Urteil des VG Düsseldorf vom 29.06.2001
VG Düsseldorf: sri lanka, aufschiebende wirkung, ablauf der frist, auslandsvertretung, pass, erlass, obg, flughafen, androhung, einreise
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 24 L 923/01
29.06.2001
Verwaltungsgericht Düsseldorf
24. Kammer
Beschluss
24 L 923/01
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen
die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 26. März 2001
betreffend die Androhung unmittelbaren Zwanges wird angeordnet. Der
Antrag im Übrigen wird abgelehnt.
Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.
Der Streitwert wird auf 8.000 DM festgesetzt.
Gründe:
Der am 9. April 2001 bei Gericht eingegangene, sinngemäß gestellte Antrag,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 6. April 2001 gegen
die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 26. März 2001 wiederherzustellen bzw.
anzuordnen,
hat nur im tenorierten Umfang Erfolg. Er ist zwar insgesamt zulässig. Insbesondere hat sich
die Verfügung durch Ablauf der zum 12. April 2001 gesetzten Frist hinsichtlich der Ziffer I
(Verpflichtung zur Vorlage eines Passes oder Passersatzpapiers) und Ziffer II (Anordnung
des persönlichen Erscheinens bei einer Auslandsvertretung Sri Lankas zur Beantragung
eines Heimreisedokuments nicht erledigt. Die Fristsetzung erfolgte vielmehr im Hinblick auf
die Androhung des Zwangsmittels unter Ziffer III der Verfügung und soll dem Adressaten
verdeutlichen, ab wann er mit Zwangsmaßnahmen rechnen muss; die in Ziffern I und II
ausgesprochenen Verpflichtungen sollen jedoch auch nach Ablauf der Frist zur freiwilligen
Befolgung fortbestehen.
Jedoch ist der Antrag nur im Hinblick auf die Androhung unmittelbaren Zwanges begründet
(dazu unter 2.), im Übrigen - also betreffend die Grundverfügung Ziff. I. und II. - jedoch
unbegründet (dazu unter 1.).
1. Das Gericht versteht die Ordnungsverfügung - vor deren Erlass der Antragsgegner den
Antragsteller angehört hat - insgesamt dahingehend, dass die Anordnung der sofortigen
Vollziehung unter Ziff. IV. sich lediglich auf die Regelungen in Ziff. I. und II. bezieht, nicht
aber auch auf Ziff. III., welche schon von Gesetzes wegen (dazu später noch unter 2.) sofort
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vollziehbar ist.
Die Begründung der Vollziehungsanordnung zu Nrn. I. und II. der mit Widerspruch
angefochtenen Ordnungsverfügung genügt den Anforderungen des 18. Senats des
Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen.
Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Interessenabwägung geht hinsichtlich
dieses Teils der Ordnungsverfügung zu Lasten des Antragstellers aus.
Die in der Hauptsache angefochtene Ordnungsverfügung erweist sich im Hinblick auf die
Aufforderung zur Vorlage eines Passes oder Passersatzpapiers bzw. die Anordnung des
persönlichen Erscheinens des Antragstellers bei einer Auslandsvertretung seines
Heimatlandes zur Beantragung eines solchen Dokuments jeweils bis zum 12. April 2001,
als rechtmäßig.
Der Antragsgegner war zuständig für den Erlass der Regelung. Dabei ist unbeachtlich,
dass das Asylverfahren des Antragstellers gegenwärtig noch nicht abgeschlossen ist, denn
auch unter diesen Umständen ist für die Durchsetzung der Passpflicht die
Ausländerbehörde zuständig. Die aus § 5 Abs. 1 Satz 2 des Asylverfahrensgesetzes
in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 1993 (BGBl. I S. 1361), zuletzt geändert
durch Gesetz vom 29. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2584), im Folgenden: AsylVfG
folgende Zuständigkeit des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge
(im Folgenden: Bundesamt) beschränkt sich grundsätzlich auf den Erlass der
Abschiebungsandrohung,
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25. September 1997 - 1 C 6/98 -, NVwZ 1998, 299;
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. August 1998 - 9 S 1552/98 - und Urteil vom
6. Oktober 1998 - A 9 S 856/98 -.
a) Der Antragsteller ist auch verpflichtet, der Ausländerbehörde entweder einen
vorhandenen Pass oder Passersatz vorzulegen. Das Gericht versteht dabei den vom
Antragsgegner verwendeten Begriff des Passersatzes" in der Weise, dass damit ein von
der Auslandsvertretung des Heimatlandes des Antragstellers auf dessen Antrag hin
auszustellendes und diesem auch persönlich auszuhändigendes Dokument gemeint ist,
welches ihm die Einreise in den Heimatstaat ermöglicht.
Es kann hier dahinstehen, ob die Pflicht zur Vorlage des Passes oder des
Heimreisedokuments unter Berücksichtigung des noch anhängigen Asylfolgeverfahrens
(Verwaltungsgericht Düsseldorf, 18 K 77/01) aus dem Ausländergesetz
- so der Antragsgegner in Ziff. I. des Tenors der Ordnungsverfügung vom 26. März 2001 -
oder aus dem Asylverfahrensgesetz
- auf dessen einschlägige Vorschriften der Antragsgegner sich in der Begründung seiner
Ordnungsverfügung zusätzlich beruft -
folgt. Gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 4 AsylVfG ist der ein Asylverfahren betreibende Ausländer
verpflichtet, seinen Pass oder Passersatz den mit der Ausführung dieses Gesetzes
betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen. Im
Anwendungsbereich des Ausländergesetzes bestimmt § 4 Abs. 1 AuslG, dass ein
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Ausländer, der sich im Bundesgebiet aufhalten will, einen gültigen Pass besitzen muss.
Nach § 40 Abs. 1 AuslG ist ein Ausländer verpflichtet, unter anderem seinen Pass oder
seinen Passersatz auf Verlangen den mit der Ausführung dieses Gesetzes vertrauten
Behörden vorzulegen, auszuhändigen oder vorübergehend zu überlassen, soweit dies zur
Durchführung oder Sicherung von Maßnahmen nach diesem Gesetz erforderlich ist. Da der
Antragsteller auf Grund der Ablehnung seines Asylfolgeantrags vollziehbar
ausreisepflichtig (§ 42 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 AuslG i.V.m. §§ 71 Abs. 4, 75 AsylVfG), zur
freiwilligen Ausreise aber offensichtlich nicht bereit ist, hat der Antragsgegner ihn
abzuschieben, § 49 Abs. 1 AuslG.. Der Antragsteller ist daher sowohl nach dem
Ausländergesetz als auch nach dem Asylverfahrensgesetz zur Vorlage des Passes oder
Passersatzes verpflichtet.
Hält der Ausländer seine aus dem Gesetz folgenden Verpflichtungen nicht ein, stellt dies
einen Verstoß gegen die Rechtsordnung und damit eine Gefährdung des Schutzgutes der
öffentlichen Sicherheit im Sinne des § 14 des Ordnungsbehördengesetzes des Landes
Nordrhein-Westfalen (OBG NRW) dar, zu deren Abwendung die Ordnungsbehörden die
notwendigen Maßnahmen treffen können. Die bei der Ausübung des der
Ausländerbehörde insoweit jeweils eröffneten Ermessens zu berücksichtigenden
Umstände sind unabhängig davon, ob die durchzusetzenden Pflichten aus dem Asyl- oder
aus dem Ausländerrecht folgen, gleich, sodass der Antragsgegner wie auch das
erkennende Gericht letztlich offen lassen konnte, aus welchem Rechtskreis diese
Verpflichtungen gerade im Falle des Antragstellers folgen.
Die Ausübung des Ermessens durch den Antragsgegner dahingehend, dass dem
Antragsteller mit der Ordnungsverfügung vom 26. März 2001, eingehend bei dessen
Verfahrensbevollmächtigten am 2. April 2001, eine Frist zur Aushändigung eines Passes
oder sonstigen Heimreisedokuments gesetzt wurde, ist nicht zu beanstanden.
Der Antragsteller kann sich vor allem nicht auf Unmöglichkeit berufen, etwa weil er ein
solches Papier nicht besitze. Denn für diesen Fall hat der Antragsgegner unter Ziff. II seiner
Ordnungsverfügung angeordnet, dass der Antragsteller - ebenfalls bis zum 12. April 2001 -
persönlich bei der Auslandsvertretung seines Heimatlandes vorzusprechen, ein
Heimreisedokument zu beantragen sowie dem Antragsgegner darüber einen Nachweis zu
erbringen hat, sodass dem Antragsteller eine ihm tatsächlich und rechtlich mögliche und
zumutbare Alternative eingeräumt ist für den Fall, dass er der ihm primär eingeräumten
Verpflichtung zur Vorlage des Nationalpasses tatsächlich nicht sollte (fristgerecht)
nachkommen können.
Es ist dem Antragsteller des Weiteren durchaus möglich gewesen, den aufgezeigten
Pflichten innerhalb der gesetzten Frist von immerhin acht Werktagen (ohne den Tag der
Zustellung des Bescheides an seinen Bevollmächtigten) nachzukommen. Dabei ist
insbesondere davon auszugehen, dass der Verwaltungsakt bereits mit der Zustellung an
den Verfahrensbevollmächtigten und nicht erst im Zeitpunkt der Kenntnisnahme des
Antragstellers persönlich wirksam geworden ist, da die Zustellung an diesen zu Recht
erfolgt ist. Bereits im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung hatte der Antragsteller
dem Bevollmächtigten eine Vollmacht auch für die Passangelegenheit erteilt, sodass die
Ordnungsverfügung nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes an ihn
sogar zugestellt werden musste.
Die Vollmachterteilung auch für die Passangelegenheit ergibt sich ohne weiteres daraus,
dass der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers unter Vorlage der Vollmacht dem
Antragsgegner die Vertretung des Antragstellers angezeigt hatte, nachdem der
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Antragsgegner den Antragsteller zur Beantragung eines Heimreisedokuments aufgefordert
hatte. Zudem ist der Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 6. und 21. März 2001
auch auf die Verpflichtung des Antragstellers zur Passbeschaffung eingegangen. Ab der
folglich ordnungsgemäßen Zustellung der Ordnungsverfügung an den
Verfahrensbevollmächtigung verblieb dem Antragsteller ausreichend Zeit, um der ihm
auferlegten Verpflichtung zur Vorlage eines Passes oder Passersatzes bei der
Außenvertretung seines Heimatlandes nachzukommen.
b) Der Antragsgegner hat darüber hinaus in Ziff. II. der Ordnungsverfügung auch in rechtlich
nicht zu beanstandender Weise angeordnet, dass der Antragsteller - soweit er einen Pass
oder Passersatz nicht besitzen sollte - bis zum 12. April 2001 bei einer Auslandsvertretung
seines Heimatstaates persönlich zu erscheinen und dort die Ausstellung eines
Heimreisedokuments zu beantragen hat.
Die über § 14 Abs. 1 OBG durch Verwaltungsakt druchsetzbare Verpflichtung zur
Beschaffung eines Heimreisedokuments folgt im Bereich des Ausländerrechts aus § 25 der
Durchführungsverordnung zum Ausländergesetz
vom 18. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2983), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Mai
1999 (BGBl. I S. 1038), im Folgenden: DVAuslG,
welcher auf Grund der Ermächtigungsgrundlage des § 40 Abs. 2 AuslG erlassen worden
ist.
Danach ist ein Ausländer, der sich im Bundesgebiet aufhält, verpflichtet, rechtzeitig vor
Ablauf der Gültigkeitsdauer seines Passes die Verlängerung oder einen neuen Pass zu
beantragen (§ 25 Nr. 1 DVAuslG), unverzüglich einen neuen Pass zu beantragen, wenn
der bisherige Pass aus anderen Gründen als wegen des Ablaufs der Gültigkeitsdauer
ungültig geworden ist oder wenn er abhanden gekommen ist (§ 25 Nr. 2 DVAuslG).
Auch nach dem Asylverfahrensgesetz ist der Ausländer im Falle des Nichtbesitzes eines
gültigen Passes oder Passersatzes verpflichtet, an der Beschaffung eines solchen
Identitätspapiers mitzuwirken (§ 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylVfG).
Die in Ziff. II. der Ordnungsverfügung enthaltene Aufforderung, innerhalb der gesetzten Frist
die Antragstellung bei der Auslandsvertretung nachzuweisen, versteht das Gericht als
Hinweis des Antragsgegners auf die Möglichkeit, die unter Ziff. III. des Bescheides
angedrohte Zwangsvollstreckung durch den entsprechenden Nachweis abzuwenden,
zumal sich dem AuslG eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage für eine dahingehende
Anordnung nicht entnehmen lässt.
Der gleichzeitig in der Ordnungsverfügung ergangene Hinweis auf die aus § 42 Abs. 6
AuslG folgende Pflicht zur Hinterlegung" des von der Auslandsvertretung des
Heimatstaates ausgestellten Heimreisedokuments bei der Ausländerbehörde ist ebenfalls
im vorliegenden Zusammenhang nicht als eigenständige Regelung zu verstehen, sondern
vielmehr als Hinweis auf die Befugnis des Antragsgegners, das einmal ausgestellte
Heimreisedokument - wenn der Antragsteller es vorlegt - auch einzubehalten. Wollte der
Antragsgegner von dem Antragsteller hingegen die Vorlage des Heimreisedokuments
verlangen, wäre dies allein auf der Ermächtigungsgrundlage des § 14 Abs. 1 OBG NRW
i.V.m. § 40 Abs. 1 AuslG bzw. § 15 Abs. 2 Nr. 4 AsylVfG zulässig.
Die Befugnis der Ausländerbehörde, das persönliche Erscheinen des betroffenen
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Ausländers bei den Vertretungen des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt,
anzuordnen, soweit dieses zur Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen nach dem
Ausländergesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen
erforderlich ist, folgt unmittelbar aus § 70 Abs. 4 Satz 1 AuslG, sodass hier ein Rückgriff auf
§ 14 OBG NRW ausscheidet.
Dass der Antragsgegner die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Antragstellers
bei einer Außenvertretung seines Heimatlandes gleichwohl auf § 14 OBG NRW gestützt
hat, ist wegen der insoweit ebenfalls gleichen Anforderungen an die Ermessensausübung
unbeachtlich.
Im Hinblick auf die gesetzte Frist bis zum 12. April 2001 kann auf die dahingehenden
Ausführungen betreffend die Verpflichtung zur Vorlage eines Passes/Passersatzes
verwiesen werden. Dem Antragsgegner ist das persönliche Erscheinen bei der
Auslandsvertretung seines Heimatlandes zur Beschaffung eines solchen Dokuments auch
zumutbar. Insbesondere braucht er nicht zu befürchten, wegen des so genannten
emergency passports" in Sri Lanka festgenommen, misshandelt oder sogar umgebracht zu
werden. Abgesehen davon, dass sich die befürchteten Maßnahmen der srilankischen
Behörden - ihre Richtigkeit einmal unterstellt - nicht bereits bei der Passbeschaffung im
Botschafts- oder Konsulargebäude, sondern vielmehr erst bei der Einreise nach Sri Lanka
auswirken würden und es sich dabei zudem um zielstaatsbezogene
Abschiebungshindernisse handeln dürfte, die grundsätzlich nicht im ausländerrechtlichen,
sondern allein im Asylverfahren zu beachten sind, führen diese aber auch schon aus
tatsächlichen Gründen nicht zu einer Unzumutbarkeit der Beschaffung eines
Heimreisedokuments. Vielmehr ist mit den befürchteten Misshandlungen bis hin zur
Hinrichtung des Antragstellers in Sri Lanka in keiner Weise zu rechnen. Nach Auskunft des
Auswärtigen Amtes werden Inhaber allein solcher Dokumente in Sri Lanka zwar häufig
einer Personenkontrolle unterzogen. Die Rückkehrer werden in diesen Fällen sowohl von
der srilankischen Einreisebehörde als auch von der Kriminalpolizei am Flughafen zu ihrer
Identität, persönlichem Hintergrund und Reiseziel befragt. Im Anschluss werden sie von der
Kriminalpolizei routinemäßig - in der Regel innerhalb weniger Stunden - dem örtlich
zuständigen Untersuchungsrichter vorgeführt. Sistierungen am Flughafen, die über 24
Stunden hinausgingen, sind dem Auswärtigen Amt jedenfalls in jüngerer Zeit nicht bekannt
geworden,
siehe zu allem den jüngsten Lagebericht des Auswärtigen Amtes zur asyl- und
abschiebungsrelevanten Lage in Sri Lanka vom 11. März 2001, S. 24.
Der Untersuchungsrichter befindet sodann darüber, ob der Rückkehrer bis zur
Identitätsüberprüfung durch die Polizei in Untersuchungshaft genommen wird; in der Regel
wird der Betroffene nach der Vorführung jedoch sofort freigelassen, muss sich lediglich
nach einer vom Untersuchungsrichter bestimmten Frist (meist einige Wochen) zu einem
weiteren Termin, bis zu welchem die Polizei seine Identität und eventuelle Strafvorwürfe zu
klären hat, bei Gericht einfinden. Kommt es demgegenüber zur Anordnung einer
Untersuchungshaft zwecks Identitätsüberprüfung, macht die Kriminalpolizei nur in den
wenigsten Fällen Einwände gegen eine Freilassung auf Kaution bzw. gegen Bürgschaft
geltend. Selbst wenn das Gericht die Einwände für begründet hält, werden die Betroffenen
fast immer innerhalb weniger Tage wieder auf freien Fuß gesetzt. Existierende
Sondervorschriften zur Terrorismusbekämpfung werden bei abgeschobenen Rückkehrern
aus dem westlichen Ausland nur in sehr seltenen Einzelfällen angewandt,
Lagebericht des Auswärtigen Amtes, aaO, S. 24.
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Westliche Botschaften sind immer wieder am Flughafen präsent und beobachten das
Einreiseverfahren bei abgeschobenen Asylbewerbern. Kommt es im Zusammenhang mit
der Einreise zu Festnahmen, nehmen Botschaftsmitarbeiter gelegentlich auch an den
entsprechenden Gerichtsterminen als Beobachter teil bzw. besuchen Betroffene im
Untersuchungsgefängnis. Rückkehrern steht es daneben auch frei,
Menschenrechtsorganisationen zu kontaktieren, die - ebenso wie die
Botschaftsangehörigen, Familienangehörigen oder Rechtsanwälte - ohne weiteres Zugang
zu den Festgenommenen erhalten. Misshandlungen oder Folterungen von Rückkehrern
sind in der Vergangenheit nicht bekannt geworden. Lediglich zwei im Rahmen einer
Sammelabschiebung Zurückgeführte haben angegeben, dass ihnen von der Polizei am
Flughafen bei der Vernehmung jeweils ein Schlag versetzt worden sei. Außerdem haben
Rückkehrer gelegentlich behauptet, Geldsummen in Höhe von etwa 20 - 100 DM am
Flughafen als Hand- oder Bestechungsgeld bezahlt zu haben,
siehe zu allem den Lagebericht des Auswärtigen Amtes, aaO., S. 25 f.
Die für lediglich im Besitz eines ermergency-passports befindliche Rückkehrer übliche
Behandlung durch die Behörden in Sri Lanka stellt in ihrer vorgeschilderten Art und Weise
keine Maßnahme dar, die die Rechte des Rückkehrers in beachtlichem Maße
beeinträchtigen würde, sodass allein daraus auf die Unzumutbarkeit der Beschaffung eines
solchen Passes geschlossen werden könnte. Überdies verfahren die srilankischen
Behörden in dieser Weise auch nur zur Feststellung der Identität. Der Antragsteller verfügt
jedoch zumindest über eine in Sri Lanka ausgestellte Geburtsurkunde (Bl. 36 des
Verwaltungsvorganges), die ihm den Nachweis seiner Identität erheblich erleichtern dürfte.
Die Anordnung des persönlichen Erscheinens gerade zur Beschaffung eines
Heimreisedokuments - wenn auch in Gestalt eines emergency-passports - ist auch
verhältnismäßig. Daran ändert nichts, dass die Einreise nach Sri Lanka mit einem
Nationalpass möglicherweise reibungsloser verlaufen und daher weniger in die Rechte des
Antragstellers eingreifen würde. Es steht nicht zur Disposition des Antragsgegners, dem
Antragsteller einen Nationalpass auszustellen oder die Voraussetzungen dafür zu schaffen.
Soweit die srilankischen Behörden die Ausstellung eines Nationalpasses davon abhängig
machen, dass der Betroffene einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung
hat, ist es dem Antragsgegner auf Grund der hiesigen gesetzlichen Vorgaben verwehrt,
eine dahingehende Bescheinigung auszustellen. Der Antragsteller kann nämlich die
Erteilung einer hier allenfalls in Betracht kommenden Aufenthaltsbefugnis nicht
beanspruchen.
Insbesondere besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis aus § 32
AuslG i.V.m. dem so genannten Härtefall-Erlass",
Neuregelung des Bleiberechts für abgelehnte Asyl- und Vertriebenenbewerber mit
langjährigem Aufenthalt durch den Erlass des Innenministeriums des Landes Nordrhein-
Westfalen vom 29. Dezember 1999 (I B 3/44.53) in Verbindung mit dem Beschluss der
Ständigen Konferenz der Innenminister und - senatoren der Länder vom 18./19. November
1999 (IV H 5.1) (Härtefall-/Altfallerlasse"),
denn der Antragsteller ist erst im Jahre 1995 und damit weit nach den in dem Härtefall-
Erlass bestimmten Stichtagen für Alleinstehende (1. Januar 1990) bzw. Familien (1. Juli
1993) in die Bundesrepublik eingereist. Ein Anspruch aus § 30 AuslG kommt ebenfalls
nicht in Betracht, da auf den Antragsteller als abgelehnten Asylbewerber nach § 30 Abs. 5
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AuslG insoweit allein die Absätze 3 und 4 der Vorschrift Anwendung finden, der
Abschiebung des Antragstellers aber nicht - wie danach erforderlich - ein vom ihm nicht zu
vertretendes Abschiebungshindernis entgegensteht. Der Abschiebung steht vielmehr allein
die vom Antragsteller sehr wohl zu vertretende Passlosigkeit entgegen. Daher kommt die
Beschaffung eines Nationalpasses unter Mitwirkung des Antragsgegners in Form der
Ausstellung einer Bestätigung über das Bestehen einer Aufenthaltsgenehmigung
tatsächlich als milderes Mittel im Verhältnis zur Beschaffung eines Passersatzpapiers nicht
in Betracht.
2. Die gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 8 AG VwGO NRW von Gesetzes wegen
sofort vollziehbare Androhung des unmittelbaren Zwanges erweist sich bei der gebotenen
summarischen Würdigung der Sach- und Rechtslage als rechtswidrig, sodass die
aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die
Ordnungsverfügung vom 26. März 2001 insoweit nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen war.
Die Androhung beruht auf § 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land
Nordrhein- Westfalen,
in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 1980 (GV NW S. 510), im Folgenden:
VwVG NRW.
Gemäß § 70 Abs. 4 Satz 2 AuslG kann die von der Ausländerbehörde auf der Grundlage
des § 70 Abs. 4 Satz 1 AuslG angeordnete Maßnahme des persönlichen Erscheinens des
Ausländers bei der Auslandsvertretung seines Heimatstaates zwangsweise durchgesetzt
werden, wenn der Ausländer dieser Anordnung ohne hinreichenden Grund keine Folge
leistet. Die Durchsetzung der Anordnung richtet sich nach den Vorschriften des
Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein- Westfalen.
Gemäß § 55 Abs. 1 VwVG NRW kann ein Verwaltungsakt mit Zwangsmitteln durchgesetzt
werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende
Wirkung hat. Die Ordnungsverfügung des Antragsgegners ist im Hinblick auf die
Anordnung des persönlichen Erscheinens des Antragstellers bei einer Auslandsvertretung
seines Heimatlandes aus den oben aufgeführten Gründen sofort vollziehbar.
Jedoch ist die Auswahl des Zwangsmittels rechtswidrig. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 VwVG
NRW kann die Vollzugsbehörde unmittelbaren Zwang anwenden, wenn andere
Zwangsmittel nicht in Betracht kommen oder keinen Erfolg versprechen oder
unzweckmäßig sind. Vorliegend kommt allerdings die Verhängung von Zwangsgeld in
Betracht. Da der Antragsteller erwerbstätig ist, ist auch nicht ersichtlich, inwieweit die
Verhängung eines Zwangsgeldes mit der weiter gehenden Möglichkeit, bei nachhaltiger
Weigerung des Antragstellers Ersatzzwangshaft anzuordnen, keinen Erfolg versprechen
oder unzweckmäßig sein sollte. Die Ausführungen des Antragsgegners, wonach die
Verhängung eines Zwangsgeldes eine weitere zeitliche Verzögerung nach sich ziehen
würde, unterstellen, dass den Antragsteller ein Zwangsgeld und die Aussicht auf
Ersatzzwangshaft nicht so empfindlich treffen könnten, dass er auch schon allein
deswegen umgehend seiner Passpflicht nachkommen werde. Eine Begründung für diese
Annahme findet sich jedoch weder in der Ordnungsverfügung noch kann sie aus den
Umständen des Falles hergeleitet werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts
ist nach §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG erfolgt.
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