus auch bei geringeren Einwirkungen in
besonders gelagerten Einzelfällen (z.B. bei Gewerbebetrieben, wenn eine
Betriebseinstellung oder nachhaltige –unterbrechung zu erwarten ist oder bei
Gebäuden, die besonderen bergbaulichen Beanspruchungen, etwa durch wechselnde
Schieflagerichtungen ausgesetzt waren).
113
Die bisherige durchschnittliche Schieflage des Hauses der Kläger zu 2. und 3. beträgt
nach einer im Jahr 2007 vorgenommen Messung -2,1 mm/m. Am Haus des Klägers zu
1. ergab sich am 9. September 2005 eine Gesamtschieflage von 2,82 mm/m. Zudem ist
das Gebiet von Unstetigkeiten betroffen. Die bereits bestehenden Bergschäden an den
Häusern der Kläger sowie die möglicherweise durch eine Hebung der Tagesoberfläche
aufgrund der Beendigung der Grundwasserhaltung im Bergwerk X entstehenden
Schäden sind nicht durch die streitgegenständliche Grubengasgewinnungsanlage
verursacht.
114
Das Gericht hat die Überzeugung gewonnen, dass von der Grubengasgewinnung keine
derartigen Bodenbewegungen an der Tagesoberfläche zu erwarten sind, dass schwere
Bergschäden zu befürchten wären.
115
Das vorhandene Grubengas steht nicht unter Druck. Dem Gas kann keine Stützwirkung
zugesprochen werden, da das Gas adsorptiv gebunden und der Gebirgskörper durch
den umgegangenen Steinkohlenbergbau aufgelockert ist. Für diese Annahme der
Beklagten spricht auch deren bisherige Erfahrung mit den seit geraumer Zeit
betriebenen Grubengasanlagen. Die Kläger haben demgegenüber inhaltlich keine
konkreten Anhaltspunkte für die Verursachung schwerer Bergschäden durch die
Grubengasgewinnung vorgebracht. Angesichts des Verhältnisses der durch die
Grubengasgewinnung entnommenen Gasmengen zu den bereits durch den
Steinkohlenbergbau dem Boden entnommenen Massen erscheinen die voraussichtlich
zu entnehmenden Gasmengen eher untergeordnet. Der Einwand der Kläger, die
streitgegenständliche Grubengasgewinnungsanlage sei nicht mit natürlich
vorkommenden Ausgasungsorten vergleichbar, kann diese Erfahrung mit bereits
betriebenen Grubengasgewinnungsanlagen nicht entkräften.
116
Der Beweisantrag der Kläger war bereits nicht auf die Feststellung von Tatsachen
gerichtet. Die Frage, ob es sich bei Folgen der Grubengasgewinnung um Bergschäden
von einigem Gewicht handelt, unterliegt der Wertung des Gerichts. Unabhängig davon
war auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage der durch die
Grubengasgewinnung zu erwartenden Bodenbewegungen entbehrlich. Die Kläger
haben die Einschätzung der Beklagten, die über umfangreiche Erfahrungen sowohl mit
Bodenbewegungen durch untertägigen Abbau als auch mit
Grubengasgewinnungsanlagen verfügt, nicht durch konkrete Anhaltspunkte in Zweifel
gezogen.
117
Da hinreichende Vorsorge vor Explosionen getroffen wurde, kann auch aus solchen
keine Beeinträchtigung des Oberflächeneigentums der Kläger resultieren.
118
Von dem streitgegenständlichen Vorhaben drohen den Klägern darüber hinaus keine
schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Lärmimmissionen.
119
Zu den überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 48 Abs. 2 BBergG gehört
auch das für immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen gemäß
§ 22 BImSchG geltende Gebot, nach dem Stand der Technik vermeidbare schädliche
Umwelteinwirkungen zu verhindern und unvermeidbare auf ein Mindestmaß zu
beschränken,
120
vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juli 1986 – 4 C 31/84 -, Rn. 24 (juris).
121
Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach
Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche
Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
122
Nachbarn, die durch Immissionen eines bergrechtlich zugelassen Gewinnungsbetrieb
erheblich belästigt werden, können Rechtsschutz gegen diese Betriebsplanzulassung
ebenso in Anspruch nehmen, wie wenn über derartige Immissionen in einem anderen
Genehmigungsverfahren zu entscheiden wäre,
123
vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juli 1986 – 4 C 31/84 -, Rn. 29 (juris); VG Ansbach, Urteil
vom 29. März 2007 – AN 16 K 05.03403 -, Rn. 42 ff. (juris).
124
Immissionen umfassen nach § 3 Abs. 2 BImSchG auch Geräusche.
125
Entgegen der Ansicht der Kläger ist jedoch die Nebenbestimmung Nr. 2 der
Hauptbetriebsplanzulassung in der im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergänzten
Fassung geeignet, einen ausreichenden Nachbarschutz vor Lärm sicherzustellen.
126
Es handelt sich bei den nach dieser Nebenbestimmung einzuhaltenden Werten um
Grenzwerte, die von der Anlage einzuhalten sind. Die Ansicht, die Benennung einer
bloßen Zielvorgabe sei im Fall einer Windkraftanlage ungeeignet zur Sicherstellung
eines ausreichenden Schutzes,
127
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 1998 – 7 B 956/98 -, Rn. 21 (nrwe),
128
kann auf eine Anlage der vorliegenden Art nicht übertragen werden. Die von der
Windkraftanlage ausgehenden Lärmeinwirkungen, die im Wesentlichen von der
129
Windrichtung und Windstärke bestimmt werden, sind durch den Betreiber der
Windkraftanlagen nicht steuerbar,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 1998 – 7 B 956/98 -, Rn. 21 (nrwe).
130
Demgegenüber ist es der Beigeladenen jedoch möglich, die von der Anlage
ausgehenden Lärmeinwirkungen zu steuern, ggf. sogar durch eine Einstellung des
Betriebs. In diesem Fall ist eine derartige Nebenbestimmung grundsätzlich geeignet, die
Nachbarrechte zu sichern, wenn das Vorhaben bei regelmäßigem Betrieb so genutzt
werden kann, dass die entstehenden Immissionen die für die Nachbarschaft
maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze nicht überschreiten,
131
vgl. BayVGH, Beschluss vom 31. Mai 2007 – 15 CS 07.389 -, Rn. 20 (juris); vgl. auch
VG Augsburg, Beschluss vom 24. März 2009 – Au 5 S 09.32 -, Rn. 42 (juris).
132
Die maßgeblichen Immissionswerte wurden in der Nebenbestimmung Ziffer 2 der
Hauptbetriebsplanzulassung für die Immissionspunkte 1 bis 3 entsprechend der in Ziffer
6.1 der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-
Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm) für
reine Wohngebiete festgelegten Immissionsrichtwerte festgesetzt. Für Immissionspunkt
4 wurden die Immissionsrichtwerte für allgemeine Wohngebiete herangezogen.
133
Die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm konkretisiert, unter
welchen Voraussetzungen Geräusche schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von §
3 Abs. 1 BImSchG sind. Die hierdurch vorgenommene Konkretisierung des Maßstabs
für die Schädlichkeit von Geräuschen hat auch für das gerichtliche Verfahren
Bindungswirkung,
134
vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. April 2010 – 20 A 3379/07 -, Rn. 61 (juris).
135
Nicht angegriffen wurde die Festlegung der Immissionswerte für reine Wohngebiete
entsprechend Ziffer 6.1 der TA Lärm für die Immissionspunkte 1, 2 und 3. Unerheblich ist
vorliegend die Frage, ob für den Immissionspunkt 4 zutreffend die Richtwerte für
allgemeine Wohngebiete anstelle der für reine Wohngebiete festgelegt wurden. Aus
diesem Grund bedurfte es auch keiner näheren Aufklärung der Eigenarten des näheren
Umfeldes dieses Immissionspunktes. Immissionspunkt 4 ist nicht relevant für die im
vorliegenden Verfahren allein entscheidende Frage der Verletzung subjektiver Rechte
der Kläger. Immissionspunkt 4 liegt an der Tstraße 22a, hinter der Bebauung an der
Tstraße. Für die Kläger zu 2. und 3. liegt Immissionspunkt 4 von der Anlage aus
gesehen in entgegengesetzter Richtung. Es ist nicht ersichtlich, wie eine – unterstellte –
Überschreitung der Richtwerte an diesem Immissionspunkt zu einer Beeinträchtigung
dieser Kläger führen könnte. Das Grundstück des Klägers zu 1. liegt zwar näher an dem
Immissionspunkt 4, jedoch ist auch hier nicht ersichtlich, wie eine Überschreitung am
Immissionspunkt 4 zu einer Beeinträchtigung des Klägers zu 1. führen könnte, wenn die
Richtwerte für reine Wohngebiete am Immissionspunkt 3 eingehalten werden.
136
Im Übrigen dürfte sich der Immissionspunkt 4, der hinter der Bebauung an der Tstraße
liegt, auch am Rande des Außenbereichs befinden. Diesbezüglich ist zu beachten,
dass, selbst wenn man die Umgebung grundsätzlich als reines Wohngebiet einstufen
müsste, derjenige, der am Rande eines reinen Wohngebietes wohnt, dort nur
Immissionen von außerhalb abwehren kann, die mit der Wohnnutzung nicht mehr
137
verträglich sind. Maßgeblich sind daher die Richtwerte für ein Allgemeines Wohngebiet,
vgl. VG des Saarlandes, Urteil vom 27. August 1998 – 5 K 5/08 -, Rn. 108 (juris).
138
Der Eigentümer eines Grundstücks am Rande zum Außenbereich kann nicht damit
rechnen, dass in seiner Nachbarschaft keine emittierende Nutzung oder allenfalls eine
reine Wohnnutzung entstehen kann,
139
vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1989 – 7 C 77.87 -, Rn. 28 (juris); vgl. auch OVG
NRW, Beschluss vom 13. Juli 1989 – 7 B 956/98 -, Rn. 14 (nrwe).
140
Offen bleiben kann letztlich, ob dies auch für die Kläger zutrifft, so dass auch für diese
die Richtwerte für ein Allgemeines Wohngebiet maßgeblich wären.
141
Dass die maßgeblichen Immissionswerte überschritten werden, lässt sich auch unter
Berücksichtigung der von den Klägern geltend gemachten Mängel des von der DEKRA
erstellten Lärmgutachtens nicht annehmen.
142
Nach dem Schreiben der DEKRA Industrial GmbH vom 18. November 2009 ergeben
sich für den Verdichter unter Berücksichtigung der Lärmschutzwand folgende
Teilbeurteilungspegel, wobei die aktuellen Höhenangaben der Stadt E sowie die
geänderten Anlagendaten in diesen Werten noch nicht enthalten sind: IP 1: 27,8 dB(A)
tags/24,2 dB(A) nachts; IP 2: 24,9 dB(A) tags/21,3 dB(A) nachts; IP 3: 24,8 dB(A)
tags/21,2 dB(A) nachts; IP 4 25,1 dB(A) tags/21,5 dB(A) nachts.
143
Mit Schreiben vom 23. September 2009 legte die Beigeladene eine Stellungnahme des
TÜV Nord vor, in welcher die Schallimmissionen für die Wohnhäuser der Kläger
berechnet wurden. Für beide ergab sich hieraus ein gerundeter Beurteilungspegel Lr
von tags 27 dB(A) und nachts 23 dB(A).
144
Die nach beiden Berechnungen zu erwartenden Werte liegen so weit unterhalb der
Richtwerte, dass auch unter Berücksichtigung der von den Klägern vorgebrachten Kritik
an dem Gutachten der DEKRA nicht mit einer Überschreitung zu rechnen ist. Auch die
Einholung eines weiteren Gutachtens war entbehrlich. Die Frage der Schornsteinhöhe
dürfte sich im Übrigen lediglich auf die Verwertungs- und nicht auf die
Gewinnungsanlage beziehen.
145
Auch eine Berücksichtigung der Vorbelastung, unter anderem des Kraftwerks X, war
nicht erforderlich, da von der Grubengasgewinnungsanlage keine relevante
Zusatzbelastung ausgeht. Nach Ziffer 4.2 c) der TA Lärm ist bei nicht
genehmigungsbedürftigen Anlagen eine Berücksichtigung der Vorbelastung nur
erforderlich, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte absehbar ist, dass die zu
beurteilende Anlage im Falle ihrer Inbetriebnahme relevant im Sinne von Nummer 3.2.1
Abs. 2 zu einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 beitragen wird
und Abhilfemaßnahmen nach Nummer 5 bei den anderen zur Gesamtbelastung
beitragenden Anlagen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen offensichtlich nicht in
Betracht kommen. Nach Ziffer 3.2.1. Abs.2 ist ein Immissionsbeitrag in der Regel nicht
als relevant anzusehen, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende
Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 am maßgeblichen
Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Auch unter Berücksichtigung
möglicher Kritikpunkte an den vorgelegten Gutachten sind die berechneten Werte des
146
Verdichters so weit von den entsprechenden Immissionsrichtwerten entfernt, dass nicht
von einem relevanten Beitrag der Anlage auszugehen ist.
Der Schutz der Kläger vor tieffrequenten Geräuschen wird durch die Ergänzung der
Nebenbestimmung Nr. 2 zur Hauptbetriebsplanzulassung sichergestellt.
147
Entgegen der Ansicht der Kläger ist trotz der Frist, die die Zulassung der Beigeladenen
zum Nachweis der Einhaltung der Immissionsrichtwerte einräumt, ein ausreichender
Nachbarschutz gewährleistet.
148
Dies widerspricht nicht der Ansicht des OVG NRW, wonach eine Baugenehmigung nur
dann mit den Nachbarrechten vereinbar ist, wenn gewährleistet ist, dass die genannte
Anlage die maßgeblichen Lärmgrenzwerte schon ab Beginn ihrer Inbetriebnahme
einhält,
149
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Juli 2002 – 10 B 669/02 -, Rn. 11 (juris).
150
Nach der Nebenbestimmung Nr. 2 der vorliegenden Betriebsplanzulassung ist die
Einhaltung der Nebenbestimmung frühestmöglich, spätestens aber 4 Wochen nach
Inbetriebnahme und zum lärmtechnisch ungünstigsten Zeitpunkt von einer
sachverständigen Stelle feststellen zu lassen. Für die Auswertung und Beurteilung der
Messergebnisse ist die TA Lärm maßgebend. Der entsprechende Messbericht ist der
Beklagten innerhalb von vier Wochen nach Messung vorzulegen.
151
Die Einhaltung der Richtwerte ist bereits ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme
gefordert. Die Nebenbestimmung Ziffer 2 gibt der Beigeladenen lediglich einen
Spielraum von maximal 8 Wochen (4 Wochen bis zur Messung und weitere 4 Wochen
bis zur Vorlage des Messberichts) ab Inbetriebnahme, bis eine mögliche Überschreitung
der Richtwerte aufgrund der Vorlage des Messberichts bei der Beklagten festgestellt
werden würde.
152
Es ist ausgeschlossen, vor Inbetriebnahme eine Überprüfung und Messung
vorzunehmen, da die Überprüfung der durch den Betrieb entstehenden
Lärmeinwirkungen denknotwendig erst mit Aufnahme des Betriebs möglich ist. Eine
gewisse Frist für den Nachweis ist daher zwingend erforderlich. Angesichts der
Tatsache, dass eine tatsächliche Überschreitung der maßgeblichen
Immissionsrichtwerte bei Inbetriebnahme nicht zu erwarten ist, ist die gesetzte Frist auch
unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung des Nachbarschutzes nicht zu lang.
153
Auch liegt keine Verletzung von § 48 Abs. 2 BBergG aufgrund von entgegenstehenden
drittschützenden Vorschriften des Bauplanungsrechts vor.
154
Handelt es sich um baugenehmigungsbedürftige Tatbestände, fällt die Prüfungspflicht
nicht der Bergbehörde, sondern den Baugenehmigungsbehörden zu. Im Übrigen hat
jedoch die Bergbehörde im Rahmen des § 48 Abs. 2 BBergG zu prüfen, ob das
Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig ist,
155
vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 1989 – 4 C 25/86 -, Rn. 62 (juris); VGH Kassel, Urteil
vom 12. September 2000 – 2 UE 924/99 -, NVwZ-RR 2001, 300.
156
Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BauO NRW gilt die Bauordnung nicht für Anlagen, soweit sie der
157
Bergaufsicht unterliegen, mit Ausnahme von Gebäuden. Das Bohrloch und die Leitung
unterfallen somit nicht der Bauordnung und bedürfen daher keiner Baugenehmigung.
Entgegenstehende bauplanungsrechtliche Vorschriften wären im Rahmen der
Betriebsplanzulassung zu prüfen.
Offen bleiben kann vorliegend, ob es sich bei dem Bohrloch und der erdverlegten
Leitung überhaupt um bauliche Anlagen im Sinne des § 29 BauGB handelt und ob sich
diese im Außen- oder Innenbereich befinden, da jedenfalls subjektive Rechte der Kläger
nicht verletzt sind. Selbst wenn man vom Vorliegen baulicher Anlagen im Sinne des §
29 BauGB im unbeplanten Innenbereich, dessen Eigenart einem reinen Wohngebiet
entspricht, ausginge, wäre der Gebietserhaltungsanspruch der Kläger nicht verletzt.
158
Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat grundsätzlich
unabhängig von einer tatsächlichen Beeinträchtigung des Nachbarn
nachbarschützende Funktion zugunsten der Planbetroffenen,
159
vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Februar 2000 – 4 B 87/99 -, Rn. 9 (juris).
160
Die nachbarschützende Funktion von Festsetzungen eines Baugebiets gilt ebenso im
unbeplanten Innenbereich, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der
Baugebiete der BauNVO entspricht,
161
vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. September 2007 – 4 B 36/07 -, Rn. 2 (juris).
162
Jeder Planbetroffene soll grundsätzlich das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung
und damit die schleichende Umwandlung eines Baugebiets verhindern können,
163
vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Februar 2000 – 4 B 87/99 -, Rn. 9 (juris); Beschluss
vom 27. September 2007 – 4 B 36/07 -, Rn. 2 (juris).
164
Die schleichende Umwandlung eines Baugebietes und damit eine Verletzung des
Gebietserhaltungsanspruchs ist jedoch bezüglich eines eindringenden Vorhabens dann
ausgeschlossen, wenn das fragliche Vorhaben nicht von solchem bodenrechtlichen
Gewicht ist und solche planerisch unerwünschten Folgewirkungen auslösen kann, dass
ein "Umkippen" des Gebietscharakters droht,
165
vgl. VGH Kassel, Urteil vom 9. August 2007 – 3 UE 684/07 -, Rn. 39 (juris).
166
Angesichts der geringen bodenrechtlichen Relevanz des Bohrlochs und der Rohrleitung
ist vorliegend eine Verletzung der Kläger in ihrem Gebietserhaltungsanspruch
ausgeschlossen. Das Bohrloch wird mit einem Deckel bedeckt sein, der zwar größer als
ein normaler Kanaldeckel sein wird, jedoch grundsätzlich einem solchen nicht
unähnlich ist. Die Rohrleitung wird zumindest in dem Bereich, der in der Nähe der
Wohnbebauung liegt, erdverlegt sein. Ein Bedürfnis nach einer Bauleitplanung können
das Bohrloch und die Rohrleitung allenfalls in geringem Maße hervorrufen. Angesichts
der standortgebundenen Voraussetzungen einer Grubengasgewinnungsanlage und der
im Umfeld des Bohrlochs nach den vorgelegten Luftbildern bestehenden Bebauung
besteht auch nicht die Gefahr, dass das Gebiet entsprechend "umkippen" könnte.
167
Ob bezüglich der Verdichterstation eine Baugenehmigung erforderlich und somit die
baurechtliche Prüfung auf das Baugenehmigungsverfahren verlagert ist, kann
168
vorliegend offen bleiben, da auch diesbezüglich eine Verletzung subjektiver Rechte der
Kläger nicht vorliegt. Der Eigentümer eines Grundstücks im Innenbereich kann
gegenüber einer auf dem Nachbargrundstück im Außenbereich genehmigten Bebauung
Rücksichtnahme auf seine Interessen im Rahmen einer Abwägung mit den Interessen
des Nachbarn nur insoweit verlangen, als er über eine schutzwürdige Abwehrposition
verfügt,
vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1993 – 4 C 5/93 – (juris).
169
Einzig das Gebot der Rücksichtnahme verleiht dem Nachbarn einer im Außenbereich
erteilten Baugenehmigung ein Abwehrrecht. Eine gesetzliche Ausformung des
Rücksichtnahmegebots findet sich in dem Erfordernis, schädliche Umwelteinwirkungen
zu vermeiden,
170
vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 15. November 2005 – AN 18 S 05.02588 - , Rn. 37
(juris).
171
Bezüglich der Frage der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert das BImSchG
die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft auch mit Wirkung für das
Bebauungsrecht,
172
vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Februar 2000 – 4 B 87/99 -, Rn. 7 (juris).
173
Da wie festgestellt, hinreichend Vorsorge vor schädlichen Umwelteinwirkungen
getroffen wurde, liegt insoweit auch bauplanungsrechtlich keine Verletzung des
Rücksichtnahmegebots vor.
174
Eine darüber hinausgehende schutzwürdige Abwehrposition der Kläger, auf welche
Rücksicht zu nehmen wäre, ist nicht erkennbar. Eine solche Position kann sich nicht aus
einer objektivrechtlichen Unzulässigkeit eines Vorhabens ergeben,
175
vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1993 – 4 C 5/93 -, Rn. 19 (juris).
176
Offen bleiben kann, ob es sich bei der Verdichterstation um ein im Außenbereich nach
§ 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB privilegiertes Vorhaben handelt, da es sich insoweit nicht um
eine nachbarschützende Vorschrift handelt,
177
vgl. VG Bayreuth, Urteil vom 29. April 2008 – B 2 K 07.910 -, Rn. 20 (juris).
178
Der von den Klägern geltend gemachte Widerspruch zu den Darstellungen des
Flächennutzungsplans, den Darstellungen eines Landschaftsplans sowie den Belangen
des Naturschutzes und der Landschaftspflege stellt keine schutzwürdige
Abwehrposition der Kläger dar.
179
Schließlich wäre ohnehin fraglich, ob sich selbst im Fall einer Verletzung
nachbarschützender Vorschriften des Bauplanungsrechts hieraus ein
Aufhebungsanspruch bezüglich der Betriebsplanzulassung ergeben würde.
Grundsätzlich kann sich bei der nach § 48 Abs. 2 BBergG gebotenen abwägenden
Entscheidung ein nachbarlicher Rücksichtnahmeanspruch, soweit er allein auf
drittschützende Bestimmungen des einfachen Bauplanungsrechts gestützt ist, nach
Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht durchsetzen,
180
vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 1989 – 4 C 25/86 -, Rn. 62 (juris).
181
Mangels eigener subjektiver Rechte können die Kläger nicht geltend machen, die
Anlage verstoße gegen die Vorschriften der Ordnungsbehördlichen Verordnung zur
Festsetzung des Wasserschutzgebietes für das Einzugsgebiet der
Wassergewinnungsanlage C1er Feld der X2 GmbH (Wasserwerksbetreiber) -
Wasserschutzgebietsverordnung C1er Feld – vom 01. August 1996. Nach § 1
Wasserschutzgebietsverordnung C1er Feld wird das Wasserschutzgebiet zum Schutz
des Grundwassers im Interesse der öffentlichen Wasserversorgung festgesetzt. Die
Schutzbestimmungen der Wasserschutzgebietsverordnung dienen nicht dem Schutz
von Rechten von Grundstücksnachbarn,
182
vgl. BayVGH, Urteil vom 11. Oktober 1984 – Nr. 2 B 83 A.1315 -, BayVBl. 1985, S.
179.
183
Die Festsetzung dient vielmehr dem Schutz der Allgemeinheit,
184
vgl. BayVGH, Urteil vom 18. Mai 1990 – 22 B 88.763 -, NVwZ 1990, S. 998.
185
Ebenso wenig können die Kläger Gesichtspunkte des Naturschutzes oder des
Vogelschutzes geltend machen,
186
vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2007 – 4 C 12/05 -, Rn. 30 ff. (juris).
187
Mangels Verletzung subjektiver Rechte der Kläger besteht auch kein Anspruch auf
Schutzvorkehrungen, so dass auch die Hilfsanträge ohne Erfolg bleiben müssen.
188
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 und 162 Abs. 3 VwGO,
100 Abs. 1 ZPO. Es entspricht billigem Ermessen, die außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese einen Sachantrag gestellt und
sich damit einem eigenen Kostenrisiko (§ 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt hat.
189
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 und 2 VwGO
i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
190