Urteil des VG Düsseldorf vom 26.01.2010
VG Düsseldorf (verwaltungsakt, rechtsverhältnis, abfall, backmehl, transport, betrieb, sache, lebensmittel, umstände, form)
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 17 K 2959/09
Datum:
26.01.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
17. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
17 K 2959/09
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher
Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Klägerin produziert sogenanntes "Backmehl". Es handelt sich hierbei um einen
Ausgangsstoff für die Futtermittelindustrie, dessen Konsistenz, insbesondere
hinsichtlich des in Kilojoule bestimmten Energiegehalts pro Gewichtseinheit, von den
Abnehmern der Klägerin vertraglich vorgegeben wird.
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Als Rohstoffe für die Produktion des Backmehls werden in erster Linie Alt-Brot und
Fehlproduktionen von Großbäckereien, Überproduktionen und überlagerte Süßwaren
sowie sonstige nicht mehr für den menschlichen Verzehr bestimmte Lebensmittel und
Nebenprodukte der Lebensmittelindustrie verwendet. Die Klägerin bindet nach ihren
Angaben ihre Lieferanten durch meist längerfristige Verträge, weil sie sich ihrerseits
gegenüber ihren Abnehmern zu kontinuierlicher Belieferung mit vertraglich vereinbarten
Mengen in definierten Zeiträumen verpflichten muss. Die Rohstoffe werden nach Sorten
getrennt eingekauft und transportiert. In dem Betrieb der Klägerin werden die einzelnen
Fraktionen des Rohstoffs nach den unterschiedlichen produkttypischen Anforderungen
behandelt.
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Am 17. Juli 2007 wurde ein Lastwagen der Klägerin, der von Frankreich mit Stoffen aus
der Herstellung von Back- und Süßwaren auf dem Weg nach H war, kontrolliert. Wegen
des Fehlens eines Begleitpapiers nach Art. 11 der Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des
Rates vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von
Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft sowie fehlender
Warntafeln gemäß § 10 des Gesetzes über die Überwachung und Kontrolle der
grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen (Abfallverbringungsgesetz –
AbfVerbrG) wurde ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet, welches
zwischenzeitlich eingestellt wurde.
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Im Zusammenhang mit dem Ordnungswidrigkeitenverfahren kam es zwischen der
Klägerin und der Beklagten zu einem Gespräch über die Frage der Einordnung der von
der Klägerin verarbeiteten Stoffe als Abfall.
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Mit Schreiben vom 26. März 2009, das mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war,
teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie schließe sich der klägerischen Auffassung, dass
es sich bei von der Klägerin verarbeiteten Back- und Süßwaren nicht um Abfall im Sinne
des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes handele, nicht an und stelle daher fest,
dass für die betreffenden Materialien nach wie vor die Anforderungen des Abfallrechts
gelten. Es werde nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Back- und Süßwaren bzw.
Teilmengen davon nach einer Behandlung und unter bestimmten Voraussetzungen
auch von Anfang an die Produkteigenschaft zugebilligt werden könne. Lediglich die
Auffassung, wonach die Gesamtheit der Materialien zu keinem Zeitpunkt den
Abfallbegriff erfülle, sei abzulehnen.
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Die Klägerin hat am 29. April 2009 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, soweit die
Rohprodukte im klägerischen Betrieb von Verpackungen befreit würden, entstehe Abfall
erst an Ort und Stelle, während es sich bis zu diesem Zeitpunkt um Wertstoffe handele,
von deren Besitz sich der Veräußerer abfallrechtlich weder trennen müsse noch wolle.
Gerade mit Rücksicht auf die Wertstoffeigenschaft bestehe lediglich eine schon vor der
Entstehung des von der Klägerin eingekauften Produkts begründete zivilrechtliche
Andienungspflicht zugunsten der Klägerin als Käuferin. Das "Backmehl" bestehe
überwiegend aus Backwaren, die bis auf eine geringe Menge an Toastbrot
grundsätzlich unverpackt übernommen würden. Nicht erst die nach energetischen
Vorgaben hergestellte Mischung lasse ein Futtermittel, bzw. dessen Ausgangsprodukt
"Backmehl" entstehen. Vielmehr sei der eingekaufte Rohstoff ohne jede substantielle
Veränderung bereits prinzipiell als Futtermittel verwendbar. Im Übrigen verlange die
Beklagte für die Beförderung der klägerischen Produkte selbst dann noch eine
abfallrechtliche Transportgenehmigung, wenn beispielsweise die schon ausgepackte
und zerkleinerte Ware zwecks Trocknung von H in die benachbarten Niederlande und
von dort zurück nach H befördert werde. Aufgrund der divergierenden Behördenpraxis
habe die Klägerin als bundes- und europaweit tätiger Betrieb ein grundsätzliches
Interesse daran, die Abfalleigenschaft der für das "Backmehl" verwendeten Stoffe
verbindlich feststellen zu lassen. Eine jeweils einzelfallabhängige Beurteilung sei für sie
angesichts der Vielzahl von Stoffen und Transporten nicht praktikabel.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 26. März 2009,
zugegangen am 30. März 2009, festzustellen, dass von ihr angekaufte und
transportierte, für den menschlichen Verzehr nicht mehr bestimmte Produkte
aus der Lebensmittel-, insbesondere aus der Back- und Süßwarenindustrie,
darunter Überproduktionen, überlagerte Produkte und Alt-Backwaren, nicht
"Abfälle zur Verwertung" im Rechtssinne sind, und zwar auch dann nicht,
wenn sie im Betrieb der Klägerin zunächst von Verpackungen getrennt
werden, bevor sie zu einem Grundstoff für die Futtermittelindustrie
(sogenanntes "Backmehl") nach Zerkleinerung, Trocknung und
Vermengung verarbeitet werden.
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Hilfsweise beantragt die Klägerin,
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festzustellen, dass sie keiner abfallrechtlichen Transportgenehmigung für
die Beförderung von für den menschlichen Verzehr nicht mehr bestimmten
Produkten aus der Lebensmittel-, insbesondere aus der Back- und
Süßwarenindustrie, darunter Überproduktionen, überlagerte Produkte und
Alt-Backwaren bedarf, welche rechtlich und tatsächlich geeignet sind, im
klägerischen Betrieb zu einem Grundstoff für die Futtermittelindustrie
(sogenanntes "Backmehl") gegebenenfalls nach Abtrennung von
Verpackungen jeder Art verarbeitet zu werden.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung verweist sie zunächst auf das Schreiben vom 26. März 2009.
Vertiefend trägt sie vor, es liege keine homogene Gesamtmenge vor. Von der Klägerin
würden "Rohstoffe" verschiedenster Art von den unterschiedlichsten Lieferanten
bezogen. Obwohl es auf der Hand liege, dass sich eine pauschale und damit
einzelfallunabhängige Bewertung sämtlicher von der Klägerin eingekaufter und
transportierter Stoffe aus der Lebensmittelindustrie verbiete, lege die Klägerin eine
Spezifikation ihres Anliegens bzw. eine konkrete und substantiierte Beschreibung
einzelner Stoffströme nebst zugehöriger Abläufe nicht vor. Bei der Klägerin handele es
sich zwar um ein registriertes Futtermittelunternehmen. Jedenfalls könnten jedoch nicht
sämtliche von der Klägerin eingekauften und transportierten Stoffe aus der
Lebensmittelindustrie bereits vor einer Aufbereitung/Behandlung in Form eines
Sortierens, Entpackens, ggf. Zerkleinerns sowie Trocknens und Homogenisierens per
se als Futtermittel und damit nicht als Abfall im Sinne des KrW-/AbfG angesehen
werden.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf
den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der
Beklagten (Beiakten Heft 1 und 2) Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage hat mit dem Hauptantrag keinen Erfolg, da sie unzulässig ist.
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Die Klage kann nicht als Anfechtungsklage gegen das Schreiben der Beklagten vom
26. März 2009 angesehen werden.
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Bei dem Schreiben der Beklagten vom 26. März 2009 handelt es nicht um einen
Verwaltungsakt. Nach § 35 Satz 1 VwVfG NRW ist Verwaltungsakt "jede Verfügung,
Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung
eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare
Rechtswirkung nach außen gerichtet ist".
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Maßgeblich für die Frage, ob eine Maßnahme ein Verwaltungsakt darstellt, ist, wie der
Empfänger die Maßnahme unter Berücksichtigung der ihm erkennbaren Umstände bei
objektiver Würdigung verstehen muss,
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vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 26. Juni 1987 – 8 C 21/86 –, Rn.
20
8 (juris); Urteil vom 17. August 1995 – 1 C 15/94 –, NJW 1996, 1073.
Unerheblich ist, in welcher Form die Behörde die Maßnahme erlassen wollte,
21
vgl. BVerwG, Urteil vom 1. März 1967 – IV C 74.66 –, BVerwGE 26, 251, 252.
22
Vorliegend fehlt es an dem Merkmal der Regelung. Ein Verwaltungsakt muss nach
seinem objektiven Sinngehalt darauf gerichtet sein, unmittelbar und für die Betroffenen
verbindlich Rechte und Pflichten oder einen Rechtsstatus festzulegen,
23
vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 35, Rn. 47.
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In Betracht kommt vorliegend allenfalls ein feststellender Verwaltungsakt. Durch einen
solchen werden rechtserhebliche Eigenschaften in Bezug auf einen Einzelfall
verbindlich festgestellt oder abgelehnt. Der Betroffene muss aus dem Verwaltungsakt
selbst oder den dort genannten Umständen entnehmen können, dass die Behörde
konkrete Rechte und Pflichten feststellen wollte,
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vgl. VG Köln, Urteil vom 9. November 2001 – 13 K 7283/99 –, Rn. 33 (nrwe).
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Hieran mangelt es. Bei dem Schreiben vom 26. März 2009 handelt es sich lediglich um
einen Hinweis auf die Rechtsauffassung der Beklagten.
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Ein Indiz hierfür bietet bereits die Einleitung, wonach sich die Beklagte der Auffassung
der Klägerin nicht anschließe. Darüber hinaus fehlt es trotz der Formulierung
28
"Ich stelle daher fest, dass für die betreffenden Materialien nach wie vor die
Anforderungen des Abfallrechts gelten."
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an einer konkreten Feststellung. Nach den Ausführungen in dem Schreiben vom
26. März 2009 sollte gerade keine konkrete Aussage zur Abfalleigenschaft einzelner
von der Klägerin verarbeiteter Rohstoffe getroffen werden. Eine solche war nach Ansicht
der Beklagten aufgrund der mangelnden Konkretisierung nicht möglich. Lediglich die
allgemeine Auffassung der Klägerin, wonach die Gesamtheit der Materialien zu keinem
Zeitpunkt den Abfallbegriff erfülle, wurde von der Beklagten abgelehnt. Wörtlich führt
diese aus:
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"Abschließend sei noch einmal verdeutlich, dass mit diesem Bescheid nicht
grundsätzlich ausgeschlossen wird, dass Back- und Süßwaren bzw. Teilmengen
davon nach einer Behandlung und unter bestimmten Voraussetzungen auch von
Anfang an die Produkteigenschaft zugebilligt werden kann."
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Eine verbindliche Feststellung wird hiermit gerade nicht getroffen. Noch im Rahmen des
gerichtlichen Verfahrens wies die Beklagte auf die fehlende Spezifikation des Anliegens
der Klägerin hin.
32
Auch das Vorhandensein einer Rechtsbehelfsbelehrung sowie die Bezeichnung als
"Bescheid" im Rahmen der Erläuterungen führen vorliegend nicht zur Annahme eines
Verwaltungsaktes, selbst wenn die äußere Form im Rahmen einer Gesamtwürdigung
neben dem Wortlaut und dem objektiven Erklärungswert zu berücksichtigen sein sollte,
33
vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 – 2 S 1457/09 –, Rn. 32
(juris); gegen eine Berücksichtigung der Form demgegenüber VG Wiesbaden, Urteil
vom 5. März 2007 7 E 1536/06 –, NVwZ-RR 2007, 613; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 35,
Rn, 16 ist der Ansicht, die Form erlaube lediglich Rückschlüsse auf das
möglicherweise Gemeinte, könne jedoch eine fehlende Regelung nicht ersetzen.
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Bezüglich der Bezeichnung als "Bescheid" ist zu berücksichtigen, dass dieser Begriff
lediglich in der Begründung verwendet wird. Weder ist das Schreiben damit
überschrieben, noch ist dem "feststellenden" Teil zu entnehmen, dass die
Rechtsauffassung der Beklagten als Bescheid erlassen werden sollte. Das Schreiben
beginnt vielmehr in einer Briefform.
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Eine Rechtsbehelfsbelehrung wird zwar als Anhaltspunkt für das Vorliegen eines
Verwaltungsaktes herangezogen,
36
vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1961 – IV C 123.59 –, BVerwGE 13, 99, 103.
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Ebenso wenig wie das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung zwingend das Vorliegen
eines Verwaltungsaktes ausschließt,
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vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2009 – 2 S 1457/09 –, Rn. 32
(juris),
39
folgt aus der Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung jedoch zwangsläufig die
Verwaltungsaktsqualität einer Maßnahme,
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vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1961 – IV C 123.59 –, BVerwGE 13, 99, 103.
41
Die Rechtsbehelfsbelehrung ist vorliegend im Zusammenhang mit der Absprache
zwischen der Klägerin und der Beklagten zu sehen, eine gerichtliche Klärung der
Einordnung der streitgegenständlichen Stoffe herbeizuführen. Allein diese Absicht führt
jedoch nicht dazu, dass das Schreiben trotz des aus Sicht eines objektiven Empfängers
fehlenden Regelungsgehaltes als Verwaltungsakt anzusehen wäre. Unter
Berücksichtigung der Umstände der vorherigen Absprache zwischen Klägerin und
Beklagter ist die Rechtsbehelfsbelehrung vielmehr als Hinweis auf den Klageweg
anzusehen. Insofern liegen auch keine Unklarheiten vor, die die Klägerin benachteiligen
könnten.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1987 – 8 C 21/86 –, Rn. 9 (juris).
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Eine bloße Anfechtung des Schreibens vom 26. März 2009 hätte gerade nicht die von
der Klägerin begehrte, für eine Vielzahl verschiedener Fälle allgemein Geltung
beanspruchende einheitliche Feststellung herbeiführen können. Dies wird dadurch
bestätigt, dass die im gerichtlichen Verfahren gestellten Anträge der Klägerin über ein
reines Anfechtungsbegehren hinaus ein Feststellungsbegehren beinhalten.
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Der Hauptantrag ist auch als Feststellungsantrag nach § 43 Abs. 1 VwGO unzulässig.
Es liegt kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vor. Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann
durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines
Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn
der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Unter einem
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feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen,
die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für
das Verhältnis von Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben,
kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf
oder nicht zu tun braucht,
vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 – 8 C 19.94 –, BVerwGE 100, 262, 264;
Urteil vom 20. November 2003 – 3 C 44/02 –, NVwZ-RR 2004, 253, 254; Sodan, in:
Sodan/Ziekow, Großkommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Aufl. 2006, § 43,
Rn. 7.
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Im Gegensatz dazu handelt es sich bei einem Tatbestandsmerkmal, von dessen
Vorliegen die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten abhängen, nicht um ein
feststellungsfähiges Rechtsverhältnis,
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vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 2003 – 3 C 44/02 –, NVwZ-RR 2004, 253, 254.
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Die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass es sich bei den von ihr verarbeiteten
Produkten nicht um Abfälle handelt, erfüllt die Voraussetzungen eines konkreten
Rechtsverhältnisses nicht. Die Eigenschaft einer Sache als solche ist nicht
feststellungsfähig, da es sich lediglich um eine Vorfrage oder ein Element eines
Rechtsverhältnisses handelt,
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vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil
vom 14. Mai 2003 – 8 A 4229/01 –, NuR 2003, 706, 707; Sodan, in: Sodan/Ziekow,
a.a.O., § 3, Rn. 32.
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Die Einstufung einer Sache als Abfall ist lediglich ein Tatbestandsmerkmal, von dessen
Vorliegen eventuell einzelne Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten abhängen,
die sich aus dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) ergeben können,
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vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 24. August 2004 – 17 K 4572/03 –, Rn. 23 (juris).
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Im Übrigen kann über die Frage der Abfalleigenschaft nicht entschieden werden, ohne
die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Die beantragte Feststellung
unterscheidet jedoch nicht zwischen verschiedenen Stoffen, Lieferanten oder
Sachverhalten. Der Antrag umfasst vielmehr sämtliche für den menschlichen Verzehr
nicht mehr bestimmte Produkte aus der Lebensmittel-, insbesondere der Back- und
Süßwarenindustrie (Überproduktionen, überlagerte Produkte und Alt-Backwaren), die
von der Klägerin angekauft und transportiert werden. Aus dem weiteren Vorbringen
ergibt sich zudem, dass beispielsweise auch Kehrmehl und Kakaoschalen verwendet
werden. Eine einheitliche Beurteilung dieser verschiedenen Sachverhalte ist nicht
möglich.
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Die für die Einordnung als Abfall entscheidende Frage, ob sich der Besitzer der Sache
vorliegend die Lieferanten der Klägerin – der jeweiligen Sache entledigt, entledigen will
oder entledigen muss, kann nicht ohne Ansehung der besonderen Umstände des
Einzelfalles entschieden werden. Deutlich wird die Verschiedenheit der einzelnen
Gestaltungen zum Beispiel an den von der Klägerin genannten unterschiedlichen
Vorbehandlungen einzelner Stoffgruppen.
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Der Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg. Auch dieser Antrag ist bereits unzulässig, da
es an einem feststellungsfähigen streitigen Rechtsverhältnis fehlt.
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Der Gegenstand einer Feststellungsklage erfordert, dass die Anwendung einer
bestimmten Norm auf einen überschaubaren Sachverhalt streitig ist,
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vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1962 – VII C 78.61 –, BVerwGE 14, 235, 236; Urteil
vom 16. November 1989 – 2 C 23/88 –, NJW 1990, 1866; Urteil vom 23. Januar 1992
– 3 C 50.89 –, BVerwGE 89, 327, 329; Urteil vom 26. Januar 1996 – 8 C 19.94 –,
BVerwGE 100, 262, 265; Sodan, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 43, Rn. 7, 44.
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Das Rechtsverhältnis muss durch besondere Umstände hinreichend konkretisiert sein,
58
vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1987 – 3 C 53.85 –, BVerwGE 77, 207, 211.
59
Das Erfordernis einer Verdichtung der Rechtsbeziehungen zu einem "konkreten"
Rechtsverhältnis ist gerechtfertigt, um den Verwaltungsgerichten nicht die Aufgabe der
Beantwortung abstrakter Rechtsfragen aufzuerlegen,
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vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1962 – VII C 78.61 –, BVerwGE 14, 235, 236; VG
Düsseldorf, Urteil vom 24. August 2004 – 17 K 4572/03 –, Rn. 20 (juris); vgl. zur
Unzulässigkeit eines auf allgemeine Feststellung gerichteten Klageantrags auch VGH
München, Urteil vom 10. Dezember 1986 4 B 85 A.916 –, NVwZ 1988, 83, 84.
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Eine solche Verdichtung ist bezüglich der in dem Hilfsantrag begehrten Feststellung
nicht eingetreten. Diese umfasst ohne nähere Konkretisierung die von der Klägerin
beförderten Produkte aus der Lebensmittel-, insbesondere der Back- und
Süßwarenindustrie. Überproduktionen, überlagerte Produkte und Alt-Backwaren werden
lediglich beispielhaft genannt. Weder ist näher spezifiziert, welche Stoffe im Einzelnen
befördert werden, noch in welchem Zustand sich diese zum Zeitpunkt des Transports
befinden. So verweist die Klägerin auf einen Transport von zerkleinerten Brotwaren von
H in die Niederlande zum Trocknen. Das vorgelegte Ordnungswidrigkeitenverfahren
betraf jedoch einen Transport von – nicht näher bezeichneten - Stoffen aus der
Herstellung von Back- und Süßwaren von Frankreich nach H. Ebenso bleibt offen, ob es
sich um Transporte im Inland oder aus dem oder in das europäische Ausland handelt.
So wurde von der Klägerin zunächst vorgetragen, die Klägerin transportiere kein
überlagertes Brot in das europäische Ausland. Demgegenüber wurde später auf den
Transport von zerkleinerten Brotwaren in die Niederlande verwiesen. Dies zeigt, dass
es sich nicht um einen konkreten und überschaubaren Sachverhalt handelt, sondern
dass das Geschehen in vielerlei Variationen auftreten kann.
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Zudem ist auch die Streitigkeit des Rechtsverhältnisses vorliegend zweifelhaft. Die
Klägerin trägt zwar vor, die Beklagte verlange eine abfallrechtliche
Transportgenehmigung. Aus den Verwaltungsvorgängen ergibt sich jedoch nicht, dass
die Beklagte eine Transportgenehmigung nach § 50 Abs. 2 KrW-/AbfG in Verbindung
mit § 1 Abs. 1 TransportgenehmigungsVO verlangt hätte. In dem zugrundeliegenden
Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde lediglich gerügt, dass keine Begleitpapiere
mitgeführt wurden sowie keine Kennzeichnung entsprechend § 10 AbfVerbrG erfolgt
war. Auch wenn in der Begründung der Anhörung darauf hingewiesen wurde, es habe
sich um einen genehmigungspflichtigen Transport von Abfällen gehandelt, betraf die
gerügte Ordnungswidrigkeit keine fehlende Genehmigung. Vielmehr zeigt der Verweis
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auf Art. 11 der Verordnung (EWG) Nr. 259/1993, dass es gerade nicht um Notifizierungs-
und Genehmigungspflichten, sondern lediglich um Informationspflichten ging. Im
Rahmen des Schreibens vom 26. März 2009 führt die Beklagte ausdrücklich aus,
überlagertes Brot sei gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 der sogenannten
"grünen Liste" im Anhang III unter dem Basel-Code B 3060 zuzuordnen, so dass bei
einem Transport in das europäische Ausland ein Begleitformular nach Anhang VII der
Verordnung mitzuführen und auf Verlangen der Behörden ein Vertrag zwischen
Versender und Empfänger vorzulegen sei. Auch hier wird lediglich eine Erfüllung von
Informationspflichten gefordert. Eine Transportgenehmigung wird von der Beklagten
gerade nicht verlangt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz
2, 711 ZPO.
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